Netzwerk Kinderschutz - SFBB Berlin
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Netzwerk Kinderschutz - SFBB Berlin
Netzwerk KinderschutzFrühe Interventionen und Hilfen In Kooperation von Pädiatrie und Jugendhilfe Dokumentation der Fachtagung vom 2. - 3. Juli 2008 in Berlin 1 Inhaltsverzeichnis Seitenzahl Veranstaltungsausschreibung und Programmablauf 3-7 Fachreferate Keiner fällt durchs Netz- Ergebnisse der Resilienzforschung Und Konzepte effektiver früher Hilfen Prof. Dr. med. Manfred Cierpka, ärztlicher Direktor des Instituts Für Psychosomatische Kooperationsforschung und Familientherapie. Psychosoziales Zentrum Uniklinikum Heidelberg 8 - 49 Niedrigschwellige sozialraumorientierte Projekte früher Hilfen Netzwerke für Kinderschutz- Pro Kind Sachsen Günter Refle, Leiter des Felsenweg-Instituts der Karl Kübel Stiftung Für Kind und Familie 50 - 82 ADEBARBeratung und Begleitung für Schwangere und Familien, Hamburg Mirjam Hartmann, Leiterin des Hamburger Familienprojektes 83 - 90 Kindeswohlgefährdung und Risikofaktoren frühzeitig erkennen und helfen Marianne Desens, Fachteamleitung, Jugendamt Berlin-Reinickendorf 91 - 94 Schritte zu einer gelungenen Zusammenarbeit zwischen Medizin und Jugendhilfe Christina Borgmann, Kinderschutzkoordinatorin UK Charite´ -Campus Virchow Klinikum, SPZ- Neuropädiatrie/ Entwicklungsneurologie 95 - 109 Frühe Hilfen- Kinderschutz vor und nach der Geburt Dr. Matthias Brockstedt, Ärztlicher Leiter des Kinder- und Jugendgesundheitsdienstes des Bezirksamtes Mitte von Berlin 110 - 137 WELLCOME - Praktische Hilfen für Familien nach der Geburt Katja Brendel, „Wellcome“ Landeskoordination Berlin, Stützrad e.V. 138 - 150 Workshopergebnisse 151 - 154 Arbeitsgruppenergebnisse bezirklich differenziert 155 - 159 Abschlussresümee 160 Anlagen: Referenten/Innen und Moderatoren/Innen 161 - 162 Ausführungsvorschriften Kinderschutz vom 8.4.08 163 - 167 1 Jahr Netzwerk Kinderschutz 168 - 171 2 Senatsverwaltung für Bildung Sozialpädagogisches Fortbildungsinstitut Berlin - Wissenschaft und Forschung Brandenburg - SFBB Veranstaltungs-Nr. 7010/08 Fachtagung NETZWERK KINDERSCHUTZ IN BERLIN - FRÜHE INTERVENTION UND HILFEN IN KOOPERATION VON PÄDIATRIE UND JUGENDHILFE 2. und 3. Juli 2008 Inhalt: Um Kinder wirkungsvoll und präventiv vor Kindesvernachlässigung und -misshandlungen zu schützen, werden aktuell bundesweit Frühwarnsysteme und frühe Hilfen für Eltern entwickelt, insbesondere Konzepte für die Zusammenarbeit von Entbindungskliniken, Hebammen, KJGD, RSD, Sozialmedizinischem Dienst und niedergelassenen Kinderärzten als stabile Netze für Familien und Kinder. In der Veranstaltung werden vorgestellt: • Gemeinsame / kompatible gesetzliche Rahmenbedingungen, SGB VIII / Gesundheitsdienstgesetz, GDG • Ergebnisse der Resilienzforschung, mit dem Plädoyer, so früh wie möglich • Projekte früher Hilfen: - Pro Kind - ein Hausbesuchsprogramm für erstgebärende Schwangere, „Nurse-Family-Partnership-Programm“ - Elternschule, z.B. „Das Baby verstehen“ - ein niederschwelliger Einstieg für alle Eltern, oder das Konzept „FUN-Baby“ • „Keiner fällt durchs Netz“ - das Indikatoren- und Risikofaktorenmodell zur Einschätzung und Beurteilung von Gefährdungssachverhalten, zu Gestaltung von Erziehungshilfen und infrastrukturellen Ressourcen der Resilienzförderung • Maßnahmen der Etablierung des sozialen Frühwarnsystems in Berlin: Wie hilft das abgestimmte Risikofaktoren- und Indikatorenmodell in der Praxis (Klinik, KJGD, Jugendamt)? Fallmanagement bei Kindeswohlgefährdung • Vernetzungsbeispiele - best practice - aus einem Berliner Stadtteil, Kooperationsvereinbarungen Tagungsort: JugendKulturZentrum PUMPE, Lützowstr. 42, 10785 Berlin-Mitte Das Teilnahmeentgelt in Höhe von 15,00 Euro enthält Pausengetränke und Imbiss und ist vorab zu überweisen. 3 Programm: 1. Tag: Die bundesweiten Entwicklungen und Erfahrungen 09.00 Uhr Empfang der Teilnehmer, Teilnehmerinnen und Gäste 09.30 Uhr Grußworte: Staatssekretär Sen BWF, Herr Eckart Schlemm Eröffnung: Aufgaben von Stiftungen und Netzwerken in der Präventionsarbeit am Beispiel der Karl Kübel Stiftung für Kind und Familie und der Hessenstiftung – Familie hat Zukunft Daniela Kobelt Neuhaus Anlass und Zielsetzung der Veranstaltung, Ablauf des Tages Moderation: Christa Möhler-Staat 10.00 Uhr Keiner fällt durchs Netz - Ergebnisse der Resilienzforschung und Konzepte effektiver früher Hilfen Prof. Dr. Manfred Cierpka Nachfragen und Diskussion 11.00 Uhr Kaffeepause 11.20 Uhr Niedrigschwellige sozialraumorientierte Projekte früher Hilfen: „Netzwerke für Kinderschutz – Pro Kind Sachsen“ Günter Refle ADEBAR, Beratung und Begleitung für Schwangere und Familien, Hamburg Mirjam Hartmann 12.45 Uhr Mittagspause 13.45 Uhr Zur Zusammenarbeit der Professionen, Konzepte der Vernetzung sechs themenzentrierte Arbeitsgruppen: AG 1 Zusammenarbeit in der vor- und nachgeburtlichen Phase, an der Schnittstelle zur Medizin Moderation: Dr. Dieter Hüsemann, Dr. Ines Schönborn, Dr. Michael Abou-Dakn, Ulrike v. Haldenwang 4 AG 2 Das gefährdete kleine Kind. Konzepte der Zusammenarbeit im Umgang mit „Hochrisikofamilien“ Moderation: Prof Dr. Adolf Windorfer, Dr. Matthias Brockstedt AG 3 Chancen der Elternarbeit / Elternbildung in der Kooperation Kita Gesundheitsdienst - Jugendhilfe Moderation: Dr. Andreas Eickhorst, Christel Rose, Günter Refle AG 4 Kinder mit hohen gesundheitlichen Risikofaktoren - präventive Hilfen für belastete Eltern an der Schnittstelle verschiedener Dienste Moderation: Christoph Hertzberg, Christine Borgmann AG 5 (gemeinwesenorientierte) Möglichkeiten und Chancen der Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen zur Unterstützung und Förderung belasteter Eltern Moderation: Katja Brendel, Sylvia Braband-Alkbir, Mirjam Hartmann AG 6 Kinderschutzkoordination und Netzwerkarbeit, Aufgaben, „Erfolge“, Empfehlungen Tanja Leonhard, Renate Dümchen, Tamara Romeyke 15.30 Uhr Kaffeepause 16.00 Uhr Plenum: Spotlights / Handlungsempfehlungen aus den Workshops 17.00 Uhr Schluss des 1. Tages 5 Programm 2. Tag Das Netzwerk Kinderschutz in Berlin. Erfahrungen, Stolpersteine, Lösungen 09.00 Uhr Gesetzesinitiative für ein Gesetz zum Schutz des Kindeswohls und der Kindergesundheit Staatssekretär Dr. Benjamin-Immanuel Hoff, Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz 09.30 Uhr Kindeswohlgefährdung und Risikofaktoren frühzeitig erkennen und helfen Aufbau und Handhabung des ersten Check- und Erfassungsbogens Renate Dümchen, Marianne Desens 10.30 Uhr Kaffeepause 11.00 Uhr Schritte zu einer gelungenen Zusammenarbeit zwischen Medizin und Jugendhilfe Christina Borgmann 11.30 Uhr Projekte und Vernetzungsangebote früher Hilfen in Berlin Dr. Matthias Brockstedt: Welche Qualitätskriterien sind bei der Gestaltung und beim Aufbau notwendig? 12.00 Uhr Erfahrungen aus einem gemeinwesenorientierten Projekt in Berlin Katja Brendel, Sylvia Braband-Alkabir Nachfragen 12.45 Uhr 13.45 Uhr Mittagspause 6 Arbeitsgruppen : Regional zugeordnete sowie interdisziplinär zusammengesetzte Arbeitsgruppen zu folgenden Themen: 6 • Was läuft in unserer Region schon gut? • Welche Projekte gibt es schon? • Was ist zu verbessern? • Welche konkreten Verabredungen - mit welchem Bereich / Dienst will ich dazu treffen? Moderation: Monika Berger-Gramm, Marion Thurley, Marianne Desens, Renate Dümchen, Maria Frerichs, Iris Hölling und andere 15.30 Uhr Kaffeepause 16.00 Uhr Spotlights fürs Plenum: Ideen und Verabredungen aus den Arbeitsgruppen 17.00 Uhr Ende der Veranstaltung 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 Netzwerke für Kinderschutz – Pro Kind Sachsen Netzwerke Netzwerkefür fürKinderschutz Kinderschutz––Pro ProKind KindSachsen Sachsen Netzwerke Netzwerkefür für Kinderschutz Kinderschutz ¾ Zugänge & Netzwerke ¾ Informations und Kooperationsstrukturen ¾ Qualifizierungen Pro ProKind Kind–– Sachsen Sachsen ¾ Frühpräventionsangebot 50 Netzwerke für Kinderschutz – Pro Kind Sachsen Projektlaufzeit: Mai 2007 bis Dezember 2011 Projektträger: Felsenweg-Institut Projektpartner: Dresden, Leipzig, Plauen, Muldentalkreis, Vogtlandkreis gefördert durch den 51 Pro Kind Sachsen Begleitforschung Begleitforschung Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen e.V., Universität Leipzig, LeibnitzUniversität Hannover Förderung Förderung der der Begleitforschung Begleitforschung 52 Netzwerke für Kinderschutz – Pro Kind Sachsen Projektbeirat Projektbeirat Projektträger: Projektträger:Felsenweg-Institut Felsenweg-Institut Stiftung Stiftung Pro Pro Kind Kind wissenschaftl. wissenschaftl. Begleitforschung Begleitforschung LIWF/Uni LIWF/Uni Leipzig Le ipzig Dresden Dresden Koord. Koord. Projektleitung Projektleitung Netzwerke Netzwerke für für Kinderschutz Kinde rschutz FB FB Leipzig Leipzig Koord. Koord. FB FB Projektle itung Proje ktleitung Pro Kind Sachsen Pro Kind Sachsen Plaue n Plauen Koord. Koord. FB FB Vogtland kre is Koord. FB FB wissenschaftl. wissenschaftl. Begleitforschung Begleitforschung KF KFN/UNI N/UNI Leipzig Leipzig Muldental kreis Koord. FB FB Netzwerk- und Kooperationspartner Zielgruppe 53 Netzwerke für Kinderschutz – Pro Kind Sachsen Anliegen Anliegen das gesunde körperliche, geistige und seelische Aufwachsen von Kindern fördern zu einem effektiven Schutz des Kindeswohls beitragen Aufgabenstellung Aufgabenstellung Eltern in der Wahrnehmung ihrer Erziehungsverantwortung unterstützen Kinderschutz in Risikosituationen Durch klare Hilfe- und KontrollStrategien sicherstellen 54 Netzwerke für Kinderschutz – Pro Kind Sachsen Aufgabenstellung h Aufgabenstellung Umsetzung Umsetzung Förderung der Bindungsfähigkeit und des Bindungsaufbaus zwischen Eltern und Kind Eltern in der Wahrnehmung ihrer Erziehungsverantwortung unterstützen Stärkung elterlicher Erziehungskompetenzen Stabilisierung der Lebensumstände 55 Netzwerke für Kinderschutz – Pro Kind Sachsen Aufgabenstellung g Aufgabenstellung Kinderschutz in Risikosituationen durch klare Hilfe- und Kontrollstrategien sicherstellen fachliche fundierte Risikoeinschätzung verbindlich funktionierende Kooperationsstruktur zum Kinderschutz 56 Netzwerke für Kinderschutz – Koordinatorenmodell Freie Träger Familiengerichte Bildung- und Beratungseinrichtungen Gesundheitswesen Koordinationsstelle Jugendamt Polizei … Schulen 57 www.netzwerke-fuer-kinderschutz-sachsen.de www.nfk-sachsen.de 58 Netzwerke für Kinderschutz 4. Netzwerkmanagement 3. Netzwerkstruktur(en) 2. integriertes Prozessdenken 1. Aufgabenstellung 59 Integriertes Prozessdenken Das operativ an Primärprozessen ausgerichtete Netzwerken Frühförderung Kindergarten Spezielle Beratung Kinderarzt Jugendamt Integration von (isolierten) vor- und nachgelagerten Dienstleistungen zu einer Prozesskette Produktions Produktions – – und und Dienstleistungskette Dienstleistungskette Quelle: itanides 1983 Quelle: nach nach Ga Gaitanides 1983 60 Integriertes Prozessdenken Das strategische an Sekundärprozessen ausgerichtete Netzwerken Politik Verwaltung Träger Strategisches Netzwerk als Sekundärprozess über Gremien Heterarchisch Heterarchisch angeordnet angeordnet InteressenInteressen- und und Handlungskoalitionen Handlungskoalitionen KooperationsKooperations- und und Informationsprozesse Informationsprozesse 61 Netzwerkstrukturen kommunales kommunales Netzwerkforum Netzwerkforum Subnetzwerke Subnetzwerke 62 Netzwerkstrukturen kommunales kommunales Netzwerkforum Netzwerkforum Zielstellung: Integration + Steuerung zentrale Aufgaben: gleichberechtigte Interorganisationsbeziehungen 63 Netzwerkstrukturen Subnetzwerke Subnetzwerke Zielstellung: Angebotsentwicklung zentrale Aufgaben: spezifische Themenfelder, aus denen Neues entwickelt wird 64 Netzwerkmanagement Phasen beim Netzwerkaufbau 1. Initiierung 2. Konstituierung 3. Zentrierung 4. Normierung 5. Formalisierung 65 Netzwerkmanagement 5. Formalisierung 4. Normierung 3. Formierung Aufgabenklärung 2. Konstituierung Strukturaufbau 1. Initiierung Vertrauensaufbau 66 Qualifizierungskonzept Qualifizierungskonzept Qualifizierungen Beratung Fachtagungen Netzwerkkompetenzen Fachkompetenz Kinderschutz Regelmäßige Koorditreffen LandesFachtagung Netzwerkkompetenz Modul 1 Kinderschutzkonzept Pro Kind Gesamttreffen Pro Kind Regionale Fachtagungen Netzwerkkompetenz Modul 2 Psych.Erkrankungen Frau Dr. Hornstein Einzelberatung interdisziplinäre Netzwerkmoderation Eltern-Kindbindung Frau Dr. Ziegenhain Konfliktmanagement in der NW-Arbeit Entwicklungstabelle Frau Beller 67 Pro Kind Sachsen 68 Pro Kind Sachsen 55 Standorte Standorte mit mit200 200 Teilnehmerinnen Teilnehmerinnen Stadt StadtLeipzig Leipzig 72 Stadt Dresden Stadt Dresden 64 Muldentalkreis Muldentalkreis 16 Stadt StadtPlauen Plauen 24 Vogtlandkreis 24 Vogtlandkreis 69 Zugänge zur Zielgruppe Zielgruppe Zielgruppe Schwangere, die folgende Kriterien erfüllen: ¾ erstgebärend ¾ 12. bis 28. Schwangerschaftswoche ¾ finanzielle Problemlage ¾ besondere soziale oder persönliche Problemlage 70 Risikofaktoren Risikokindheit in Deutschland Teenagerschwangerschaften Kriminalität Alkohol Armut Missbrauch Häusliche Gewalt Rauchen Soziale Isolation 71 Multiplikatoren Stand 25.06.2008 1 5 3 1 17 15 1 Jugendamt Beratungsstellen Gynäkologen Selbstmelderinnen ARGE/Agentur für Arbeit Freie Träger Krankenkasse Ger. Betreuer Familienhebamme Koordinatorinnen Berufsbetreuung 1 6 1 1 72 Teilnehmerinnen nach Modellstandorten Stand 25.06.2008 Frauen in der Begleit-/Basisgruppe nach Kom m unen 7 5 7 6 5 5 3 2 Basisgruppe Vo gt la nd au en Pl ul de nt al kr ei s Begleitgruppe M Le ip zig 2 Dr es de n 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 10 73 Pro Kind Sachsen Leistungen Leistungen ¾ Informationen über Unterstützungsmaßnahmen für Schwangere und Familien ¾ Vergütung der Fahrtkosten zu den Vorsorgeuntersuchen mit öffentlichen Verkehrsmitteln ¾ Entwicklungstestung des Kindes und Empfehlungen zu seiner Förderung ¾ Hausbesuchsprogramm, für die Hälfte, der nach Zufall ausgewählten Frauen 74 Das Hausbesuchsprogramm Dauer Dauerund und Frequenz Frequenzder derHausbesuche Hausbesuche ¾ Beginn: 12. bis 16. SSW spätestens in der 28. SSW ¾ Ende: 2. Geburtstag des Kindes ¾ Frequenz: im Monat der Programmaufnahme: wöchentlich danach: 14-tägig (nach der Geburt höhere Dichte) in den letzten 3 Monaten: monatlich ¾ Dauer: ca. 1,5 Stunde pro Hausbesuch 75 Das Hausbesuchsprogramm Erwartete Erwartete Effekte Effekte des des Hausbesuchsprogrammes Hausbesuchsprogrammes ¾ Verbesserung der mütterlichen Gesundheit und gesündere Lebensweise der Frauen ¾ Verbesserung der Gesundheit der Babys und Kinder ¾ Reduktion von Kindesmissbrauch und Vernachlässigung ¾ Soziale Integration von Mutter und Kind ¾ Geringere Kriminalitätsrate 76 Das Hausbesuchsprogramm Themenbereiche Themenbereiche der derHausbesuche Hausbesuche -- Domänen Domänen ¾ Persönliche Gesundheit ¾ Gesundheitsförderliche Umgebung ¾ Lebensplanung und –gestaltung ¾ Mutterrolle, Vaterrolle, Elternrolle Förderung der Beziehungs- und Erziehungskompetenz ¾ Familie, Bekannte und Freunde ¾ Soziale Dienste und Gesundheitsversorgung 77 Aufbau des Hausbesuchskonzeptes Curriculum Curriculum ¾Wissenschaftlich fundiert ¾Teilstrukturiert ¾Bausteinsystem Handbücher Handbücher ¾3 Handbücher ¾Gleicher Aufbau Hausbesuchskompass Hausbesuchskompass ¾teilstrukturiert ¾Personenzentriert ¾Themenbezogen ¾Gleicher Aufbau 78 Hausbesuchskompass 1. 1.Begrüßung Begrüßung 22.. Aktuelles Aktuelles 3. 3.Rückblick Rückblick 4. 4.Situation Situation 5. 5.Themen Themen 6. 6.Zusammenfassung Zusammenfassung 7. 7.Vorbesprechung Vorbesprechungdes desnächsten nächsten Besuches Besuches 79 Prinzipien der Begleitung Jeder Jederist istExperte Experte für fürdas daseigene eigene Leben Leben Folge Folge den denHerzenswünschen Herzenswünschender derFamilie Familie Kleine Kleine Schritte Schritte können könnenGroßes Großes bewirken bewirken Der DerWeg Weg ist istdas das Ziel Ziel Betone Betone die die Stärken Stärken 80 Begleitung der Familienbegleiterinnen Qualifizierungskonzept Qualifizierungskonzept Theorien Theorien Handbücher Handbücher Zielgruppen Zielgruppen Fachberatungskonzept Fachberatungskonzept Fallbesprechung Fallbesprechung Fachberatung Fachberatung Teamsitzung Teamsitzung Treffen Treffenaller allerStandorte Standorte 81 Netzwerke für Kinderschutz – Pro Kind Sachsen Vielen Vielen Dank Dank für für Ihre Ihre Aufmerksamkeit! Aufmerksamkeit! 82 Säuglinge und Kleinkinder in der Betreuung der Jugendhilfe – Anforderungen an Angebotsgestaltung, niedrigschwellige Zugänge und interdisziplinärere Kooperation Mirjam Hartmann Familienprojekt ADEBAR Hamburg Ausgangssituation Verallgemeinert lässt sich feststellen, dass Angebote der Familienförderung und Präventionsmaßnahmen der Gesundheitsdienste sozial benachteiligte Familien zu wenig erreichen. Gleichzeitig sind in Quartieren mit einem hohen Anteil von Familien mit niedrigem sozioökonomischem Status u. a. hohe Fallzahlen im Bereich Hilfen zur Erziehung zu verzeichnen. Umfangreiche Forschungsarbeiten zu den Mutter / Eltern – Kind – Bindungen und den Auswirkungen von unsicherem bzw. gestörtem Bindungsverhalten von Kindern bestätigen, dass die Erfahrungen in der frühen Kindheit grundlegend für die weitere Entwicklung sind. 1 Damit ist die große Bedeutung von Frühen Hilfen – und nebenbei auch deren ökonomische Sinnhaftigkeit –eindrucksvoll belegt. Zwar zeigen sich gesundheitliche Beeinträchtigungen und Entwicklungsdefizite von Kindern in verschiedenen Leistungsbereichen von Jugendhilfe und Gesundheitsdiensten, die Unterstützungssysteme stehen jedoch in der Regel ebenso wie deren einzelne Leistungsbereichen unverbunden nebeneinander. Dies führt häufig dazu, dass entweder wenig Unterstützung angeboten wird, oder im Gegenteil, eine Vielzahl von professionellen Helfern unkoordiniert in der gleichen Familie tätig sind. Ziele für wirksame Prävention und Frühe Hilfen für (Risiko-)Familien Das Hauptziel ist die Etablierung von Frühen Hilfen für Schwangere und Familien in schwierigen Lebenslagen, die von herkömmlichen Angeboten nicht ausreichend erreicht werden. Dies beinhaltet die Konzeptionierung von adäquaten Angebotsformen, deren modellhafte Erprobung und bei Erfolg perspektivisch die Schaffung einer entsprechenden flächendeckenden Angebotsstruktur. Damit verbunden ist das Ziel einer Reduzierung von gesundheitlichen und psychosozialen Risiken für Mutter und Kind. Die Erziehungs- und Alltagsbewältigungskompetenz in Familien soll gefördert werden durch: • Kontakt und gemeinsames Tun • Information, Gruppen und Kurse 1 Eine Einführung in dieses Thema bietet der folgende Sammelband: Karl Heinz Brisch/Theodor Hellbrügge (Hrsg.): Bindung und Trauma, Risiken und Schutzfaktoren für die Entwicklung von Kindern, 2003, Verlag Klett-Cotta 83 • • • • • Individuelle Beratung und Begleitung Aufbau von Alternativen so Hilfen zur Erziehung durch schnelle und leicht zugängliche Unterstützung bei Krisen und zur Bewältigung des Alltags Hilfe zur Selbsthilfe / Selbstorganisation Durchlässigkeit der Systeme und Leistungsbereiche mit gemeinsamer Ausrichtung der Träger auf einen Sozialraum Mitgestaltung fördernder Lebenswelten Anforderungen an die Angebotsgestaltung Für ein gemeinsames Verständnis der fachlichen Hintergründe vorab drei Begriffsbestimmungen: Sozialraum bezeichnet ein geographisches und soziales Gebilde, dem sich Menschen zugehörig fühlen. Es ist der Raum, in dem Menschen konkret ihren Alltag bewältigen müssen, auf der Basis der dort vorhandenen Strukturen, Ressourcen und Probleme. (nach U. Becher) Lebenswelt bezieht sich darauf, wie Menschen sich in Wechselwirkung zu ihrer Umwelt erfahren, z. B. in ihren räumlichen sozialen und zeitlichen Strukturen in Möglichkeiten. (nach U. Becher) Lebenswelten sind subjektbezogene Aneignungsräume und können innerhalb eines sozialen Raums und darüber hinaus je nach Person (-engruppe) sehr unterschiedlich sein. Lebenslage lässt sich als Handlungsspielraum verstehen, den Personen zur Bewältigung ihres Alltags und Erfüllung ihrer Bedürfnisse zur Verfügung haben. (frei nach K.Hurrelmann) Um die oben genannten Ziele zu erreichen stellen sich die verschiedenen Anforderungen an die Angebotsgestaltung: 1. Sozialraum- und Lebensweltorientierung Man kann davon ausgehen, dass ebenso Zusammenhänge bestehen zwischen individueller Lebenswelt, Lebenslage und dem Verhalten, als auch zwischen psychosozialen beziehungsweise gesundheitlichen Beeinträchtigungen und sozialer Benachteiligung / Desintegration. Entsprechend sollte Problemlagen nicht primär mit individuellen Hilfesettings, sondern mit Handlungsstrategien begegnet werden, die sozioökonomische Kontexte berücksichtigen und unterschiedliche Handlungsebenen realisieren. Aktivierung, Beteiligung und Hilfe zur Selbsthilfe / Selbstorganisation sind als Grundsatz der Arbeit zu sehen. Damit werden eine Verbesserung der Lebensbedingungen und Teilnahmechancen sowie die Erweiterung der Handlungsspielräume der Zielgruppe zu einem elementar wichtigen Arbeitsinhalt. 2. Allgemeine Organisationsstruktur mit neuer Ausrichtung An Stelle einer Struktur, in der verschiedene Leistungsbereiche wie Säulen unverbunden nebeneinander stehen, ist eine Verknüpfung der Angebote notwendig. Im Mittelpunkt stehen die Familien im Sozialraum, um die sich die verschiedenen Träger, Einrichtungen und Dienste aus den Bereichen Jugendhilfe, Gesundheitswesen, Schule, Kindertagesbetreuung, Beratungsstellen und idealerweise auch Stadtentwicklung, Arbeitsverwaltung und Qualifizierung, Wohnungswesen etc. gruppieren. Das Ganze ist kreisförmig ausgerichtet und die einzelnen Dienste und Einrichtungen sind durch Kooperationsbezüge wie z.B. regelhafte gemeinsame 84 Angebote, einzelfallbezogene Zusammenarbeit, Netzwerkarbeit oder Stadtteilaktivitäten miteinander verbunden. Das erforderliche Angebotsprofil für Frühe Hilfen beinhaltet, dass multidisziplinäre Teams und ProjektpartnerInnen aus verschiedenen Leistungsbereichen flexibel Orte und Zugänge nutzen. Die vorhandenen Ressourcen werden neu verknüpft. Die Infrastruktur fördernde Angebote und Stadtteilaktivierung sind verbunden mit offenen Treffpunkten und intensiver verbindlicher Einzelhilfe bei Bedarf. 3. Projektstruktur für Frühe Hilfen In einer Grafik ließe sich die Struktur in Form von mehreren ineinander liegenden Kreisen darstellen.- Im inneren Kreis befindet sich das Projekt mit seinem multidisziplinären Team. Um diesen Kreis herum befindet sich ein zweiter Kreis, mit ProjektpartnerInnen die das Angebot tragen. Dieser wiederum wird eingekreist von regelhaften KooperationspartnerInnen, die in einer Form von verbindlicher Zusammenarbeit gemeinsame Angebote gestalten, beziehungsweise einzelfallbezogen zusammenarbeiten. Im äußeren Kreis befinden sich dann die verschiedenen formellen und informellen Netzwerke. 4. Interdisziplinäre Kooperation an neuen Orten Gemeinsame Netzwerke von Akteuren aus Jugendwohlfahrt / Jugendhilfe, Gesundheitsdienste Schule, Beratungsstellen und vielen anderen ermöglichen eine wechselseitige Qualifizierung, kollegiale Beratung sowie einzelfallbezogene Arbeitsabsprachen. Sie bringen eine koordinierte, bedarfsgerechte Weiterentwicklung der sozialen Infrastruktur voran und fördern mehr Durchlässigkeit und Anschlussfähigkeit der vorhandenen Regelangebote. Notwendig ist ein Selbstverständnis der Professionellen als „ Angestellte des Sozialraums“ mit Blickrichtung über die Gegebenheiten des eigenen Trägers hinaus. Verschiedene Zugänge können gemeinsam flexibel genutzt und neue Orte für eigene Angebote entdeckt werden: Beispielhaft sei genannt: Mobile Spielaktionen im öffentlichen Raum mit Gesprächsangebot für Eltern, Sozialberatung in der in der Gynäkologischen Praxis, Familienberatung beim Kinderarzt, Gesundheitsangebote in der Moschee oder beim türkischen Kulturverein, Beratung an der Brottheke im Supermarkt... 5. Arbeitsprinzipien Wichtige Arbeitsprinzipien sind: Blick auf Ressourcen und Kompetenzen Freiwilligkeit der Inanspruchnahme und Orientierung der Arbeit am Auftrag den die Hilfesuchenden geben Hilfe zur Selbsthilfe / Selbstorganisation Flexible Angebots- und Qualitätsentwicklung in Regelkreis. Niedrigschwelligkeit Zugänge 85 Exkurs zu „Niedrigschwelligkeit“ Niedrigschwelligkeit als Arbeitsprinzip oder als Qualifizierung von Begriffen wie Zugang oder Angebot kommt in vielen Konzepten vor. Es erscheint jedoch oft unklar oder auch beliebig, welche fachlichen Standards Niedrigschwelligkeit beinhaltet. Der Begriff „niedrigschwellig“ unterliegt keiner festen Definition. Er muss immer wieder neu ausgefüllt werden, indem er in Beziehung gesetzt wird zu einer genau eingegrenzten Zielgruppe und deren Lebenswelt, wobei bei der Angebotsgestaltung sowohl inhaltliche, als auch zeitliche und örtlich / räumliche Faktoren zu berücksichtigen sind. Der Anspruch Angebote „niedrigschwellig“ zu gestalten, geht von der Annahme aus, dass sonstige (Regel-) Angebote Zugangsbarrieren aufweisen, bzw. die Zielgruppe aus verschiedenen Gründen gehindert wird, Hilfsangebote in Anspruch zu nehmen. Entsprechend sollen Angebote gestaltet werden, die durch besondere Formen und Inhalte leicht(er) in Anspruch genommen werden können. Eine angebotsbezogene, genauere Differenzierung der Zielgruppen ist sinnvoll, weil z.B. jugendliche Mütter andere Schwellenängste (und auch Bedürfnisse) haben, als psychisch kranke Mütter. Die Beschreibung „Mütter“ würde hier folglich zu kurz greifen. Es gibt keine grundsätzlich „niedrigschwellige“ oder „hochschwellige“ Angebotsform. Entsprechend sind offene Angebote nicht automatisch niedrigschwellig und Gruppenangebote / verbindliche Einzelhilfen müssen nicht hochschwellig sein. Es kommt immer auf die konkrete Ausgestaltung an, bezogen auf die spezifischen Befindlichkeiten, die bei der benannten Zielgruppe vorhanden sind. Der Zugang wird zusätzlich erleichtert, wenn innerhalb eines Projektes bzw. von den Trägern unterschiedliche Angebotsformen vorgehalten werden, die durchlässig sind. Kriterien für Niedrigschwelligkeit Auch wenn es keine exakte Definition geben kann, lassen sich doch Qualitätskriterien formulieren, die Niedrigschwelligkeit ausmachen. Angebote können anhand dieser Kriterien wie mit einer Checkliste überprüft werden. Im Folgenden werden Qualitätskriterien dargestellt und dort, wo es hilfreich erscheint zusätzlich erläutert. Offenheit Das Angebot ist grundsätzlich für alle Personen, die zu der beschriebenen Zielgruppe gehören, offen und zeitnah verfügbar. Keine formalen Hürden Es sind formal keine bzw. nur sehr geringe Anforderungen an die Inanspruchnahme gekoppelt. In der Differenzierung beinhaltet dies u.a.: direkter Zugang ins Angebot, keine Antragstellung erforderlich, zeitnahe Teilnahme/Hilfe möglich, keine Kosten, keine komplizierte Terminbindung. Alltagsnähe Es ist davon auszugehen, dass die Zielgruppen in ihrem Alltag belastet und / oder überfordert sind. Mit diesem Hintergrund sollte die Inanspruchnahme des Angebots möglichst wenige zusätzliche Anforderungen stellen, sondern entlasten und in den Alltag gut integrierbar sein. Auch eine Abstimmung auf alltägliche Laufwege und gute Erreichbarkeit ist wichtig. Voraussetzung ist das Wahrnehmen, Verstehen und Wissen um die konkrete Lebenssituation. Individuelle Settings sind möglich 86 Mit dem Hilfsangebot, ggf. zusammengesetzt aus verschiedenen Bausteinen, können auch individuelle Bedarfe angemessen berücksichtigt werden. Nötigenfalls werden Angebote neu geschaffen, angepasst bzw. verändert. Flexible Zugangswege Der Zugang in das Angebot sollte sowohl direkt, als auch durch Vermittlung von anderen Einrichtungen und Diensten, sowie mit Überleitung des Jugendamtes / ASD möglich sein. Die Nutzung des Angebots ist nicht stigmatisierend, der Ort ist positiv belegt Kombination von „Komm- und Gehstruktur“ Um auch schwer erreichbare Familien zu erreichen, kann es erforderlich sein, sie dort aufzusuchen, wo sie sich aufhalten. Beispielsweise durch Erstkontakte in der Schule, in der KITA, beim Arzt, Hausbesuche oder andere Formen der aufsuchenden / nachgehender Arbeit. Anonymität / Vertraulichkeit Mit dem Wissen, dass es grundsätzlich schwierig ist, sich mit persönlichen bzw. familiären Problemen an Dritte zu wenden, insbesondere wenn diese mit Gefühlen wie Schuld, Versagen oder Scham belastet sind, werden Möglichkeiten einer anonymen Kontaktaufnahme angeboten bzw. Vertraulichkeit glaubhaft vermittelt. Die Praxis von regelhaften umfangreichen „Fallbesprechungen“ in Stadtteil- oder größeren Projektgremien ist unter diesem Aspekt kontraproduktiv. Freiwilligkeit und Auftragsorientierung Hierbei ist zu berücksichtigen, dass z.B. bei Familien, die durch Vermittlung des Jugendamtes / ASD in das Projekt kommen, die Freiwilligkeit durch gleichzeitige Kontrollauflagen oder drohende Intervention eingeschränkt sein kann. Eine klare Orientierung am Auftrag / Hilfebedarf, wie ihn die NutzerInnen formulieren, schließt nicht aus, weitergehende Hilfe anzubieten bzw. ggf. sonstige sichtbare Problemlagen zu benennen. Berücksichtigung einer angemessenen Informations- und Kommunikationsform Beachtung spezieller kultureller religiöser oder weltanschaulicher Hintergründe Migranten und Migrantinnen brauchen im Rahmen Früher Hilfen kein Spezialangebot, allerdings sollte ihre spezielle Lebenslage im Rahmen der Angebote angemessen berücksichtigt werden. Angebote unter einem Dach und in vertrauten Räumen NutzerInnenfreundliche Öffnungszeiten Öffnungszeiten orientieren sich am Alltag der NutzerInnen und berücksichtigen z.B. Schulzeiten, KITA- Bring- und Abholzeiten, Schlafenszeiten kleiner Kinder, Lohnarbeit, Wünsche von Kindern und Jugendlichen nach Wochenendöffnung etc. Berücksichtigung biografischer Zeitfenster Im Leben von Familien gibt es bestimmte Phasen, die einerseits oft krisenhaft sind, andererseits aber auch eine besondere Bereitschaft für Veränderung und die Annahme von Unterstützung mit sich bringen. Oft in Verbindung mit guten Vorsätzen und der Hoffnung, dass jetzt „alles“ gut wird. Solche Zeitpunkte sind zum Beispiel um die Geburt eines Kindes, zur Einschulung, mit einem Umzug etc. Anschlussfähigkeit und Durchlässigkeit zu anderen Angeboten Hiermit sind insbesondere die Transparenz der Angebote und Arbeitsweisen und die Durchlässigkeit in Regelangebote gemeint. Arbeitsfeld und Leistungsbereiche übergreifend, also Verbindungen schaffen zwischen Jugendhilfe, Gesundheitsdiensten, Beratungsstellen, Beschäftigungsträgern etc. 87 Förderliche Rahmenbedingungen Die vorhandenen Rahmenbedingungen können die Etablierung wirksamer Angebote im Bereich Früher Hilfen fördern oder behindern. Als fördernde Rahmenbedingungen wurden erfahren: • Akzeptanz und Unterstützung bei Politik und Verwaltung • Transparente Steuerung mit einer klaren und akzeptierte Aufgabenverteilung • Akteure sind im Sozialraum verankert • Projektentwicklung von unten abgestimmt mit regionalen Strukturen • Strukturell verankerte Kooperation mit regelhaften Verfahrenswegen • Drei Jahren Mindestlaufzeit als Modell mit flexiblen Finanzbudget • Win – win - Situation für alle Beteiligten Praxisbeispiel: ADEBAR in Hamburg Projektbericht über eine erfolgreiche Kooperation zwischen Jugendhilfe und Gesundheitsdienste Das Familienprojekt ADEBAR wendet sich an (werdende) Familien, mit Kindern im Alter von 0 bis 10 Jahren, die in den sozial benachteiligten Hamburger Stadtteilen St. Pauli Süd und Altona Altstadt leben. ADEBAR ist in altdeutschen Märchen die Bezeichnung für Storch und Glücksbringer. Seit 2001 bietet das Projekt niedrigschwellige Unterstützung durch Angebote der Sozialen Stadtteilentwicklung, dem Familiencafe, der Familienhebammenhilfe und der Familiären Krisenhilfe. Ressourcenorientierung, Freiwilligkeit und Auftragsorientierung sowie ein konsequenter Ansatz an der Lebenswelt der Zielgruppe sind Grundprinzipien der Arbeit. Familien können sowohl zu offenen Angeboten kommen, als auch flexibel vereinbart individuelle Unterstützung und Begleitung in Anspruch nehmen. Auch aufsuchende Arbeit ist Bestandteil des Konzepts. Verschiedene Zugangswege über interdisziplinäre KooperationspartnerInnen, Verwandte, Freunde und Freundinnen, Nachbarn oder auch ohne Vermittlung sind möglich. Förderung, Aktivierung und Befähigung der Familien spielen bei den Angeboten ebenso eine Rolle, wie die Verbesserung von Strukturen des Stadtteils und der Aufbau von interdisziplinären Netzwerken im Bereich der Jugendhilfe und der Gesundheitsdienste. Für diese verschiedene Handlungsebenen verbindende Arbeit ist ADEBAR mit dem Deutschen Präventionspreis 2006 ausgezeichnet worden. Die Angebote im Einzelnen: 1. Soziale Stadtteilentwicklung: Im Stadtteil werden Bedarfe nach Unterstützungsangeboten ermittelt und aktuelle Themen aufgegriffen und moderiert. Partizipative Methoden werden angewendet, um Bedarfe und Ressourcen der Anwohner und Anwohnerinnen zu ermitteln und sie in Planungs- und Umsetzungsprozesse zu integrieren. Aktuelles Projekt ist eine groß angelegte Kinderbefragung an der örtlichen Ganztagsschule. Des Weiteren arbeitet ADEBAR in verschiedenen Gremien auf Stadtteil-, Bezirks- und Landesebene mit und trägt zur Vernetzung der sozialen und medizinischen Infrastruktur bei. 88 2. Familienhebammen-Angebot: Die Familienhebammen betreuen Frauen und Familien während der Schwangerschaft und im gesamten ersten Lebensjahr des Kindes. Zu dem Angebotsspektrum zählen u.a. Unterstützung während der Schwangerschaft, Geburtsvorbereitung, Hausbesuche, Rückbildungsgymnastik, Babymassage, Stillberatung, Beratung bei Schreikindern, Förderung einer guten Mutter – Kind – Bindung, Früherkennung von Entwicklungsverzögerungen und Müttergruppen. Die intensive Einzelhilfe und Begleitung richtet sich an Schwangere und Familien in besonders belasteten Lebenslagen. Dazu gehören minderjährige Mütter, Familien mit Suchtproblemen, Familien mit großen finanziellen oder sozialen Schwierigkeiten, Familien, wo ältere Kinder in einer Pflegefamilie oder im Heim untergebracht sind, sowie Schwangere bzw. Mütter, die psychisch belastet oder psychisch erkrankt sind. Die Familienhebammen arbeiten eng mit den Sozialpädagoginnen bei ADEBAR zusammen und sind mit anderen Einrichtungen vernetzt. 3. Offener Raum / Familiencafe: Kontakt, Infos und Beratung für Schwangere, Väter und Mütter mit Kindern mit tägl. Öffnungszeit an Werktagen. Austausch und Selbstorganisation werden gefördert, Beratung und Informationsveranstaltungen können bei Bedarf in Anspruch genommen werden. Integriert sind unterschiedliche Angebote wie z.B. Babygruppe für junge Mütter und Schwangerentreff. 4. Familiäre Krisenhilfe: Die Familiäre Krisenhilfe unterstützt Schwangere, Mütter und Väter mit Kinder im Alter von 0-10 Jahren, die sich in akuten Krisensituationen befinden und bietet ihnen eine zeitnahe, flexible und bedarfsgerechte Unterstützung an. Ziele sind eine Klärung der Situation und die Einleitung der ersten Schritte, sowie die Vermeidung von weiterer Eskalation oder einer Chronifizierung von Schwierigkeiten. Häufig steht hier Hilfe zur Existenzsicherung am Anfang und schafft eine Basis für weitergehende Unterstützung. 5. Schulprojekte mit 8.-10. Klassen u.a. zur Prävention von Teenagerschwangerschaften mit dem Titel. „Familiengeschichten, Eltern – Liebe- Zukunft“ Die fünf vorgestellten Arbeitsbereiche sind untereinander durchlässig. Ergänzende Maßnahmen aus dem Bereich der Gesundheitsförderung sind in Vorbereitung. Stolpersteine Die Erfahrungen im Projekt ADEBAR ergänzt mit Berichten aus ähnlichen Projekten zeigen, dass beim Aufbau eines nach den hier beschriebenen Grundsätzen konzipierten Projektes verschiedene Stolpersteine auftreten können. Einige werden im Folgenden kurz dargestellt: Es treffen Akteure aus verschiedenen Leistungssystemen mit unterschiedlichen fachlichen Standards und Finanzierungsstrukturen aufeinander. Entsprechend ist es wichtig Möglichkeiten für das Kennenlernen der verschiedenen Arbeitsformen und Arbeitsweisen sowie Zeit für Austausch und Verständigungsprozesse einzuplanen. Auch müssen die Organisationsformen dem angemessen sein. Es kann ein Spannungsfeld zwischen einzelnen Trägerinteressen versus Transparenz und Etablierung neuer fachlicher Standards entstehen. Dies um so mehr, wenn neue Programme gleichzeitig mit Einsparbestrebungen gekoppelt sind und Träger in Konkurrenz stehen. Ein weiterer Punkt ist, dass Kooperation Bereitschaft zu Veränderung und zusätzliche Ressourcen benötigt. Das häufig mit Projekten der Frühen Hilfen angestrebte Ziel der Reduzierung von Hilfen zur Erziehung läßt sich nicht immer realisieren. Im Gegenteil: Fallzahlen im Bereich Hilfen zur 89 Erziehung können steigen, weil Risikokonstellationen für Familien zunehmen und weil man mehr sieht, wenn man früher besser hinsieht. Sie steigen auch bei großem Druck der Medien. Erschwerend für die Arbeit von interdisziplinären Projekten sind Parallelstrukturen in den Bereichen Jugendhilfe, Gesundheitsförderung und Stadtteilentwicklung. Häufig stellen sich Fragen von Steuerung, bzw. es müssen verschiedenste Gremien und Netzwerke abgedeckt werden. Der letzte hier zu erwähnende Stolperstein sind Kürzungen in verschiedenen sozialen Bereichen. So ist es für ein Projekt Früher Hilfen schwer mit Müttern eine Lebensperspektive zu erarbeiten, wenn es kaum (noch) Möglichkeiten der überbetrieblichen beruflichen Qualifizierung für (junge) Mütter gibt, oder bezahlbarer Wohnraum fehlt. Erfolge Trotz der benannten Stolpersteine überwiegen bei Projekten mit dem hier beschriebenen Hintergrund die Erfolge. Sozial benachteiligte (Risiko-)Familien werden frühzeitig erreicht und bekommen eine adäquate Unterstützung. Es ist ein spürbarer Bedeutungsgewinn für Prävention und Frühe Hilfen zu verzeichnen. Die Etablierung von regelhafter interdisziplinärer Zusammenarbeit zwischen Jugendhilfe und Gesundheitsdiensten wurde begonnen. Die Angebote können und wollen Hilfen zur Erziehung nicht ersetzen, erweitern jedoch den Handlungsspielraum, indem sie Alternativen zu Hilfen zur Erziehung darstellen. Es wurden neue fachliche Standards zum Beispiel auch mit dem sich festigenden Berufsbild „Familienhebamme“ geschaffen. Weitere Erfolge liegen in einem verbesserten Casemanagement und in einer Flexibilisierung der Angebote. Es stehen vielfältige neue direkte formale und informelle Zugangswege zur Verfügung und die vorhandenen Ressourcen werden besser genutzt. An vielen Orten sind neue private und professionelle Netzwerke entstanden, Selbsthilfe und Selbstorganisation nehmen zu. Fazit Interdisziplinäre Zusammenarbeit über Grenzen von Trägern und Leistungsbereichen hinweg, ist insbesondere im Bereich Früher Hilfen für alle Beteiligten gewinnbringend. Die hier vorgestellten Handlungsansätze sind in der Praxis erprobt und bewährt. Noch sind sie einzelne Inseln in der Hilfelandschaft, jetzt steht an, diese Konzepte weiter zu verbreiten und flächendeckenden Strukturen und Qualitätsstandards zu entwickeln. Dabei sollten regionale Bedingungen berücksichtigt und lokale Initiativen beteiligt werden. Kontakt: ADEBAR Mirjam Hartmann Große Bergstraße 177 D-22767 Hamburg www.ADEBAR-HamburgAltona.de Mail: [email protected] 90 Bezirksamt Reinickendorf von Berlin Abteilung Jugend und Familie Fachteam JugFam FT 1.0 Marianne Desens 30.06.2008 Tel.: 90294 2335 Fax: 90294 6070 Netzwerk Kinderschutz in Berlin – Frühe Intervention und Hilfen in Kooperation von Pädiatrie und Jugendhilfe Kindeswohlgefährdung und Risikofaktoren frühzeitig erkennen und helfen Aufbau und Handhabung des ersten Check- und Erfassungsbogens Der erste Tag stand im Zeichen der Bundesweiten Entwicklungen und Erfahrungen. Der Zweite Tag hat das Thema: Das Netzwerk Kinderschutz in Berlin. Erfahrungen, Stolpersteine, Lösungen Kindeswohlgefährdung und Risikofaktoren frühzeitig erkennen und helfen Aufbau und Handhabung des ersten Check- und Erfassungsbogens Aus Sicht der Berliner jugendhilfe 1. Netzwerk Netzwerk: Jeder spricht davon, aber was versteht jeder Einzelne unter einem Netzwerk? • Netzwerke haben ein gemeinsames Ziel • Es geht um Verknüpfung • Es geht darum etwas in ein gemeinsames Blickfeld zu rücken. Das Netzwerk Kinderschutz ist ein Netzwerk mit ganz vielen Beteiligten. Jeder hat seinen eigenen fachlichen Bezugspunkt, Kompetenz zu dem Thema Kinderschutz, jeder hat durch seinen fachlichen Blick und seinen Auftrag sehr unterschiedliche Blickwinkel, Meinungen und Einschätzungen zu dem Thema 91 Kinderschutz generell , und vor allem in den jedem Einzelfall vorliegenden Problemlagen und der möglichen und effektivsten Hilfen. Hier kommt es darauf an, unterschiedliches Wissen und Fachkompetenz im Interesse von Kindern und Jugendlichen als ein Gesamtwerk (Mosaik) zusammen zufügen. Dies bedeutet, jeder hat einen Teil Verantwortung, er ist ein Teil eines Mosaiks und hat eine spezielle Ressource, die er zu einer Lösung beitragen kann. Vernetzung erfordert Gemeinsamkeit in der Form, dass alle das gleiche Ziel haben, jeder seinen Beitrag definiert und aber auch die Ressourcen und Beiträge der anderen wertschätzt und eine Lösung als ein gemeinsames „Mosaik“ betrachtet, was nur als ganzes ein Bild ergibt. 2. Maßnahmen : Maßnahmen zur Verbesserung des Kinderschutzes, hierzu gehören Gesetze (z.B. §8a SGB VIII), Ausführungsvorschriften, Rundschreiben, Empfehlungen und Kooperationsvereinbarungen. In der AV Kinderschutz Jug Ges steht unter 5. Verfahrensstandards zur Risikoeinschätzung Unter 5. (5) sollen standardisierte Arbeitsbögen für dieses Verfahren vorgegeben werden. Vor einem Jahr (Ergebnis Juni 2007 vorgelegt) hat eine Arbeitsgruppe bestehend aus Fachkräften der Berliner Jugendämter und Vertretern von SenBWF im Auftrag der Berliner Jugendamtsleiter Berlin- einheitliche Verfahrensstandards – kriteriengestütze Risikoeinschätzung- Kinderschutz im Jugendamt entwickelt und die „Berliner Kinderschutzbögen“ (Auf Grundlage des Stuttgarter Kinderschutzbogens) vorgelegt. 3. Verfahrensstandards der Berliner Jugendhilfe Aufbau: Bestandteil der Verfahrensstandards der Berliner Jugendhilfe sind : • Berlineinheitlicher Erfassungsbogen bei Verdacht einer Kindeswohlgefährdung (Ersteinschätzung gem. § 8a SGB VIII) für Fachkräfte der öffentlichen und freien Jugendhilfe. • Berlineinheitlicher 1.Check für eine Mitteilung bei eventueller Kindeswohlgefährdung (Für Fachkräfte des RSD) Wenn sich nach dem 1. Check der Verdacht einer Kindeswohlgefährdung verstärkt hat oder nicht auszuschließen ist, kommt der Kinderschutzbogen zum Einsatz als Diagnostikinstrument zur Gefährdungseinschätzung. Er dient als Wahrnehmungs-, Dokumentations- und Bewertungsinstrument. Bestandteil ist auch der Orientierungskatalog, der ebenfalls in Stuttgart entwickelt und von der AG bzw. anderen Fachkräften überarbeitet und erweitert (z.B. für 14 – 18 Jährige) wurde. Für Fachkräfte dient der Orientierungskatalog zur Einschätzung gewichtiger Anhaltspunkte. 92 Der Katalog besteht aus so genannten Ankerbeispielen zu Kinderschutzkriterien, die im Kinderschutzbogen eine wichtige Rolle spielen. Die Ankerbeispiele dienen für die Einzelfalleinschätzung als Orientierung und erleichtern die notwendige kollegiale Beratung und Kommunikation mit den Familien. Berlineinheitlicher Erfassungsbogen bei Verdacht einer Kindeswohlgefährdung (Ersteinschätzung gem. § 8a SGB VIII) für Fachkräfte der öffentlichen und freien Jugendhilfe. • Er bezieht sich auf § 8a (2) SGB VIII und die Verantwortung eines jeden Einzelnen in der Jugendhilfe tätigen. • Er bezieht sich zur Einschätzung auf den Orientierungskatalog • Er erfordert das 4 Augenprinzip • Er fordert die Hinzuziehung einer im Kinderschutz erfahrenen Fachkraft • Es wird nachgefragt was die Eltern/Fachkräfte bereits unternommen haben, um die Situation des Kindes zu verändern. Berlineinheitlicher 1.Check für eine Mitteilung bei eventueller Kindeswohlgefährdung (Für Fachkräfte des RSD) • Er bezieht sich auf den Auftrag des Jugendamtes gem. § 8a (1) SGB VIII, jedem Hinweis für eine Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen nachzugehen und unter zusammenwirken mehrerer Fachkräfte das Gefährdungsrisiko abzuschätzen. • 4 Augenprinzip • Hausbesuch • 1. Risikoeinschätzung • Hilfe und Schutzkonzept • Verpflichtung zur weiteren Risikoeinschätzung gem. Berliner Kinderschutzbogen, sofern eine Gefährdung des Kindeswohls nicht ausgeschlossen werden kann. 4. Handhabung: Standards wurden unter Beteiligung vieler Fachkräfte, der Erfassungsbogen auch unter Beteiligung von in der öffentlichen und freien Jugendhilfe tätigen Fachkräften entwickelt. Sie sind durch die Jugendamtsleiterinnen/Jugendamtsleiter und AGBÖJ verabschiedet worden und somit ein verbindlicher Standard für die Berliner Jugendämter. Es erfolgt nun die Implementierung gerade in Bezug auf die Träger der Jugendhilfe wie z.B. Kindertagesstätten, Jugendfreizeiteinrichtungen usw. Dies bedeutet die Qualifizierung von Fachkräften für Kinderschutz. Träger und Einrichtungen sind dabei zu überlegen und zu organisieren, wie sie den Ansprüchen des § 8a SGB VIII gerecht werden. Eine Kindeswohlgefährdung kann nicht in einem Gespräch oder mit dem Ausfüllen eines Einschätzungsbogens erkannt und das Kind geschützt werden. 93 Es geht immer um längere Prozesse, die erforderlich sind und benötigt oft unterschiedliche fachliche Ressourcen und Einschätzungen, um eine Kindeswohlgefährdung einschätzen und vor allem das Kind den Jugendlichen Schützen zu können. Die vorliegenden Bögen dienen hier zur Unterstützung der Wahrnehmung, als Dokumentationns- und Bewertungsinstrument für das Verfahren. 5. Umsetzung: Umsetzung bedeutet auch: • Sich mit der Rolle, der eigenen Verantwortung und Aufgabe im Rahmen von Kinderschutz zu beschäftigen • Kinderschutz hat Vorrang vor anderen Aufgaben • Kinderschutz benötigt Ressourcen • Kinderschutz bedeutet das Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte Es wurde zunächst von der Berliner Jugendhilfe ein Verfahren zur Umsetzung des § 8a SGB VIII entwickelt. Die vorliegenden Unterlagen müssen und sollen durch die Jugendhilfe regelmäßig ausgewertet und weiterentwickelt werden. Hier hat eine Berlinübergreifende Arbeitsgruppe der Jugendämter unter Beteiligung von SenBWF den Auftrag erhalten die erforderliche Fortschreibung und Weiterentwicklung zu übernehmen und entsprechende Beschlussvorlagen vor zu legen. Änderungen sollen jedoch gebündelt und in der Regel nicht häufiger als 1 mal Jährlich erfolgen, damit nicht nachher die unterschiedlichsten Informationsstände kursieren und es keinen einheitlichen Standard mehr gibt Weitere Schritte: • Die AV Kinderschutz Jug und Ges, erfordert eine stärkere Kooperation der beiden Abteilungen. Kooperationsvereinbarungen bezüglich der gemeinsamen Aufgabe Kinderschutz sind zu schließen. • Im Rahmen des Zusammenwirken der unterschiedlichsten Institutionen, die ja hier auch vertreten sind, wird es darauf ankommen, die Netzwerke durch Kooperationsvereinbarungen, gemeinsames handeln mit Leben zu erfüllen und zu erweitern. 94 Schritte zu einer gelungenen Zusammenarbeit zwischen Medizin und Jugendhilfe: Erfahrungen aus dem Bezirk Mitte Fachtagung Netzwerk Kinderschutz in Berlin 03.07.2008 Fr. Dipl.-Psych. C. Borgmann Koordination Kinderschutz Charité 95 1. Ausgangslage I • Charité: 15 Einrichtungen/Kliniken: Gynäkologie, Perinatalzentrum (Geburt/Frühgeburt), Kinderkliniken, Rettungsstellen, Kinder- und Jugendpsychiatrie Sozialpädiatrisches Zentrum – Präventive Hilfen intern (z. B. Elternberatung- und Anleitung bei Frühgeborenen, Projekt für Familien mit süchtigen Eltern, Sozialpädiatrisches Zentrum mit psychosozialer Betreuung, Elternkurse) – Zusammenarbeit freien Trägern (z.B. Wigwam) – Kontakt/Hilfen über KJGD (Physiotherapie, Beratung, Kontrolle) – Kontaktaufnahme zu Jugendamt, z. B. Einzelfall- und Familienhilfen – Erziehungs- und Familienberatungszentren – Unterbringung Kind (mit/ohne Eltern) – Kindeswohlgefährdung: z. B. Inobhutnahme 96 1. Ausgangslage II • Gute Zusammenarbeit – bei akuter Kindesmisshandlung, bei eindeutigen Fällen • Zusammenarbeit bei komplexen Fällen – Z. B. Vernachlässigung, Graubereich, chronische Erkrankung, psychiatrischer Erkrankung der Eltern • Häufig in Abhängigkeit von Einzelpersonen • Unterschiedliche Perspektiven/Einschätzungen der Situation • Zeitaufwendige Vermittlungsarbeit • Wie lässt sich der Hilfebedarf aus medizinischer Sicht vermitteln? • Wie können verschiedene Fachkompetenzen ineinandergreifend genutzt werden? 97 2. Annäherung I • Kooperationswunsch für geregelte Zusammenarbeit – Standardisierte Verfahrensweisen, gemeinsames Dokumentationssystem (Kinderschutzbogen) – besseres Nutzen der Kapazitäten (Diagnostik/Fachwissen), schnellere Hilfen auch bei strittigen Fällen, Evaluation (Fehleranalysen) • Kontaktaufnahme – Senat: Versuch einheitlicher Kooperation mit allen Bezirken – Bezirk Mitte: Einladung zu Kooperation mit Jugendamt/RSD und Gesundheitsamt 98 2. Annäherung II: Austausch • Regelmäßiges Treffen über AG (09/2007 – 04/2008) • Konflikte/gegenseitige Vorbehalte – Zu langsamer/kein/inadäquater Einsatz von Hilfen (Graubereich, nicht kooperative Eltern) – „Auswahl“ von Hilfen/speziellen Einrichtungen durch Klinik – Resultiert aus unterschiedlichen Arbeitsfeldern (Perspektiven) • Gemeinsame Ziele – Frühzeitige und engere Zusammenarbeit • Frühere Kontaktaufnahme durch Klinik – Einigung vor Hilfsangebot an Eltern (Fachkonferenzen) • Vermittlung medizinischer/psychosozialer Bedingungen ohne Anwesenheit der Eltern – Gemeinsame Sprache (Dokumentationssystem: Kinderschutzbogen) 99 3. Kooperationsvereinbarung 1. Schnittstellen der Kooperation • Kindeswohlgefährdung – besondere Pflege-, Versorgungs- und Schutzbedarf von Kindern und Jugendlichen mit Erkrankungen – chronisch-schleichende Vernachlässigung (Graubereich), psychiatrischen Erkrankung der Eltern – Nicht-Kooperation der Eltern (Familiengericht/Auflagen) • Einsetzen von Jugendhilfe • Kinder- und Jugendgesundheitsdienst (bis 2. Lj.) – Hilfsangebote, Vermittelnde Instanz zwischen Klinik und Jugendamt 100 2. Leistungsstrukturen und Zusammenarbeit – – – – – Empfehlungen der Klinik sind ausdrücklich erwünscht gemeinsames Behandlungs- und Betreuungskonzept verstärkt und frühzeitig Fachkonferenzen gemeinsames Melde- und Dokumentationssystem Frühzeitige gegenseitige Information und Rückmeldungen 3. Lösungsmanagement in strittigen Fällen 4. Struktur und Aufgaben der Kooperations-AG 5. Anhang: Verfahrensweisen und Datenschutz 101 Kooperationsvereinbarung: Handwerkszeug • Schnellmeldebogen – Zur ersten Kontaktaufnahme mit Rückmeldung des zuständigen Sozialarbeiters • Berlineinheitlicher Erfassungsbogen – Obligat bei Kinderschutzfällen • Kinderschutzbogen – Ggf. bei komplexen Fällen, oder Fällen im Graubereich • Protokollbogen bei Fach- und Hilfekonferenzen – Verbindliche Festlegung mit Unterschrift aller Beteiligter 102 4. Implementierung • Gesundheitsamt Mitte: – 2 Fortbildungen á 60 Personen zum Kooperationsvertrag • Jugendamt Mitte: – Schriftliche Weitergabe der Kooperationsvereinbarungen an alle RegionalleiterInnen/ TeamleiterInnen • Kliniken: – Fortbildungen für Ärzte/Schwestern/… (ca. 1 Std.) – Fortbildungen für SozialarbeiterInnen (ca. 3 Std.) – Einsicht und Downloads des klinikinternen Vorgehens und der Kooperationsvereinbarung im Intranet – Insges. Bisher knapp 100 MitarbeiterInnen 103 5. Umsetzung/Gemeinsames Handeln • Beginn ab Juni/Juli 2008 • Vorkenntnisse über Kinderschutzbogen – Bereits im SPZ verwendet seit 2006 – Unterstützt die Hilfebegründung bei komplexen Fällen bzw. Fällen im Graubereich • Bereits Kooperationen über AG-Mitglieder – z. B. bei aufgetretenen Schwierigkeiten – kurzfristige Kontaktaufnahme bei Schwierigkeiten in der Erreichbarkeit 104 6. Evaluation/Rückkoppelung • Termine über weitere AG-Treffen – September, Oktober, Dezember 2008 • Fallbesprechungen – Positive/Negative Verläufe (Fehleranalysen) • Weitere Evaluation über Caritas 105 Schritte zu einer gelungenen Zusammenarbeit Vision 6. Evaluation 5. Umsetzung 4. Implementierung 3. Kooperationsvereinbarung 2. Annäherung: Zieldefinition 1. Ausgangslage: Bisherige Zusammenarbeit 106 Risiken/Stolpersteine • Kooperation ist nur so gut wie ihre Beteiligten – Muss über MitarbeiterInnen und Leitungen getragen werden • Externe Kooperation braucht interne Kooperation – Zusammentragen der Ergebnisse, interne Handlungsabläufe klären, gegenseitige Unterstützung – Charité: Kinderschutzgruppe vernetzt Kliniken und Berufsgruppen, Unterstützung, Handlungskonzept intern • Rahmenbedingungen – Überlastungsanzeigen ernst nehmen! – Schnelle Neueinstellungen bei Personalausfall 107 Chancen/Visionen • Kontinuierlicher Austausch, wie die Zusammenarbeit verbessert werden kann • Festgeschriebene Standards, als Orientierungspunkt für eine Verbesserung der gemeinsamen Arbeit • Einheitliches Vorgehen in der Zusammenarbeit – Ausweitung der Kooperation zwischen Charité/Bezirken – Ausweitung der Kooperation zwischen Bezirken/Kliniken 108 Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! • Kontakt: – [email protected] 109 Frühe Hilfen – Kinderschutz vor und nach der Geburt Ich werde in meinem Vortrag zunächst die Begrifflichkeit der „frühen Hilfen“ hinterfragen, dann die Frage der Zielgruppe dieser Hilfen beleuchten, um im Weiteren an verschiedenen Bereichen aufzuzeigen, was, wer wann und wie leisten kann und leisten sollte. Daraus ergibt sich von selbst eine Festlegung sinnvoller Arbeitsabläufe wie wir sie aus Stärken-Schwächenanalysen unserer Arbeit kennen oder vielleicht erst noch kennen lernen müssen. Zum Abschluss erlauben Sie mir einen kleinen Ausblick. Definition “Frühe Hilfen versuchen das Entstehen einer Folie 3 Unter „Gefährdungen im weiteren Sinne“ verstehen Psychologen, Sozialpädagogen oder Pädiater alle erkennbaren Schwierigkeiten oder Risikofaktoren aus kindlicher, elterlicher oder sozialer Sicht, die einen ungünstigen Entwicklungsverlauf beim Kind zur Folge haben können. Hinter dieser Strategie steht der Gedanke, dass Hisshandlungen und Vernachlässigungen in den meisten Fällen Endpunkte einer von den Eltern nicht gewollten, verhängnisvollen Entwicklung sind, an deren Anfang vielfältige Überforderungen stehen. Ich habe in diese Definition bewusst das Eigenschaftswort „wirksame“ Hilfen mit aufgenommen; denn persönliches Engagement, Betroffenheit und Geld für Projekte bewirken für sich noch gar nichts. Im internationalen Vergleich (n=20) hat das deutsche Jugendinstitut Merkmale erfolgreicher Interventionen benannt, die die Rate an Misshandlungen und Vernachlässigungen um 40 – 50 % im Vergleich zu Kontrollgruppen wirksam gesenkt haben. Dieses sind: Folie 4 Familien werden über Jahre begleitet, es werden die Bedürfnisse sowohl der Eltern, als auch der Kinder berücksichtigt, dem Ganzen liegt ein durchdachtes Konzept und Menschenbild zugrunde und das Programm hält , was es verspricht, wird also evaluiert auf seine tatsächliche Wirksamkeit. 110 Diese Internationalen Erfahrungen sollte man stets vor Augen behalten, wenn man in der Fülle der seit kurzem angebotenen „Frühen Hilfen“ von Trägern jeder Art, aber auch von Kommunen, Städten und Ministerien den Überblick behalten will. Es gilt auch hier die Aussage von Karl Kraus: “Das Gegenteil von gut ist gut gemeint“. Gute Arbeit hinterfragt sich stets auch selbst: Die verschiedenen Professionen um Schwangerschaft, Geburt und Säuglingszeit verstehen unter dem Begriff „Frühe Hilfen“ nicht dasselbe: für die einen ist der Begriff nur zeitlich = früh in der Schwangerschaft gemeint, für die anderen im Sinne von frühzeitig, bevor die Entwicklung eines Kindes Schaden genommen hat, also unter dem Ergebnisaspekt. Dieser Einengung auf den zeitlichen Aspekt, der ja auch der eingangs erwähnten Definition zugrunde liegt, muss aus zweifacher Hinsicht widersprochen werden: 1. Frühe oder besser gesagt frühzeitige Hilfen haben stets nur die einzelne Schwangere bzw. deren Familie im Blick; präventive Aspekte wie Elternschulen, Teenagerprojekte in Haupt- und Sonderschulen vor Eintritt einer Schwangerschaft fallen dabei heraus, 2. Wer „frühe Hilfen“ anbietet neigt dazu, seine eigenen Fähigkeiten und seine eigene Profession in den Vordergrund zu stellen und ist umso frustrierter, wenn seine/ ihre frühen Hilfen nicht angenommen werden oder nicht den gewünschten Erfolg haben. Folie 5 Seit den grundlegenden Arbeiten von Di Clemente und Prochaska zur sog. „Motivationsspirale“ 1985 wissen wir, dass es für jede Hilfe einen geeigneten Zeitpunkt gibt: die Hilfe muss nicht nur angeboten werden, derjenige, der sie braucht, muss auch bereit sein, diese anzunehmen. In Kenntnis dieser sozialwissenschaftlichen Grundlage sollten wir in Zukunft besser von rechtzeitigen Hilfen sprechen, d. h. die Hilfen sollten zum frühest möglichen, individuell stets neu zu bestimmenden Zeitpunkt unter Berücksichtigung des Modells der Motivationsspirale bereit gestellt werden. Es kann z. B. sein , dass eine Schwangere „frühe Hilfe“ im Sinne der aufsuchenden Elternarbeit ablehnt, vielleicht gelingt Monate später im individuellen Kontakt mit einer Hebamme um die Geburt herum ein Hilfsangebot oder es klappt erst durch den Kontakt mit dem neugeborenen Kindes, bei den Vorsorgeuntersuchungen des Kinderarztes auf notwendige Unterstützung hinzuwirken. In 22 % aller Ersthausbesuche unserer Sozialpädagogen im Bezirk Mitte entstehen 111 weitere Beratungs- und Hilfsangebote bei Säuglingen im Alter von 2 – 3 Monaten. Das Konzept der Motivationsspirale bewahrt die Helfer vor Defätismus und motiviert uns selbst, aus dieser fachlichen Erkenntnis heraus, immer wieder neu anzusetzen. Ganz notwendig entwickelt sich hieraus der Gedanke einer Vernetzung aller Hilfsangebote in Schwangerschaft, um die Geburt und in der Säuglingszeit. Keiner ist der „beste Helfer“ mit der frühesten Frühen Hilfe, sondern alle sind wir Knoten im Hilfenetzwerk, die einander kennen und schätzen sollten und als gemeinsames Ziel eine rechtzeitige Hilfe vor Kindesvernachlässigung und -misshandlung anstreben. Ein abgestimmtes Zusammenspiel, Professionalität und das Wissen um die eignen Stärken und Schwächen sind hierfür die Voraussetzungen. Der Titel meines Vortrages müsste also korrekterweise geändert werden in: “Rechtzeitige Hilfen – Kinderschutz vor und nach der Geburt.“ Zielgruppen Folien 6 - 8 Ein gewichtiges Problem, um Kindeswohlgefährdung im weiteren Sinne zu vermeiden, stellt die inhomogene Zielgruppe dar, an die sich unsere Hilfsangebote wenden, und nicht für jeden sind es die jeweils richtigen Hilfen. Es gibt viele Argumente dafür, sich auf sog. „Risikofamilien“ zu konzentrieren. Hierfür gibt es aus den letzten Jahren recht valide Risikokataloge aus mütterlicher, kindlicher oder väterlicher Sicht, die von Psychologen, Sozialpädagogen und Kinderärzten entwickelt wurden aus dem täglichen Umgang mit Familien, in denen ein besonders großes Gefährdungspotential für eine ungestörte Entwicklung eines Kindes besteht. Gerne begründen Politiker eine Fokussierung auf Risikofamilien mit den knappen Ressourcen und der Aussicht auf schnellstmöglichen Erfolg („... die sind doch sowieso alle schon bekannt beim Jugendamt“). Dieses Konzept greift zu kurz und ignoriert den tatsächlich vorhandenen Bedarf an rechtzeitigen Hilfen in Familien, bei allein stehenden Müttern, bei sich rasch wandelnden Lebensumständen in zuvor intakten Gemeinschaften. Aspekte einer Primärprävention von Vernachlässigung und Misshandlung durch Verhaltens- und Verhältnisänderungen bleiben bei dieser einengenden Herangehensweise ans Problem außen vor. 112 Bei einer bundesweiten Erhebung aller Kinderkliniken vom 1.7.2006 bis 31.12.2007 zu schweren Schütteltraumata bei Säuglingen waren bei 139 gesicherten Fällen 44 mal (=31 %) die Familien bereits beim Jugendamt bekannt, in den verbleibenden Zweidrittel aller schweren Schütteltraumata als Spitze des Eisberges aber eben nicht ( ESPED – Newsletter , März 2008). Der Kinder- und Jugendpsychiater Prof. Fegert von der Universitätsklinik Ulm hat schon im April 2007 in seinem „Ulmer Aufruf“ gefordert: „Es bedarf einer intelligenten Kombination von allgemeinen Angeboten, die sich an alle Familien richten, und speziellen Angeboten für psychosozial belastete Familien“. Diese beiden großen Bereiche haben wir im Netzwerk Kinderschutz hier in Berlin auf staatlicher Seite zusammengeführt: Zum einen verpflichtet die am 16.5.2008 in Kraft getretene gemeinsame AV – Kinderschutz Ges/Jug das Gesundheitsamt, bei jedem erstgeborenen Kind im Bezirk einen Hausbesuch von den geschulten Sozialpädagogen des KJGD durchführen zu lassen, um den tatsächlichen Hilfebedarf auch der bisher nicht auffälligen Familien zu ermitteln. Die Notwendigkeit werde ich Ihnen gleich anhand unserer Zahlen aus dem Jahr 2007 demonstrieren. Zum anderen haben wir auf staatlicher Seite einen Indikatorenkatalog erstellt, der allen mit Kindern arbeitenden Professionen Kriterien an die Hand gibt, welche in der Zusammenschau auf Gefährdungssituationen hinweisen. Ergänzt wird dieser Katalog durch den berlineinheitlichen Erfassungsbogen bei Verdacht einer Kindeswohlgefährdung für Fachkräfte der öffentlichen und freien Jugendhilfe (Ersteinschätzung gemäß § 8 SGB VIII). Flankiert werden diese staatlichen Hilfsmassnahmen durch frühe Hilfsangebote bei der Gynäkologin (Ja – Bitte – Bogen), bei Hebammen, die Beratungsangebote der freien Träger für spezielle Zielgruppen, aber auch Elternschulen bis hin zu den ehrenamtlichen Angeboten ab der Geburt wie im Projekt Wellcome. Wer, wann, was, wie? Hierbei entsteht zu Recht der Eindruck einer schwer überschaubaren Vielfalt. Umso wichtiger ist es, bei allen Hilfsangeboten auf nachvollziehbare Standards, einheitliche Arbeitsweisen, auf zugrunde liegende Konzepte und deren tatsächliche Umsetzung im Alltag zu achten. Ich möchte diese an einigen Beispielen , die mit meiner Arbeit fachlich eng verknüpft sind, erläutern: 113 Folie 9 Zunächst einmal muss sich jedes Hilfsangebot fragen, ob es zur Kommoder Gehstruktur ambulanter Hilfen gehört, Hebammen, die Sozialpädagogen des KJGD in Berlin, die Modelle aufsuchender Elternarbeit (IBEF, Navitas, Wigwam) inklusive der ehrenamtlichen Willkommensgrüße (Wellcome von Stützrad e.V.) stehen neben der gut ausgebauten Komm-Struktur wie GynäkologInnen, SMD, Kinderarztpraxen, Erziehungsberatungsstellen, Elternschulen u.v.a.m. Nur zu gern nimmt jede Berufsgruppe bei den aufsuchenden Hilfen für sich in Anspruch, der entscheidende Dreh- und Angelpunkt zu sein, um rechtzeitige Hilfen bei sich abzeichnenden Fehlentwicklungen zu bieten oder zu vermitteln. Lassen Sie uns das einmal chronologisch betrachten: Die Feststellung einer Schwangerschaft und sich daraus ergebende Mutterschaftsvorsorgen sind genuine Aufgaben der niedergelassenen Gynäkologinnen / - en. Eine Kooperation mit sozialen Einrichtungen besteht nur für spezielle, bereits bekannte Risikokonstellationen, z. B. die Mitbetreuung methadonsubstituierter Schwangerer in der Infektionsambulanz der Frauenklinik der Charite mit angeschlossenem Sozialdienst. Schon das zahlenmäßig viel größere Feld des Alkoholmissbrauchs in der Schwangerschaft entzieht sich weitgehendst unserem Hilfesystem. Die organischen und psychosozialen Schäden für das werdende Kind sind hierbei größtenteils irreversibel. Der eingangs erwähnte „Ja-Bitte-Bogen“ ist ein erster Versuch, den Kontakt Schwangerer mit ihrer Gynäkologin zu nutzen, um ihr frühzeitig konkrete Hilfen in ihrer Wohnumgebung zu vermitteln. Dieses Projekt unter Federführung der Senatsverwaltung für Gesundheit läuft seit 01.04.2008, bis zum heutigen Tag hat die Kinderschutzkoordinatorin des KJGD – Mitte keinen einzigen Ja-BitteBogen erhalten. Wer kümmert sich um die besonders belasteten Schwangeren, die keine Vorsorgen aufsuchen oder gar nicht krankenversichert sind? Im besten Fall unser Sozialmedizinischer Dienst oder die Treberhilfe, sonst erst die Geburtsklinik. Erfolgsversprechender scheint – wenn denn die Schwangere krankenversichert ist – der Zugang zu Hilfsangeboten über eine Hebamme, die zur Vertrauensperson einer Schwangeren werden kann, diese bis zu 14 mal zu Hause nach der Entbindung aufsuchen kann und professionelle Schulung in der Beurteilung einer gestörten Mutter – Kind – Bindung besitzt. Vorsicht ist aber m. E. geboten, wenn diese positiven Möglichkeiten aufs ganze erste Lebensjahr eines Kindes extrapoliert werden unter dem Berufsbild der selbstständigen Familienhebamme ( im 114 Unterschied zur angestellten Familienhebamme eines Gesundheitsamtes als Mitglied eines multiprofessionellen Teams aufsuchender Hilfen wie z. B. in Bremen). Hier mischen sich berufspolitische Ziele der Einkommensverbesserung bei rückläufigen Geburtenzahlen in Deutschland mit dem Thema der Kindeswohlgefährdung. Das vom Berufsverband der Hebammen selbst formulierte Qualifizierungscurriculum vermittelt z. B. in 2 Wochenendkursen interkulturelle Kompetenz, die Sozialpädagogen des KJGD – Mitte absolvieren zum selben Thema eine zweijährige berufsbegleitende Fortbildung an der evangelischen Fachhochschule für Sozialarbeit. Positiv bemerke ich in jüngster Zeit (Berliner Zeitung 23.03.2008), dass im neuen Konzept der Familienhebamme eine Zusammenarbeit mit Sozialpädagogen und Ärzten eingefordert wird, einheitliche Verfahrensabläufe schreibt der Berufsverband seinen Hebammen aber nicht vor. Das geht auch rein rechtlich nicht. Dieses Dilemma teilen alle freien Berufe, d. h. auch der Berufsverband der Ärzte für kinder- und Jugendmedizin oder der Gynäkologen und Geburtshelfer kann seinen Mitgliedern nur allgemeine Empfehlungen aussprechen. Daran halten müssen sich die Mitglieder nicht, Ärzte und Hebammen müssen auch nicht Mitglied in einem Berufsverband sein. Alles das erschwert es uns, im „Netzwerk Kinderschutz“ in Berlin verbindliche und einforderbare Kooperationsvereinbarungen mit diesen für das Kindeswohl so entscheidenden Berufsgruppen zu schließen. Hier sind die Aufsichtsbehörden gefragt; die Senatsverwaltung für Gesundheit kann und muss in die Berufsordnungen für die Hebammen und Ärzte Verpflichtungen zur Qualifizierung im Umgang mit häuslicher Gewalt und Kindesvernachlässigung und – mißhandlung aufnehmen. Ebenso kann sie in den Berufsordnungen Vorschriften zur Zusammenarbeit mit Behörden und Hilfeeinrichtungen formulieren, wie es beispielsweise in Bayern in Form einer Mitteilungspflicht für Ärzte und Hebammen gegenüber den Jugendämtern bereits verwirklicht ist. Für die Berufsgruppe der Kinderärzte sind wir hier übrigens schon einen Schritt weiter: der GBA hat im April 2008 neben der Einführung der U 7a für Dreijährige als Kassenleistung es allen Kinderärzten zur Pflicht gemacht,....“im Falle von Hinweisen auf Kindeswohlgefährdung im Rahmen der U – Untersuchungen sofortige Maßnahmen zur Einleitung von Hilfen zu veranlassen“. Noch einmal zurück zu den Hebammen: obwohl sie eine Geh-Struktur mit aufsuchender Hilfe darstellen, erreichen sie viele besonders belastete Schwangere nicht: 1. nicht krankenversicherte Schwangere (Asylsuchende, soziale Randgruppen, rumänische „Touristinnen“), 115 2. je nach Bezirk wollen 20 – 40 % der Schwangeren keine Betreuung durch eine Hebamme, 3. besonders Familien mit Migrationshintergrund bevorzugen neben der Vorsorge in der gynäkologischen Praxis die reine Klinikentbindung, die häusliche Versorgung nach der Geburt eines Kindes wird im Familienverband geregelt. Die Möglichkeit der unentgeltlichen, weil kassenfinanzierten Klinikentbindung auf Universitätsniveau hat auch Statuscharakter gegenüber einer Betreuung durch eine Hebamme. Stellt dann nicht die Geburtsklinik einen idealen Anknüpfungspunkt für die Vermittlung rechtzeitiger Hilfen dar? Zum Teil kann sie diese Rolle erfüllen, wenn auch hier Ärzte, Sozialdienst und Pflegepersonal in Kenntnis der Motivationsspirale den geeigneten Einstieg für ein Hilfsangebot finden. Fehlende Vorsorgen in der Schwangerschaft, Teenager-Schwangerschaft, ungeklärte Versicherungssituation, Hinweise auf mütterlichen Drogen-, Alkoholoder Nikotinabusus, ausweichendes Verhalten, fehlende Freude am neugeborenen Kind – es gibt eine Fülle an Anknüpfungspunkten. Als sinnvoll hat sich in diesem Setting z. B. der von Prof. Cierpka an der Universität Heidelberg entwickelte „Heidelberger Belastungsscore“ im Rahmen des Projektes „Keiner fällt durchs Netz“ erwiesen und könnte helfen, einheitliche Verfahrensabläufe im Setting der deutschen Geburtskliniken zu schaffen. Ein Problem dieser Hilfevermittlung ist mitunter die schiere Größe solcher Einrichtungen mit < 3000 Geburten pro Jahr, die kurze Verweildauer mancher Schwangerer vor allem an Wochenenden und bei Bettenknappheit unter dem ökonomischen Druck der Krankenhausfinanzierung durch Fallpauschalen. Positiv bewerte ich bei den Geburtskliniken die Möglichkeit, verbindliche Kooperationsvereinbarungen mit Gesundheitsamt und Jugendamt zu schließen und damit einheitliche Verfahrensabläufe und eine wechselseitige Unterstützung der Fachleute bei der Koordination von rechtzeitigen Hilfen vorzugeben. Wir haben dieses exemplarisch für Berlin am 30.04.2008 mit allen Kinder und Jugendliche versorgenden Kliniken der Charite im Bezirk Mitte vereinbart, die Geburtsklinik ist hierbei fester Vertragspartner der Kinderschutzarbeitsgruppe und unseres Netzwerkes. Schon die U 2 in der ersten Lebenswoche, spätestens aber mit der U 3 in der 4. – 6. Lebenswoche findet eine sehr engmaschige Betreuung unserer Neugeborenen in einer Kinderarztpraxis statt. Bis zur U 6 mit 1 Jahr sind nicht nur drei weitere Gelegenheiten zur Entwicklungsbeurteilung eines Säuglings und zum Umgang der Mutter 116 mit ihrem Kind gegeben. Es finden ergänzend 3 – 4 Impftermine statt und wegen Fieber oder Hautausschlägen wird der Säugling zusätzlich beim Kinderarzt vorgestellt. Bei Auffälligkeiten in der Entwicklung wird der Arzt von sich aus engmaschigere Kontrollen vereinbaren. Die Inanspruchnahme dieser Vorsorgeuntersuchungen in Berlin lag nach den von uns bei der Einschulung erhobenen Daten bei 94,9 % (im Bezirk Mitte bei 92,4 %). Inwiefern ein gesetzlich verbindliches Einladewesen reaktiv bei Nichtinanspruchnahme dieser U – Untersuchungen darüber hinaus einen Beitrag zur Vorbeugung von Kindesmisshandlung und – vernachlässigung leistet, bleibt zu bezweifeln. Die Erfahrungen eines Jahres aus dem Saarland sprechen aus meiner Sicht dagegen: Folie 10 Von 2580 Neugeborenen eines Jahrgangs im Saarland haben nur 80 % an der U 5 teilgenommen, was auf die Versorgungsprobleme eines Flächenstaates zurückzuführen ist. 400 Eltern haben spätestens auf die 2. Mahnung hin reagiert, in den meisten Fällen waren Urlaube und interkurrente Infekte der Säuglinge Ursache für die fehlende Teilnahme an der U 5. Bei 80 Kindern, die trotz Aufforderung nicht beim Kinderarzt vorgestellt wurden, führte das zuständige Gesundheitsamt einen Hausbesuch durch, hierbei wurden bei 8 Kindern (= 3 Promille ) nachträglich das Jugendamt eingeschaltet wegen schwerwiegender sozialer Probleme der Familie. Im Vergleich hierzu hatten im selben Zeitraum bei 3561 Geburten im Bezirk Mitte von Berlin 94,6 % der Kinder an der U 5 teilgenommen, 344 Kinder (= 9,7 %) wurden sozialpädagogisch wegen elterlicher Problemlagen weiter durch den KJGD betreut, 51 davon wegen akuter Kindeswohlgefährdung gemeinsam mit dem Jugendamt. Die hohe Betreuungsrate erklärt sich zum einen aus der Problemlage des ärmsten Bezirkes von Berlin und aus der Tatsache, dass durch 2299 präventive Ersthausbesuche von den Sozialpädagogen des KJGD rechtzeitig auf die Überforderungssituationen in den Familien reagiert werden konnte. Viel entscheidender ist auch in meinen Gesprächen mit den 30 niedergelassenen Kinderärztinnen /- en des Bezirkes die wechselseitige Kenntnis über die Möglichkeiten rechtzeitiger Hilfen. Hier empfinden die niedergelassenen Kinderärzte großes Unbehagen, weil sie sich in der Überfülle der regionalen Angebote freier Träger, des Quartiersmanagements, der Hebammen und der Ämter nicht zurechtfinden. Es fehlt der persönliche Ansprechpartner, dem ich vertrauensvoll die Betreuung einer Familie übertrage in der Gewissheit, dass fachkundig, professionell und rasch gehandelt wird, dass die 117 häusliche Situation in Augenschein genommen wird und ich eine Rückmeldung erhalte zur Abstimmung über das weitere Vorgehen. Alles dieses sollte unterhalb der Schwelle eines Jugendamtes geschehen, sofern nicht so gravierende Hinweise bestehen, die die Hinzuziehung des Jugendamtes unmittelbar erzwingen. Hier kommt nun als ein weiterer Baustein der rechtzeitigen Hilfen vor und nach der Geburt die Kinderschutzkoordinatorin des KJGD ins Spiel: Mit der gemeinsamen AV – Kinderschutz Ges/Jug vom 16.5.2008 haben wir hier in Berlin einen entscheidenden Schritt getan im Sinne der eingangs erwähnten „Ulmer Erklärung“, nämlich Ersthausbesuche für jedes erstgeborene Kind im Bezirk verknüpft mit der Rolle der Kinderschutzkoordinatorin werktags von 8.00 bis 18.00 für alle akuten besonderen Gefährdungsmomente bei Kindern unter 2 Jahren. Flankiert wird das Ganze durch eine verbindliche Kooperationsabsprache mit dem Jugendamt und damit einheitlichen Verfahrensstandards und eine für alle Beteiligten einheitliche Dokumentation. Die Sozialpädagogen des Gesundheitsamtes sind in diesem Modell die „Kümmerer“, die die Angebots- und Komm-Struktur kinderärztlicher Praxen ergänzen durch aufsuchende Hilfsangebote. Sie sind kiez- und sozialraumorientiert tätig und suchen nach Hilfen im engen räumlichen Umfeld der Familien. Sie kennen die Problemlagen in vielen Straßenzügen und können auf die Hausnummer zugeschnittene Risikokonstellationen benennen. Was heißt das in Zahlen des Jahres 2007 ausgedrückt? Folien 11 – 14 Von den 2435 persönlich beratenen Eltern, davon 2299 bei Ersthausbesuchen im Jahr 2007 fanden sich 530 in schwierigen Lebenslagen mit weiterem Hilfebedarf (=22 %). In diesem Zeitraum wurden 612 Kinder sozialpädagogisch begleitet mit dem Ziel eines präventiven Kinderschutzes. Anlässe hierfür waren Teenagerschwangerschaften, Entwicklungsauffälligkeiten oder Behinderungen der Kinder, Beziehungsstörungen, Gewalterfahrungen oder Drogenprobleme in den Familien, essentielle Notlagen und Überforderungen jeder Art. 167 Kinder mussten in dieser Zeit wegen Misshandlung (23) oder Vernachlässigung (144) im Sinne des protektiven Kinderschutzes vom KJGD – Mitte betreut werden, hierfür waren 766 zusätzliche Hausbesuche erforderlich. 118 Kinderschutz gibt es nicht umsonst: im Berliner Medianwert der KostenLeistungsrechnung kostete ein Ersthausbesuch 142 Euro (inklusive aller Verwaltungs-, Personal- und Sachkosten); hierin enthalten sind allerdings auch eine klare Struktur- und Prozessqualität: Ein multiprofessionelles Team aus Sozialpädagogen und Fachärzten für Kinder- und Jugendmedizin, einheitliche Qualitätsstandards (sog. Produktkatalog Version 12.1) zu Art und Umfang der durchzuführenden Maßnahmen, eine jährlich aktualisierte Zielvereinbarung mit der politischen Leitung im Bezirk, einheitliche Verfahrensschritte zum Kinderschutz (1.-Checkbogen, Aktenübergabe, Kinderschutzkoordinatorin im wöchentlichen Wechsel mit werktäglicher Erreichbarkeit von 8.00 bis 18.00 über Fachnummer, einheitliche Anrufentgegennahme durch Verwaltungskräfte) und einheitliche Dokumentation. Verfahrensabläufe Kinderschutz ist eine hochprofessionelle Arbeit nach bestmöglichen Standards. Dafür braucht es sogenannte „SOP = standard operating procedures“, an denen sich alle Mitarbeiter orientieren, anhand derer sie geschult werden und die allein einen Erfahrungsaustausch über die verschiedenen Berufsgruppen hinweg und die so zahlreichen Akteure im Feld des Kinderschutzes ermöglichen. Lassen Sie es uns vereinfacht „einheitliche Verfahrensschritte“ nennen. Wir müssen im Kinderschutz endlich wegkommen von allen bloß reaktiven Schritten (wie z. B. bei dem verbindlichen Einladewesen zur Vorsorgeuntersuchung) und nicht jedes Mal uns wieder erstaunt fragen, warum und wann etwas schief gelaufen ist, im schlimmsten Fall noch verknüpft mit Schuldzuweisungen. Nein, wir müssen lernen Kinderschutz vor und nach der Geburt proaktiv zu organisieren: Jede Hebamme, jede Kitaleiterin, jeder Kinderarzt sollte in seiner Arbeit jetzt und ohne sofortigen Handlungsdruck durch ein akutes Geschehen festlegen können, 1. Wen kann ich für Beratung, Gespräch fachlich in meiner Region jederzeit ansprechen? ( Kinderschutzkoordinatorin des KJGD, insofern geschulte Fachkraft Kinderschutz nach § 72 a SGB VIII, Kinderschutzbund, Hotline-Kinderschutz, Jugendamt, Polizei) 2. Wen davon kenne ich persönlich? 3. Wie wird bei Verdachtsmomenten zur Kindeswohlgefährdung in meiner Praxis oder Einrichtung gehandelt? (Entgegennahme der Information, Dokumentation, Gesprächsleitfaden mit den Eltern, Indikatorenliste, Schulung der Mitarbeiter, Qualitätshandbuch) 119 4. Was kann ich alleine verantworten? Bei welchen vorab festgelegten Kriterien muß ich andere Hilfesysteme einbeziehen? (Ersterfassungsbogen des Netzwerkes Kinderschutz Berlin) Zur praktischen Umsetzung in der Region können sogenannte Runde Tische aller Akteure hilfreich sein. Besser scheinen mir eine Vielzahl bilateraler Absprache, so weit wie möglich in Form schriftlicher Kooperationsvereinbarungen und bei allen Berufsverbänden und Aufsichtsbehörden die Einsicht und der Wille, einheitliche Verfahrensschritte verbindlich vorzugeben. Dazu zählt für mich auch die systematisierte Evaluation, ob die vereinbarten und festgelegten Verfahrensschritte in der Praxis auch eingehalten werden im Sinne der als Erfolgskriterium eingangs erwähnten Projektintegrität. Folie 15 Etwas zugespitzt formuliert: Hausbesuch statt Kaffeehausbesuch, wie ich es als Negativbeispiel sowohl von Modellen aufsuchender Elternhilfe als auch aus Tiefenprüfungen von dokumentierten Hausbesuchen eigener Mitarbeiterinnen kenne (Letzteres hatte natürlich dienstrechtliche Konsequenzen). Kinderschutz ist eben nicht zum Nulltarif zu bekommen, braucht vor allem die hier skizzierte Professionalität. Damit einher geht von selbst die regionale Vernetzung, sie ist nicht Selbstzweck sondern sich selbst konstituierende Notwendigkeit. „Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu schützen“, so lautet ein afrikanisches Sprichwort und genauso lokal und dörflich müssen wir handeln, wenn wir dem großen Ziel einer Verminderung der Fälle von Kindesvernachlässigung und – mißhandlung in Deutschland näher kommen wollen. Eine Auswertung von 19 Hilfsprojekten in 11 Bundesländern durch das Deutsche Jugendinstitut 2008 hat im Kern deutlich gemacht, dass nur ein systematischer und umfassender Zugang zu allen Familien, den das Gesundheitssystem ermöglicht, die Grundlage dafür bietet, Risiken zu einem frühen Zeitpunkt zu erkennen und gezielt Hilfe leisten zu können (www.fruehehilfen.de). Genau hier setzt die Arbeit des Kinder- und Jugendgesundheitsdienstes mit seinen Ersthausbesuchen ein, die ich in der Ausformulierung der gemeinsamen AV Kinderschutz Ges/Jug 2008 als Kernaufgabe des präventiven Kinderschutzes durch das Gesundheitsamt benannt habe. 120 Exkurs und Schluss „Benenne nicht nur Fehler, sondern arbeite mit am noch Fehlenden“ Die Optimierung regionaler Hilfsnetze steht auf der Tagesordnung aller Institutionen. Besser noch als rechtzeitige Hilfen vor und nach der Geburt ist es natürlich, solcher Hilfen nicht zu bedürfen (= Primärprävention). Arbeiten wir Helfer also auch daran, uns überflüssig zu machen, zumindest uns nicht zu wichtig zu nehmen. Ansonsten lade ich Sie ein, in Ihrer Region, an Ihrem Arbeitsplatz und mit Ihrer Kompetenz mitzustricken am Netzwerk Kinderschutz in Deutschland. Dr. Matthias Brockstedt Ärztlicher Leiter KJGD – Mitte Reinickendorfer Str. 60b 13347 Berlin Tel. 2009 46132/30 [email protected] 121 Frühe Hilfen – Kinderschutz vor und nach der Geburt Dr. Matthias Brockstedt Kinder- und Jugendgesundheitsdienst Bezirksamt Mitte von Berlin 122 123 124 125 126 127 128 129 130 131 132 133 134 135 136 137 138 139 140 141 142 143 144 145 146 147 148 149 150 Workshop Thema: Kinder mit hohen gesundheitlichen Risikofaktoren-präventive Hilfen für belastete Eltern an der Schnittstelle verschiedener Dienste Moderation : Christoph Hertzberg, Christine Borgmann • • • • • • KJGD als Vermittler zwischen Jugendamt und Klinik Stärkere Vernetzung mit Sozialpsychiatrischen Diensten Fachkonferenz /Helferrunden mit allen Beteiligten, Krisen/Fehleranalyse Wissenstransfer in die Kindertagesstätten _____________________ Sozialmedizinische Nachsorge (Mischfinanzierung durch Kassen/Jugendamt) Kooperationsvereinbarungen Dienst- und Bezirksübergreifend • • • x x x • x • Nicht mehr abgestimmt • „ 151 Workshop Thema: Das gefährdete kleine Kind, Konzepte der Zusammenarbeit im Umgang mit „Hochrisikofamilien“ Moderation: Prof Dr. Adolf Windorfer, Dr. Matthias Brockstedt Gibt es folgende wesentliche Erkenntnisse und Empfehlungen: 1. Primäre Prävention ist unzureichend 2. Elternschulen fehlen; Stadtteilmütter, Familienzentren 3. Kontakt zu Job Centern muss verbessert werden 4. Hebammen/Familienhebammen (Unter dem Aspekt der Vertrauensperson) Stärken Persönliche Kontakte Verlässlichkeit Auf Augenhöhe Kooperation - Vereinbarung Positive Elternrolle Fachübergreifende Kontakte Auswirkungen §8a SGBVIII - schnellere Kommunikation Hotline Schwächen Dokumentation (zu viel) Der richtige Ort für Hilfen Arbeit der JobCenter Koop. Gynäkologe/in Kooperationsver. - Umsetzung Mittel für Prävention fehlen Wirksamkeit der Jugendhilfe? Elternkurse werden nicht bezahlt Lösungen Prävention im Gemeinwesen Bezirkliche Koordinationsstelle Bedarf an Schwangerenberatung/Fam. Elternschulen Stadtteilmütter 152 Workshop Thema: Chancen der Elternarbeit/Elternbildung in der Kooperation KitaGesundheitsdienst- Jugendhilfe Moderation: Dr. Andreas Eickhorst, Christel Rose, Grünter Refle Folgende wesentliche Erkenntnisse und Empfehlungen: Netzwerke mit Kita bilden, niedrigschwellige Angebote Erwartungen - Erfahrungen austauschen Kooperation verbessern Vernetzung b. Rückführung von Kindern in den Haushalt der Eltern Anregungen f. Elternarbeit, Eltern motivieren Infrastrukturelle Angebotslücken thematisieren und schließen Bei knappen Ressourcen , Ressourcen gemeinsam nutzen Frage: Wie und wann vernetzen,selbst organisiert und/oder Koordiniert 153 Workshop Thema: Chancen der Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen Moderation: Katja Brendel, Sylvia Braband-Alkbir, Mirjam Hartmann Chancen - Zugang zu Familien, die für JA etc. nicht bedürftig genug sind - Kein Hilfeplan, der abgearbeitet werden muss - Spaß haben - Hohe Motivation durch Freiwilligkeit - „sozialer Puffer“ der Gesellschaft - Migrationserfahrung als Zugang zu Migrantenfamilien Grenzen - inhaltlich - Zutrauen und Zeitkapazität der E. - Kein Babysitterdienst - Nicht für Familien im Grenzbereich zur Vernachlässigung - Kein Ersatz für fehlende professionelle Hilfen Handlungsempfehlungen - Zugangschancen durch Freiwilligkeit und Eigenmotivation nutzen - Familien im Grenzbereich zur Vernachlässigung sind kein Handlungsfeld für Ehrenamt - Vorhandene prof. und informelle Strukturen als Träger/Koordinationsstelle nutzen - Alle Familien können gelegentlich Hilfe brauchen-Ehrenamt als Primärprävention-Ergänzung 154 Region: Friedrichshain – Kreuzberg Gut/Projekte - regional Kinderschutzkonferenzen Zusammenarbeit zwischen JA & KJGD Kiezprojekt mit Bewohnern und regionalen Kooperationspartnern (Runder Tisch) Kooperation zwischen Freien Trägern & Ges & Jug läuft gut JA & Familiengericht Verbessern/installieren - Verbessern in Bezug auf die regionalen Kinderschutzkonferenzen: - Beteiligung von Schule und Kinderärzten (in einigen Regionen) - Nachhaltigkeit sichern! - Koop. Zwischen Freien Trägern & JA mit SPD - Vernetzung Klinik & KJGD & JA bez. Schwangeren - Kindergesundheitshaus (s. Neukölln) Verabredungen für welche Bereiche FK & Mitte: - gemeinsame Arbeitsbesprechung v. JA & SPD (mit Leitung) zwecks Absprachen zur Umsetzung der Kooperationsvereinbarung (unter Hinweis auf §8a) - Initiierung regelmäßiger Treffen zwecks Austausch zwischen KJGD & Hebammen 155 Region: Mitte Gut/Projekte - Lotsenprojekt = Koop. Vereinb. - Transparenz der Rollen: - JA & Schule Gemeinsame Hausbesuche - Stadtteilarbeit des Quartiersmanagement - Kooperationsvereinb. Zwischen JA & Ges seit Anfang der 90 iger Jahre - JA & Familiengericht Verbessern/installieren - Kooperationsvereinbarung zwischen JA & SPD - Zusammenarbeit zwischen JA & Roma-Vertretern - Unterstützungsangebot nach der Geburt im mittleren Bereich (zwischen Prävention & Gefährdung) - Kindergesundheitshaus (s. Neukölln) Verabredungen/ für welchen Bereich FK & Mitte: - Bessere Information/Übersicht über vorhandene Kooperationen & AG`s („Zentrale Datenbank“, die gepflegt wird) - Infos einholen zum „Kindergesundheitshaus“ und Prüfung diese Angebotes für den Bezirk 156 Abschriften der bezirklich differenzierten Arbeitsgruppenergebnisse AG-Phase 2. Tag 13.45 – 15.30 Uhr AG Spandau, Charlottenburg, Treptow-Köpenick, Neukölln Was funktioniert gut ? Generell der Reaktive Kinderschutz Die Zusammenarbeit mit dem KJGD hat sich wesentlich verbessert Der Jour fix im Klinikum Vivantes Das Projekt „Stadtteilmütter“ in Neukölln Koop. mit Kitas Standards und Begriffe sind klar Freie Träger und das Jugendamt arbeiten auf Augenhöhe Die AG Kinderschutz nach §78 Gute Zusammenarbeit mit der Amtsvormundschaft - - In Treptow-Köpenick? Kooperationsvereinbarung wurden mit vielen Bereichen abgeschlossen Besuche in der Entbindungsstation Kontakte zur Kinder- und Jugendambulanz und zum KJGD Die Kooperation mit dem KJGD und den Arztpraxen hat sich sehr verbessert Die Kontakte zur Infektambulanz Gute Zusammenarbeit mit Schulstationen Charlottenburg-Nord gut vernetzt Neukölln: Komplexleistung - finanziert über Krankenkassen - und Ämter - schnelles Clearing - ambulantes Clearing - SPZ´s als Clearing - Fallteams in den Jugendämtern Verbesserungsbedarfe und Verbesserungsvorschläge - Schulen sollten altersbezogen früher reagieren - Es sollten einheitliche Standards bei Schulversäumnismeldungen gelten - Die Indikation für Hausbesuche sollten genauer definiert werden - Schulen müssten zunächst selbst ihren Erziehungsauftrag erfüllen - Es braucht eine überbezirkliche Clearingstelle für „Vagabundierende“ Kinder - Die Bögen bei Gewaltmeldungen der Schulpsychologie sollten entwickelt und bekannt werden - Das Jugendamt müsste alle Schulen aufsuchen und Koop.-Verträge abschließen - Die Dimension Kooperation mit Schulen ist für die Jugendämter zu arbeitsintensiv, da das System Schule wesentlich größer und machtvoller als das System Jugendhilfe ist. - Tagesgruppen in jede Schule 157 - - Informationen bei psychisch Kranken mit dem SPD schwierig, (sehen nur den Erwachsenen) SPD betrachtet Kind (teilweise) als Therapeutikum für Erwachsene Datenschutz als Kooperationsbarriere, Kitas erhalten keine ausreichende Rückkopplung seitens RSD Frei praktizierende Ärzte ins Boot holen Es fehlt eine Versorgung bei alkoholkranken Müttern Keine Kinder und Jugend psychiatrische Versorgung in Neukölln KJPD ist manchmal ein „wackeliger“ Partner Krisenpflegestellen fehlen Der primäre Präventionsbereich fehlt Job Center entziehen Familien Geld, Wohnungen und sind nicht erreichbar Job Center produzieren Kinderschutzfälle; sie haben keine Fachleute für Kinderschutz - Das Rundschreiben des Senats praxisnaher verfassen: Senat in die Bezirke, zur Hospitation! Mehr Personal im Bezirk Mehr Zeit für die fachliche Arbeit im RSD Ressourcen für Vernetzungsarbeit fehlen Präventionsangebote im frühen Alter Zeit für Gespräche im Vorfeld - Einbeziehung von KinderärztInnen Umsetzung des eigenen Kinderschutzauftrags Schule Zuständigkeitsstreitereien SpD/JA/JobCenter/Soz.A. Zuständigkeitstransparenz im eigenen Haus Einladung zu HK (KJGD) Zeitressourcen für Kinderschutz-Koord. Regionenübergreifende Vernetzung im RSD Bereich Verbesserung der Kooperation RSD-SpD Klärung der Auslegung der Koop.-Verträge insbes. KJGD + RSD - In der AG Tempelhof-Schöneberg, Steglitz-Zehlendorf Was läuft gut? - kollegiale Zusammenarbeit im RSD Team funktioniert gut - Vernetzung zwischen verschiedenen Bereichen im Amt (KJGD, SpD, JA, fr. Tr.) - Angewandte Standards fokussieren Arbeit, sind hilfreich - Kollegiale Beratung im Fallteam funktioniert gut – Qualifizierung (Multiprofessionell) - Zunahme der Kontakte zu KJGD durch RSD - Fachrunde Kinderschutz (bereichsübergreifend), KollegInnen kennen sich lange (18 Jahre) - Kooperation RSD-SpD-KJGD, KJPD - AG zur Umsetzung d. Netzwerks fr. + öfft. Tr. (i.e. Fk. fr. Tr. + Ki.- Sch. Koord. JA) - Bewährte Runden bleiben - Zus.-arb. Mit EFB hat sich verbessert durch Fallteams 158 Konkrete Verabredungen - Gespräch anregen KJGD/RSD Tempelhof und alle Regionen T-hof/Schbg. - Stichwort: Runder Tisch Initiatorin Ki.-Sch. Koord. - Ansprechpartnerin Ki-Sch. Koord. Als Lotsin (JA + KJGD) Stgl./Zdf. - Ki.-Sch. Koord. T-hof/Schbg.: frühzeitige Einladung der Ki.-Ärzte und Zeit - Bericht im Fallteam über Wunsch nach Rückmeldung KJGD + Aufnahme in Koop. –vereinbarung - Absprache zum Thema Ki.-Schutz und Schule AG Lichtenberg,Mahrzahn-Hellersdorf Was läuft gut? - Zusammenarbeit gut - Gegenseitige Wertschätzung - Kita Untersuchungen als Angebot steht - Ersthausbesuche - Gute bezirkliche Netzwerke - Gute Familienbildungsangebote Welche konkreten Verabredungen- mit welchem Bereich will ich treffen? - Kooperationsvereinbarungen mit Hebammen u.a. z.B. Soz.PD + Schulen - Koop. im vorgeburtlichen Bereich - Nutzung der Kinderschutzfachkräfte der freien Träger in den Bezirken um Wissen weiter zu tragen und sich gegenseitig bei der Gefährdungseinschätzung zu unterstützen. Was ist zu verbessern/zu installieren? - JobCenter + Sozialämter Zus.arbeit installieren - Bessere Durchstellung wichtiger Arbeitsmethoden an die einzelnen Bereiche - Bessere Koordinierung „Bedarfe“ ÖGD/JA + „Angebote freier Träger 159 Abschlussresümee - unter Einbeziehung der Hinweise der Tagungsteilnehmer/InnenWir haben Einblick in bundesweit vorzeigenswerte Projekte erhalten und mit Blick auf die Berliner Entwicklungen hervorragende Konzepte und Modelle früher/rechtzeitiger Hilfen kennen gelernt. Diese gilt es zu stärken und in den Regionen weiterzuentwickeln. Für das Sozialpädagogische Fortbildungsinstitut steht nun an, in Kooperation mit dem VAK und in Rückkopplung mit den jeweiligen Spiegelreferaten den Aufbau der Netzwerke in den Regionen zu unterstützen. Im neuen Programmjahr 09 sollen daher abrufbare Fortbildungen und andere flankierende Leistungen angeboten werden, u.a. z.B. auch für den Aufbau von sozialräumlichen Kinderschutzkonferenzen. Inzwischen haben ca. 70 Fachkräfte aus Berlin an dem Fortbildungslehrgang im Bereich Kinderschutz nach § 8a, 2 SGB VIII teilgenommen, um sich auf die Tätigkeit als Multiplikatorin Kinderschutz und als „insofern erfahrende, hinzuzuziehende Kinderschutzfachkraft“ vorzubereiten. Hier müsste in den Berliner Bezirken eine Transparenz durch namentliche Erfassung dargestellt werden. Schwerpunktfragen- und Themen für beide Senatsbereiche Jug und Ges.: 1. Wie können die frei niedergelassenen Ärzte über die Verbände und Fortbildungsinstitute gewonnen werden (auch die Sprechstundenhilfen) 2. Welche Lösungen können gefunden werden, um die Arbeit der Hebammen um den sozialpädagogischen Anteil zu vergüten? 3. Insgesamt ist das Aufgabenprofil für die „Koordinator/-in Netzwerk Kinderschutz“ konkret zu beschreiben. Nach bundesweiten Erfahrungen ist die umfassende Aufbau- und Koordinierungstätigkeit nicht „nebenbei“ zu leisten, d.h. wenn einzelfallbezogene Tätigkeiten einen zu großen Teil der Arbeit einnehmen. 4. Die Kooperation Jugendhilfe- Schule muss unterstützt werden 5. Mit den Job-Centern müssen Kooperationsvereinbarungen getroffen werden 6. Die Kooperation mit dem Sozialpsychiatrischer Dienst muss geklärt werden. Christa Möhler-Staat, 3.7.2008 160 Anlage: Referenten/Innen und Moderatoren/Innen Dr.med. Michael Abou-Dakn, Chefarzt Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, St. Joseph Krankenhaus, Bäumerplan 24, 12101 Berlin E-Mail: [email protected] Christina Borgmann, Dipl.Psych., UK Charité-Campus Virchow Klinikum, SPZ-Neuropädiatrie/Entwicklungsneurologie, Augustenburger Platz 1, 13353 Berlin E-Mail: [email protected] Sylvia Braband-Alkabir, Nachbarschaftsheim Schöneberg e.V., Sozialarbeiterin, verantwortlich für die Bereiche „Ambulante Familienpflege“ und „wellcomeSchöneberg“ E-Mail: [email protected] oder [email protected] Katja Brendel, „wellcome“ Landeskoordination Berlin, Stützrad e.V., Liselotte-Herrmann-Str. 33, 10407 Berlin E-Mail: [email protected] Dr. Matthias Brockstedt, Ärztlicher Leiter des Kinder- und Jugendgesundheitsdienstes Mitte, Bezirksamt Mitte E-Mail: [email protected] Prof. Dr. med. Manfred Cierpka, ärztlicher Direktor des Instituts für Psychosomatische Kooperationsforschung und Familientherapie. Psychosoziales Zentrum Uniklinikum Heidelberg, Bergheimer Strasse 54, 69115 Heidelberg E-Mail: [email protected] Marianne Desens, Fachteamleitung, Jugendamt Berlin-Reinickendorf, E-Mail: [email protected] Renate Dümchen, Leitende Sozialarbeiterin des Kinder- und Jugendgesundheitsdienstes, Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf E-Mail: [email protected] Dr. Andreas Eickhorst, Gesamtkoordination „Keiner fällt durchs Netz“, Institut für Psychosomatische Kooperationsforschung und Familientherapie. Psychosoziales Zentrum Uniklinikum Heidelberg, Bergheimer Strasse 54, 69115 Heidelberg E-Mail: [email protected] Ulrike v. Haldenwang, Hebamme, Vorsitzende des Berliner Hebammenverbandes, Erkelenzdamm 33, 10999 Berlin E-Mail: [email protected], Mirjam Hartmann, ADEBAR, Beratung und Begleitung für Schwangere und Familien, Hamburg Altona Große Bergstrasse 177, 22767 Hamburg E-Mail: [email protected] Dr. Christoph Hertzberg, Chefarzt im Vivantes Klinikum Neukölln, Sozialpädiatrisches Zentrum E-Mail: [email protected] 161 Dr. Benjamin-Immanuel Hoff, Staatsekretär der Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz E-Mail: [email protected] Dr. Dieter Hüsemann, Klinik für Neonatologie CVK/CBF, Charité Universitätsmedizin Berlin, Augustenburger Platz 1 E-Mail: [email protected] Daniela Kobelt Neuhaus, Vorstandsmitglied der Karl Kübel Stiftung für Kind und Familie, Darmstädter Straße 100, 64625 Bensheim E-Mail: [email protected] Tanja Leonhardt, Dipl.-Psych., Projektkoordination „Keiner fällt durchs Netz“ im Kreis Bergstraße, Haus der Gesundheit, Kettelerstraße 29, 64646 Heppenheim E-Mail: [email protected] Günter Refle, Leiter des Felsenweg-Instituts der Karl Kübel Stiftung für Kind und Familie, Tolkewitzer Straße 90, 01279 Dresden E-Mail: [email protected] Christel Rose, Tietzia Mädchenzentrum, Frauen- und Familienforum, Jugendamt Berlin Reinickendorf E-Mail: [email protected] Dr. Ines Schönborn, Oberärztin, Universitätsmedizin Charité, Klinik für Geburtsmedizin CBF und CVK E-Mail: [email protected] Monika Berger-Gramm, Regionalleiterin im Jugendamt Berlin Neukölln E-Mail: [email protected] Marion Thurley, Regionalleiterin im Jugendamt Berlin Neukölln E-Mail: [email protected] Prof. Dr. Adolf Windorfer, Stiftung Eine Chance für Kinder, Rühmkorffstrasse 1, 30163 Hannover E-Mail: [email protected] Iris Hölling, Geschäftsführerin Wildwasser e.V. E-Mail: mailto:[email protected] 162 163 164 165 166 167 SenBildWiss Ref. III C - Jugendarbeit, Kinderschutz und Prävention Tel. 9026 5540 Sand 22.5.08 1 Jahr Netzwerk Kinderschutz Ergebnisdarstellung einschließlich Stand der Umsetzung der Arbeitsaufträge der Projektgruppe Netzwerk Kinderschutz Der Senat hat auf Vorlage des Senators für Bildung, Wissenschaft und Forschung, Prof. Dr. E. Zöllner, und der Senatorin für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz, Frau Lompscher, - nach Stellungnahme durch den Rat der Bürgermeister am 15. Februar 2007 - einen Bericht an das Abgeordnetenhaus über ein Konzept für ein Netzwerk Kinderschutz beschlossen. Dazu haben die beiden Senatoren im März 2007 erklärt: „Der Senat verfolgt das Ziel, den Kinderschutz weiter zu verbessern, risikohafte Entwicklungen frühzeitiger zu erkennen und schneller zu handeln. Das erfordert eine verbesserte Zusammenarbeit insbesondere zwischen Kinder- und Jugendgesundheitsdiensten, Kinderärzten, Jugendämtern, Kindertageseinrichtungen Schulen, Gerichten und Polizei. Es geht primär darum, die öffentliche Seite zu organisieren, Berlin einheitliche Verfahren zu organisieren und zu sichern. Die Fragen ‚Bei welchen Zeichen muss gehandelt werden?’, ‚Wie muss gehandelt werden?’, ‚Wen muss ich informieren?’ ‚Bei wem kann ich mich informieren?’ werden nun stadtweit mit Standards und Verfahren einheitlich geregelt. Zur Stärkung des Kinderschutzes und um der Gewaltanwendung gegen Kinder entgegen zu wirken, wurde ein integriertes Konzept zur Prävention, Beratung, Früherkennung, Krisenintervention und rechtzeitigen Hilfegewährung entwickelt. Die darin enthaltenen Maßnahmen betreffen insbesondere: - Im Gesundheitssystem wird ein Netzwerk zur Früherkennung und frühen Förderung geschaffen. - Entbindungskliniken, Hebammen, Kinder- und Jugendgesundheitsdienst, Regionaler Sozialdienst des Jugendamtes, Sozialmedizinischer Dienst und niedergelassene Kinderärzte arbeiten mit einem einheitlichen verbindlichen Indikatorenmodell, das der frühzeitigen Erkennung von Gefährdungsrisiken dient. - Um - neben den bestehenden Hilfeangeboten - auf spezielle Problemlagen reagieren zu können, wird das Projekt „Aufsuchende Elternhilfe - präventiver Kinderschutz vor und nach der Geburt“ gestartet. - Für die Durchführung der gesundheitsbezogenen Hausbesuche und der zu vermittelnden Hilfeangebote sind Berlinweit einheitliche Standards und Fachkriterien zu erarbeiten. - Verbindliche Kooperationsvereinbarungen sichern die verlässliche und Systematische Zusammenarbeit aller am Netzwerk Beteiligten. - Schnittstellen und Verfahren sind in allen Bezirken zu vereinheitlichen. - Als Ansprechstelle für Träger, Bürger, Eltern und andere Akteure wird eine Berlinweite Hotline Kinderschutz im ersten Halbjahr 2007 eingerichtet, die rund um die Uhr erreichbar sein wird. Die Hotline wird beim Kindernotdienst angebunden sein. - In den Jugendämtern und Gesundheitsämtern (KJGD) der Bezirke werden „Koordinierungsstellen Kinderschutz“ eingerichtet.“ 168 Die wesentlichen Forderungen, die zur Zeit auf Bundesebene diskutiert werden, werden in Berlin im Rahmen des „Netzwerk Kinderschutz“ umgesetzt. Mit dem vor einem Jahr – im Februar 2007 – erlassenen Beschluss hat der Senat ein umfangreiches Konzept auf den Weg gebracht, um mit einem Bündel von Maßnahmen den Kinderschutz deutlich zu verbessern und der Gewaltanwendung gegen Kinder entgegen zu wirken. Die Lenkungsgruppe „Netzwerk Kinderschutz“ - eingesetzt im Mai 2007 - kann folgendes Ergebnis verzeichnen: Das Konzept hat im politischen – auch bundesweiten – Raum, bei Institutionen, Verbänden und Trägern große Zustimmung und hohe fachliche Akzeptanz. Das Berliner Modellprojekt „Aufsuchende Elternhilfe“ wird seit 1. September 2007 mit vier Trägern durchgeführt - Begleitung werdender, mit Risiken belasteter Mütter bereits in der Schwangerschaft bis zum ca. 6. Lebensmonat des Kindes und Übergabe (sofern nötig) ins reguläre System der Jugendhilfe, Laufzeit bis 31. August 2009, 600.000 K aus dem Haushalt Jugend bei SenBildwiss. Inbetriebnahme der Berlinweiten Hotline Kinderschutz am 2. Mai 2007, seit 1.Oktober 2007 mit Fachpersonal für die Rund-um-die-Uhr-Bereitschaft ausgestattet. Finanzmittel (durch Umschichtung) aus dem Haushalt Jugend bei SenBildWiss. Seit Inbetriebnahme: 906 Meldungen - davon 550 Fälle an die Jugendämter weitergeleitet - 14 Inobhutnahmen - 4 Fälle an LKA/Polizeiabschnitt weitergeleitet - überwiegende Anrufe (516) während der Öffnungszeiten der Jugendämter; das ist als Anzeichen dafür zu werten, dass die Hotline als ein niedrigschwelliges Angebot angesehen wird - Hauptanteil der Melder/innen kommt aus dem nahem sozialem Umfeld, nur wenig Ärzte, Schule und Kita, keine Hebammen - Alter der Kinder: von 1.312 Kindern sind 81 unter 3 Jahre - Im Vordergrund der Meldungen: Vernachlässigung, Verwahrlosung, Verdacht auf körperliche, psychische Misshandlung. - Durchschnittlich 90 – 100 Meldungen pro Monat (Sommermonate weniger wegen Ferien). Durchschnittlich erfordert ca. die Hälfte aller Fälle Weitergabe/Abgabe an Jugendamt. - Sofortige Inobhutnahme rückläufig. Die meisten Meldungen erfolgen während der Sprechzeit der Jugendämter. Das belegt, dass Bürger/innen lieber anonyme Stellen anrufen als das Jugendamt. Das mit der Inbetriebnahme der Hotline vorgesehene Anliegen hat sich damit bisher bewährt! Ausführungsvorschriften zur Umsetzung des Kinderschutzes in den Jugendund in den Gesundheitsämtern der Bezirke (AV Kinderschutz Jug/Ges). Die gemeinsame Ausführungsvorschrift über die Durchführung von Maßnahmen zum Kinderschutz in den Jugend- und Gesundheitsämtern der Bezirksämter des Landes Berlin ist im Senat am 8. April 2008 beschlossen worden. Das betrifft insbesondere: y Die Koordination Kinderschutz mit verbindlicher Erreichbarkeit und Einheitlicher Rufnummer in den bezirklichen Jugend- und Gesundheitsämtern y Feste Ansprechpartner zum Kinderschutz in den Regionen y Verbindliche Erreichbarkeit Mo. - Fr. von 8.00 bis 18.00 Uhr, mit einheitlicher Apparatnummer 55555 Kinderschutz in allen Bezirken y Das Verfahren zur Aufnahme einer Kinderschutzmeldung und der Risikoeinschätzung (u.a. Falldokumentation mittels „1.Check-Bogen“ und „Kinderschutzbogen“) y Abschluss von Kooperationsvereinbarungen zwischen dem Jugend- und Gesundheitsamt (KJGD) y Vereinbarungen zur Zusammenarbeit zwischen Jugendhilfe, Polizei, Schule und Familiengerichten. 169 Im Jugendbereich ist das alles seit März 2007 bereits installiert, da seit dieser Zeit die Ausführungsvorschriften für den Jugendbereich in Kraft waren, die jetzt durch die gemeinsame AV Kinderschutz Jug/Ges abgelöst werden!!! - Jugend-Rundschreiben über "Rechtssicherheit bei Hausbesuchen": Rechtliche Regelungen zur Durchsetzbarkeit von Hausbesuchen im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe werden aufgezeigt. Sie dienen dazu, den Mitarbeiter/innen der Jugendämter in ihrem professionellen Handeln bei der Ausübung ihres gesetzlich vorgegebenen Schutzauftrages gegenüber Kindern und Jugendlichen – dem staatlichen Wächteramt – Rechtssicherheit und Hilfestellung zu geben und in dem schwierigen Kontext der tagtäglichen Arbeitsanforderungen mehr Transparenz zu schaffen. - Jugend-Rundschreiben zur Umsetzung des § 72 a SGB VIII: Bei jeder Neueinstellung von Fachpersonal, welches in der Kinder- und Jugendhilfe eingesetzt wird, muss zuvor ein Führungszeugnis vorgelegt werden. - Jugend-Rundschreiben zur Umsetzung des Schutzauftrages nach § 8a SGB VIII bei Kindeswohlgefährdung, einschließlich Definition „erfahrene Fachkraft“ Empfehlungen zur Umsetzung des Schutzauftrages nach § 8a SGB VIII als Arbeitshilfe für Fachkräfte in der Jugendhilfe (bereits in 3. Auflage) - Einführung einer Geschäftsstatistik Kinderschutz zur einheitlichen Datenerfassung zum Kinderschutz für Jugendämter, Gesundheitsämter und Polizei. Dazu ist die Herausgabe eines Rundschreibens geplant. Für das Verfahren ist vorgesehen: Ausfüllen des Bogens durch die fallzuständige Fachkraft Erfassen aller Bögen bei einer zentralen Stelle im Jugendamt (mit lfd. Nummer) und Übertragung der Daten in die von SenBildWiss zur Verfügung gestellten Exceltabelle Weiterleiten der Falldaten (Tabelle) durch zentrale Stelle an SenBildWiss – quartalsweise zum 10. des Monats Vierteljährliche sowie jährliche Auswertung – bezirksbezogen und gesamtstädtisch durch SenBildWiss. - Einführung Berlin einheitlicher Erfassungs- und Dokumentationsmaterialien, Einführung des Berliner Kinderschutzbogens für die Fachkräfte im „Regionalen Sozialpädagogischen Dienst“ des Jugendamtes als Wahrnehmungs-, Dokumentations- und Bewertungsinstrument bei Kindeswohlgefährdung (zweite Stufe der Gefährdungsprüfung). Es ist die Herausgabe eines Rundschreibens geplant. Die Bezirke (Jug) arbeiten bereits flächendeckend danach (auch SPZ der Charité). - Viele Fortbildungsveranstaltungen für Fachkräfte der Jugendhilfe, des Gesundheitsbereiches sowie der Schulen gemeinsam mit SFBB; geplant sind noch: o Bundesweite Fachtagung 2. – 3. Juli 2008 „Netzwerk Kinderschutz in Berlin – Frühe Intervention und Hilfen in Kooperation von Pädiatrie und Jugendhilfe“(Tagungsort: Jugendkulturzentrum Pumpe) o 30 Jahre Kindernotdienst Berlin, Veranstaltungsreihe „Balanceakt Kinderschutz – Schritt für Schritt auf die sichere Seite“ 26.05. – 13. Juni 2008. - Umsetzung der Vorsorgeuntersuchungen der 3 ½- bis 4-jährigen Kinder nach VO KitaFöG als sozialkompensatorische Untersuchung in der Kita durch den KJGD des Gesundheitsamtes - Herausgabe des Ja-Bitte-Bogens durch Sen GesUmV (seit März 2008) 170 - Einrichtung einer Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) nach § 78 SGB VIII Kinderschutz unter aktiver Beteiligung der freien Träger durch den Landesjugendhilfeausschuss: Aufgabe ist die Begleitung und Unterstützung des Aufbaus der Netzwerkstrukturen Kinderschutz in den Bezirken. Die LAG konnte noch nicht konstituiert werden, da die Benennung von Mitgliedern durch die Jugendämter noch nicht erfolgt ist. - Berlin beteiligt sich an dem vom Bundesministerium ausgeschriebenen Bundesprogramm „Frühe Hilfe für Eltern und Kinder und soziale Frühwarnsysteme“ zur Unterstützung des Aufbaus der Netzwerkstrukturen Kinderschutz in den Bezirken. Der Schwerpunkt liegt auf einer begleitenden und parallelen wissenschaftlichen Evaluation und einem Coaching der Implementierung des Konzeptes für ein Netzwerk Kinderschutz. Das Modellprojekt wird vom Caritasverband in Zusammenarbeit mit der Katholischen Fachhochschule exemplarisch im Bezirk Mitte durchgeführt. Das Modellvorhaben ist mit einer Laufzeit vom 1.02.2008 – 31.01.2009 bewilligt. Vorgesehen ist die Erstellung einer Bestandsaufnahme der vorhandenen Angebote und Ressourcen und die Befragung der beteiligten Einrichtungen und Berufsgruppen z.B. Kinderärzte, Gynäkologen, Kitas, Beratungsstellen, SPZ1, Charité) mit dem Ziel, Schwachstellen aufzudecken, besondere Anforderungen der Netzwerkpartner kennen zu lernen und Handlungsempfehlungen zu entwickeln. - Stellensituation: Jugend: Den Bezirken wurde für den Jugendbereich bereits mit dem Beschluss über das Netzwerk Kinderschutz ein Stellenmehrbedarf im Umfang von 24 Stellen zuerkannt. o Gesundheit: Der geforderte zusätzliche Personalbedarf in den Kinderund Jugendgesundheitsdiensten im Umfang von 24 Stellen (2 Stellen pro Bezirk) zur Umsetzung der gemeinsamen AV Kinderschutz JugGes ist im Senatsbeschluss vom 18. März 2008 zur verbindlichen Zielstruktur für den Öffentlichen Gesundheitsdienst zu dem Einzelbereich Kinderschutz beschlossen worden. Berlin ist mit dem Konzept „Netzwerk Kinderschutz“ seit Anfang 2007 intensiv dabei, auf das bereits vorhandene Hilfesystem aufzubauen. Für 2008 ist die Umsetzung weiterer Arbeitsaufträge geplant: Abschluss von Kooperationsvereinbarungen zwischen dem Berufsverband der Frauenärzte, der Kinderärzte, dem Hebammenverband (SenGesUmV) Schulung von Hebammen in bezug auf die Kenntnis und Anwendung der Indikatoren für Risiken von Kindeswohlgefährdungen sowie Ansprechpartner im Netzwerk Kinderschutz (SenGesUmV) Anpassung des für die Berliner Jugendämter gültige Rundschreiben über "Rechtssicherheit bei Hausbesuchen" für die Berliner Kinder- und Jugendgesundheitsdienste (SenGesUmV) Entwicklung eines handhabbaren Instrumentariums für die Berliner Schulen Die Projektgruppe hat die Einrichtung einer zeitweiligen UAG KinderschutzSchule beschlossen (erster Termin war am 25.04.08). Die für die Jugendhilfe entwickelten Empfehlungen und Verfahren zur Umsetzung des Schutzauftrages bei Kindeswohlgefährdung nach § 8a SGB VIII sollen auf die Erfordernisse und Möglichkeiten von Schule angepasst bzw. überarbeitet werden (Grundlage: Schul- und Jugendrundschreiben Nr. 01/2006). __________________________________________ 1 Sozialpädiatrische Zentren=SPZ 171