Wing Tsun Wuppertal: Acht Wochen Seminar, dass Alter
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Wing Tsun Wuppertal: Acht Wochen Seminar, dass Alter
Mittwochmorgen 9:00 Uhr Tobias Vetter IUEWT 2. TG Wing Tsun Escrima Übungsleiter Mittwochmorgen 9:00 Uhr Es ist Mittwochmorgen, 9:00 Uhr. Im Kursraum herrscht Stille und die Schüler üben nach der Begrüßung die Siu Nim Tau. Wer jetzt an den Beginn einer normalen Wing Tsun – Stunde denkt, der irrt sich gewaltig, denn die Teilnehmer sind zwischen achtundfünfzig und zweiundsiebzig Jahren alt. Innerhalb von acht Wochen lernten sie die Ersten drei Sätze der SNT und arbeiten auch jetzt noch, Wochen später, ehrgeizig an der Perfektionierung. Der SNT folgen nun Kettenfauststößen und Tritte in die Luft, was einigen Teilnehmern sofort die Balance raubt, sie aber nicht entmutigt weiter zu machen. Bei den Gleichzeitigkeitsübungen, zum Beispiel dem Pak-Sau-Fauststoß, qualmen die Köpfe und manch einer denkt, dass er diesen Ablauf nie schaffe wird. Umso stolzer sind die Teilnehmer, wenn Sie es dann schließlich doch können. Nonverbale Kommunikation steht als nächstes auf dem Programm. Die Teilnehmer sollen sich bei einnehmen der Vorkampfstellung gegenüber aufstellen und sich ernst anschauen. Das führte beim ersten Mal spontan zu manchem Gelächter. Heute geht jeder Teilnehmer wie selbstverständlich mit ernstem Gesichtsausdruck und genügend Körperspannung in die Vorkampfstellung, sodass der Satz: ,,Hau ab!“, oder, „Lass´ mich in Ruhe!“, zur Körpersprache passt. Ganz besonders freut es mich, dass sich auch Frauen von mir begeistern ließen, am Wing Tsun Unterricht teilzunehmen. Es ist immer wieder schön zu sehen, wie energisch sie auf die Pratzen hauen (und manchmal auch auf ihre männlichen Trainingspartner). Die Rollenspiele bringen immer einen großen Diskussionsbedarf aber auch viel Spaß in die Gruppe, sodass es nie langweilig wird. Zu Beginn dieses Kurses schauten viele unbeteiligte SportstudioBesucher skeptisch in den Kursraum und man hörte sie fragen: „Was machen die denn da?“ Heute, zwölf Wochen später, ist der Wing Tsun Kurs Normalität geworden. Wie es dazu kam Was den Kursbereich im Sportstudio anging war der Mittwochmorgen ein Desaster. Kein Kurs lief über einen längeren Zeitraum. Also überlegten wir, wie wir das ändern können. Die Anforderungen an den Kurs sind hoch. Er muss natürlich einige Kriterien erfüllen, wie zum Beispiel sportmotorische Grundfähigkeiten, also dass Trainieren von Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit und Koordination. Zusätzlich muss er vor allem Spaß vermitteln und Menschen ansprechen, die die üblichen Kurse eher links liegen lassen. Vor ca. zwei Jahren wechselte ich zur IUEWT, einem Verband, der nicht (wie ich es in der Vergangenheit kennen gelernt hatte) wie ein Rudel Wölfe geleitet wird, sondern mehr durch sein technisches Knowhow und seine Menschlichkeit glänzt. Mir wurde der Wechsel sehr leicht gemacht und ich wurde von allen freundlich aufgenommen. Inspiriert vom Kleingruppenunterricht und vor allem durch die Privatstunden bei Si-fu Olbers, bekam ich neue Motivation und fand den verlorengegangenen Spaß wieder. Auf dem Weg nach Hause, von Weeze nach Wuppertal, klangen noch die Worte in meinen Ohren, die Si-fu Olbers über Wing Tsun und das Alter sagte. Die Idee war geboren. Ich bewarb also einen Kurs mit dem Namen: Wing Tsun 50+. Vier Wochen später fanden sich neun Männer und drei Frauen am Mittwochmorgen um neun Uhr im Kursraum ein. Der Kurs sollte zunächst eine Probezeit von zehn Wochen bekommen, doch schnell wurde klar, dass er auf Grund der hohen Teilnehmerzahl und der guten Resonanz auf unbestimmte Zeit verlängert werden würde, worüber sich die Teilnehmer riesig freuen. Resümee Im Nachhinein muss ich sagen, dass ich vor der ersten Stunde ziemlich aufgeregt war. Ich habe zwar Unterrichtserfahrung in verschiedenen Bereichen, an Schulen, Kindergärten, in Fitness-Studios und Firmen, dennoch war mir klar, dass hier ein anderer pädagogischer Ansatz zur Anwendung kommen musste. Jetzt, Wochen später, sehe ich wie Motivation und Ehrgeiz manche altersbedingten Defizite wettmachen kann. Ich beobachte mit großer Freude die Veränderung der Teilnehmer in Bezug auf ihre Koordination, ihre Ausdauer und Kraft. Nicht zuletzt natürlich auch die Veränderung ihrer nonverbalen Kommunikation. Ein weiterer Unterschied zu anderen Kursen ist der, dass die Teilnehmer des WT 50+ Trainings sich abmelden wenn sie nicht kommen können und man deutlich erkennen kann, das Wing Tsun Einheiten im Gegensatz zu den anderen Kursen eine engere Verbindung zwischen Trainer und Teilnehmern hervorbringt. Besonders erfreue ich mich am großen Interesse der Teilnehmer, die auch außerhalb des Wing TsunUnterrichts mit einem Wing TsunBuch zu sehen sind oder sich angeregt über Wing Tsun-Videos unterhalten. Durch diese starke Motivation nehmen sogar einige Teilnehmer an Lehrgängen teil und mischen sich wie selbstverständlich unter die jüngeren Wing Tsun-Schüler, was ein großartiges Bild ergibt. Durch den beeindruckenden Ehrgeiz, die Motivation und den Willen der Teilnehmer sich zu verändern, habe ich wieder etwas dazu gelernt. Für mich bedeutet Wing Tsun Kontrolle, die ich durch ständige Veränderung und Anpassung erreiche und genau das ist es auch, was mich an meinem Si-fu so fasziniert. Wie bereits erwähnt motiviert mich seine Erzählung über sein Leben und seine erforderlichen Veränderungen und Anpassungen bis ins hohe Alter auf´s höchste. Diese Worte schwingen auch heute noch mit. eMail to: [email protected]