Die Einführung von Erfahrungspunkte in

Transcription

Die Einführung von Erfahrungspunkte in
Die Einführung von
Erfahrungspunkte in Videospielen
Autor: Stephan Schüritz
Letzte Aktualisierung: 27.03.2015
Inhaltsverzeichnis
Einleitung.............................................................................................................................................3
1. Begriffsklärung.................................................................................................................................3
1.1. Charakterentwicklung...............................................................................................................3
1.2. Erfahrungspunkte......................................................................................................................4
2. Ursprung...........................................................................................................................................4
2.1. Pen&Paper................................................................................................................................5
2.2. TableTop....................................................................................................................................6
2.3. Erste Videospiele mit Erfahrungspunkten................................................................................7
3. Erfahrungssysteme...........................................................................................................................9
3.1. Stufenbasierende Entwicklung.................................................................................................9
3.2. Handlungsbasierende Entwicklung.........................................................................................10
3.3. Freiform Entwicklung.............................................................................................................10
4. Schlusswort.....................................................................................................................................11
Glossar................................................................................................................................................12
Abbildungsverzeichnis.......................................................................................................................13
Quellenverzeichnis.............................................................................................................................14
2
Einleitung
Diese Ausarbeitung widmet sich der Erörterung und der geschichtlichen Entwicklung von
Erfahrungspunkten in Videospielen. Dabei dient der erste Abschnitt der grundlegenden
Begriffserläuterung und soll dem Leser den Einstieg in die Materie erleichtern. Im darauf folgenden
zweiten Kapitel wird auf den Ursprung und erste Vertreter eingegangen. Der dritte Abschnitt
widmet sich einer kurzen Erläuterung der Variationsgruppen von Charakterentwicklungssystemen,
die sich für Videospielen bis zum heutigen Tage gebildet haben. Den Abschluss bildet ein
Schlusswort, welches eine Zusammenfassung der Thematik und eine persönliche Zukunftsprognose
des Autors enthält. Diese Ausarbeitung richtet sich dabei an Leser, welche sich thematisch mit dem
Gebiet der Charakterentwicklung und des Balancing von Spielprinzipien mit Protagonisten
beschäftigen.
1. Begriffsklärung
1.1. Charakterentwicklung
Unter Charakterentwicklung versteht man im allgemeinen die Prägung und Veränderung der
Persönlichkeit einer menschlichen Person, die auch als Charakter bezeichnet wird. Dabei definiert
sich jede Person durch ein eigentümliches Verhalten, welches diese dazu befähigt moralisch zu
handeln.1
Der Begriff des Charakters prägte bereits seit der Antike die Kunst und Kultur, hielt Einzug in die
Literatur und in der Neuzeit in neue Medien wie dem Film und letztendlich auch in die Videospiele.
Dabei lässt sich die Weiterentwicklung von Protagonisten in Büchern gleichsetzten mit der
Aufführung von Schauspiel und der filmischen Inszenierung, in der man Beispielsweise einen
Helden bei seiner Entwicklung beobachtet. Diese Definition kann man ebenfalls auf Spiele in
unterschiedlicher Form übertragen. Dabei sind vorzüglich Spielprinzipien zu nennen, die den
Teilnehmer, als Protagonist des Szenarios, eine oder mehrere Rollen vorgeben. Dies fängt bereits
bei Gesellschaftsspielen wie Fange an und geht hin bis zu komplexen Rollenspielen.2
Bei Videospielen hat die Charakterentwicklung außerdem noch die primäre Aufgabe den Spieler mit
dem Geschehen in der virtuellen Welt zu verbinden. Diese kann am besten ermöglicht werden, in
dem der Spieler sich in einen Charakter hineinversetzt und sich mit diesem durch Aufgaben und
Ereignisse weiter entwickelt. Des weiteren bilden sich dadurch Möglichkeiten das Spielerlebnis
individueller zu gestalten.3
Um die Entwicklung des virtuellen Charakters auch für den Nutzer merklich zu verdeutlichen wird
die Entwicklung des Charakters durch Punkte dargestellt, die in verschiedener Art und Weise vom
Spieler genutzt werden können. Darauf wird nun im nächsten Abschnitt näher eingegangen.4
1 Dago, Sarev; Definition von Charakter einfach erklärt,
2 Friedmann, Joachim; Zeit Online, Warum nicht mal eine schüchterne Nonne spielen?, 2013
3 Tsuchida Akaharu, Kato Yasuyuki, Sakai Kazsuya, Kayama Naoyuki, Kanno Mika, Tatsumi Ginko, Sao Hironori,
Fukuda Junko, Takayama Kunio, Abe Tadahikio, Yamada Hirofumi, Kaps Joachim: The Legend of Zelda – Hyrule
Historia, Nintendo, Tokyopop GmbH, Auflage 2, 2013
4 Barton, Matt; Gamasutra: The History of Computer Role-Playing Games Part 1: The Early Years (1980-1983), 2007
3
1.2. Erfahrungspunkte
Als Erfahrungspunkte bezeichnet man Werte, die den Progress eines Spielercharakters visualisieren.
Dabei ist es dem Spieler in vielen Spielprinzipien möglich diese Punkte als eine Art Währung
einzusetzen, um Verbesserungen und neue Fähigkeiten zu erhalten. Diese Punkte werden besonders
in Rollenspielen und Spielen, deren Fokus auf dem Spielerprotagonisten liegt, verwendet. Dabei
dienen sie neben der optischen Anzeige auch zur Individualisierung des Charakters und erhöhen
somit den engeren Bezug des Spielers zu seinem fiktiven Abbild.5
Es gibt verschiedene Formen von Erfahrungspunkten, die je nach Spielprinzip und Regelwerk durch
unterschiedliche Aktionen erhalten werden können und auch in unterschiedlicher Art und Weise zur
Entwicklung des Charakters beitragen. In Spielen werden dem Spieler, mehrere Möglichkeiten
gegeben seinen Charakter zu individualisieren.6
Dies wird durch stufenbasierende bzw. Freiform Entwicklung ermöglicht, auf die im dritten
Abschnitt dieser Ausarbeitung näher eingegangen wird. Als weitere bekannte Art der
Charakterentwicklung ist hierbei noch die aktivitätsbasierende Entwicklung zu nennen, bei der der
Protagonist seine Fähigkeiten und Talente durch deren Einsatz verbessert.
2. Ursprung
Ihren Ursprung finden die Erfahrungspunkte in klassischen Pen&Paper-Rollenspiele und im Genre
des TableTop, welche sich fast parallel ab den 1970er Jahren immer größerer Beliebtheit erfreuten
und bis heute eine feste Spielergemeinde besitzen.
Dabei sind die Amerikaner Gary Gygax und Jeff Perren
als Begründer im Pen&Paper-Bereich bekannt
geworden. Sie veröffentlichten 1971 das erste
Regelwerk zum Spiel Chainmail, welches der Vorläufer
des ebenfalls von beiden entwickelten Dungeons &
Dragons ist. Dieses erschien im Jahre 1974 und ist bis
heute das bekannteste und beliebteste Regelwerk für
analoge und digitale Rollenspiele.7
Der TableTop-Bereich hat laut Recherchen bereits
Wurzeln im Jahre 1812 und wurde vom preußischen
Kriegsrat Georg Leopold von Reiswitz als taktisches
Lernmittel für Offiziere entwickelt. Dabei handelte es
sich also um ein Kriegsspiel. Als Pionier der heutigen
TableTop-Spiele gilt der englische Autor Herbert
George Wells, welcher in seinen Werken „The Time
Machine“, von 1895 und mit „The War of the Worlds“,
von 1898 Gedanken zu einem vereinfachten
Spielsystem des deutschen Kriegsspiels formulierte.8
Abbildung 1: Dungeons&Dragons - Regelwerk
5
6
7
8
Bei beiden Spielarten handelt es sich um analoge
Spiele, die in physischer Form mit einer Gruppe von
Zagal, José P.; Altizer, Roger - Examining 'RPG Elements': Systems of Character Progression, 2014
Barton, Matt; Gamasutra, The History of Computer Role-Playing Games Part 1: The Early Years (1980-1983), 2007
Veronese, Keith; Discover Chainmail, Gary Gygax's Dungeons & Dragons Prototype, 2012
Plunkett, Luke; HG Wells Practically Invented Modern Tabletop Wargaming, 2012
4
Menschen gespielt werden. In beiden Spielarten gibt es außerdem einen Fokus auf die Entwicklung
eines oder mehrerer Charaktere. Wie wir im vorherigen Kapitel schon erfahren haben, ist dies der
Kernpunkt für die Abbildung von Erfahrung und die dadurch entstehende Weiterentwicklung des
Spielcharakters. Wobei sich Pen&Paper dabei auf einzelne Protagonisten oder kleine Gruppen
fokussiert und im TableTop die Gruppe im Vordergrund steht.
In den nun folgenden zwei Abschnitten wird das Prinzip der Spielarten Pen&Paper und TableTop
näher erläutert.
2.1. Pen&Paper
Bei Pen&Paper-Rollenspielen handelt es sich um Spiele,
in denen die beteiligten Personen fiktive Rollen
einnehmen und durch Erzählung ein Abenteuer erleben,
welches von einem oder mehreren Personen vorgetragen
wird. Dabei sitzen die Teilnehmer in einer geselligen
Runde, meist an einem Tisch, und agieren zu der
vorgetragenen Geschichte. Der Name Pen&Paper rührt
daher, dass in den meisten Fällen Informationen,
gesammelte Gegenstände und Charakterwerte der fiktiven
Figuren von den Spielern mit Zettel und Stift notiert
werden um im laufe des Spiels drauf zuzugreifen.9
Abbildung 2: Spieler bei einer klassichen
Pen&Paper-Runde
Die Spielweise ist dabei eine Mischung aus
Gesellschaftsspiel und Improvisationsteather mit einer erzählten Rahmenhandlung, die meist durch
einen Spielleiter moderiert wird. Der Spielleiter gibt dabei den Handlungsrahmen, die Schauplätze,
die Nebendarsteller und die maßgeblichen Ereignisse für das Abenteuer vor. Die Spieler müssen
dann anhand der Erzählung des Spielleiters Entscheidungen treffen, die im Rahmen des
vorgegebenen Regelwerks ausgeführt werden. Das Regelwerk dient dabei als Hilfe, um zu
bestimmen ob Handlungen der fiktiven Figuren möglich sind oder nicht. Beispielsweise kann
dadurch geklärt werden, ob es einem Spieler möglich ist, einen Zyklopen mit einem Speer
niederzustrecken oder ob seine Sprungkraft in dieser Situation ausreicht diesem Ungetüm
auszuweichen. Dabei wird auch gerne mit Zufallswerten gearbeitet, die durch Würfel generiert
werden und eine Art Glücksfaktor für Aktionen des Spielers darstellen. Grundlage für Aktionen
bleibt neben dem Glücksfaktor aber immer das Regelwerk und das Ermessen des Spielleiters. 10
Das Ziel von Pen&Paper Rollenspielen ist das erfolgreiche Abschließen des vorgegeben
Abenteuers. Die Charakterentwicklung spielt dabei eine große Rolle um spätere Aufgaben zu
bestehen. Dies geschieht dabei durch die Ausschüttung von Erfahrungspunkten für das Treffen von
richtigen Entscheidungen. Dabei hat der Spieler die Möglichkeit diese Punkte für die Verbesserung
von Talenten und Fähigkeiten investieren. Beispielsweise kann sich ein Charakter, der Geschick im
Bogenschießen bewiesen hat, durch die Ausschüttung von Erfahrungspunkten des Spielleiter die
Trefferwahrscheinlichkeit seines Charakters erhöhen. Dadurch hat er in späteren Situationen, in
denen er seinen Bogen einsetzt, eine höhere Chance auf den Erfolg seiner Aktion.11
Neben den Fähigkeiten sind auch Primäre Charaktereigenschaften, wie das Charisma oder die
Stärke eines Charakters, Teil der Attributs-Palette. Die Eigenschaften und Talente eines Charakters
werden auf Charakterbögen notiert, die in einer standardisierten Form vorliegen. Die
9 Seipler, Georg "Kalimar", Mundt, „Uwe 'Dogio“, Deutscher Rollenspiel Index.: „Was ist Rollenspiel ?“, 2004
10 Zagal, José P.; Altizer, Roger: Examining 'RPG Elements': Systems of Character Progression, 2014
11 Seipler, Georg "Kalimar", Mundt, „Uwe 'Dogio“, Deutscher Rollenspiel Index.: „Was ist Rollenspiel ?“, 2004
5
Charakterbögen bestimmen neben den Merkmalen eines Charakters auch zusätzliche Informationen
wie die Herkunft, das Geschlecht und weitere sekundäre Informationen die im Laufe des Spiels von
Bedeutung sein können.
Im Folgeabschnitt wird nun noch die Grundlage der TableTop-Spiele erläutert, die speziell auf
virtuelle Strategie- und Taktikspiele im Verlauf der Geschichte einen Einfluss gehabt haben.
2.2. TableTop
Abbildung 3: Spieler einer TableTop-Partie
Unter dem Begriff TableTop versteht man ein Strategiespielsystem, in welchem Schlacht- bzw.
Kampfszenarien nachgestellt werden. Dabei werden die Einheiten durch Miniaturfiguren
repräsentiert. Die Figuren werden auf einem Schlachtfeld aufgestellt, welches aus ein bis mehreren
Geländeplatten besteht. Das Ziel des Spielers ist es, den Sieg mit seiner Armee zu erlangen. Dies
kann je nach Regelwerk durch das Besiegen von Gegenspielern oder durch andere Bedingungen
wie das Erobern und Halten von taktischen Punkten über einen gewissen rundenbasierten Zeitraum
geschehen. TableTop-Spiele sind in aller Regel rundenbasiert. Dies bedeutet, dass die Spieler ihre
Aktionen immer abwechselnd nacheinander durchführen. Wie im Pen&Paper-Rollenspiel bestimmt
hier das Regelwerk den genauen Spielablauf, der hier oft in sehr komplexen Spielregeln abgebildet
wird, um möglichst alle Aspekte einer Schlacht nachzustellen. Als traditionelle Systeme sind hier
Warhammer (Games Workshop, seit 1983) und De Bellis Magistrorum Militum (Wargames
Research Group, seit 1969) zu nennen. Warhammer bedient dabei den Fantasy- und SciencefictionSektor während De Bellis Magistrorum sich auf historische Schlachten der realen Geschichte
bezieht.12
12 Plunkett, Luke: HG Wells Practically Invented Modern Tabletop Wargaming, 2012
6
Die durch Miniaturen symbolisierten Truppen besitzen beim TableTop verschiedene Eigenschaften.
So werden zum Beispiel deren Ausrüstung, Vor- und Nachrteile ihrer Klasse, spezielle Fähigkeiten
und die Geländeeigenschaften für die Berechnung der Einheitenwerte im Kampf genutzt. Eine
weitere Parallele zum Pen&Paper, ist der Einsatz von Würfeln, um einen gewissen Zufallsfaktor zu
realisieren.
Erfahrungspunkte werden bei TableTop-Spielen wie Warhammer an die Truppen vergeben, die in
einer Runde erfolgreich gegnerische Einheiten ausgeschaltet haben und somit zu dem Sieg des
Spielers beigetragen haben. Die ausgeschütteten Punkte werden dabei meist für die dauerhafte
Erhöhung von Eigenschaften eines Trupps, wie ihre Angriffskraft, verwendet. Der Trupp erreicht
damit Beispielsweise den Veteraten-Titel und verfügt damit über mehr Leben, Verteidigung und
Angriffskraft, als ein herkömmlicher Trupp ohne Erfahrung.13
2.3. Erste Videospiele mit Erfahrungspunkten
Wie bereits in den vorherigen Kapitel erläutert wurde, sind Erfahrungspunkte eng mit der
Entwicklung eines Charakters verknüpft, welcher meist durch den Spieler kontrolliert wird.
Durch die Einführung des neuen Mediums Computer ergaben sich ab den 1950er Jahren erstmals
auch Möglichkeiten, Welten und Charaktere in einer virtuellen Form darzustellen. Die Anfangs
noch auf Zeichensatz basierenden Darstellungen schrecken findige Entwickler aber nicht ab, auch
komplexere Spielprinzipien in einer virtuellen eigenen Welt darzustellen, was vollkommen neue
Wege des Spielens ermöglichte. Dem Spieler war es erstmals Möglich eine fiktive Figur in einer
virtuellen Welt zu sehen und mit diesem mit der Welt zu interagieren.14
Als wohl erste Videospiele in denen Spieler über die Entwicklung eines Charakters bestimmen
konnten, gelten die zwei Dungeon Crawler pedit5 und dnd, welche beide in den Jahren 1974/1975
entwickelt wurden. Warum es an dieser Stelle keinen genauen Vorreiter gibt, ist der Tatsache zu
Verschulden, dass es um die konkrete Entstehung und Veröffentlichung dieser beiden Spiele nur
widersprüchliche Informationen gibt. Klar ist, dass beide Spiele nachweislich in diesen Jahren
entstanden sind. Welches davon zuerst erschien, wurde bis heute nie geklärt.15
Beide Spiele stammen aus dem Genre
der Dungeon Crawler und sind
außerdem die ältesten noch erhalten
Vertreter ihrer Art. In den Spielen
steuerte der Spieler meist eine Gruppe
aus
1-5
Helden
durch
Höhlen/Kammern (Dungeons) und
kämpfte dabei gegen Gegner. Als Ziel
steht
dabei
das
erfolgreiche
Bewältigen der Dungeons und das
Ergattern von Gegenständen und
Rum. Das Genre der Dungeon
Crawler ist dabei bis heute beliebt.
Auch in den letzten Jahren erschienen
Abbildung 4: Torchlight 2 - Ein moderner Dungeon Crawler
noch Spiele wie Diablo 3 (Blizzard,
2012) oder Torchlight 2 (Runic Games, 2012) als neue Vertreter dieses Genres, welche im Grunde
das selbe Spielprinzip wie ihre Vorbilder aus den 1970er Jahren verfolgen.
13 Games Workshop: „WARHAMMER RULEBOOK“, 2014
14 Barton, Matt; Gamasutra: The History of Computer Role-Playing Games Part 1: The Early Years (1980-1983), 2007
15 Barton, Matt; Gamasutra: The History of Computer Role-Playing Games Part 1: The Early Years (1980-1983), 2007
7
Der Dungeon Crawler pedit5 wurde von Rusty Rutherford im Jahre
1975 veröffentlicht. Dieser entwickelte das Spiel für das
Computersystem PLATO innerhalb von vier bis sechs Wochen,
nachdem er vorher mit seinen Freunden Dungeons & Dragons
gespielt hatte. Rutherford, zu diesem Zeitpunkt Programmierer bei
Population and Energy Group (P&E), entwickelte daraufhin dieses
Spiel auf der stark von ihm vereinfachten Grundlage des Dungeons
& Dragons Regelweks. Ziel seines Spiels war es, 20.000
Erfahrungspunkte zu sammeln. Zu Beginn würfelten Spieler dabei
die für Rollenspiele typischen Attribute wie Stärke, Intelligenz,
Konstitution und Geschicklichkeit, sowie Trefferpunkte aus. Es
existieren 25 verschiedene Gegnertypen gegen die der Spieler in ca. Abbildung 5: pedit5
40-50 Räumen antreten musste. Dabei konnte der Charakter selber
bis auf die Stufe fünf aufsteigen. Falls der Spieler im Kampf besiegt wurde, war das Spiel beendet
und es wurde eine Liste der besten zehn Charaktere mit den meisten Erfahrungspunkten
angezeigt.16
Ähnlich verhielt sich der Spielablauf bei dem parallel entwickelten
dnd, welches auch Game of Dungeons genannt wurde. Entwickelt
wurde es von damaligen Studenten Gary Whisenhunt und Ray
Wood, und das ebenfalls für die Computerumgebung PLATO. Ihre
erste Veröffentlichung war laut eigenen Aussagen im Jahre 1974,
also noch vor dem Spiel von Rusty Rutherford, der aber mit
seinem Spiel ungewöhnlicherweise als Vorbild der beiden
Studenten genannt wurde. Eine genaue Definition ist also an
dieser Stelle nicht möglich. Der Dungeon Crawler wurde von
beiden an der Southern Illinois University entwickelt, wobei Wood
als Elektroingenieur lernte und Wisenhunt mit Schwerpunkt auf
Psychologie und Politikwissenschaften die Bildungseinrichtung
Abbildung 6: dnd - Fähigkeiten,
besuchte. Als Grundlage diente das Dungeon & Dragons
Talente und Inventar
Regelwerk, aus welchem die Informationen für Gegner,
Gegenstände und die Talente der Charakterte importiert wurden.
Das Spiel verfügte über einen grafischen Editor, mit dem es relativ
einfach möglich war, neue Levels zu entwerfen. Außerdem wurde ein besonders schwerer Gegner
am Ende des Spiels eingebunden, der dem Spieler eine besondere Herausforderung bieten sollte.
Neben dem Sammeln von Gegenständen war ebenfalls ein stufenweiser Aufstieg des Helden durch
das Sammeln von Erfahrungspunkten enthalten. Das stufenbasierende System ist aber bis heute das
beliebteste System in Videospielen.17
Beide Spiele setzten durch ihre Fülle an Funktionalitäten Genre-Standards die bis heute gültig sind.
16 Bolingbroke, Chester: „Game 68: The Dungeon/PEDIT5 (1975)“, 2011
17 Carey; RPG Fanatic: „Interview with the creators of dnd (PLATO)“, 2012
8
3. Erfahrungssysteme
In diesem Kapitel werden die drei Hauptsystem für Charakterentwicklung in Videospielen erläutert
die sich über die Jahre entwickelt habe. Auf eine ausführliche geschichtliche Entwicklung und auf
das eingehen von Variation diesen Systeme wird aufgrund der Limitierung dieser Arbeit verzichtet.
Gern ist an dieser Stelle ein Verweis auf das Quellenverzeichnis dieser Arbeit zu richten in dem
weiterführende Informationen zu finden sind.
3.1. Stufenbasierende Entwicklung
Abbildung 7: RuneScape - LevelUp eines Spielers
Die stufenbasierende Entwicklung zählt zu der meist verbreitetsten Form für Charakterentwicklung
und ist meist in Rollenspielen die dem Dungeons & Dragons Regelwerk nachempfunden sind zu
finden. In diesem System sammelt der Spieler Erfahrungspunkte um eine Stufe aufzusteigen. Die
Zahl der Stufe symbolisiert dessen Gesamterfahrung und Kompetenz. Pro Stufe werden dabei die
Fähigkeiten und Attribute des Charakters erhöht um in der Lage zu sein die nächste Stufe zu
erreichen und schwierige Aufgaben zu lösen. Mit der Erhöhung der Stufen werden dem Spieler
dabei auch neue Fähigkeiten zur Verfügung gestellt die das bestehen der nächsten Herausforderung
möglich machen.18
In vielen Spielen ist es dabei typisch eine Stufenbegrenzungen für Spieler zu implementieren, um
auch Spielern mit viel Erfahrung eine Herausforderung beim lösen ihrer Aufgaben zu
gewährleisten. Ein Beispiel für dieses System ist das Spiel RuneScape (Jagex 2001).
18 Barton, Matt; Gamasutra: „The History of Computer Role-Playing Games Part 1: The Early Years (1980-1983)“,
2007
9
3.2. Handlungsbasierende Entwicklung
Das System der handlungsbasierenden Entwicklung orientiert
sich an der Aktionen des Spielers und erhöht je nach dem dessen
Fähigkeit und Talente. Das Prinzip stammt dabei aus dem
Urspungsgenre der Pen&Paper-Rollenspielen und ist in
Videospiele-Titeln wie Final Fantasy II (Square, 1988), The
Elder Scrolls (Bethesda Game Studios, seit 1994) und Dungeon
Siege (Gas Powered Games, 2002) zu finden.19
3.3. Freiform Entwicklung
Abbildung 8: Final Fantasy II Kampfgeschehen
Bei der Freiform kann der Spieler durch Vergabe von Punkten unabhängig seiner Handlungen,
festlegen in welche Talente und Fähigkeiten er priorisiert. Dabei wird jedem Talent ein Preis
zugeordnet den der Spieler mit seinen Punkten bezahlen muss um dieses zu steigern. Punkte erhält
der Spieler dabei für das bewältigen von Herausforderungen. Dabei ist die Anzahl der zu
erhaltenden Punkte abhängig von der Komplexität der Aufgabe. Diese wird durch die Spielregeln
bestimmt.20
Dieses System stammt aus dem
Pen&Paper- und Tabletop-Bereich
und wurde in Rollenspielsystemen
wie Beispielsweise World of
Darkness (White Wolf Gaming
Studio, 1991) verwendet. Das
Bekannteste Spiele aus dieser Reihe
ist dabei Vampire: The Masquerade
(Troika Games, 2004).
Abbildung 9: Vampire - The Masquerade
19 Unbekannter Autor, Game Balance Concepts: „Level 7: Advancement, Progression and Pacing“, 2010
20 Kim, Slava: „XP: RPG vs Real Life“, 2014
10
4. Schlusswort
Die Implementierung von Erfahrungspunkten bietet die Möglichkeit, durch die Weiterentwicklung
des Charakters, das Spielverhalten und die Spielwelt zu beeinflussen. Spieler bestimmten also durch
ihr handeln die Merkmale des Charakters, der wiederum damit die Spielwelt beeinflusst. Es bietet
durch die Möglichkeit der Individualisierung den Vorteil einer höheren Bindung des Spielers zum
fiktiven Abbild. Der Spieler kann ich vielen Fällen besser seinen Weg durch das Spiel bestimmen.
Welches System am Ende für ein Spiel genutzt wird hängt immer
vom Vorliegenden Spielprinzip ab. Stufenbasierende Systeme
geben dem Spieler eine klare Resonanz zur Erfahrung des fiktiven
Charakters. Dieser kann klar entscheiden ob er für Aufgaben eines
höheren Schwierigkeitsgrads bereit ist. Im Gegensatz dazu bieten
Freiform und handlungsbasierende Systeme mehr Freiheiten. Der
Spieler kann sich individueller für seinen Spielstil rüsten und
diesen ggf. anpassen falls die Situation es erfordert.
Der Trend der Spieleentwicklung tendiert genau wegen diesen
Vorteilen dazu das Erfahrungsysteme auch in andere Genres
übergreifen. So ist besonders das stufenbasierende System in
Casualspielen wie Candy Crush Saga (King, 2012) oder in Shooter Abbildung 10: Candy Crush - Banner
wie Battlefield Hardline (Electronic Arts , 2015) sehr beliebt. für Levelbereich Stufe 70
Speziell weil dadurch ein gewisser Rang bzw. ein Erfahrungsgrad ausgestrahlt wird. In Spielen wie
Battlefield Harline lassen sich dadurch auch neue Waffen und Verbesserungen freischalten die
Spielern mehr Individualität im Kampf bieten.
Abbildung 11: Battlefield Hardline - Spieler erhält ein Abzeichen für das Eliminieren eines Gegners
Dieser kurze Exkurs in die Geschichte der Erfahrungspunkte sollte einen Überblick über die
Materie und ihre Fassetten zeigen. Falls nun spezifischeres Interesse an Geschichte und speziellen
Thematiken zu diesem Thema bestehen, verweise ich gerne auf das beliegende Quellenverzeichnis.
11
Glossar
Balancing
Ein Begriff der häufig genutzt wird um das auf das Gleichgewicht eines Spielsystems hinzuweisen.
Ein gutes Balancing ist dabei also ein ausgeglichene Kräfteverteilung zwischen den Spielpartien.
Regelwerk
Eine Informationssammlung in meist gebundener Form in der Gesetzte und Informationen zum
Spielprinzip und der Spielwelt aufgezeichnet sind.
Protagonist
Die handelnde Person in einem literarischen Werk, in einem Theaterstück oder in einem Videospiel.
Auf diese Person wird der Fokus in der Erzählung und Inszenierung gelegt.Quellenverzeichnis
12
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Dungeons&Dragons - Regelwerk.................................................................................4
http://www.5mwd.com/wp-content/uploads/2014/07/Basic-Cover.png
(abgerufen am 26.03.2015)
Abbildung 2: Spieler bei einer klassichen Pen&Paper-Runde............................................................5
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/65/RPG-2009-Berlin-2.jpg
(abgerufen am 26.03.2015)
Abbildung 3: Spieler einer TableTop-Partie........................................................................................6
http://old.tabletop-hdr.de/uploads/pics/IMG_1907_01.jpg
(abgerufen am 26.03.2015)
Abbildung 4: Torchlight 2 - Ein moderner Dungeon Crawler............................................................7
http://www.steamgamer.de/wp-content/uploads/2013/11/torchlight2.jpg
(abgerufen am 26.03.2015)
Abbildung 5: pedit5.............................................................................................................................8
http://s.uvlist.net/l/y2010/04/69054.jpg
(abgerufen am 27.03.2015)
Abbildung 6: dnd - Fähigkeiten, Talente und Inventar.......................................................................8
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/f/fe/Dnd8won.png/256px-Dnd8won.png
(abgerufen am 26.03.2015)
Abbildung 7: RuneScape - LevelUp eines Spielers............................................................................9
http://i46.tinypic.com/2cxerfl.jpg
(abgerufen am 27.03.2015)
Abbildung 8: Final Fantasy II - Kampfgeschehen............................................................................10
http://img3.wikia.nocookie.net/__cb20060224060951/finalfantasy/images/c/c7/Final_Fantasy_II_J
AP_Battle.png
(abgerufen am 26.03.2015)
Abbildung 9: Vampire - The Masquerade.........................................................................................10
http://www.mobygames.com/images/shots/l/133446-vampire-the-masquerade-redemptionwindows-screenshot-yup-those.jpg
(abgerufen am 26.03.2015)
Abbildung 10: Candy Crush - Banner für Levelbereich Stufe 70.....................................................11
http://candycrushrules.com/images/levels/candycrushsaga70.jpg
(abgerufen am 27.03.2015)
Abbildung 11:
Battlefield Hardline - Spieler erhält ein Abzeichen für das Eliminieren eines Gegners....................11
http://www.battlefield-inside.de/wp-content/uploads/2014/09/Battlefield-Hardline-Tec-9.jpg
(abgerufen am 26.03.2015)
13
Quellenverzeichnis
Barton, Matt; Gamasutra:
„The History of Computer Role-Playing Games Part 1: The Early Years (1980-1983)“, 2007
http://www.gamasutra.com/features/20070223a/barton_pfv.htm (abgerufen am 26.03.2015)
Bolingbroke, Chester:
„Game 68: The Dungeon/PEDIT5 (1975)“, 2011
http://crpgaddict.blogspot.de/2011/12/game-68-dungeonpedit5-1975.html
(abgerufen am 26.03.2015)
Carey; RPG Fanatic:
„Interview with the creators of dnd (PLATO)“, 2012
http://www.rpgfanatic.net/advanced_game_wiki_database.html?p=news&nrid=5049&game=dnd
(abgerufen am 27.03.2015)
Dago, Sarev
„Definition von Charakter einfach erklärt“,
http://www.helpster.de/definition-von-charakter-einfach-erklaert_128379
(abgerufen am 26.03.2015)
Farge, Paul la; Believer Magazin:
„DESTROY ALL MONSTERS“, 2006
http://www.believermag.com/issues/200609/?read=article_lafarge
(abgerufen am 26.03.2015)
Friedmann, Joachim; Zeit Online:
„Warum nicht mal eine schüchterne Nonne spielen?“, 2013,
http://www.zeit.de/digital/games/2013-12/games-Geschichten
(abgerufen am 26.03.2015)
Games Workshop:
„OFFICIAL WARHAMMER RULEBOOK“, 2014
http://www.gamesworkshop.com/resources/PDF/Errata/Warhammer/Warhammer_Rulebook_EN.pdf
(abgerufen am 27.03.2015)
Lischka, Konrad; Spiegel Online:
„Wie preußische Militärs den Rollenspiel-Ahnen erfanden“, 2009,
http://www.spiegel.de/netzwelt/spielzeug/kriegsspiel-wie-preussische-militaers-den-rollenspielahnen-erfanden-a-625745.html (abgerufen am 26.03.2015)
Plunkett, Luke:
„HG Wells Practically Invented Modern Tabletop Wargaming“, 2012,
http://kotaku.com/5944058/hg-wells-practically-invented-modern-tabletop-wargaming
(abgerufen am 26.03.2015)
14
Seipler, Georg "Kalimar", Mundt, „Uwe 'Dogio“, Deutscher Rollenspiel Index.:
„Was ist Rollenspiel ?“, 2004
http://www.drosi.de/definition_rollenspiel.htm,
(abgerufen am 27.03.2015)
Spiral, Chris:
„Mathematics of XP“, 2006
http://onlyagame.typepad.com/only_a_game/2006/08/mathematics_of_.html
(abgerufen am 26.03.2015)
Tsuchida Akaharu, Kato Yasuyuki, Sakai Kazsuya, Kayama Naoyuki, Kanno Mika, Tatsumi Ginko,
Sao Hironori, Fukuda Junko, Takayama Kunio, Abe Tadahikio, Yamada Hirofumi, Kaps Joachim:
„The Legend of Zelda – Hyrule Historia“,
Nintendo, Tokyopop GmbH, Auflage 2, 2013
Unbekannter Autor, Game Balance Concepts:
„Level 7: Advancement, Progression and Pacing“, 2010
https://gamebalanceconcepts.wordpress.com/2010/08/18/level-7-advancement-progression-andpacing/ (abgerufen am 27.03.2015)
Zagal, José P.; Altizer, Roger:
„Examining 'RPG Elements': Systems of Character Progression“, 2014
http://www.academia.edu/6789775/Examining_RPG_Elements_Systems_of_Character_Progression
(abgerufen am 26.03.2015)
Kim, Slava:
„XP: RPG vs Real Life“, 2014
http://devblog.me/xp.html (abgerufen am 27.03.2015)
15