Verblüffende Frauen-Power - Herzlich willkommen beim e.wa

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Verblüffende Frauen-Power - Herzlich willkommen beim e.wa
SPORT
Schwäbische Zeitung
Pascal Behrenbruch
glaubt nicht an
sauberen Sport
Montag, 9. Juli 2012
Verblüffende Frauen-Power
Reiter peilen zwei
Olympiasiege an
Beim CHIO in Aachen sorgen drei Dressurreiterinnen für Furore
AACHEN (sid/sz) - Fünf Medaillen,
KÖLN (sid/sz) - Zehnkampf-Europa-
meister Pascal Behrenbruch hat vor
den Olympischen Spielen in London
(27. Juli bis 12. August) Dopingvorwürfe gegen seine Rivalen erhoben.
„Ich habe schon seit jeher das Gefühl,
dass Russen, Weißrussen oder Ukrainer was nehmen. Mein Trainer, der
früher für Russland gestartet ist, sagte
mir aber, dass die Osteuropäer genauso über uns denken“, sagte der 27 Jahre alte Frankfurter „Bild am Sonntag“.
Behrenbruch weiter: „Ich bin mir
ziemlich sicher, dass sie was nehmen.
Und ich kann auch damit leben.“
Doping erhöhe für osteuropäische
Athleten die Chance, der Armut in ihrer Heimat zu entfliehen. „Schließlich
können wir uns in Deutschland auch
als WM-Siebter eine schöne Wohnung und ein Auto leisten, die Ukrainer wohnen dann immer noch mit ihren Eltern auf einem Zimmer. Da ist
der Anreiz, kriminell zu werden und
zu dopen, natürlich viel größer“, sagt
Behrenbruch, der seit Herbst 2011 in
Tallinn (Estland) bei Andrej Nasarow,
dem früheren Coach von Olympiasieger Erki Nool, trainiert. Behrenbruch,
dem vor zehn Tagen in Helsinki mit
8558 Punkten die beste Leistung eines
deutschen Zehnkämpfers seit 15 Jahren gelungen war, hat sich für Olympia
hohe Ziele gesteckt: „Ich will unbedingt eine Medaille, Silber oder Bronze halte ich für realistisch. Gold hängt
für mich wohl zu hoch. Ashton Eaton
ist, wenn er keine großen Fehler
macht, zu stark.“ Der Amerikaner hatte im Juni mit 9039 Punkten einen
Weltrekord aufgestellt.
James und Bryant
führen US-Team an
LOS ANGELES (sz) - LeBron James
vom NBA-Sieger Miami Heat und Kobe Bryant von den LA Lakers führen
das Aufgebot der favorisierten USBasketballer bei den Olympischen
Spielen in London an. Zudem nominierte Mike Krzyzewski aus dem siegreichen Peking-Team Carmelo Anthony (New York Knicks), Chris Paul
(LA Clippers) und Deron Williams
(Brooklyn). Fünf der zwölf NBA-Akteure wurden vor zwei Jahren in der
Türkei Weltmeister: Kevin Durant,
Russell Westbrook (beide Oklahoma), Tyson Chandler (Knicks), Andre
Iguodala (Philadelphia) und Kevin
Love (Minnesota). Neu im Team sind
Blake Griffin (LA Clippers) und
James Harden (Oklahoma). Stars wie
Dwight Howard, Chris Bosh, Dwyane
Wade und Derrick Rose hatten ihre
Teilnahme verletzt abgesagt. In London treffen die Amerikaner in der
Vorrunde auf Russland, Litauen, Argentinien, Frankreich und Tunesien.
Kurz berichtet
●
Nesthäkchen Berger turnt stark: Die Ulmer Turnerin Janine Berger, die mit 16 Jahren jüngste deutsche Olympiastarterin in
London wird, hat bei einem Länderkampf in
Bukarest mit 52,70 Zählern im Vierkampf
überzeugt. Rumänien siegte souverän mit
180,20 Zählern vor Italien (169,45) und den
Deutschen (167,30), bei denen die Mannheimerin Elisabeth Seitz mit 56,90 Zählern
Sechste im Einzel wurde.
Haas in Stuttgart: Thomas Haas ist das
Zugpferd beim heute beginnenden Sandplatz-Tennisturnier in Stuttgart. Zum Auftakt trifft der 34-Jährige auf einen Qualifikanten. Zudem vertreten Cedrik-Marcel
Stebe (Vaihingen), Tobias Kamke (Lübeck),
Björn Phau (Weilerswist) und Philipp Petzschner (Bayreuth) die deutschen Farben.
Pesic verjüngt: Der neue Basketball-Bundestrainer Svetislav Pesic startet die Vorbereitung auf die EM-Qualifikation mit einer außergewöhnlich jungen Mannschaft.
In Jan-Hendrik Jagla (31, München) ist nur
einer seiner 20 Spieler über 30. Neu sind
unter anderem Bastian Doreth (München),
Anthony Canty (Bremerhaven), Andreas
Seifert (Trier), Karsten Tadda und Maik Zirbes (Bamberg). Auch Ulms Spielmacher
Per Günther steht im Team – im Gegensatz
zum Münchner Kollegen Steffen Hamann.
Sonthofener siegt im Segeln: Philipp Buhl
aus Sonthofen ist Segel-Europameister in
der olympischen Bootsklasse Laser. In Abwesenheit von Olympia-Starter Simon Grotelüschen aus Lübeck und weiterer TopSegler, die sich auf die olympische Regatta
vor Weymouth vorbereiten, nutzte der 22Jährige die Gunst der Stunde. Auch bei der
Kieler Woche hatte er gewonnen.
AACHEN (dpa/sid/sz) - Zwei junge
deutsche Reiterinnen haben beim
CHIO in Aachen die Dressurprüfungen beherrscht und das Fehlen des angeblichen Wunderpferds Totilas vergessen lassen. Im Sattel des Hengstes
Damon Hill setzte sich die 30-jährige
Helen Langehanenberg aus Havixbeck in der Kür knapp durch. Die
zweimalige deutsche Meisterin erhielt 85,150 Prozentpunkte und siegte
vor Kristina Sprehe mit Desperados
(84,700), die „super-zufrieden“ war.
Die 25 Jahre alte Reiterin aus Dinklage
hatte zuvor den Grand Prix und den
Special vor Langehanenberg gewonnen. Die beiden Senkrechtstarterinnen boten in Aachen einen packenden
Zweikampf auf höchstem Niveau und
führen nun das reine Frauen-Team bei
den Olympischen Spielen in London
an. Auf Platz drei in der Kür kam Dorothee Schneider aus Framersheim
mit Diva Royal (81,100).
Langehanenberg und Sprehe ließen den Wirbel um die Olympia-Absage des Millionen-Hengstes Totilas
wegen der Erkrankung des Reiters
Matthias Rath vergessen. Vor allem
Sprehes Leistung beeindruckte. Der
Shootingstar der Szene war erst vor
sieben Monaten in den A-Kader berufen worden und gilt nun als Medaillen-Kandidatin bei Olympia. „Die Mädels sind hier ganz klasse geritten“,
schwärmte Bundestrainer Johnny Hilberath. „Die Pferde sind in Topform,
und die Reiterinnen sind sehr stark geritten. Sie ritten quasi wie entfesselt.“
Auch für Sprehe kam das Ergebnis
überraschend: „Ich hätte nie gedacht,
dass ich hier in Aachen so erfolgreich
sein könnte. Wir haben beide eine
sehr rasante Entwicklung gemacht“,
sagte sie und lobte ihren elfjährigen
Hengst, den sie seit nicht mal zwei
Jahren reitet. Trotz der mangelnden
Routine lieferte sie drei fehlerfreie
Runden ab und spulte ihr Programm
mit Desperados souverän herunter.
Besser war nur Langehanenberg.
Dass die Pferde der beiden den Vergleich mit Totilas nicht scheuen müssen, zeigt auch die Statistik: Sprehe
und Langehanenberg erhielten in der
Kür mehr Punkte als Rath bei seinem
Sieg im Vorjahr.
In Olympia-Form präsentierten
sich auch die deutschen Vielseitigkeitsreiter. Die Gastgeber gewannen
Olympia, wir kommen: Die Dressurreiterinnen Helen Langehanenberg (li.) und Kristina Sprehe begeistern.
den Nationenpreis mit 136,40 Strafpunkten vor Großbritannien (141,00)
und Schweden (176,80). Im Einzel
siegte der Australier Christopher Burton (Australien) im Sattel von Underdiscussion mit 38,80 Strafpunkten vor
Weltmeister Michael Jung (Horb) mit
Sam (40,60) und Laura Collett aus
England mit Rayef (40,60).
Voß verpasst Sensation
Beim großen Preis der Springreiter
verpasste der 53-jährige Außenseiter
Thomas Voß aus Schülp gestern nur
knapp die Sensation und wurde hinter
dem Briten Michael Whitaker Zweiter. „Ich habe alles erreicht, was ich
konnte“, sagte er. „Ich bin damit sehr
glücklich.“ Auch die drittplatzierte
Meredith Michaels-Beerbaum aus
Thedinghausen war zufrieden nach
dem dritten Platz mit der jungen Stute
Bella Donna: „Ich könnte nicht glücklicher sein mit dem Pferd.“
Der 52-jährige Whitaker, dreimaliger Team-Europameister aus Yorkshire, blieb im Stechen cool. Mit dem
Wallach Gig Amai siegte er fehlerfrei
in 49,73 Sekunden vor dem etwas zu
vorsichtigen Voß mit Carinjo (54,37).
Michaels-Beerbaum hatte einen Abwurf, nahm danach das Tempo heraus
und ritt mit der neunjährigen Bella
Donna (4/56,96) ruhig ins Ziel. Dahinter komplettierten Hans-Dieter Dreher aus Eimeldingen mit Embassy und
Christian Ahlmann aus Marl mit Taloubet auf den Rängen vier und fünf
das starke Abschneiden der Gastgeber. Ahlmann wurde als erfolgreichs-
FOTO: DPA
ter Reiter der Turnierwoche ausgezeichnet.
Vorjahressiegerin Janne-Friederike Meyer hatte auf einen Start verzichtet. Die Reiterin aus Schenefeld
schonte ihr Pferd Lambrasco im Hinblick auf die Olympischen Spiele.
Auch die anderen deutschen Olympiareiter setzten ihre besten Pferde
nicht ein und verpassten das Stechen.
Dass er nicht in Form für Olympia
ist, bewies erneut Cornet Obolensky.
Der Hengst von Marco Kutscher zeigte nach zweimal 16 Strafpunkten im
Nationenpreis mit erneut vier Abwürfen eine unerwünschte Konstanz.
„Das ist merkwürdig, die ganzen Monate vorher war er konstant gut“, sagte
Kutscher: „Irgendetwas ist mit dem
Pferd nicht in Ordnung.“
zwei davon aus Gold, wollen die deutschen Reiter bei den Olympischen
Spielen in London holen – zumindest
lautet so die Zielvorgabe des Verbands FN mit dem Deutschen Olympischen Sportbund. Wer die Plaketten
holen soll, steht seit dem Wochenende auch fest.
Die deutsche Dressur-Mannschaft
setzt dabei erstmals ausschließlich
auf Frauen. Nach dem Dreifach-Erfolg in der Kür beim CHIO in Aachen
wurden folgende Reiterinnen nominiert: Helen Langehanenberg (Havixbeck) mit Damon Hill, die den Großen Dressurpreis gewonnen hatte, die
zweitplatzierte Kristina Sprehe (Dinklage) mit Desperados sowie Dorothee Schneider (Framersheim) mit
Diva Royal. Als zusätzliche Einzelstarterin wird Anabel Balkenhol (Rosendahl) mit Dablino an den Spielen
teilnehmen. „Wir sind ein junges
Team und haben nichts zu verlieren.
Ich glaube, wir haben gute Chancen“,
sagte Langehanenberg.
Bei den Springreitern wurde
Team-Weltmeisterin Janne-Friederike Meyer mit Lambrasco ebenso nominiert wie Marcus Ehning (Borken)
mit Plot Blue, Christian Ahlmann
(Marl) mit Codex One sowie Philipp
Weishaupt (Riesenbeck) mit Monte
Bellini. Der Kader hatte sich mit dem
Ausfall von Carsten-Otto Nagel und
dem Verzicht von Ludger Beerbaum
früh verkleinert. Als Ersatzreiterin
fährt Meredith Michaels-Beerbaum
zu den Spielen. Die Team-Weltmeisterin aus Thedinghausen wurde gestern nach dem Großen Preis mit ihrem Pferd Bella Donna nominiert.
Auch Vielseitigkeits-Bundestrainer Hans Melzer gab nach dem Sieg
im Nationenpreis den Olympia-Kader bekannt. Angeführt von Welt- und
Europameister Michael Jung (Horb)
mit Sam oder Leopin sowie Vize-Europameisterin Sandra Auffarth (Ganderkesee) mit Opgun Luovo starten
die Reiter ihre Goldmission. Ingrid
Klimke (Münster) mit Abraxxas, Dirk
Schrade (Sprockhövel) mit Hop and
Skip oder King Artus sowie Peter
Thomsen (Lindewitt) mit Horseware
s Barny vervollständigen das Team.
„Das war sicher die schwierigste Aufgabe, seitdem ich im Amt bin. Allerdings hatten wir das Geländeprofil in
London genau studiert und feste Vorstellungen, welche Pferde wir mitnehmen wollen“, sagte Melzer.
Carsten Schlangen läuft die beste Zeit seit 15 Jahren
Der Berliner 1500-Meter-Läufer qualifiziert sich in letzter Minute für Olympia, in Paris laufen die Afrikaner zu großer Form auf
PARIS (sz/dpa/sid) - Die Zahl der
deutschen Leichtathleten bei den
Olympischen Spielen in London hat
sich von 75 auf 77 erhöht – 14 mehr als
in Peking. Carsten Schlangen über
1500 Meter und Hindernisläufer Steffen Uliczka unterboten Stunden vor
Ablauf der Frist mit glänzenden Leistungen noch die Normen.
In Bottrop holte sich der frühere
EM-Zweite Schlangen in letzter Sekunde das Ticket. Der 31-jährige Berliner unterbot in 3:33,64 Minuten die
Norm (3:35,50) klar. Seit 15 Jahren war
kein Deutscher mehr so schnell,
Schlangen war 2009 in seinem besten
Lauf eine halbe Sekunde langsamer
gewesen. „Das war ein Wahnsinnsrennen. Ich konnte gut im Feld mitschwimmen. Mit dieser Zeit habe ich
aber nicht gerechnet“, sagte der über-
glückliche Schlangen, der hinter dem
Kenianer Benson Seurei (3:33,27)
Zweiter wurde. Der Kieler Uliczka
hatte in Lüttich in 8:22,93 Minuten die
Norm um Haaresbreite unterboten.
Immer mehr aufs Tempo drücken
die afrikanischen Läufer, die vor vier
Jahren in Peking von 800 bis 10 000
Meter bei Männern und Frauen alle
Goldmedaillen gewannen. Olympiasiegerin Pamelo Jelimo (Kenia) rannte
am Samstag in Heusden-Zolder (Belgien) über 800 Meter in 1:56,79 Minuten die schnellste Zeit des Jahres.
Beim Diamond-League-Meeting in
Paris hatten Tags zuvor die 5000-Meter-Läufer geglänzt. Der Äthiopier
Dejen Gebremeskel pulverisierte in
12:46,81 Minuten die Weltjahresbestzeit von Europameister Mo Farah aus
Großbritannien (12:56,98), rannte die
fünftbeste Zeit der Geschichte und
kam bis auf 9,46 Sekunden an den
Weltrekord von Kenenisa Bekele heran. Zweiter wurde Landsmann Hagos
Gebrhiwet mit dem Junioren-Weltrekord von 12:47,53. Gleich sechs Läufer
blieben unter 12:50. Zum Vergleich:
Der Thüringer Arne Gabius hatte bei
seinem Silber-Coup bei der EM
13:31,83 Minuten benötigt.
Bekele läuft nur 10 000 Meter
Der große Bekele, 30, wurde nur fünftbester Äthiopier und muss sein London-Ticket über diese Distanz abschreiben. In Peking hatte er über beide Strecken Gold gewonnen.
Freudensprünge machte die Marokkanerin Mariem Alaoui Selsouli im
Stade de France nach ihrer Weltjahresbestzeit über 1500 Meter in 3:56,15
Minuten. Überragend lief auch 800Meter-Weltrekordler David Rudisha
aus Kenia in 1:41,55 Minuten, der nur
knapp an seinem eigenen Weltrekord
(1:41,01) vorbeischrammte „Ich bin
glücklich und beeindruckt über die
Art, wie ich gerannt bin“, sagte Rudisha. „Der Olympiasieg ist das, was ich
anstrebe.“ Jahresweltbestzeit lief auch
der WM-Zweite Javier Culson (Puerto
Rico) über 400 m Hürden in 47,78 Sekunden beim Sieg über den britischen
Weltmeister David Greene (47,84) sowie Sally Person (Australien) in 12,40
Sekunden über 100 m Hürden
Einen Dämpfer erhielt US-Sprinter
Justin Gatlin, der die erste Niederlage
in diesem Jahr über 100 Meter erlitt.
Der 30 Jahre alte Olympiasieger von
2004 und frühere Dopingsünder unterlag in 10,03 Sekunden Landsmann
Tyson Gay. Der dreimalige Weltmeister von 2007 siegte in 9,99.
Die deutschen StabhochsprungAsse mussten erneut zu Frankreichs
Europameister Renaud Lavillenie aufschauen. Der Lokalmatador gewann
mit 5,77 Metern vor dem Griechen
Konstandinos Filippidis und Vizeeuropameister Björn Otto (beide 5,62).
Malte Mohr wurde mit 5,52 Vierter,
der EM-Dritte Raphael Holzdeppe
scheiterte dreimal an der Anfangshöhe von 5,52. Bei Russlands Meisterschaften in Scheboksary übertraf
Hammerwurf-Weltmeisterin Tatjana
Lysenko mit 78,81 die Saisonbestmarke der Frankfurter Weltrekord-Halterin Betty Heidler, bei der weißrussischen Meisterschaft in Grodno glänzte Kugelstoßerin Nadeschda Ostaptschuk mit 21,39 Metern.
Ein Hauch von Olympia – und vom alten Rom
Kugelstoß-Weltmeister David Storl wird sich morgen auf dem Biberacher Marktplatz – umgeben von Tribünen – wie ein Gladiator fühlen
Von Jürgen Schattmann
●
BIBERACH - Jahrhunderttalent, Jahr-
tausendtalent, künftiger Olympiasieger – wenn es um David Storl geht, den
Kugelstoß-Welt- und Europameister,
greifen Fachleute gerne zu Superlativen. Auch beim Kugelstoß-Meeting
Dienstagabend in Biberach (ab 20 Uhr,
Marktplatz, Eintritt frei) dürfte sich
der 21-jährige Chemnitzer ziemlich exponiert vorkommen, wie einer dieser
Gladiatoren vielleicht, die einst in den
römischen Amphitheatern für eine einigermaßen brutale, aber ziemlich
willkommene Abwechslung vom Alltag sorgten. Dank des bevorstehenden
Schützenfests wird Storl auf dem oberschwäbischen Marktplatz gleich von
drei Tribünen umzingelt sein, bis zu
2000 Menschen werden ihm bei der
Arbeit zuschauen, und wer weiß, viel-
Nimmt in Biberach Anlauf auf die
FOTO: DPA
22 Meter: David Storl.
leicht beflügelt ihn diese Kulisse zu
den ersehnten 22 Metern, von denen
er fast genauso sehr träumt wie vom
Olympiasieg in drei Wochen in London. Hans-Peter Beer, Meetingmacher
und Vorstandsmitglied des Veranstalters TG Biberach, ist jedenfalls bester
Dinge: „David Storl hat uns versichert,
dass er unser Meeting nicht nur mitnehmen, sondern wirklich weit stoßen
will. Deswegen reist auch Bundestrainer Sven Lang aus dem Trainingslager
in Kienbaum an.“
Die Biberacher um Beer haben es
also tatsächlich geschafft. Trotz des
dubiosen Rückzugs von Heinz Hüsselmann, der in den letzten Jahren in Biberach, Kassel und Cuxhaven hochwertige internationale Meetings organisiert, sich finanziell allerdings übernommen hatte und bei einigen
Sponsoren und Athleten noch in der
Kreide steht, wird es zumindest in
Oberschwaben mit der großen Leichtathletik weitergehen – zunächst einmal mit dem Kugelstoß-Meeting, das
2011 als vorgelagerter Wettbewerb
Premiere gefeierte hatte.
Auch Bartels ist am Start
Beer hat nicht nur die Bretter-Konstruktion der Stoßanlage perfektioniert, sondern auch ein ziemlich illustres Feld zusammengestellt: Neben
Storl (Bestleistung 21,78) geht auch
Altmeister Ralf Bartels (21,37) in den
Ring, der Europameister von 2006, der
zwar 2012 aufgrund einer Knieverletzung bislang nur 19,74 Meter schaffte,
dank einer Härtefallregelung aber
ebenfalls für London nominiert wurde. Im EM-Achten Marco Schmidt aus
Sindelfingen (20,51) und Candy Bauer
(19,91) sind auch die deutsche Nr. 3 und
4 am Start, zudem der WM-Sechste
Marco Fortes aus Portugal (21,02) und
der WM-Siebte Lajos Kürthy (20,78)
aus Ungarn.
Wie gerne die Athleten inzwischen
nach Biberach kommen sieht man daran, dass Storl und Bartel dem Ausrichter in Sachen Gage „sehr entgegenkommen sind“ (Beer). Und weil
auch die übrigen deutschen Leichtathleten und der Verband Biberach als
Bühne und Qualifikationswettkampf
für Großereignisse vermissen, stehen
die Chancen gut, dass es von 2013 an
wieder zu einem großen Meeting an
der Riss kommen wird. Noch hat Beer
den nötigen sechsstelligen Etat („Da
ist keine eins davor“) nicht beisammen, aber er ist guter Dinge, dass es
Ende Juni 2013 ein hochklassiges, internationales Sportfest namens „Biberach Classics“ geben wird.