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FOTO : PAUL D AHMS (1), H ERSTELLER (3) WILD, JAGD, JÄGER 44 WILD UND HUND 20/2010 044_049_Rascher_Loden.indd 44 06.10.2010 10:43:15 Uhr 100 JAHRE RASCHER-KLEIDUNG Der Chef trägt’s selbst … Maßsch n eiderei Rasche r 1934 Was Jäger wirklich brauchen, weiß derjenige am besten, der Jagd auch lebt – wie Christoph Rascher. Er leitet ein Familienunternehmen, das seit Generationen nicht nur Waidmänner anzieht. 044_049_Rascher_Loden.indd 45 06.10.2010 10:43:19 Uhr FOTOS : H ERSTELLER (5) WILD, JAGD, JÄGER Eine Lodenjacke entsteht: Die einzelnen Elemente des Schnittes werden auf das Material übertragen. Paul Dahms S ie sind unzertrennlich, der grüne Stoff und die Jäger. Zumindest im gängigen Bild, das von ihnen existiert und sie im Lodenmantel durch den Wald pirschen lässt. Gern wird die Quelle dieser traditionellen Standeskleidung in der stimmungsvollen Alpenwelt verortet. Doch was hierzulande Jäger vor Wetterunbilden und Jagdpech schützt, kommt häufig aus dem flachen Münsterland. Dort, im kleinen Ort St. Vit, legte Christoph Rascher vor 100 Jahren den Grundstein für ein Unternehmen, dessen Lodenjagdbekleidung heute weltweit gefragt ist. Anno 1910 begann der Absolvent der „Europäischen Moden-Akademie“ die Bewohner der ländlichen Umgegend mit Maßkleidung auszustatten, zunächst in einer Werkstatt auf dem elterlichen Hof, ab 1914 im selbstgebauten Haus. Das Geschäft lief, und es wuchs nach dem 1. Weltkrieg. Bevor 1939 erneut zu den Waffen gerufen wurde, beschäftigte Schneidermeister Rascher acht Gesellen. Sein Sohn Wilhelm kehrte unbeschadet aus dem 2. Weltkrieg zurück und stieg, gemeinsam mit der Schwester Helene, in das väterliche Geschäft mit ein. Vorausschauend stellte er fest, dass der Maßschneiderei nicht die Zukunft gehören würde. „Eher zufällig fragte ihn ein Stoffvertreter, ob er nicht Lodenmän46 Mit dem Bandmesser säubert der Zuschneider die Kanten und bringt Stoffstücke auf das exakt gleiche Maß. tel machen will“, erzählt Christoph Rascher, namensgleicher Enkel des Firmengründers, Sohn von Wilhelm und derzeit Chef des Familienbetriebes. „Mit 150 Standard-Lodenmänteln ‚Hubertus‘ fing Ende der 1940er Jahre alles an.“ Bald erweiterte sich das Angebot um LodenStutzer und -Damenmäntel. „Zwölf Näherinnen arbeiteten unten in der Werkstatt, oben wohnte die Familie, und überall stapelte sich Ware. Meine Mutter musste über Pakete steigen, um in die Zimmer zu kommen. Das Haus war für die Auftragslage zu klein geworden“, er- innert er sich. Auf einem Gelände unweit des Stammhauses wurde 1957 ein größeres Gebäude mit Fabrikhalle errichtet. Die Konjunktur des Wirtschaftswunderlandes ließ die Nachfrage steigen. Unter der Betriebsleitung von Hans Surmann – Begleiter des Firmenaufbaus seit 1950 – saßen Ende der 1970er Jahre 68 Näherinnen an den Maschinen und fügten Mäntel, Jacken und Hosen aus jenem Wollstoff zusammen, der in einem aufwendigen Verfahren entsteht: Das Rohgewebe wird Ware für die Wintersaison. Im Lager am Firmensitz in Rheda-Wiedenbrück erfolgt die abschließende Qualitätskontrolle und der Versand an die Kunden. WILD UND HUND 20/2010 044_049_Rascher_Loden.indd 46 06.10.2010 10:43:38 Uhr %&/$6&+$5 Die Näherinnen sind Fachkräfte und stellen das Endprodukt mit einem großen Anteil Handarbeit her. gewalkt, wobei es schrumpft und stark verfilzt. In weiteren Schritten erhält es durch Rauhen, Scheren und Bürsten seine Veredelung. „Rascher“ galt bald als Synonym für diese spezielle Naturfaserkleidung, doch in den 1980er Jahren gab es auf dem Erfolgsweg eine Zäsur: „Die Löhne in Deutschland waren nicht mehr finanzierbar, wir mussten die Fertigung nach Polen verlegen“, bedauert Christoph Rascher. „Aber unsere Sachen bleiben trotzdem deutsche Qualitätsprodukte, denn die Idee zu einem Stück, die Konzeption, die Zusammenstellung der Materialien, geschieht hier bei uns. Es gibt kein Modell, das ich nicht anhatte. Und wenn etwas nicht gut ist, dann geht es nicht in Serie.“ Um die Anforderungen beurteilen zu können, die an ein Kleidungsstück gestellt werden, hilft es ihm, dass er Jäger ist. Auch Anregungen „von draußen“ fließen mit ein: „Unsere Außendienstmitarbeiter sind nah am Kunden und hören, was gefällt oder nicht gefällt, was für die Praxis verbessert werden könnte. Aufgrund solcher Informationen ändern wir dann Teile.“ Von einer Jacke beispielsweise wird so oft ein Prototyp hergestellt, bis alle Einzelheiten stimmen – und die bespricht der Chef mit Norbert Ruhe am langen Zuschneidetisch. Ruhe stellt die SchnittRohlinge her, nach denen in Polen gearbeitet wird. Aber es geht längst nicht mehr allein um jagdliche Funktionalität. „Der Kauf erfolgt doch über die Augen der Frau“, spöttelt Rascher. Um dem oft gehörten Satz „Schon wieder eine grüne Jacke ...“ die Schärfe zu nehmen, gibt es an der Kleidung modische Details und Applikationen. Dafür ist ein externes Design-Büro zuständig. Es hat die Aufgabe, das Material zeitgemäß umzusetzen. Inzwischen stellen klassische Lodenprodukte nur noch 20 Prozent der Kollektion. Im Lager füllen zwar Stoffrollen in zahlreichen grünen ALLES AUSSER GEWÖHNLICH. NEU ! Das neue BV 8x42 / BV10x42 – Orange Camo Der ideale Partner für Drückjagd und Nachsuche. ab 299,- Euro (UVP) %&/$6&+$50-1#"3$127/--$7(27$7*!,&44 2 044_049_Rascher_Loden.indd 47 Tel.: +49 (0) 64 41/ 917-0 www.minox.com 1(!7(!27 2)'.) 06.10.2010 10:43:48 Uhr FOTOS : PAUL D AHMS (3), H ERSTELLER (1) WILD, JAGD, JÄGER Stoffmuster für „drunter“ – nicht nur in Jagdgrün. 2001 übernahm der Familienbetrieb den Hemden-Hersteller Böcker. Farbvarianten die Regale, aber das sind neben Tiroler Loden oder exklusivem Harris-Tweed vor allem leichte Mischund Kunstfasergewebe. „Schwere Jacken kann man heute nicht mehr verkaufen. Auch Loden wiegt nur noch rund 360 bis 380 Gramm pro Quadratmeter und wird durch die Verbindung mit einer Membrane wind- und regendicht“, erklärt der Unternehmer. „Früher wog Lodenstoff gut 500 Gramm und speicherte das Regenwasser, wodurch sein Gewicht noch zunahm. Dafür war er fast „schussfest“, und das wäre in meinem Fall positiv gewesen,“ resümiert Christoph Rascher. Bei der Nachsuche einer kranken Ente im Schilf erhielt er – trotz Warnweste – eine Breitseite Schrote. Seine Jagdleidenschaft hat es nicht getrübt. Er ist begeisterter Durchgehschütze und schwört dabei – auf eine Jacke aus Wind Pro-Fleece: „Die reicht mir mit entsprechender Funktionsunterwäsche selbst im Winter. Aber an Loden kommt man für die Jagd nicht 044_049_Rascher_Loden.indd 48 Rascher (r.) zeigt Außendienstmitarbeiter Benedikt Schäfers die Kollektion 2011. Auch Schäfers ist Jäger. vorbei.“ Das bestätigte ihm unlängst ein Bekleidungstest in Kanada. „Der CorduraBesatz meiner Hose war zwar Dornenfest, verursachte aber Geräusche beim Kontakt mit dem Gebüsch.“ Kurzerhand machte sich Rascher „frei“, pirschte in langer grüner Unterhose weiter und erlegte einen starken Elchbullen. Der 56-jährige leitet die Rascher GmbH seit 1989. Im Gegensatz zum Großvater und Vater, den beiden Vorgängern in der Führungsetage, ist er kein gelernter Schneider, aber ein geschickter Kaufmann. Er etablierte die Marke „Duck Valley“ für preisgünstigere Jagdbekleidung und erwarb 2001 den JagdhemdenHersteller Böcker. Wie in der Modebranche üblich, kommt das Unternehmen jährlich mit zwei Kollektionen heraus. Wenn die neuen Modelle intern vorgestellt werden, passiert das nicht auf dem Laufsteg. Im Büro schlüpfen Benedikt Schäfers, seit 16 Jahren für die Firma unterwegs, und sein Chef abwechselnd in die Kleidungsstücke, kontrollieren den Sitz, prüfen Reißverschlüsse, befühlen das Material. „Ich fahre jedes Jahr zum Tontaubenschießen nach Buke, und bei 30 Grad kommt man schon ins schwitzen“, lautet Christoph Raschers Entstehungsgeschichte der Schießweste aus Netzgewebe, die er Schäfers präsentiert. Der macht gleich einen Verbesserungsvorschlag: „Sie muss aber für die Wettkämpfe auf dem Rücken zu besticken sein.“ Neben jagdlicher Funktionsbekleidung hat das Unternehmen auch Landhausmode und Sportswear im Sortiment, und ist offen für Sonderwünsche: Kontakt Rascher Sport- und Jagdkleidung Vitusstraße 3 33378 Rheda-Wiedenbrück Tel. 05242-9364-0 www.rascher.de 06.10.2010 10:43:56 Uhr Dem 2,20 Meter großen, russischen ExSchwergewichts-Boxweltmeister Nikolai Walujew etwa wurde ein Loden-Jagdanzug angepasst. am jetzigen Standort in Rheda–Wiedenbrück 16 Mitarbeiter, darunter viele langjährig. Das Betriebsklima ist familiär. „Alle arbeiten sehr selbstständig und verlässlich“, bekräftig der Firmeninhaber, der sich gerade um einen zweiten Geschäftsführer bemüht. „Für den Fall, dass ich mal aussetzen muss.“ Seine Tätigkeit ist aufreibend, mit vielen Reisen verbunden, das Mobiltelefon klingelt ständig, selbst wenn er nur den kurzen Weg vom Zentrallager nach Hause pendelt, wird verabredet, angeordnet, verhandelt – oft in englisch. Für Rascher, der unter anderem in Amerika studierte, kein Problem. Ob solch ein Alltag einen seiner beiden Söhne reizt, ihn später abzulösen, ist ungewiss: „Man soll keinen da reinzwingen.“ Ruhe findet der Geschäftsmann auf der Jagd. Er ist Mitpächter eines Niederwildreviers, das fast vor der Tür liegt, und kann die Passion mit seiner Frau Ulla teilen. Rascher, der sich als „Gesellschaftsjäger“ bezeichnet, liebt es, im kleinen Kreis befreundeter Jäger auf Streife zu gehen. Er ist angenehm bodenständig und geradlinig. Eigenschaften, die in Kombination mit der Zuverlässigkeit seines Unternehmens und der Warenqualität wohl mit für die gute Positionierung des Her- Weltneuheit Patronen mit dem neuen bleifreien eXergy-Geschoss stehen für hervorragende Präzision mit exzellenten Zerlegungseigenschaften und nahezu 100% Restgewicht. • laufschonend durch Führungsrillen • optimale Flugeigenschaften durch Aluminiumspitze und Heckkonus • kontrollierte Deformation durch integrierte Sollbruchstelle und konkaven Hohlraum 044_049_Rascher_Loden.indd 49 Christoph Rascher mit der „Edition 100“ – dem Spezialmodell zum feierlichen Anlass. Bei hiesigen jüngeren Jägern gibt es die Tendenz, Lodenkleidung als leicht altertümlich hinzustellen. Anders im Ausland. „Dort sind unsere Lodenprodukte begehrt. Wir exportieren in 25 Länder, die USA sind dabei größter Kunde. Der Stoff mag nicht unbedingt modern sein, aber er ist nicht wegzudenken!“ Und deswegen gibt es zum 100-jährigen Firmenbestehen eine Jubiläumsjacke aus Loden. e eXergy – bleifrei und präzise für sauberes Wildbret Abgabe nur an Inhaber einer Erwerbserlaubnis. Rascher beschäftigt stellers am Markt verantwortlich sind. Konkurrenz aus dem Outdoor-Bereich, die vermehrt in die Jagdsparte drängt, beobachtet Christoph Rascher gelassen. Ebenso die wachsende Beliebtheit von Tarnkleidung, die er eher ungern mitvertreibt. „Für Camouflage ist in Deutschland überhaupt kein Bedarf vorhanden, das ist eine Mode. Auf dem Ansitz oben ist es sowieso egal, was man anhat, auf der Drückjagd trägt man Orange, und in den kleinen Revieren bei uns wird eh’ nicht gepirscht.“ erhältlich im ausgewählten Fachhandel und unter www.frankonia.de 06.10.2010 10:44:04 Uhr