Beispiele zur Zeitbereichsmessung mit dem Netzwerkanalysator
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Beispiele zur Zeitbereichsmessung mit dem Netzwerkanalysator
Christian Schmitt [email protected] Kurzreferat im Rahmen der Vorlesung „Grundlagen der Hochfrequenztechnik“ an der FH-Aachen Beispiele zur Zeitbereichsmessung mit dem Netzwerkanalysator (Textfassung) Allgemeines Im Rahmen der Vorlesung „Grundlagen der Hochfrequenztechnik“, gehalten von Prof. Dr.-Ing. H. Heuermann an der FH-Aachen, arbeitet jeder teilnehmende Student ein kurzes Referat aus. Der Vortag soll eine Dauer von 5 Minuten nicht überschreiten und beschäftigt sich mit Themen aus der Hochfrequenztechnik. Die Aufgabe dient in erster Linie dazu, das Vortragen zu üben und bietet mit der kurzen Redezeit nur wenig Möglichkeiten auf Details einzugehen. Ergänzend soll eine Textfassung vorgelegt werden, welche auf der Homepage des Lehrgebietes veröffentlicht wird, diese Niederschrift meines Vortrags finden Sie auf den folgenden Seiten. Aus rechtlichen Gründen dürfen einige der für den Vortrag verwendeten Bilder nicht mit diesem Dokument veröffentlicht werden. Die betreffenden Bilder wurden ausgetauscht oder entfallen ganz, inhaltliche Unterschiede ergeben sich daraus nicht. Inhalt 1. Messung einer Leitung mit Störstelle...................................................................... 4 1.1 Funktionsprinzip.................................................................................................... 4 1.2 Bestimmen der Kabeleigenschaften ................................................................ 4 1.3 Nachbildung der Störstelle ................................................................................. 5 1.4 Distanzauflösung................................................................................................... 5 1.5 Eindeutigkeitsdistanz........................................................................................... 6 2. Messung eines Oberflächenwellenfilters................................................................ 7 2.1 Das Oberflächenwellenfilter ............................................................................... 7 2.2 Messung im Zeitbereich ...................................................................................... 8 3. Dreidimensionale Ortung von Materialeinschlüssen .......................................... 9 1. Messung einer Leitung mit Störstelle 1.1 Funktionsprinzip Für die Leitung in diesem Beispiel wird angenommen, dass es sich um eine Koaxialleitung mit einem Kurzschluss an beliebiger Stelle handelt. Da elektromagnetische Wellen an einem Kurzschluss verstärkt reflektiert werden, soll aus dem Reflexionsverhalten auf den Ort der Störung geschlossen werden. Dafür reicht es aus, die Leitung mit nur einem Port des Netwerkanalysators zu verbinden, das andere Ende der Leitung bleibt offen. Das vom Netzwerkanalysator erzeugte Signal läuft über die Leitung bis zum Kurzschluss, wird dort Teilweise reflektiert und läuft zum Anfang der Leitung zurück. Ist die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Signals auf der Leitung bekannt, lässt sich aus der Laufzeit auf die Länge bis zur Störstelle schließen. Dabei entspricht die gemessene Laufzeit der zweifachen Leitungslänge bis zur Störstelle, da das Signal diesen Teil der Leitung zweimal durchläuft. 1.2 Bestimmen der Kabeleigenschaften Zur Bestimmung der Ausbreitungsgeschwindigkeit wird ein leer laufendes Kabel gleichen Typs und bekannter Länge verwendet. Die Reflexion findet in diesem Fall am offenen Ende der Leitung statt, es ist also die zweifache Leitungslänge zu berücksichtigen. Die Laufzeit lässt sich einfach am Netzwerkanalysator ablesen, da die Reflexion am Leitungsende in der Zeitbereichsdarstellung als Nadelförmiges Maximum zu erkennen ist. Setzt man einen Marker auf dieses Maximum, wird die Laufzeit in der zugehörigen Anzeige dargestellt. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit erhält man, in dem man die zweifache Leitungslänge durch die Laufzeit teilt. Einige Netzwerkanalysatoren können anhand der relativen Ausbreitungsgeschwindigkeit direkt die Leitungslänge bestimmen, dazu wird die Ausbreitungsgeschwindigkeit auf der Leitung, relativ zur Vakuumlichtgeschwindigkeit angegeben. Die rel. Ausbreitungsgeschwindigkeit bestimmt man wie folgt. vp c0 = 2 ⋅ lmech t p ⋅ c0 Dabei ist vp die rel. Ausbreitungsgeschwindigkeit, tp die Laufzeit und c0 die Vakuumlichtgeschwindigkeit. 1.3 Nachbildung der Störstelle Die Nachbildung der Störstelle erfolgt durch zwei unterschiedlich lange Leitungsstücke, die durch ein T-Stück untereinander und mit einem Kurzschluss (z.B. aus einem Kalibriersatz) verbunden werden. Bild 1. 1 Nachbildung der Leitung mit Störstelle Nach der Messung sollten sich in der S11 Darstellung zwei nadelförmige Maxima zeigen. Das erste Maximum entspricht der Reflexion am Kurzschluss, das zweite der am Leitungsende. Je nach Netzwerkanalysator und gewählten Einstellungen, kann man nun mittels Marker die Leitungslänge oder die Laufzeit bis zur Störung ablesen. 1.4 Distanzauflösung Die Messungen des Netzwerkanalysators erfolgen im Frequenzbereich, die Zeitbereichsdarstellungen werden mittels Diskreter Fourier Transformation (DFT) erzeugt. Dabei werden mittels Tiefpassfilter alle Frequenzen oberhalb der Stoppfrequenz (größte bei der Messung verwendete Generatorfrequenz) ausgefiltert. Durch diese Einschränkung ist die Auflösung der Laufzeitmessung auf die halbe Periodendauer der Stoppfrequenz begrenzt. ∆t ≈ 1 2 f stop Daraus ergibt sich auch eine begrenzte Distanzauflösung, sie entspricht der Strecke die das Signal während der halben Periodendauer ∆t der Stoppfrequenz zurücklegt. Allerdings durchläuft das Signal den Leitungsabschnitt zweimal, dadurch verbessert sich die Distanzauflösung um den Faktor 2 und entspricht damit ¼ der Wellenlänge bei Stoppfrequenz. ∆d = v p ⋅ ∆t 2 ≈ vp 4 ⋅ f stop Verwendet man eine Stoppfrequenz von z.B. 8GHz, ergibt sich bei einer Ausbreitungsgeschwindigkeit von 0,7 Co eine Distanzauflösung von 0,66cm. ∆d ≈ vp 4 ⋅ 8GHz = 0,66cm 1.5 Eindeutigkeitsdistanz Die verwendete DFT bringt noch einen weiteren Nachteil mit sich, sie ist nur im Bereich von –T/2 bis T/2 mit T=1/∆f eindeutig. Wobei ∆f dem vom Generator überstrichenen Frequenzbereich geteilt durch die Anzahl der Messpunkte entspricht. Die Eindeutigkeitsdistanz berechnet sich dann nach: ±T ⋅ vp 4 Für ein Beispiel mit 400 Messpunkten auf dem Bereich von 20MHz bis 8GHz ergibt sich dann folgende Rechnung für die Laufzeit. T= 1 ( N − 1) 399 = = = 50ns ∆f f stop − f start 8GHz − 20 MHz Die Eindeutigkeitsdistanz mit vp = 0,7 Co ist dann: dE = ± 50ns ⋅ v p 4 = ±5,274m Möchte man Leitungen vermessen, welche die Eindeutigkeitsdistanz überschreiten, muss entweder die Zahl der Messpunkte erhöht oder die Stoppfrequenz verringert werden. Wählt man die Verringerung der Stoppfrequenz, stellt sich eine entsprechend geringe Distanzauflösung ein. 2. Messung eines Oberflächenwellenfilters 2.1 Das Oberflächenwellenfilter Bei Oberflächenwellenfiltern, auch Surface Acoustic Wave Filter (SAW-Filter), handelt es sich um Bandpassfilter, welche die Erzeugung und Übertragung von akustischen Oberflächenwellen auf piezoelektrischen Materialien ausnutzen. Basis des OW-Filters ist ein piezoelektrisches Substrat (gängige Materialien sind Quarz SiO2, Lithium-Tantalat LiTaO3 oder Lithium-Niobat LiNbO3), auf welches Interdigitalwandler aufgebracht werden. Die Interdigitalwandler bestehen aus kammartigen Leiterstrukturen mit ineinander greifenden Fingern. Legt man eine sinusförmige Wechselspannung an den Wandler an, wird die Substratoberfläche zwischen den Fingern abwechselnd gestreckt und gestaucht. Dabei führen Interferenzeffekte zur Entstehung von akustischen Oberflächenwellen, die sich entlang der Substratoberfläche ausbreiten. Die mit den Oberflächenwellen einhergehende Verzerrung des Substrats erzeugt wiederum ein elektrisches Signal, welches mit einem weiteren Interdigitalwandler abgegriffen wird. Bild 2.1 zeigt den prinzipiellen Aufbau des OW-Filters mit angedeuteter Wellenausbreitung, zusätzlich sind noch Absorber eingezeichnet, welche Reflexionen der Welle an den Stirnseiten verhindern sollen. Bild 2. 1 Prinzip eines OW-Filters Für das Übertragungsverhalten ist in erster Linie die Geometrie der Interdigitalwandler bestimmend. Die Mittenfrequenz wird mit dem Abstand der Finger eingestellt, deren Abstand der halben akustischen Wellenlänge entspricht. Über die Anzahl der Finger lässt sich die Bandbreite variieren, sie verhält sich umgekehrt Proportional zu Fingerzahl. Klassische OW-Filter, nach dem hier dargestellten Prinzip, weisen eine typische Grunddämpfung von 12dB bis 20dB auf. Ein Großteil der Verluste ist durch die Interdigitalwandler bedingt, sie strahlen zu beiden Seiten hin gleichmäßig ab, so dass sich für den Einkoppelwandler 3dB Verlust ergeben. Berücksichtig man, dass sich für den Auskoppelwandler der gleiche Verlust ergibt, summieren sich diese Verluste auf 6dB. Weitere Verluste von etwa 3dB ergeben sich durch Regeneration am Auskoppelwandler, das hier abgegriffene elektrische Signal regt wiederum Oberflächenwellen an, dabei strahlt der Auskoppelwandler etwa die Hälfte der empfangenen Leistung ab (siehe auch 2.2 Triple-Transit-Signal). Zusätzliche Verluste entstehen durch Anregung von Volumenwellen, Reflexionen und Dämpfung der akustischen Wellen. OW-Filter sind in einem Frequenzbereich von etwa 10MHz bis 2,5GHz verfügbar, diese Grenzen sind Fertigungstechnisch bedingt, da die Strukturen zu niedrigen Frequenzen hin sehr groß und zu hohen Frequenzen hin sehr klein werden. Erreichbare Bandbreiten der Filter liegen im Bereich von 200kHz bis 0,6 f0 bei hoher Flankensteilheit. Ein weiterer Vorteil ist die kostengünstige Herstellung bei guter Reproduzierbarkeit der Filtereigenschaften, was einen kostenintensiven Abgleich überflüssig macht. Nachteilig kann die hohe Signallaufzeit der OW-Filter sein, sie ist in der, verglichen mit elektromagnetischen Wellen, geringen Ausbreitungsgeschwindigkeit akustischer Wellen begründet (Faktor etwa 105). 2.2 Messung im Zeitbereich Die Zeitbereichsmessung eignet sich um einige typische Störeffekte des OW-Filters sichtbar zu machen, da die einzelnen Effekte unterschiedliche Signallaufzeiten aufweisen. So findet man in der Zeitbereichsdarstellung neben dem Hauptmaximum mehrere kleinere Maxima, die man jeweils einem Störeffekt zuordnen kann. Bild 2.2 zeigt die schematische Darstellung eines Messschriebs, das erste Maximum entsteht durch direkte elektromagnetische Kopplung zwischen den Interdigitalwandlern. Da die Ausbreitung elektromagnetischer Wellen deutlich schneller ist, als die von akustischen Wellen, ergibt sich eine sichtbar geringere Laufzeit. Bei der Einkopplung des Signals erzeugt der Interdigitalwandler neben Oberflächenwellen auch sog. Volumenwellen. Diese breiten sich durch tiefere Schichten des Substrats aus und haben daher eine Laufzeit, die in etwa das 1-3 fache der von Oberflächenwellen beträgt. In Bild 2.2 folgen 3 Nebenmaxima auf das Hauptmaximum, sie lassen sich den Volumenwellen zuordnen. Die längste Laufzeit weist das Triple-Transit-Signal auf, da das Substrat von diesem Teil des Signals dreimal durchlaufen wird. Der Auskoppelwandler strahlt das ankommende Signal mit etwa 50% der aufgenommenen Leistung wieder ab. Die dabei entstehenden Oberflächenwellen laufen zurück zum Einkoppelwandler, werden hier ebenfalls reflektiert und laufen erneut zum Auskoppelwandler. Bild 2. 2 Um die erwähnten Effekte sichtbar zu machen, empfiehlt es sich die Messung nur in der Umbebung der Mittenfrequenz, mit einer Frequenzbreite von etwa 5/3 der Filterbandbreite durchzuführen. 3. Dreidimensionale Ortung von Materialeinschlüssen Als Beispiel soll hier ein Kunststoffquader dienen, in den eine Metallkugel eingebracht wurde. Für die Messungen lässt man den NWA ein Radarsignal als Frequenzsweep erzeugen, welches über eine Antenne abgestrahlt wird. Bringt man die Antenne unter oder über dem Quader an, durchdringt das abgestrahlte Signal den Kunststoff, wird an der Metallkugel reflektiert und von der Antenne empfangen. Vergleichbar mit der Entfernungsmessung in Kapitel 1, kann auch hier anhand der Signallaufzeit auf die Entfernung zwischen Antenne und Metallkugel geschlossen werden. Wenn die Antenne kugelförmig abstrahlt, wird ein halbkugelförmiger Bereich des Quaders durchdrungen. Da mit einer Messung nur die Entfernung zwischen Antenne und Metallkugel bekannt ist, kann der Einschluss an beliebiger Stelle auf der gedachten Halbkugelschale liegen. Um den Einschluss dreidimensional zu orten, verschiebt man nun die Antenne in X-Y-Richtung und führt Messungen an drei verschiedenen Antennenpositionen aus. Man erhält drei Halbkugelschalen, an deren Schnittpunkt sich der Einschluss befindet. Geht man nun systematisch vor und erstellt für die Antennenpositionen ein Koordinatenraster, lässt sich der Quader in würfelförmige Volumenelemente aufteilen und für jedes Volumenelement lässt sich ein eventueller Einschluss nachweisen. Neben den Reflexionen am Einschluss, kommt es auch zu Reflexionen in der Antenne und am Übergang zwischen Luft und Kunststoffquader. Diese Reflexionen sind bei jeder Messung annähernd gleich, sie lassen sich daher recht einfach aus dem Messsignal herausrechnen. Quellen: Grundlagen der vektoriellen Netzwerkanalyse Michael Hiebel Verlag: Rohde & Schwarz ISBN: 3939837059 EPCOS AG München SAW-Kompneneten Klein und fein http://www.epcos.de/web/generator/Web/Sections/Components/Page,locale=nn,r=26 3282,a=248466.html Das große Quarzkochbuch Bernd Neubig & Wolfgang Briese Feldkirchen: Franzis-Verlag, 1997 ISBN 3-7723-5853-5 http://www.axtal.com/data/buch/Kap9.pdf Hinweise: Für die Richtigkeit der gemachten Angaben und Ausführungen übernimmt der Autor keine Gewähr. Alle Bilder und Diagramme wurden eigens für dieses Dokument erstellt, das Copyright liegt beim Autor. Für den unwahrscheinlichen Fall, dass Sie eines der Bilder verwenden möchten: Sowas ist in wenigen Minuten mit einer bekannten Software zusammengeklickt. Wenn Sie dennoch eines der Bilder verwenden möchten: Die Nutzung in unentgeltlich abgegebenen Dokumenten zur Aus- und Weiterbildung ist frei. In allen anderen Fällen bitte eine Anfrage an die unten angegebene e-mail Adresse senden. Vorsicht, das dauert dann länger als selber malen ;-) Fragen, Kritik und Anregungen bitte an: [email protected] Christian Schmitt Aachen, Januar 2008