Sportwelt schäumt, Russland feiert

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Sportwelt schäumt, Russland feiert
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Interview
Nowitzki über
sein Verhältnis
zu Olympia
Fußball
Fifa sperrt
Niersbach
für ein Jahr
Sport
13
Dienstag, 26. Juli 2016
NUMMER 171
„Einer der
dunkelsten
Tage“
Randbemerkung
VON JOHANNES GRAF
» [email protected]
Landis
verkauft jetzt
Cannabis
Die Sportwelt beklagt
IOC-Entscheidung
● GROSSBRITANNIEN
The Independent „Bei den Olympischen Spielen geht es um individuelle Leistungen. Das war schon immer
so. Ein kompletter Ausschluss Russlands hätte das verleumdet.“
Daily Mail „Bühne frei für die chaotischsten und verrufensten Olympischen Spiele der Geschichte. Trotz
der enormen staatlich gestützten
Doping-Betrügereien darf das
Team von Russland in Rio starten.“
Guardian „Die mutige Athletin Julia Stepanowa, die den Skandal erst
öffentlich gemacht hat, darf (...)
nicht starten. (...) Es hinterlässt das
ungute Gefühl, dass die vielleicht
wichtigste Whistleblowerin in der
Geschichte des Sports geopfert wurde, um Putin zu besänftigen.“
RUSSLAND
Moskowski Komsomolez „Bach
sagte: ’Auf geht’s’.“
Kommersant „Dank des IOC bleibt
dem einheimischen Sport die größte
Katastrophe seiner Historie erspart.“
● FRANKREICH
L’Équipe „Das IOC hat seinen Mut
genommen, ihn vorsichtig in eine
Schublade gelegt und deren Schlüssel verlegt. Die Ethikwächter des
Sports haben der Politik den Vorzug
gegeben. Sie haben ihre Hände gewaschen. Wie Pontius Pilatus.“
● ITALIEN
Tuttosport „Es gewinnt Putin. Was
für ein Rückschritt!“
Gazzetta dello Sport „Das IOC gibt
das Problem an die Verbände weiter.“
● ÖSTERREICH
Kurier „Ein Kniefall vor der Sportmacht.“
● SCHWEIZ
Blick „Einer der dunkelsten Tage
der Sport-Geschichte!“ (dpa)
Die Osaka-Regel
Die Exekutive des Internationalen
Olympischen Komitees (IOC) hat
im Jahr 2008 die sogenannte OsakaRegel eingeführt. Sie sah vor, dass
Athleten nach einer mehr als sechsmonatigen Dopingsperre nicht an
den folgenden Olympischen Spielen
teilnehmen dürfen. Am 6. Oktober
2011 wurde die Osaka-Regel jedoch
vom Internationalen Sportgerichtshof CAS gekippt. Grund: Die
Regelung sei „ungültig und nicht
durchsetzbar“.
L
Gute Freunde kann niemand trennen: IOC-Präsident Thomas Bach und Russlands Staatschef Wladimir Putin in vertrautem Gespräch. Kritiker des IOC-Votums vermuten, dass
diese Nähe unmittelbare Auswirkung auf die Russland-Entscheidung des Internationalen Olympischen Komitees gehabt haben könnte.
Foto: Barbara Walton, dpa
Sportwelt schäumt, Russland feiert
Olympia Die Russen bejubeln Thomas Bach. Darüber hinaus erntet der IOC-Präsident wenig
Zuspruch für die Entscheidung, den Doping-Staat nicht komplett von Rio auszuschließen
Berlin „Rio, wir kommen“, titeln
Moskauer Zeitungen nach der Entscheidung
des
Internationalen
Olympischen Komitees (IOC),
Russland trotz massiver Dopingvorwürfe nicht komplett von den Sommerspielen auszuschließen. Und
Russlands Staatsmedien lassen keinen Zweifel daran, wem die Sportgroßmacht das in erster Linie zu
verdanken hat. Wie früher ein sowjetischer „Held der Arbeit“ lacht der
deutsche IOC-Chef Thomas Bach am
Montag von vielen Titelseiten.
Derweil steht Bach außerhalb
Russlands schwer unter Druck. Die
Welt-Anti-Doping-Agentur Wada
zeigte sich schwer enttäuscht. „Der
McLaren-Report hat zweifellos ein
staatlich organisiertes Doping-Programm in Russland bloßgelegt, das
ernsthaft die Prinzipien eines sauberen Sports im Rahmen der internationalen Anti-Doping-Regeln untergräbt“, erklärte Präsident Craig
Reedie. Das IOC hatte nach dem
Ausschluss russischer Leichtathleten strikte Auflagen für eine Teilnahme von Sportlern anderer Disziplinen beschlossen. Bei einer Umfrage erklärten mehrere Vertreter
aus Fachverbänden, dass sie nun unter enormem Zeitdruck stünden
(siehe nebenstehender Artikel).
Im Gegensatz zum Deutschen
Olympischen Sportbund hat der
Deutsche Behindertensportverband
die Zulassung russischer Sportler in
Rio massiv kritisiert. „Das ist ein
deutlicher Rückschritt in der Dopingbekämpfung und ein trauriger
Tag für den gesamten Sport“, sagte
DBS-Präsident Friedhelm Julius
Beucher. „Das IOC hätte mit einer
klaren Entscheidung die Chance gehabt, Fair Play als Kerngedanken
der Olympischen Spiele wieder in
den Mittelpunkt zu stellen. Doping
ist Betrug und kann nicht durch einen Teilerlass behoben werden.“
Einen anderen Aspekt hob der
deutsche Leichtathletik-Präsident
Clemens Prokop hervor. Er hält die
IOC-Entscheidung, ehemalige russische Doping-Sünder generell nicht
bei den Rio-Spielen starten zu lassen, für rechtswidrig. „Frühere Doper aus Russland nicht an den Sommerspielen teilnehmen zu lassen, ist
eine Verletzung der Rechtsprechung des CAS und des Gleichheitsprinzips“, sagte er unter Bezug auf
das sogenannte Osaka-Urteil (siehe
weiterer Artikel auf dieser Seite).
„Im Falle der russischen DopingSünder wäre es eine zusätzliche und
nachträgliche Bestrafung“, so Prokop.
Außerdem widerspreche dieser
IOC-Beschluss dem Gleichheits-
grundsatz. „Ehemalige Doper aus
anderen Ländern wie der US-Sprinter Justin Gatlin dürfen in Rio munter mitmachen.“ (dpa)
Kajakfahrer
als Klempner
Rio Die Slalomkanuten waren eine
der Ersten der deutschen Mannschaft, die am gestrigen Montag das
olympische Dorf bezogen. „Die
Zimmer sind nicht so schlecht wie
erwartet – es ist noch einiges zu tun,
aber insgesamt ist alles in Ordnung.
Nachdem ich den
Spülkasten auseinandergebaut
habe, funktioniert
sogar die Klospülung“, berichtete
der Augsburger
Kajakfahrer Hannes Aigner. „Bei
Olympia 2012 in
Hannes Aigner
London haben die
Wohnungen auch nicht viel besser
ausgeschaut. Ich hoffe, dass sich die
Kleinigkeiten in den nächsten Tagen noch erledigen und kein Wasser
durch die Decken tropft, wie es bei
den Australiern angeblich der Fall
war.“ (AZ)
Reaktion der Verbände
● Turnen Der Weltverband FIG kündigte an, russische Athleten würden nur starten, wenn sie die Kriterien vollständig einhalten. Trend:
Alle nominierten Russen starten.
● Tennis Der Weltverband ITF will
allen nominierten russischen Spielern das Startrecht für Rio erteilen.
● Ringen Der Ringer-Weltverband
hat alle Olympia-Starter bei den
Qualifikationsturnieren – außerhalb
Russlands – kontrolliert. Die Ringer-Nation Russland hat in der
UWW-Exekutive zwei einflussreiche Funktionäre sitzen.
● Leichtathletik Hier darf nach dem
Entscheid des Sportgerichtshofes
CAS kein Russe in Rio starten. Aber
Russlands Sportminister Witali
Mutko bat gestern eine Sondererlaubnis, vor allem für die Stabhochspringerin Jelena Issinbajewa.
● Schwimmen Sieben Russen bleibt
nach einer Entscheidung des Weltverbandes FINA die Teilnahme in Rio
verwehrt. Zu den vier von Russland bereits zurückgezogenen
Schwimmern, unter ihnen Weltmeisterin Julija Jefimowa, kommen
drei Athleten, die im McLaren-Report der WADA genannt werden. (AZ)
Die Kronzeugin muss draußen bleiben
Olympia Die russische Läuferin Julia Stepanowa hat das Massendoping in ihrem Heimatland enthüllt.
Das Internationale Olympische Komitee hat sie nun für Rio gesperrt – mit Folgen für den Kampf gegen Doping
Frankfurt/Main Ohne sie wäre der
„größte Doping-Skandal aller Zeiten“ (Wada) womöglich nie aufgeflogen. Ohne sie würde die Sportmacht Russland vielleicht noch immer ungestört ihre Massenmanipulation organisieren. Dass nun ausgerechnet die Kronzeugin Julia Stepanowa bei den Olympischen Spielen
in Rio de Janeiro nicht starten darf,
ein russisches Team unter gewissen
Auflagen aber sehr wohl, hat in der
Sportwelt nicht bloß für Empörung
gesorgt. Diese Entscheidung des Internationalen Olympischen Komitees wird selbst von Sportfunktionären als verheerendes Signal mit
möglicherweise fatalen Folgen für
den Anti-Doping-Kampf gewertet.
„Die Wada ist sehr besorgt über die
Botschaft, die damit für die Zukunft
an Whistleblower wie sie gesendet
wird“, sagte Olivier Niggli, der Generaldirektor der Welt-Anti-Doping-Agentur. „Hier hat das IOC
die Chance verpasst, ein Zeichen zu
setzen“, sagte auch Clemens Prokop, der Präsident des Deutschen
Leichtathletik-Verbandes.
Die russische 800-Meter-Läuferin Julia Stepanowa hatte das staatlich gelenkte Doping-System in
Russland mit ihren Aussagen in der
ARD-Dokumentation „Geheimsache Doping – Wie Russland seine
Sieger macht“ überhaupt erst enthüllt. Die 30-Jährige lebt mit ihrem
Mann und ihrem Sohn längst in den
USA, aus Russland musste sie fliehen. Der Leichtathletik-Weltver-
band IAAF erteilte Stepanowa
sogar eine Starterlaubnis für
die Spiele in Rio. Das IOC
lehnte ihren Antrag, unter
neutraler Flagge laufen zu
dürfen, dagegen am
Sonntag ab. Sie erfülle
nicht „die ethischen
Anforderungen an einen olympischen Athleten“, heißt es zur
Begründung.
Der
Hintergrund: Die
Russin war 2013
wegen
Dopings
selbst für zwei Jahre gesperrt worden.
Das Fatale an diesem IOCEntscheid ist: Er wendet
sich eindeutig gegen Whist-
leblower, obwohl die Sportwelt in
ihrem Anti-Doping-Kampf nichts
dringlicher braucht als Insider, die
über verbotene Praktiken auspacken. Die meisten großen Doping-Skandale der jüngeren
Vergangenheit wurden von
Kronzeugen wie Stepanowa ausgelöst. Im Fall des
Teams Telekom im Radsport sagte ein Masseur
von Jan Ullrich und Co.
aus. „Der Entscheid
des IOC ist ein großer
Rückschritt für sauFür Rio gesperrt:
800-m-Läuferin Julia Stepanowa.
Foto: dpa
bere Athletinnen und Athleten wie
auch für Whistleblower. Sie werden
sich betrogen vorkommen müssen“,
sagte deshalb auch der oberste Doping- Fahnder der Schweiz, Matthias Kamber. Bei der deutschen AntiDoping-Agentur Nda sieht man das
genauso. „Die Entscheidung, Julia
Stepanowa das Startrecht für Rio zu
verwehren, schwächt das Whistleblower-System.“
Nur der Präsident des Deutschen
Olympischen Sportbundes hatte
sich gleich am Sonntag hinter das
IOC gestellt. „Sie hat selbst klar gegen die Regeln verstoßen. Insofern
verstehe ich, dass das IOC sagt, eine
russische Athletin mit Doping-Vergangenheit kann nicht starten“,
meinte Alfons Hörmann. (dpa)
etztlich geht es ums Geld. Reichtum macht nicht zwingend
glücklich, ein gut gefülltes Bankkonto bringt jedoch Vorteile, erleichtert das Dasein ungemein. Frau
freut sich einfach, wenn sie schönere Dinge geschenkt bekommt als
den Plastikring aus dem Automaten. Ein Dach über dem Kopf und
etwas zum Beißen zu haben ist genausowenig verkehrt.
Abgesehen von Afrikanern, die
mit Eishockey ihren Lebensunterhalt bestreiten wollen, plagen Profisportler selten finanzielle Sorgen.
Stars wissen oft nicht, wohin mit ihren Millionen. Reich ist die breite
Masse der Aktiven indes nicht,
frühzeitig muss sie sich Gedanken
machen, welchen Weg sie nach der
Karriere einschlägt. Nichts liegt
näher als eine Beschäftigung nahe
des bisherigen Berufsfelds. Macht
ja durchaus Sinn, wenn Scholl als
TV-Experte erklärt, wie der Ball
sein Flugverhalten je nach Fußstellung verändert.
Vom Fachwissen zehrt ebenso
Floyd Landis, Tour-de-FranceGewinner 2006. Den Titel hatte er
inne, bis er ihm wegen Dopings
aberkannt wurde. Seine Geschäftsidee, sich mit zweifelhaften Substanzen zu verdingen, will er nach
seiner Radsportkarriere nicht aufgeben. Jetzt verkauft er Cannabis,
berauscht sich täglich an seinen
Marihuanapflänzchen und wirbt damit, sein Produkt steigere Stimmung und Leistung. Mit Mittelchen, die zusätzliche Energie in
den Körper pumpen, kennt sich der
gute Floyd einfach aus. Zugute
halten muss man ihm: Im US-Bundesstaat Colorado ist Cannabis seit
zwei Jahren erlaubt.
Man wünscht sich mehr dieser
Gesellen, die wissen, wo ihre
Kernkompetenzen liegen, und dies
für die Karriere nach der Karriere
nutzen. Manches drängt sich auf:
der Formel-1-Pilot, der Fahrschüler Lenken und Schalten beibringt;
der Skispringer, der als Fluglotse
Start und Landung navigiert, oder
der Curlingspieler, der Straßen
fegt.
Mancher Sportler setzt seine Fähigkeiten abwegig ein. Offenbarte
Talente, die besser weiter im Verborgenen geschlummert wären.
Boxer Mike Tyson etwa konnte
nicht nur hart zuschlagen, er
konnte auch kraftvoll zubeißen.
Fußballstar Eric Cantona trat begnadet gegen Bälle, leider aber auch
gegen Zuschauer.
Hätte Geschäftsmann Landis
schon zu ihrer aktiven Zeit zum
Kiffen animiert, Tyson und Cantona
wäre
viel
Ärger
erspart geblieben.
Eine Cannabis-Pflanze.
Foto: dpa
TV heute
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Sport1, 12 Uhr Juventus Turin –
Tottenham Hotspur
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