hören, was dahinter steckt!

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hören, was dahinter steckt!
hören, was dahinter steckt!
Willy, dringend gesucht
Ein Feature über deutsche Bauern und das FBI
Von Rainer Kahrs
Besetzung
Erzähler: Peter Kaempfe
Ton und Technik: Klaus Schumann
Regieassistenz: Eva Garthe, Ilka Bartels
Regie: Christiane Ohaus
Redaktion: Michael Augustin
Die Sendetermine im Überblick:
SWR
SR
BR
RB
NDR
WDR
HR
25.11. I
28.11. I
28.11. I
29.11. I
29.11. I
29.11. I
29.11. I
22.03 Uhr I
17.04 Uhr I
13.05 Uhr I
16.05 Uhr I
11.05 Uhr I
11.05 Uhr I
18.05 Uhr I
SWR 2
SR 2, Antenne SaarI
BR2, Bayern 2 Plus I
Nordwestradio
I
NDR Info
I
WDR 5
I
HR 2-Kultur
30.11.I
29.11.I
03.12.I
29.11.I
30.11.I
19.00 Uhr I
21.05 Uhr I
21.05 Uhr I
11.05 Uhr I
20.05 Uhr I
Antenne Saar
BR2, Bayern 2 Plus
Nordwestradio
NDR Info spezial
WDR 5
Seite 1
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hören, was dahinter steckt! das ARD radiofeature
Willy, dringend gesucht
Kennung ARD-Radiofeature
Erzähler
Ich bin nach Amerika gefahren, weil ich Willy suche. Wilhelmus Hendricus Maria van
Bakel, genannt Willy der Holländer. Der Schönredner, der Vielversprecher. Der denBauern-das-Geld-aus-der-Tasche-Zieher.
Willy, 53 Jahre alt, auf der Flucht. Gesucht vom holländischen Insolvenzverwalter, vom
amerikanischen FBI und vom deutschen Bauern Karsten Stöver auch.
Wenn er Willy finden würde, sagt Stöver, dann würde er Klartext reden mit ihm.
O-Ton 01 (0:12)
Karsten Stöver
Ich würde ihn fragen, wann er denn mal meint, wann wir unser Geld wiederkriegen. Also
wir haben gut ne Million in Dollar hier rübergeschoben, das würde ich gerne
wiederhaben.
Ansage
Willy, dringend gesucht
Ein Feature über deutsche Bauern und das FBI
Von Rainer Kahrs
Atmo
Regen
Erzähler
Es regnet stark in Hartford City. Der Scheibenwischer schafft es nicht. Von der Strasse
ist nichts mehr zu sehen. Bärbel ist sicherheitshalber rechts herangefahren.
Bärbel.
Sie wurde von Willy reingelegt, nun hilft sie mir, andere betrogene Bauern zu finden.
Zuerst suchen wir Karsten Stöver. Das GPS zeigt die Strasse, in der er wohnt.
Ruf ihn mal an, ob er überhaupt da ist, sagt Bärbel.
Ich habe Stöver gleich in der Leitung.
Seite 2
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Willy, dringend gesucht
O-Ton 02 (0:28)
(Atmo Stöver 2, drunterlegen)
Atmo: Regen prasselt
Reporter: Ja, ist da Herr Stöver? Ja, ist dort Herr Stöver?
No, no, no, I am here. What’s the name of this here?
Bärbel: Hartford City.
Reporter: I am in Hartford City. In Indiana. Hartford City, in Indiana.
Erzähler
Stöver hatte einen gut gehenden Hof in Schleswig Holstein, erzählt Bärbel. 200 Kühe,
kleines deutsches Bauernleben, Milch für den regionalen Markt und so. Dann habe er
von Willys Amerika-Idee gehört.
O-Ton 03 (0:14)
Atmo Bärbel/ Stöver
Er hat alles verloren. Er hatte nämlich in Deutschland alles verkauft, deswegen wäre es
nicht möglich zurückzukommen, oder er müsste ne Wohnung mieten oder was. Also es
ist nichts mehr da, wo er eigentlich hin zurückkommen könnte.
Erzähler
Willy hatte Karsten Stöver eine schlüsselfertige Milchviehanlage in Amerika
versprochen. Weites Land, großes Geld, der Bauer frei und keine nervige Bürokratie,
wie zu Hause in der EU.
Stöver biß an und machte alles nach Willys Plan: Zunächst Haus und Hof verkaufen,
dann Willy das Geld geben. Der besorgt damit amerikanische Mega-Kredite, baut einen
Megastall und stellt da Kühe rein. 2000, ach Quatsch, 3000 Kühe. Und das große
Melken beginnt.
Stöver musste nur noch nach Amerika auswandern. Was er tat.
Leider war nichts fertig, als er mit seiner Familie ankam.
Er schüttelt immer wieder ungläubig den Kopf, als er das erzählt.
O-Ton 04 (0:34)
Karsten Stöver
Seite 3
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Willy, dringend gesucht
Reporter: Sie haben ihm das Geld einfach gegeben?
Stöver: Ja. Im Nachhinein haben wir alles verloren. Ist kein gutes Gefühl. Denn der
Betrieb in Deutschland war vier Generationen im Familienbesitz, ja, und ich bin jetzt
derjenige, der das alles über den Berg gebracht hat.
Reporter: Scham?
Stöver: Ja, ein bisschen. Ja. Ja.
Reporter: Wem gegenüber?
Stöver: Meinen Eltern gegenüber.
Erzähler
Das FBI ist nicht so auskunftsfreudig wie Stöver. Es ermittelt gegen Willy wegen des
Verdachtes krimineller Handlungen gegen Staatsgesetze, es geht um schweren Betrug.
Das steht in einem Papier des FBI, die Ermittler wollen aber mit uns offenbar nicht
darüber sprechen. Immer beim Anrufbeantworter von special agent Devon Pearson ist
Schluss.
Atmo
FBI
Telefongeräusche, Wählen,
Stimme: FBI
Reporter: Yes, Kahrs is calling again, I want to leave a message for special agent Devon
Pearson. Hello, hello?
Stimme AB: I am unable to take your call right now, leave a message, thank you.
Hörer wird aufgelegt.
Erzähler
Dabei sucht das FBI nach Willy, und es befragt Leute. Zum Beispiel Todd Janzen, Anwalt
eines holländischen Bauern, der von Willy vier Millionen US-Dollar zurück haben will.
Die riefen mich an, erinnert er sich.
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Willy, dringend gesucht
O-Ton 05.1 (0:07)
Atmo FBI
Todd Janzen
The FBI called me at least once and asked me questions, I thought they will arrest him.
(reisst ab!)
Erzähler
Ich dachte, sie werden Willy verhaften. Sie ermittelten, ob er Straftaten begangen hat.
Sie fragten nach Detail-Informationen. Wie weit sie sind, weiß ich nicht, bei denen ist
immer alles geheim.
O-Ton 05.2 (0:19)
FBI
Todd Janzen
Janzen: At one point the FBI was investigating Willy van Bakel to see if there were
criminal crimes committed.
Reporter: What they wanted from you?
Janzen: Just information. Specific financial information.
I have no idea what they are doing, they are very secretive about how they investigate.
Erzähler
Die Polizeizentrale in Toledo, Ohio, downtown. Ein großer Betonklotz, ein Dutzend
schwarze Sheriffautos vor der Tür, Typen mit Sonnenbrille. FBI haben wir hier nicht,
sagt ein Beamter am Empfang.
Aber genau in dem Klotz haben sie mich doch zu Willy van Bakel befragt, erzählt Gijs
van Sommeren, ein holländischer Bauer. Früher gehörte ihm mal ein großer Hof, er
hatte eine Aufenthaltsgenehmigung und Geld. Dann traf er Willy. Heute ist er Melker
auf einer Farm in Florida, ohne gültiges Arbeitsvisum, ein Illegaler. Er ging zum FBI, mit
einer Kollegin, ...
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Willy, dringend gesucht
O-Ton 06 (0:35)
Gijs van Sommeren
We went there and we have explained my situation, what was going on, and I told also
there are quite a few dairy farmers who have the same problem, we where there for two
and a half or three hours . Then they sent me a letter that FBI agent Devon Pearson was
going in the case. But, you know up to now, August 2015, it looks like that we are at a
dead end with the FBI.
Erzähler weiter:
... zweieinhalb, drei Stunden waren sie da und erzählten was alles schief lief und dass
es so einigen anderen Milchbauern genau so geht. Das FBI wollte sich darum
kümmern, aber es ist wohl keine Hilfe zu erwarten vom FBI.
Erzähler
Gijs van Sommeren zeigt ein Dokument. Auf dem Briefkopf steht: Federal Bureau of
Investigation, daneben das Siegel des FBI, mit grünem Lorbeerkranz auf blauem Grund.
Drei „special agents“ sind auf Willy angesetzt. Aber offenbar kommt nicht viel dabei
heraus.
Atmo
Fahrt/Mit GPS/1/1046/
Erzähler
Ich bin nach Wauseon, Ohio gefahren, weil hier Willys Zentrale war. Bärbel ist mit. Die
Sonne brennt, es ist gleißend hell, wir drücken unsere Nasen an die staub-blinden
Fensterscheiben von Willys altem Büro, es steht vollkommen leer. 70 Milchfarmen
wollte Willy bauen, Projektpreis ab 10Millionen Euro aufwärts, hier im Büro liefen die
Fäden zusammen.
O-Ton 07 (0:19)
Bärbel
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Willy, dringend gesucht
Da war eine Landkarte von Amerika und da waren die ganzen Betriebe mit so kleinen
roten Stickern eingezeichnet, wo die Betriebe waren, Indiana, Ohio, Michigaan, überall
wo er was hatte. Die war hier als erstes wenn man reinkam, eine schöne große Karte von
Nordamerika, dann konnte man das sehen. Seine Visionen und sein Imperium.
Erzähler
Bärbel, Anfang 50, meine Schwester. Eher kantig als weich. Wacher Blick,
vorwärtstreibender Gang. Ein bisschen so, als müsse sie immer schnell irgendwohin.
Im Gespräch: Charmant, strahlende Augen, sofort im Kontakt, besonders wenn es um
Kühe geht.
Wir fahren quer durch Wauseon, Bärbel erzählt von großen Kuhställen.
Atmo
Bärbel
(Atmo-O-Ton bei Autofahrt)
Bärbel: Das ist riesig. 5000 Kühe. Hast Du so was schon mal gesehen?
Reporter: Muss ich hier schon?
Einen weiter?
(Autofahrt weiter)
Erzähler
Willys Privathaus in Wauseon ist eine Villa im Landhausstil, viele Erker,
Bruchsteinfassade. Hier endete immer die organisierte Werbetour für Bauern aus
Europa, sagt Bärbel. Einmal war sie auch dabei. Tagsüber fuhren sie mit einem Bus zu
Willys Musterfarm, 3000 Kühe, super Melkanlagen, alles pico bello.
Am Abend dann schmiss Willy eine Runde für alle Bauern, ein Fröhlichspaß in seinem
Partykeller.
O-Ton 08 (0:24)
Country
Bärbel: Der war eben so groß, dass auch ein kompletter Bus da rein passte. Unten in der
Ecke waren dann diese Country-Sänger, seine Leute, drei Mann auf der Gitarre - und
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Willy, dringend gesucht
denn gab‘s ordentlich zu trinken. Und dann fuhr der Bus irgendwann wieder weg,` holte
hier alle wieder ab.
Reporter: Betrunken?
Bärbel: Na ja, jeder, wie er wollte und alle sagten, jo, geiler Abend.
Erzähler
Bärbel, bäuerlicher Familienhintergrund, studierte Agraringenieurin, sie wollte immer
schon Landwirtschaft machen, und zwar groß. Nicht so romantisch zehn Kühe, jede
hat eine Glocke um den Hals und morgens wird gemolken bei warmen Heugeruch. Das
kannst Du vergessen, hatte sie mir mal gesagt.
Natürlich sprang sie sofort auf Willys tolle Musterfarm in Ohio an.
O-Ton 09 (0:32)
Bärbel
Bärbel: Du bist Kuhbauer. Und du willst das machen und Du hast Kinder die das
weitermachen wollen, dann ist das einfach toll.
Reporter: Was ist toll?
Bärbel: Die Technik, die vielen Kühe, jemand der mit Kühen arbeitet will natürlich viele
schöne Kühe haben. Das war der neueste Standard, mit den Sandboxen, was es in
Deutschland wenig gibt, die Kühe lagen perfekt in den Boxen. Die Sprinkleranlagen liefen
im Sommer, es lag gutes Futter davor, die Kühe sahen fit aus. Die Melkstände waren
ordentlich, die waren groß, das wirkte so, dass man sagt: Boa, das hast Du auch Lust zu.
Dann macht die Arbeit Spaß.
Erzähler
Bärbel will genau so eine Farm in Amerika. Ihr Mann, ein Agraringenieur, will das auch.
Sie gehen zu Willy, per Handschlag besiegeln die drei einen Arbeitsvertrag: Willy stellt
beide als gutdotierte Manager ein für eine neue Farm mit 2000 Kühen. Aber als die
Familie dann mit ihren zwei Kindern ankommt, hat Willy gar keine Arbeit für sie.
Bärbel verlässt sich auf einen Handschlag mit Willy, und andere Bauern verkaufen
Haus und Hof und geben ihm das Geld.
Das soll Jos Op Heij mir mal erklären, Willys Steuerberater und langjähriger
Wegbegleiter.
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Willy, dringend gesucht
O-Ton 10 (0:38)
Op Heij
Reporter: Die Bauern verkaufen ihren Hof, verkaufen ihre Quote, geben das Geld Willy
van Bakel, es gibt kein Ander-Konto, das ist doch Irrsinn, oder das ist irrational oder was
ist das?
Op Heij: Das ist die Bauernwelt würde ich fast sagen, von früher her ist die Bauernwelt
eine Welt wo die Menschen einander kannten. ... Und in der eigenen Umgebung waren
die Leute ja auch abhängig von das Vertrauen das man genießt, denn einer der sich nicht
richtig verhielt der war das Vertrauen los und konnte auch bei anderen nicht mehr auf
den Hof kommen.
Erzähler
Jos Op Heij , ein Mann Ende 50, lebt im Bauernhof seiner Eltern in der Nähe von
Limburg in Südostholland. Er sitzt mir gegenüber, die Hände zusammengefaltet auf
dem leeren riesigen Konferenztisch aus Holz. Seine Frau sitzt neben ihm und macht
sich Notizen.
Willy hatte ein bezirzendes Charisma, wenn er den Bauern die Investition in große
Milchviehfarmen, Op Heij nennt sie „dairies“, schmackhaft machen wollte.
O-Ton 11 (0:40)
Jos Op Heij
Op Heij: Dann kommt so ein erfolgreicher Mann zu Dir am Tisch sitzen, und wenn das
Vertrauen richtig betreut wird ist das kein Problem aber wenn der falsche Mann kommt,
dann hast Du Pech.
Reporter: Er war der falsche Mann?
Op Heij: Er war letztendlich für viele Leute in die letzten Jahren der falsche Mann.
Reporter: Weil?
Op Heij: Weil er auch Familien noch dairies verkauft hatte obwohl er wusste in dem
Moment dass seine amerikanische Firma das nie mehr bauen konnte. Und weil er wusste,
dass er das Geld, das er da noch bekam, nicht für die neuer dairy noch benutzen würde
sondern für Löcher in seine Liquidität.
Reporter: Das wäre Betrug?
Op Heij: Das wäre nicht Betrug, das war Betrug.
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Willy, dringend gesucht
Erzähler
Besonders schlimm erwischte es Christiane und Theo Hügemann, Milchbauern aus
Nordrhein Westfalen. Für 2,1 Millionen Dollar verkauften sie Haus, Hof und ihre
Milchquoten. Willy bekam 1,5 Millionen davon, das Startkapital für den 12-MillionenDollar-Stall in Ohio. Aber als die Hügemanns dann später eintrafen und loslegen
wollten, war da nichts. Nicht einmal ein Rohbau. Willy hatte ihnen eine Farm
angedreht, die nur auf dem Papier existierte.
Atmo
Rauschender Mais
Erzähler
Mount Sterling, Ohio. Auf den Feldern nur Mais und Soja, da drüber knallblauer
Himmel, und wie hingetupft ein paar Schäfchenwolken. Irgendwo hier leben die
Hügemanns. In Amerika sei alles besser, hatten sie beide in einem Zeitungsinterview
der Ruhrnachrichten gesagt, damals, als sie noch zu Hause waren. Und sie erzählten
dem Reporter, wie frustrierend es ist, in Deutschland Bauer zu sein.
Ein holpriger Weg führt zu einem Kuhstall, die Hügemanns haben sich trotz Willy noch
etwas aufbauen können. Zum Glück hatten sie ihm nicht ihr ganzes Geld gegeben,
sondern sich 500.000 Dollar auf die Kante gelegt. Das steht in Gerichtsakten. Die
Hügemanns verklagen Willy nämlich in den USA.
Aber warum? Amerikanische Anwälte sind teuer, Willy ist längst weg und ihr Geld
auch. In einer e-mail hatte ich die Hügemanns das gefragt und meine Reise
angekündigt, nun bin ich da.
O- Ton 12/ Atmo
Frau Hügemann
Schritte, Tür auf
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Willy, dringend gesucht
Erzähler
Hinter der Eingangstür gleich rechts hinter großen Glasscheiben ein Büro. Bevor ich
auch nur einen Schritt hineinsetzen kann kommt eine Frau heraus und stellt sich mir in
den Weg.
Ich möchte Theo Hügemann sprechen, sage ich.
O-Ton 12
weiter
Reporter: Hello I am looking for Theo Hügemann.
Frau: I don´t know. One moment.
Reporter: Yes I´ll wait here.
Frau: Sorry not available right now.
Reporter: Can you tell me where he is living?
Frau: Oh, I have no clue.
Reporter: When is he available, what do you think?
Frau: I don´t know. Sorry.
Erzähler
Die Frau gibt sich als Sekretärin aus, die nicht weiß, ob ihr Chef Theo Hügemann da ist
oder nicht. Ob er vielleicht später kommt, oder erst morgen und wo er wohnt.
Ein Kasperletheater, denn die Frau mir gegenüber ist gar keine Angestellte sondern
Christiane Hügemann, die Chefin.
O-Ton 12 weiter
Reporter: You don´t know that although he is working here?
Sind Sie Frau Hügemann?
Frau: Yes.
Erzähler
Ein mexikanischer Arbeiter kommt und zupft Christine Hügemann leicht am Kittel. Sie
winkt ihn weg, sie redet über Willy und darüber wie sie betrogen wurden und dass ihr
Mann keine Interviews mehr geben will, sie hätten so viel durchgemacht.
Seite 11
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Willy, dringend gesucht
Zum laufenden Gerichtsverfahren vor dem Supreme Court Ohio will sie nichts sagen.
Aber einen Tipp hat sie am Schluss noch:
O-Ton 13 (0:14)
Christiane Hügemann
Frau: Da fragen Sie mal besser bei Frank Achelpöhler nach. Der hat die Kunden aquiriert.
Wir haben auf Frank vertraut, weil der einen guten Ruf hatte als Berater, der war so was
von blind.
Erzähler
Frank Achelpöhler. Bärbels Mann.
Willy versprach, ihn nicht nur als Manager in einer Farm einzustellen, er könnte
darüber hinaus sogar Anteile an ihr erwerben, wenn, ja, wenn er deutsche Bauern zum
Auswandern bringt.
Frank warb also Milchbauern wie die Hügemanns an und begleitete sie, wenn sie auf
Bustour zu Willys Musterfarm in Ohio waren.
Viele waren dann immer völlig aus dem Häuschen, erzählt Frank.
O-Ton 14 (0:27)
Frank
Reporter: Manche würden dann sagen, Du bis ein headhunter ist das der richtige Begriff?
Frank: Nun, ein headhunter ist ja jemand der ungefragt in eine Firma geht und jemanden
aus einer Position rausholt, aus der er gar nicht raus will, also Kopfgeldjäger.
Ich habe mit Leuten gesprochen die sich dafür interessiert haben und dann sind wir
meistens zusammen hingefahren und haben uns die Betriebe angeguckt.
Erzähler
Frank glaubte daran, mit etwas Eigenkapital, ein paar Anwerbetouren und einem Job
als Farm-Manager nach und nach ein großer Milchviehbauer von Willys Gnaden mit
Grundbesitz in Amerika werden zu können – na ja, vielleicht etwas naiv, sagt er heute.
Es geht ihm nicht so gut, wenn er an die von ihm angeworbenen Bauern denkt.
O-Ton 15 (0:21)
Frank
Seite 12
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Willy, dringend gesucht
Frank: Ohne mich wären die da nicht hingegangen. Das ist ja auch ein Stück weit
Verantwortung was ich für die Leute hatte und der bin ich nicht so gerecht geworden. Ich
hätte mehr denen auch sagen müssen, wir müssen ... schon das eine oder andere mal
bedenken.
Reporter: Versagensgefühl?
Frank: Ne, ne Versagen, das wäre anders, Ne. Das passt hier nicht. (zerknirscht)
Schon ein bisschen Schuld.
Erzähler
Er selbst habe auch mit leeren Händen dagestanden, fügt er hinzu, keine Farm, keine
Arbeit, er hing rum. Bärbel arbeitete ohne Lohn gegen Essen auf einer anderen WillyFarm und die Familie lebte von der eisernen Reserve.
O-Ton 16 (0:15)
Frank
Frank: Bis wir zu Willy gesagt haben, wir kommen so nicht weiter. Was sollen wir jetzt
machen. Wir sitzen hier ohne alles. Und da gab es eben dieses Angebot dahin zu gehen
wo sonst keiner hingehen will, nach Oklahoma, da hatte es mehrere Versuche gegeben
da jemanden für zu gewinnen, die haben dankend abgelehnt.
Erzähler
So wurde Frank Willys Mann in Oklahoma. Auf Pump hatte Willy dort weite
Landflächen gekauft, es in sogenannte slots aufgeteilt und alles umzäunen lassen.
Dann kaufte er, auch auf Pump, 25.000 Färsen, also junge Kühe - fertig war die größte
Aufzuchtstation der USA.
Nun sollten die Tiere für seine Farmen in Ohio, Michigan und Indiana hier groß
gemacht werden und später dort kalben und gute Milch geben - soweit der Plan.
Guymon in Oklahoma. Luftfeuchtigkeit hoch, bullig heiß, so um die 40Grad, überall
Klapperschlangen im Gras, erzählt Frank. „No man‘s land“ heißt dieser Teil von
Oklahoma, ganz offiziell.
O-Ton 17 (0:17)
Frank
Seite 13
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Willy, dringend gesucht
Frank: No man‘s land heißt das nicht umsonst, das Gebiet sollte früher den Indianern als
Reservat zugewiesen werden und die haben sich geweigert da hinzugehen. Die haben
gesagt, lieber tot als dahin. So sind wir da hin, meine Familie und ich und haben da diese
Färsenaufzuchtfarm geleitet.
Erzähler
Willy persönlich fährt Frank von Wauseon, Ohio, nach Guymon, Oklahoma. In einer
Geländelimousine sitzt Frank hinter getönten Scheiben, es geht 1700 Kilometer
meistens geradeaus.
Als er nach zehn Stunden nicht mehr sitzen konnte, hatten sie die Hälfte geschafft,
aber Willy wollte durchfahren, erzählt Frank.
Während der Autofahrt dämmerte es ihm allmählich, dass die große Willy-Chose mit
seinen vielen Kühen bald abstürzen werde. Willy hatte den Tempomat eingelegt, sich
am Steuer eingerichtet und telefonierte herum. Er suchte dringend Geld. Er hatte
indische Investoren und Börsianer am Apparat und trug dick auf.
O-Ton 18 (0:24)
Frank
Frank: Ich hab ja selber mitgehört, wie wem er telefoniert hat, auf der Fahrt.
Er sagte, Wallstreet, wenn man da ein paar Millionen Dollar haben will, dann hört einem
keiner zu. Man braucht ne Milliarde. Er hat gesagt wenn man da ganz bieder ehrlich
kommt, dann hören die gar nicht zu. Erst wenn man da so ein Wort sagt „Billion“, dann
gehen da die Lampen an.
Erzähler
Er hätte spätestens zu diesem Zeitpunkt lieber eine geordnete Insolvenz hinlegen
sollen, sagt Willys Steuerberater Jos Op Heij. Chapter eleven heißt das in den USA,
einfach Insolvenz anmelden und fertig. Dann sanieren und den Banken was geben, und
vielleicht ist für die Bauern auch noch ein bisschen was übrig. Aber Willy hörte nicht
auf ihn.
O-Ton 19 (0:11)
Op Heij
Seite 14
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Willy, dringend gesucht
Op Heij: Er war nur noch auf dem Weg in Indien, und in Amerika auf die Börse, Geld von
Anleger zu bekommen, um damit die Liquidität zu korrigieren.
Erzähler
Angekommen in Gymon, Oklahoma, war Frank endlich bezahlter Farmmanager in
Amerika. Nur leider lief es gerade nicht so gut, erinnert er sich. Von den ursprünglich
25.000 Jungtieren waren nur noch 12.000 übrig. Und täglich wurden es weniger,
Ausverkauf um die Bankraten abzuzahlen, den hungrigen Tieren Futter zu kaufen und
Löcher in Willys Imperium zu stopfen.
Die Banken in Oklahoma waren hypernervös, die Tiere waren ja die Sicherheit für die
Kredite.
Sie heuerten Männer an, die unangemeldet bei Sonnenaufgang bei Frank vor der Tür
standen und Tiere zählen wollten.
O-Ton 20 (0:34)
Frank
Frank: Das läuft dann so ab, dass die morgens mit drei Mannschaften kamen, mit
pickups, die haben sich meistens zu zweit auf die Ladefläche gestellt hinten, der Fahrer ist
langsam weitergefahren, das war ja ein riesiges Gelände, und dann haben die gezählt.
Die Banken hatten natürlich Angst dass wir denen die Tiere quasi unter dem Hintern
wegverkaufen, und das Geld fließt in Willys Firma oder sonst wohin, und die Tiere sind
einfach weg..
Erzähler
Zum Beispiel auf dem Weg nach Russland. Russische Händler kauften 2000 Tiere, sie
zahlten weit über Preis, erzählt Frank. Sie suchten sich die besten Tiere aus, nur wenige
Tage war das bevor er kam. Die Russen verluden ihre Fracht auf LKW, eine gigantische
Aktion. Dann ging die Tour los, zuerst 1100 Kilometer Richtung Südosten durch die
sengende Hitze.
O-Ton 21 (0:23)
Frank
Frank: Nachdem die den russischen Anforderungen entsprechenden Teil der Quarantäne
auf der Farm absolviert hatten wurden die per LKW nach Houston gefahren, wurden zum
Hafen gefahren und sollten dort aufs Schiff und konnten aber nicht sofort aufs Schiff ,
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mir wurde erzählt, dass die da in der glühenden Hitze gestanden haben, und das ist für
Kühe gar nicht gut, da sind sicherlich auch ne ganze Menge Tiere dann eingegangen.
Erzähler
45 Grad Mittagstemperatur im Hafen und dann zwei Wochen Seefahrt bis nach
Sewastopol auf der Krim und dann Weiterfahrt im LKW, wenn Willy dringend Geld
brauchte, mussten seine Tiere schon mal weit reisen. Ich rufe Jos Op Heij noch einmal
in Holland an, ob das das Konzept war. Nein, sagt der. Aber es ging nicht mehr anders.
O-Ton 22 (0:25)
Op Heij
Op Heij: Da sind damals mehrere Schiffsladungen 3000, 5000 Kühe, ich meine drei
Schiffsladungen gewesen von tragende Färsen die verkauft worden sind um da die
Liquidität zu schaffen, die man nötig hatte in dem Moment, um da die Probleme zu
lösen.
Reporter: Als Notlösung?
Op Heij: Als Notlösung für die Not, die man in dem Moment hatte.
Erzähler
Nach drei Monaten auf der Farm hatte Frank weitere 4000 Tiere verkaufen müssen,
um die Banken ruhigzustellen und die verbleibenden Tiere zu versorgen. Die Farm lief
leer, Bärbel, die von Indiana nachgekommen war mit den Kindern, bekam von Willy
entgegen der Absprache für ihre Arbeit kein Geld. Da packte die Familie ihre Sachen
und ging desillusioniert nach Deutschland zurück.
Atmo
Stift Kremsmünster
Erzähler
Neunzehn Mönche kommen in eine kleine Kapelle und setzen sich vorne auf die
Holzbänke. Gleich werden sie singen und beten, wie jeden Abend hier im
österreichischen Kloster Kremsmünster. Auf einer hinteren Bank sitzt schon Martin
Mayr. Er ist auf Besuch bei seinen Brüdern. Mayr wurde vor vielen Jahren vom Kloster
nach Brasilien entsandt, nach West Bahia, etwas südlich vom Äquator, dort, wo das
Agrobusiness tobt, wie er sagt.
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Willy, dringend gesucht
Atmo
Vorstellung
Erzähler
Nach dem Abendgesang stellt Mayr mich dem Abt vor. Später noch trifft er ihn, er will
ihm auch über ein beunruhigendes neues Landwirtschaftsgroßprojekt berichten, noch
eines, seufzt er.
Er hat noch Zeit, wir sitzen vor der Wirtsstube des Klosters. Es ist Sonntag, Leute aus
dem Dorf sind zu Gast, ein Musiker, er hat nur noch zwei Zähne, singt gegen kleines
Geld von großer Liebe.
Atmo
Musik 1 oder 2
Erzähler
Martin Mayr hat einen breitkrempigen Hut auf, er raucht und trinkt einen Landwein.
Soviel Agrarindustrie hätten sie schon, und jetzt kommen auch noch die Holländer mit
ihren Kühen, sagt er.
Ans Licht gekommen ist das Projekt durch die homepage eines Abgeordneten der
brasilianischen konservativen Partei PP. Wenig Text, viele Fotos. Willy van Bakel trifft
den Wirtschaftsminister. Er sucht Land für ein Großprojekt, gleich neben der Fazenda
Estrondo und der Fazenda Caracol im Verwaltungsbereich Cotegipe, Santa Rita de
Cássia und Mansidao, auf denen Agrarkonzerne auf riesigen Flächen wirtschaften.
Bevor diese Konzerne dort Soja, Baumwolle und Eukalyptus anbauten, wurden die
Landrechte neu vergeben, und plötzlich waren die Kleinbauern im Weg, erzählt Mayr.
O-Ton 23 (0:38)
Mayr
Meistens beginnt es so, dass man ihren Lebensrahmen einschränkt. Dass dort wo sie ihr
Vieh in freiem Auslauf eben züchten, dass diese Gebiete abgezäunt werden, das sie dort
nicht mehr hindürfen.
Dann geht s an die Behausungen, und dann im schlimmsten Fall geht’s dann zur
physischen Gewalt bis zum Morde. Das sind die sogenannten Pistoleros, das sind
eigentlich Privatmilizen.,
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Willy, dringend gesucht
Was ich selbst erlebt habe sind die zerstörten Behausungen und dann leider aber auch
drei Kleinbauern, die das mit ihrem Leben bezahlen mussten.
Erzähler
Und hier nun will Willy für seine neue Firma 32.000 Hektar für Kuhställe und den
Anbau von Futtermitteln kaufen - eine Fläche so groß wie München.
O-Ton 24 (0:34)
Mayr
Der Verdacht, dass auch die Fläche die für dieses Großprojekt nötig ist, nicht auf
sauberen Weg erstanden ist, ist sehr naheliegend. ... Weil es in der Region de facto usus
ist. Weil die Gerichtsbarkeit korrupt ist.
Ich möchte mich kundig machen wie weit vor Ort sich eingesessene Kleinbauern bereits
in Gefahr wähnen.
Erzähler
Willy schreibt auf seiner Seite in einem sozialen Netzwerk, 4 Millionen Liter Milch
werde täglich produziert, das sei aber erst der Anfang. Er will Brasiliens
Milchwirtschaft vom Importeur zum Exporteur machen.
Auf meinen Interviewwunsch reagiert er nicht. Sein Bruder René van Bakel und zwei
seiner brasilianischen Mitarbeiter recherchieren aber meine Daten im Internet. Als ich
auch ihnen meine Fragen schicke, bekomme ich ebenfalls keine Antwort.
Atmo
Vreedepeel
(Fahrt, 0:18 GPS-Stimme)
Erzähler
Ich bin nach Vredepeel gefahren, weil ich hier vielleicht mehr erfahre über das
Brasilien- Projekt.
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Willy, dringend gesucht
Vreedepeel in Holland. Ein dutzend Häuser, ein kleines Gemeindehaus, eine Tankstelle.
Hier war der Hauptsitz von Willys Firmenimperium. Wo das Haus ist, frage ich den
Tankwart, einen jungen Mann. .
Atmo
Tankwart
Tanken, ab 0:42 reingehen.
Reporter: Hello, I am looking fort he Vreedeweg. Family van Bakel?
Tankwart: Das ist ganz einfach, das ist die Ampel da rechts dann vielleicht eineinhalb
Kilometer geradeaus. .... van Bakel ist an die linke Seite.
Kassengeräusch
Erzähler
Also Vreedeweg rechts rein, eine Bauernlandschaft wie aus dem Bilderbuch.
Herbstsattes Licht, frisch umgepflügte schwarzdunkle Erde, saubere Höfe, eine
Eichenallee. Dann die Hausnummer 6: Ein Backsteingebäude, das ist er, der frühere
Geschäftssitz.
Van Bakel Maklerfirma, van Bakel Auswandererbüro, van Bakel Tierbesamung und
Maschinenhandel und Milchviehanlagen. Alles unter einem Dach. Im Organigramm
steht Willy gleich neben seinem mittlerweile verstorbenen Vater, Willy ist schließlich
der älteste Sohn. Rechts daneben stehen seine beiden jüngeren Brüder, alles genau der
Reihe nach.
Darunter das Firmengeflecht. Die Firmen heißen van Bakel Exploitatiemij oder van
Bakel Onroerend Goed, die wieder Unterfirmen haben, ein verschachtelter Konzern.
Beraten von Jos Op Heij.
Jetzt aber nicht mehr, sagt der, ihm wurde alles zu undurchsichtig.
O-Ton 25 (0:14)
Jos Op Heij
Op Heij: Ich bin ausgestiegen Juli 2010. Wieso? Das kann ich einfach beantworten. Weil
ich schon länger das Gefühl hatte dass ich durch die van Bakel Gruppe nicht mehr alle
Informationen bekommen würde.
Seite 19
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Willy, dringend gesucht
Erzähler
Über 100 Millionen Euro Umsatz machte der Konzern schon damals, als Willy noch
ohne Probleme nach Holland einreisen konnte, um jungen Bauern die Vorzüge von
Mega-Farmen anzupreisen. In einem youtube - Ausschnitt aus der Zeit steht Willy mit
Schnurrbart und Blaumann im Kuhstall und hält große Reden. Er erläutert das
Stallkonzept im Großbetrieb seiner Familie.
O-Ton 26
(fängt mit Atmo an, unterlegen/ keine Übersetzung)
Willy you tube
Willy van Bakel
Erzähler
Heute reist Willy offenbar incognito, wenn er mal nach Holland muss. Dem
Vernehmen nach meidet er Flughäfen der EU und fliegt lieber über die Schweiz. Dort
wird er abgeholt, zum runden Geburtstag seines Bruders René zum Beispiel.
Laut Organigramm haben die beiden kleinen Brüder von Willy neuerdings den
gesunden Teil des Konzerns unter sich gruppiert. Alle Verluste und Forderungen aus
den USA-Aktivitäten dagegen übernimmt der große Bruder Willy mit seiner Firma
„Onroerend Goed“. Das ist die bad bank, sagt Jos OpHeij, so könne man Forderungen
an den Familienbetrieb abwehren.
O-Ton 27 (0:22)
Op Heij
Man möchte auch nicht zurückzahlen, man versucht alles auf die Firma Van Bakel
Onroed zu schieben, man kreiert da eine Entität innerhalb der Gruppe, eine Art bad bank
und die hat alle Schuld auf sich genommen und die anderen Firmen hatten keine Schuld,
obwohl die das genommen haben, was die Bauern bezahlt haben.
Erzähler
Wenn das stimmt, könnte die Unstrukturierung dazu dienen, sich die betrogenen
Bauern aus Amerika vom Hals zu halten. Aber stimmt das?
Willy van Bakels Anwälte in den USA und in Holland haben auf unsere Anfragen nicht
geantwortet. Und Willy? Der schweigt.
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Willy, dringend gesucht
Das kenne ich, sagt der holländische Konkursverwalter Wim Eikendal, er prüft
Ansprüche gegenüber Willys bankrotter bad bank-Firma. Willys Aufenthalt ist
unbekannt, über dessen Anwalt werde er noch ein letztes Mal versuchen mit ihm zu
telefonieren, dann gebe er auf. Willy habe ja nicht einmal seine Jahresabschlüsse
abgeliefert, eine strafbare Verletzung von Buchhaltungspflichten.
Eigentlich ist Willy ein Fall für den Staatsanwalt, findet Jos Op Heij.
O-Ton 28 (0:13)
Op Heij
Op Heij: Die Staatsanwaltschaft ist bei mir im Büro gewesen, die haben sich das alles
angehört, die sind auch kopfschüttelnd weggegangen, ich würde noch etwas hören.
Habe aber nichts gehört.
Erzähler
Auch das FBI schickte Ermittler nach Holland. Ein Rechtsanwalt habe ihn
angesprochen, sagt Jos Op Heij, er wollte aber nicht direkt mit dem FBI
zusammensitzen und schlug was anderes vor.
O-Ton 29 (0:18)
Op Heij
Op Heij: Über die holländische Staatsanwaltschaft bin ich bereit auch mit den FBI zu
reden. Aber um selber mit die FBI zu reden ja, das ist ein anderes Bier, denn die
Rechtssprechung in Amerika da hab ich doch ein anderes Gefühl als in Holland oder in
Deutschland.
Erzähler
Daran aber hatte das FBI offenbar kein Interesse, es hat sich nicht wieder über eine
Mittelsperson gemeldet und Jos Op Hei auch nicht direkt kontaktiert.
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Willy, dringend gesucht
Atmo
Güterzug
Erzähler
Ein Güterzug durchschneidet Wauseon, Ohio. In Wauseon war Willys Amerika-Firma
registriert. Bärbel und ich wollen bei der Handelskammer gleich neben dem
Bahnübergang nachfragen; keiner da.
Das Amtsgericht auf der anderen Seite der Bahn dagegen macht Dienst. James Barber,
ein abgeklärt wirkender vielleicht 60jähriger Richter, sitzt in seinem Bürosessel. Gelbe
Krawatte, raumgreifende Haltung, hinter ihm ein ausgestopfter großer Zander, er
angelt gern.
Na klar, Willy, erinnert er sich. Wir dachten Willy bringt Geld und Zukunft in unsere
kleine Stadt, ein richtiger Unternehmer ...
O-Ton 30 (0:16)
Judge Barber
Barber: He appeared of doing real operations, so many people thought very well of him.
And the chamber of commerce even had a big party welcoming him and his business
into town. He was a very big hope for a lot of farmers.
Erzähler/ Übersetzung weiter:
Die Handelskammer machte eine Willkommensparty, viele unserer Bauern
versprachen sich eine Menge von ihm.
Atmo
Tackern
Erzähler
Judge Barber lässt Bärbel und mir Gerichtsakten aufstapeln und Kopien
zusammenheften.
Atmo/ O-Ton 30a
Reporter Was findest Du?
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Willy, dringend gesucht
Wir finden unter dem Stichwort „Gerichtsverhandlungen“ 14 Einträge unter dem
Namen van Bakel. In einem Dokument wird William Fricke erwähnt. James Barber
hatte uns erzählt, er habe Fricke zu einer Gefängnisstrafe verurteilen müssen, obwohl
er eigentlich ein Opfer von Willy war. Er ist gerade wieder in Freiheit, gehen Sie ruhig
mal hin, hatte der Richter empfohlen.
Atmo
Fricke im Garten
Erzähler
William Fricke und sein Hund sind im Garten. Der betagte pit bull ist freundlich, Fricke
ist irritiert. Als er hört, dass der Richter uns schickt, taut er auf.
Er habe Willy Maschinen und Getreide geliefert. Willy zahlte nicht, wollte stattdessen
nun aber die ganz großen Geschäfte machen: Alle 70 Farmen könne Fricke beliefern, er
müsse nur 51% seiner Firma an ihn überschreiben - was Fricke tat. Für fünf Millionen
Dollar, die er nie bekam.
Fricke schüttelt ungläubig den Kopf, als er das erzählt.
O-Ton 31 (0:31)
Fricke
Fricke: Willy is a good salesman. He is a likeable guy. He wins you over quickly and I think
he sold me an idea. He makes me smile, he is a likeable guy. And I can`t believe that he
stuck me. ... Man, he is good. And I am pretty savvy business person and I don’t let things
like that happen - and it happened to me. Somehow he managed to lower my risk
management skills. He allowed me to lower my guard.
Erzähler
Willy verkauft sich gut, ein echt sympathischer Typ, Mann, er gab mir eine Idee, sagt
Fricke. Er könne gar nicht glauben, dass er ihn wirklich reingelegt hat, ihn, den
ausgefuchsten Geschäftsmann. Willy wickelte ihn regelrecht ein.
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Willy, dringend gesucht
Fricke geht pleite, verschleppt seine Insolvenz, wird geschnappt und muss 34 Monate
ins Gefängnis.
Kurz bevor er inhaftiert wird, trifft er Willy, am Tag vor Thanksgiving war das, erinnert
sich Fricke. Willy redete Luftblasen, „alles kein Problem“, habe er gesagt.
Kurz danach verschwindet Willy von der Bildfläche. William Fricke geht ins Gefängnis
und kommt nach 18 Monaten auf Bewährung frei, wegen guter Führung. Sein
Resumee:
O-Ton 32 (0:12)
Fricke
Fricke: In the end he took five million from me. So he took five million. I`ve got zero. I got
prison.
I got, what I really got, he took five million and I got 18month in prison.
Erzähler
Willy habe ihm 5 Millionen Dollar genommen, er bekam nichts, null, zero, außer 18
Monate Gefängnis.
Weiter mit
O-Ton
Fricke
Fricke: I would enjoy to sit down with Willy and try to figure out how, how, I´d like to
figure out what he is doing currently and I would like to know what his plan is to pay me
back somehow. I would love to hear that. He will tell me, oh, no problem, we can do that
No problem, we can do that, yes we can do that, I can hear him say that.
Erzähler
Fricke würde gerne wissen was Willy heute so macht, ihn mal treffen, und mal hören,
wie Willy sich das vorstellt mit dem Geld, wie er es zurückzahlt.
Er wird sofort sagen, kein Problem, wir machen das, da ist sich Fricke sicher.
Seite 24
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Willy, dringend gesucht
Atmo
Fahrt de Groot
Erzähler
Fahrt zu Johann de Groot. Früher besaß er einen Schlachthof in Holland, jetzt betreibt
er eine Milchviehanlage made by Willy in Indiana. De Groot fordert über seinen Anwalt
vier Millionen Dollar von Willy, der habe ihm sein Vieh weggenommen und seine
Maschinen auch.
Atmo
Ankunft de Groot
(Aussteigen aus Auto bei 0:30, dann reingehen,
Hello (1:08)
Melkanlage
Dialog 1:25
Aussengeräusche, im Stall 2:10
Johann de Groot kommt im Auto 2:26
Erzähler
Wir suchen Johann de Groot in der Melkanlage, einer der mexikanischen Arbeiter
spricht ein paar Brocken Englisch. De Groot komme gleich, sagt er.
Atmo
Stall
Erzähler
Dann kommt de Groot, der riesige rote Pickup bremst direkt vor dem Melkstand mit
den Mexikanern.
Atmo
Welcome de Groot
Reporter: You are Johann de Groot?
Groot: Yes, come in
Reporter: Rainer, Bärbel. Nice to meet you.
Seite 25
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Willy, dringend gesucht
Erzähler
Das Büro von Johann de Groot ist übersät mit Papieren, Plastikordnern, Kaffeebechern.
An der Wand eine Amerikaflagge, vielleicht ein Meter hoch und einsfünfzig breit. Auf
einer Fensterbank eine Stoffkuh mit Sonnenbrille, und ein paar Auszeichnungen der
Berufsverbände.
De Groot sieht müde aus, das Gesicht fahl, er ist bitter.
Eines Tages kamen Willys Leute im Morgengrauen, erzählt er.
O-Ton 33 (0:29)
De Groot
Groot: They sent trucks to load my cows. And if a cow was limpy, they took a gun and
killed them. If we have a cow be limpy we sell to a shellbar and they pay and they 1000
Dollar each. But he kill them. Take a gun and kill them.
Reporter: They came with big trucks?
Groot: Yes. And you never know where the cows go. A lot of cows in Ohio go to his own
farms in Michigan, and he brought cows to a lot of farmers to whom he built the
facilities and promised the cows and then he bring my cows to there.
Erzähler
… die luden seine Kühe auf LKW, wenn eine humpelte, wurde sie sofort erschossen.
Eigentlich könne man für eine humpelnde Kuh noch 1000Dollar bekommen, aber die
nahmen das Gewehr und töteten sie.
Große trucks?, frage ich.
Ja, mit großen trucks kamen sie, man weiß nie, wohin die Kühe dann kommen,
antwortet de Groot. Von Ohio aus wurden schon welche zu Willys eigenen Farmen in
Michigan gefahren, andere landeten bei Bauern, denen Willy Kühe versprochen hatte,
vielleicht seine Kühe auch.
Erzähler
Willy hatte für Johann de Groot die Farm gebaut, de Groot zahlte und betrieb die Farm,
Willy aber behielt Anteile an ihr. Eines Tages dann fuhren plötzlich Willys Leute mit
Viehtransportern vor und luden die Kühe aus dem Stall ein. Damit entzog Willy de
Groot die Existenzgrundlage , sagt sein Anwalt Todd Janzen.
Seite 26
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Willy, dringend gesucht
O-Ton 34.1 (0:32)
Todd Janzen
Janzen: Our suspicion was always that his cows went to other farms or they were sold for
slaughter but it`s virtually impossible to track down cows once they leave a farm and
there is no record of where they went. ....
Erzähler
Er hätte immer den Verdacht gehabt, dass de Groots Kühe zu anderen Farmen
gebracht wurden, vielleicht seien manche auch verkauft und geschlachtet, worden,
man weiß es nicht.
Janzen: They usually have ear tags but one can easily change an ear tag and write a
number down in a book and then, eh, it becomes a accounting nightmare to try and
figure out where cows are moving from farm to farm. ....
Erzähler
Ohrmarken austauschen und ihre Nummern in Büchern ändern ist leicht, sagt Janzen.
Und alle verlieren den Überblick.
O-Ton
Janzen: It becomes an accounting nightmare to try and figure out where cows are
moving from farm to farm.
Erzähler
Über Kühe mit fremden Ohrmarken wunderte sich niemand auf der Farm, auf der sie
am Anfang umsonst arbeitete, sagt Bärbel. Und auch auf anderen Farmen wussten alle
Bescheid: Es hatte immer einen triftigen Grund, wenn plötzlich auf irgendeiner WillyFarm hunderte fremde Kühe auftauchten und später genauso plötzlich wieder
verschwanden.
O-Ton 35 (0:26)
Bärbel
Wenn zum Beispiel die Bank kam und eine bestimmte Stückzahl da stehen musste, dann
haben die Tiere hin und hergefahren, um für diesen Tag diese Tierzahl dort zeigen zu
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können. Und Willy hatte eben auch Betriebe, die anfangen wollten oder denen er
zugesagt hatte, dass sie mehr Tiere bekommen, und dann haben sie eben von so nen
Farmen, wo man die Tiere wegholen konnte, die woanders hingestellt, damit er seine
Versprechen wenigstens teilweise einhalten konnte. Weil ja alle ihn unter Druck gesetzt
hatten, hey wir brauchen Tiere, wir wollen melken, es muss weitergehen. Die Tiere sind
öfter verschoben worden.
Atmo
Gülle-Lagune
Erzähler
Eine verlassene Willy-Farm in Michigan. In einem Güllesammelbecken, groß wie ein
Schwimmbad, steht schwarzes Wasser. Im Beton an der Seite ist ein Schacht, ein Tier
verbirgt sich darin, und gibt warnende Laute von sich. Im Stall lose von den
Ventilatoren herunterhängende Stromkabel, leere Kuh-Boxen.
Atmo Lynn
Autofahrt, Gespräche
Erzähler
Lynn und zwei ihrer Mitstreiter, Umwelt-Aktivisten so um die 60 herum, fahren uns im
Van durch das untergegangene Reich von Willy van Bakel. Hier im Dreiländereck
Michigan, Ohio und Indiana gab es 36 Willy-Farmen. Lynn fände es gut, wenn
möglichst viele von denen leerstehen würden. Dann hätten sie weniger
Gülleprobleme und das Grundwasser wäre besser. Aber nach Willys Abgang kauften
amerikanische Großbauern den notleidenden Banken zu Schnäppchenpreisen viele von
Willys Milchviehbetrieben ab, um sie weiter zu führen. Lynn kann in ihrer direkten
Nachbarschaft die ihr so verhaßten Massentieranlagen: Concentrated Animal Feeding
Operations, sie nennt sie CAFOs, nicht übersehen.
O-Ton 36 (0.30)
Lynn Henning
Seite 28
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Willy, dringend gesucht
Within a ten miles radius here we here over 12 CAFOS or concentrated animal feeding
operations for approximately 35000 animals.
And in that we have approximately 57 lagoons. There are cesspools where
animals waste is stored. Vrebahoff was the biggest CAFO in Michigan when they were
here and they were the worst poluter also.
Erzähler
Im Umkreis von zehn Meilen stehen hier 12 Milchviehbetriebe mit 35.000 Kühen.
Deren Ausscheidungen in 57 Güllebecken schwimmen, sagt Lynn. Willy van Bakels
Firma Vrebahoff als großer Milchviehbetreiber sei dabei der größte
Umweltverschmutzer gewesen.
Für die Dokumentation der Umweltschäden durch Massentierhaltung bekamen Lynn
und ihre Leute 2010 den renommierten Goldman-Preis, auf einem Foto steht Lynn,
Barack Obama gratuliert ihr dazu.
Ein erhebendes Gefühl, sagt sie, aber wenn man zurück ist aus der Glitzerwelt gibt es
anonyme Einschüchterungsversuche, und zwar bis heute, erzählt Lynn, sie hatte ...
O-Ton 37 (0:14)
Lynn Henning
I`ve had dead animals put on my porch, in my car, in my mail box, I had my mailbox
have been blown up. We have been chased on the way to the sheriff department by
CAFO-Operators.
Erzähler weiter:
... tote Tiere vor der Tür, im Auto und im Briefkasten auch. Der flog einmal sogar in die
Luft, und sie wurde verfolgt auf dem Weg zum Sheriff. Von Leuten der Betreiber dieser
Massentieranlagen.
Atmo
Lynn SOS
Seite 29
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Willy, dringend gesucht
Erzähler
Lynn jagt mit dem Auto einem LKW-Konvoi vor uns hinterher. Am Telefon gibt sie die
Daten durch, die Fahrzeuge seien randvoll mit Gülle und fahren Richtung Hudson
Dairy, meldet sie. Am anderen Ende notiert sich eine Behördenmitarbeiterin die
Information.
Atmo
Lynn: This is drag-lining. We will make pictures. Hold your nose. Boa, it smells. Smells bad
(aussen) Tür auf, Geräusche, Grillenzirpen,
This is why I had to close my windows
Trecker
Erzähler
Gleich kippen sie das alles aufs Land, sagen unsere Fremdenführer.
Die Gülle schwimmt auf dem Feld. Die Fotos zeigen das, aber heute druckt die keine
Zeitung mehr, sagt Lynn achselzuckend. Anders als zu Willy Zeiten, als viele noch
hofften, sie könnten die Massentieranlagen stoppen.
Es sieht fast so aus, als wären die Aktivisten extra noch mal für uns aktiv geworden,
dabei ist die Schlacht geschlagen. Neue Kuhfarmer schütten neue Gülle auf das Land,
und Willy ist Geschichte.
Falsch, sagt der Bauer Gijs van Sommeren, Willy ist da. Jeden Tag. Du wachst auf mit
ihm und Du gehst mit ihm zu Bett.
O-Ton 39 (0:31)
Gijs van Sommeren
Sommeren: You go to bed with this and you wake up, my wife she is thinking less about
it, I more, because I have bills left from my laywer. You are confrontated with that for a
long time. And I think you first have a farm and now you have nothing, you have zero, I
tell you that that a big difference is. How that feels.
Erzähler weiter
Meine Frau denkt nicht mehr so oft daran aber ich, und dann die ganzen Rechnungen
der Anwälte, bis heute. Und wie sich das anfühlt, zuerst hast Du eine Farm und dann
nichts mehr.
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Willy, dringend gesucht
Atmo
Gijs Houston Rezeption
Erzähler
Wir treffen Gijs van Sommeren an der Rezeption einer düsteren Hotelanlage gleich
neben dem Flughafen von Houston, Texas. Gijs, der Melker, er kam extra
hochgeflogen von Florida, um mit uns über Willy zu reden.
Es ist Nacht, es ist heiß, im Pool stehen Leute, die sich einfach nur abkühlen wollen, sie
trinken dabei billige Cocktails. Wir sitzen auf Klappstühlen am Rand und haben uns
holländisches Bier von der Tanke geholt.
Willy hat mir alles versaut, sagt Gijs. Er habe eine Million Dollar verloren und seine
Selbstachtung.
O-Ton 41 (0:19)
Gijs van Sommeren
Sommeren: I think as a farmer who lost the farm you are ashamed and that is a for a lot
of people a big problem, because they don’t like to go out any more and they don’t like to
speak about it what happened, they think I am stupid.
Erzähler
Wenn Bauern ihre Farm verlieren, erklärt er, glauben sie schnell, sie seien zu dumm für
den Job. Dann kommt die Scham und man wird stumm so wie er und geht nicht mehr
raus.
Gijs hatte gar nicht gemerkt, wie Willy ihn austrickste.
Ein schneller Vertrag, ein Handschlag. Willy entwickelt für Gijs einen Milchbetrieb mit
3000 Kühen. Gijs überweist ihm schon mal 398.750 Dollar.
Willy vermittelt ihm später eine Stallanlage mit Sanierungsstau, die Gijs kauft. Willy
steigt ja laut Vertrag auch bald ein und besorgt Geld.
Macht Willy auch, die Bank gibt zwölf Millionen, alles unterschriftsreif, aber Willy
kommt nicht zum Termin. Auch nicht zum nächsten. Der Kredit platzt und Gijs bleibt
auf allem sitzen.
Seitdem ist er pleite, prozessiert gegen Willy und denkt an seinen Vater.
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Willy, dringend gesucht
O-Ton 40 (0:42)
Gijs van Sommeren
Sommeren: I feel responsible for t hat. I Feel really bad it is painful if you took dads farm
over. And then you go to loose it.
If van Sommeren was a poor manager, it is possible than you say okay I am not qualified
fort this but if I see here in the US so many dairy farms and families are broke, and they
all have dealed with our friend Willy van Bakel it is still always painful and I think it will
never disappear.
Erzähler
Ich bin ja verantwortlich, von meinem Vater bekam ich die Farm und brachte sie
hindurch, klagt er. Dabei habe er nicht schlecht gewirtschaftet, so viele
Milchviehfarmen sind kaputt und immer war Willy van Bakel im Spiel.
Wilhelmus Hendricus Maria van Bakel, genannt Willy der Holländer. Der Schönredner,
der Vielversprecher. Der den-Bauern-das-Geld-aus-der-Tasche-Zieher. Geboren am
14.Januar 1962 in Venray in Holland. Abgetaucht 2012 aus den USA, Ziel: Unbekannt.
Verwickelt in 21 Gerichtsverfahren allein beim Amtsgericht Fulton County, Ohio. Dazu
weitere Gerichtsverfahren in Indiana und Michigan.
Wilhelmus Hendricus Maria van Bakel, der Verbitterer, der Verwüster, der kein –Steinmehr-auf-dem-anderen-Hinterlasser.
2500 Meilen folgten wir mit dem Auto seiner Spur, kreuz und quer durch Amerika.
Kaputte Bauernträume, zerrüttete Biografien und hier und da wütender Rechtsstreit
gegen ein Phantom: Willy ist ja weg.
Anruf aus Brasilien. Die Leitung ist schlecht, aber die Informationen sind interessant.
Willy ist am Ziel. Die brasilianische Umwelt-Behörde hat sein neues Projekt genehmigt.
Martin Mayr vom Kloster Kremsmünster hat die Papiere.
O-Ton 42
Direktor neu
Reporter: Welche Rolle hat Willy van Bakel? Willy van Bakel ist der technische Leiter
dieses Projekts, der eben dafür verantwortlich ist, dass die Milchproduktion dann
tatsächlich auch zustande kommt.
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Willy, dringend gesucht
Erzähler
Willy managt die größte Milchviehanlage der Welt. Größer noch als die chinesische
Farm in Mudanjiang City im Nordosten Chinas.
Das Projekt heißt „Nassau Bahia“, die Umsetzung kostet 1,5Milliarden US-Dollar. Willy
baggert den Wirtschaftsminister Brasiliens an, den Vizegouverneur des Bundesstaates
Bahia auch, dann klappert er noch die Lokalgrößen der Gemeinde Jaborandi ab. Dort
steigt nämlich bald das Megaprojekt. 4700 Arbeitsplätze hat Willy versprochen,
berichtet Martin Mayr.
O-Ton 43 (0:28)
Mayr
Mayr: Ich weiß dass in der Gemeinde Jaborandi das Projekt mit großer Euphorie erwartet
wird, man spricht davon, daß sehr viele Arbeitsplätze geschaffen werden, dass das ein
hohes Einkommen der Gemeinde hinsichtlich der Steuern bedeuten wird, und eine große
Dynamisierung.
Erzähler
Vier Millionen Liter Milch werden am Tag produziert, schreibt Willy mit leichter Hand
seinen Freunden im Netz.
Vier Millionen Liter? Ja, vier.
Der Bau? Kein Problem. Schon 2016 fließt Milch.
Jetzt schnell im Winter das Land dort, wo es nötig ist, umzäunen. Dann 120.000
Jungtiere kaufen, vielleicht in Texas. Mit Schiffen rüberholen, und die Tiere bei
glühender Hitze 1000 Kilometer weit fahren bis zur Fazenda Jatobi, so heißt Willys
Land.
Brasilianische Entwicklungsfonds haben schon angebissen und geben Geld.
Wilhelmus Hendricus Maria van Bakel, genannt Willy der Holländer.
Aber wo steckt Willy, der Vielversprecher, gesucht vom FBI, von den Bauern und vom
holländischen Konkursverwalter auch.
Er ist sich noch nicht sicher, sagt Mayr, aber er hat eine Spur:
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Willy, dringend gesucht
O-Ton 44 (0:28)
Martin Mayr
Mayr: Ich glaube dass er in Brasilia ist. Der Sitz der Betreiberfirma, die das Nassau Bahia
Projekt umsetzen will, ist in Brasilia, und vermutlich ist das auch das praktischste für ihn,
einerseits ist er nahe an den Institutionen die für Bewilligungen zuständig sind
andererseits an der Fazenda Jatobar, von Brasilia bis dorthin sind es circa 450 Kilometer.
Erzähler
Völliger Quatsch, sagt ein Insider, er ist in Curacao, der holländischen Karibikinsel, da
wurde er gesichtet. Nein, behauptet ein anderer, er ist in Peru. Der holländische
Konkursverwalter Wim Eikendal sagt: Ich kriege Willy jetzt auf Skype, vermittelt über
seinen Anwalt. Nur der weiß, wo Willy wohnt. Willy sei bereit, etwas zu reden, aber
über seinen Aufenthaltsort sagt er nichts.
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Willy, dringend gesucht
ABSAGE
Sie hörten:
Willy, dringend gesucht
Ein Feature über deutsche Bauern und das FBI
von Rainer Kahrs
Es sprach: Peter Kaempfe
Technische Realisation: Klaus Schumann
Regieassistenz: Eva Garthe und Ilka Bartels
Regie: Christiane Ohaus
Redaktion: Michael Augustin
Eine Produktion von Radio Bremen für das ARD-radiofeature 2015
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