1. Die Suche nach der Diagnose

Transcription

1. Die Suche nach der Diagnose
„Tag der seltenen Erkrankungen“
3. März 2012 KVB München
Vorstellung meiner Person
Manuela Hundertmark
42 Jahre
Syringomyelie-Patientin
Syringomyelie:
seltene Rückenmarkserkrankung
ca. 7.000 - 8.000* Patienten in Deutschland
(Dunkelziffer vorhanden)
* Brickell et al. 2006
Exkurs: Was ist Syringomyelie
Syringomyelie:

flüssigkeitsgefüllter Hohlraum
meist in der grauen Substanz
des Hals- oder Brustmarks

Entstehung durch Störung
in Liquorflusszirkulation
(z. B. Verletzung, Bandscheibenvorfall)

Syrinx nur Symptom
keine eigenständige Erkrankung
Gliederung
1. Die Suche nach der Diagnose
2. Wer oder was war während der Diagnoseodyssee für
mich wichtig?
3. Nach der Diagnose – die Suche geht weiter
4. Was wir uns wünschen – was ich mir wünsche
1.
Die Suche nach der Diagnose
Meine Suche nach der richtigen Diagnose dauerte 2,5 Jahre.
Für eine seltene Erkrankung ein sehr kurzer Zeitabschnitt!
Durchschnittlich vergehen 6 – 7 Jahre bis zur
Diagnosestellung!
1.
Die Suche nach der Diagnose
Sommer 2002:
Erster Arztbesuch wegen folgender Symptome:





Gelenkschmerzen
Morgensteifigkeit
häufig erhöhte Temperatur in der Früh
geschwollene Hals-Lymphknoten
nächtliche Rückenschmerzen
1.
Die Suche nach der Diagnose
 Untersuchungen
(Zeitraum bis Frühjahr 2003)
 Labor
 auffällige Entzündungsparameter, Rest unauffällig
 Sonographie der Lymphknoten
 MRT der Lunge und Bauchraum
 Sonographie Schilddrüse
 Diagnose Hashimoto mit Struma, keine Antikörper!
 Lt. Aussagen der Ärzte: Nebenbefund!
1.
Die Suche nach der Diagnose
Keine Besserung,
sondern Zunahme der Beschwerden!
 Kribbeln in der linken Körperhälfte
 Blasenprobleme
 Schmerzen im Rücken werden stärker,
beginnen in Arme, Beine und Kopf auszustrahlen
 Regelmäßige Schwindelattacken mit Übelkeit
 Stärkere Beschwerden nach Training im
Fitnessstudio
1.
Die Suche nach der Diagnose
Sommer/ Herbst 2003
 Beginn/ Versuch von Physiotherapie
 Dabei: starker Schwindel und Erbrechen
während der Behandlung/ Mobilisation der Wirbelsäule
 Vorstellung beim Urologen
 kein eindeutiger Befund
 Vorstellung beim Neurologen
 MRT Schädel veranlasst wegen Verdacht auf MS
 Verdacht nicht bestätigt
 Vorstellung in Großhadern zum Ausschluss Lymphom
 sehr sicher keine bösartige Lympherkrankung
Weiterhin keine Besserung sondern Intensivierung der Beschwerden!
1.
Die Suche nach der Diagnose
Frühjahr 2004
 stationärer Aufenthalt
Rheumazentrum Oberammergau
Ausschluss/ keine Bestätigung einer Rheumatische Erkrankung
Sommer 2004
 Physiotherapeut bespricht mit Hausarzt Notwendigkeit MRT WS
 ständige Schwindelanfälle, Erbrechen und Schüttelfrost
während der Behandlung/ Mobilisation der WS
 wie frisches, schweres Wirbelsäulentrauma
1.
Die Suche nach der Diagnose
Juli 2004
 MRT der HWS und BWS in einer radiologischen Praxis Augsburg
 Die Syrinx ist deutlich sichtbar, ihr wird aber keine Bedeutung beigemessen!
 Hausarzt erhält Bericht:
‚Flüssigkeitsansammlung‘ im Rückenmark, TH 6 – 8
 Lt. Aussage des Radiologen: Keine Ursache meiner Beschwerden
Mein Hausarzt hat keine Ideen mehr und
verordnet ohne konkrete Diagnose weiter
Physiotherapie!
1.
Die Suche nach der Diagnose
Winter 2004/ 2005




Mein Physiotherapeut lässt die ‚Flüssigkeitsansammlung‘ keine Ruhe
Wir recherchieren gemeinsam im Internet
Wir stoßen auf die Homepage einer Selbsthilfegruppe in Norddeutschland
Von dort erhalte ich die Kontaktdaten des Neurochirurgen im BWK Ulm,
Oberfeldarzt PD Dr. Uwe Max Mauer
Erster ambulanter Termin im BWK Ulm im Februar 2005
 Herr Dr. Mauer wirft einen Blick auf meine MRT Bilder:
Diagnose: Syringomyelie
2.
Wer oder was war während der Diagnoseodyssee für mich wichtig?
3.
Nach der Diagnose – die Suche geht weiter
Die Diagnose einer seltenen Erkrankung bedeutet:
(meist) Weiter suchen!
 Wo finde ich Ärzte, die meine Krankheit kennen?
 Welches Krankenhaus ist für mich das richtige?
 Wo finde ich fachkundige Therapeuten?
 Welches ist die geeignete Reha-Klinik?
 Ggf., welche Medikamente gibt es für mich?
 Wo und wie bekomme ich Informationen?
 Kennen Institutionen wie Krankenkasse, Versorgungsämter,
Pflegeversicherung, Rentenversicherung meine Krankheit?
4. Was wir uns wünschen – was ich mir wünsche
Ärzte sollten für seltene Erkrankungen sensibilisiert werden
 Unwissen zugeben
 Zeit nehmen für den Patienten
 nicht vorschnell den Patienten in die Schublade der
Somatisierungsstörung schieben
 Patient ernst nehmen
 bei Verordnungen den Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten
ausschöpfen
 nicht an unwissende Kollegen, Rehakliniken
oder Krankenhäuser überweisen
 aktuelle Informationen aus seriösen Quellen zu Rate ziehen
(Symptomenkomplex manch seltener Erkrankung sind falsch/
unzulänglich in Fachliteratur dargestellt)
4. Was wir uns wünschen – was ich mir wünsche
Krankenkassen sollten bürokratische Pfade für seltene
Erkrankungen öffnen
 Troubleshooter/ Lotsen einsetzen,
damit Behandlungs-Odyssee bei KK-Abrechnung auffällt
 auch seltene Erkrankungen listen
 Ärzte für Mehrarbeit bei seltenen Erkrankungen besser vergüten
 bei Pflegeeinstufungen, Heil- und Hilfsmittelverordnungen andere
Richtlinien einsetzen; viele seltene fallen aus dem Raster
 Vereinfachte Kostenübernahme für Behandlungen bei Spezialisten
 Gutachter besser auf Kompetenz für die spezielle seltene Erkrankung
prüfen
 Budgetgrenzen öffnen
Generell sollten Institutionen wie z. B. Rentenversicherung,
Versorgungsämter, Berufsgenossenschaften
für seltene Erkrankungen einen „eigenen Weg“ haben.
Vielen Dank
Für Ihre Aufmerksamkeit!