So gelingt der Einstieg in die Insulintherapie
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So gelingt der Einstieg in die Insulintherapie
SONDERREPORT So gelingt der Einstieg in die Insulintherapie Ultralang wirksames Basalinsulin ermöglicht flachen Insulinspiegel Mit dem ultralang wirksamen Insulin Degludec lassen sich im Steady State sehr stabile, gleichmässige Insulinspiegel er- Kasten: Beginn der Insulintherapie: Tipps für das Patientengespräch zielen. Gleichzeitig lässt sich das Hypoglykämie-Risiko verringern. Dies macht den frühzeitigen Einsatz bei nicht ausreichend eingestellten Typ-2-Diabetikern sinnvoll und einfach durchzuführen. Das Vorgehen erläuterte der Privatdozent Dr. med. Philipp Gerber, Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Klinische Ernährung, Universitätsspital Zürich, im Rahmen einer medi- 1. Im Gegensatz zu anderen medikamentösen Therapien ist Insulin eine körpereigene Substanz. 2. Ausser im Fall einer Überdosierung (Gefahr von Unterzuckerung) hat Insulin daher keine relevanten Nebenwirkungen. 3. Die Insulintherapie bewirkt eine Entlastung der körpereigenen Insulinproduktion und bietet so eine Entlastung für die Betazellen in der Bauchspeicheldrüse. 4. Mit dem heutigen Insulinpen ist die Injektion einfach und schmerzlos (mit Demonstration des Pens). zinischen Fortbildung in Zürich. «Der Beginn einer Insulintherapie ist immer möglich – er ist nie falsch», erklärte Gerber. Üblicherweise beginnt man mit einem Basalinsulin, wenn sich mit Metformin und maximal zwei weiteren Antidiabetika keine ausreichende Blutzuckerkontrolle erzielen lässt. Das Basalinsulin (ohne Bolus) ist bei Typ-2-Diabetes dank potenter Beeinflussung des Nüchternblutzuckers sehr effektiv. Im Vergleich zu Bolus- und Mischinsulin bewirkt Basalinsulin eine bessere Senkung des Nüchternblutzuckers durch Hemmung der nächtlichen Glukoneogenese. Zudem wurde in einer Studie beobachtet, dass es weniger Hypoglykämien und eine geringere Gewichtszunahme verursachte (1). Text: Dr. med. Halid Bas Redaktion: Dr. med. Christine Mücke Quelle: Satellitensymposium von Novo Nordisk: «Einfacher Einstieg in die Insulintherapie» am Update Refresher Allgemeine Innere Medizin des Forums für Medizinische Fortbildung, 10. Mai 2016 in Zürich. Dieser Bericht entstand mit freundlicher Unterstützung von Novo Nordisk Pharma AG. 618 ARS MEDICI 13 ■ 2016 Klinische Vorteile von ultralang wirksamem Insulin Insulin Degludec (Tresiba®) ist mit einer Wirkdauer von über 42 Stunden das am längsten wirksame Basalinsulin. Es bildet nach der subkutanen Injektion Multihexamere. Diese Depotbildung bewirkt eine kontinuierliche und langsame Insulinabgabe an das Blut. Entsprechend verläuft die Insulinkonzentration im Blut im Steady State nach 3 Tagen über den ganzen Tag gesehen völlig flach (2). Im Vergleich zu Insulin Glargin wurde ein 36 Prozent tieferes Risiko für nächtliche Hypoglykämien nachgewiesen (3). «Dies ist wichtig, denn die Studien der letzten Jahre haben uns gezeigt, dass wir die Hypoglykämien in der Diabetesbehandlung ernst nehmen müssen, da sie die positiven Therapieeffekte wieder aufheben können», betonte Gerber. Weil im Alter Hypoglykämien generell schlechter wahrgenommen werden, bedeutet das geringere Hypoglykämierisiko von ultralang wirksamem Basalinsulin bei den meist älteren Typ-2-Diabetikern einen zusätzlichen Nutzen. Der gleichmässige Verlauf des Insulinspiegels ermöglicht es, den Injektionszeitpunkt frei zu wählen oder auch eine einmal vergessene Dosis später nachzuholen. Wie erfolgt der Beginn der Insulintherapie? Als Anfangsdosis werden 0,2 E pro Kilogramm Körpergewicht empfohlen, möglich ist aber auch eine fixe Anfangsdosis von 10 E. Die Injektion erfolgt 1-mal pro Tag vor dem Zubettgehen oder zum bevorzugten Zeitpunkt. «Wichtig ist, dass die Dosis zügig angepasst wird», betonte Gerber. Dies geschieht durch tägliche Nüchternblutzuckermessungen an drei aufeinander folgenden Tagen. Dann wird der Durchschnittswert berechnet oder – für Patienten einfacher – der mittlere der drei Werte genommen. Die Dosisanpassung geschieht anhand der Blutzuckerwerte zum Beispiel wie folgt: ❖ < 5 mmol/l: -2 E ❖ 5–7 mmol/l: keine Änderung ❖ 7–10 mmol/l: +2 E ❖ 10–15 mmol/l: +4 E ❖ > 15 mmol/l: +6 E. Da die Veränderungen des Blutzuckers mit ultralang wirksamem Insulin Zeit brauchen, um wieder einen Steady State zu erreichen, muss nach einer Anpassung 3 Tage gewartet werden, bis die nächsten Blutzuckermessungen erfolgen. Als praktische Regel empfahl Gerber daher, 1-mal pro Woche, immer an denselben 3 Wochentagen, den Nüchternblutzucker zu bestimmen. Wichtig vor Beginn einer Insulintherapie ist eine gute Aufklärung der Patientinnen und Patienten. Für das Gespräch gab der Endokrinologe einige wichtige Hinweise (Kasten). Welche Kombinationen sind sinnvoll? Bei Beginn der Therapie mit Basalinsulin soll Metformin beibehalten werden. «Für die Kombination von Basalinsulin und anderen Antidiabetika gilt, dass praktisch jede Kombination sinnvoll ist und dass auch fast alle Kombinationen von den Krankenkassen vergütet werden», so Gerber. Sulfonylharnstoffe und Glinide sind zur Senkung des postprandialen Blutzuckers möglich, bergen aber eine zusätzliche Hypoglykämiegefahr. Diese ist nicht gegeben, wenn Dipeptidylpeptidase-(DPP-)4-Hemmer zur Behandlung erhöhter postprandialer Blutzuckerwerte eingesetzt werden. Eine potente Senkung der postprandialen Blutzuckerwerte ist mit GLP-1-Agonisten möglich, die kein eigenes Hypoglykämierisiko bieten und zusätzlich einen positiven Effekt auf das Körpergewicht haben. Glitazone werden heute wegen der Nebenwirkungen kaum mehr eingesetzt. Mit SGLT-2-Hemmern ist eine gute Senkung von Blutzuckerspitzen ohne zusätzliches Hypoglykämierisiko zu erreichen. SONDERREPORT Take Home Messages ❖ Eine Insulintherapie ist heute dank ultralang wirksamem Basalinsulin einfach und sicher gestaltbar. ❖ Eine Insulinbehandlung kann und soll, falls angezeigt, bei Typ-2-Diabetes frühzeitig eingesetzt werden. ❖ (Basal-)Insulin ist mit sehr vielen anderen Antidiabetika kombinierbar. Als pathophysiologisch sinnvoll erwähnte Gerber folgende Dreierkombination: ❖ Metformin: Hemmung der hepatischen Glukoneogenese ❖ Basalinsulin: zusätzliche Senkung vor allem des Nüchternblutzuckers ❖ GLP-1-Agonist: Senkung der postprandialen Blutzuckererhöhung. Eine Kombination von Insulin Degludec und dem GLP-1-Agonisten Liraglutid (Xultophy®) liegt vor (4). ARS MEDICI 13 ■ 2016 Wie weiter nach Basalinsulin? Unter einer etablierten Therapie mit Basalinsulin und oralen Antidiabetika sind gelegentlich im Tagesprofil unbefriedigende Blutzuckerspitzen zu beobachten, beispielsweise regelmässig erhöhte Werte am Abend. Dann bietet sich die Kombination mit einem Bolus abends an, zum Beispiel mit Insulin Aspart. «Wir müssen die Hypoglykämien in der Diabetesbehandlung ernst nehmen, da sie die positiven Therapieeffekte wieder aufheben können.» Eine Alternative dazu ist auch das Kombinationspräparat mit Insulin Degludec und Insulin Aspart (Ryzodeg®), anstelle des Basalinsulins beim Zubettgehen und des Bolus vor dem Abendessen. Ist im weiteren Verlauf beim individuellen Patienten eine ausgebaute Basis-Bolus-Insulintherapie notwendig, müssen Blutzuckertagesprofile bestimmt werden. Die Dosis- anpassungen für Insulin Aspart richten sich nach den darauf folgenden präprandialen Glukosewerten zum Beispiel nach folgendem Schema: ❖ < 8 mmol/l: keine Veränderung ❖ 8–12 mmol/l: +2 E ❖ > 12 mmol/l: +3 E. Zwar können Patienten diese Anpassungen des Bolusinsulins auch selbst vornehmen, sicherer ist aber die Beurteilung des Tagesprofils und Änderung der Bolusdosis durch die behandelnde Ärztin oder den behan❖ delnden Arzt. Referenzen: 1. Holman RR et al.: Addition of biphasic, prandial, or basal insulin to oral therapy in type 2 diabetes. N Engl J Med 2007; 357(17): 1716–1730. 2. Madhu SV et al.: Future of newer basal insulin. Indian J Endocrinol Metab 2013; 17(2): 249–253. 3. Zinman B et al.: NN1250-3579 (BEGIN Once Long) Trial Investigators: Insulin degludec versus insulin glargine in insulin-naive patients with type 2 diabetes: a 1-year, randomized, treat-totarget trial (BEGIN Once Long). Diabetes Care 2012; 35(12): 2464–2471. 4. Buse JB et al.: NN9068-3912 (DUAL-II) Trial Investigators: Contribution of liraglutide in the fixed-ratio combination of insulin degludec and liraglutide (IDegLira). Diabetes Care 2014; 37(11): 2926–2933. 619