Forschungsschwerpunkt Krebsrisikofaktoren und
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Forschungsschwerpunkt Krebsrisikofaktoren und
Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention Übersicht Forschungsschwerpunkt Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention Sprecher: Prof. Dr. Helmut Bartsch Cytopathologie (C0100) Prof. Dr. med. Peter Bannasch 06221 42-3202, FAX 06221 42-3222 e-mail: [email protected] Toxikologie und Krebsrisikofaktoren (C0200) Prof. Dr. rer. nat. Helmut Bartsch 06221 42-3300, FAX 06221 42-3359 e-mail: [email protected] Molekulare Toxikologie (C0300) Prof. Dr. rer. nat. Manfred Wießler 06221 42-3311, FAX 06221 42-3375 e-mail: [email protected] Wechselwirkungen von Carcinogenen mit biologischen Makromolekülen (C0400) Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Heinz W. Thielmann 06221 42-4508, FAX 06221 42-4553 e-mail: [email protected] Klinische Epidemiologie (C0500) Prof. Dr. Anthony B. Miller 06221 42-2219, FAX 06221 42-2203 e-mail:[email protected] Umweltepidemiologie (C0600) Prof. Dr. sc. math. Jürgen Wahrendorf 06221 42-2201, FAX 06221 42-2229 e-mail: [email protected] Genetische Veränderungen in der Karzinogenese (C0700) Dr. Monica Hollstein PhD 06221 42-3302, FAX 06221 42-3342 e-mail: [email protected] Die Bedeutung von Krebs als eine der nicht übertragbaren Krankheiten mit der höchsten Sterblichkeitsziffer bei Männern und Frauen in Deutschland wird in den nächsten zwei Jahrzehnten noch weiter dramatisch anwachsen. Die Krebsfälle, die pro Jahr in Deutschland diagnostiziert werden, sollen nach dieser Schätzung statt 330.000 im Jahr 2000 rund 560.000 im Jahr 2040 betragen. Dies trifft für die Mehrzahl der Krebsfälle, vor allen Dingen den Lungenkrebs zu, da bis auf einige relativ seltene Krebsformen nur wenige Fortschritte in der Behandlung von Krebs erzielt worden sind. Dieses Szenario macht es dringend erforderlich, nicht nur die Behandlung von Krebs sondern vor allen Dingen auch die Prävention und Früherkennung voranzutreiben. Nach realistischen Einschätzungen könnten bis zu 30 % der neuen Krebsfälle in einem Zeitrahmen von 20 bis 30 Jahren verhindert werden. Die Anwendbarkeit der Fortschritte, die sowohl für die Behandlung als auch für die Prävention aus dem Human Genom-Projekt resultieren, wird jedoch erst dann möglich sein, wenn diese durch epidemiologische Studien in der Allgemeinbevölkerung bestätigt sind. Unverzichtbare Voraussetzung für präventive Maßnahmen ist die Kenntnis der Hauptursachen und das Verständnis der Mechanismen der Krebsentstehung. Diese Voraussetzung ist jedoch in vielen Fällen noch nicht erfüllt. Im Forschungsschwerpunkt Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention werden Faktoren untersucht, die in der Kanzerogenese eine Rolle spielen und daher die Grundlage für Krebspräventionsprojekte bilden. Hauptforschungsfelder sind (1) die Aufklärung exogener und endogener Krebsrisikofaktoren sowie Risikoabschätzungen durch epidemiologische, pathologische und toxikologische Methoden, (2) Untersuchungen von erblichen genetischen Veränderungen, die eine Krebsdisposition und ein erhöhtes Risiko durch GenUmweltinteraktionen darstellen, (3) Aufklärung von Kanzerogen-induzierten DNA- und Genschäden, (4) Identifizierung und Analyse von präkanzerösen Veränderungen, (5) Mechanismen der Chemoprävention und krebsprotektiver Faktoren, klinische Studien und schließlich (6) Entwicklung von Tumortherapeutika. Die Erkenntnisse aus diesen Untersuchungen tragen zu einer besseren Kenntnis der Ursachen und Mechanismen der Krebsentstehung bei und erlauben das Fortschreiten und Umsetzen von effektiven Präventions-Maßnahmen. Neue Abteilungen im Schwerpunkt Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention werden diese Aufgaben übernehmen: die Abteilungen Molekulargenetische Epidemiologie, Chemoprävention (beide Abteilungen in Planung) und die Klinische Epidemiologie, die bereits im September 1999 gegründet wurde. Die im Januar 2000 gegründete Abteilung Genetische Veränderungen in der Krebsentstehung untersucht Karzinome, frühe neoplastische Veränderungen und menschliche Tumorzell-Linien auf Veränderungen in der DNA-Sequenz und auf Verände- DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 109 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention rungen in der Gen-Expression, die mit der Entwicklung von Krebs zusammenhängen. 110 Die Abteilung Klinische Epidemiologie besteht aus drei Projektgruppen: der Gruppe Genetische Epidemiologie, die die Rolle von genetischen Faktoren in der Entstehung von Brust- und Eierstockkrebs untersucht und zusammen mit Klinikern und Epidemiologen ein Konsortium für die Untersuchung der Krebsdisposition durch die Gene BRCA1 und BRCA2 bildet. Auch die Projektgruppe “Krebsprävention” wird mit einer Reihe von klinisch orientierten Forschern kooperieren; ihr Ziel ist die Entwicklung einer Brustkrebstherapie auf Hormonbasis. Die Projektgruppe “Ernährung” betreut eine prospektive Studie über Ernährung und Krebs (EPIC), an der 25.000 Personen in der Heidelberger Studie teilnehmen; die Studie wird von der IARC in Lyon, Frankreich, koordiniert. Die Studien zu genetischen Risikofaktoren beziehen sich auch auf die Untersuchung von Genumweltinteraktionen. Ätiologische Aspekte einschließlich sozialer, ökonomischer und medizinischer Aspekte sind in allen Projekten mit eingeschlossen. Die Suche nach Risikofaktoren und Krebsursachen wird mit Hilfe der deskriptiven Epidemiologie einschließlich kartographischer Präsentation der Krebssterblichkeit und der Evaluation neuer statistischer Methoden hinsichtlich arbeitsplatz-epidemiologischer Studien durchgeführt. Zur Zeit sind Studien in Planung, die sich mit der Evaluation von Screening-Methoden für verschiedene Krebslokalisationen befassen, und es werden Maßnahmen zur Verbesserung der Krebsbehandlung diskutiert. Zu den Aufgaben der Einheit Umweltepidemiologie gehören die Untersuchung des Einflusses von verschiedenen Umweltfaktoren, zum Beispiel elektromagnetischer Felder, ionisierender Strahlung und Berufsrisiken auf die Entwicklung verschiedener Krebsarten. Der derzeitige Hauptschwerpunkt wird auf die Untersuchung elektromagnetischer Felder gelegt, die bei dem Gebrauch von Handys (mobile phones) auftreten und deren Bedeutung auf die Entwicklung von Hirntumoren. In diesem Zusammenhang werden groß angelegte Untersuchungen durchgeführt, um das Verhältnis zwischen möglichen Risikofaktoren und personenbezogenen Abhängigkeiten mit der Hilfe klassischer epidemiologischer Instrumente sowie mit Hilfe von Fragebögen zu erfassen. Weiterhin werden ausgedehnte Untersuchungen über den Zusammenhang zwischen vermuteten Risikofaktoren und somatischen Gegebenheiten mit Biomarkern, Wirtsfaktoren, genetischer Prädisposition und Co-Sterblichkeit durchgeführt. Desgleichen wird der Einfluss anderer Umweltfaktoren z. B. der Ernährung und des Rauchens auf die Krebsentstehung analysiert. Für den bevölkerungsspezifischen Aspekt ist der weitere Ausbau von statistischen Methoden in der Epidemiologie von ganz besonderer Bedeutung. Übersicht Die Forschungsaktivitäten in der Abteilung Toxikologie und Krebsrisikofaktoren umfassen die Aufklärung von umweltbezogenen Risikofaktoren und Studien über Wechselwirkungen von kanzerogenen Stoffen mit erworbenen oder geerbten Wirtsfaktoren (genetische Disposition) beim Menschen. Besonderer Wert wird darauf gelegt, die molekularen Mechanismen zu untersuchen, die die Grundlage von chronischen Infektionen bzw. entzündlichen Prozessen darstellen, die letztendlich zu Krebs führen oder die Krebsentstehung beschleunigen. Dies sollte die Charakterisierung und die Bewertung von DNA-Veränderungen erlauben, die durch andauernden oxidativen Stress und durch Lipidperoxidation in krebsanfälligen Geweben und Zellen des Menschen entstehen und somit neue Einblicke in die Mechanismen und die Veränderungen zulassen, die am Anfang der Umwandlung einer normalen Zelle in eine maligne Zelle stehen. Ein wichtiges Forschungsfeld ist die Entwicklung von hoch sensitiven Methoden für den Nachweis von DNASchäden und von Biomarkern, die Krebsanfälligkeit anzeigen. Diese Methoden sollen in der Krebsepidemiologie und den klinischen Interventionsstudien Anwendung finden. Große Bedeutung haben auch die Pläne zum Aufbau von Studien in der molekularen Epidemiologie, hier speziell zum Auffinden neuer genetischer Polymorphismen und bei der Suche nach weiteren Genen zur Frühdiagnose einer Krebsdisposition. Weiterhin sollen Risikogruppen in der Bevölkerung für Präventionsund Screening-Untersuchungen über Gen-UmweltWechselwirkungen aufgefunden werden, um das Wissen auf diesem Gebiet zu vertiefen. Eine Projektgruppe hat 1996 mit der Suche nach krebschemopräventiven Stoffen und ihren Wirkmechanismen vor dem Hintergrund einer Anwendung in Präventionsstudien beim Menschen begonnen. Durch selektive Synthesen und Testung von Strukturanalogen sollen neue krebspräventive Stoffe erforscht werden. Die Abteilung Genetische Veränderungen in der Krebsentstehung untersucht Tumoren, frühe neoplastische Veränderungen und menschliche Tumorzell-Linien auf Veränderungen in der DNA-Sequenz und auf Veränderungen in der Genexpression, die zur Entwicklung der Tumoren in Verbindung stehen. Das “Molecular Profiling” von Tumoren liefert Erkenntnisse über biologische Abläufe und Vernetzung, welche das Leben und Sterben der Zelle bestimmen und öffnet so neue Wege für moderne diagnostische chemopräventive und therapeutische Strategien. In diesem Zusammenhang werden genetisch veränderte Mausstämme mit genau definierten molekularen Veränderungen erzeugt (zum Beispiel mit einer inaktivierenden Punktmodation im p53-Tumor Suppressorgen), wie sie für Krebszellen typisch sind und zum malignen Wachstum beitragen. Die Mausmodelle sollen die Entwicklung und die in vivo präklinische Evaluation maßgeschneiderter Arzneimittel beschleunigen, welche ganz spezifisch molekulare Veränderungen in menschlichen Tumoren ansteuern können. Verwandte Mäusestämme, welche menschliche DNA-Sequenzen tragen, sollen ebenfalls verwendet werden, um Hypothesen über den Ursprung spezifischer genetischer Defekte DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention Übersicht bewerten zu können, welche menschlichen Krankheiten zu Grunde liegen, einschließlich endogener und exogener Krebsrisikofaktoren und Mechanismen, die für die Schäden in der DNA-Sequenz verantwortlich sind. Die Forschungsziele der Abteilung Molekulare Toxikologie konzentrieren sich auf toxikologiesche Fragestellungen und auf die Entwicklung neuer Tumortherapeutika. In der Toxikologie liegt das Schwergewicht auf der Analyse und der Strukturaufklärung von DNA-Addukten, die verwendet werden können, um die Belastung durch Umweltgifte zu erfassen (Biomonitoring). Die derzeit empfindlichste Methode zu diesem Zweck ist die 32PPostlabeling-Analyse, die jedoch den Nachteil hat, dass mit hohen Mengen an Radioaktivität gearbeitet werden muss. Mit einem von uns entwickelten Verfahren können DNA-Addukte jedoch auch mit einem Fluoreszenzmarker versehen und durch Kapillarelektrophorese bestimmt werden. So konnten sogenannte endogene DNA Addukte nachgewiesen werden. In der Abteilung werden neue Arzneimittel entwickelt, welche auf dem Konzept der Kopplung von Tumortherapeutika an Saccharide basieren, um den Transport zum Tumor und die Aufnahme in die Tumorzellen zu erleichtern. Andere neue Strukturen, zum Beispiel Hemmstoffe von DNA-Reparaturenzymen, zeigen ebenfalls vielversprechende Ergebnisse nach Kopplung an Monosaccharide. Die spezifische Aufnahme solcher Glykokonjugate durch Transportsysteme führt zu einer Anreicherung der Substanzen im Zielorgan und reduziert unerwünschte Nebenwirkungen. Komplexe Oligosaccharide sind Liganden für Lektine – wir versuchen, solche tumorassoziierten Lektine mit synthetischen Oligosanchariden anzusprechen und zu isolieren, um sie letztendlich als Transportwerkzeug für Therapeutika zu nutzen. Eine weitere Möglichkeit, Arzneimittel zielgenau an Tumoren zu bringen, ist ihre kovalente Kopplung an humanes Serumalbumin. Tumorzellen nehmen Albuminkonjugate über Endozytose auf, im Lysosom, dem Magen der Zelle, wird das gekoppelte Therapeutikum freigesetzt und tötet die Zelle. Die Leiter der Abteilungen Cytopathologie (Prof. Peter Bannasch) und Wechselwirkungen von Carcinogenen mit biologischen Makromolekülen (Prof. Heinz W. Thielmann) sind in Ruhestand gegangen. DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 111 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention Abteilung C0200 Toxikologie und Krebsrisikofaktoren Abteilung: Toxikologie und Krebsrisikofaktoren (C0200) Leiter: Prof. Dr. rer. nat. Helmut Bartsch Wissenschaftliche Mitarbeiter Dr. Matthias Bartelmann Dr. Walter Beerheide (- 04/ 01) Dr. Barbara Bertram Dr. Heike Dally Dr. Norbert Frank Dr. Clarissa Gerhäuser Dr. Reinhold Klein Dr. Claudia Mayer Dr. Jagadeesan Nair Dr. Urmila Nair Prof. Dr. Hans Osswald Dr. Robert W. Owen Dr. Odilia Popanda Dr. Angela Risch Dr. Margarita Rojas Dr. Hans-Rudolf Scherf Dr. Peter Schmezer Dr. Bertold Spiegelhalder Dr. Gisela Werle-Schneider Gastwissenschaftler Dr. Roger Godschalk Dr. Xin Sun Somkid Sitthimonchai (09/01 - ) 112 Doktoranden Elisabeth Bertl (09/01 -) Reinhard Ebbeler Kai Gassner Chi Tai Phong (10/01 -) ) Inge Schönffeldt Patrick Schweizer Isabel Streck Changping Xie Diplomanden Jörg Hümmerich Andreas Vogt (03-10/01) BeateBreitschopf Amira Gamal Eldeen (- 02/02) Elke Heiß (- 08/01) Torsten Schattenberg (10/01- Assistenz/technisches Personal Ursula Bollow Christel Ditrich Reinhard Gliniorz Roswitha Haubner Michael Huber (- 09/01) Birgit Jäger Claudia Kalla ( - 09/01) Karin Klimo Jutta Knauft Regina Merkel (- 02/02) Ulrike von Seydlitz-Kurzbach Peter Waas Andreas Wölfelschneider Gerd Würtele Otto Zelezny Sekretariat Susanna Fuladdjusch Auszubildende Karin Schüßler (- 02/02) Kai Doberstein Die Hauptziele der Abteilung sind: (a) Identifizierung von exogenen und endogenen Krebsrisikofaktoren und Aufklärung ihrer Wirkmechanismen, (b) Charakterisierung krebsvorbeugender Stoffe und Nachweis ihrer Effizienz in vorklinischen und klinischen Studien, (c) Entwicklung und Validierung neuer Methoden und Biomarker für molekularepidemiologische Studien zur Krebsätiologie und -prävention auf der Basis der gewonnenen mechanistischen Erkenntnisse, (d) Initiierung und Beteiligung an solchen Studien durch Beiträge zur Methodik und Planung. Damit sollen die Voraussetzungen für eine effiziente Prävention von Krebserkrankungen durch Eliminierung der Risikofaktoren oder Unterbrechung der Krankheitsentwicklung (Chemoprävention) geschaffen werden. Viele der Forschungsaktivitäten in der Abteilung fallen unter „Biomarkerentwicklung und deren Anwendung in Humanstudien (Abb. 1). Viele dieser Untersuchungen befinden sich erst in der Anfangsphase neben einigen bereits laufenden, groß angelegten molekularepidemiologischen Studien [4]. Epidemiologische Beobachtungen zu Risiko- und protektiven Faktoren bei Krebserkrankungen ß Mechanistische Studien in experimentellen Systemen zur Bestimmung von Biomarkern/intermediären Endpunkten ans Teil der Kausalkette ß Entwicklung von (nichtinvasiven) Methoden zur Bestimmung von Expositions-/ Risikomarkern ß Validierung in tierexperimentellen/humanen Pilotstudien ß Untersuchung von Markern in groß angelegten epidemiologischen Studien ß Feedback: Ätiologie, Prävention, Diagnose, Prognose Abb. 1 Entwicklung und Validierung von Biomarkern in der Humankarzinogenese zur Anwendung in molekularepidemiologischen oder klinischen Studien [2] Die Hauptziele auf dem Gebiet der Biomarkerentwicklung und -anwendung beim Menschen bestehen darin, (a) neue Quellen der Karzinogenexposition zu identifizieren [7], insbesondere solche, die durch endogene (entzündliche) Prozesse entstehen [10,18], (b) die Exposition der Bevölkerung mit Hilfe von Markern der Schadstoffexposition und genetischen Disposition abzuschätzen, um damit Hochrisikogruppen zu identifizieren [9,14-17,19] und schließlich (c) die Wirksamkeit präventiver Maßnahmen z.B. durch Intervention mit chemopräventiven Substanzen zu verifizieren [1,4,20]. Mitte 1996 wurden die Aktivitäten zur sekundären Krebsprävention in der Abteilung intensiviert. Da chemopräventive Substanzen strukturell heterogen sind und unterschiedliche Wirkmechanismen aufweisen, werden neue vielversprechende Naturstoffe und synthetische Analoga identifiziert und bewertet [5,6,11-13]. Letztendlich soll der Nachweis ihrer präventiven Wirksamkeit beim Menschen, zuerst z.B. bei Patienten mit Dysplasien und später in der Allgemeinbevölkerung erbracht werden. Eine klinische Interventionsstudie [20] mit Sulindac (ein nicht steroidales Antiphlogistikum) und Biomarkeruntersuchungen [18] bei Patienten mit familiärer adenomatöser Polyposis (FAP) erbrachte den Beweis einer krebspräventiven Aktivität bisher nur bei DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention kolektomierten FAP-Patienten. Des weiteren wurde eine partielle Rückbildung oraler Dysplasien durch Gabe einer Antioxidantienkombination an Patienten mit Leukoplakien bzw. nach chirurgischer Entfernung des Primärkarzinoms in der Mundhöhle erreicht [1]. Eine europäische Interventionsstudie mit Kalzium-Ballaststoffgabe bei Patienten mit sporadischen kolorektalen Adenomen und Placebokontrollen wurde zu Ende geführt [4]. Fernziele sind die Charakterisierung und Erprobung neuer, wirksamer chemopräventiver Substanzen mit geringer Langzeittoxizität und verstärkte interdisziplinäre Forschungsaktivitäten: 1. Durchführung klinischer Versuche an zugänglichen Dysplasien mit wiederholter, direkter Kontrolle nach Behandlung mit bekannten und neuen antidysplastischen Arzneimitteln, 2. Entwicklung und Validierung krebsprädiktiver Biomarker für schwer zugängliche Dysplasien, 3. Entwicklung neuer antidysplastischer Substanzen von hoher präventiver Wirksamkeit bei einer Vielzahl unterschiedlicher Dysplasien. Die Etablierung von zwei neuen Abteilungen für ‘Molekulargenetische Epidemiologie’ (2002) und ‘Klinische Epidemiologie’ (seit 1999) sollte die Aktivitäten dieses Forschungsschwerpunkts verstärken. Zur Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen Grundlagenforschern, Klinikern und Epidemiologen auf dem Gebiet der Krebsursachen- und Krebspräventionsforschung wurden 1999-2000 folgende multidisziplinären Veranstaltungen abgehalten: · Third Taiwanese-German Workshop on Cancer Causes and Prevention: Mechanisms, Preclinical and Clinical Studies, Heidelberg, Juli 2000. · International Workshop on Biomarkers in Cancer Chemoprevention, Heidelberg, Februar 2000 (organisiert zusammen mit A.B. Miller, DKFZ und der IARC, Lyon, Frankreich [8]. · Training Course in Environmental Toxicology, Hanoi, November 2001. Sponsoren: UN Environmental Program, Chulabhorn Research Institute, Bangkok, Thailand. Publikationen (* = externe Koautoren) [1] *Barth, T.J., *Zöller, J., *Kuebler, A., *Born, I.A., Osswald, H.: Redifferentiation of oral dysplastic mucosa by the application of the antioxidants beta-carotene, alpha-tocopherol and vitamin C. International Journal for Vitamin and Nutrition Research 67 (1997) 368-376. [2] Bartsch, H.: Studies on biomarkers in cancer etiology and prevention: a summary and challenge of interdisciplinary research. Mutation Research 462 (2000) 255-279. [3] Bartsch, H., Nair, J.: New DNA-based biomarkers for oxidative stress and cancer chemoprevention studies. European Journal of Cancer 36 (2000) 1229-1234. [4] *Bonithon-Kopp, C., Kronborg, O., *Giacosa, A., Räth, U., *Faivre, J. [Experts: *Milan, C., *Fenger, C., *Piard, F., *Belghiti C., Owen, R. W., *Pignatelli, M.].: Calcium and fibre supplementation in the prevention of colorectal adenoma recurrence: a placebocontrolled intervention trial from the European Cancer Prevention Organisation (ECP). Lancet 356 (2000) 1300-1306. [5] Gerhäuser, C., Alt, A., Klimo, K., Heiss, E., Neumann, I., GamalEldeen, A., Knauft, J., Scherf, H., Frank, N., Bartsch, H., Becker, H.: Xanthohumol from hop (Humulus lupus) as a novel potential cancer chemopreventive agent. Proc. Am. Assoc. Cancer Res. 42 (2001) 18. Abteilung C0200 Toxikologie und Krebsrisikofaktoren [6] *Ha, T., Gerhäuser, C., *Zhang, W., *Ho-Chong-Line, N., *Fourasté, I.: New Lanostanoids from Ganoderma lucidum (Polyporaceae) that induce NAD(P)H:quinone oxidoreductase in cultured Hepa1c1c7 murine hepatoma cells. Planta Medica 66 (2000) 681-684. [7] Klein, R.G., Schmezer, P., Amelung, F., *Schroeder, H.-G., *Woeste, W., *Wolf, J.: Carcinogenicity assays of wood dust and wood additives in rats exposed by long-term inhalation. International Archives of Occupational and Environmental Health 74 (2001) 109-118. [8] Miller, A.B., Bartsch, H., *Bofetta, P., *Dragsted, L.O., *Vainio, H.: Biomarker in Cancer Chemoprevention. IARC Sci. Publ. No. 154 (2001) IARC, Lyon, Frankreich pp 1-294. [9] Nair, U., Bartsch, H.: Metabolic polymorphisms as susceptibility markers for lung and oral cavity cancer. In: Biomarkers in Cancer Chemoprevention. Miller, A.B. et al. (eds.), IARC Scientific Publications N° 154 (IARC, Lyon, Frankreich) (2001) 271-290. [10] Nair, J., *Barbin, A., *Velic, I., Bartsch, H.: Etheno DNA-base adducts from endogenous reactive species. Mutation Research 424 (1999) 59-69. [11] Owen, R.W., *Giacosa, A., Hull, W.E., Haubner, R., Spiegelhalder, B., Bartsch, H.: The antioxidant/anticancer potential of phenolic compounds isolated from olive oil. European Journal of Cancer 36 (2000) 1235-1247. [12] Owen, R.W., *Mier, W., Hull, W.E., *Giacosa, A., Spiegelhalder, B., Bartsch, H.: (2000). Identification of lignans as major components in the phenolic fraction of olive oil. Clinical Chemistry 46, 976-988. [13] Owen, R.W., *Giacosa, A., Hull, W.E., Haubner, R., Würtele, G., Spiegelhalder, B., Bartsch, H.: Olive oil consumption and health: the possible role of antioxidants. Lancet Oncology 1 (2000) 107-112: [14] *Rajaee-Behbahani, N., Schmezer, P., Risch, A., Rittgen, W., *Kayser, K.W., *Dienemann, H., *Schulz, V., *Drings, P., *Thiel, S., Bartsch, H.: Altered DNA repair capacity and bleomycin sensitivity as risk markers for non-small cell lung cancer. International Journal of Cancer 95 (2001) 86-91. [15] Rojas, M., *Cascorbi, I., *Alexandrov, K., *Kriek, E., *Auburtin, G., *Mayer, L., Kopp-Schneider, A., *Roots, I., Bartsch, H.: Modulation of benzo[a]pyrene diolepoxide-DNA adduct levels in human white blood cells by CYP1A1, GSTM1 and GSTT1 polymorphism. Carcinogenesis 21 (2000) 35-41. [16] Schmezer, P., *Rajaee-Behbahani, N., Risch, A., *Thiel, S., Rittgen, W., *Drings, P., *Dienemann, H., *Kayser, K.W., *Schulz, V., Bartsch, H.: Rapid screening assay for mutagen sensitivity and DNA repair capacity in human peripheral blood lymphocytes. Mutagenesis 16 (2001) 25-30. [17] Schmezer, P., *Rupprecht, T., *Tisch, M., *Maier, H., Bartsch, H.: Laryngeal mucosa of head and neck cancer patients shows increased DNA damage as detected by single cell microgel electrophoresis. Toxicology 144 (2000) 149-154. [18] Schmid, K., Nair, J., *Winde, G., *Velic, I., Bartsch, H.: Increased levels of promutagenic etheno-DNA adducts in colonic polyps of FAP patients. International Journal of Cancer 87 (2000) 1-4. [19] Wikman, H., Risch, A., Klimek, F., Schmezer, P., Spiegelhalder, B., *Dienemann, H., *Kayser, K., *Schulz, V., *Drings, P., Bartsch, H.: hOGG1 polymorphism and loss of heterozygosity (LOH): significance for lung cancer susceptibility in a caucasian population. International Journal of Cancer 88 (2000) 932-937. [20] *Winde, G., *Schmid, K.W., *Brandt, B., *Mueller, O., Osswald, H.: Clinical and genomic influence of sulindac on rectal mucosa in familial adenomatous polyposis. Diseases of the Colon and Rectum 40 (1997) 1156-1168. DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 113 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention Transkriptionsanalyse und ihre Anwendung in der prädiktiven Toxikologie (C0201) G. Werle-Schneider, K. Schüßler, K. Doberstein, A. Wölfelschneider, M. Bartelmann In Zusammenarbeit mit M.C.v. Brevern, J. Scheel, C. Behrens, T. Storck und A. Bach, Axaron Bioscience AG, Heidelberg; J. Hengstler, M.Ringel, Institut für Toxikologie, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz; D. Müller, R. Glöckner, Institut für Pharmakologie und Toxikologie, Friedrich-Schiller-Universität, Jena Drittmittel: Bioregio Projekt BMBF 114 Tumorpromotoren oder nicht-genotoxische Karzinogene verursachen keine DNA-Schäden, verändern aber bereits zu einem frühen Zeitpunkt der Karzinogenese die Genexpression. Ziel dieses Forschungsprojektes ist es, neue Testsysteme zu entwickeln, die eine schnelle Evaluierung des karzinogenen Potentials von Tumorpromotoren erlauben. Basierend auf der Hypothese, daß nicht-genotoxische Karzinogene anhand ihrer spezifischen Genexpressionsprofile klassifiziert werden können, wurden verschiedene Tumorpromotoren aus 3 unterschiedlichen toxikologisch relevanten Klassen mit Hilfe der cDNA microarray Technologie untersucht. Dabei wurden neben den Enzyminduktoren Phenobarbital, aHexachlorozyklohexan und Cyproteronacetat, die Peroxisomenproliferatoren WY14643 und Ciprofibrat oder Nafenopin, das Hormon Ethinylestradiol sowie Dehydroepiandrosteron, das neben hormonaler vor allem eine peroxisomenproliferierende Wirkung besitzt, verwendet. Durch die Erstellung der für jede Substanz spezifischen Transkriptionsprofile, können sogenannte Markergene identifiziert werden, die für die Wirkung von Tumorpromotoren charakteristisch sind und als prädiktiv eingeschätzt werden können. Untersuchungen in einem in vivo Modell (Rattenleber) und ein hierarchisches Clustering der resultierenden Transkriptionsprofile für ausgewählte Markergene zeigten, daß Substanzen entsprechend ihrer Wirkmechanismen klassifiziert werden können. Für ein high-throughput screening sogenannter Lead-Substanzen in der Frühphase der Wirkstoffentwicklung (z.B. in Pharma und Pflanzenschutz) ist jedoch die Entwicklung eines geeigneten in vitro Testsystems erforderlich. Entwicklung eines in vitro Testsystems zur Analyse von Genexpressionsmustern, die für die Wirkung nichtgenotoxischer Karzinogene charakteristisch sind Zur Entwicklung eines in vitro Testsystems zur Erkennung von karzinogenen Substanzen wurden verschiedene von der Rattenleber abgeleitete Testsysteme untersucht: Eine aus der Rattenleber etablierte Zellinie (C2I [Mayer und Schäfer, Exp Cell Res 138 (1982)1-14]), Leberschnitte und primäre kultivierte Hepatozyten. Als Modellsubstanz wurde zunächst das Barbiturat Phenobarbital eingesetzt. Phenobarbital verändert die Expression einer Vielzahl von Enzymen, die unter anderem bei der Metabolisierung von Fremdstoffen eine Rolle spielen. (I) Zellinien Etablierte Zellinien wären aufgrund ihrer einfachen Handhabung für Routinetests besonders geeignet. Aufgrund Abteilung C0200 Toxikologie und Krebsrisikofaktoren der Dedifferenzierung von Zelllinien fehlten jedoch die für Phenobarbital spezifischen Veränderungen der Genexpression. Testsysteme mit etablierten Zellinien erwiesen sich daher als ungeeignet. (II) Primäre kultivierte Hepatozyten In primären kultivierten Hepatozyten können durch bestimmte Kultivierungsbedingungen, z.B. durch die Verwendung von Matrigel (extrazelluläre Matrix) oder des Hormons Dexamethason, für Phenobarbital spezifische Veränderungen der Genexpression ähnlich in vivo erhalten werden [Henstler et al. Drug Metab Rev 32 (2000) 81118]. Es wurden zunächst verschiedene Kulturivierungssysteme und -medien für primäre Hepatozyten der Ratte untersucht: (a) 2-dimensionale Kulturen als Monokultur mit einer Beschichtung der Zellkulturschalen mit Kollagen, Matrigel oder einem Kollagengelsandwitch; als Kokultur mit Rattenleberepithelzellen, sowie eine 3dimensionale Kultur unter Verwendung von CalciumAlginat-Beads; (b) Medien mit fötalem Kälberserum (FCS), mit und ohne Dexamethason als auch chemisch definierte Medien ohne FCS. Die Transkriptionsanalyse der mit Phenobarbital behandelten primären Hepatozyten zeigten im Vergleich zu den in vivo erhaltenen Transkriptionsprofilen je nach Kultivierungsbedingungen unterschiedliche Übereinstimmung. (1) Eine Kultivierung der primären Hepatozyten in Monound Kokultur auf Kollagen- oder Kollagengel-beschichteten Zellkulturschalen führte zu einer Übereinstimmung von 57 bis 70 %, während mit einer Kultivierung auf Matrigel nur eine Übereinstimmung von 40 % erzielt wurde. (2) Dexamethason allein verändert die Expression von knapp 20 % der untersuchten Gene. Ein Vergleich der Transkriptionsprofile mit und ohne Dexamethason mit den in vivo erhaltenen Profilen zeigt jedoch, daß mit Dexamethason etwa 55 % Übereinstimmung erzielt wird, während ohne Dexamethason nur 20 % der untersuchten Gene übereinstimmen. (3) Eine Induktion von für Phenobarbital spezifischen Markergenen wie den Cytochromen P450, UDP-Glucuronosyltransferasen und Glutathionstransferasen konnte in den verschiedenen in vitro Testsystemen beobachtet werden. Die stärkste Induktion wurde für Cytochrom P450 2B1 erhalten, das auch in vivo in der Rattenleber induziert wird. Abhängig vom jeweiligen Testsystem können unterschiedliche Mitglieder einer Enzymfamilie in ihrer Expression verändert sein. Während Cyp 3A1 in der Rattenleber, in primären Hepatozyten und Leberschnitten ähnlich stark induziert wurde, war eine erhöhte Expression von CYP3A2 nur in vivo zu beobachten. (4) Unabhängige Untersuchungen mit unterschiedlichen Tieren zeigten eine hohe Reproduzierbarkeit der mit cDNA microarrays erhaltenen Ergebnisse (98 % bzw. 95 % bei mehr als 3 bzw. 2 fachen Veränderungen der Genexpression). (5) Mit Rattenleberepithelzellen wurden keine für Phenobarbital spezifischen Veränderungen der Genexpression beobachtet. DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 Nach Behandlung mit Phenobarbital wurde eine ausgeprägte Übereinstimmung (70 %) zwischen den in vitro und den in vivo in der Rattenleber induzierten Transkriptionsprofilen beobachtet. Kryokonservierte Leberschnitte zeigten hingegen nur eine geringe Übereinstimmung (14 %). Clusteranalysen der Transkriptionsprofile ausgewählter Markergene für die Substanzen Phenobarbital, aHexachlorozyklohexan, Ethinylestradiol und Dehydroepiandrosteron zeigen, daß ähnlich den in vivo Studien auch in vitro eine Klassifizierung entsprechend den Wirkmechanismen möglich zu sein scheint. So rufen die Enzyminduktoren Phenobarbital und a-Hexachlorozyklohexan ähnliche Transkriptionsänderungen hervor. Auch weisen die durch Dehydroepiandrosteron erhaltenen Transkriptionsprofile Ähnlichkeiten zu den in vivo untersuchten Peroxisomenproliferatoren auf. Dies deutet darauf hin, daß mit Hilfe eines in vitro Testsystems und der Erstellung von Transkriptionsmustern ein prädiktives Testsytem erhalten werden könnte, mit dem auch bisher unbekannte Substanzen durch eine Analyse auf Zugehörigkeit zu einer dieser Wirkgruppen getestet werden könnten. Die mit den bekannten Tumorpromotoren erstellten Transkriptionsmuster werden in eine Datenbank eingegeben. In dem am besten geeigneten in vitro Testsystem werden weitere neue Testsubstanzen untersucht. Über die charakteristischen Veränderungen des erstellten Transkriptionsmusters zu bereits vorhandenen Transkriptionsprofilen soll eine Risikoabschätzung der neuen Testsubstanzen erfolgen. Die Krebsentstehung, die grob in eine Initiations-, Promotions-, und Progressionsphase unterteilt wird, kann als kontinuierliche Anhäufung von genetischen oder biochemischen Zellschäden angesehen werden. Wie in Abb. 1 angedeutet bietet diese meist über viele Jahre andauernde Entwicklung eine Vielzahl von Ansatzmöglichkeiten für die Krebs-Chemoprävention, d.h. der Einsatz von chemischen Verbindungen, Naturstoffen oder Nahrungsbestandteilen mit dem Ziel, die Carcinogenese zur verlangsamen, zu hemmen oder rückgängig zu machen. Zur Identifizierung und Beurteilung neuer krebs-chemopräventiver Naturstoffe und synthetischer Verbindungen wurden anhand der oben beschriebenen Mechanismen verschiedene Testmodelle als Markersysteme für chemopräventive Aktivität im Labor etabliert. Diese Modelle, die meist im 96-Lochplatten-Format mit Enzympräparationen oder in Zellkultur mit photometrischer, fluorimetrischer oder radioaktiver Endpunktbestimmung durchgeführt werden, ermöglichen die Untersuchung einer großen Anzahl von Proben in kurzer Zeit (1-3 Tage), ohne daß wie im Initiation (III) Leberschnitte Als drittes in vitro Testsystem, das in toxikologischen Untersuchungen zunehmend Anwendung findet, wurden Leberschnitte eingesetzt [Kuhn et al. Exp Toxicol Pathol 50 (1998) 4961-496]. Im Unterschied zu primären Hepatozyten bleibt bei Leberschnitten der Gewebeverband erhalten. 1. Identifizierung und Entwicklung neuer chemopräventiver Verbindungen: Programmüberblick Metabolismus Hemmung reaktive Moleküle Entgiftung DNA Schäden Reparatur Mutation Gendefekt Promotion Zur Zeit werden mit einem chemisch definierten Medium und primären Hepatozyten in Monokultur auf Kollagen Untersuchungen mit weiteren Tumorpromotoren aus verschiedenen Klassen durchgeführt. Abteilung C0200 Toxikologie und Krebsrisikofaktoren veränderte Zellstruktur unkontrolliertes Zellwachstum Entzündungshemmung Antioxidative Mechanismen Hemmung der Tumorpromotion Wachstumshemmung Zelluläre End-Differenzierung Progression Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention Apoptose Tumorwachstum Metastasen Publikation (* = externe Koautoren) [1] Werle-Schneider, G., Kalla, C., Hollstein, M., Bollow, U., *Behrens, C.K., *v. Brevern, M.C., *Storck, T., *Müller, D., *Steinmetzer, P., *Bach, A., Beerheide, W.: Comparison of gene expression in rat liver slices and primary hepatocytes after treatment with phenobarbital. Journal of Cancer Research and Clinical Oncology 127 (2001) 30. Chemoprävention (C0202) C. Gerhäuser, N. Frank, H.-R. Scherf, E. Heiss, A. Gamal Eldeen, C. Xie, E. Bertl, S. Sittimonchai, R. Merkel, K. Klimo, J. Knauft, A. Vogt Drittmittel: Wissenschaftsförderung der Deutschen Brauwirtschaft e.V. 1.11.1999 - 21.12.2001 DM 280.500,- Dr. C. Gerhäuser/Prof. H. Becker (Uni Saarbrücken); 1.1.02 - 1.4.03 Euro 129.011,- Dr. C. Gerhäuser/Prof. H. Becker (Uni Saarbrücken) Abb. 1: Schematische Gegenüberstellung der stufenweisen Krebsentstehung (links) und möglicher chemopräventiver Mechanismen (rechts) High-Throughput-Screening die Kontrolle über substanzspezifische Charakteristika (z.B. Löslichkeit, toxische Effekte) verlorengeht. Vorteile sind ein geringer Substanzbedarf, einfache Durchführung, vergleichbar geringe Kosten, und die Generation von Daten in computerisierter Form, die eine schnelle, halbautomatische Auswertung der Ergebnisse ermöglichen. In den Schwerpunktbereichen Metabolismus, Antioxidanzien, Hemmung der Tumor-Promotion, der Zellproliferation und von Entzündungsprozessen wurden folgende Systeme etabliert: 1.1 Modulation des Fremdstoffmetabolismus DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 115 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention 116 a) Fluorimetrischer Nachweis einer Hemmung von Cyp1A (Phase 1 Enzym) in b-Naphthoflavon induzierten Rattenhepatomzellen (H4IIE) b) Induktion von NAD(P)H: Chinone Oxidoreduktase in Maushepatomzellen (Hepa1c1c7) (Phase 2 Enzym) c) Fluorimetrische Messung von Glutathion und intrazellulären Thiolen nach Derivatisierung und HPLC-Trennung 1.2 Nachweis von Radikalfängern und Antioxidanzien a) Reaktion mit stabilen Diphenylpicrylhydrazyl (DPPH) Radikalen b) Reaktion mit Superoxid Anion Radikalen im Phenazinmethosulfat (PMS)-Nitroblue Tetrazolium (NBT) System (nicht-enzymatisch) oder im Xanthin/ Xanthinoxidase System (XO/NBT) (enzymatisch) c) Hemmung der Superoxid Anion Radikal-Freisetzung in differenzierten HL-60 Zellen 1.3 Entzündungshemmung a) Cyclooxygenase (Cox)-1 und -2 Hemmung b) Hemmung der Induktion der induzierbaren Stickoxidsynthase (iNOS) in Raw 264.7 Makrophagen 1.4 Tumorpromotionshemmung a) Hemmung der Phorbolester-vermittelten Induktion der Ornithindecarboxylase in 308 Maus Keratinozyten 1.5 Proliferationshemmung a) Induktion der terminalen Zelldifferenzierung in humanen und murinen Leukemiezellen (HL-60, MEL) b) Nachweis östrogener bzw. antiöstrogene Effekte in der Ishikawa humanen Endometriumkrebs Zellinie. Die Behandlung der Zellen mit E2 oder anderen Östrogenen führt zu einer verstärkten Expression der alkalischen Phosphatase (ALP) als Markerenzym, während die gleichzeitige Behandlung mit einer Testsubstanz und E2 die Untersuchung einer anti-östrogenen Wirkung erlaubt. 1.6 Mouse Mammary Gland Organ Culture (MMOC) Ein Nachteil von Kurzzeit in vitro Testsysteme zur Identifizierung von chemopräventiven Stoffen ist die Gefahr, falsch positive Leitsubstanzen zu identifizieren, d.h. Substanzen, die zwar in vitro aktiv sind, in vivo jedoch keine chemopräventive Aktivität zeigen. Deshalb wurde ein Organkultur Modell mit Brustdrüsen der Maus etabliert, welches die Vorteile eines in vitro Tests (einfache Durchführung, geringer Substanzbedarf, kurze Dauer) mit denen eines in vivo Versuchs (komplexe zelluläre und metabolische Prozesse in einem intakten Organ) vereinigt. Dabei werden Brustdrüsen von Mäusen für 24 Tage in Kultur gehalten. In einer ersten Proliferationsphase (10 Tage) werden die Drüsen mit mammotrophen Hormonen stimuliert, bei Entzug der Hormone folgt eine Regressionsphase (14 Tage). Am Tag drei wird mit 7,12Dimethylbenz(a)anthracen die Entstehung prä-neoplastischer knötchenartiger Läsionen induziert. Nach Behandlung mit Testsubstanzen während der Proliferationsphase (Tag 0-10) kann am Ausbleiben der Läsionen nach Beendigung des Experiments eine chemopräventive Wirkung abgelesen werden. Das Modell eignet sich in Kombination mit immunhistochemischen Nachweis in der Expression von Markerproteinen Abteilung C0200 Toxikologie und Krebsrisikofaktoren auch zur Aufklärung von Wirkmechanismen aktiver Verbindungen. Insgesamt wurden seit 1996 über 2000 Naturstoffe, synthetische Analoge, Extrakte von Nahrungsbestandteilen, Heilpflanzen, Algen, Schwämmen, Pilzen, Moosen und Subfraktionen der Extrakte von nationalen und internationalen Kooperationspartner zur Verfügung gestellt und in den oben beschriebenen Testsystemen untersucht. Die Testergebnisse werden in einer umfangreichen Datenbank verwaltet und dienen der Auswahl von Leitstrukturen für den weiteren Nachweis chemopräventiver Wirksamkeit im Tiermodell und für mechanistische Untersuchungen. 2. Beschreibung ausgewählter Projekte 2.1. Identifizierung neuer Leitstrukturen 2.1.1. Antioxidatives Potential von Bier-Polyphenolen in Zusammenarbeit mit A. Alt und H. Becker, Universität des Saarlandes, Saarbrücken Bier ist eines der weltweit am meisten konsumierten Getränke. Es ist reich an Nährstoffen und Nahrungszusatzstoffen wie Vitamine und Polyphenole, die wegen ihrer antioxidativen Aktivität mit gesundheitsfördernden Aspekten in Zusammenhang gebracht werden. 1996 wurde erstmalig eine anti-mutagene Aktivität von Bier beschrieben. Später konnte dies auf eine Hemmung der Entstehung von Carcinogen-Addukten mit der DNA zurückgeführt werden. Im vorliegenden Projekt (gefördert von der Wissenschaftsförderung der Deutschen Brauwirtschaft e.V.) wurden Inhaltsstoffe aus Bier sowie von Polyphenol-Rückständen, die bei der Bier-Stabilisierung anfallen, auf Radikalfänger- und antioxidative Aktivität in den unter 1.2. beschriebenen Testsystemen und im ORAC (Oxygen Radikal Absorbance Capacity) Test getestet. Wir untersuchten ca. 40 verschiedene Polyphenole aus fünf strukturellen Klassen: Benzoe- und Zimtsäure-Derivate, Acetophenone (nur im Rückstand), Catechine und Flavonoide. O COOH COOH R R CH3 R Benzoesäure Derivate Zimtsäure Derivate Acetophenone R R R R1 OH O R O HO OH R R OR2 O OH Flavonoide (R = H, OH, OCH3) Catechine (R1= H, OH; R2=H, Gallussäure) Catechine und Flavonoide zeigten die beste Radikalfängerwirkung gegenüber DPPH-Radikalen. Darüber hinaus waren alle Zimtsäurederivate mit einer 4-OH- und einer zusätzlichen 3-OH- oder 3-OCH3-Substitution potente DPPH Radikalfänder. Protocatechu-, Gallus- und Syringasäure waren aktive Benzoesäurederivate. Basierend auf DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention diesen ersten Ergebnissen wurden die Verbindungen unter Verwendung physiologisch relevanter ROS weiter untersucht. Nur Flavonoide und Catechine waren in der Lage, chemisch generierte Superoxide Anion Radikale in einem Konzentrationsbereich unter 100µM zu inaktivieren. Die Aktivität im zellulären System war für alle Substanzen generell niedriger. Antioxidative Kapazität gegenüber Hydroxyl- und PeroxylRadikalen wurde im ORAC Test analysiert. In diesem Modell werden Radikalfängereigenschaften gegenüber Hydroxyl- und Peroxyl-Radikalen und Übergangsmetallen über den radikalvermittelten Fluorezensabfall von b-Phycoerythrin in Relation zu dem Standardantioxidanz Trolox (wasserlösliches Vit. E Analog) berechnet. Dieser Test wurde zur Erhöhung des Probenumsatzes für die Verwendung von 96-Lochplatten modifiziert. Die Abnahme der Fluoreszenz wird über eine Zeit von ca. 100 min bis zum vollständigen Abfall mit Hilfe eines MikrotiterplattenFluorimeters kontinuierlich aufgezeichnet; zur Erhöhung der Aussagekraft werden Proben in 5 Konzentrationen analysiert und die Fläche unter der Dosis-Wirkungskurve als Maß für die Radikalfängerkapazität berechnet. Interessanterweise zeigten fast alle Verbindungen im ORAC Test eine hohe Reaktivität gegenüber Hydroxyl-Radikalen, während die Kapazität, Peroxylradikale abzufangen, durchschnittlich niedriger ausfiel [2] . Diese Ergebnisse könnten einerseits in der Krebs-Chemoprävention Anwendung finden, andererseits könnten sie als Grundlage zur Entwicklung eines polyphenolreicheren Bieres dienen. 2.1.2. Krebs-chemopräventiven Wirkung von Xanthohumol, ein prenyliertes Chalcon aus Hopfen (Humulus lupulus L.) In Zusammenarbeit mit A. Alt und H. Becker, Universität des Saarlandes, Saarbrücken. Hopfen ist eine reiche Quelle an phenolischen Verbindungen im Bier. Der Anteil an Polyphenolen im Hopfenharz, bestehend aus Phenolcarbonsäuren, prenylierten Chalconen und Flavonoiden, Catechinen und Proanthocyanidinen, liegt bei 4-14%. In früheren Untersuchungen konnte bereits gezeigt werden, daß prenylierte OH Flavonoide aus Hopfen den HO OH Fremdstoffmetabolismus in vitro beeinflussen. Sie hemmen verschiedene Cytochrom P450 EnOCH3 O zyme und induzieren die NAD(P)H:Quinon Reductase (QR) in Maus Hepatomzellen, was auf eine chemopräventive Aktivität hindeutet. Daneben wurden antioxidative, anti-proliferative und cytotoxische Effekte beschrieben. Hopfen wurde immer wieder mit einer phytoöstrogenen Wirkung in Verbindung gebracht; in dieser Hinsicht konnte 8-Prenylnaringenin als aktives Prinzip identifiziert werden. Basierend auf diesen Informationen wurde im Rahmen eines von der Wissenschaftsförderung der Dt. Brauwirtschaft e.V. unterstützten Projektes ein Hopfenextrakt in den oben beschriebenen Testsystemen analysiert. Eine Abteilung C0200 Toxikologie und Krebsrisikofaktoren anschließende Aktivitäts-geleitete Fraktionierung führte zur Identifizierung von Xanthohumol, ein prenyliertes Chalcon, und einer Reihe von strukturverwandten Verbindungen. Xanthohumol Wir konnten zeigen, daß Xanthohumol in der Initiations-, Promotions-, und Progressionsphase in die Krebsentstehung eingreifen kann. Zunächst wurde Xanthohumol als Radikalfänger untersucht und konnte Hydroxyl-, Peroxyl- und Superoxidanion-Radikale besser als Trolox inaktivieren. Eine Hemmung der Tumor-Initiation durch Modulation der Aktivität von Enzymen des Phase 1 und 2 Fremdstoffmetabolismus konnte bestätigt werden. Erstmalig konnte eine entzündungshemmende Wirkung von Xanthohumol nachgewiesen werden. Xanthohumol hemmte die Aktivität der konstitutiv exprimierten Cox 1, aber auch der induzierbaren Cox 2, und verhinderte in LPS-stimulierten Raw Makrophagen die Induktion der iNOS und Produktion von NO. Zellwachstumshemmende Wirkung konnte anti-östrogenen Eigenschaften, der Hemmung der DNA Polymerase a und einer Induktion von Apoptose und Zelldifferenzierung zugeschrieben werden. Als ersten Nachweis einer chemopräventive Wirksamkeit wurde Xanthohumol im MMOC Modell untersucht und verhinderte das Auftreten DMBA-induzierte Läsionen im nanomolaren Bereich [3, 12]. Weiterführende Untersuchungen des Metabolismus, der Bioverfügbakeit und einer Aktivität im Tiermodell sind bereits angelaufen. Diese Ergebnisse könnten einen neuen Markt für Xanthohumol oder Hopfenprodukte öffnen, wenn die Wirksamkeit auch am Menschen nachgewiesen sein wird. 2.1.3. Induktion von Zelldifferenzierung durch Sesquiterpenlactone in Kooperation mit C.A. Klaas1, I. Merfort1, V. Castro2, 1Institute of Pharmaceutical Biology, Albert-Ludwigs-University, Freiburg; 2 Escuela de Quimica, Universidad de Costa Rica, San Jose, Costa Rica. Ein möglicher Mechanismus der Chemoprävention wird darin gesehen, Krebszellen zur Differenzierung in einen normalen, nicht krebsartigen Zustand anzuregen. Natürlich vorkommende Sesquiterpen Lactone (SLs) besitzen anti-inflammatorische und cytotoxische Wirkung. Die entzündungshemmenden Eigenschaften werden einer Inaktivierung des Transkriptionsfaktors NF-kB durch Alkylierung seiner p65 Untereinheit zugeschrieben. Um einen möglichen Zusammenhang zwischen der Hemmung von NF-kB und der Induktion von Zell-Differenzierung zu untersuchen, verwendeten wir die humane promyelozytische Leukämiezelllinie HL-60. Zell-Differenzierung zu morphologisch und funktionell reifen Granulozyten oder Monozyten/Makrophagen wurde durch spezifische zelluläre Eigenschaften nachgewiesen, d..h. die Reduktion des Tetrazoliumsalzes NBT zu einem gefärbten Formazan nach Behandlung mit dem Tumor-Promoter TPA, Nachweis der nicht-spezifischen (NSE) und spezifischen (SE) Säure-Esterase und einem Rückgang der Zellproliferation. DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 117 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention H O O O O O Parthenolid 118 O OAc Dihydrohelenalin acetate Bei Sesquiterpenlactonen mit einer reaktiven a-Methyleng-lakton Gruppe, z.B. Parthenolid, beobachteten wir einen gute Korrelation zwischen der Hemmung der NF-kB DNA-Bindung und der Zellproliferation (r2=0.96), aber keinen direkten Zusammenhang mit der Induktion der ZellDifferenzierung. Andererseits konnten wir schwache NFkB Inhibitoren, einschließlich a-Methylen-butyrolakton als Referenzverbindung, und SLs ohne die a-Methylen-glakton Gruppe, z.B. Dihydrohelenalin Acetat, als potente Induktoren von Zell-Differenzierungsprozessen identifizieren. Die Expression der nichtspezifischen Säure-Esterase zeigte eine Differenzierung in Richtung MonozytenMakrophagen. Insgesamt konnte die Induktion der ZellDifferenzierung durch SLs als unabhängig von der NF-kB Hemmung angesehen werden [4]. Weiterführende Untersuchungen mit Dihydrohelenalin Acetat unter Verwendung von DNA Makroarrays sollen nun alternative Targets identifizieren. 2.2. Untersuchung molekularer Mechanismen chemopräventiver Aktivität 2.2.1. Aktivierung anti-oxidativer zellulärer Prozesse durch Ellagsäure Unsere Ernährung spielt eine wichtige Rolle bei der Auslösung, aber auch in der Prävention verschiedenen Tumorarten. Chemopräventive Stoffe lassen sich in allen Nahrungskategorien finden, jedoch stellen Obst und Gemüse die Hauptquellen dar. Die Ellagsäure (EA) ist ein Polyphenol, das vor allem in Himbeeren, Erdbeeren und Walnüssen vorkommt. EA besitzt sowohl anti-mutagene als auch anti-carcinogene Eigenschaften. Eine krebspräventive Wirksamkeit konnte in verschiedenen Nager-Karzinogenesemodellen gezeigt werden. EA hemmt Phase 1 Cytochrom P450 Enzyme und verhindert so die Aktivierung von Karzinogenen; ferner werden Phase 2 Enzymen (Glutathion S-Transferasen und QR) induziert, die zu einer verstärkten Entgiftung von Karzinogenen beitragen. O HO O HO OH O OH Ellagsäure (EA) O Ziel des vorliegenden Projekts war es zu untersuchen, inwieweit auch antioxidative Mechanismen zur chemopräventiven Wirkung der EA beitragen. Dazu wurde die hepatozelluläre Karzinomzelllinie HUH-7 eingesetzt. EA, aber auch mit EA-behandelte Zellextrakte zeigten im ORAC Test hohe anti-oxidative Kapazität. Dies war zum einen auf die Induktion von Glutathion als einem der wichtigsten niedermolekularen intrazellulären Antioxidantien zurückzuführen, zum anderen wurden aber auch verschiedene antioxidative Proteine durch EA induziert. Wir Abteilung C0200 Toxikologie und Krebsrisikofaktoren konnten z.B. einen Dosis- und Zeit-abhängigen Anstieg der Aktivität der Catalase and Thioredoxin Reduktase nachweisen. Mittels kompetitiver RT-PCR Analysen konnten wir zeigen, daß EA die mRNA Expression von Metallothionein I, einem thiol-reichen antioxidativen und Metall-bindenden Protein, signifikant stimuliert und auch die Proteinexpression erhöht. Aus der Induktion des antioxidativen intrazellulären Potentials resultierte insgesamt ein Schutz vor chemisch-induzierter Lipidperoxidation, bestimmt über die Spiegel des Fettsäureabbauproduktes Malondialdehyd mittels HPLC Analytik [1]. 2.2.2. NF-kB als molekulares Target der antiinflammatorischen Wirkung von Sulforaphan, ein Isothiocyanat aus Broccoli. Erhöhte NO-Werte, die z.B. bei chronischen Entzündungen und Infektionen durch die Aktivität der induzierbaren NO Synthase (iNOS) gebildet werden, können Ursache für Mutationen und letztendlich für Krebs sein. Sulforaphan, ein aliphatisches Isothiocyanat aus Cruciferen, hemmt die Bildung von NO in Lipopolysaccharid (LPS)-stimulierten Raw Makrophagen mit einem IC50 von 0.7µM. Sulforaphan interferiert dabei nicht mit der enzymatischen Aktivität der iNOS, sondern hemmt vielmehr die Induktion des Enzyms auf transkriptioneller Ebene, wie durch Western Blot und RT-PCR-Analysen gezeigt werden konnte. Ähnliche Ergebnisse wurden auch für die induzierbare Cyclooxygenase (Cox-2) erhalten. Zudem verhindert Sulforaphan die Bindung von aktiviertem NFkB, einem für die iNOS und Cox-2 Expression entscheidenden Transkriptionsfaktor, an dessen Konsensussequenz in der Promoterregion. Allerdings beeinträchtigt Sulforaphan weder den durch LPS initiierten Abbau des Inhibitors IkB noch die Translokation von NF-kB in den Zellkern. Wir konnten in weiterführenden Untersuchungen zeigen, daß Sulforaphan zu einer transienten Depletion von GSH und damit zu einer Veränderung des Redoxpotentials (GSH/GSSG System) führt und evtl. die NF-kB-Aktivität so beeinträchtigt, daß NF-kB zwar in den Kern gelangt, aber nicht an die DNA bindet und die Expression kB-abhängiger Gene aktiviert [13]. Ferner konnten wir nachweisen, daß Sulforaphan transient die Aktivität der Thioredoxin-Reduktase hemmt. Thioredoxin stellt einen Redox-Modulator dar, der im Zellkern essentiellen Cystein-Gruppen an Redox-sensitiven Transkriptionsfaktoren in einem reduzierten Zustand erhält und damit die Bindung an die DNA ermöglicht. Eine Hemmung der Thioredoxin Reduktase könnte über eine Veränderung des intranukleären Redox-Potentials zu einer Hemmung der NF-kB DNA-Bindung führen. 2.2.3. Induktion von Zell-Differenzierungsprozessen durch Histon Deacetylase Hemmstoffe In Zusammenarbeit mit M. Jung, Universität Münster Die Entstehung von Darmkrebs kann als kontinuierliche Anhäufung von genetischen (sowohl erbliche als auch erworbene) oder biochemischen Zellschäden angesehen werden. Diese Veränderungen resultieren in DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention hyperproliferativem Wachstum von Darmepithelzellen, das durch ein komplexes Zusammenspiel von Faktoren mit Einfluß auf die Zellzyklusprogression, die Induktion zellulärer Enddifferenzierungsprozesse und Apoptose reguliert wird. Der Acetylierung und Deacetylierung von Histonen wird eine fundamentale Funktion in der Regulation von Transkription und Zell-Proliferation zugeschrieben. Verschiedene Hemmstoffe von Histon-Deacetylasen (HDAC) sind in der Literatur als Differenzierungs-Induktoren in in vitro Zellkultursystemen beschrieben. In unseren Studien wurde v.a. zwei HDAC Inhibitoren untersucht: Natrium Butyrat (SB) und Trichostatin A (TSA). SB ist besonders von Interesse, da es einen Metaboliten von Ballaststoffen aus der Nahrung darstellt, der durch anaerobe Mikroorganismen im Darm produziert wird. Die Differenzierung verschiedener Darmkrebs-Zellinien wurde über die Induktion des Glykoproteins Alkalische Phosphatase (ALP) gemessen. Histon Acetylierung konnte über die AUT Gel-Elektrophorese analysiert werden. Darüber hinaus wurde die Expression eines Inhibitors Cyclin-abhängiger Kinasen, p21, und des Retinoblasomaproteins pRB mittels Western Blotting gemessen. SB induzierte die ALP Aktivität in den DarmkrebsZelllinien LIM1215 und HCT 116 mehr als 10-fach. Eine Hyperacetylierung von Histon H4 konnte bereits nach 6h detektiert werden. Dies war ein Hinweis auf einen möglichen Zusammenhang zwischen der Hemmung der HDAC und der Induktion von Zelldifferenzierung. Andererseits führte die Behandlung mit dem potenten HDAC Inhibitor TSA zwar zu einer Hyperacetylierung von H4, aber nicht zur Induktion der ALP Aktivität als Marker für Zelldifferenzierungsprozesse. Sowohl SB als auch TSA bewirkten in LIM1215 und HCT 116 Zellen nach einer 6bis 24-stündigen Behandlung eine signifikante Induktion von p21. Diese Induktion war unabhängig von p53, da wir ähnliche Effekte (Induktion der ALP Aktivität und der p21 Expression) nach SB-Behandlung auch in einer p53 (-/-) Variante von HCT 116 messen konnten. Interessanterweise konnte in einer p21 (-/-) Variante durch SB keine Differenzierung mehr induziert werden. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, daß für die Induktion von Zelldifferenzierungsprozesse durch HDAC Inhibitoren p21 notwendig ist, daß jedoch die Hyperacetylierung von Histonen und die p21 Induktion nicht ausreichend sind, um Zell-Differenzierung zu induzieren. Bei der Untersuchung des Phosphorylierungsgrades von pRB zeigten sich Unterscheide zwischen SB und TSA: Nach TSA Behandlung war pRb in HCT 116 Zellen in Übereinstimmung mit der verstärkten Expression von p21 hypo-phosphoryliert, in der p21 (-/-) Variante lag pRB jedoch hauptsächlich in der hyper-phosphorylierten Form vor. Im Gegensatz zu den Ergebnissen mit TSA konnten wir in den p21 (-/-) Zellen nach SB Behandlung Wachstumshemmung und pRB Hypo-Phosphorylierung detektieren. Diese Resultate deuten auf einen Einfluß von SB auf zusätzliche Cyclin-abhängige Kinasen bzw. Kinase- Abteilung C0200 Toxikologie und Krebsrisikofaktoren Inhibitoren hin und werden unter Verwendung von DNAMakroarrays weiter untersucht [18]. Publikationen (* = externe Koautoren) [1] Gamal-Eldeen, A., Gerhäuser, C., Frank, N., Bartsch, H.: Ellagic acid induces antioxidant mechanisms in cultured human hepatocellular carcinoma cells HUH-7. Journal of Cancer Research and Clinical Oncologyy 127 Suppl. (2001). [2] Gerhäuser, C., *Alt, A., Gamal-Eldeen, A., Neumann, I., Frank, N., Chmiel, H., Bartsch, H., and *Becker, H.: Antioxidant and Radical-scavenging Potential of Phenolic Constituents of Beer. Proc. Am. Assoc. Cancer Res. 42 (2001a) 103. [3] Gerhäuser, C., *Alt, A., Klimo, K., Heiss, E., Neumann, I., Gamal-Eldeen, A., Knauft, J., Scherf, H., Frank, N., Bartsch, H., *Becker, H.: Xanthohumol from Hop (Humulus lupulus) as a Novel Potential Cancer Chemopreventive Agent. Proc. Am. Assoc. Cancer Res. 42 (2001b) 94. [4] Gerhäuser, C., Scherf, H.R., *Klaas, C.R., *Castro, V., *Merfort, I.: Induction of HL-60 Cell Differentiation by Sesquiterpene Lactones. Journal of Cancer Research and Clinical Oncologyy 127 Suppl. (2001c). [5] Gerhäuser, C., *Alt, A., Heiss, E., Gamal-Eldeen, A., Klimo, K., Knauft, J., Neumann, I., Scherf, H.-R., Frank, N., Bartsch, H., *Becker, H.: Cancer chemopreventive activity of Xanthohumol, a natural product from hop.Molecular Cancer Therapeutics (2002) [6] Gerhäuser, C.: Flavonoide und andere pflanzliche Wirkstoffe. Was hat praktische Relevanz? Sollen wir unser Essverhalten ändern? Akt. Ernähr. Med. 26 (2001) 1-7. [7] Gerhäuser, C.: Mechanismen der Krebsentstehung - Ansatzpunkte für die Krebs-Chemoprävention. Ernährungs-Umschau 48 (2001) S48 - S51. [8] Gerhäuser, C., Heiss, E., Klimo, K., Neumann, I., *Becker, H., *Eicher, Th., Bartsch, H.: Bibenzyl derivatives as novel lead compounds in chemoprevention. Proc. Am. Assoc. Cancer Res. 41 (2000) 412. [9] Gerhäuser, C.: Chemoprävention von Krebs durch Naturstoffe. Pharmazeutische Zeitschrift, (Sonderheft Meran) (2000) 4-8. [10] Gerhäuser, C., Heiss, E., Herhaus, C., Klimo, K.: Potential Chemopreventive Mechanisms of Chalcones. Chapter 4.4 in: Dietary Anticarcinogens and Antimutagens. Chemical and Biological Aspects. Ian Johnson and Roger Fenwick: RCS, Cambridge, UK (2000), pp. 189-192. [11] *Ha, T., Gerhäuser, C., *Zhang, W., *Ho-Chong-Line, N., *Fourasté, I.: New Lanostanoids from Ganoderma lucidum (Polyporaceae) that induce NAD(P)H:quinone oxidoreductase in cultured Hepa1c1c7 murine hepatoma cells. Planta Medica 66 (2000) 681-684. [12] Heiss, E., Klimo, K., Neumann, I., Gerhäuser, C.: AntiProliferative Mechanisms of Xanthohumol from Hop (Humulus Lupulus) in in vitro Breast Cancer Chemoprevention Models. Journal of Cancer Research and Clinical Oncology 127 Suppl. (2001a). [13] Heiss, E., Herhaus, C., Klimo, K., Bartsch, H., Gerhäuser, C.: Nuclear factor-kB is a molecular target for sulforaphanemediated anti-inflammatory mechanisms. Journal of Biological Chemistry 276 (2001b) 32008-32016. [14] *Jung M., *Wittich, S., Xie, C., Scherf, H., Gerhauser, C.: Structure-activity data on inhibitors of histone deacetylase - In vitro enzyme inhibition, induction of differentiation and inhibition of proliferation in leukemic cells. Clinical Cancer Research 6 Suppl. (2000) 336. [15] Spaeth, M., Gerhäuser, C., Schiffter, H., Frank, N., *Nasheuer, N.P., Bartsch, H.: Inhibition of human DNA polymerase a by chemopreventive agents. Proc. Am. Assoc. Cancer Res. 41 (2000) 846. DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 119 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention [16] *Wittich, S., Scherf, H.R., Xie, C., *Brosch, G., *Loidl, P., Gerhäuser, C., *Jung, M.: Structure-activity relationships on phenylalanine containing inhibitors of histone deacetylase - Invitro enzyme inhibition, induction of differentiation and inhibition of proliferation in erythroleukemic cells. J. Med. Chem. (2002) [17] *Wollenweber, E., *Stevens, J.F., Klimo, K., Knauft, J., Frank, F. and Gerhäuser, C.: Cancer Chemopreventive in vitro Activities of Isoflavones Isolated from Iris germanica. [18] Xie, C.P., Scherf, H.R., Neumann, I., Gerhäuser, C.: Potential Mechanisms of Induction of Cell Differentiation by Histone Deacetylase Inhibitors. Journal of Cancer Research and Clinical Oncologyy 127 Suppl. (2001). Patente Nr. 100 15 525.1. Synthetische Derivate von Lunularsäure, Arzneimittel enthaltend diese Verbindungen, Verfahren zur Herstellung der Lunularsäurederivate sowie deren Verwendung. Erf. Gerhäuser, *Eicher, *Pick. Patentanmeldung eingereicht beim Deutschen Patentamt am 30.3.2000. Internationale Anmeldung 31.1.2001. 120 Genetische Toxikologie und DNA Reparatur (C0203) P. Schmezer Die meisten beim Menschen und viele im Tierversuch krebserzeugende Stoffe besitzen in vitro eine DNA schädigende (gentoxische) Wirkung. Häufig ist jedoch eine (Gewebe)-spezifische Verstoffwechslung notwendig, um die ultimalen, DNA-reaktiven Metabolite zu bilden. Wir setzen deshalb aus verschiedenen Geweben des Menschen oder von Versuchstieren frisch isolierte, metabolisch kompetente Zellen ein, um die gentoxische Wirkung von Stoffen zu untersuchen [1]. Dieses Ziel kann jedoch nur dann effektiv erreicht werden, wenn experimentelle Methoden zur Verfügung stehen, die den Nachweis einer gentoxischen Wirkung an wenigen Zellen erlauben. Mit einer derartigen Methode können auch Zellen untersucht werden, die aus kleinen durch Biopsie beim Menschen gewonnenen Gewebestücken isoliert werden. Hierfür ist die Methode der Einzelzell-Mikrogel-Elektrophorese (alkalischer Comet Assay) besonders geeignet. Wir haben diese Methode optimiert und zur allgemeinen Untersuchung von Gentoxizität sowie zur Analyse spezifischer (z.B. oxidativer) DNA Schäden eingesetzt [2,3]. Zusätzlich verwenden wir die Mikrogel-Elektrophorese zur Untersuchung von DNA Reparaturprozessen. Unsere Forschungsarbeiten beinhalten Untersuchungen von gentoxischen und cancerogenen luftgetragenen Schadstoffen, vorwiegend im Respirationstrakt [4]. Zur Identifizierung möglicher DNA schädigender und krebserzeugender Noxen wurden auch in vivo Mutationsanalysen bei transgenen Nagetieren (BigBlue, MutaMouse) [5,6] sowie mittels ‚hprt T-cell cloning’ beim Menschen durchgeführt [7]. In den letzten Jahren haben wir einen Schwerpunkt unserer Arbeiten darauf ausgerichtet, in populationsbasierten Studien Personen mit hohem individuellem Risiko gegenüber gentoxischen Noxen zu identifizieren: In Zusammenarbeit mit Epidemiologie und Klinik setzen wir eine optimierte Version des Comet Assay ein, um sowohl die zelluläre Mutagensensitivität als auch die DNA Reparaturkapazität in peripheren Blutlymphozyten zu ermitteln [11, 14]. Zusätzlich werden PCR-gestützte Verfah- Abteilung C0200 Toxikologie und Krebsrisikofaktoren ren zur Bestimmung von Polymorphismen bei DNA Reparatur- [20] und Fremdstoffmetabolismus-Genen [13,19] angewandt. Schließlich führen wir Untersuchungen zur Expression dieser Gene durch, wobei sowohl selbst entwickelte cDNA Arrays als auch quantitative RT-PCR (realtime) zum Einsatz kommen [6]. Die Identifizierung von sogenannten Hochrisikopersonen, die eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber gentoxischen Stoffen oder Strahlung, eine reduzierte DNA Reparaturkapazität oder spezifische Defekte bei DNA Reparaturenzymen aufweisen, kann einen wichtigen Beitrag zur Krebsprävention leisten: Diese Personen können einem engmaschigen Screening zur Krebsfrüherkennung zugeführt werden, und sie stellen geeignete Kandidaten für chemopräventive Interventionsstudien dar. Schließlich besteht eine neue Aktivität der Arbeitsgruppe in der Suche und Bewertung von Stoffen, die in der Lage sind, das zelluläre DNA Reparaturvermögen zu verbessern. 1. DNA-Reparaturkapazität und Mutagensensitivität als Risikofaktoren für das nicht-kleinzellige Bronchialcarcinom P. Schmezer, C. Mayer, O. Popanda, N. Rajaee-Behbahani, A. Risch, R. Gliniorz, O. Zelezny,P. Waas In Zusammenarbeit mit: W. Rittgen, Biostatistik, DKFZ; P. Drings, H. Dienemann, K.W. Kayser, V. Schulz, Thoraxklinik HeidelbergRohrbach Die Fähigkeit zur DNA-Reparatur ist eine wesentliche Voraussetzung für die Erhaltung der Erbinformation und für den korrekten Ablauf zellulärer Funktionen. Störungen in der DNA-Reparatur können das individuelle Krebsrisiko erhöhen. Daher ist es wichtig, Methoden für den Einsatz in molekular-epidemiologischen Studien zu entwickeln, mit denen es verlässlich möglich ist, solche Risikoindividuen zu identifizieren, die spezifische genetische Veränderungen tragen (Polymorphismen in DNAReparaturgenen), oder die eine verminderte Reparaturfunktion (DNA-Reparaturkapazität) aufweisen. Für letzteres haben wir eine Mikrogel-Elektrophorese-Technik entwickelt, mit der die individuelle DNA-Reparaturkapazität an peripheren Blutlymphozyten bestimmt werden kann [14]. Diese Methode wurde in einer Fall-Kontroll-Studie mit Patienten validiert, die am nichtkleinzelligen Bronchialcarcinom erkrankt waren [11]. Hierzu wurden periphere Blutlymphozyten von 160 Krebspatienten und 180 Kontrollpersonen gewonnen. Letztere waren zum Zeitpunkt der Blutentnahme nicht an Krebs erkrankt, befanden sich jedoch zur Behandlung anderer Lungenerkrankungen im selben Krankenhaus. Die Zellen wurden bei -80° C gelagert. Nach dem Auftauen wurden sie mit PHA stimuliert und anschließend mit Bleomycin behandelt (20µg/ml über 30 min). Danach wurden sowohl die Bleomycin-(Mutagen-)sensitivität als auch die DNA-Reparaturkapazität der Zellen bestimmt: Patienten mit Bronchialkarzinom zeigten im Durchschnitt eine deutlich erhöhte Mutagensensitivität gegenüber den Kontrollpatienten (p<0001). Die DNA-Reparaturkapazität, gemessen in den ersten 15 min nach Mutagenbehandlung, war in den Lymphozyten der Patienten mit nicht-kleinzelligem DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention Bronchialcarcinom signifikant niedriger als in den Zellen der Kontrollen (67% versus 79.3%; p<0004). Weder bei den Fällen noch bei den Kontrollen konnten wir einen Einfluss des Alters oder Geschlechts der Patienten auf die gemessenen Parameter feststellen. Die Medianwerte für Mutagensensitivität und DNA-Reparaturkapazität bei den Kontrollen wurden als ‚cut-off’ Grenzwerte herangezogen, um das relative Risiko (odds ratio, OR) zu berechnen: Nach Adjustierung für Alter, Geschlecht und Rauchverhalten ergab sich ein OR=2.1 (95%CI 1.1-4) für die reduzierte DNA-Reparaturkapazität sowie ein OR=4 (95% CI 2.2-7.4) für die erhöhte Mutagensensitivität bei den Tumorpatienten gegenüber den Kontrollpatienten. Beide Parameter erwiesen sich als unabhängige Risikofaktoren für das Tabakrauch-assoziierte Bronchialcarcinom. Wiederholte Analysen von Lymphozyten desselben Spenders ergaben eine gute Reproduzierbarkeit der Methode. Die Lagerung der Zellen bei -80°C über einen Zeitraum von bis zu mehr als einem Jahr hatte keinen signifikanten Einfluss auf die Messergebnisse. Diese Resultate belegen, dass die von uns optimierte MikrogelElektrophorese-Technik geeignet ist, um individuelle Mutagen-sensitivität und DNA-Reparaturkapazität zu bestimmen: Sie ist sensitiv, schneller durchzuführen als zytogenetische Methoden und sie kann sowohl bei tiefgefroren gelagerten als auch bei nativen Lymphozyten eingesetzt werden. Zur weiteren Validierung der Methode wäre ihr Einsatz in großen prospektiven Studien zur Identifizierung von Hochrisikopatienten wünschenswert. 2. Untersuchungen zur Expression von DNA Reparaturgenen P. Schmezer, C. Mayer, O. Zelezny,P. Waas, O. Popanda, In Zusammenarbeit mit: W. Rittgen, Biostatistik, DKFZ; A. Bach, M.C. von Brevern, Axaron Bioscience AG, Heidelberg In weiterführenden Experimenten wollen wir solche DNAReparaturgene identifizieren und charakterisieren, die für die o.g. Störungen der DNA-Reparatur verantwortlich sein könnten. Dazu wird die Expression verschiedener menschlicher Reparaturgene auf der mRNA-Ebene untersucht. Hierzu entwickelten wir cDNA-Arrays, mit deren Hilfe die Expression von ca. 70 Genen, die bei der Reparatur von DNA-Schäden eine Rolle spielen, gleichzeitig gemessen werden kann. Aus IMAGE cDNA-Klonen isolierten wir für jedes dieser Gene repräsentative PCR-Fragmente. Nach Verifizierung der Identität der PCR-Fragmente durch Sequenzanalyse wurden diese Fragmente auf Arrays gespottet und fixiert. Mit Hilfe dieser Arrays wurde zunächst untersucht, ob sich das Expressionsmuster von DNA Reparaturgenen in ruhenden peripheren menschlichen Blutlymphozyten von dem in Mitogen-stimulierten (mit PHA behandelten) Zellen unterscheidet [6]. Es gibt Hinweise, dass die Fähigkeit der Zellen, DNA Schäden zu reparieren, mit ihrer Proliferationsaktivität zusammenhängen könnte. Es ist deshalb eine wichtige Frage für molekular-epidemiologische Studien, ob stimulierte oder ruhende Lymphozyten zur Messung der DNA Reparaturkapazität eingesetzt werden sollen. Es wurden Abteilung C0200 Toxikologie und Krebsrisikofaktoren Hybridisierungsexperimente sowohl mit ruhenden als auch mit PHA stimulierten Lymphozyten nach 0, 24, 48 und 72 Stunden durchgeführt. Die Signalintensitäten von 46 DNA Reparaturgenen war für eine quantitative Analyse ausreichend. Wir haben 12 Gene identifiziert, die 72 Stunden nach PHA Behandlung mit einem mehr als zweifachen Anstieg der Transkriptmenge reagierten, wobei der maximale Anstieg mehr als das Achtzehnfache betrug. Für die meisten der hochregulierten Reparaturgene ist bekannt, dass sie außer bei der DNA Reparatur auch eine Rolle bei der DNA Replikation spielen. Im Gegensatz hierzu beobachteten wir bei 34 von 46 Reparaturgenen (74%) keinen Anstieg des Expressionsniveaus, d.h. die Messwerte lagen innerhalb eines Bereichs, der das Zweifache des Vergleichswertes bei Zellen ohne PHA Behandlung nicht überschritt. Die Expressionswerte wurden unabhängig von den cDNA-Arrays verifiziert, und zwar unter Verwendung eines LightCyclers mittels quantitativer PCR im Echtzeit-Verfahren nach Reverser Transkription (real time RT-PCR). Bisher wurden die Expressionswerte von 8 Genen überprüft: 5 Gene die nach PHA Behandlung anstiegen und 3 Gene die nach Mitogenstimulierung konstant blieben. Für 6 dieser 8 Genen wurde eine qualitative und/oder quantitative Übereinstimmung beobachtet. Aus unseren Ergebnissen können wir schließen, dass es in humanen peripheren Blutlymphozyten nach PHA Stimulierung nicht zu einem generellen Anstieg der Genexpression von DNA Reparaturgenen kommt. Dieses Resultat steht im Einklang mit eigenen Comet Assay Untersuchungen an ruhenden und PHA-stimulierten Lymphozyten [6]: Die Reparaturkapazität PHA-behandelter und nicht behandelter Zellen wurde nach g-Bestrahlung gemessen. Wir konnten keine Unterschiede feststellen, weder in der Menge der durch die Bestrahlung induzierten DNA-Schäden noch in der DNAReparaturkapazität. Allerdings war der Basalwert (Menge an DNA Schäden ohne g-Bestrahlung) in den PHA-stimulierten Lymphozyten höher als in den ruhenden Zellen. Im weiteren Verlauf unserer Untersuchungen werden die Arrays verwendet, um Transkriptionsprofile von Lungenkrebspatienten mit normaler oder reduzierter DNA Reparaturkapazität zu erstellen. Erste Resultate zeigen eine gute Reproduzierbarkeit der Ergebnisse, die experimentelle Variation in einer wiederholten Analyse der RNA desselben Patienten war kleiner als zweifach. Dagegen zeigten mehrere Gene größere Expressionsunterschiede zwischen verschiedenen Patienten. Ob diese Unterschiede mit der DNA-Reparaturkapazität korrelieren, soll in einer Pilotstudie mit 30 Patienten geklärt werden. Zusätzlich soll durch die Analyse von Polymorphismen in DNAReparaturgenen geklärt werden, inwieweit eine reduzierte DNA-Reparaturleistung in Lungenkrebspatienten genetisch bedingt sein kann. DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 121 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention 3. Quantitative Erfassung der Poly(ADP-ribosyl)ierung P. Schmezer, N. Rajaee-Behbahani, C. Mayer, O. Zelezny, R. Gliniorz, P. Waas, U. Bollow, B. Bertram In Zusammenarbeit mit: A. Bürkle, Abteilung Gerontologie, Universität Newcastle, UK; H. Becher, Abteilung Tropenhygiene und öffentl. Gesundheitswesen, Universität Heidelberg; H. Ramroth, Abteilung Klinische Epidemiologie, DKFZ; A. Dietz, Abteilung Otolaryngologie, Kopf-Hals-Chirurgie, Universität Heidelberg. 122 Die Poly(ADP-Ribose)polymerase (PARP) ist ein nukleäres Enzym das durch bestimmte DNA Schäden (Strangbrüche) aktiviert wird. Sie katalysiert unter Verwendung von NAD+ die kovalente Modifikation von Proteinen durch ADP-Ribose-Polymere. Wir haben nach Induktion von DNA Schäden die Polymerbildung mittels eines Immunfluoreszenz-Verfahrens in intakten peripheren Blutlymphozyten des Menschen analysiert. Hierbei wurde die Reaktion der Lymphozyten auf Bleomycin untersucht, eine Verbindung, die bekanntermaßen DNA Einzel- und Doppelstrangbrüche induziert. Für diesen Zweck wurde ein Verfahren entwickelt, mit dessen Hilfe die Immunfärbung durch PC-gestützte Bildverarbeitung quantitativ erfasst werden konnte [12]. Als erste Anwendung dieser neuen Methode haben wir die Polymerbildung nach Bleomycin-Schädigung vergleichend in ruhenden und in Mitogen-stimulierten peripheren Blutlymphozyten untersucht. Ruhende menschliche Lymphozyten zeigten ähnliche Basalwerte für die Immunfärbung wie Phytohämagglutinin(PHA)-stimulierte Zellen (1.3±0.8 versus 2.2±0.9, p<0.3). Nach Bleomycin-Behandlung der Zellen konnte ein deutlicher Anstieg der Polymerbildung beobachtet werden, der in PHA-stimulierten Zellen signifikant höher war als in nicht-stimulierten Lymphozyten (9.2±1.4 versus 4.2±1.0, p<0.005). Erwartungsgemäß wurde die Immunfärbung des Polymers durch den Einsatz des ADP-Ribosylierungs-Inhibitors 3-Aminobenzamid unterdrückt und die Intensitätswerte der Immunfärbung sanken sowohl in ruhenden als auch in PHA-stimulierten Lymphozyten (1.2±0.7 versus 1.5±0.9). Unsere Beobachtungen zeigen, dass (i) Mitogen-stimulierte gegenüber ruhenden Lymphozyten eine verstärkte Polymerbildung nach Behandlung mit Bleomycin aufweisen und (ii) unsere neu entwickelte quantitative Immunfluoreszenz-Methode empfindlich und zuverlässig ist, um Veränderungen der Polymerbildungsrate in intakten Zellen reproduzierbar nachzuweisen. Diese neu entwickelte Methode wurde in einer klinischen Fall-Kontroll-Studie eingesetzt [10]. Da bekannt ist, dass Defekte in der DNA Reparatur mit einem erhöhten Tumorrisiko beim Menschen einhergehen können, haben wir untersucht, ob erworbene oder vererbte Änderungen in der PARP-Aktivität einen Einfluss auf das Risiko haben, an Larynxkrebs zu erkranken. Im Rahmen einer Fall-Kontroll-Studie zu genetischen sowie berufsund Lebensstil-bedingten Risikofaktoren für Larynxkrebs wurde mittels quantitativer Immunfluoreszenz-Analyse die PARP-Aktivität durch Messung der Poly(ADP-Ribose)Bildung in peripheren Blutlymphozyten erfasst. Die Abteilung C0200 Toxikologie und Krebsrisikofaktoren Polymerbildung wurde nach Behandlung der Lymphozyten von 69 Larynxkrebspatienten und 125 gesunden populationsbasierten Kontrollpersonen mit Bleomycin bestimmt. Das Ausmaß der Bleomycin-induzierten Polymerbildung, gemessen als durchschnittliche PixelIntensität, war in Larynxkrebspatienten (74.6; SE=3.7) signifikant niedriger als in Kontrollpersonen (94.5; SE=3.5) und wurde durch Faktoren wie Alter, Geschlecht oder Rauchverhalten nicht beeinflusst. Es war jedoch kein Unterschied bei den Basalwerten der Polymerbildung (ohne Bleomycin-Behandlung) zu beobachten (Fälle: 59.1; SE=5.2 / Kontrollen: 50.5; SE=3.7). Wenn man das höchste Tertil der Polymerbildung als Referenzwert heranzieht, ist das Risiko (odds ratio) für das niedrigste Tertil um den Faktor 3.79 (95% CI 1.37-10.47, p=0.01) erhöht. Dies bedeutet, dass periphere Blutlymphozyten von Patienten mit Larynxkrebs eine signifikant niedrigere Bleomycin-induzierte Poly(ADP-Ribose)-Bildung aufweisen als Zellen von gesunden Kontrollpersonen. Unsere Ergebnisse weisen darauf hin, dass eine verminderte Fähigkeit zur zellulären Poly(ADP-Ribose)-Bildung mit einem erhöhten Risiko für Larynxkrebs einhergehen könnte. Der diesem Befund zugrundeliegende Wirkmechanismus muss noch aufgeklärt werden. Zur Suche und Bewertung von Naturstoffen, die in der Lage sind, das zelluläre DNA Reparaturvermögen zu verbessern, haben wir eine Reihe von Experimenten mit (-)Epigallocatechingallat (EGCG) begonnnen, einem wichtigen Inhaltsstoff des grünen Tee. Beim Tee sind bisher keine Hinweise auf ein mutagenes oder krebserzeugendes Potential bekannt [3]. Es wird jedoch berichtet, dass er bemerkenswerte präventive Wirkung bei der Entstehung von Krebs- sowie kardiovaskulären Erkrankungen besitzt [2]. In unseren Untersuchungen erwies sich EGCG als wirkungsvoller Induktor der Bildung von Poly(ADP-Ribose) in einer Leukämie-Zellinie (Nalm6) sowie in menschlichen peripheren Blutlymphozyten. Bereits 10 min nach Behandlung der Zellen mit EGCG war in beiden Zelltypen ein deutlicher Anstieg von Poly(ADPRibose) festzustellen, der in den Nalm6 Zellen über 60 min, in Lymphozyten länger als 4 Stunden anhielt. Die parallele Bestimmung von DNA Schäden mittels Mikrogel-Elektrophorese weist jedoch auch auf eine mögliche gentoxische Wirkung von EGCG hin. Dieser Befund wird derzeit in unserem Labor weiter abgeklärt. 4. Mutationsanalyse bei Replikationsenzymen aus Tumorzellen O. Popanda, P. Waas In Zusammenarbeit mit: Prof. Dr. E. Hagmüller, Kreiskrankenhaus Bad Friedrichshall; im DKFZ: H.W. Thielmann, T. Flohr, J. Dai Das Genom maligner Tumoren ist von Mutationen und chromosomalen Modifikationen gekennzeichnet, die sich im Laufe der Tumorentstehung anhäufen. Nach der „Mutatorhypothese“ von L. A. Loeb können Veränderungen in Enzymen des Replikationsapparates und der DNA-Reparatur eine Ursache dieser genomischen Instabilität sein. Es war zu vermuteten, daß hierfür insbesondere Veränderungen von DNA-Polymerasen in Betracht DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention kommen, da deren Kopiergenauigkeit wesentlich zur akkuraten Replikation des Genoms beiträgt. Ist ihre Kopiergenauigkeit in malignen Zellen gestört, nehmen diese Enzyme am Entartungsprozeß teil, indem sie vermehrt Mutationen in den DNA-Tochterstrang einführen. Ziel dieser Forschungsaktivität war zu klären, ob in Tumorzellen die an der Replikation beteiligten DNAPolymerasen so verändert sind, daß sie Mutatoreigenschaften annehmen und zur Progression maligner Tumoren beitragen können. Für diese Untersuchungen wurden zwei Modellsysteme verwendet: (i) hoch maligne Novikoff-Hepatomzellen eines Lebertumors der Ratte, und normale, sich regenerierende Rattenleber [8] sowie (ii) sporadische Kolontumoren des Menschen [9]: (i) Im Rahmen dieser Aktivität wurden die cDNA-Sequenzen der DNA-Polymerase alpha und ihrer Untereinheiten in Novikoff-Hepatomzellen und normaler Rattenleber bestimmt. Durch Vergleich beider Sequenzen wurde eine Mutation in der regulativen Untereinheit B des DNA-Polymerase a-Primasekomplexes der Novikoff-Hepatomzellen identifiziert, die zu einem Aminosäureaustausch führte. Der streng parallel geführte Vergleich molekularer und biochemischer Eigenschaften der gereinigten DNAPolymerase-a Aktivitäten von normaler Rattenleber und Novikoff-Hepatomzellen ergab für das Enzym der malignen Zellen mehrere statistisch signifikante Unterschiede. Besonders erwähnt sei, daß die DNA-Polymerase a der Novikoffzellen signifikant empfindlicher gegenüber einigen Hemmstoffen der Zellproliferation (z. B.: Doxorubicin, Netropsin, Topotecan) reagierte. Die Sedimentationsanalyse zeigte, daß die in der Untereinheit B des DNA-Polymerase a-Primasekomplexes nachgewiesene Mutation eine Änderung der Konformation der Untereinheit B selbst sowie des gesamten Komplexes bewirkt. Aufgrund früherer Ergebnisse und durch Hinweise aus der Literatur können die abweichenden katalytischen Eigenschaften des DNA-Polymerase-a-Primasekomplexes durch die Konformationsänderung und ein dadurch möglicherweise verändertes Phosphorylierungsmuster erklärt werden. Vor allem im Hinblick auf eine therapeutische Nutzung ist die Beobachtung von Interesse, daß auch die Sensitivität gegenüber Hemmstoffen der Zellproliferation erhöht ist. (ii) Mehrere für Replikationsenzyme kodierende Gene wurden unter Verwendung molekularbiologischer Techniken auf Mutationen in Gewebeproben von menschlichen Kolontumoren und gesunder Mukosa geprüft (klinischer Kooperationspartner: Prof. Dr. E. Hagmüller). Es standen Tumor- und Normalgewebe von 19 Patienten sowie sechs Kolonkarzinomzellinien zur Verfügung; drei der Zellinien wiesen einen Defekt in der Basenfehlpaarungsreparatur auf. Die mittels Reverser Transkription und Polymerase-Kettenreaktion amplifizierten cDNAs der katalytischen Untereinheit der DNA-Polymerase a sowie jeweils eine Untereinheit der Replikationsfaktoren A und C wurden mit einer Methode zur Bestimmung des Einzelstrangkonformations-Polymorphismus (SSCPAnalyse) und durch DNA-Sequenzierung analysiert. Pro Abteilung C0200 Toxikologie und Krebsrisikofaktoren Gen wurden mindestens 10 Tumoren und 6 Zellinien untersucht. Eine Mutation, die ausschließlich in Tumoren auftritt und somit während der Tumorentwicklung entstanden ist, wurde nur in der cDNA der DNA-Polymerase a gefunden. Diese Mutation verursachte allerdings keine Änderung der Aminosäuresequenz und blieb damit ohne Wirkung auf die Proteineigenschaften oder das Zellwachstum. Weitere Mutationen wurden bei der DNA-Polymerase a nicht entdeckt. Beim Replikationsfaktor A wurde bei zwei Patienten eine abweichende Aminosäuresequenz im Normal- und Tumorgewebe identifiziert. Diese Mutationen liegen in der Nähe aktiver Zentren der jeweiligen Proteine, so daß deren Eigenschaften durch die Sequenzvarianten verändert sein könnten. Schlußfolgerungen: Die Analyse der biochemischen Eigenschaften von DNA-Polymerasen aus malignen Novikoff-Hepatomzellen zeigte, daß in Tumorzellen Veränderungen der DNA-Polymerasen vorkommen, die die Kopiergenauigkeit der Enzyme verändern und Mutatoreigenschaften in den Zellen auslösen können. Allerdings konnten beim Menschen keine tumorspezifischen Mutationen im Tumorgewebe nachgewiesen werden. Ein Grund für die überhaupt sehr geringe Zahl beobachteter Mutationen mögen die strengen Selektionsbedingungen im wachsenden Tumorgewebe sein, die alle Zellvarianten eliminieren, die nicht mit der Teilungsgeschwindigkeit der am schnellsten proliferierenden Zellen Schritt halten. So wurden in vivo nur wenige Sequenzvarianten der DNA-Polymerase d und des Replikationsfaktors A geduldet. Ob es sich bei diesen Varianten, die auch im Normalgewebe beobachtet wurden, um Polymorphismen handelt, die mit einem erhöhten Krebsrisiko einhergehen, wird die Analyse eines größeren Patientenkollektives und entsprechender Kontrollen zeigen. 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Etheno-DNA Addukte als Marker von DNA Schäden durch Lipidperoxidation Erhöhter oxidativer Stress und Lipidperoxidation (LPO) werden mit Krebs und neurodegenerativen Erkrankungen in Verbindung gebracht. Seit langem wird LPO eine Rolle bei der Tumorpromotion und -progression zugeschrieben, doch erst kürzlich konnte gezeigt werden, dass Etheno(e)-DNA-Addukte aus LPO-Produkten gebildet werden. Die Entwicklung und Validierung von Analysemethoden für DNA-Addukte soll deshalb zum Verständnis der Bildung von exogenen und endogenen DNA-reaktiven Metaboliten beitragen. Weiterhin werden diese Adduktmarker bereits in Biomonitoring- und Chemopräventionsstudien angewandt. Die Bildung von Inflammatory processes Normal colon epithelium Abb. 1 Bildung von exozyklischen (Etheno)-DNA-Addukten aus Lipidperoxidationsprodukten (z.B. 4-Hydroxynonenal, HNE und Malonaldehyd, MDA), die durch oxidativen Stress in der Säugetierzelle aus Linolsäure und Arachidonsäure gebildet werden und auch beim Menschen nachgewiesen wurden. Anhäufung solcher promutagenen DNA-Läsionen (z.B. im Darmepithel) führt zu genetischer Instabilität, die den Übergang von gutartigen in bösartige Zellen vorantreibt (Bartsch und Nair, 2000). Abteilung C0200 Toxikologie und Krebsrisikofaktoren COX2, LOX, iNOS, Cytokines Linoleic acid Lipid peroxidation PLA2 Arachidonic acid Membrane phospholipids ROS RNS DNA-reactive aldehydes (HNE, MDA) Oxidative stress Exocyclic-DNA adducts Impaired DNA repair Loss of apoptotic response Increased DNA damage, cell proliferation and mutations à Adenoma à Carcinoma Hyperplasiaà DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention DNA-Addukten ist eine der frühesten Stufen von messbaren genetischen Schäden der Zelle. Werden diese nicht repariert, so führen diese nach Zellteilung zu Mutationen, die sich anhäufen und zu genomischer Instabilität und Krebswachstum führen können (Abb. 1). Bisherige Untersuchungen bestätigten die Nachweisempfindlichkeit und Spezifität unserer entwickelten Methoden zur Messung von Etheno-DNA-Addukten, die durch oxidativen Stress und LPO entstehen. In früheren Untersuchungen konnte eine verstärkte DNA-Schädigung durch chronisch entzündliche Prozesse und Aufnahme von w-6 PUFA-reicher Nahrung mit einer erhöhten Etheno-Addukt-Bildung assoziiert werden. Die bisher meist benutzte Messmethode für oxidative DNA-Schäden ist die Bestimmung der oxidierten DNA-Base 8-OxoDesoxyguanosin. Jedoch bestehen wegen der Artefaktbildung Unsicherheiten über die Verlässichkeit dieses Biomarkers. Die Messung stabilerer, sekundärer Marker für DNA-Schäden, wie den Etheno-DNA-Addukten, erwies sich als besserer Indikator, um durch erhöhten oxidativen Stress und Lipidperoxidation bedingte DNA-Schäden zu erfassen, was durch die nachfolgenden Untersuchungen bestätigt wurde: 1.1 Etheno-DNA-Addukte im Darmepithel von Patienten mit Morbus Crohn (CD), Colitis Ulcerosa (UC) und familiärer adenomatöser Polyposis (FAP) 1,N6-Ethenodesoxyadenosin (edA) und N3,4-Ethenodesoxycytidin (edC) wurden im Darmgewebe dieser Patienten mit hohem Darmkrebsrisiko zum ersten Mal nachgewiesen. Beide Etheno-Addukte waren in FAP- und CDPatienten erhöht, während bei UC-Patienten nur edC im Vergleich zur normalen Kolon-DNA angereichert war. Die Bildung von Etheno-DNA-Addukten in FAP-Patienten ist einem erhöhten Arachidonsäure-Metabolismus zuzuschreiben, dies in Folge einer Überexprimierung der Phospholipase A2 - und Cyclooxygenase 2 im Darmepithel (s. Abb. 1). Im Falle der entzündlichen Darmerkrankungen CD und UC wird die Adduktbildung auf erhöhten oxidativen Stress und Lipidperoxidation zurückgeführt, die als Folge chronisch entzündlicher Prozesse und einer Überproduktion von NO in den Zielzellen einhergehen. 1.2 Nachweis von Etheno-Addukten in Patienten mit chronischer Pankreatitis Hier wurden stark erhöhte Etheno-Addukt-Spiegel im Pankreasgewebe dieser Patienten im Vergleich zu normaler Pankreas-DNA gemessen. 1.3 Nachweis von 1,N6-Ethenodesoxyadenosin (edA) im Urin durch eine Immunaffinitäts-HPLC-FluoreszenzMethode In Zusammenarbeit mit Dr. T. Hanaoka, National Cancer Research Institute, Chiba, Tokio, Japan. Wie bereits früher gezeigt, werden die Etheno-AdduktSpiegel beim Menschen durch Nahrungsfaktoren, Hormonmetabolismus und entzündliche Prozesse beeinflusst. Zu ihrem leichteren Nachweis und zur Untersuchung über die Persistenz dieser DNA-Läsionen beim Menschen wurde eine nicht-invasive, empfindliche Analy- Abteilung C0200 Toxikologie und Krebsrisikofaktoren se-Nachweismethode für im Urin ausgeschiedenes edA entwickelt, die auf Immunaffinitätsreinigungs-HPLC-Fluoreszenz-Bestimmungen beruht. Mit Hilfe dieser Methode kann das Ausmaß von DNA-Schäden, die durch oxidativen Stress und Lipidperoxidation ausgelöst werden, im Menschen nicht-invasiv untersucht werden. Damit können ätiologische Faktoren, wie hohe Fettaufnahme, niedrige Antioxidantien-Spiegel sowie chronisch entzündliche Prozesse, die bei der Krebsauslösung eine Rolle spielen, in Urinproben untersucht werden (Nair 1999). In einer Interventionsstudie in Japan wurde die Ausscheidung von edA im Urin in nichtrauchenden postmenopausalen Frauen in Nordjapan untersucht. Dabei wurde der Erfolg einer diätetischen Beratung, die Salzeinnahme zu reduzieren und höhere Vitamin C- und Karotin-Mengen zu sich zu nehmen durch Fragebögen und biochemischen Analysen bestimmt. Aus einer großen Kohorte wurden 30 postmenopausale Frauen (60 - 69 Jahre alt) in der Interventionsgruppe und 30 gematchte Frauen in der Kontrollgruppe untersucht. Vor der Intervention war der edA-Spiegel im Harn positiv mit der ausgeschiedenen Kochsalz-Konzentration korreliert (R = 0,33; P = 0,01); ebenso korrelierte edA mit der Einnahme von w-6 vielfach ungesättigten Fettsäuren (R = 0,28, P = 0,03). Die Ergebnisse dieser Pilotstudie stützen die Annahme, dass das ausgeschiedene edA im Harn von DNA-Schäden herstammt, die durch Kochsalz über chronisch entzündliche Prozesse im Magen ausgelöst werden. Ein bereits nachgewiesener Zusammenhang zwischen der Aufnahme von w-6 PUFA-reicher Nahrung und erhöhter Etheno-Addukt-Bildung in Lymphozyten weiblicher Probanden wurde in dieser Studie weiter bestätigt. Die biologische Relevanz von edA als Biomarker in Biomonitoring- und klinischen Studien wird weiter untersucht [9]. 1.4 Immunhistochemische Methoden zum Nachweis von Etheno-Addukten in Gewebeschnitten Eine von uns entwickelte semiquantitative, immunhistochemische Nachweismethode für edA konnte in der Leber-DNA von Ratten, die Vinylchlorid inhaliert hatten oder eine erhöhte Dosis von FeII erhielten, zellspezifisch erhöhte DNA-Spiegel dieser Addukte nachweisen [15]. 1.5 Die Rolle von COX-2 und Lipoxygenase (LOX) bei der Entstehung von Etheno-DNA- Addukten In Zusammenarbeit mit Dr. G. Fürstenberger, DKFZ. Bei Untersuchungen zur Entstehung des Mäusehautkarzinoms (DMBA als Initiator, TPA als Promotor) wurden Gewebespiegel von 8- und 12- HETE sowie Etheno-Addukte in Papillomen und Tumoren der Maushaut gemessen. Dabei wurde eine enge Korrelation von HETE-Konzentration und Etheno-Addukt-Spiegel beobachtet, wobei die höchste DNA-Schädigung bereits in gutartigen Krebsvorstufen auftrat. Damit wurde bewiesen, dass in Vorstufen des Mäusehautkarzinoms eine gestörte Regulation des Lipoxygenase/Arachidonsäure-Stoffwechsels auftritt, wobei eine Akkumulation dieser ArachidonsäureMetaboliten (HETEs) mit einer Zunahme von genetischen Defekten einhergeht [12]. Erhöhte Etheno-DNA-Addukt- DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 125 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention Spiegel wurden auch in den Darmpolypen von FAP-Patienten nachgewiesen [14]. Der relative Beitrag von COX-2 und LOX wird anhand von Zelllinien mit Überexprimierung dieser Enzyme gemessen. 1.6 Aufnahme von Fettsäuren in der Nahrung und Bildung von Etheno-Addukten bei premenopausalen Frauen In Zusammenarbeit mit Dr. N. Becker, DKFZ 126 In dieser Studie wurde das Vorkommen von Etheno-Addukten in Lymphozyten von Frauen nach niedriger und hoher Fettsäureaufnahme in der Nahrung geprüft [8]. Verbliebene Serum- und Lymphozytenproben aus der Heidelberger EPIC-Studie wurden nach den Angaben im Fragebogen in zwei Gruppen unterteilt: > 15 g (A) und < 5 g (B) Linolsäure-Aufnahme pro Tag. Das Verhältnis von Linolsäure- zu Ölsäurekonzentration im Serum wurde gemessen und die Etheno-Addukt-Spiegel in Lymphozyten bestimmt. Als Gruppenwert waren die Linolsäurekonzentrationen signifikant höher in der A- als in der B-Gruppe, was auch für die Ölsäurekonzentration zutraf. Das Verhältnis der Konzentrationen beider Fettsäuren war jedoch in beiden Gruppen gleich. Etheno-Addukt-Spiegel waren nicht signifikant verschieden in der A- und B-Gruppe, jedoch zeigte ein Drittel der Probanden mehr als das Doppelte der medianen Adduktwerte aller Teilnehmer. Durch Fragebögen wurde die eingenommene Menge von Antioxidantien in der Nahrung abgeschätzt und mit den Etheno-Addukt-Spiegeln in Lymphozyten korreliert. Unter den analysierten Parametern bewirkte die Einnahme von Gemüse und Vitamin E eine signifikante Reduzierung der edA-Spiegel im Blut. Diese Ergebnisse bestätigen den protektiven Effekt von Vitamin E und Gemüseeinnahme gegen oxidativen Stress und durch Lipidperoxidation ausgelöste DNA-Schäden. 1.7 Erhöhte Etheno-DNA-Addukt-Spiegel und Mutationsrate in transgenen Mäusen mit verminderter G6PD-Enzymaktivität. In Zusammenarbeit mit Dr. K. Felix und Dr. S. Janz, National Cancer Institute, NIH, Bethesda, USA. Das von G6PD-generierte NADPH spielt eine wichtige Rolle beim Schutz der Zelle gegenüber oxidativem Stress. Ein möglicher Zusammenhang mit der Auslösung von somatischen Mutationen und einer G6PDDefizienz wurde in einem transgenen Mäusestamm untersucht, der ein ‘low efficiency’ Allel der G6PD und einen Shuttle-Vektor pUR288 zum Nachweis von Mutationen trägt. Das Hirn männlicher Tiere zeigte wegen der auf 13 % erniedrigten G6PD-Aktivität deutliche Störungen des Redox-Gleichgewichtes, d.h. eine dreifache Verminderung des Verhältnisses von reduzierten zu oxidierten Glutathion. Eine Anhäufung promutagener EthenoAddukte (13-fach für edA und 5-fach für edC) wurde nachgewiesen, die mit einer dreifach erhöhten somatischen Mutationsrate einherging. Die Ergebnisse belegen die wichtige Schutzfunktion der G6PD in der Säugetierzelle [5]. Abteilung C0200 Toxikologie und Krebsrisikofaktoren 2. Nachweismethode für O4-Ethyl-Thymidin (O4-etT) J. Nair, R. Godschalk In Zusammenarbeit mit Dr. M. Wiessler und Dr. C. Kliem, Abteilung Molekulare Toxikologie, DKFZ Neben dem Nachweis von Etheno-DNA-Addukten wurde auch eine verbesserte Methode zur quantitativen Bestimmung von O4-etT entwickelt. Unter den Dutzend verschiedener Alkylierungsprodukte in der DNA, die z.B. durch karzinogene N-Nitrosoverbindungen gebildet werden, zählt O4-etT zu den wichtigen promutagenen DNA-Läsionen, die hauptsächlich AT®GC Punktmutationen hervorrufen. Obwohl O4-etT anfänglich in relativ niedriger Ausbeute gebildet wird, reichert es sich wegen der unvollständigen DNA-Reparatur in der Zelle an und spielt deshalb in der Karzinogenese eine wichtige Rolle. Eine erhöhte Ausscheidung von ethylierten DNA-Basen wurde im Harn von Zigarettenraucher nachgewiesen. Um die Ethylierung der DNA in Zielorganen von Rauchern nachzuweisen, wurde eine 32P-PostlabellingImmunanreicherungs-Methode für O4-etT entwickelt. O4etT-3'-Monophosphat wurde synthetisiert, aufgereinigt und durch LC-MS, ESI-MS und NMR charakterisiert. Zur Validierung der Methode wurden O4-etT-Spiegel in DNA bestimmt, die zuvor mit N-Ethyl-N-Nitroso-Harnstoff in vitro behandelt wurde. Dabei wurde eine konzentrationsabhängige Bildung von O4-etT nachgewiesen. Weiterhin wurde O4-etT in der DNA von alveolaren Makrophagen bestimmt, die aus dem Sputum von Rauchern isoliert wurden. Das Addukt wurde in zwei der vier Raucher nachgewiesen, nicht aber in Nichtrauchern gefunden. Da O4-etT in der DNA schlecht repariert wird, ist diese Verbindung geeignet, um durch Biomonitoring Tabakrauch-assoziierte DNA-Schäden nachzuweisen. Wie gezeigt, besitzt unsere neu entwickelte Methode eine genügend hohe Nachweisempfindlichkeit und Spezifität, um O4-etT in Surrogatzellen von Zigarettenrauchern nachzuweisen. Lungengewebe von Rauchern (Operationsmaterial) wird derzeitig auf den Gehalt von O4-etT in der DNA untersucht [7]. Publikationen (* = externe Koautoren) [1] Bartsch, H., Nair, J.: New DNA-based biomarkers for oxidative stress and cancer chemoprevention studies. European Journal of Cancer 36 (2000) 1229-1234. [2] Bartsch, H., *Phillips, D.H., Nair, J., *Hewer, A., *MeybergSolomeyer, G., *Grischke, E.M.: Lack of evidence for tamoxifenand toremifene-DNA adducts in lymphocytes of treated patients. Carcinogenesis 21 (2000) 845-847. [3] Bartsch, H., Nair, J.: Ultrasensitive and specific detection methods for exocylic DNA adducts: markers for lipid peroxidation and oxidative stress. Toxicology 153 (2000) 105-114. [4] Bartsch, H., Nair, J., Owen, R.W.: Dietary polyunsaturated fatty acids and cancers of the breast and colorectum: emerging evidence for their role as risk modifiers. Carcinogenesis 20 (1999) 2209-2218. [5] *Felix, K., *Rockwood, L.D., *Pretsch, W., Nair, J., Bartsch, H., *Bornkamm, G.-W., *Janz, S.: Moderate g6pd deficiency increases mutation rates in the brain of mice. Free Radical Biology & Medicine 32 (2002) 663-673. DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention [6] *Freese, R., *Basu, S., *Hietanen, E., Nair, J., *Nakachi, K., Bartsch, H., Mutanen, M.: Green tea extract decreases plasma malondialdehyde concentration but does not affect other indicators of oxidative stress, nitric oxide production, or hemostatic factors during a high-linoleic acid diet in healthy females. European Journal of Nutrition 38 (1999) 149-157. [7] Godschalk, R.W.L., Nair, J., Kliem, C., Wiessler, M., *Bouvier, G., Bartsch, H.: Modified immuno-enriched 32P-HPLC assay for the detection of O4-ethylthymidine in human biomonitoring studies. Chemical Research in Toxicology 15 (2002) 433-437. [8] Hagenlocher, T., Nair, J., Becker, N., Korfmann. A., Bartsch, H.: Influence of Dietary Fatty Acid, Vegetable, and Vitamin Intake on Etheno-DNA Adducts in White Blood Cells of Healthy Female Volunteers: A Pilot Study. Cancer Epidemiology, Biomarkers and Prevention 10 (2001) 1187-1191. [9] *Hanaoka, T., Nair, J., *Takahashi, Y., *Sasaki, S., Bartsch, H., *Tsugane, S.: Urinary excretion of 1, N6-ethenodeoxyadenosine, a marker of oxidative DNA damage in postmenopousal Japanese women participating in a dietary intervention trial in Northern Japan. International Journal of Cancer (2002) in press. [10] *Marrogi, A.J., *Khan, M.A., *van Gijssel, H.E., *Welsh, J.A., *Rahim, H., *Demetris, A.J., *Kowdley, K.V., *Hussain, S.P., Nair, J., Bartsch, H., *Okby, N., *Poirier, M.C., *Ishak, K.G., *Harris, C.C.: Oxidative Stress and p53 Mutations in the Carcinogenesis of Iron Overload-Associated Hepatocellular Carcinoma. Journal of the National Cancer Institute 93 (2001) 1652-1655. [11] Nair, J.: Lipid peroxidation-induced etheno-DNA adducts in humans. In: Exocyclic DNA adducts in Mutagenesis and Carcinogenesis, B. Singer & H.Bartsch (Eds) IARC Sci Publ. 1999; (150):55-61.IARC, Lyon, France. [12] Nair, J., Fürstenberger, G., *Burger, F., Marks, F., Bartsch, H.: Promutagenic etheno-DNA adducts in multistage mouse skin carcinogenesis: correlation with lipoxygenase-catalyzed arachidonic acid metabolism. Chemical Research in Toxicology 13 (2000) 703-709. [13] *Navasumrit, P., *Ward, T.H., *O’Connor, P.J., Nair, J., Frank, N., Bartsch, H.: Ethanol enhances the formation of endogenously and exogenously derived adducts in rat hepatic DNA. Mutatation Research 479 (2001) 81-94. [14] Schmid, K., Nair, J., *Winde, G., *Velic, I., Bartsch, H.: Increased levels of promutagenic etheno-DNA adducts in colonic polyps of FAP patients. International Journal of Cancer 87 (2000) 1-4. [15] Yang, Y., Nair, J., *Barbin, A., Bartsch, H.: Immunohistochemical detection of 1,N6-ethenodeoxyadenosine, a promutagenic DNA adduct, in liver of rats exposed to vinyl chloride or an iron overload. Carcinogenesis 21 (2000) 777-781. Klinische Interventionsstudien (C0207) B. Spiegelhalder, R.W. Owen 1. Interventionsstudien zur Ernährung und Kolorektalkrebs R.W. Owen, G. Würtele, B. Spiegelhalder In Zusammenarbeit mit Jürgen Wahrendorf (Umweltepidemiologie, DKFZ) Björn Hofstad, Morten Vatn (Rikshospitalet, The National Hospital, Medical Department A, Oslo, Norwegen), Claire Bonithon-Kopp, Jean Faivre (ECP Colon Cancer Working Group, Registre des Tumeurs Digestives de la Cote-d´Or, Faculté de Medicine, Dijon, Frankreich. Einem hohen Gehalt an Kalzium (Owen 1998 In: Recent Results in Cancer Research Vol 146 195-213) und/oder Ballaststoffen (Hill et al. 1997 European Journal of Cancer Prevention 6 512-514) in der Nahrung wird eine Schutzwirkung gegen Kolorektalkrebs zugeschrieben. Abteilung C0200 Toxikologie und Krebsrisikofaktoren Die Art Wirkmechanismen werden die Chelatbildung (Kalzium) und Verdünnung (Ballaststoffe) von potentiell cokarzinogenen Lipiden im Darm angesehen. Um diese Hypothese zu testen, wurden eine Reihe von Interventionsstudien bei Adenompatienten initiiert. In einer Pilotstudie zu Plazebo-Kalzium kontrollierten Intervention (35 Patienten) wurde keine Reduzierung der Darmzellproliferation gefunden (Weisgerber et al. 1996 Gut 38 396402.). In einer weiteren etwas größeren Studie zur Intervention mit Kalzium und Antioxidantien wurde ein geringer nicht signifikanter Hemmeffekt des Adenomwachstums in-situ registriert, wohl aber war die Neubildung von Adenomen signifikant inhibiert (Hofstad et al. 1998 Digestion 59 148-156.). Weiter wurde in Zusammenarbeit mit der ECP (European Agency for Cancer Prevention) eine gesamteuropäische (10 Länder) Langzeit (3 Jahre) kontrollierte Kalzium-Ballaststoff (Fybogel) Intervention mit Placebokontrolle bei insgesamt 665 Patienten mit sporadischen Adenomen durchgeführt und abgeschlossen. Am DKFZ wurden (1997 - 1998) Stuhlproben von 1003 Patienten (jeweils vor und nach der Intervention) auf Lipid- und Mineralstoffgehalt untersucht. Das Verhältnis zwischen Ernährung, Zellproliferation, Adenomrezidivierung, Lipid- und Mineralstoffspiegel im Darm, Antioxidantienstatus und der Wirkung der Intervention auf diese Werte wurden ausgewertet und veröffentlicht. Die klinischen Ergebnisse [1] zeigten, dass die Kalziumintervention einen geringen jedoch nicht signifikanten präventiven Effekt auf die Adenomrezidivierung ausübte. Der Effekt war jedoch statistisch signifikant in Patienten, deren tägliche Einnahme von Kalzium niedrig lag. Überraschenderweise hatte die Intervention mit Ballaststoffen zur Folge, dass die Adenomrezidivierung signifikant erhöht wurde. Dies war besonders in männlichen Teilnehmern aus Skandinavien sichtbar. Außerdem zeigte die Ballaststoff-Intervention eine deutlich dosisabhängige interaktive Wechselwirkung mit der Kalziumaufnahme in der Nahrung. Die Hypothese, dass Gallensäuren in der Adenom-Karzinom-Sequenz eine Rolle spielen, wurde durch keine dieser Studien unterstützt. Jedoch werden die Gesamtdaten der ECP-Studie derzeitig noch einmal sorgfältig statistisch analysiert. 2. Phenol- und Lipidkomponenten und ihre Vorstufen in Speiseölen als mögliche protektive Faktoren gegen Kolorektal- und Brustkrebs R.W. Owen, R. Haubner, B. Spiegelhalder In Zusammenarbeit mit William E. Hull (Abteilung Zentrale Spektroskopie, DKFZ), Attilio Giacosa (Istituto Nazionale per la ricerca sul cancro, Istituto scientifico per lo studio e la cura del tumori, 16132 Genova, Italien), Petcharin Srivatanakul (National Cancer Institute, Bangkok, Thailand). 2.1 Oliven und Olivenöl Die mediterrane Ernährung wird mit einer geringen Inzidenzrate bei verschiedenen Erkrankungen, vor allem Kolorektal- und Brustkrebs, assoziiert. Als Hauptursache dafür wird der Verzehr von Olivenöl angesehen, das zu mehr als 70 % aus Ölsäure (n9), einer einfach gesättigten, langkettigen Fettsäure besteht und eine Reihe von Phenolen erhält. Da die vermehrte Aufnahme von DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 127 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention 128 mehrfach ungesättigten, langkettigen Fettsäuren (n6) mit einem Brustkrebsrisiko in Verbindung gebracht wird [2], (Nair et al. 1997 Biomarkers and Prevention 6 597-601) und um zu verstehen, warum Olivenöl gegenüber anderen Ölen eine bessere Schutzwirkung hat, wurden unterschiedliche italienische Oliven- und Speiseöle (n = 30) auf ihren Gehalt an phenolischen Antioxidantien und Lipiden untersucht. Extraktions-, GLC- und HPLC-Protokolle wurden für den Nachweis und die Auftrennung der Lipid- und Phenolkomponenten optimiert. Mittels MS und NMRS wurde eine Reihe wichtiger Antioxidantien identifiziert: Squalen, einfache Phenole, Secoiride, Lignane und Flavonoide [3-6]. Der Nachweis und die strukturelle Charakterisierung von Lignanen und Flavonoide im Olivenöl gelang zum ersten Mal. Die Untersuchungen wurden auf den Antioxidantiengehalt von Oliven ausgeweitet. Schwarze und grüne Oliven enthalten sehr hohe Konzentration (10 - 20 fach höher als extra-virgin Olivenöl) an diesen Substanzen, womit sie bei Verzehr zur gesundheitsfördernden Wirkung der mediterranen Ernährung beitragen könnten. Die einzelnen aus Olivenöl extrahierten und isolierten Phenole weisen starke antioxidative Wirkung auf, vergleichbar mit dem klassischen Antioxidant Vitamin E. Diese Ergebnisse sollten nicht nur bei chemopräventiven Maßnahmen sondern auch in zukünftigen epidemiologischen Studien Berücksichtigung finden, wobei nicht nur die Art und Zusammensetzung der Öle von Bedeutung sind, sondern auch die Häufigkeit des Verzehrs von Oliven. Unsere Untersuchungen werden derzeitig auf Olivenöle/Oliven aus weiteren Mittelmeerländern ausgedehnt. 2.2 Palm-, Sesam- und Sojabohnenöl aus Thailand im Vergleich zu anderen Speiseölen Neben der mediterranen Ernährung in Europa dürfte auch die Ernährungsweise in fernöstlichen Ländern zur Aufnahme von Antioxidantien führen, die nicht in typischen westlichen Nahrungsmitteln enthalten sind. Als Beispiel hierfür ist Thailand, welches eine extrem niedrige Inzidenz an Kolorektal- und Brustkrebs aufweist. Um diese Hypothese zu überprüfen, wurde eine Zusammenarbeit zwischen dem DKFZ und dem National Cancer Institute, Bangkok etabliert. Unterschiedliche (n = 20) Speiseöle uns Thailand wurden untersucht und dabei die gleichen Analysemethode wie für Olivenöl angewandt. Nicht raffiniertes Palmöl enthielt erhebliche Mengen an antioxidativen Phenolsäuren, z.B. 3,4Dihydroxybenzoessäure, Vanillinsäure und pCoumarinsäure. Im Gegensatz enthielten die raffinierten Palmöle (n = 6) keine dieser phenolischen Säuren sondern erhebliche Mengen an wahrscheinlich synthetischen Antioxidantien. Durch GC/MS- und NMRS-Analysen wurde die Substanz als Butyldihydroxyanisol (BDHA) identifiziert. Untersuchungen sind im Gange, um die Frage zu klären, ob diese Substanz zugesetzt wurde oder während der Ölraffinierung entsteht. Unter den anderen untersuchten Speiseölen war Sesamöl besonders reich an nicht polaren antioxidativ wirkenden Phenolen, z.B. Sesamin und Sesamolin, die in Konzentrationen von 2 g pro kg nachgewiesen wurden. Vorstufen, die in Sesamsamen vorkommen, sind eine komplexe Mischung von Abteilung C0200 Toxikologie und Krebsrisikofaktoren Glykosiden, Sesaminol und Pinoresinol sowie weiteren polyphenolischen Substanzen. Diese Substanzklassen von Antioxidantien wurden jedoch nicht in Ölen aus Sojabohnen, Sonnenblumen, Mais und Erdnüssen gefunden. Derzeitig werden genügend Substanzmengen auf die neu identifizierten Antioxidantien isoliert, die dann in Screening-Tests auf ihr krebsvorbeugendes Potential untersucht werden (in Zusammenarbeit mit C. Gerhäuser und P. Schmezer). 2.3 Leinsamen und Leinöl bezüglich des Vorkommens von Lignanen im Säugetier-Organismus Lignane werden im Säugetier-Organismus im Darm durch bakterielle Verstoffwechslung von Vorstufen aus der Nahrung gebildet. Ihnen wird eine Schutzwirkung gegen Brustkrebs zugeschrieben, da sie eine ähnliche Struktur wie das Tamoxifen aufweisen. Diese so im Körper bebildeten Lignane wurden als Enterodiol (ENND) und Enterolacton (ENNL) identifiziert und ihre hauptsächlichen Vorstufen sind Secoisolariciresinol-Diglucosid (SDG), das als Hauptkomponente in einem komplexen, phenolischen, polymeren Gemisch (CPP) in Leinsamen vorkommt. Leinöl im Gegensatz zu Oliven- und Sesamöl enthält dagegen sehr niedrige SDG-Spiegel, da die polymere CPP-Fraktion in Öl unlöslich ist. Wir haben die polymere CPP-Fraktion jetzt untersucht und eine Anzahl von Phenolsäuren sowie weitere Substanzen, die darin enthalten sind, charakterisiert. Nach Isolierung genügender Mengen werden in in vitro Testsystemen die Substanzen auf ihr chemopräventives Potential untersucht. 3. Phenole in humanen Stuhlproben Viele der Substanzen, die aus verschiedenen Speiseölen und ihren Vorstufen isoliert wurden, sind Glykoside. Da käuflichen Enzyme nur sehr schlecht die phenolischen Glykoside spalten, haben wir eine neue Methode entwikkelt, wobei die im Stuhl vorkommenden Glykosylasen eingesetzt werden, um z.B. das Monoglykosid des Secoisolariciresinols innerhalb von drei Stunden abzuspalten. Diese neue Methode wurde auf Stuhlproben aus der ECP-Kalzium-/Ballaststoffinterventionsstudie angewandt und erlaubte die phenolischen Antioxidantien quantitativ zu bestimmen, wobei 30 verschiedene Substanzen dieser Klasse mit Hilfe von GC/MS und ESI-LC/MS identifiziert wurden. Die neue Methode wird jetzt auf Proben, die aus drei Ländern der ECP-Studie - Dänemark, Deutschland, Italien - stammen, die einen Nord-Süd-Gradienten bei der Krebshäufigkeit darstellen, angewandt. Bereits in einer Pilotstudie wurde ein bemerkenswerter Zusammenhang zwischen dem Vorkommen dieser phenolischen Antioxidantien in Stuhlproben und der Inzidenz von Brust- und Kolorektalkrebs gefunden. Eine größere Studie ist in Planung. 4. Fermentationsstudien R.W. Owen, B. Spiegelhalder Die Bildung von Lignanen im Säugetierorganismus aus Leinsamen wurde 1980 vorgeschlagen, aber die genauen Bildungsmechanismen waren nicht bekannt. Nach der Isolierung mehrerer Gramm SDG wurden anaerobe Fermentationsexperimente von uns durchgeführt. Nach DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention anaerober Inkubation bei 37° für 72 Stunden in Gegenwart von 1 % Fäkalmatrix, Aufarbeitung der verschiedenen Fraktionen, konnten in der Tat mehrere Metaboliten durch GC/MS und ESI-LC/MS charakterisiert werden [7]. Die Strukturen konnten durch NMR bestätigt werden und somit Umwandlung von SDG durch die fäkale Mikroflora in Säugetier-Lignanen vollständig aufgeklärt werden. Da nun genügende Mengen dieser Substanzen aufbereitet werden können, werden sie auf ihr krebsvorbeugendes Potential untersucht. Weiterhin wurde der Metabolismus von Lignanen aus Olivenöl, Sesamöl und Sesamsamen untersucht. Es konnte gezeigt werden, dass diese ölspezifischen Lignane ebenfalls durch die fäkale Mikroflora in die Säugetier-Lignane ENND und ENNL verstoffwechselt werden [8]. Diese neuen Befunde erklären, warum immer höhere Ausbeuten an SäugetierLignanen im Darm gefunden wurden, als die durch die Einnahme von SDG erwartete Menge. Bei diesen Untersuchungen wurden auch neue Lignan-Vorstufen entdeckt, deren Strukturaufklärung im Gange ist. 5. Antioxidantien-Gehalt von Rotwein R.W. Owen, G. Würtele, B. Spiegelhalder Das Vorkommen verschiedener Klassen von Antioxidantien in Rotwein ist gut untersucht und verschiedene Klassen dieser Stoffe wurden bisher identifiziert. Es wurde beobachtet, dass Probanden, die kein Olivenöl konsumierten, dennoch nachweisbare Mengen an Tyrosol und Hydroxytyrosol im Stuhl ausschieden. Wegen der Annahme, dass diese Substanzen aus Getränken stammen, wurde eine ausführliche Analyse phenolischer Antioxidantien in grünem und schwarzem Tee und Rotwein durchgeführt. Das Spektrum der Antioxidantien in Tee war mit dem bereits publizierten identisch, jedoch enthielt Rotwein erhebliche Mengen an Hydroxytyrosol sowie weitere Komponenten, die bisher nicht im Rotwein beschrieben wurden. Die Antioxidantien wurden durch chromatografische Verfahren getrennt und massenspektrometrisch identifiziert. Mit Hilfe einer Reihe von neu etablierten LC/MSD-Progammen können wir das Antioxidantienprofil von Weinproben durch eine direkte Injektion von etwa 20 µl Wein erhalten. Bis heute wurden über 50 antioxidative Substanzen in Rotwein nachgewiesen und identifiziert. Unsere neue Analysenmethode erlaubt einen schnellen Vergleich der Antioxidantienkapazität von Wein, z.B. in Chemopräventionsstudien. 6. Reaktive Sauerstoffradikale (ROS) in der Krebsentstehung R.W. Owen, G. Würtele, B. Spiegelhalder Für die zuverlässige Bestimmung von Phytat (phytic acid = PA) und ROS in human Stuhlproben wurden HPLC-Methoden entwickelt (Owen et al. 1996 Gut 38 591-597; Owen et al. 1996 European Journal of Cancer Prevention 5 233-240; Owen et al. 1997 Journal of Cancer Research and Clinical Oncology 12 (Supplement 1) 2; Owen et al. 1998 European Journal of Cancer Prevention 7 (suppl 2) S41-S54). Mit einer verbesserten HPLC-Methode konnte Abteilung C0200 Toxikologie und Krebsrisikofaktoren gezeigt werden, dass die ROS-Bildung in Stuhlproben nicht mit der vorhandenen Darmflora korreliert [9]. Die ROS-Bildung wird viel mehr durch eine lösliche Komponente im Stuhl ausgelöst. In laufenden Studien soll deren Struktur identifiziert werden. In einem optimierten Testsystem werden erneut die bisherigen sowie neue ECPProben untersucht, um zu sehen, ob PA, Eisen und ROS alleine oder in Kombination eine Rolle bei der Kolonkarzinogenese spielen. Diese Daten werden gerade ausgewertet. 7. Reaktive Sauerstoffradikale und Magenkrebs R.W. Owen, G. Würtele, B. Spiegelhalder In Zusammenarbeit mit Heinrich Bauer (Abteilung Molekulare Toxikologie, DKFZ), Jochen Rudi (Abteilung für Gastroenterologie, Krehl Klinik, Heidelberg). Infektion durch Helicobacter pylori ist einer der Risikofaktoren für die Auslösung der Magenkarzinogenese, wobei die molekularen Mechanismen noch unbekannt sind. Deshalb wurde in einer Pilotstudie die mögliche Rolle von ROS bei der Magenkarzinogenese untersucht und zwar mit der möglichen Bildung von ROS im Magensaft bei Patienten mit Magendysplasien mit und ohne Helicobacter pylori Infektion. Magensaftproben von 31 Patienten mit oder ohne Gastritis wurden untersucht. ROS-Bildung wurde durch die radikale Hydroxylierung von Salizylsäure gemessen und das Reaktionsprodukt, die Dihydroxybenzoesäure, durch HPLC bestimmt. Magensaftproben von 20 (64,5 %) Patienten mit chronischer H. pylori Gastritis zeigten deutlich erhöhte ROSKonzentrationen, wenn sie mit den 8 Gastritis-Patienten (21,6 %) ohne H. pylori Infektion verglichen wurden. Damit wurde weiter bestätigt, dass Infektion mit H. pylori mit einer höheren Rate von ROS-Bildung einhergeht, wobei dieser oxidative Stress zur Tumorbildung im Magen beiträgt. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass die Inkubation von H. pylori mit einer Magenkarzinom-Zelllinie AGS den Methylierungsstatus des p53-Gens erhöht, wobei methylierte CpG-Sequenzen in verschiedenen Introns und Exons nachgewiesen wurden[10]. 8. Einfluss von Lignanen auf oxidativen Stress Eine Interventionsstudie in premenopausalen Frauen mit erhöhtem familiären Brustkrebsrisiko R.W. Owen, B. Spiegelhalder In Zusammenarbeit mit Ulrike Knust, Karl H. Adzerson, F Beldmann, G Bastert (Frauenklinik der Universität Heidelberg, Abteilung für Allgemeine Frauenheilkunde und Geburtshilfe). Das Ziel dieser Interventionsstudie sind Untersuchungen, wie Leinsamen- und Gemüseverzehr die Spiegel von Lignanen im Serum und Harn beeinflussen und dadurch Lipidperoxidation und oxidativen Stress abhängige Biomarker in vivo verändern können. Jeder Arm dieser Interventionsstudie umfasst je 20 Teilnehmer mit einem hohen bzw. niedrigen Leinsamen- und Gemüsekonsum. DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 129 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention Die pre- und postmenopausalen Probanden (25 - 55 Jahre) kommen aus Familien, wo bei der Mutter oder Schwester Brustkrebs diagnostiziert wurde. Bestimmt werden im Serum oder Plasma die Enterolignan-Spiegel (direkt durch ESI-LC/MS), Vitamin E und C, Folsäure und Karotinoide (mit einem cross-over design). Die biochemischen Ergebnisse werden dann mit den Daten aus Food Frequency Fragebögen verglichen. Die Studie wird Ende 2002 abgeschlossen sein. 9. Phenolische Antioxidantien in thailändischen Früchten R.W. Owen, R. Haubner, B. Spiegelhalder In Zusammenarbeit mit William E. Hull (Abteilung Zentrale Spektroskopie, DKFZ), Attilio Giacosa (Istituto Nazionale per la ricerca sul cancro, Istituto scientifico per lo studio e la cura del tumori, Genova, Italien), Yuttana Sudjoereen, Supranee Chambumrung (Mahidol University , Bangkok, Thailand). 130 Die von uns entwickelten analytischen Methoden (s. 2.1) wurden benutzt, um den Gehalt an phenolischen Antioxidantien in Früchten aus Thailand (in nicht verwertbaren Abfallprodukten) zu untersuchen. Erste Ergebnisse zeigen eine Fülle von verschiedenen phenolischen Substanzen in einigen der untersuchten Früchte, während andere keine dieser Stoffe enthielten. Die Strukturaufklärung der neu entdeckten Antioxidantien ist im Gange. 10. Antioxidantien und Lipidkomponenten im Arganöl aus Marokko R.W. Owen, R. Haubner, G. Würtele, B. Spiegelhalder In Zusammenarbeit mit F. Khallouki, C. Younos, T. Oster (Laboratoire D´Ingénierie Moléculaire et de Biochimie Pharmalogique, Université de Metz, Frankreich), Z. Charrouf (Département de Chimie, Faculté des Sciences, Université Mohammed V, Rabat, Marokko). Drei Sorten von Arganöl wurden auf den Gehalt von Fettsäuren, Tocopherolen, Squalenen, Sterolen und phenolischen Antioxidantien untersucht und die Ergebnisse mit den Werten in ‘extra-virgin’ Olivenöl und Sonnenblumenöl verglichen. Das Profil der Fettsäuren in den Arganölen war ähnlich mit Vorkommen an Ölsäure (43 %) und Linolsäure (36 %). Als hauptsächliches Vitamin wurde gTocopherol (483 mg pro kg) identifiziert, im Gegensatz zu a-Tocopherol, dass hauptsächlich im Olivenöl (190 mg pro kg) und Sonnenblumenöl (532 mg pro kg) vorkommt. Der Squalen-Gehalt von Arganölen war gleich und betrug etwa 313 mg pro 100 g, der niedriger liegt, als bei Olivenöl (499 mg pro 100 g), aber signifikant höher als in Sonnenblumenöl (6 mg pro 100 g). Während b-Sitosterol hauptsächlich in Oliven- und Sonnenblumenöl vorkommt, wurde in den Arganölen Schottenol (147 mg pro kg) und Spinasterol (122 mg pro kg) gefunden. Im Vergleich zu ‘extra-virgin’ Olivenölen (793 mg pro kg) war die Konzentration an gesamtphenolischen Verbindungen in Arganöl extrem niedrig (weniger als 5 mg pro kg). Trotzdem ist anzunehmen, dass Arganöl mit seinem hohen Gehalt an g-Tocopherol, Squalen und Ölsäure eine protektive Funktion in der marokkanischen Ernährung spielt. Abteilung C0200 Toxikologie und Krebsrisikofaktoren 11. Einfluss von Übungsprogrammen mäßiger und geringer Intensität auf oxidativen Stress, DNA-Schäden und Reparaturmechanismen bei Patienten mit kolorektalen Tumoren R.W. Owen, J. Nair, H. Bartsch In Zusammenarbeit mit H. Allgayer, Abteilung Onkologie, Rehabilitation Klinik Ob der Tauber der LVA Württemberg, Bad Mergentheim). Das Ziel dieser Studie ist es, mit einem randomisierten, kontrollierten und prospektiven Design, den Effekt eines 3 - 4 wöchigen Übungsprogramms mit mäßiger Intensität mit einer geringeren Intensität bei Patienten mit Kolon-/Rektumtumoren nach Operationen, Strahlenbehandlung und Chemotherapie zu vergleichen. Dies im Hinblick auf mögliche Veränderungen von Biomarkern, die oxidative DNA-Veränderungen und individuelles Stressniveau aufzeigen. Dabei wird die Hypothese verfolgt, dass mäßig intensive körperliche Aktivität im Vergleich zu weniger intensiven mit einer signifikanten Erniedrigung dieser oxidativen Stress-Biomarker einhergeht. Sollte die Annahme zutreffen, soll die Pilotstudie zu einer anschließend prospektiven multizentrischen Langzeitstudie ausgeweitet werden, die den Einfluss mäßiger und wenig intensiver Übungsprogamme im Hinblick auf klinische Verlaufsparameter (Lebensqualität, Auftreten von Rezidiven, Metastasen, Tumoren) verglichen werden. Publikationen (* = externe Koautoren) [1] *Bonithon-Kopp, C., *Kronborg, O., *Giacosa, A., *Räth, U., *Faivre, J. [Experts:- *Milan, C., *Fenger, C., *Piard, F., *Belghiti C., Owen, R. W., *Pignatelli, M.].: Calcium and fibre supplementation in the prevention of colorectal adenoma recurrence: a placebocontrolled intervention trial from the European Cancer Prevention Organisation (ECP). Lancet 356 (2000) 1300-1306. [2] Bartsch, H., Nair, J., Owen, R.W.: Dietary polyunsaturated fatty acids and cancers of the breast and colorectum: emerging evidence for their role as risk modifiers. Carcinogenesis 20 (1999) 2209-2218. [3] Owen, R.W., *Mier, W., *Giacosa, A., Hull, W.E., Spiegelhalder, B., Bartsch, H.: (2000a). Phenoilic compounds and squalene in oilive oils: the concentration and antioxidant potential of total phenols, simple phenols, secoiridoids, lignans and squalene. Food and Chemical Toxicology 38, 647-659. [4] Owen, R.W., *Mier, W., Hull, W.E., *Giacosa, A., Spiegelhalder, B., Bartsch, H.: (2000b). Identification of lignans as major components in the phenolic fraction of olive oil. Clinical Chemistry 46, 976-988. [5] Owen, R.W., *Giacosa, A., Hull, W.E., Haubner, R., Spiegelhalder, B., Bartsch, H.: The antioxidant/anticancer potential of phenolic compounds isolated from olive oil. European Journal of Cancer 36 (2000c) 1235-1247. [6] Owen, R.W., *Giacosa, A., Hull, W.E., Haubner, R., Würtele, G., Spiegelhalder, B., Bartsch, H.: Olive oil consumption and health: the possible role of antioxidants. Lancet Oncology 1 (2000d) 107-112. [7] Owen, R.W., Haubner, R., Hull, W.E., *Thompson, L.U., Spiegelhalder, B.,Bartsch, H.: Complete pathway of mammalian lignan formation from secoisolariciresinol diglucoside. Whole Grain and Human Health, VTT Symposium 213 (2001) 81-84. [8] Owen, R.W., Würtele, G., Haubner, R., Hull, W.E., *Giacosa, A., Spiegelhalder, B., Bartsch, H.: Formation of the mammalian lignans enterodiol and enterolactone from (+)-pinoresinol, a major lignan present in olive oil. Whole Grain and Human Health, VTT Symposium 213 (2001) 85-88. DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention [9] Owen, R.W., Spiegelhalder, B., Bartsch, H.: Generation of reactive oxygen species by the faecal matrix. Gut 46 (2000) 225-232. [10] *Rudi, J., *Bruchhausen B., *Kuck D., *Stremmel, W., *von Herbay, A., Bauer, H., Berger, M., Owen, R.W.: Reactive oxygen species analysis in human gastritis patients and p53 methylation analysis in gastric tumor cell line ags infected by Helicobacter pylori. Adv Exp Med Biol 500 (2001) 199-202. [13] Owen R.W.: The role of nutritional factors: colon cancer. In: Carcinogenic and anticarcinogenic factors in food (G. Eisenbrand, A.D. Dayan, P.S. Elias, W. Grunow, J. Schlatter Eds), DFG, Wiley-VCH (2000) 43-75. [3] *Fadden, K., *Hill, M.J., *Latymer, E., *Low, G., Owen, R.W.: Steroid metabolism along the gastrointestinal tract of the pig. European Journal of Cancer Prevention 8 (1999) 35-40. [4] *Haines, A., *Hill, M.J., *Thompson, M.H., Owen, R.W., *Williams, R.E.O., *Meade, T.W., *Wilkes, H.: A prospective study of faecal bile acids and colorectal cancer. European Journal of Cancer Prevention 9 (2000) 317-323. [7] Owen, R.W.: Biomarkers in colorectal cancer. In: Biomarkers in cancer chemoprevention (A.B. Miller, H. Bartsch, L. Dragsted, H. Vainio). IARC Scientific Publications No 154 (2001) 101-112. Genetische Suszeptibilitätsmarker bei der Entstehung von Lungenkrebs A. Risch, H. Wikman, H. Dally,S. Thiel, K. Gassner, P. Schmezer, N. Rajaee-Behbahani, B. Spiegelhalder, H. Bartsch In Zusammenarbeit mit: Prof. Dr. P. Drings, Prof. Dr. H. Dienemann, Prof. Dr. Dr. K. Kayser, Prof. Dr. V. Schulz, PD Dr. J.R. Fischer Thoraxklinik, Heidelberg, Dr. L. Edler, DKFZ- Biostatistik, Dr. F. Klimek, DKFZ-Abtl. Tumorvirus-Charakterisierung. Zusatzfinanzierung: Stipendien: Marie-Curie Programm der EU; Projekt- und Personalmittel: Deutsche Krebshilfe, Verein zur Förderung der Krebsforschung in Deutschland (e.V.) Genetische Enzympolymorphismen, aus denen sich ein veränderter Phänotyp ergibt, können ein erhöhtes Risiko für bestimmte schadstoffbedingte Krebsarten zur Folge haben [1]. Die Bedeutung genetischer Polymorphismen in Phase I- und Phase II-Enzymen bei der Entstehung von Lungenkrebs wird im Rahmen einer FallKontrollstudie untersucht. Blutproben und Angaben zur Schadstoffexposition von über 1200 Personen (Patienten mit primärem Bronchialkarzinom bzw. Krankenhauskontrollen ohne Malignom) konnten bisher archiviert werden. Gewebeproben, zur späteren Korrelation der Ergebnisse mit weiteren Biomarkern wie z.B. Adduktspiegel [7] wurden ebenfalls archiviert. Analysen der Genotypdaten für über 700 Probanden zeigten, dass für sowohl für Glutathiontransferasen (GSTM1, GSTM3, GSTT1, GSTP1) [8] als auch für N-Acetyltransferasen 1 und 2 (NAT1, NAT2) [6] im Zusammenhang mit einer Beeinflussung der Empfindlichkeit gegenüber Tabakkarzinogenen die verschiedenen histologischen Typen des Bronchialkarzinoms getrennt betrachtet werden müssen, da sie sich in ihrer Ätiologie unterscheiden. Genotypisierungsdaten für weitere schadstoffmetabolisierende Enzyme, die im Zusammenhang mit Zigarettenrauch-induziertem Lungenkrebs von Interesse sind, werden derzeit ausgewertet (u.a. CYP1B1, Myeloperoxidase) und verschiedene genetische Polymorphismen werden noch untersucht. Genotypisierung für das reparaturrelevante hOGG1 Gen Abteilung C0200 Toxikologie und Krebsrisikofaktoren zeigte kein erhöhtes Lungenkrebsrisiko für Träger varianter hOGG1 Allele bei Kaukasiern. In weiteren Untersuchungen an mikrodissektierten Lungengewebeproben konnte gezeigt werden, dass dieses auf 3p21 lokalisierte Gen häufig ‚loss of heterozygosity’ (LOH) aufwies, bevorzugter Verlust eines bestimmten Allels wurde jedoch nicht beobachtet [3]. Die Analyse der DNA-Reparaturkapazität in Lymphozyten von Fall- und Kontrollpatienten weist auf eine eingeschränkte DNA Reparaturkapazität bei Lungenkrebspatienten im Vergleich zu Krankenhauskontrollen hin [4,5]. Ein Projektziel ist die Erstellung eines Markerprofils, welches die Identifikation von Individuen mit erhöhtem Lungenkrebsrisiko erlaubt. Ferner werden zur Bestimmung der möglichen Relevanz genetischer Polymorphismen bei der Chemotherapiesensitivität und für die Prognose von Bronchialkarzinompatienten derzeit weiterhin Probanden rekrutiert und klinische Daten erfasst. Die Entwicklung neuer Genotypisierungsmethoden und Identifikation neuer Allele A. Risch, H. Dally, B. Spiegelhalder, H. Bartsch Zusatzfinanzierung: Verein zur Förderung der Krebsforschung in Deutschland (e.V.) Zur Durchführung großer Fall-Kontrollstudien sind neue Genotypisierungsmethoden notwendig, die einen höheren Probendurchsatz als herkömmliche PCR/RFLP-basierte Methoden erlauben. Genotypisierungsmethoden auf der Basis von Fluoreszenz-basierter Schmelzkurvenanalyse wurde für verschiedene bekannte Polymorphismen wie z.B. in N-Acetyltransferasen [3], Glutathiontransferasen und Myeloperoxidase entwickelt. Weiterhin werden Methoden zur Identifizierung bisher nicht bekannter genetischer Polymorphismen etabliert. Zigarettenrauch und genetische Polymorphismen als Risikomarker für Brustkrebs A. Risch, B. Spiegelhalder, H. Bartsch In Zusammenarbeit mit PD Dr. J. Chang-Claude, S. Kropp, DKFZ, Abtl. Klin. Epidemiologie Zusatzfinanzierung: Deutsche Krebshilfe, Verein zur Förderung der Krebsforschung in Deutschland (e.V.) Der langsame NAT2-Acetyliererstatus ist bei Raucherinnen als ein Risikofaktor für die Brustkrebsentstehung identifiziert worden [Ambrosone et al, JAMA 276 (1996): 1494]. Allerdings ist Rauchen als ätiologischer Faktor bei der Brustkrebsentstehung umstritten. Aus Blasenkrebsstudien ergibt sich, dass der Genotyp bei niedriger Schadstoffdosis besonders wichtig für das individuelle Risiko sein kann. Im Rahmen dieser Kooperation wird diese Hypothese für Brustkrebspatientinnen getestet. Beim separaten Vergleich von Aktiv- und Passivraucherinnen mit nicht Tabakrauch-exponierten Frauen waren die Brustkrebsrisiken unterschiedlich bezüglich NAT2 Status. Ein signifikant erhöhtes Risiko ergab sich bei langsamen Acetylierenden für das Rauchen von mehr als 10 Packyears, OR 1.8 (1-3.2), jedoch nicht für schnell Acetylierende. Andererseits war der Zusammenhang zwischen Passivrauchen und erhöhtem Brustkrebsrisiko DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 131 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention stärker bei schnell als bei langsam Acetylierenden (OR 1.9 (0.9-3.9) bzw. OR 1.2 (0.7-2.1)). Es wird deutlich, dass bei Studien zu Gen-Umweltinteraktion zwischen Aktiv-, Passiv- und Nichtrauchern unterschieden werden muss. Neben der unterschiedlichen Gesamtschadstoffdosis beim Aktiv- und Passivrauchen könnten auch Unterschiede in der Zusammensetzung des ‚mainstream’ und ‚side-stream’ Tabakrauchs das Gen-Umweltinteraktionsbedingte Krebsrisiko beinflussen. Die Relevanz von Enzympolymorphismen bei der Entstehung von Larynxkarzinomen A. Risch, V. Raedts, P. Schmezer, N. Rajaee-Behbahani, H. Bartsch 132 In Zusammenarbeit mit Dr. H. Ramroth, DKFZ-Abtl. Klin. Epidemiologie, Prof. Dr. H. Becher, Institut für Tropen-Hygiene, Univ. Heidelberg, OA Dr. med. habil. A. Dietz, Kopfklinik Heidelberg. Zusatzfinanzierung: Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie; Verein zur Förderung der Krebsforschung in Deutschland (e.V.) Im Rahmen einer populationsbasierten Fall-Kontroll-Studie zur Ätiologie von Larynxkarzinomen werden mögliche Gen-Umweltinteraktionen untersucht. Beim Vergleich von je rund 250 Fällen und gematchten Kontrollen wurden Alkohol- und Tabakkonsum als signifikante Risikofaktoren identifiziert. Statistische Auswertung der Genotypanalysen für Alkoholdehydrogenasen ADH 2 und 3 und Glutathiontransferasen GSTM1 und GSTT1 ergaben jedoch keine Hinweise auf eine signifikante Beeinflussung dieses Risikos durch die untersuchten ADH oder GST Genotypen. Untersuchung der möglichen Rolle von GSTM1-, GSTT1- und GSTP1- Polymorphismen als Modulatoren antioxidativer Kapazität, bei der Modifikation von Telomerenlänge und als mögliche Risikofaktoren für vaskuläre Demenz A. Risch, H. Bartsch In Zusammenarbeit mit Prof. T. von Zglinicki, Dept. of Gerontology, Institute for Health of the Elderly, Univ. of Newcastle, UK Progressive cerebrovaskuläre Atherosklerose und darauf folgender Infarkt gehören zu den am weitesten verbreiteten Ursachen für Demenz. Spezifische Risikofaktoren für vaskuläre Demenz sind allerdings bisher nicht bekannt. Die Länge humaner Telomeren nimmt in vitro mit jeder Zellteilung und in vivo mit dem Alter ab, allerdings nimmt in humanen Fibroblasten in vitro die Telomerenverkürzungsrate mit zunehmender antioxidativer Kapazität ab. In 186 älteren Personen waren Leukozytentelomere bei Patienten mit Demenz signifikant kürzer als in 3 Kontrollgruppen. Um den Einfluß möglicher genetischer Risikofaktoren zu untersuchen wurde eine zufällige Untergruppe von 75 Patienten genotypisiert. Weder Telomerenlänge noch Diagnose korrelierten mit genetischen Polymorphismen in Apolipoprotein E oder Glutathiontransferasen M1, T1 oder P1 [2]. Alle Projekte sollen zu einem besseren Verständnis der Ätiologie der verschiedenen Krankheiten beitragen und Abteilung C0200 Toxikologie und Krebsrisikofaktoren Hinweise auf einen möglichen Mechanismus der Aktivierung von pro-Karzinogenen durch den menschlichen Stoffwechsel geben. Anonymisierte Genotypisierungsdaten werden zur Beantwortung von Fragestellungen für die sehr viel größere Fallzahlen notwendig sind zusätzlich in internationaler Zusammenarbeit ausgewertet [9,10]. Die Identifikation von Hochrisikogruppen ist von Bedeutung für verschiedene präventive Ansätze z.B. im Rahmen der Grenzwertfestsetzung, gesundheitlicher Aufklärungskampagnen oder der Chemoprävention. Publikationen (* = externe Koautoren) [1] Bartsch, H., Nair, U., Risch, A., Rojas, M., Wikman, H., *Alexandrov, K.: Genetic Polymorphims of CYP Genes, Alone or in Combination, as a Risk Modifier of Tobacco-related Cancers. Cancer Epidemiology, Biomarkers and Prevention 9 (2000) 3-28. [2] *Garte, S., *Gaspari, L., *Alexandrie, A.-K., *Ambrosone, C., *Autrup, H., *Autrup, J.L., *Baranova, H., *Bathum, L., *Benhamou, S., *Boffetta, P., *Bouchardy, C., *Breskvar, K., *Brockmöller, J., *Cascorbi, I., *Clapper, M.L., *Coutelle, C., *Daly, A., *Dell’Omo, M., *Dolzan, V., *Dresler, C.M., *Fryer, A., *Haugen, A., *Hein, D.W., *Hildesheim, A., *Hirvonen, A., *Hsieh, L.-L., *Ingelman-Sundberg, M., *Kalina, I., *Kang, D., *Kihara, M., *Kiyohara, C., *Kremers, P., *Lazarus, P., *Le Marchand, L., *Lechner, M.C., *van Lieshout, E.M.M., *London, S., *Manni, J.J., *Maugard, C.M., *Morita, S., *Nazar-Stewart, V., *Noda, K., *Oda, Y., *Parl, F.F., *Pastorelli, R., *Persson, I., *Peters, W.H.M., *Rannug, A., *Rebbeck, T., Risch, A., *Roelandt, L., *Romkes, M., *Ryberg, D., *Schoket, B., *Seidegard, J., *Shields, P., *Sim, E., *Sinnet, D., *Strange, R.C., *Stucker, I., *Sugimura, H., *ToFigueras, J., *Vineis, P., *Yu, M.C., *Taioli, E.: Metabolic Gene Polymorphism Frequencies in Control Populations. Cancer Epidemiology, Biomarkers and Prevention 10 (2001) 1239-1248. [3] Godschalk, R.W.L., *Dallinga, J.W., Wikman, H., Risch, A., *Kleinjans, J.C.S., Bartsch, H., *Van Schooten, F.-J.: Modulation of DNA and protein adducts in smokers by genetic polymorphisms in GSTM1, GSTT1, NAT1 and NAT2. Pharmacogenetics 11 (2001) 389-398. [4] *Rajaee-Behbahani, N., Schmezer, P., Risch, A., *Rittgen, W., *Kayser, K., *Dienemann, H., *Schulz, V., *Drings, P., *Thiel, S., Bartsch, H.: Altered DNA repair capacity and bleomycin sensitivity as risk markers for non-small cell lung cancer. International Journal of Cancer (Pred. Oncol.) 95 (2001) 86-91. [5] Risch, A., Wikman, H., *Thiel, S., Schmezer, P., Edler, L., *Drings, P., *Dienemann, H., *Kayser, K., *Schulz, V., Spiegelhalder, B., Bartsch, H.: Glutathione-S-Transferase M1, M3, T1, P1 Polymorphisms and Susceptibility to Non-Small Cell Lung Cancer Subtypes and Hamartomas. Pharmacogenetics 11 (2001) 757-764. [6] Schmezer, P., Rajaee-Behbehani, N., Risch, A., *Thiel, S., Rittgen, W., *Drings, P., *Dienemann, H., *Kayser, K., *Schulz, V., Bartsch, H.: Rapid screening assay for mutagen sensitivity and DNA repair capacity in human peripheral blood lymphocytes. Mutagenesis 16 (2001) 25-30. [7] *Vineis, P., *Marinelli, D., *Autrup, H., *Brockmöller, J., *Cascorbi, I., *Daly, A.K., *Golka, H., *Okkels, K., Risch, A., *Rothman, N., *Sim, E., *Taioli, E.: Current Smoking, Occupation, N-acetyltransferase-2 and Bladder Cancer: a pooled Analysis of Genotype based studies. Cancer Epidemiology, Biomarkers and Prevention 10 (2001) 1249-1252. [8] *von Zglinicki, T., *Serra, V., *Lorenz, M., *Saretzki, G., *Lenzen-Großimlighaus, R., *Geßner R., Risch, A., *SteinhagenThiessen, E.: Short telomeres in patients with vascular dementia: an indicator of low antioxidative capacity and a possible risk factor? Laboratory Invest. 80 (2000) 1739-1747. [9] Wikman, H., Risch, A., Klimek, F., Schmezer, P., Spiegelhalder, B., *Dienemann, H., *Kayser K., *Schulz, V., *Drings, P., Bartsch, H.: hOGG1 Polymorphism and Loss of Heterozygosity (LOH): Significance for Lung Cancer Susceptibility in a Caucasian Population. International Journal of Cancer 88 (2000) 932-937. DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention Abteilung C0300 Molekulare Toxikologie Abteilung Molekulare Toxikologie (C0300) Leiter: Prof. Dr. Manfred Wießler Wissenschaftliche Mitarbeiter Dr. Heinrich Bauer (- 12/00, ½) Dr. Barbara Bertram (- 05/00) Dr. Christian Bieler ( - 06/00) Dr. Eva Frei Dr. Holger Hoffmann (10-12/00) Dr. Irina Kiprianová (10/00 - 12/01) Dr. Hans Christian Kliem ( - 12/02) Dr. Roland Müller (02 - 09/00) Dr. Bernd Sauerbrei ( - 07/00) Dr. Birgit Schmauser ( - 04/00) PD. Dr. Heinz Schmeiser Dr. Oliver Schmitz ( - 12/00) Dr. Martina Weigand ( - 09/00) Gastwissenschaftler Dr. Marie Stiborova (Prag, Tschechien) 08 - 09 jährlich Dr. Amitava Chatterjee (Kalkutta, Indien) 04/00 - 06/00 Dr. Hassan Mamdouh Ali (Elmenofia, Ägypten) 07/00 - 03/01 Doktoranden Volker Arlt ( - 01/01) Thomas Fritsche (04/00 - ) Regine Garcia-Boy (03/01 - ) Evelyn Kim ( - 09/02) Erwin P. Mark ( - 04/02) Bettina Meister (10/00 - ) Jost Reinhard ( - 12/00) Bernd Sorg ( - 04/01) Dirk Stach (03/00 - ) Christoph Tacheci (02/01 - ) Christian Wörth ( - 07/00) Sonja Wolf (10/00 - ) Techniker Ursula Bollow ( - 05/00 (½)) Horst Braun ( - 02/00 Andrea Breuer Karl Albert Klokow ( - 04/02 Peter Lorenz Eduard Müller Diplomanden Michael Wolf (10/00 - 03/01) Jitka Huclova (10/00 - 02/ 01) Farina Neuwirth (10/01 - 03/02) Sekretärin Hélène Boittin (08/01 -, ½) Christina Grosch (- 08/01, ½) Auszubildende Dorina Rauch ( - 03/00) Nicole DiGallo Die Forschungsschwerpunkte der Abteilung Molekulare Toxikologie sind Biomonitoring von Umweltgiften und die Entwicklung von Arzneistoffen. Biomonitoring ist ein Verfahren zur Bestimmung der Exposition eines Individuums oder einer Population gegenüber Fremdstoffen. Besonders erstrebenswert ist die Ermittlung der biologisch wirksamen Dosis des Fremdstoffes oder Umweltschadstoffes, da somit individuelle oder speziesbedingte Unterschiede in der Pharmakokinetik berücksichtigt werden. Für genotoxische Substanzen kann die biologisch wirksame Dosis als Veränderung der DNA oder von Proteinen, den DNA- bzw. Proteinaddukten bestimmt werden. Ein Schwerpunkt unserer Abteilung liegt in der Analyse von DNA-Addukten, da diese Addukte mutagen sind und eine direkte Risikobewertung durch den Vergleich mit Daten aus Tierversuchen möglich ist. Als Beispiel für ein erfolgreiches, wenngleich unerfreuliches Biomonitoring sei hier die “Chinese Herbs Nephropathy” (CHN) genannt, eine Erkrankung, die bei Patientinnen auftrat, die im Rahmen einer Schlankheitskur Produkte eingenommen hatten, welche versehentlich Aristolochiasäuren enthielten. Das DNA-Adduktmuster im Nierengewebe dieser Patientinnen entsprach demjenigen, das in Tieren gefunden wurde, die nach Aristolochiasäure-Behandlung Tumoren entwickelt hatten und war selbst zehn Jahre nach Absetzen der Behandlung im Gewebe der Patientinnen noch nachweisbar. Die ³²P-postlabeling Methode, die für diese Analysen angewandt wird, ist zur Zeit die empfindlichste Methode zur Detektion von DNA-Addukten bekannten und unbekannten Ursprungs. Sie hat jedoch den Nachteil, dass mit hohen Radioaktivitätsmengen umgegangen werden muss, und dass die Analysebedingungen für empfindliche Addukte zu drastisch sind. Durch Fluoreszenzmarkierung von Nukleotiden, die nach enzymatischem Verdau der DNA entstehen, konnte mittels Kapillarelektrophorese gekoppelt mit laserinduzierter Fluoreszenzdetektion das endogene DNA-Addukt 5‘-Methylcytosin von den normalen DNA-Bausteinen getrennt und quantifiziert werden. Diese Methode wurde für die Analyse von durch Umweltschadstoffe hervorgerufene DNA-Addukte entwickelt. Die Entwicklung von Arzneistoffen, die an Saccharide oder humanes Serumalbumin gekoppelt sind, zur zielgerichteten Therapie (drug targeting) von Tumoren, ist der zweite Schwerpunkt unserer Abteilung. Die Substanz Glufosfamid, ein Konjugat aus Glucose und Ifosfamid Mustard, ist ein in der Abteilung entwickeltes Krebstherapeutikum, welches sich in klinischer Phase II Prüfung befindet. Die Substanz wird an Patienten, die an Pankreas-, Lungen-, Hirn oder Mammatumoren leiden, DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 133 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention 134 getestet. In der Phase I Studie wurde an 10% der Patienten ein Rückgang des Tumorwachstums beobachtet. DNA-Reparatur, speziell die durch 06-Methylguanin-DNAmethyltransferase (MGMT) vermittelte Reparatur, spielt eine wesentliche Rolle in der Entstehung von Resistenzen gegenüber alkylierenden Zytostatika. Konjugate neuer MGMT Inhibitoren mit Monosacchariden zeigten eine gute Aufnahme in die Zelle und hemmten, wie gewünscht, die MGMT, wenn der Abstand zwischen Monosaccharid und Effektormolekül gross genug war. Diese Arbeit wird mit Substanzen fortgesetzt, die die 5‘Methylcytosin-Transferasen, welche in der Tumorentstehung eine Rolle spielen, beeinflussen. Das drug targeting von Tumoren kann auch über die Bindung von Oligosaccharid-Konjugaten an Lektine erfolgen, falls Tumoren charakteristische Lektine exprimieren. Um tumorassoziierte Lektine anzureichern und zu charakterisieren, wurden verzweigte Oligosaccharidmimetika synthetisiert und als Liganden in der Affinitätschromatographie von Plasmamembranen aus Tumoren eingesetzt. Bibliotheken komplexer Oligosaccharide können mit Hilfe der kombinatorischen Chemie generiert werden. Aus diesen Bibliotheken werden Strukturen ermittelt, die die Adhäsion von Tumorzellen an die extrazelluläre Matrix und/oder deren Migration durch diese Matrix hemmen. Die Zellen eines Tumors haben einen hohen Bedarf an Energie und Aminosäuren, den sie auch über die Aufnahme von Plasmaproteinen wie Albumin decken. Diese Eigenschaft wird ausgenutzt, um über Albumin als Träger Tumortherapeutika in die entartete Zelle zu schleusen. Das erste Medikament dieser Gruppe, Methotrexat-Albumin, ist zur Zeit in klinischer Phase II Prüfung. Die Bindung an Albumin führt gegenüber freiem Methotrexat zu einer drastisch verlängerten Plasmahalbwertszeit. Die Aufnahme in die Zelle erfolgt über Endozytose und nach lysosomalem Abbau wird Methotrexat freigesetzt. Durch Albuminkopplung können toxische Substanzen gezielt zum Tumor dirigiert und Resistenzen gegen die niedermolekularen Substanzen überwunden werden. Abteilung C0300 Molekulare Toxikologie Der Pflanzeninhaltsstoff Aristolochiasäure löst Harnleiter-Krebs beim Menschen aus H.H. Schmeiser, C.A. Bieler,V.M. Arlt, M. Stiborova, E. Frei, M. Wießler In Zusammenarbeit mit: Dr. Joelle L. Nortier und Prof. Jean-Louis Vanherweghem, Nephrology Department, Hopital Erasme, Université Libre de Bruxelles, Belgien ; Dr. Jean-Pierre Cosyns und Prof. Charles van Ypersele de Strihou, University of Louvain, Medical School, Brüssel, Belgien ; Dr. Graham M. Lord und Prof. Charles D. Pusey, Division of Renal Medicine and Transplantation, Hammersmith Hospitals, London, England, UK; Annie Leszkowicz, Ecole Nationale Agronomique de Toulouse, Auzeville Tolosane, Frankreich Aristolochiasäure (AA) das Hauptalkaloid der Aristolochia-Arten ist mutagen und carcinogen im Tierversuch. Neue Befunde deuten darauf hin, daß AA auch beim Menschen carcinogen wirkt, denn AA wird als der auslösende Faktor für die Krebserkrankungen in einer belgischen Patientengruppe mit terminalem Nierenversagen (Chinesische Heilkräuter Nephropathie Patienten, CHN-Patienten) betrachtet [1]. Diese CHN-Patienten haben alle an einer Schlankheitskur teilgenommen, die chinesische Heilkräuter, darunter auch Aristolochia fangchi, enthielt, und erkranken mit hoher Häufigkeit an Harnleiter-Krebs. Allerdings besteht auch die Möglichkeit, daß andere Bestandteile der Schlankheitskur sowie das Schimmelpilzgift Ochratoxin A, das häufig pflanzliche Nahrungsmittel kontaminiert und auch carcinogen wirkt, wesentlich die Entstehung der Harnleiter-Carcinome beeinflußen. Durch unsere Untersuchungen konnten wir nun die Beteiligung anderer Risikofaktoren außer AA an der Krebsentstehung in CHN-Patienten ausschließen [2,3,4]. Die carcinogene Wirkung von AA im Tier ist verknüpft mit der Bildung von Aristolochiasäure-spezifischen DNA-Addukten, die nach metabolischer Aktivierung von AA in den Zielorganen der Carcinogenese mit der ³²Ppostlabeling Methode nachgewiesen werden können. Insbesondere das von AA hauptsächlich gebildete DNAAddukt, ein Desoxyadenosin-Addukt (dA-AAI), wurde in den Nieren und Harnleiter aller belgischen CHN-Patienten detektiert, selbst wenn die Exposition mit AA durch die Schlankheitskur 10 Jahre zurück lag. Im Gegensatz dazu konnten wir nur in 25% der CHN-Patienten Ochratoxin Avermittelte DNA-Addukte und zudem in deutlich geringeren Mengen als die AA-DNA-Addukte nachweisen [4]. Desweiteren zeigten ³²P-postlabeling Analysen von zwei CHN-Fällen, die nicht aus der belgischen Gruppe stammen, eindeutig das charakteristische dA-AAI-Addukt in der DNA aus Nieren und Harnleiter einer englischen Patientin [2] und in der DNA aus einer Nierenbiopsie von einer chinesischen Patientin [3]. In beiden Fällen war die Einnahme von AA-enthaltenden Pflanzenbestandteilen durch analytische Untersuchungen belegt. Diese Ergebnisse zeigen, daß die Krebserkrankungen in CHN-Patienten ursächlich mit einer Exposition mit AA verbunden sind und verdeutlichen das carcinogene Potential des Pflanzeninhaltsstoffes AA beim Menschen. Untersuchungen zum Metabolismus der beiden Hauptkomponenten des Pflanzenextraktes AA, Aristolochiasäure I (AAI) und Aristolochiasäure II (AAII), er- DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention Abteilung C0300 Molekulare Toxikologie Schema 1: Elektropherogramme zur Bestimmung von: A) 1,N2-Propano-2'-desoxyguanidin (Hex-dGMP) in KalbsthymusDNA B) Etheno-Adenosin (Etheno-dAMP) in einem modifizierten Oligonukleotid C) 8-Oxo-7,8-dihydro-2'-desoxyguanosin (8-HO-dGMP) in einem modifizierten Oligonukleotid für mögliche spätere Krebserkrankungen, zum Anderen aber auch die Einflussnahme von Substanzen und Umweltfaktoren auf die DNA-Adduktbildung zu beurteilen, was zur Prävention genutzt werden kann. gaben, daß beide nach reduktiver Aktivierung prämutagene DNA-Addukte bilden [5,6]. Als Säuger-Enzyme, die in der Lage sind diese Aktivierung zu katalysieren wurden die Prostaglandin H Synthase und die Cytochrome P450 1A1 und 1A2 identifiziert. Studien mit spezifischen Enzym-Inhibitoren und Induktoren an humanen Leber-Mikrosomen und an Mikrosomen aus Zellen, die einzelne humane Cytochrome exprimieren, erlaubten es uns den humanen Cytochromen P450 1A1, 1A2 und der NADPH:P450 Reduktase eine Beteiligung an der Aktivierung von AA zu zuschreiben. Diese Studien bilden die Grundlage dafür am Menschen die Fähigkeit AA zu metabolisieren zur bestimmen und erlauben eine Abschätzung der Empfindlichkeit des Einzelnen gegenüber der krebsauslösenden Wirkung bei AA-Expositionen. Einsatz einer kapillarelektrophoretischen Analysenmethode zur qualitativen und quantitativen Bestimmung von DNAAddukten D. Stach, O.J. Schmitz, M. Wießler Die Gruppe der genotoxischen Kanzerogene umfasst DNA-reaktive Substanzen, die mit der Erbsubstanz DNAAddukte bilden und dadurch mutagen wirken. Die DNAAdduktbildung stellt einen sehr frühen und grundlegenden Schritt im Mehrstufenprozess der Kanzerogenese dar. Eine Bestimmung derartiger DNA-Modifikationen eröffnet zum Einen die Möglichkeit zur Risikoabschätzung Dieses Biomonitoring ist mit Hilfe der von uns entwickelten Methode der kapillarelektrophoretischen Analyse von DNA mit anschließender laserinduzierter Fluoreszenzdetektion der einzelnen Nukleotide möglich [7]. Die hohe Selektivität sowie die hervorragende Reproduzierbarkeit (Standardabweichung kleiner 5%) macht eine automatisierte Anwendung mit hohem Probendurchsatz denkbar. Nukleotid korr. Migrationszeit (dAMP/Nukleotid) Desoxyadenosin (dAMP) 1.00 Desoxyguanosin (dGMP) 0.96 Desoxythymidin (dTMP) 0.93 Desoxycytosin (dCMP) 0.80 5-Me-dCMP 0.77 Etheno-dAMP 1.38 8-HO-dGMP 0.83 B[a]P-dGMP, 1. Isomer 1.28 B[a]P-dGMP, 2. Isomer 1.17 Hex-dGMP 0.74 AA-dNMP (3 Signale) 1.19 dA-AAI dA-AAII, 1.17 dG-AAI 1.11 7,12-DMBA-dNMP (4 Signale) 1.25 1.22 1.18 1.12 Apurinische Stellen 1.01 Tabelle 1: Bisher nachgewiesene Nukleotide und DNA-Addukte mit korrigierter Migrationszeit (Erklärungen im Text). Die in Tabelle 1 aufgeführten bislang nachgewiesenen DNA-Addukte zeigen das breite Anwendungsspektrum der Methode. Zum Vergleich sind die unmodifizierten Nukleotidmonophosphate (dAMP, dGMP, dTMP, dCMP) DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 135 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention ebenfalls aufgeführt. Daneben konnten die GuanosinAddukte des Benzo[a]pyrens (B[a]P-dGMP, 2 Isomere), drei Addukte der Aristolochiasäure (AA-dNMP), 4 Addukte des 7,12-Dimethylbenzanthrazens (7,12-DMBA), Apurinische Stellen infolge von Spaltung der Nglykosidischen Bindung zwischen Zucker und Base, 5Methyl-Cytosin (5-Me-dCMP) als wichtige genregulatorisch wirkende modifizierte Base [Baylin, S.B. et al. Trends in Genetics 16 (2000) 168] sowie die drei ernährungsbedingt auftretenden Addukte EthenoAdenosin (Etheno-dAMP), 8-Hydroxy-Guanosin (8-HOdGMP) und das aus 2-Hexenal gebildete GuanosinAddukt (Hex-dGMP) bestimmt werden [8]. 136 Besonderes Augenmerk gilt dabei neben der „fünften Base“ 5-Me-dCMP den drei letztgenannten endogen gebildeten Addukten. So lassen epidemiologische Studien den Schluss zu, dass die Ernährung mit etwa 35 % zum Krebsrisiko beiträgt [Doll, R. et al. JNCI 66 (1981) 1197]. Das aus 2-Hexenal gebildete DNA-Addukt 1,N2-Propano2'-desoxyguanidin (Hex-dGMP), gehört zur Gruppe der a,b-ungesättigten Carbonylverbindungen, die in verschiedenen Versuchen ein mutagenes, ein genotoxisches oder auch ein kanzerogenes Potential zeigten. Als Hauptaufnahmequelle von 2-Hexenal gelten Früchte (Bananen), Gemüse (Bohnen), Fruchtsäfte und Tee (25 ppm). Ein weiteres ernährungsbedingtes DNAAddukt ist das Etheno-Adenosin (Etheno-dAMP). Dieses durch Lipidperoxidation im Körper entstehende DNAAddukt wurde bereits 1983 von Ames [Ames, B.N. Science 221 (1983) 1256] zusammen mit anderen durch oxidativen Stress hervorgerufene DNA-Schäden mit der Tumorbildung beim Menschen in Verbindung gebracht. Oxidative DNA-Schädigungen spielen in der Kanzerogenese ohnehin eine bedeutende Rolle [Marnett, L.J. Carcinogenesis 21 (2000) 361]. Der am häufigsten untersuchte Biomarker für oxidativen Stress ist 8-Oxo-7,8dihydro-2'-desoxyguanosin (8-HO-dGMP). Wie Schema 1 zeigt, ist es nun zum ersten Mal möglich, diese drei ernährungsbedingten Marker in einer einzigen Analyse auf einfache Weise simultan zu bestimmen [8]. Albumin-Konjugate mit Therapeutika als neues Konzept in der Tumortherapie E. Frei, M. Weigand, C. Bieler,A. Breuer, I. Kiprianová, T. Fritzsche, M. Wolf, N. Eschen, F. Neuwirth In Zusammenarbeit mit: Dr. H. Sinn, H.H. Schrenk FS Radiologische Diagnostik und Therapie, DKFZ; Dr. G. Hartung Onkologisches Zentrum im Klinikum Mannheim; Dr. P. Kremer Kopfklinik Heidelberg. Das Plasmaprotein Serumalbumin akkumuliert in Tumoren und ist deren wichtigste Quelle für Energie und Aminosäuren. Albumin wird über Endozytose aufgenommen und in den Lysosomen abgebaut. Diese Eigenschaften machen Albumin zu einem natürlichen Transporter für zytotoxische Substanzen in der zielgerichteten Tumortherapie, dem “drug targeting”. Abteilung C0300 Molekulare Toxikologie Methotrexat (MTX) ist ein Folsäure-Antagonist und ein sehr potentes Tumortherapeutikum, welches effektiv in der Behandlung von Leukämien und des Chorioncarcimos eingesetzt wird. Vor allem in soliden Tumoren und in Rezidiven werden aber Resistenzen beobachtet, die oft auf einer verminderten Aufnahme von MTX beruhen. Wir haben MTX im molaren Verhältnis 1:1,4 kovalent an Albumin gekoppelt (MTX-HSA) und gezeigt, dass es sich in Tumoren anreichert. MTX-HSA ist mittlerweile in klinischer Phase II. In der ersten Phase I Studie zeigten 3 von 17 terminal kranken Patienten Ansprechen. Ein Patient mit einem Pleuramesotheliom und einer mit einer NierencarcinomMetastase sind seit 7 Jahren in Remission [Hartung et al. Clin Cancer Res 5 (1999) 753]. MTX-HSA hat im Gegensatz zu MTX eine sehr lange Plasmahalbwertszeit von 16-19 Tagen, ähnlich dem nativen Albumin und sehr moderate Nebenwirkungen [9]. Die zelluläre Aufnahme und der zelluläre Metabolismus von MTX-HSA wurde an CCRF-CEM Zellen, einer menschlichen T-Zellleukämielinie und an Nalm6 einer Pre-B-Leukämie untersucht. Wir konnten zeigen, dass MTX von beiden Zelllinien aus MTX-HSA freigesetzt wird. In CCRF-CEM Zellen wurden nur Polyglutamate mit einer zusätzlichen Glutaminsäure beobachtet, während in Nalm6 Zellen auch längerkettige Polyglutamate zu analysieren waren. Diese könnten aber auch aus dem als Verunreinigung in der MTX-HSA Präparation noch vorhandene niedermolekularen MTX stammen [10]. Im Medium von CCRF-CEM wurden beträchtliche Mengen freies MTX nachgewiesen, welches in den Zellen von HSA abgespalten und, weil es die Bindungskapazität von Dihydrofolatreduktase überstieg und nicht polyglutamyliert wurde, exportiert wurde. In einem soliden Tumor mit geringem Austausch von Nährstoffen, könnte freigesetztes MTX von anderen Zellen mit intaktem Transporter für reduzierte Folate aufgenommen und polyglutamyliert werden und die Zellteilung hemmen. Die MTX Transportresistenz eines Klons von CCRF-CEM konnte durch MTX-HSA überwunden werden, da die Aufnahme über Endozytose erfolgt. Die Aufnahme von MTXHSA über Endozytose wurde in Experimenten bewiesen, in denen die lysosomalen Proteasen durch Methylamin gehemmt wurden. Hier konnten nach Immunpräzipitation und Western Blot Analysen intaktes MTX-HSA in den Zellen nachgewiesen werden, während in unbehandelten Zellen nur schwache Signale von MTX-HSA zu sehen waren. Hier wurde das aufgenommene Albumin schnell abgebaut [11]. In Untersuchungen mit isolierten Lysosomen konnten wir allerdings zeigen, dass die Abspaltung von MTX aus dem Albumin kein frühes Ereignis im lysosomalen Abbau ist, sondern, dass erst Albuminfragmente entstehen, die noch MTX enthalten. Diese Befunde erklären die vor allem in Zellen beobachtete langsame Wirksamkeit von MTX-HSA. Wir untersuchen nun, ob die Aufnahme über Endozytose rezeptorvermittelt ab- DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention Abteilung C0300 Molekulare Toxikologie läuft und wenn ja, welche Albumin-bindenden Proteine zuständig sind. In der Klinik wird MTX-HSA, genau wie MTX, meist in Kombinationen eingesetzt werden. Wir haben daher untersucht wie eine Kombination von Cisplatin mit MTX-HSA sich auf die Zytotoxizität beider Substanzen auswirkt. Die Versuche wurden über Isobologramme ausgewertet und verschiedene Inkubationsschemata gewählt, nämlich 24h Vorinkubation mit jeweils einer Substanz, gefolgt von gleichzeitiger Inkubation mit beiden Substanzen und gleichzeitige Zugabe beider Substanzen. Ganz unerwartet war in allen Kombinationen nie eine Addition der Wirkungen zu sehen, sondern immer ein Antagonismus oder sogar eine Schutzwirkung der einen Substanz auf die andere. Die Ursache dieses starken Antagonismus ist noch nicht klar. Gründe könnten in veränderten Aufnahmekinetiken beider Substanzen und einem verlangsamten Abbau des MTX-HSA liegen. Da die Bindung von Effektoren an Albumin mit der daraus resultierenden langen Plasmahalbwertszeit und der zellulären Aufnahme über Endozytose ein allgemeingültiges Prinzip zu sein scheint, haben wir weitere Substanzen gekoppelt und untersuchen sie auf ihre Wirksamkeit. So zeigte das als niedermolekulare Substanz zwar wirksame aber toxische Aminopterin als Albuminkonjugat im Tierversuch eine noch bessere Wirksamkeit als MTXHSA [P. Kremer et al. Anti-Cancer Drugs accepted 2002]. Der Unterschied zu MTX-HSA konnte auch in Zellkultur gezeigt werden, aber nicht so deutlich wie in vivo. Generell ist es schwierig die im Tier beobachtete gute Wirksamkeit von Albuminkonjugaten in Zellkultur zu zeigen. Die Inkubationsbedingungen von Zellen sind trotz unserer Umstellung auf geringe Aminosäurengehalte immer noch viel besser als in einem Tumor, so dass die Zellen nicht von Albumin leben müssen. Dieses Beispiel und weitere Entwicklungen mit Fluoreszenzfarbstoffen zeigen aber, dass die Albuminkopplung tatsächlich ein “drug targeting” darstellt und, dass toxische Substanzen nach Bindung an Albumin, wegen der geringeren systemischen Toxizität ein breites therapeutisches Fenster erhalten. Inhibitoren der DNA-Reparatur J. Reinhard, H.-C. Kliem, M. Wießler In Zusammenarbeit mit: C-W. von der Lieth, W. E. Hull Zentrale Spektroskopie, DKFZ; Uta Eichorn, Prof. Dr. Bernd Kaina, Angewandte Toxikologie, Universität Mainz Das menschliche Genom ist zahlreichen, unerwünschten Schädigungen ausgesetzt, durch die die Unversehrtheit der Zelle gefährdet ist. Jeder Organismus hat daher Strategien entwickelt, diese Schäden zu reparieren, um so seinen Fortbestand zu sichern. Neben anderen ist hier die O6-Methylguanin-DNA-Methyltransferase (MGMT), Abbildung 1: Darstellung des Komplexes aus MGMT und Inhibitor. Man erkennt die Glukose (oben links) die aus dem aktiven Zentrum der MGMT herausragt, während das 4-BTG direkt im aktiven Zentrum liegt (recht vorne). Ein Spacer aus 8 C-Atomen verbindet beide Moleküle. zu nennen. Sie ist in der Lage, Alkylierungen an den DNABausteinen Guanin (an Position O6) und Thymin (an Position O4) zu entfernen. Bei der Therapie von Tumoren ist jedoch gerade die Schädigung von Zellen (oder Geweben) erwünscht. Hier soll durch Behandlung mit alkylierenden Therapeutika gezielt die Tumorzelle getroffen werden. Der Therapieerfolg wird jedoch durch die Anwesenheit der MGMT in Frage gestellt, repariert sie doch auch die Schäden an der DNA, die zur gezielten Vernichtung der Tumorzellen gesetzt wurden. Diese Erkenntnisse könnten zu Kombinationstherapien führen, bei denen zunächst die MGMT-Aktivität durch spezifische Therapeutika inhibiert wird. Hierdurch sensibilisiertes Tumorgewebe kann dann ebenfalls spezifisch mit Alkylantien behandelt und so die Tumorzellen in den Zelltod getrieben werden Der “Goldstandard” für MGMT-Inhibitoren ist das O6-Benzylguanin (O6-BG). Diese Verbindung befindet sich in der klinischen Prüfung. O6-Benzylguanin zeichnet sich jedoch durch schlechte Wasserlöslichkeit aus und zeigt keine Präferenz gegenüber Tumoren. Im Rahmen unseres Targeting-Konzeptes, der Konjugation von Therapeutika mit Sacchariden, wurden neue Verbindungen synthetisiert und auf ihre Wirkung in einem MGMT-Assay [Preuss, I et al. Cancer Detect. Prev. 20 (1996) 130] mit Zellproteinextrakten aus HeLaS3-Zellen untersucht. Es wurde u.a gefunden, daß die Wirkung der Saccharidkonjugate von O6-(4-Bromothienyl)guanin (4-BTG) entscheidend von der Spacerlänge, d.h. dem Abstand zwischen Saccharid und 4-BTG, abhängt[12, 13]. Dabei inhibierten die 4-BTG-Glukoside mit Spacern aus 2, 4 oder 6 C-Atomen moderat die MGMT Aktivität bei einem IC50-Wert von ca 0,5 µM, während die unglukosidierten Verbindungen O6-BG und 4-BTG IC50- DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 137 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention Abteilung C0300 Molekulare Toxikologie Werre von 0,62 µM bzw. 0,009 µM aufweisen. Die 4-BTG Glukoside mit Spacern aus 8, 10 oder 12 C-Atomen inhibierten die MGMT-Aktivität hingegen deutlich stärker; ihre IC50-Werte lagen bei ca. 0,03 µM. [10] Weigand, M. Frei, E. Graf*, N. Wiessler, M. Comparative analysis of methotrexate polyglutamates in lymphoblast prepapretions from bone marrow and blood, and the contribution of residual red blood cells. J. Cancer res Clin Oncol 126 (2000) 407-411. Um zu verstehen, warum der Abstand zwischen Glukose und 4-BTG diesen Einfluß auf die Wirkung hat, wurden die Untersuchungen durch Moleküldynamiksimulationen von MGMT:Inhibitor-Komplexen begleitet. Auf diese Weise konnten Sturktur-Wirkungsbeziehungen gefunden werden. [11] Weigand, M. Hartung, G. Roboz*, J. Sieger, S. Wolf, M. Sinn, H. Schrenk, H.H. Wiessler, M. Frei, E. Mode of action of methotrexate-albumin in a human T-cell leukemia line and activity against an MTX-resistant clone. Anti Cancer Drug Design in press 2002. Verbindungen mit Spacerlängen aus 2, 4 oder 6 C-Atomen ließen sich nur schlecht in die Bindungstasche der MGMT einpassen. Erst ab einer Länge von mindestens 8-C Atomen ist die Passgenauigkeit vom Inhibitor in die MGMT-Bindungstasche optimal. Die molekulardynamischen Berechnungen bestätigten in beeindrukkender Weise die experimentellen Befunde der Wirksamkeitsuntersuchungen. [12] J. Reinhard, W. E. Hull, C.-W. von der Lieth, U. Eichhorn*, H.C. Kliem, B. Kaina*, M. Wiessler (2001) Monosaccharide-Linked Inhibitors of O6-Methylguanine-DNA Methyltransferase (MGMT): Synthesis, Molecular Modeling, and Structure-Activity Relationships. J. Med. Chem. 44 (24): 4050-4061. [13] J. Reinhard, U. Eichhorn*, M. Wiessler , B. Kaina*, (2001) Inactivation of O6-methylguanine-DNA methyltransferase by glucose-conjugated inhibitors. Int J Cancer 93 (3):373-379. 138 Publikationen (* = externe Koautoren) [1] Nortier, J.L.*; Muniz, M.-C.;* Schmeiser, H.H.; Arlt, V.M.; Bieler, C.A.; . Petein, M.*; Depierreux, M.F.*; DePauw, L.*; Abramowicz, D.*; Vereerstraeten, P.*; Vanherweghem J.-L.*: Urothelial carcinoma associated with the use of Chinese herbs (Aristolochia species). New England Journal of Medicine 342 (2000) 1686-1692. [2] Lord, G.M.*; Cook, T. *; Arlt, V.M.; Schmeiser, H.H.; Williams, G. *; Pusey, C.D. *: Urothelial malignant disease and Chinese herbal nephropathy. Lancet 358 (2001) 1515-1516. [3] Gillerot, G. *; Jadoul, M. *; Arlt, V.M.; van Ypersele de Strihou, C.*; Schmeiser, H.H.; But, P.P. *; Bieler, C.A.; Cosyns, J.-P.*: Aristolochic acid nephropathy in a Chinese patient: time to abandon the term “Chinese herbs nephropathy”? Am. J. Kid. Dis. 38 (2001) U16-U20. [4] Arlt, V.M.; Pfohl-Leszkowicz, A. *; Cosyns, J.-P.*; Schmeiser, H.H.: Analyses of DNA adducts formed by ochratoxin A and aristolochic acid in patients with Chinese herbs nephropathy. Mutation Research-Genetic Toxicology and Environmental Mutagenesis 494 (2001) 143-150. [5] Stiborová, M.; Frei, E.; Wiessler M.; Schmeiser, H.H.: Human enzymes involved in the metabolic activation of carcinogenic aristolochic acids: evidence for reductive activation by cytochromes P450 1A1 and 1A2. Chem. Res. Toxicol. 14 (2001) 1128-1137. [6] Stiborová, M.; Frei, E.; Breuer, A.; Wiessler M.; Schmeiser, H.H.: Evidence for reductive activation of carcinogenic aristolochic acids by prostaglandin H synthase-32P-postlabelling analysis of DNA adduct formation. Mutation Research-Genetic Toxicology and Environmental Mutagenesis 493 (2001) 149-160. [7] Wörth, C.C.T.; Schmitz, O.J.; Kliem, H.-C.; Wießler, M.: Synthesis of fluorescently labeled alkylated DNA adduct standards and separation by capillary electrophoresis. Electrophoresis 21 (2000) 2086-2091. [8] Schmitz, O.J.; Wörth, C.C.T.; Stach, D.; Wießler, M.: Capillary electrophoresis analysis of DNA adducts as biomarkers for carcinogenesis. Angewandte Chemie International Edition 41, No.3 (2002) 445-448 [9] Hartung, G. Heeger, S. Bertsch*, T. Frei, E., Wunder, A. Kränzle*, M. Stehle*, G. Weigand, M. Schrenk, H.H. Sinn, H. Queißer*, W. Adaptation and clinical evaluation of a homogenous enzyme multiplied immunoassay technique (EMIT) for drug monitoring of a methotrexate-albumin conjugate (MTX-HSA) in humans. Onkologie 23 (2000) 352-357. DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention Abteilung C0500 Klinische Epidemiologie Abteilung Klinische Epidemiologie (C0500) Leiter: Prof. Dr. Anthony B. Miller (kommisarisch) Wissenschaftliche Mitarbeiter Dr. Hans-Peter Altenburg PD Dr. Nikolaus Becker Heike Behmann ( - 05/00) PD Dr. Jenny Chang-Claude Irmgard Helmbold Dr. Silke Hermann (07/00 - ) Jutta Kneisel (0,5) Dr. Jakob Linseisen ( -12/ 01) Dr. Gerhard Lotze ( - 09/01) Christine Martinsohn (-12/ 01) Dr. Alexandra Nieters Dr. Irene Reinisch Dr. Hans Wiebelt Dorothee Zoller Doktoranden Lars Beckmann Ulrike Bussas ( - 03/01) Klaus-Georg Deck ( - 09/01) Gaël Hammer ( - 06/00) Silke Kropp Annika Leopold (10/00 - ) Heribert Ramroth ( - 07/01) Maren Rohrbacher (11/01 - ) Sabine Rohrmann (01/99 - ) Dorothee Twardella ( - 12/ 01) Technische Mitarbeiter Elke Bauer (0,5) ( - 03/00) Karin Becker (08/01 - ) Elvira Calabek ( - 10/00) Evelin Deeg Ursula Eilber Erika Fisch Petra Galmbacher Ulla Gromer (0,75) Volker Herrmann (0,5) ( - 12/01) Martina Keith (0,5) (04/01 - ) Ina Kögel Waltraud Kröner (0,75) Ilona Krüger-Friedemann (0,5) (05/01 - ) Yvonne Küster (0,5) Martha Menz ( - 09/00) Dorothea Niehoff (beurlaubt bis 31.12.01) Karin Pfleger (09/01 - ) Jutta Schmitt Kati Smit Margot Villhauer-Lehr Sonstige Mitarbeiter Züleha Aytis (02/01 - ) Severin ElAlamy Markus Obreiter (08/01 - ) Julia Schliwka (06/01 - ) Stefanie Brems (06/00-03/01) Hendrik Hoyer (8/00-5/01; Zivi) Jochen Rudolph (08/01-; Zivi) Zorica Stupar (11/00 - ) Sekretariat Petra Rössler Heike Weis (0,75) Gegenstand der Abteilung Klinische Epidemiologie sind die Identifizierung von Faktoren, die zur Entstehung von Krebs führen, und gegebenenfalls die Quantifizierung der mit einer Exposition verbundenen Risiken. Ein weiterer Schwerpunkt der Forschung sind die Untersuchung von Möglichkeiten zur Vorbeugung und Früherkennung von Krebserkrankungen sowie die Evaluation der Effektivität bereits implementierter Maßnahmen. Neu in das Forschungsprogramm aufgenommen ist der Bereich der Prüfung der Effektivität neuer Diagnose- und Behandlungsverfahren. Schließlich gehört zu den Aufgaben der Abteilung auch die Verbreitung von Informationen über wirksame Maßnahmen zur Krebsprävention. Krebsprävention (C0501) N. Becker; Z. Aytis; S. Brems; E. Deeg, H. Hoyer, I. Krüger-Friedemann; A. Nieters, J. Rudolph; H. Wiebelt Kooperationen: BIPS, Bremen (Dr. Wolfgang Ahrens, Dr. Klaus Giersiepen, Prof. Dr. Eberhard Greiser); IARC Lyon, Frankreich (Dr. Paolo Boffetta, Dr. Paul Brennan, Dr. Elio Riboli, Dr. Rengsawami Sankaranarayanan); Süddeutsche Metall BG Mainz; Universität Heidelberg (Prof. Dr. med. Stefan Meuer); Universität München, München (Dr. Leonhard Knorr-Held, Prof. Dr. Ludwig Fahrmeier); Universität Bielefeld (Prof. Dr. Maria Blettner); Universität Würzburg (Prof. H.K. Müller-Hermelink); Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung in der BRD; Krankenhäuser in den Studienregionen Modellprojekt Mammograpie Screening Wiesbaden Epidemiologische Studien belegen, daß Mammographie-Screening bei 50 - 70jährigen Frauen die Brustkrebsmortalität um bis zu 30% senken kann. Voraussetzung ist die Einhaltung bestimmter, auf der Grundlage dieser Studien quantifizierbarer hoher Qualitätsstandards. Ziel des Vorhabens ist es, die erforderlichen Erfahrungen und Erkenntnisse für die Durchführung eines bevölkerungsbezogenen, qualitätsgesicherten Mammographie Screenings zu sammeln und wissenschaftlich zu evaluieren im Hinblick auf eine flächendeckende Einführung in ganz Deutschland. Das von dieser Arbeitsgruppe mit initiierte Modellprojekt wird in der Region Wiesbaden/ Rheingau-Taunus-Kreis in Zusammenarbeit mit den örtlichen niedergelassenen Ärzten und der Planungsstelle Mammographie-Screening durchgeführt. [2, 49, 62] Lungenkrebs-Screening Von den etwa 40 000 - 45 000 in jedem Jahr neu diagnostizierten Erkrankungsfällen an Lungenkrebs sterben 85 - 90% an der Krankheit. Mit 35 000 - 40 000 Todesfällen in jedem Jahr ist Lungenkrebs damit nach wie vor die häufigste Krebstodesursache in Deutschland. Theoretisch könnte eine frühzeitige Erkennung der Tumoren die Überlebenschancen nachhaltig verbessern, doch verliefen in der Vergangenheit Prüfungen von eventuellen Früherkennungsverfahren stets enttäuschend. Neueste Ergebnisse deuten nun allerdings darauf hin, daß spezielle Verfahren der Computertomographie möglicherweise frühe Stadien der Lungenkrebsentwicklung entdecken und zur Senkung der Sterblichkeit beitragen können. In Zusammenarbeit mit Radiologen des DKFZ und der Universität Münster wird derzeit eine randomisierte Studie zur Überprüfung dieses neuen Verfahrens vorbereitet. Das Vorhaben wird eingebettet sein in eine breite internationale Zusammenarbeit unter Einschluß europäischer und nordamerikanischer Gruppen. Kolorektales Screening Mit etwa 30 000 Todesfällen im Jahr ist Darmkrebs die zweithäufigste Krebstodesursache und etwa 50 000 Neuerkrankungsfällen im Jahr der häufigste inzidente Krebs in Deutschland. In den letzten Jahren veröffentlich- DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 139 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention te Ergebnisse randomisierter Studien haben gezeigt, daß mit einer bevölkerungsweiten Anwendung des Test auf okkultes Blut im Stuhl (FOBT) eine etwa 20%ige Senkung der Sterblichkeit erreicht werden kann. Eine bevölkerungsweite Einführung dieses Tests wird daher empfohlen. Eine weitaus stärkere Senkung der Krebssterblichkeit wäre allerdings von einer breiten Anwendung der vollständigen Koloskopie zu erwarten. Derzeit wird ein Studienprotokoll für eine randomisierte prospektive Studie ausgearbeitet, das die Realisierbarkeit der theoretisch zu erwartenden Sterblichkeitssenkung von 50 - 80% in der Praxis überprüfen soll. Gebärmutterhalskrebs-Screening 140 Gebärmutterhalskrebs ist weltweit eine der häufigsten Krebsarten (etwa 400 000 Neuerkrankungsfälle jährlich, 10 % aller Krebsfälle bei Frauen). Aufgrund einer wirksamen Früherkennung ist in Deutschland diese Krebsart mit etwa 7000 Neuerkrankungsfällen jährlich (4 %) weitaus seltener. Gleichwohl besteht nach wie vor Unsicherheit hinsichtlich der Screeninghäufigkeit und geeigneter Kriterien für eventuell erforderliche chirurgische Eingriffe. Viele der bei der Früherkennung entdeckten Läsionen hängen mit Infektionen mit Papillomviren (HPV) zusammen, die vorübergehend sind, so daß sich die Veränderungen von selbst wieder zurückbilden. Allerdings entwickelt sich ein kleiner Teil dieser Veränderungen zu Gebärmutterhalskrebs weiter. Da die HPV-Infektion notwendige Voraussetzung für die Entstehung dieser Krebsart ist, versucht man neuerdings, durch einen spezifischen Test auf Papillomviren die Bekämpfung des Gebärmutterhalskrebses effizienter zu machen. Allerdings kann dieser Test nicht zwischen vorübergehenden und persistenten Infektionen unterscheiden. Nur letztere entwickeln sich zu Krebs. Das Risiko unnötiger chirurgischer Eingriffe nimmt durch diesen Test daher eher noch zu. Ein im DKFZ entwickelter neuartiger Test (CINtecTM) ist in der Lage, spezifisch persistente, d.h. mit hohem Risiko zu Gebärmutterhalskrebs führende Veränderungen zu identifizieren. Gegenwärtig wird eine randomisierte epidemiologische Studie vorbereitet, mit der dessen Eignung für einen Einsatz beim Screening überprüft wird. Fall-Kontrollstudie zur Ätiologie von Lymphomen Lymphome gehören zu den wenigen Krebsarten, für die Inzidenz und Sterblichkeit in Deutschland weiterhin ansteigen. Im internationalen Schrifttum veröffentlichte Studien deuten daraufhin, daß das Antwortverhalten des Immunsystems sowie infektiöse Erreger an der Ätiologie von Lymphomen beteiligt sind. Diese beiden Bereiche sollen Schwerpunkte einer Fall-Kontrollstudie sein, die im Jahr 1999 begonnen wurde. Weitere zu berücksichtigende Faktoren werden die Exposition gegenüber Pestiziden sowie berufliche Expositionen, beispielsweise gegenüber chemischen Agentien oder Asbest sein. Ein weiterer Hintergrund der Studie ist die Tatsache, daß in den letzten Jahren eine moderne molekularbiologisch begründete Diagnostik und Klassifikation entwickelt wurde, die sich nun auch international durchgesetzt hat. Auf dieser Grundlage durchgeführte epidemiologische Un- Abteilung C0500 Klinische Epidemiologie tersuchungen lassen erwarten, daß Zusammenhänge zwischen spezifischen Expositionen und spezifischen Entitäten von Lymphomen eher gefunden werden können. Die Studie wird in sechs Regionen Deutschlands durchgeführt (Heidelberg/Rhein-Neckar-Kreis, Ludwigshafen/Vorderpfalz, Würzburg, Bielefeld, Hamburg und München). Die Kontrollgruppe wird im Verhältnis 1 : 1 alters- und geschlechtsgleich aus der Allgemeinbevölkerung gezogen. Im Hinblick auf die Durchführung von Virusnachweisen und Untersuchungen zu genetischen Polymorphismen werden von Fällen und Kontrollen jeweils Blutproben genommen und eingefroren. Von den Krebsfällen ist weiterhin angestrebt, jeweils Lymphknotenmaterial zu asservieren, um im genetischen Material der entarteten Zellen nach viralem Material zu suchen. Die Studie ist an dem deutschen Kompetenznetz Maligne Lymphome, dem europäischen kooperativen Projekt EPILYMPH sowie dem internationalen Kooperationsvorhaben INTERLYMPH beteiligt. Immunogenetische Determinanten von Allergien Bestimmte Faktoren, die an der Entstehung von Allergien beteiligt sind, spielen möglicherweise auch bei der Entstehung bestimmter Krebsarten, darunter auch Lymphome und Leukämien, eine Rolle. Darauf deuten epidemiologische Studien hin, die teilweise ein verändertes Krebsrisiko unter Allergikern festgestellt haben. Da sowohl Allergien als auch Lymphome einen immunologischen Hintergrund haben, kann die Untersuchung gemeinsamer immunologischer Faktoren auch mit der Charakterisierung immunogenetischer Voraussetzungen für die Entwicklung von Allergien begonnen werden. In einer ersten kleineren Untersuchung wurden die entsprechenden Testverfahren entwickelt. Diese werden nun weiter entwickelt und im Rahmen von Kooperationsprojekten in umfangreicheren Studien eingesetzt und künftig auch zur Auswertung des Lymphomprojektes herangezogen. Publikationen: [58] Immunogenetische Determinanten von Gebärmutterhalskrebs Infektion mit Human-Papillomviren (HPV) im Genitalbereich sind häufig und in aller Regel vorübergehend und harmlos. Nur in einem sehr kleinen Teil der Fälle wird das Virus durch die Immunabwehr nicht eliminiert und führt zu einer persistenten Infektion. Eine persistente Infektion ist jedoch Voraussetzung für die Entstehung von Gebärmutterhalskrebs. Mit dem vorliegenden Projekt sollen immunogenetische Determinanten identifiziert werden, die das Risiko für eine persistente Infektion erhöhen. Diese können dann eventuell bei der Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs behilflich sein. Analyse historischer Follow-up-Studien mit fehlenden Todesursachen In Brustkrebsstudien gelingt es häufiger, Expositionsdaten bis weit in die Vergangenheit zurück (z.T. 50er und 60er Jahre) zu erheben. Dadurch steht umfangreiches Datenmaterial im Hinblick auf (a) eine grö- DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention ßere statistische Stabilität und (b) zur Untersuchung historischer Veränderungen zur Verfügung. Allerdings bereitet es in Deutschland zunehmend Schwierigkeiten, für die weit zurückliegenden Dekaden die Todesbescheinigungen der verstorbenen Studienteilnehmer vollständig zu erhalten. Die teilweise fehlenden Todesbescheinigungen sind wiederum die für solche Studien üblichen Auswertungsverfahren unbrauchbar. Im Rahmen einer methodischen Arbeit wurde daher ein statistisches Modell entwickelt, anhand diesem die Standardverfahren auf Situationen mit unvollständiger Information über verstorbene Studienteilnehmer erweitert werden konnten. [22] Krebsatlas für Deutschland In Fortschreibung des im Jahr 1997 erschienen Atlas der Krebsmortalität in Deutschland wurden die Daten und Grafiken zur säkularen Entwicklung der Sterblichkeit an Krebs insgesamt und den im Atlas aufgeführten Einzellokalisationen sowie erläuternde Texte auf das Internet übertragen. Die Daten und Graphiken werden seitdem fortlaufend aktualisiert und ermöglichen einen raschen Zugriff auf die jeweils aktuellsten Daten zur Krebssterblichkeit in Deutschland. Internetadresse: www.dkfz.de, ‚Krebsatlas‘. Prädiktion der Entwicklung der Krebssterblichkeit in Deutschland Eine der Kernaussagen des Krebsatlas war, daß seit Beginn der 90er Jahre für beide Geschlechter ein Rückgang der altersstandardisierten Krebssterblichkeit zu beobachten ist. Auf der anderen Seite hat in der letzten Zeit, z.B. im Rahmen der Diskussion über die zukünftige Entwicklung des Alterssicherungssystems, die Alterung der deutschen Bevölkerung die Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Unter dem Gesichtspunkt der zu erwartenden Anforderungen an das Gesundheitssystem haben wir vorläufige Abschätzungen der bis zum Jahr 2040 zu erwartenden Zahlen an Neuerkrankungsfällen bzw. Sterbefällen an Krebs vorgenommen. [62] Abteilung C0500 Klinische Epidemiologie Diese Schätzungen beruhten jedoch durchweg auf amerikanischen oder britischen Mortalitätsdaten. Auf der Grundlage der im Krebsatlas veröffentlichten Sterblichkeitszahlen wurden solche Berechnungen nun auch für Deutschland durchgeführt und untersucht, in welchem Umfang sich die Situation hierzulande von den genannten amerikanischen Schätzungen unterscheidet. Die Ergebnisse wurden im Jahr 2001 veröffentlicht . [39]. Ernährungsepidemiologie (C0503) A.B. Miller, J. Wahrendorf, N. Becker, H.-P. Altenburg, H. Behmann, U. Bussas, J. Kneisel, A. Leopold, J. Linseisen, G. Lotze, C. Martinsohn, A. Nieters, S. Rohrmann Kooperationen: Prof. Dr. Helmut Bartsch, DKFZ; Dr. Heiner Boeing, DIfE, Potsdam-Rehbrücke; Dr. Elio Riboli, International Agency for Research on Cancer, Lyon, Frankreich; Prof. Dr. A. Trichopoulu, Athens School of Public Health, Athen, Griechenland; Dr. Domenico Palli CSPO, Florenz, Italien; Dr. Anne Tjønneland Danish Cancer Society, Kopenhagen, Dänemark; Dr. Paolo Vineis, Department of Cancer Epidemiology, Turin, Italien; Dr. Francoise Clavel, INSERM U. 287, IGR, Villejuif, Frankreich; Dr. Franco Berrino Instituto Nazionale dei Tumori, Mailand, Italien; Dr. Carlos Gonzáles ICO, Barcelona, Spanien; Dr. Gunnar Berglund Malmö Diet & Cancer Study, Schweden; Dr. Nick Day MRC Biostatistics Unit, Cambridge, UK; Dr. Rosario Tumino Registro dei Tumori, Ragusa, Italien RIVM; Dr. Bas Bueno de Mesquita, Bilthoven, Niederlande; Dr. Kim Overvad University of Aahrus, Dänemark; Dr. Timothy J. Key University of Oxford, UK; Dr. Göran Hallmans University of Umea, Dept. of Epidemiology, Schweden; Dr. Petra Peeters University of Utrecht, Niederlande; Dr. Rashmi Sinha National Cancer Institute, Bethesda, USA; Dr. Gunnar Steineck, Karolinska Institute, Stockholm, Schweden, Dr. Eiliv Lund, University of Tromsø, Norwegen Förderung: Deutsche Krebshilfe (seit Mai 2000); Europäische Kommission (seit 1994) Schätzung der vermeidbaren Krebstodesfälle in Deutschland Die Vermutung, dass die Ernährung ein wichtiger Faktor für die Entstehung von Krebs darstellt, existiert seit langem. Doll and Peto (1981) rechneten etwa 35% der Todesfälle an Krebs einer ungünstigen Ernährung zu. Die grundsätzliche Bedeutung der Ernährung bei der Entstehung von Krebs gilt als unbestritten, wobei der Einfluss einzelner Lebensmittelgruppen, Nährstoffe und anderer Inhaltsstoffe für die Krebsentstehung nur für wenige Zusammenhänge so überzeugend bewiesen ist, dass daraus öffentliche Ernährungsempfehlungen abgeleitet werden können. Vom World Cancer Research Fund (WCRF) und dem American Institute for Cancer Research (AICR) wurden die Ergebnisse biomedizinischer und epidemiologischer Studien zur Erforschung des Zusammenhangs zwischen Ernährung und Krebs in einem 1997 herausgegebenen Bericht zusammengefasst. Die vorhandenen biomedizinischen und epidemiologischen Forschungsergebnisse wurden zusammengestellt und hinsichtlich der Zusammenhänge zwischen Ernährung und Krebsrisiko als überzeugend, wahrscheinlich oder möglich bewertet. Seit Ende der 70er Jahre wurden wiederholt Berechnungen vorgelegt, die anhand der bestimmten Risikofaktoren zuzuordnenden Krebstodesfälle das hohe Potential für Krebspräventionsmaßnahmen nachgewiesen haben. Als überzeugend wissenschaftlich bewiesen gelten demnach vor allem die protektive Wirkung von Gemüse und Obst für verschiedene Krebsarten (Mundhöhle, Rachen, Speiseröhre, Lunge, Magen). Auf der Seite der krebsför- Anwendung Bayesianischer Modellierung auf kartographische Darstellungen der Krebsmortalität Die kartographischen Darstellungen des Krebsatlas zeigten bei einigen Krebsarten deutliche regionale Unterschiede in der Sterblichkeit, während bei anderen Krebsarten wenige oder gar keine Unterschiede feststellbar waren. In Zusammenarbeit mit dem Institut für Statistik der Universität München wurde auf der Grundlage von in der letzten Zeit entwickelten Modellen zur räumlichen Statistik Untersuchungen zur statistischen Sicherung solcher Befunde durchgeführt. [12] DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 141 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention dernden Faktoren hat Alkohol eine übergreifende Bedeutung. Dabei wirkt Alkohol in Bezug auf die Karzinome des oberen Verdauungstraktes synergetisch mit dem Tabakrauchen, d.h. die Anwesenheit beider Faktoren verstärkt deren Einzelwirkungen. Das Ziel der Arbeitsgruppe ist es, zu einer weiteren Klärung des Zusammenhanges von Ernährung und Krebs sowie anderen chronischen Erkrankungen beizutragen, um genauere Empfehlungen für eine gesundheitsfördernde Ernährung zu ermöglichen. Kohortenstudie „Gesundheit, Ernährung, Krebs“ als Teilstudie von EPIC (European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition) 142 Die Studie „Gesundheit, Ernährung, Krebs“ wird seit 1994 von der Abteilung Epidemiologie des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) in Heidelberg als Teil der europäischen Langzeitstudie EPIC (European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition) durchgeführt. Mittlerweile sind 10 europäische Länder mit insgesamt annähernd 500.000 Studienteilnehmern und -teilnehmerinnen beteiligt. In Deutschland befindet sich neben Heidelberg auch noch ein EPIC-Zentrum am Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIFE) in Potsdam. EPIC zielt auf eine weitere Klärung des Zusammenhangs von Ernährung und Krebs. Die Durchführung einer prospektiven Kohortenstudie in mehreren europäischen Ländern mit unterschiedlichen Ernährungsweisen und deutlichen Unterschieden der Neuerkrankungsraten für verschiedene Krebsarten erhöht zusammen mit der Anlage einer in ihrer Größe einzigartigen biologischen Datenbank das Auswertungspotential erheblich. Das Projekt wird von der Abteilung Ernährung und Krebs der International Agency for Research on Cancer (IARC) in Lyon koordiniert. Mit EPIC wird versucht die Beschränkungen früherer epidemiologischer Studien hinsichtlich der Präzision und Validität traditioneller Ernährungsfragebögen sowie der Anwendung biologischer Marker zu überwinden. In Rahmen der Befragung wurden biologische Proben gewonnen, welche auf Grund der Größe eine einzigartige biologische Datenbank bilden. Molekularbiologische Untersuchungen sind Bestandteil des wissenschaftlichen Programms. Stand der Datenerhebung EPIC Heidelberg Rekrutierung Die Erstbefragung der Studienteilnehmer/-innen wurde in Heidelberg im Oktober 1998 abgeschlossen. Außer einer umfangreichen Erhebung der Ernährungsgewohnheiten wurden die Teilnehmer auch zu Rauchgewohnheiten, körperlicher Aktivität, subjektivem Befinden, Krankheitsgeschichte und Medikamenteneinnahme befragt. Begleitet wurde die Befragung von Blutentnahmen, Blutdruckund Körpermessungen. Insgesamt haben 25.544 Personen aus Heidelberg und Umlandgemeinden an der Ersterhebung teilgenommen. Davon sind 53% Frauen und 47% Männer; 57% der Teilnehmer kommen aus dem Stadtbereich und 43% aus Abteilung C0500 Klinische Epidemiologie den Umlandgemeinden Heidelbergs. Von 24.466 Teilnehmern (95,7%) konnten Blutproben gewonnen werden, die in flüssigem Stickstoff gelagert werden. Nachbeobachtung Die Auswertung der EPIC-Studie beruht vor allem auf der möglichst lückenlosen Erfassung der Krebsneuerkrankungen und der Sterbefälle mit den jeweiligen Todesursachen. Deshalb kommt der Nachbeobachtung der gesamten Studienbevölkerung eine entscheidende Bedeutung zu. Die erste Nachbefragungsrunde hat in Heidelberg Anfang 1998 begonnen und wurde Anfang 2000 abgeschlossen. Es konnte eine Teilnahmerate von 93,5% erreicht werden. Die zweite Nachbefragungsrunde, bei der auch wieder die Ernährungsgewohnheiten erfragt werden, wurde Anfang 2001 begonnen und wird voraussichtlich 2003 abgeschlossen sein. Außer zu ihrer Ernährung werden die Studienteilnehmer zu Krankheitsgeschichte, Teilnahme an Krebsvorsorgeuntersuchungen, Rauchverhalten, körperlicher Aktivität, Einnahme von Medikamenten, Hormonpräparaten und Nahrungsergänzungsstoffen befragt. Verifizierung Alle Selbstangaben der Studienteilnehmer/-innen zu Krebsneuerkrankungen werden durch den Vergleich mit pathologischen Befunden oder Arztberichten überprüft und gemäß des von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vorgegebenen internationalen Schlüssels zur Klassifikation der Krankheiten (ICD-O2) kodiert. Um in fernerer Zukunft auch Informationen zu Krebsneuerkrankungen über das im Aufbau befindliche Krebsregister Baden-Württemberg zu bekommen, wurde ein Verfahren entwickelt, das in anonymisierter Form einen routinemäßigen Abgleich der EPIC-Daten mit den Daten des Krebsregisters erlaubt. Gleichzeitig melden wir alle von uns innerhalb der Heidelberger Studienbevölkerung erfassten Krebsfälle an das Krebsregister und leisten auf diese Weise einen Beitrag zur Vervollständigung der Datenbasis des Krebsregisters. Dieser Datenaustausch wird kontinuierlich durchgeführt. Auswertung Abschätzungen des Krebsrisikos für verschiedene Expositionsfaktoren werden dann möglich sein, wenn eine ausreichende Zahl von Neuerkrankungen für die entsprechende Krebslokalisation erfaßt wurde. Dies wird in Zusammenarbeit mit dem DIFE (Deutsches Institut für Ernährungsforschung) in Potsdam für Deutschland etwa im Jahr 2004 möglich sein. Hingegen haben Auswertungen auf europäischer Ebene für die zusammengefaßten Daten der an EPIC beteiligten Länder für die häufigen Krebserkrankungen (Brustkrebs, Lungenkrebs, Dickdarmkrebs, Prostatakrebs) bereits begonnen. EPIC Heidelberg hat die Leitung der EPIC-Arbeitsgruppe Lungenkarzinom zur Quantifizierung der Erkrankungsrisiken für Ernährungs- und andere Lebensstilfaktoren. Für einige Tumorentitäten (Magenkrebs, Lungenkrebs) wur- DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention den in Kooperationen auf europäischer Ebene weitere vertiefende Projekte initiiert. Des weiteren wurden die Verzehrsmengen einzelner Lebensmittelgruppen sowie deren Zubereitungsmethoden zwischen den teilnehmenden Studienregionen verglichen. Wissenschaftler der Heidelberger EPIC-Gruppe haben bei der Auswertung folgender Ernährungsmuster auf europäischer Ebene mitgewirkt: „Zufuhr von Ölen und Fetten“, „Fleischzufuhr“, „ Zufuhr von Fleisch und Fleischprodukten klassifiziert nach ätiologischen Hypothesen der Krebsentstehung“, „Zubereitungsmethoden von Fisch und Fleisch“. Deskriptive Analysen der deutschen EPIC-Kohorte hinsichtlich der Rekrutierung wurden zusammen mit EPICPotsdam publiziert. Diese vergleichenden Untersuchungen beziehen sich auf Lebensmittelgruppen, Nährstoffe und Rauchgewohnheiten. [64] Als Teilprojekt von EPIC Heidelberg wurden Untersuchungen zur Bedeutung von Zubereitungsmethoden, wie Braten und Grillen, für die Krebsentstehung durchgeführt. Basierend auf diesen Ergebnissen wurde der Ernährungsfragebogen der zweiten Nachbefragung um einen Fragekomplex bezüglich der Nahrungsmittelzubereitung ergänzt. Das Ziel ist es, die alimentäre Aufnahme der durch die Zubereitung entstehenden heterozyklischen aromatischen Amine (HAA) bestimmen zu können. [71] Die Bestimmung von Biomarkern der Nahrungsmittelaufnahme in den Blutproben stellt eine Auswertungsebene dar. Die fraktionierten Blutproben umfassen auch DNAMaterial, um molekulargenetische Untersuchungen durchzuführen. Gen-Umwelt-Interaktionen werden zur Beschreibung von Risikogruppen untersucht. Zur Exploration des Zusammenhangs zwischen Ernährung und Krebs wurden folgende Untersuchungen durchgeführt: „Bedeutung von Cholesterol und Cholesteroloxidationprodukten für die Entstehung von Lungenkrebsrisiko“, „Lipidoxidation und Brustkrebsrisiko“. Des weiteren wurden Untersuchungen zur„Risikoabschätzung genetischer Varianz in Kombination mit Ernährungsfaktoren für das Auftreten von Adipositas“ und ,,Assoziationen zwischen Genpolymorphismen der Immunreaktion und Heuschnupfen“ durchgeführt. [46,47] Im Zusammenarbeit mit dem koordinierenden Zentrum des IARC in Lyon wird an der Entwicklung einer standardisierten europäischen Lebensmitteltabelle gearbeitet. Genetische Epidemiologie (C0505) J. Chang-Claude, L. Beckmann, R. Birr, K.-G. Deck, U. Eilber, P. Galmbacher, U. Gromer, I. Helmbold, S. Hermann, M. Keith, I. Kögel, S. Kropp, I. Reinisch, K. Smit, D. Twardella Kooperationen: Deutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg (Prof. Dr. H. Bartsch, Dr. A. Risch, Dr. P Schmezer, Prof. Dr. H. Thielmann); Institut für Tropenmedizin, Heidelberg (Prof. Dr. H. Becher); Universitäts-Frauenklinik Heidelberg (Prof. Dr. G. Abteilung C0500 Klinische Epidemiologie Bastert, Prof. Dr. D. von Fournier); Pathologisches Institut, Heidelberg (Prof. Dr. H.F. Otto); Universitäts-Frauenklinik Kiel (PD Dr. M. Kiechle); Universitäts-Frauenklinik Ulm (Prof. Dr. R. Kreienberg); Institut für Humangenetik. Düsseldorf (Prof. Dr. Bartram, Dipl.math. C. Fischer); Imperial Cancer Research Fund, Leeds, England (Professor T. Bishop); Medical Research Council, Cambridge, England (Professor B. Ponder); Institute of Cancer Research, Sutton, England (Professor M. Stratton); Intituto Nazionale per lo Studio e la Cura die Tumori Ort, Italien (Professor F. Berrino); Sämtliche Kliniken der Studienregionen “Rhein-NeckarOdenwald” und “Freiburg”; Breast Cancer Linkage Consortium; Philipps-Universität, Marburg (Dr. A. Ziegler); BIPS, Bremen (Prof. Dr. R. Frentzel-Beyme); IARC, Lyon, Frankreich (Dr. P. Bofetta) Genetisch-epidemiologische Studien zur Ätiologie des prämenopausalen Brustkrebses Das Projekt hat zum Ziel Suszeptibilitätsgene für Brustkrebs und Ovarialkrebs zu lokalisieren, die Bedeutung und Heterogenität der disponierenden Gene zu klären und die Gen-Umwelt Interaktion zu untersuchen. Die Studien werden von der Deutschen Krebshilfe gefördert. In einer Familienstudie zu Brustkrebs und Eierstockkrebs wurden Familien mit mindestens drei Brustkrebs- oder Ovarialkrebspatientinnen innerhalb von zwei oder drei Generationen erfaßt. Der Nachweis von Keimbahnmutationen des BRCA1-Gens in 33% der Familien mit Brustkrebs sowie Ovarialkrebs und 17% der Brustkrebsfamilien mit mindestens 3 Fällen bestätigten eine höhere a priori Wahrscheinlichkeit für das BRCA1-Gens in BrustOvarialkrebs-Familien. Unterschiede in pathologischen Merkmalen von BRCA1- und BRCA2-bedingten und anderen Brusttumoren werden ermittelt. Neu erkrankte Brustkrebspatientinnen (£ 50 Jahre) aus zwei Studienregionen, “Rhein-Neckar-Odenwald” (von 1992 bis 1995) und “Freiburg-Breisgau-Emmendingen-Ortenau” (von 1993 bis 1995), wurden erfaßt. Zwei Gruppen von Kontrollpersonen (Schwester Kontrolle, Bevölkerungskontrollen aus der gleichen Studienregion) wurden einbezogen. Angaben zu exogenen Faktoren wurden erhoben und biologische Proben (Blutprobe, Paraffinblöcke von Tumorgewebe) für molekulargenetische Untersuchungen gesammelt. Die Fall-Kontroll-Analyse der Fragenbogendaten ergab eine signifikante Risikoreduzierung mit der Dauer des Stillens, die unabhängig vom Schutzeffekt in Verbindung mit Anzahl der Geburten war. Ein hoher täglicher Alkoholkonsum ging mit einem erhöhtem Brustkrebsrisiko einher. Assoziationsstudien wurden durchgeführt, um risikomodifizierende Gene (z.B. im Stoffwechsel von Hormonen wie Progesteron-Rezeptor-Gen und DNA Reparatur wie BRCA2) beim Brustkrebs zu identifizieren. [5,6,13,19,20,31,48,51,67] Förderung: Deutsche Krebshilfe e.V. (1993-1997) Genetisch-epidemiologische Studien zur Ätiologie des Ovarialkrebses Neu erkrankte Ovarialkrebspatientinnen (£ 75 Jahre) aus zwei Studienregionen, “Rhein-Neckar-Odenwald” und “Freiburg-Breisgau-Emmendingen-Ortenau” (von 1993 bis 1995), wurden erfaßt. Bevölkerungskontrollen aus der gleichen Studienregion wurden einbezogen. Angaben zu exogenen Faktoren wurden erhoben und biologische Proben (Blutprobe, Paraffinblöcke von Tumorgewebe) für molekulargenetische Untersuchungen gesammelt. Die DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 143 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention Fall-Kontroll-Analyse der Fragenbogendaten ergab eine eindeutige protektive Wirkung der Einnahme von oralen Kontrazeptiva. Der Schutzeffekt war auch für niedrig dosierte Präparate vorhanden. BRCA1 und BRCA2 wird bei Patientinnen unter 45 Jahren untersucht. [63] Förderung: BMBF „Klinisch-Biomedizinische Forschung“ Programm (1994-1997) Abteilung C0500 Klinische Epidemiologie der von der Abteilung “Wechselwirkungen von Carcinogenen mit biologischen Makromolekülen” entwickelt wird, sich zur Vorbestimmung der klinischen Strahlenempfindlichkeit der Brustkrebspatientinnen eignet. Eine weitere Validierungsstudie bei Patienten der Thorotrast-Studie der Abteilung “Onkologische Diagnostik und Therapie” ist geplant. Förderung: Bundesamt für Strahlenschutz (1997-2000) Datenmanagement und genetisch-epidemiologische Forschung im Förderungsprogramm der Deutschen Krebshilfe e.V. zum familiären Brustkrebs 144 Ziel dieses Projekt ist es, eine zentrale Arbeitsgruppe für Datenmanagement und genetische Epidemiologie zur Schaffung eines Datenbanksystems für 11 Zentren “Familiärer Brustkrebs” einzurichten. Das Projekt wird durch die Deutsche Krebshilfe gefördert. Diese Datenbank soll alle Datensätze, die von den Arbeitsgruppen Klinik, Molekulargenetik und Psychologie der 11 Zentren geliefert werden, zusammenfassen und dient neuen Erkenntnissen für die Information, Diagnostik, Beratung und Betreuung Betroffener und ihrer Angehörigen aus Hochrisiko-Familien und der Umsetzung der Erkenntnisse aus der Forschung. [8] Förderung: Deutsche Krebshilfe e.V. (1998-2000) Genetische Disposition als Risikomarker für Brustkrebs bei Schadstoffbelastung durch Aktivund Passivrauchen Für verschiedene Genotypen können Umweltfaktoren verschiedene Auswirkungen haben. Die Wechselwirkung der genetischen Polymorphismen in 4 möglichen relevanten Fremdstoffwechselenzymen, N-Acetyltransferase 1 und 2 (NAT1, NAT2), Glutathiontransferase T1 (GSTT1) und Cytochrom-P450-Monooxygenerase 2A6 (CYP2A6) auf das Brustkrebsrisiko in Bezug auf das Aktiv- und Passivrauchen werden untersucht. Von Teilnehmerinnen der vorangegangenen Fall-Kontroll-Studie zum Brustkrebs werden zusätzlich detailliertere Angaben zur Schadstoffbelastung durch Aktiv- und Passivrauchen erhoben. Die molekulargenetischen Untersuchungen werden in Zusammenarbeit mit der Abteilung “Toxikologie und Krebsrisikofaktoren” durchgeführt. Verglichen mit weder aktiv noch passiv exponierten Frauen, ergab sich ein um 31% erhöhtes Brustkrebsrisiko für Aktivrauchende. Bei den Nichtraucherinnen war das Passivrauchen mit einer eindeutigen Risikoerhöhung um 50% verbunden. Förderung: Deutsche Krebshilfe e.V. (1998-2001) Die Bedeutung der individuellen Strahlenempfindlichkeit für die Abschätzung des individuellen Strahlenrisikos beruflich strahlenexponierter Personen unter gegebenen Expositionsumständen Ziel dieser Studie ist, die Prävalenz von Strahlenempfindlichkeit abzuschätzen und Risikofaktoren für Strahlenempfindlichkeit zu identifizieren. Für die klinische Definition von Strahlenempfindlichkeit werden die durch die Strahlentherapie hervorgerufenen akuten Nebenwirkungen bei Brustkrebspatientinnen in der Abteilung Radiologie der Universitäts-Frauenklinik Heidelberg herangezogen. Es wird überprüft, ob ein neu zu etablierender in vitro Assay, Genetik von komplexen Krankheiten: Genetische Kartierung von Brustkrebsgenen und DarmkrebsSuszeptiblilitätsgenen durch „haplotype sharing analysis“ in Isolatpopulationen Die bisher identifizierten Krankheitsgene (BRCA-Gene, HNPCC-Gene), die zu einem stark erhöhten Risiko für das Mammakarzinom und das kolorektale Karzinom disponieren, können das gehäufte Auftreten nur in 30% bis 60% der entsprechenden Familien erklären. Zur Genkartierung weiterer zum Brustkrebs und Kolonkrebs disponierender Gene nehmen wir die „haplotype-sharing“ Methode in einer Isolatpopulation als eine aussichtsreiche Alternative zu den traditionellen Ansätzen. Als geeignete Isolatpopulation wurde die sorbische Population der Oberlausitz ausgewählt, die ethnisch, konfessionell, geographisch, demographisch und historisch einzigartig dokumentiert ist. In Rahmen des von dem HGF-Strategie Fonds geförderten Projektes sollen jeweils ca. 150 “trios” von Brustkrebspatientinnen und Darmkrebspatienten aus der Bevölkerung der Oberlausitz rekrutiert und für ein Genom-Scan einbezogen werden. Förderung: HGF Strategie Fonds (1999-2002) Genetik komplexer Krankheiten: Statistische Methoden der “haplotype sharing analysis” Ziel dieses Projektes ist die Entwicklung und Anwendung einer effizienten „haplotype sharing“ Methode HSA, einer neuen Methode zur statistischen Auswertung einer genomweiten Analyse in der Untersuchung einer komplexen Krankheit. Die nichtparametrische HSA Methode beruht auf dem Prinzip des „Identity by descent“. In einer geeigneten Isolatpopulation erwarten wir, daß ein Teil der Patienten von einem oder wenigen mutationstragenden Vorfahren ( foundern ) abstammen. Die Patienten haben die Mutation von einem founder und teilen sich ein Chromosomensegment um die Mutation. An dieser Stelle sind sie also „identical by descent“. Während übliche kopplungsanalytische Verfahren die Beziehungen zwischen einzelnen Markern und einem Mutationslocus betrachten, benutzt HSA die Informationen ganzer Chromosomensegmente. Vorteile von HSA ist einmal die geringere Anzahl an Patienten sowie die geringere Anzahl an benötigten Markern. Es sollen die theoretischen Eigenschaften der HSA anhand genetischer und populationsdynamischer Grundlagen für verschiedene genetische Modelle erarbeitet werden. Weitere Arbeitsfelder sind die Entwicklung von Tools DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention Abteilung C0500 Klinische Epidemiologie für Simulationen, Haplotypisierungen und die Berücksichti-gung von fehlenden Daten. Anhand von empirischen Daten aus verschiedenen Studien werden die Eigenschaften der HSA untersucht und validiert. Die Methode wird zur Identifizierung von Brustkrebs- und Darmkrebs-Suszeptilitätsgenen in der sorbischen Population in der Oberlausitz benutzt. [44] das Lungenkrebsrisiko in Bezug auf die berufliche Exposition gegenüber KMF unter Berücksichtigung von Störfaktoren wie Rauchen, Alkoholkonsum und andere berufliche Expositionen, zu ermitteln. Expositionsbewertungen erfolgen basierend auf Angaben eines Expertpanels von Betriebsleitern und Vorarbeitern sowie auf Angaben von Hinterbliebenen. [52] Förderung: HGF Strategie Fonds (1999-2002) Förderung: International Agency for Research on Cancer (19961998) The International BRCA1/2 Carrier Cohort Study Angesichts der vermuteten Natur der BRCA1- und BRCA2-Gene (Tumorsuppressorgene) können exogene Risikofaktoren die Wahrscheinlichkeit einer somatischen Mutation des verbliebenen ‘normalen’ Allels und damit den Zeitpunkt, wann die Krankheit ausbricht, auch Penetranz genannt, beeinflussen. Tatsächlich werden in Familien mit BRCA-Mutationen auch Frauen beschrieben, die erst im hohen Alter Brustkrebs entwickelten oder bis zum hohen Alter gesund bleiben. Es wird Gegenstand der Untersuchung bei Mutationsträgerinnen aus zahlreichen europäischen Ländern und aus Kanada sein, den Einfluss exogener Risikofaktoren weiter zu charakterisieren und die Bedeutung prophylaktischer Chirurgie für das Erkrankungsrisiko prospektiv zu ermitteln. Förderung: EU/ Europe Against Cancer (2000-2002). Europäische multizentrische Studie: Assoziationen zwischen Ernährungs- und Lebensstilfaktoren und genetischer Prädisposition im Auftreten von Brustkrebs bei jungen Frauen Diese multizentrische Studie in 7 Ländern untersucht die Frage, ob sich bekannte Lebensstil- und Umweltfaktoren, die als Risikofaktoren für Brustkrebs gelten, gleichermassen auf Patientinnen mit und ohne genetische Disposition auswirken. Brustkrebspatientinnen in der RheinNeckar- und Ortenau-Region sowie im gesamten Bundesland Rheinland-Pfalz, die bei der Diagnose (zwischen 1998 und 2002) jünger als 40 Jahre alt waren, sollen für eine Teilnahme an der Studie gewonnen werden. Daten über Ernährungsfaktoren, verschiedene Lebensstilfaktoren, Reproduktivitätsfaktoren, und hormonelle Faktoren werden mit selbstauszufüllenden Fragebogen gewonnen. Das Risiko einer genetischen Disposition wird zunächst anhand der familiären Krebserkrankungen geschätzt. Das gewählte „Case-Only“ Studiendesign ermöglicht Gen-Umwelt-Interaktionen mit größerer statistischer Power festzustellen, erlaubt jedoch keine Aussage über die Effekte der einzelnen Risikofaktoren. Förderung: Europäische Union Fifth Framework Programme(2001-2003). Verlängertes Follow-up und eingebettete FallKontrollstudie in der Kohortenstudie zur Exposition gegenüber künstlichen Mineralfasern Im Rahmen der internationalen Kohortenstudie unter Beschäftigten in der Herstellung künstlicher Mineralfasern (KMF) wurde eine eingebettete Fall-Kontrollstudie mit den Lungenkrebsfällen und geeigneten Kontrollpersonen innerhalb der Kohorte durchgeführt, um Kohortenstudie bei Vegetariern (20 Jahre-Mortalitäts-Follow-up) Lebensstilfaktoren von 1904 deutschen Vegetariern werden in Bezug auf ihre Mortalität seit 1978 untersucht. Regelmäßige körperliche Aktivität, die Dauer des Vegetarismus und der Vegetarier-Status (streng oder moderat) wurden als Determinanten der Gesamt-Mortalität, der Krebsmortalität und/oder der Mortalität an kardiovaskulären Erkrankungen gefunden. Eine gemeinsame Analyse von amerikanischen und europäischen prospektiven Kohortenstudien ergab eine erniedrigte Mortalität von Vegetariern verglichen mit Nicht-Vegetariern vorwiegend für ischämische Herzkrankheiten. Der Follow-up dieser Kohorte wurde bis Ende 1999 weitergeführt für weitere Analysen. Publikationen (* = externe Koautoren) [1] Aronson K.J.*, Miller A.B., Woolcott C.G.* et al. Breast adipose tissue concentrations of polychlorinated biphenyls and other organochlorines and breast cancer risk. Cancer Epid Biom Prev (2000) 9: 55-63. [2] Becker N. Brustkrebs-Screening (Letter). Radiologe (2000) 40: 835. [3] Boyd N.F.*, Jensen H.M.*, Cooke G.*, Lee Han H.*, Lockwood G.A.*, Miller A.B. 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Deseyve) Dr. Karen Steindorf (0,5) Awi Wiesel (09/00 - 04/01) ohne Vergütung Doktoranden/Diplomanden Karsten Geletneky Gael Hammer ( -06/00) Gastwissenschaftler Prof. Dr. Wieslaw Jedrychowski, Warschau, Polen (03-04/00) 148 Technische Mitarbeiter Evelyn Kludt (0,5) - 09/01 Wissenschaftliche Hilfskraft: Martin Ritschel (06/01-05/02) Zivildienstleistende Martin Ritschel (08/00-05/01) Frank Seyfried (05/01-04/02) Sekretariat Erika Stolte (0,5)( - 11/01) Angelika Lampe (0,25) (12/01 - ) Die Arbeitsgruppe Umwelt-Epidemiologie hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Bedeutung verschiedener Umweltfaktoren, wie z. B. elektromagnetische Felder, körperliche Aktivitäten und berufsbedingte Noxen, in Zusammenhang mit der Entstehung unterschiedlicher Krebserkrankungen zu untersuchen. Im Rahmen dieser Forschungsaufgaben sollen neben den klassischen Verfahren der Epidemiologie (Fall-Kontroll-Studien, Kohortenstudien usw.), in denen weitgehend mit den Methoden der Befragung durch Interviews gearbeitet wird, auch weitergehende Untersuchungen bezüglich des Zusammenhanges zwischen diesen vermuteten Risikofaktoren und körperspezifischen Bedingungen, wie z.B. Biomarkern, “host factors”, genetischen Prädispositionen und Co-Morbidität durchgeführt werden. Ebenso werden der Einfluss von anderen Umweltfaktoren wie z.B. Ernährungsbedingungen körperliche Aktivität und Rauchen analysiert [1,2,3,4,5]. Zur Bearbeitung dieser Fragen wurden verschiedene Forschungsprojekte etabliert: Im Mittelpunkt der inhaltlichen Forschungstätigkeiten stehen zur Zeit Untersuchungen über den Einfluss von elektromagnetischen Feldimmissionen, die u.a. durch die Nutzung von mobilen Kommunikationseinrichtungen (wie z.B. „Handys“) auftreten, auf die Entstehung von Hirntumoren. Zusätzlich soll die kontrovers diskutierte Rolle beruflicher Risikofaktoren auf die Hirntumorentstehung geklärt werden. Ein weiterer Forschungsschwerpunkt der Arbeitsgruppe liegt auf der Untersuchung des Einflußfaktors körperliche Aktivität, der für verschiedene Krebsarten als protektiver Faktor in der Tumorätiologie diskutiert wird. Hierbei stehen derzeit Studien zu Brustkrebs und zu Kolorektalkarzinomen im Vordergrund. In einer virologisch-epidemiologischen Studie wird in Zusammenarbeit mit der Abt. Angewandte Tumorvirologie des DKFZ die Bedeutung einer Infektion mit adeno-assoziierten Viren auf den Schwangerschaftsverlauf und die Entwicklung des Embryos untersucht, da diese Viren u.a. als Vektoren im Rahmen der Tumortherapie diskutiert werden. In Kooperation mit der Universität Mainz werden Daten des Mainzer Kindergeburten-Registers im Hinblick auf angeborene Fehlbildungen und mögliche ätiologische Faktoren untersucht. Darüber hinaus soll die Prävalenz onkologischer Erkrankungen bei Kindern mit Fehlbildungen ermittelt werden. Der methodische Forschungsschwerpunkt liegt auf Quantitativen Risikoabschätzungen. Deren Ziel ist es, aus den Ergebnissen von epidemiologischen Studien konkrete Aussagen zu dem Gefährdungspotential verschiedener Risikofaktoren in einer bestimmten Bevölkerung abzuleiten. Derartige Untersuchungen stellen ein wichtige Basis für Entscheidungen im Öffentlichen Gesundheitswesen dar. DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention Hochfrequente elektromagnetische Felder B. Schlehofer, K. Schlaefer, I. Hettinger, E. Kludt , J. Wahrendorf In Zusammenarbeit mit: Interphone Study Group: Prof. Dr. Maria Blettner, Dr. Gabriele Berg, Universität Bielefeld, Dr. Joachim Schüz, Prof. Dr. Jörg Michaelis, Universität Mainz; Dr. Elisabeth Cardis, IARC, Lyon, Frankreich; Prof. Dr. Bruce Armstrong, NSW Cancer Council, Kings Cross, Australien; Dr. Martine Hours, Université Claude Bernard Lyon, Frankreich; Dr. Anssi Auvinen, University of Tampere, Finnland; Dr. Liz Findlay, NHS Scotland, Edinburgh, UK; Dr. Christoffer Johansen, Danish Cancer Society, Kopenhagen, Dänemark; Dr. Simon Mann, National Radiological Protection Board, Chilton, UK; Prof. Dr. Baruch Modan, The Chaim Sheba Medical Center, Tel-Hashomer, Israel (verstorben); Prof. Dr. Daniel Krewski, University of Ottawa, Ottawa, Kanada; Dr. Stefan Lönn, Karolinska Institute, Stockholm, Schweden; Dr. Toru Takebayashi, Keio University School of Medicine, Tokyo, Japan; Dr. Paolo Vecchia, Istituto Superiore di Sanità, Rom, Italien; Dr. Tore Tynes, Norwegian Radiation Protection Authority, Østerås, Norwegen, Dr. Alistair Woodward, University of Otago, Wellington, Neuseeland. Gesundheitsschädigende Wirkungen hochfrequenter elektromagnetischer Felder, wie sie z. B. durch die Nutzung des Mobilfunks auftreten, wurden in den letzten Jahren, nicht zuletzt aufgrund der uneinheitlichen Ergebnisse vielseitiger Forschungsaktivitäten, äußerst kontrovers diskutiert. Expositionen mit hochfrequenten elektromagnetischen Feldern sind neben dem Gebrauch durch eine Vielzahl mobiler Kommunikationseinrichtungen (z. B. Handys, Funk- oder schnurlose Telefone) auch durch spezifische berufliche Tätigkeiten gegeben. Ein Handlungsbedarf für die Erforschung dieses Feldes mit verbesserter Methodik und auf den Ergebnissen vorangegangener Untersuchungen aufbauender Fragestellungen ergibt sich, neben der öffentlichen Besorgnis, auch aus der starken Zunahme der Exposition. So benutzten nach Angaben der Telekom Ende 2001 bereits 56 Millionen Bundesbürger ein Handy (ca. 65% der bundesdeutschen Bevölkerung). Studien zur validen Quantifizierung gesundheitlicher Risiken durch Hochfrequenzstrahlung sind somit gerade zum heutigen Zeitpunkt zwingend geboten. Auf dieser Basis führt die International Agency for Research on Cancer (IARC), gefördert durch das V. Rahmenprogramm der EU, seit dem Jahr 2000 eine internationale, multizentrische, populationsbezogene FallKontroll-Studie zu Tumoren des Kopf- und Halsbereiches (Gliome, Meningeome, Akustikusneurinome und Parotistumoren) durch, an der Australien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Israel, Italien, Japan, Kanada, Neuseeland, und die skandinavischen Länder beteiligt sind. Dabei soll die Möglichkeit geprüft werden, in wie weit gesundheitliche Risiken durch die Mobilfunknutzung und durch sonstige Expositionen gegenüber hochfrequenten elektromagnetischen Feldern im privaten und beruflichen Bereich bestehen. Die Arbeitsgruppe Umwelt-Epidemiologie des DKFZ Heidelberg (Prof. Dr. Jürgen Wahrendorf) beteiligt sich zusammen mit der Arbeitsgruppe Epidemiologie und Medizinische Statistik der Universität Bielefeld (Prof. Dr. Maria Blettner) und dem Institut für Medizinische Statistik und Arbeitsgruppe C0600 Umweltepidemiologie Dokumentation der Universität Mainz (Prof. Dr. Jörg Michaelis) als gemeinsame deutsche Studiengruppe an diesem Projekt (Kurztitel in Heidelberg: Studie zu Umwelt und Gesundheit 2000/2001). Eine Auswertung der gepoolten Studiendaten sowohl für Deutschland als auch im Rahmen eines internationalen multizentrischen Studiendesigns ist nötig, da aufgrund der Seltenheit der zu untersuchenden Tumoren und der noch nicht sehr lange bestehenden Nutzung mobiler Telefone, insbesondere in der deutschen Bevölkerung, nur bei großer Fallzahl mit aussagekräftigen Ergebnissen zu rechnen ist [6,7]. Ziel ist es, für den deutschen Anteil der Fall-Kontroll-Studie in den drei Studienregionen Heidelberg, Bielefeld und Mainz in einer 3-jährigen Erhebungsphase (bis Ende 2003) ca. 700 Patienten, die im Alter von 30 bis 69 Jahren an primären Hirntumoren (Gliomen, Meningeomen, Akustikusneurinomen) inzident erkrankt sind, aus den jeweiligen regionalen Neurochirurgischen Kliniken zu rekrutieren. Parallel dazu wird eine doppelt so große Anzahl von Kontrollpersonen (gematcht nach Alter und Geschlecht zu den Fällen) aus der Bevölkerung der Studienregionen (Gesamteinwohnerzahl ca. 5.5 Millionen) befragt. Das Studiendesign und das Befragungsinstrument, ein Computer unterstütztes Interview (CAPI), ist für alle Studienzentren der internationalen Studie einheitlich. Schwerpunkt der Befragung ist es, durch ein direktes Interview die Telefoniergewohnheiten der Studienteilnehmer detailliert zu erfassen. Die Vorarbeiten zu dieser Studie wurden bereits 1999 durchgeführt. Mit der Rekrutierung von Fällen und Kontrollen konnte im Oktober 2000, nach Fertigstellung der Erhebungsinstrumente und aller Begleitunterlagen begonnen werden. Bis Ende 2001 wurden für den deutschen Studienanteil 263 Hirntumorpatienten als relevant für die Studie identifiziert, 87% (n=228) konnten interviewt werden, 106 davon kamen aus den neurochirurgischen Kliniken Heidelberg und Mannheim. Von den in den deutschen Studienregionen insgesamt 729 angeschriebenen Kontrollpersonen mussten 65 aus unterschiedlichen Gründen (z.B. Sprachproblemen, Wohnortswechsel) ausgeschlossen werden. Von den verbliebenen 664 „relevanten“ Kontrollen wurden 341 interviewt, 23 war zu krank, 165 Personen verweigerten die Teilnahme und 135 Personen waren noch in Bearbeitung. Im Heidelberger Studienzentrum konnte von 266 relevanten Kontrollen 116 interviewt werden, 58 Personen verweigerten und 91 Kontrollen waren in Bearbeitung. Die Erhebungsphase der Studie wird Ende 2003 abgeschlossen werden. Mit ersten Ergebnissen ist frühestens Anfang 2004 zu rechnen. Parallel zur Datenerhebung wurden im Rahmen einer Validierungsuntersuchung die Angaben zum Telefonierverhalten für die deutschen Studienzentren gemeinsam in Bielefeld durchgeführt und 2002 abgeschlossen. Für die Validierung der histologischen Diagnose wird anhand einer Stichprobe der Studienteilnehmer eine Referenzpathologie in Lyon durchgeführt; die Lokalisation der Tumoren wird mit Hilfe der Dokumentation aus bildgebenden Verfahren (MRT, CT) detailliert ermittelt. DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 149 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention Dieses Vorgehen soll 2002 nach Vorgaben aus Lyon durchgeführt werden. Berufliche Risikofaktoren für Hirntumoren I. Hettinger, B. Schlehofer, J. Wahrendorf In Zusammenarbeit mit: Prof. Dr. Anders Ahlbom, Institute for Environmental Medicine, Stockholm, Schweden; Prof. Dr. Annie Arslan, International Agency for Research on Cancer (IARC), Lyon, Frankreich; Prof. Dr. Maria Blettner, Universität Bielefeld; Prof. Dr. Won N. Choi, Manitoba Cancer Treatment & Research Foundation, Winnipeg, Kanada (verstorben); Prof. Dr. Graham G. Giles, Anti Cancer Council of Victoria, Victoria, Australien; Prof. Dr. Geoffrey Howe, Columbia University School of Public Health, New York, USA; Prof. Dr. Julian Little, University of Aberdeen Medical School, Aberdeen, UK; Dr. Francois Menegoz, Registre du Cancer du Department de l’Isère, Frankreich; Prof. Dr. Susan Preston-Martin, University of Southern California School of Medicine, Los Angeles, USA; Dr. Philip Ryan, University of Adelaide, Adelaide, Australien. 150 Im Rahmen einer Internationalen populationsbezogenen Studie zur Ätiologie von Hirntumoren im Erwachsenenalter wurden Daten zu verschiedenen potentiellen Risikofaktoren, aus den Bereichen Ernährung, Lebensstil (z.B. Rauchen und Alkohol), berufliche Tätigkeit und zur medizinischen Vorgeschichte erhoben. Die Studie wurde Ende der 80er Jahre nach gleichem Protokoll in acht Studienzentren in Australien, Kanada, Europa (Frankreich, Deutschland, Schweden) und den USA durchgeführt. Insgesamt konnten 331 Meningiom- und 1178 Gliomfälle, sowie 1123 Meningiom- und 1987 Gliomkontrollen (gematcht nach Alter, Geschlecht und Region) rekrutiert werden. Die Abteilung Epidemiologie des DKFZ hat sich bereits mehrfach an der Auswertung des Datenmaterials beteiligt. Aktuell stehen die Informationen zu beruflichen Risikofaktoren im Mittelpunkt unserer Untersuchungen. Risikofaktoren für Hirntumoren werden für verschiedene berufliche Tätigkeiten und Expositionen kontrovers diskutiert. Die Analyse des gepoolten Datensatzes der Internationalen Fall-Kontroll-Studie soll zur Klärung der Rolle der beruflichen Tätigkeit und damit verbundener Substanzexpositionen im Hinblick auf die Entstehung von primären Hirntumoren (Gliomen und Meningiomen) beitragen. Von allen Studienteilnehmern wurden Daten zu beruflichen Tätigkeiten über das gesamte Berufsleben erhoben und in 16 Berufsgruppen kategorisiert. Zusätzlich wurden anhand einer Liste Informationen zu spezifischen Substanzexpositionen erhalten. Aufgrund von Informationen aus der Literatur standen à priori sechs Berufsgruppen im Mittelpunkt der Analysen: „Chemie“, „Metall“, „Elektro“, „Bau“, „Transport“ und „Landwirtschaft“ [8]. Als Hauptresultate liegen vor: Für Gliome konnten keine beruflichen Risikofaktoren identifiziert werden. Für Meningiome zeigten sich signifikant nahezu 2fach erhöhte Risiken in den Kategorien „Bau“ und „Transport“. Bezüglich Substanzexpositionen weisen die beruflichen Expositionen mit Isoliermaterial, Metall- und Metallverbindungen und mit Ölprodukten ein deutlich erhöhtes Risiko nur für Meningiome auf. Für die Exposition mit kosmetischen Produkten ergab sich ein signifikant dreifach erhöhtes Arbeitsgruppe C0600 Umweltepidemiologie Risiko für Meningiome. Geschlechtspezifische Unterschiede konnten herausgearbeitet werden; so basierte das Ergebnis für Isoliermaterial hauptsächlich auf exponierten Männern, und das Ergebnis für kosmetische Produkte überwiegend auf exponierten Frauen. Da ätiologische Faktoren von Hirntumoren noch immer nicht hinreichend geklärt sind und bisher nicht alle Daten der Internationalen Hirntumorstudie ausgewertet werden konnten, hat sich die Arbeitsgruppe Umwelt-Epidemiologie und die AG Epidemiologie und medizinische Statistik der Universität Bielefeld entschlossen, weitere Bereiche der Studie zu untersuchen. So wurde in einer Zusammenarbeit mit dem französischen Studienzentrum [9] das Risiko von Tierkontakten auf Hirntumoren untersucht. Körperliche Aktivität und Krebs K. Steindorf, M. Schmidt In Zusammenarbeit mit: Prof. Dr. Wieslaw Jedrychowski, Universität Krakau, Polen; PD Dr. Jenny Chang-Claude, Silke Kropp, Abteilung Klinische Epidemiologie, DKFZ Ein Zusammenhang zwischen körperlicher Aktivität und der Entstehung von Tumoren wird für verschiedene Krebsarten diskutiert, so z.B. für Darm- und Brustkrebs, aber auch für Gebärmutter- und Prostatakrebs. Körperliche Aktivität stellt einen Faktor dar, der auf Individual- und auf Bevölkerungsebene in seiner Häufigkeit und Intensität veränderbar ist. Daher besitzt er ein hohes Potential für die Gesundheitserziehung und die primäre Prävention von Tumoren. Aus wissenschaftlicher Sicht handelt es sich bei der Größe „körperliche Aktivität“ um eine komplexe Variable. So müssen z.B. Arbeits- und Freizeitverhalten, Verhaltensweisen in verschiedenen Lebensaltersstufen, jahreszeitliche Einflüße und Wechselwirkungen zu anderen Lebensstilfaktoren wie z.B. der Ernährung und Beruf berücksichtigt werden. In der Literatur finden sich verschiedene Ansätze zur Erhebung und Auswertung von körperlicher Aktivität, von sehr einfachen Abfragen bis hin zu sehr detaillierten und aufwendigen Befragungen. Ein Ziel des laufenden Projektes ist daher die Fortentwicklung und Validierung von standardisierten Erhebungs- und Auswertungsmethoden für verschiedene Arten von körperlicher Aktivität. Es wurden verschiedene Kooperationen initiiert, um unsere Forschungsergebnisse in Studien zu verschiedenen Krebsformen einzubringen. Neben diesem eher methodischen Schwerpunkt besteht ein weiteres wichtiges Ziel dieses Projektes darin, die Erkenntnislage für verschiedene Tumoren zu verbessern und somit die Erstellung von konkreten Empfehlungen für das Gesundheitsverhalten zu unterstützen. Im Rahmen einer Fall-Kontroll-Studie der Universität Krakau (Polen) zur Entstehung von Kolorektalkarzinomen wurden 180 neu an einem derartigen Tumor erkrankte Patienten und 180 Krankenhauskontrollen untersucht. Der Schwerpunkt der Kooperation lag sowohl auf der gemeinsamen Betrachtung von körperlicher Aktivität im Beruf und in der Freizeit, als auch auf der ausführlichen Analyse möglicher Wechselwirkungen zu anderen Lebensstilfaktoren DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention wie z.B. der Ernährung [10,11,12,13]. Im Rahmen einer Fall-Kontroll-Studie mit 468 Brustkrebsfällen und 1093 Kontrollen wurde in den Jahren 1999 bis 2000 eine ausführliche Erhebung der körperlichen Aktivität der Studienteilnehmerinnen vorgenommen. Aus den noch laufenden Auswertungen werden weitere Erkenntnisse zu dem Einfluß von körperlicher Aktivität und Brustkrebs hervorgehen. Quantitative Risikoabschätzungen und statistische Methoden in der Epidemiologie K. Steindorf In Zusammenarbeit mit: Prof. Dr. Maria Blettner, Universität Bielefeld; Prof. Dr. Heiko Becher, Universität Heidelberg Das Ziel von Quantitativen Risikoabschätzungen ist es, die gesundheitlichen Auswirkungen einer Substanz oder einer Lebensbedingung in einer Bevölkerung auf der Basis epidemiologischer und toxikologischer Erkenntnisse quantitativ zu beschreiben. Derartige Bewertungen stellen eine wichtige Grundlage für Entscheidungen im Öffentlichen Gesundheitswesen dar. So war die Arbeitsgruppe an der Erarbeitung von Empfehlungen für die deutsche Strahlenschutzkommission beteiligt. Dabei wurden verschiedene Konzepte für die Sanierung von Innenräumen, die mit dem radioaktiven Edelgas Radon belastet sind, bezüglich ihres gesundheitlichen Nutzens bewertet. Neben der Durchführung von Quantitativen Risikoabschätzungen anhand von etablierten Verfahren spielt die Erweiterung des Methodenspektrums eine wichtige Rolle. Schwerpunkte liegen dabei derzeit auf der gemeinsamen Untersuchung von Quantitativen Risikoabschätzungen und Meta-Analysen, deren Ziel es ist, die Informationen verschiedener Quellen gemeinsam zu bewerten und auf den speziellen Problemen, die sich bei der Betrachtung von kleinen Risiken ergeben. Auch die Berücksichtigung von individuellen Suszeptibilitäten und Hoch-Risikogruppen gerät zunehmend in den Vordergrund von Quantitativen Risikoabschätzungen [14]. Es ist zu erwarten, dass das Teilgebiet der Quantitativen Risikoabschätzungen mit der politischen Neuorganisation des Verbraucherschutzes zusätzlich an Bedeutung gewinnt. Eine stetige Fortentwicklung der generellen statistischen und epidemiologischen Methoden ist für die Epidemiologie unerläßlich, nicht zuletzt durch die rasanten Entwicklungen in den der Epidemiologie assoziierten Fächern wie der Genetik und der Molekularbiologie. Wichtige Aspekte stellen dabei die Entwicklung geeigneter Studiendesigns und Erhebungsmethoden, die Datenerfassung und die Auswertung mit adäquaten statistischen Methoden dar. Im Berichtszeitraum wurden von der Arbeitsgruppe zwei wissenschaftliche Workshops zu aktuellen Themen (Epidemiologische Methoden für die Krebsfrüherkennung, Verfahren der räumlichen Statistik) veranstaltet. Arbeitsgruppe C0600 Umweltepidemiologie Angeborene morphologische Defekte K. Schlaefer, J. Wahrendorf, A. Wiesel In Zusammenarbeit mit: PD Dr. Annette Queisser-Luft, Kinderklinik der Universität Mainz In der Bundesrepublik Deutschland sind angeborene Fehlbildungen die häufigste Ursache der Kindersterblichkeit (ca. ein Viertel aller kindlichen Todesfälle). Die Prävention angeborener Fehlbildungen ist daher eine wesentliche Aufgabe der Pädiatrie. Eine systematische Registrierung von angeborenen Fehlbildungen stellt die Grundlage zur Bearbeitung wissenschaftlicher Fragestellungen und damit auch zur Ursachenforschung dar. Epidemiologische Daten und Analysen können Ansatzpunkte zur Prävention von Fehlbildungen liefern und sind daher wesentliche Grundlagen für gesundheitspolitische Maßnahmen. Die intrauterine Entwicklung des Kindes kann durch äußere Störfaktoren (z.B. chemische und physikalische Noxen, Medikamenteneinnahme in der Schwangerschaft, Fehlernährung, ökosoziale Faktoren, berufliche Expositionen) beeinflusst und sehr empfindlich gestört werden. Fehlbildungen können dann die Folge solcher schädigenden Einflüsse sein. Aber noch immer sind in ca. 60% der Fälle die Ursachen angeborener Fehlbildungen nicht bekannt. Seit 1990 besteht das Mainzer Geburtenregister zur Erfassung angeborener Fehlbildungen bei Neugeborenen. Ziele dieses Registers sind die Erfassung von bevölkerungsbezogenen Fehlbildungshäufigkeiten, zeitlichen und regionalen Trends sowie die Ermittlung von Ansatzpunkten zur Ursachenforschung angeborener Fehlbildungen [15,16]. Dazu werden alle in Mainz geborenen Kinder (Lebendgeborene, Totgeborene, spontane und induzierte Aborte) nach einem standardisierten Schema klinisch und sonographisch (Hüften und Nieren; bei spezieller Indikation Schädel und Herz) untersucht. Die Zusammenarbeit mit der AG Umwelt-Epidemiologie des DKFZ besteht bezüglich der Auswertung der epidemiologischen Fragestellungen. Seit 1990 wurden mehr als 38.000 Neugeborene (94,8% aller in der Region Rheinhessen geborenen Kinder) in die anonymisierte Auswertung einbezogen. Bisherige spezielle Auswertungen widmeten sich u.a. den Themenbereichen: „Pränatale Diagnose von Fehlbildungen: Sensitivität pränataler Ultraschalluntersuchungen“, „Mütterliche Medikamenteneinnahme und Fehlbildungen beim Feten“ und „Mütterliche Adipositas als Risikofaktor für kindliche Fehlbildungen“. Derzeitige Schwerpunkte bei den Auswertungen liegen in der Ermittlung möglicher Risikofaktoren (z.B. reproduktionsmedizinische Methoden) für die Entstehung angeborener Fehlbildungen, in der Überprüfung der mütterlichen perikonzeptionellen Folsäureeinahme zur Prävention von Neuralrohrdefekten, in der Erstellung der deskriptiven 10Jahres-Auswertung und in der Prävalenz- Ermittlung onkologischer Erkrankungen bei den Kindern mit Fehlbildungen der Mainzer Geburtenkohorte [17]. DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 151 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention Abteilung S0109 Mechanismen der Tumorigenese Publikationen (*= externe Autoren) Studie zum Einfluß von Adeno-assoziierten Viren auf die Schwangerschaft (AAVIS). B. Schlehofer, E. Kludt, J. Wahrendorf In Zusammenarbeit mit: Prof. Dr. Jörg Schlehofer, Angewandte Tumorvirologie, DKFZ; Dr. Gernot K. Beisler, Ärztehaus, BadWildbad 152 Adeno-assoziierte Viren (AAV) sind helferabhängigen Parvoviren (kleine, einzelsträngige, DNA-Viren), mit denen sich die meisten Menschen schon in der Kindheit infizieren. Sie gelten nicht als humanpathogen, sind tumorprotektiv und werden, aufgrund ihrer Eigenschaft sich unter bestimmten Bedingungen ins zelluläre Genom integrieren zu können, als mögliche Vektoren in der Gentherapie diskutiert. In Tierexperimenten und einigen virologischen Studien zeigte sich jedoch ein Zusammenhang zwischen AAV und perinatalen Komplikationen. Im Rahmen einer prospektiven Studie wird untersucht, wie sich die Antikörperprävalenz der Viren während der Schwangerschaft und beim Neugeborenen entwickelt, ob virale DNA im Fruchtwasser nachweisbar ist und ob Infektionen mit AAV und/oder seinen Helfern (Papillom- und Herpes-Viren) den Verlauf der Schwangerschaft, die Entwicklung des Kindes oder den Geburtsvorgang beeinflussen. Im Rahmen einer virologisch-epidemiologischen Kohorten-Studie wurden alle 405 schwangere Frauen, die zwischen Februar 1999 und April 2000 in einer Schwerpunktspraxis für Amniozentese im Raum Pforzheim behandelt wurden zum Zeitpunkt der Amniozentese (T1) in die Studie aufgenommen. Bei ihnen (n=391) wurde sowohl zu (T1) als auch direkt nach der Geburt (T2) bei Mutter (n=270) und Kind (n=261) Serum entnommen und auf IgG und IgM Antikörper (AK) gegen AAV mittels ELISA getestet; zusätzlich wurde bei 396 Frauen das Fruchtwasser auf AAV-DNA mittels PCR untersucht. Für 246 Studienteilnehmerinnen (61%) sind alle 3 Serumproben (zwei mütterliche und ein kindliches) und die Fruchtwasserprobe vorhanden. Die Ergebnisse der Testung der Seren auf AAV-AK und der Fruchtwasseruntersuchungen auf virale DNA werden z.Zt. abgeschlossen. Parallel dazu wurden sowohl zu T1 wie auch zu T2 verschiedene, die Schwangerschaft möglicherweise beeinflussende medizinische und lebensstilbedingte Risikofaktoren per Fragebogen erhoben, ebenso relevante Daten bezüglich früherer und des aktuellen Schwangerschaftverlaufes, der Entbindung und des Kindes. 91% der Fragebogen (n=369) wurden sowohl von den jeweils betreuenden Gynäkologen als auch von den Geburtsstationen der Entbindungskliniken ausgefüllt. Der Einfluss von AAV auf den Schwangerschaftsverlauf und die Entwicklung des Neugeborenen wird mittels multivariater logistischer Regression anhand der Serumbzw. Fruchtwasserergebnisse und der Fragebogenangaben ermittelt. [1] *Brennan, P., *Bogillot, O., *Cordier, S., *Greiser, E., *Schill, W., *Vineis, P., *Lopez-Abente, G., *Tzonou, A., Chang-Claude, J., *Bolm-Audorf, U., *Jöckel, K.H., *Donato, F., *Serra, C., Wahrendorf, J, *Hours, M., *T’Mannetje, A., *Kogevinas, M., *Boffeta, P. (2000) Cigarette Smoking and bladder cancer in men: a pooled analysis of 11 case-control studies. International Journal of Cancer 86: 289-294. [2] *Sala. M., *Cordier, S., Chang-Claude J, *Donato, F., *EscolarPujolar, A., *Fernandez, F., *Conzález, C.A., *Greiser, E., *Jöckel, K.H., *Lynge, E., *T’Mannetje, A., *Pohlabeln, H., *Porru, S., *Serra, C., *Tzonou, A., *Vineis, P., Wahrendorf J, *Boffetta, P., *Kogevinas, M. (2000) Coffee consumption and bladder cancer in nonsmokers: a pooled analysis of case-control studies in European countries. Cancer Causes and Control 11: 925-931. [3] *Brennan P, *Bogillot, S, *Greiser E, Chang-Claude J, Wahrendorf, J, *Cordier, S., *Jöckel KH, *Lopez-Abente G, *Tzonou, A, *Vineis P, *Donato, F, *Hours, M, *Serra, C, *Bolm-Audorff, U, *Schill W, A, *Kogevinas, M, *Boffeta, P (2001) The contribution of cigarette smoking to bladder cancer in women (pooled European data). Cancer Causes and Control 12: 411-417. [4] *Pitard A, *Brennan P, *Clavel H, *Greiser E, *Lopez-Abente G, Chang-Claude J, Wahrendorf J, *Serra C, *Kogevinas M, *Boffetta P (2001) Cigar, pipe and cigarette smoking and bladder cancer risk in European men. Cancer Causes and Control 12: 551-556. [5] *Kynast-Wolf, G., Becker, N., *Kroke, A., *Brandstetter, B., Wahrendorf, J., *Boeing, H. (2001) Linear regression calibration theoretical framework and empirical results in EPIC Germany. Annals of Nutrition and Metabolism, 45: 255-261. [6] *Blettner M, *Michaelis J, Wahrendorf J (2000) Workshop on research into the health effects of cellular telephones. Epidemiology 11: 609-611. [7] Blettner M, *Berg G, Wahrendorf J, Schlehofer B, Schlaefer K, *Michaelis J, *Schüz J (2000) Internationale Fall-Kontrollstudie zur Untersuchung des Risikos für die Entstehung von Hirntumoren durch den Gebrauch von Handys. Forschungsgemeinschaft Funk NEWS letter 1: 8-12. [8] Schlehofer, B., Hettinger, I., *Ryan, P., *Little, J., *Preston-Martin, S., *Ahlbom, A., *Menegoz, F., *Howe, G.R., *Giles, G.G., *Blettner, M. (2001) Occupational risk factors for brain tumours in adults. Results from the international brain tumour case-control study. European Journal of Cancer 37 (Suppl. 6): S23-S24. [9] *Menegoz, R.F., *Little, J., *Colonna, M., *Arslan, A., *PrestonMartin, S., Schlehofer, B., *Blettner, M., *Howe, G.R., *Ryan, P., *Giles, G.G.; *Rodvall, Y., *Choi, N.W. (2002) Contacts with animals and humans as risk factors of brain tumor in adult. An international case-control study. European Journal of Cancer, im Druck. [10] Steindorf, K., *Tobiasz-Adamczyk, B., *Popiela, T., *Jedrychowski, W., *Penar, A., *Matyja, A., Wahrendorf, J. (2000): Combined risk assessment of physical activity and dietary habits on the development of colorectal cancer. A hospital-based case-control study in Poland. European Journal of Cancer Prevention, 9, 309-316. [11] *Jedrychowski, W., Steindorf, K., *Popiela, T., Wahrendorf J., *Tobiasz-Adamczyk, B., *Kulig, J., *Penar, A. (2001): Risk of colorectal cancer from alcohol consumption at lower vitamin intakes. A hospital-based case-control study in Poland. Reviews on Environmental Health, 16, 213-222. [12] *Jedrychowski, W., *Popiela, T., Steindorf, K., *TobiaszAdamczyk, B., *Kulig, J., *Penar, A., Wahrendorf, J. (2001): Nutrient intake patterns in gastric and colorectal cancers. International Journal of Occupational Medicine and Environmental Health, 14, 391-395. [13] Steindorf, K., *Jedrychowski, W. (2001): Der Einfluss von Alkohol und der Aufnahme von Vitaminen auf das Darmkrebsrisiko. Informatik, Biometrie und Epidemiologie in Medizin und Biologie, 2/3, 309-310. [14] *Becher H., *Grau A., Steindorf K., *Buggle F., *Hacke W. (2000): Previous infection and other risk factors for acute Attributable risks and the DKFZ 2002: Wissenschaftlichercerebrovascular Ergebnisberichtischemia: 2000/2001 characterisation of high risk groups. Journal of Epidemiology and Biostatistics, 5, 277-283. Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention Abteilung S0109 Mechanismen der Tumorigenese Abteilung Genetische Veränderungen bei der Carcinogenese (C0700) Leiterin: Dr. Monica Hollstein Wissenschaftler: Dr. Walter Beerheide (05/00-12/00) Dr. Manfred Hergenhahn Dr. Jun-Li Luo Dr. Gisela Werle-Schneider (50 %) ( - 12/00) 1. Analyse der Genexpression in Tumoren, Zelllinien, und primären Säugerzellen: Implikationen für die Krebsdiagnose und chemoprevention. M. Hergenhahn, M. Hollstein Doktoranden: Firouzeh Biramijamal ( - 10/00) Boris Zielinski ( - 3/01) Zhipei Liu (ab 10/01) Sebastian Günkel (10/01 - ) In Zusammenarbeit mit H-J Gröne, DKFZ; M.Kenzelmann (Abt.Schütz) DKFZ; H. Scherübl, Freie Universitat, Berlin Technische Angestellte: C. Kalla ( - 12/00) Karl-Rudolf Mühlbauer Ute Schmitt (50 %) ( - 5/01) Annette Weninger Die Abteilung C0700 ist erst zu Beginn des Jahres 2000 eingerichtet worden; eines der Hauptziele von C0700 ist es, die für bestimmte Krebsarten während des Prozesses der Carcinogenese entscheidenden Veränderungen aufzuspüren und molekularbiologisch zu charakterisieren. Auf der Grundlage solcher Kenntnisse können dann Massnahmen zur Frühdiagnose, zur Behandlung und Prognose, und zur primären Prävention verbessert werden. Solche Untersuchungen zu quantitativen Beziehungen im Netzwerk der Genexpression, und zu posttranskriptionellen und -translationalen Kontrollmechanismen werden unser Verständnis grundlegender Prinzipien von Gewebshomöostase und Zellwachstum und damit von Mechanismen der Carcinogenese wesentlich erweitern. Präzise Kenntnisse über dysregulierte Signaltransduktionswege und Kontrollmechanismen in Tumoren sind auch Voraussetzungen für die Entwicklung neuer therapeutischer Targets und entsprechende Pharmazeutika. Ein weiteres Ziel von C0700 sind Beiträge zur Frage, ob und in in welchem Umfang die erwähnten genetischen Veränderungen durch Exposition gegenüber exogenen Carcinogenen, oder eher durch endogene Mechanismen, z.B. in Fällen ererbter genetischer Tumorsuszeptibilität, induziert werden. Zu diesem Problem arbeiten wir neue Ansätze und Verfahren aus. Das langfristige Ziel dieser Aktivität ist die Beschreibung von Genexpressionsprofilen und der dazugehörigen Veränderungen auf der Proteinebene während der Entstehungsphase bestimmter Krebsarten des Menschen. Um eine solche Analyse für eine häufig vorkommende Krebsart durchzuführen, haben wir das Transkriptom von 10 phänotypisch noch normalen Prostatageweben und 18 nicht-metastasierenden Prostatatumoren verglichen; diese Analyse wurde auf dem Affymetrix-System der Abteilung C0700 mit Affymetrix-Chips (ca. 12.600 Sequenzen) durchgeführt, die neben der x-fachen Veränderung der Genexpression jedes Gens auch seine absolute Genexpressionshöhe liefern. Die so gewonnenen Werte sind eine entscheidende Voraussetzung zur Etablierung quantitativer Beziehungen im genetischen Netzwerk der Prostata. Erstmals haben wir weiterhin Expressionsprofile von Tumorepithel- und -stromazellen in Prostatatumoren mit Hilfe einer effizienten, von M.Kenzelmann verbesserten Amplifikationsmethode von Nanogramm-Mengen von RNA dargestellt. Unsere Daten [1] bestätigen die Daten anderer und erweitern sie wesentlich um die Daten aus den Mikrodissektionen. In experimentellen Studien mit primären Zellen und Zelllinien können wir jetzt untersuchen, wie Genexpressionsmuster durch Pharmazeutika, Tumorpromotoren wie TPA oder bestimmte Hormone, oder durch chemopräventive Substanzen verändert werden. Als ersten Ansatz dazu haben wir die Hemmung der Induktion von Epstein-Barr Virus durch den Tumorpromotor TPA in transgenen B-lymphoiden Zellen (Raji DR-LUC-Zellen, in Zusammenarbeit mit Dr. A. Polack, GSF Neuherberg, hergestellt und validiert) untersucht. Die Induktion des EBV in B-Gedächtniszellen könnte eine Rolle bei der Entstehung von EBV-assoziierten Epithel und B-Zelltumoren spielen; eine wenig toxische Substanz, die bei Menschen mit hohem EBV-Risiko (z.B. Patienten nach Organtranplantation, AIDS-Kranken) diese Induktion verhindert, könnte daher von hohem präventivem Wert sein. Wie von uns kürzlich beschrieben [2], ist das chemopräventive Curcumin (die gelbe Substanz im Curry) ein geeigneter Kandidat für diese Aufgabe, da sie über die Hemmung der Transkription von EBVGenen und zellulären Genen und weitere Funktione die Virusinduktion verhindert. Wir untersuchen z.Zt. die Genexpression in Raji-DR-LUC auf Affymetrix-Chips mit dem Ziel, erstmals zelluläre Gene, die an der EBV-Induktion beteiligt sind, zu identifizieren. DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 153 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention 2. Mutationsanalyse von Tumorsuppressor Genen in Tumoren des Menschen. F. Biramijamal, M. Hollstein In Zusammenarbeit mit: A. Allameh, Teheran, Iran; A. Mandard, Caen, Frankreich; H-J Gröne, DKFZ. Obwohl über die Hälfte aller Tumoren von Patienten Mutationen im p53-Gen aufweisen, die die Funktion des p53-Proteins entscheidend verändert, gibt es eine grosse Bandbreite bei der Prävalenz dieser Tumoren, und beim p53-Mutationsspektrum in verschiedenen Tumorklassen [3]. 154 Die Fluktationen der Häufigkeit, des frühesten Auftretens der Mutation und der Art der Basenveränderungen hängen von zahlreichen Faktoren ab, zu denen die jeweilige Histopathologie eines Tumors und die verschiedenen Risikofaktoren, denen die Patienten ausgesetzt waren, gehören [4]. So sind spezifische ‘Signatur’-Mutationen mit verschiedenen krebserzeugenden Faktoren assoziiert worden; umgekehrt könnte man bei Tumoren unbekannter Ätiologie aus spezifischen Mutationsmustern einen Rückschluss auf die verursachenden Faktoren ziehen. Es ist z.B. gut etabliert, dass Tabakgenuss und Alkoholkonsum die Hauptursachen des Plattenepithelcarcinoms (SCC) des Ösophagus in den U.S.A. und Europa sind [5]. Keiner dieser beiden Faktoren scheint jedoch eine wichtige Rolle bei den entsprechenden SCCs im Iran zu spielen, der die weltweit höchste Inzidenz an diesem Tumor aufweist. In einer kürzlich veröffentlichten Studie zeigten wir, dass die Prävalenz von p53-Mutationen in Ösophagus-SCCs über 60 % liegt, dass das Mutationsmuster sich deutlich von dem in anderen Teilen der Welt unterscheidet, und dass es auf eine besondere inflammatorische Ätiologie hinweist [6]. 3. Entwicklung von Mausmodellen, die Gene des Menschen tragen, für molekularepidemiologische Studien, wie für die präklinische Testung von neuartigen Pharmazeutika, die auf Oncoproteine and mutierte Tumorsuppressor Proteine wirken. J.L. Luo, M. Hergenhahn, M. Hollstein In Zusammenarbeit mit G. P. Pfeifer, Beckman Research Institute, Duarte, California, USA; ZQ Wang, International Agency for Research on Cancer, Lyon, Frankreich; C.C. Harris und P. Hussain, National Cancer Institute, Bethesda, USA. Obwohl das p53-Gen hoch konserviert durch die Evolution gegangen ist, gibt es Unterschiede in der Nukleinsäuresequenz und daher auch in der Aminosäurenkette der DNA-Bindungsdomäne (DBD) des p53-Proteins bei Mensch und Maus. Diese beeinflussen einerseits das Mutationsspektrum, und andererseits die Raumstruktur der Komplexe des p53-Proteins mit sich selbst (Tetramer) und anderen Transkriptionsfaktoren. Wir haben daher eine Maus geplant und hergestellt, bei der mit ‘Knock-in’-Technik die für die DBD-kodierende Maus- Abteilung C0700 Genetische Veränderungen bei der Carcinogenese DNA-Sequenz in beiden Maus-Allelen durch die DBDs des humanen p53-Gens ersetzt wurde [7]. Mit einer Reihe von biochemischen Untersuchungen konnten wir zeigen, dass das chimäre Maus-Mensch-Gen in völlig normaler Weise transkribiert und translatiert wird, und dass verschiedene Funktionen des Wiltyp-Proteins in der Hupki-Maus (human p53 knock-in, patentiert) erhalten sind [7]. Chronische UVB-Exposition und Untersuchung der Maushaut auf p53-Mutationen längst bevor Tumoren entstanden, erlaubte mit hochempfindlichen Methoden den Nachweis einer Anhäufung von Mutationen im p53Gen, die denen in Hauttumoren von sonnenexponierten Patienten entsprachen [8]. Wir können mit diesem bisher einzigartigen Mausstamm oder seinen Derivaten wichtige Untersuchungen zur Genese menschlicher Tumoren durchführen. So können z.B. Substanzen präklinisch untersucht werden, die 1) die Anhäufung solcher Mutationen verhindern (Prävention), 2) das p53-Protein vorübergehend ausschalten (um unerwünschte Nebeneffekte von Chemo- und Radiotherapie auf gesunde Zellen eines Patienten zu verhindern), 3) mutiertes Protein wieder ‘zurechtbiegen’ (Konformationsänderung von der mutierten zur WT-Konformation) und damit Tumorzellen in die Apoptose treiben sollen. Publikationen: (* = externer Koautor) [1] Ernst, T., Hergenhahn, M., Kenzelmann, M., *Cohen, C., Bonrouhi, M., Weninger, A., Klären, R., Gröne, E.F., *Wiesel, M., *Güdemann, C., *Keuster, J., *Schott, W, *Stähler, G., *Kretzler, M., Hollstein, M., and Gröne, H-J.: Decrease and gain of gene expression are equally discriminatory markers for prostate carcinoma. A gene expression analysis on total and microdissected prostate tissue. Am. J. Pathology. In press [2] Hergenhahn, M., Soto, U., Weninger, A., *Polack, A., *Hsu, C.H., *Cheng, A.-L. and Rösl, F.: The chemopreventive compound curcumin is an effective inhibitor of BZLF1 mRNA induction in Raji-DR-LUC cells. Molecular Carcinogenesis (2002) 33:137-145. [3] *Hainaut, P.; Hollstein, M.: p53 and human cancer: The first ten thousand mutations. Adv. Cancer Res. vol. 76 (2000) 8 -137. [4] Yang, Q., Wesch, H., *Mueller, K-M., Bartsch, H., *Wegener, K., Hollstein, M.: Analysis of radon-associated squamous cell carcinomas of the lung for a p53 gene hotspot mutation. Br. J. Cancer 82 (2000) 763-766. [5] *Mandard, A.M., *Hainaut, P., Hollstein, M.: Genetic steps in the development of squamous cell carcinoma of the esophagus. Mutation Res. 462 (2000) 335-342. [6] Biramijamal, F., *Allameh, A., *Mirbod, P., Gröne, H-J., Koomägi, R., and Hollstein, M.: Unusual profile and high prevalence of p53 mutations in esophageal squamous cell carcinomas from Northern Iran. Cancer Res. (2001) 61: 3119-3123. [7] Luo, J-L., Yang, Q., *Tong, W.M., Hergenhahn, M., *Wang, ZQ., and Hollstein, M.: Knock-in mice with a chimeric human/ murine p53 gene develop normally and show wild-type p53 responses to DNA damaging agents: a new biomedical research tool. Oncogene (2001) 20:320-328. [8] Luo, J-L., *Tong, W-M., *Yoon, J-H., Hergenhahn, M., Koomägi, R., Yang, Q., *Galendo, D., *Pfeifer, G.P., *Wang, Z-Q., and Hollstein, M.: UV-induced DNA damage and mutations n Hupki (human-p53 knock-in) mice recapitulate p53 patterns in sun-exposed human skin. Cancer Res. (2001) 61: 8158-8163. DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention Stabsstelle S0103 Krebsprävention Stabsstelle Krebsprävention (S0103) Leiterin: Dr. med. Martina Pötschke-Langer 06221 42-3007; FAX 06221 42-3020; e-mail: [email protected] Wissenschaftliche Mitarbeiter Dipl.-Psych. Dr. Annette Bornhäuser Dipl.-Psych. Peter Lindinger Projektkoordination: Susanne Schunk Technische Mitarbeiter mit Werkvertrag Christa Leiber Dr. Erna Motsch Dagmar Metz Roswita Petersen Elke Treml (09/99-10/00) Freie Mitarbeiter des Rauchertelefones vom Gesundheitsamt Mannheim, der AOK Rhein-Neckar und des Gesundheitsamtes Kreis Bergstrasse Heppenheim Praktikanten Nina Grunze (02/01-05/01) Marcella Munoz (06-07/01) Markus Notheis (08-10/01) Carmen Schletterer (10/0106/02) Auszubildende Kauffrauen für Bürokommunikation Nicole Helker (12/99-03/00) Nina Edelmann (04-06/00) Madeleine Marquetant (07-09/00) Sonja Herrmann (09-12/00) Stephanie Kretz (09-12/00) Simone Burkhard (01-03/01) Dagmar Jarek (04/0106/01) Sarah Koch (07/01-08/01) Kooperationen (ausgewählt): International: Dr. Derek Yach und Prof. Dr. Pekka Puska, World Health Organization, Genf, Schweiz; Dr. Haik Nikogosian, World Health Organization, Kopenhagen, Dänemark; Dr. Scott Leischow, National Cancer Institute, USA; Mike Pertschuk, Advocacy Institute, Washington, USA; Sibylle Fleitmann European Network for Smoking Prevention, Brüssel, Belgien; Dr. Liisa Elovainio, Cancer Society of Finland, Helsinki, Finland; Margaretha Haglund, International Women Against Tobacco, Stockholm, Schweden; Patti White, Health Development Agency, London, UK; Steve Crone, Quit, London, UK; Clive Bates, Action Smoking or Health (ASH), London, UK; Andrew Hayes, UICC, Brüssel - Belgien National: PD Dr. Anil Batra, Universtitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Tübingen; Dr. Pal Laszlo Bölcskei, Medizinische Klinik des Klinikum Nürnberg Nord, Nürnberg; Dr. Christoph Kröger, IFT, München; Dr. Reiner Hanewinkel, IFT Nord, Kiel; Dr. Frank Lehmann und Dr. Justina Engelbrecht, Bundesärztekammer Köln; Prof. Dr. Karl Mann, Lehrstuhl für Suchtforschung der Ruprecht-Karls Universität Heidelberg und Klinik für Abhängigkeitsverhalten, Zentralinstitut für seelische Gesundheit, Mannheim; Prof. Dr. Peter Drings, Thorax Klinik, Heidelberg; Volker Beck, Deutsche Krebsgesellschaft, Frankfurt; Prof. Dr. Friedrich Wiebel, Ärztlicher Arbeitskreis Rauchen und Gesundheit, Eching; Dr. Uwe Prümel-Philippsen, Bundesvereinigung für Gesundheit, Bonn; Rolf Hüllinghorst und Dr. Raphael Gassmann, Deutsche Hauptstelle gegen die Suchtgefahren, Hamm; Dr. Eva Kalbheim, Deutsche Krebshilfe, Bonn; Prof. Dr. Gerhardt Simon, Deutsche Lungenstiftung, Donaustauf; Martin Vestweber, Deutsche Herzstiftung, Frankfurt; Gisela Marsen-Storz und Peter Lang, Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Köln Die Stabsstelle Krebsprävention hat 2000/2001 den Arbeitsschwerpunkt Tabakprävention und Tabakkontrolle weiter ausgebaut. Dabei wurden folgende Projekte durchgeführt: 1. Rauchertelefon als zentrale Hotline zur Raucherentwöhnung Die Bereitstellung evidenzbasierter Entwöhnungsangebote für eine große Zahl von Rauchern bei möglichst geringen Kosten erfüllt nur die telefonische Raucherberatung. In Deutschland bestehen unterschiedliche Arten der Informationsvermittlung und Beratung an Telefonen. Ein strukturiertes Beratungsprotokoll sowie Daten zur in Anspruchnahme und Effektivität liegen lediglich beim Rauchertelefon des DKFZ vor [1]. Das Rauchertelefon hat sich nicht nur für ratsuchende Raucherinnen und Raucher sowie deren Angehörigen, sondern auch für Journalisten zu einem bundesweiten Informationsdienst entwickelt. 2. Massenmediale Nichtraucherkampagne im 2-Jahres-Rhythmus nach den internationalen Quit and Win Konzepten Die Stabsstelle Krebsprävention führte im Jahr 2000 die erste Nichtraucherkampagne „Rauchfrei bis Mai - Quit and Win 2000“ in Deutschland durch. Trotz einer kurzen Vorbereitungsphase von nur 2 Monaten war es möglich, 25.000 Raucherinnen und Raucher zu bewegen, an der Kampagne teilzunehmen und diese zu motivieren, dass sie wenigstens einen Monat lang, vom 1. Mai 2000 an, versuchen nicht zu rauchen. Der langfristige Erfolg der Kampagne liegt in der dauerhaften Beibehaltung des Nichtrauchens. Eine Nachbefragung 12 Monate später ergab, dass 30% dauerhaft abstinent geworden sind und weitere 6% sich als abstinent bezeichnen, jedoch angaben, während der vergangenen Monate zwischenzeitlich rückfällig geworden zu sein. [2] Die Stabsstelle Krebsprävention koordiniert auch die zweite Nichtraucherkampagne „Rauchfrei 2002“. Massenkampagnen dieser Art haben noch einen weiteren Effekt: Durch die Nutzung sämtlicher Medien wie Rundfunk, Fernsehen, Internet und Print-Medien wird die Motivation von Raucherinnen und Rauchern zum Rauchstopp gesteigert und gleichzeitig die Akzeptanz des Nichtrauchens erhöht. Dieser Medieneffekt trägt dazu bei, dass auch stabile Raucher zunehmend erwägen, den Rauchstopp vorzunehmen. Deshalb sind Kampagnen, die sich an Raucher richten, von besonderer Bedeutung. Die Praktikabilität dieser Kampagnen auch in Deutschland wurde durch die Stabsstelle demonstriert. 3. Curriculum für Gesundheitsberufe zur Tabakabhängigkeit und Raucherentwöhnung In Deutschland bestand bis zum Jahr 2000 das Problem unzureichender Ausbildungs- und Fortbildungsmöglichkeiten für Gesundheitsberufe, welche auf evidenzbasierten Methoden Raucherentwöhnung durchführen wollten. Die Stabsstelle Krebsprävention entwickelte deshalb gemeinsam mit führenden deutschen Raucherentwöhnungsexperten ein Handbuch [3] für ein 4-stündiges Curriculum zur Tabakabhängigkeit und Raucherentwöhnung, welches von der Bezirksärztekammer Nordbaden als Baustein für die Suchtmedizin anerkannt wurde. Das Curriculum wird im DKFZ, aber auch im Rahmen von Fortbildungsveranstaltungen DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 155 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention für Ärzte, Suchttherapeuten und anderen Gesundheitsberufe durchgeführt. 156 4. Die Rauchersprechstunde - Beratungskonzept für Gesundheitsberufe In Zusammenarbeit mit führenden deutschen Suchtmedizinern und Therapeuten entwickelte die Stabsstelle Krebsprävention ein Beratungskonzept, das als Einzelberatung konzipiert wurde und eine vorhandene Lücke schließen soll zwischen Kurzberatung und intensiven Gruppenprogrammen. Das Konzept Rauchersprechstunde ist modular aufgebaut, um den unterschiedlichen Ansprüchen und organisatorischen Rahmenbedingungen in Kliniken, Praxen, Beratungsstellen, Gesundheitsämtern und anderen Einrichtungen gerecht zu werden. Die Rauchersprechstunde kann von Ärzten, Apothekern, Psychologen, Sozialarbeitern, Sozialpädagogen, Krankenschwestern und Krankenpflegern sowie examinierten Mitarbeitern anderer Gesundheitsberufe durchgeführt werden. Das Konzept wurde auch als Ergänzung zum Stufenprogramm in der Arztpraxis „Frei von Tabak“ der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Vereinigung entwickelt. Die Rauchersprechstunde bildet die Grundlage einer Rahmenvereinbarung des BKK Bundesverbandes mit dem Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte vom 10. September 2001. Dort wird festgestellt, dass das Konzept Rauchersprechstunde für die werksärztliche Praxis geeignet ist. Werksärzte können eine separate Kostenpauschale erhalten, wenn sie eine Fortbildung zur Umsetzung der Rauchersprechstunde absolviert haben und eine darauf basierende Beratungsleistung erbringen. Das Beratungskonzept erschien als erster Band einer neuen Reihe des DKFZ, der „Roten Reihe - Tabakprävention und Tabakkontrolle“. Diese Publikationsreihe ergänzt bestehende Publikationen der BZgA und der Deutschen Hauptstelle gegen die Suchtgefahren, Einrichtungen, mit denen die Stabsstelle Krebsprävention eng zusammenarbeitet. [4] 5. Entwurf eines nationalen Tabakkontrollprogrammes Verhältnisorientierte Tabakkontrollmaßnahmen stellen die Basis für eine erfolgreiche Absenkung des Rauchverhaltens in allen Bevölkerungsgruppen, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen dar. Hierzu gehören unter anderem drastische Tabaksteuererhöhungen, Bekämpfung des Zigarettenschmuggels, ein umfassendes Tabakwerbeverbot, Abbau der Zigarettenautomaten, Durchsetzung des Nichtraucherschutzes und Schaffung rauchfreier Zonen sowie Produktregulation von Tabakwaren, umfassende Verbraucherinformation und große Warnhinweise auf Zigarettenpackungen. Da keine dieser Maßnahmen bisher realisiert wurde, kann Deutschland als in der Tabakkontrolle rückständiges Land bezeichnet werden [5]. Zu diesem Ergebnis kommt auch der Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen zum August 2001. Der Rat empfiehlt einen grundsätzlichen Neuanfang in der Tabakkontrollpolitik und mahnt die Umsetzung dieser Maßnahmen durch die Politik an. Die Stabsstelle Krebsprävention hat deshalb einen Entwurf für ein nationales Tabakkontrollprogramm auf der Basis wissenschaftlich überprüfter Maßnahmen in Zusammenarbeit mit über 30 Stabsstelle S0103 Krebsprävention deutschen Wissenschaftlern entwickelt. Dieses Strategiepapier für wirkungsvolle Tabakkontrollmaßnahmen wird im Jahr 2002 mit wichtigen Institutionen des deutschen Gesundheitswesens abgestimmt und in die gesundheitspolitische Diskussion eingebracht. Aus aktuellem Anlass wurde bereits im September 2001ein Fact Sheet zum Tabakwerbeverbot herausgegeben. [6] Dieses Fact Sheet wurde als Argumentationshilfe für gesundheitspolitische Entscheidungsträger und Journalisten geschrieben und enthält die wissenschaftlichen Begründungen für ein umfassendes Tabakwerbeverbot. 6. WHO Partnerschaftsprojekt Tabakabhängigkeit Die Stabsstelle Krebsprävention war maßgeblich an der Projektentwicklung des WHO Partnerschaftsprojektes Tabakabhängigkeit, eines Vier-Länder-Projektes der WHO Kopenhagen, beteiligt. Die Stabsstelle hat dabei die Leitung der deutschen Arbeitsgruppe Raucherentwöhnung übernommen und gemeinsam mit anderen Einrichtungen Empfehlungen für die Behandlung der Tabakabhängigkeit entwickelt [7] 7. WHO Projekt „Don’t Be Duped“ Im Rahmen der Tobacco Free Initiative der WHO Genf wurde 1999 eine internationale Arbeitsgruppe der „Change Agents“ gegründet, welche in über 20 Ländern die Kampagne der WHO „Don’t Be Duped“ unterstützt. Ziel ist es dabei, die Rolle der Tabakindustrie in politischen Entscheidungsprozessen transparent zu machen und den Industrieeinfluss zu begrenzen.[8] Die Stabsstelle Krebsprävention ist in dieser internationalen Arbeitsgruppe aktiv beteiligt und vermittelt die Ergebnisse an die Mitgliedsorganisationen der deutschen Koalition gegen das Rauchen, welche, neben dem Deutschen Krebsforschungszentrum, auch die Deutsche Krebshilfe, Krebsgesellschaft, Lungenstiftung, Herzstiftung, Bundesvereinigung für Gesundheit, Bundesärztekammer, Ärztlicher Arbeitskreis Rauchen und Gesundheit sowie die Deutsche Hauptstelle gegen die Suchtgefahren umfassen. 8. Framework Convention on Tobacco Control Da die Tabakepidemie ein weltweites Problem ist, haben sich die Mitgliedsstaaten der WHO darauf geeinigt, eine weltweit gültige Rahmenkonvention zur Tabakkontrolle (Framework Convention on Tobacco Control) zu erarbeiten. Die Verhandlungen um die Texte und die Protokolle des Rahmenabkommens werden seit 2000 geführt. Die Stabsstelle Krebsprävention hat in enger Zusammenarbeit mit der Internationalen Framework Convention Alliance und insbesondere mit der Action on Smoking or Health (ASH) London Kommentare zu den Verhandlungstexten erarbeitet und auf einem Hearing im Bundesministerium für Gesundheit vorgetragen. Die Kommentare zum Rahmenabkommen werden regelmäßig erneuert und den Gegebenheiten angepasst. Publikationen (* = externe Koautoren) [1] Pötschke-Langer M, Lindinger P: Das Rauchertelefon des Deutschen Krebsforschungszentrums - eine nationale Hotline als niederschwelliges Angebot zur Raucherentwöhnung. Haustein K.-O. (Hrsg.) Vorträge der 2. Deutschen Nikotinkonferenz, 99103, 1999 [2] Pötschke-Langer M: Rauchfrei 2002. DAZ 142, 66-69, 2002 [3] Deutsches Krebsforschungszentrum, Bundesvereinigung für Gesundheit, Barmer (Hrsg) Tabakabhängigkeit und Raucherentwöhnung. Heidelberg, Bonn, Wuppertal 2001 DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention S0108 Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe (S0108) Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Heinz Walter Thielmann Tätigkeit in der Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe der Deutschen Forschungsgemeinschaft Wissenschaftliche Mitarbeiter Dr. Florian Gotzes (- 09/99) Dr. Odilia Popanda (jetzt C0200) Doktorand (Medizin) Jin Joo Park H.W.Thielmann Prof. Thielmann ging 1999 in Ruhestand. Die Arbeiten seiner früheren Abteilung Wechselwirkungen von Karzinogenen mit biologischen Makromolekülen werden z. T. in der Abteilung C0200 weitergeführt (s. auch den dortigen Bericht). Prof. Thielmann ist zur Zeit bis 2004 in die Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe der Deutschen Forschungsgemeinschaft berufen. Seit 1996 ist H. W. Thielmann Mitglied der Senatskommission der DFG zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe. Laut Mandat erarbeitet die Kommission die wissenschaftlichen Grundlagen des Schutzes der Gesundheit vor toxischen Stoffen am Arbeitsplatz. Ergebnisse der Kommissionsarbeit sind wissenschaftliche Empfehlungen zur Aufstellungen von MAK-Werten (“Maximale Arbeitsplatzkonzentration”), zur Einstufung krebserzeugender Arbeitsstoffe, zur Bewertung fruchtschädigender und erbgutschädigender sowie weiterer Wirkungen. Darüber hinaus greift die Kommission weitere aktuelle Probleme der Gesundheitsgefährdung durch Arbeitsstoffe auf und schlägt Lösungsmöglichkeiten vor. Die Arbeitsergebnisse der Senatskommission werden in Form ausführlicher wissenschaftlicher Begründungen durch die DFG veröffentlicht. Keine der Publikationen trägt die Namen der beteiligten Autoren, damit nicht seitens wirtschaftlicher, politischer oder sonstiger Interessengruppen angegriffen werden können. Die Publikationen werden als Empfehlungen dem Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung übergeben. Dieser kann den Empfehlungen - unverändert oder geändert - in geeigneter Form Rechtsverbindlichkeit als Grundlage des Arbeitschutzes verleihen. Die Kommission arbeitet in wissenschaftlicher Freiheit und Unabhängigkeit. Sie ist in der Auswahl und in der Prioritätensetzung der Prüfung von Arbeitsstoffen und weiterer zu untersuchender Probleme an Weisungen nicht gebunden. Ziel der Kommissionsarbeit ist allein der nach dem jeweiligen Stand der Wissenschaft mögliche und gebotene Schutz der Gesundheit der Beschäftigten und deren Nachkommen. Es versteht sich von selbst, dass die Kommissionsarbeit ein Ganzes darstellt. Folglich lässt sich der von einem einzelnen Mitglied geleistete Anteil nicht herauslösen und gesondert beschreiben. In ca. 30 Sitzungen der Kommission bzw. ihrer Ad-hoc-Arbeitsgruppen wurden Bewertungskonzeptionen entwikkelt, Stoffe beurteilt und die Ergebnisse in den Kommissionsmitteilungen “MAK- und BAT-Werte-Liste” der Jahre 2000 und 2001 - jeweils in deutschen als auch englischen Fassungen - veröffentlicht [1,2]. In den Broschüren sind ca. 160 Änderungen und Neuaufnahmen pro Arbeitsjahr dokumentiert. Für jede Neuaufnahme und Änderung wurden detaillierte wissenschaftliche Begründungen erarbeitet. Deren Veröffentlichung erfolgte in der Monographiensammlung “Gesundheitsschädliche Arbeitsstoffe - Toxikologisch-arbeitsmedizinische Begründungen von MAK-Werten” (Herausgeber: H. Greim) der DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 157 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention Jahre 2000 und 2001 (30. bis 33. Lieferung) mit jeweils 400-500 Druckseiten pro Lieferung [3]. In der “MAK- und BAT-Werte-Liste 2001” wurden nunmehr die Grundsätze dargelegt, wie die Kommission bei ihren Bewertungen, insbesondere der Ableitung von MAK-Werten vorgeht. In den einschlägigen Kapiteln sind die Kriterien für die Einstufung von Stoffen in folgende Wirkkategorien festgeschrieben: Kanzerogenität, Keimzellmutagenität, Fruchtschädigung, Sensibilisierung, Hautresorption, zulässige Kurzzeit-Überschreitung. 158 Bei der Überprüfung zahlreicher Arbeitsstoffe auf krebserzeugende Wirkung wurden folgende Stoffe als Kanzerogene erkannt und aufgrund ihres Wirkmodus und ihrer Wirkungsstärke in eine der fünf Kanzerogen-Kategorien eingestuft [1-5]: Bitumen (Kategorie 2, d. h. krebserzeugend beim Versuchstier); Nickelmetall und dessen Verbindungen (Kategorie 1, d. h. krebserzeugend beim Menschen); Cobaltmetall und dessen Verbindungen, 1,4-Dichlorbenzol, Naphthalin, Glycidol (Kategorie 2); Formaldehyd (Kategorie 4; diese Kategorie wurde geschaffen, um Kanzerogene zu charakterisieren, deren primärer Angriffspunkt nicht die DNA des Erbguts ist; MAKWert für Formaldehyd, bei dessen Einhaltung kein nennenswerter Beitrag zum Krebsrisiko für den Menschen zu erwarten ist: 0.3 ml/m3); Tri-n-butylphosphat (Kategorie 4; MAK-Wert: 1 ml/m3); Tetrachlormethan (Kategorie 4 mit dem MAK-Wert von 0.5 ml/m3); Ethylbenzol, Dichlormethan, Diethanolamin, Laurinsäure, Terpentinöl, Kresol, 4-Nitroanilin, Toluylendiisocyanat sowie Xylidin-Isomere (Kategorie 3 A; diese Kategorie ist Substanzen vorbehalten, deren Wirkmodus zwar bekannt ist, für die jedoch mangels Daten kein MAK-Wert festgelegt werden kann). In die Verdachtskategorie 3 B wurden eingeordnet: Biphenyl, Blei, Benzochinon, Methyl-tert-butylether, Molybdäntrioxid, Nitromethan, 2,4,6-Trinitrophenol u. a. Keimzellmutagene Wirkung wurde für folgende Stoffen herausgearbeitet und begründet: Benzo[a]pyren, Cobalt und dessen Verbindungen, 1,4-Dichlorbenzol, 1,4-Dichlorbuten, Naphthalin, Trichlorethen u. a. MAK-Werte Für 21 Stoffe änderten sich die MAK-Werte bzw. wurden erstmals ermittelt [1-3]. In 10 Fällen wurde nach eingehender Prüfung der bestehende Wert bestätigt. Für 31 Stoffe konnten aufgrund fehlender Daten keine MAK-Werte festgelegt werden. Auf besondere Gefährdung in der Schwangerschaft wurden 26 Stoffe überprüft und entsprechend klassifiziert. S0108 Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe Bedeutung der individuellen Strahlenempfindlichkeit für die Abschätzung des individuellen Strahlenrisikos beruflich strahlenexponierter Personen Teilaktivität: Entwicklung eines In-vitro-Testsystems zur Erfassung der Strahlenempfindlichkeit H.W.Thielmann, F. Gotzes, J.J. Park, L. Edler* *Biostatistik (R0700) DKFZ In Zusammenarbeit mit: Prof. Dr. B.-S. Kim (Yonsei-Universität Seoul, Süd-Korea), Prof. Dr. D. von Fournier (Radiologische Klinik der Universität Heidelberg), Dr. W. Haase (Klinik für Radiotherapie und radiologische Onkologie der St.-Vincentius-Krankenhäuser, Karlsruhe), Prof. Dr. M.-L. Sautter-Bihl (Klinik für Radiotherapie des Städt. Klinikums Karlsruhe), Prof. Dr. E. Hagmüller (Klinikum Heilbronn). Zusatzfinanzierung: Forschungsvorhaben StSch 4116 des Bundesamtes für Strahlenschutz, Neuherberg Zur Abschätzung der individuellen Strahlenempfindlichkeit wurden Lymphozyten von Brustkrebspatientinnen herangezogen und zwei zellphysiologische Parameter bestimmt: 1) die Anzahl der Basenfehlpaarungsstellen, die - nach Bestrahlung der Zellen mit 137Cs (g-Quelle) in vitro - im Zuge der replikativen DNA-Synthese auftreten; 2) die Anzahl von strahleninduzierten DNA-Brüchen sowie deren Beseitigung durch Reparatur. Zu 1). Testprinzip. Nach g-Bestrahlung enthält die DNAMatrize der Lymphozyten veränderte (d. h. teilzerstörte) Basen, u. a. 8-Oxoguanin, das bei der stimulierten DNAReplikation mit dem falschen Nukleotid Adenin anstelle des korrekten Cytosins paart und folglich Cytosin in den Tochterstrang dirigiert. Die Reparatur dieser Fehlpaarung erfolgt durch selektive enzymatische Abspaltung des Adenins aus dem 8-Oxoguanin : Adenin-Paar. Die Abspaltung wird durch eine spezifische Glykosylase-Endonuklease der Lymphozyten katalysiert, kann jedoch, nach Zell-Lyse, auch von einem zugesetzten Enzym z. B. aus E. coli ausgeführt werden. Der durch das Enzym bewirkte - unvermeidliche - DNA-Einzelstrangbruch wird anschließend mit der Methode der alkalischen Elektrophorese ermittelt [7]. Die Häufigkeit der DNA-Strangbrüche ist somit ein Maß für die Anzahl an Basenfehlpaarungen, und diese Basenfehlpaarungen können zu Mutationen werden, falls die Zelle sie nicht rechtzeitig eliminiert. Die Hypothese (die zu verifizieren oder zu widerlegen ist) unterstellt, dass Basenfehlpaarungen und deren Reparatur bestimmende Variable der Strahlenempfindlichkeit sind [7]. Zu 2). Bei 25 Patientinnen wurde die Einzelzell-Gelelektrophorese zur Abschätzung der Strahlenempfindlichkeit benutzt. Im einzelnen wurden die Lymphozyten jeder Patientin in vitro mit g-Strahlen einer 137Cs-Quelle bestrahlt, Dosis-Wirkungskurven erstellt sowie die zeitabhängige Eliminierung von DNA-Schäden (DNA-Strangbrüchen) für mehrere Bestrahlungsdosen bestimmt. Das Abklingen der Strahlenschäden gibt Auskunft über das DNA-Reparaturvermögen der Zelle. Vereint man die Dosis-Wirkungs- und Dosis-Zeit-Kurven, die für die Lymphozyten jeder Patientin gewonnen wurden, so erhält man eine Dosis-Zeit-Wirkungsfläche. DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention Für den geplanten Vergleich dieser Schädigungs- und Reparaturcharakteristik mit den klinischen Zeichen der Strahlenempfindlichkeit stellte sich das Problem, wie die in der Dosis-Zeit-Wirkungsfläche steckenden Informationen zu einer einzigen quantifizierenden Messgröße vereinigt werden konnten. Derzeit existiert für die Datenfülle der Einzelzell-Gelelektrophorese kein validiertes und bindendes Auswertungsverfahren. Das ist einer der Gründe, weshalb die regulatorische Toxikologie diese Elektrophorese bislang nicht als verlässlichen Test anerkennt. Die OECD urteilt ebenfalls zurückhaltend. Um das Defizit zu kompensieren, entwickelten wir folgende Auswertungsmethode und stellten sie in das Internet [8,9] (www.interscience.wiley.com/em): Die Dosis-Zeit-Wirkungsfläche - gebildet jeweils für DNAWanderungsverzögerung im elektrischen Feld (“Olive tail moment”) sowie weiteren Messparametern (“tail DNA”, “tail inertia”) - wird mittels der doppelten Ableitung dieser Wirkungsfläche nach Zeit und Dosis zu einer einzigen Größe (genannt: 2D) komprimiert [7-9]. Die rechnerische Darstellung lautet: d2F/dt,dx [F bedeutet die von Dosis und Zeit bestimmte Wirkungsfläche; (F = f(t,x)]. S0108 Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe [7] Thielmann et al., Die Bedeutung der individuellen Strahlenempfindlichkeit für die Abschätzung des individuellen Strahlenrisikos. In: Bundesamt für Strahlenschutz, Fachbereich Strahlenhygiene, Programmreport 2000. Herausgeber: W. Donhäri, R. Gödde, A. Schmitt-Hannig, M. Williams. Wirtschaftsverlag NW/ Verlag für neue Wissenschaft GmbH. [8] B. S. Kim*, J. Park, L. Edler, D. von Fournier*, H. W. Thielmann (2000) A measure of DNA damage/repair in the single-cell gel electrophoresis (SCGE/comet) assay. International Biometric Society, The XXth International Biometric Conference, Berkeley, Band 1, S. 152, ISSN-1606-8653. [9] B. S. Kim*, J. J. Park, L. Edler, D. von Fournier*, W. Haase*, M.L. Sautter-Bihl*, F. Gotzes, H. W. Thielmann (2002) New measure of DNA repair in the single-cell gel electrophoresis (comet) assay. Environ. Molec. Mutagen. 40, 50-56. Aus diesem Rechenverfahren resultierten für jede Patientin mindestens zwei quantitative integrale Messgrößen, die, jede für sich genommen, die weit über tausend Einzeldaten eines Dosis-Zeit-Wirkungsexperiments wiederspiegeln und den klinischen Zeichen der Strahlenempfindlichkeit gegenübergestellt werden können [7,8]. Publikationen (* = externe Koautoren) [1] MAK- und BAT-Werte-Liste 2000 (Deutsche und englische Versionen) Senatskommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe Mitteilung 36 (2000), VCH Verlagsgesellschaft mbH, Weinheim. [2] MAK- und BAT-Werte-Liste 2001 (Deutsche und englische Versionen) Senatskommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe Mitteilung 37 (2001), VCH Verlagsgesellschaft mbH, Weinheim. [3] Autoren der MAK-Kommission, u. a. H. W. Thielmann: “Acetonitril”, “Bitumen”, “Formaldehyd”, “1,4-Dichlorbenzol”, “Biphenyl”, “Ölsäure”, “Naphthalin” und weitere Stoffe. In Greim, H. (Hrsg.): Gesundheitsschädliche Arbeitsstoffe. Toxikologischarbeitsmedizinische Begründungen von MAK-Werten (Maximale Arbeitsplatzkonzentrationen). 30., 31., 32. u. 33. Lieferung, Wiley-VCH-Verlag, Weinheim, 2000 und 2001. [4] Occupational Toxicants, Critical Data Evaluation for MAK Values and Classification of Carcinogens. Vol. 14; Autoren der MAK-Kommission, u. a. Thielmann, H. W.; Herausgeber: H. Greim, Commission for the Investigation of Health Hazard of Chemical Compounds in the Work Area.. Wiley-VCH, Weinheim, 2000. [5] Occupational Toxicants, Critical Data Evaluation for MAK Values and Classification of Carcinogens. Vol. 16; Autoren der MAK-Kommission, u. a. Thielmann, H. W.; Herausgeber: H. Greim, Commission for the Investigation of Health Hazard of Chemical Compounds in the Work Area.. Wiley-VCH, Weinheim, 2001. [6] *Greim, H., *Reuter, U., and Thielmann et al. (contributors). Classification of carcinogenic chemicals in the work area by the German MAK Commission: current examples for the new categories. Toxicology 166, 11-23 (2001). DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 159 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention Abteilung S0109 Mechanismen der Tumorigenese Abteilung Mechanismen der Tumorigenese (S0109) Leiter: Prof. em. Dr.rer.nat. Erich Hecker*) Telephon: 06221-424500; Fax: 06221-424498; e-mail: [email protected] Wissenschaftler Dr. Richard Gminski Sekretärin Elfriede Mang _______________ *) Anmerkung: Der Gründungsdirektor und frühere Leiter der Abteilung Mechanismen der Tumorgeneses wurde als Emeritus vom Stiftungsvorstand mit nachstehenden Aufgaben - ohne Budget des DKFZ - betraut: Koordination der Israelkooperation des DKFZ; Vorsitz der Vergabekommission des Dr. Emil-Salzer-Preises für Krebsforschung; Beratung externer Forschungsprojekte oder -institutionen bezügl. Problemen präventiver und/oder regulatorischer Toxikologie, z.B. Ägypten-Projekt, EC-Projekte, pharmazeutische Firmen; Herausgabe verschiedener wissenschaftlicher Zeitschriften und Publikation eigener, wissenschaftlicher Aktivitäten. 160 In den Berichtszeitraum fiel die Beratung des Deutschen Museums, bei der Planung, Entwicklung und Einrichtung einer grundlegend neuen, ständigen Ausstellung, die an historisch bedeutenden und museumspädagogisch geeigneten Beispielen die Entwicklung von Pharmazie und Biomedizin im 19. und 20. Jahrhundert darstellen soll. Darunter fallen u.a. auch Aspekte der Krebsverhütung, vorbeugung und -erkennung sowie der Therapie von Krebskrankheiten. Um den unterschiedlichen Zielgruppen der Besucher die umfangreichen Informationen attraktiv zu vermitteln, z.B. unter dem Motto “Du selbst bist Chemie”, werden moderne Multimedia-Techniken intensiv genutzt. Die am 5. Mai 2001 eröffnete ständige Ausstellung soll bei den Feierlichkeiten zum 100. Jahrestag der Gründung des weltbekannten Museums im Jahr 2003 einen Höhepunkt bilden [1]. - Das aktive Interesse des Berichterstatters an der Geschichte der Krebsforschung - Wissenschaftsgeschichte und deren nationale Umsetzung [siehe Research Report 2001 (1999/2000)] fand einen weiteren Niederschlag in einem historischen Kurzessay zum Internationalen Symposium “100 Years of Organized Cancer Research” [2]. Publikationen [1] Fachbeirat Pharmazie des Deutschen Museums, in: Deutsches Museum München, Museumsführer Pharmazie, 2. Auflage, Redaktion A. Klubertanz, Selbstverlag Deutsches Museum (ISBN 3-924183-56-2), München 2001, S. 118. [2] Hecker, E. Historical essay on the general scientific and of an organized national approach to the fight against cancer, In: 100 Years of Organized Cancer Research - 100 Jahre organisierte Krebsforschung, eds. Wolfgang U. Eckart, A.W. Bauer, Georg Thieme Verlag Stuttgart 2000, pp. 5-10. In der Publikation wissenschaftlicher Ergebnisse liegt der Schwerpunkt im Berichtsabschnitt auf den Arbeitsgebieten “Biochemische Wirkungsmechanismen von Tumorpromotoren (S0109-1/2)” und “Umweltrelevanz von Tumorpromotoren als Krebsrisikofaktoren für den Menschen (S0109-3)”. Im Arbeitsgebiet S0109-1/2 wurde eine früher postulierte Hypothese zum Wirkungsmechanismus der Diterpenester(DTE)-Promotoren über Rezeptoren vom Typ der Proteinkinasen der PKC-Multienzymfamilie in initiierten Zielzellen weiter geprüft [vgl. Research Report 2001 (1999/2000)]. Im Arbeitsgebiet S0109-3 wurden erstmals - basierend auf der 1998 vorgeschlagenen allgemeinen Strategie zur Prüfung verdächtiger, umweltrelevanter Materialien auf ein mögliches Krebsrisiko durch konditionalkanzerogene (tumorpromovierende) Wirkung - zur Risikoprüfung spezielle quantitative Testpläne geschaffen. Dabei waren die zu verwendenden in vitro Teste unter mechanistischen Gesichtspunkten und so auszuwählen, daß sie die Risikoermittlung und -bewertung von Umweltmaterialien schnell und kostengünstig ermöglicht. Langjährige Bemühungen haben gezeigt, daß das Krebsrisiko durch Tumorpromotoren am besten in reproduzierbaren sogenannten “Toxprognosen” für das Versuchstier ausgedrückt wird. Diese sind zur Extrapolation auf das Krebsrisiko des Menschen in analoger Weise geeignet, wie für den Fall der klassischen Solitärkanzerogene in langjähriger Praxis erprobt. Die Bestimmung des Krebsrisikos wird modelhaft für die Einwirkung von Tumorpromotoren des DTE-Typs auf Menschen vorgenommen. Die erzielten Toxprognosen können in der prädiktiven bzw. regulatorischen Toxikologie jeweils bis hin zur Begründung legislatorischer Maßnahmen Anwendung finden. Im Berichtszeitraum wurden auf diesem Wege erstmals Toxprognosen für zahlreiche homöopathische Urtinkturen oder Arzneimittel bestimmt (vgl. unten sowie vorausgehende Research Reports bzw. Ergebnisberichte). DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention Biochemische Wirkungsmechanismen von Tumorpromotoren (S0109-1,2) E. Hecker, K. Schlatterer, G. Krauter In Zusammenarbeit mit: U. Zillmann, Zentrales Tierlabor DKFZ, L. Edler, Biostatistik, DKFZ; P. Chandra, Gustav-Embden-Zentrum der biologischen Chemie, Universität Frankfurt. Es wurde gezeigt, daß eine in vivo Behandlung adulter muriner Epidermis mit dem Hyperplasiogen und Tumorpromotor des Diterpenester (DTE)-Typs TPA zu Ergebnissen führt, die bezüglich der Expression des Proteins p10 mit denen unbehandelter neonataler muriner Epidermis vergleichbar sind [1]. Protein p10 findet sich somit nicht nur in adulter muriner Epidermis [Research Report 2001 (1999/2000)], die mit nicht-promovierenden Hyperplasiogenen oder mit promovierenden DTE behandelt worden war, sondern auch in neonataler muriner Epidermis. Es wird daher angenommen, daß das Protein eher mit zellulären Proliferations- bzw. Differenzierungsprozessen im Zusammenhang steht als mit spezielleren tumor-promovierenden Prozessen. Die Tatsache, daß p10 auch in Papillomen und Karzinomen zu finden ist, widerspricht dieser Hypothese nicht, da diese Tumoren proliferative Tendenz zeigen. Versuche zur Sequenzierung des Proteins p10 resultierten in zwei neuen Partialsequenzen, deren Primärstruktur keine grundsätzlichen Ähnlichkeiten mit schon bekannten Proteinen zeigten. - In unabhängigen Untersuchungen der molekularen Wirkung von Tumorpromotoren des Okadasäure-Typs (Hemmer von Proteinphosphatase), wurde von Japanischen Autoren berichtet, daß sie eine Expression des bekannten Zytokins Tumornekrose-Faktor a (TNFa) auslösen [2]. Sie führen erste Versuche an, die wahrscheinlich machen, daß auch TPA die Expression von TNFa auslösen kann. Die Autoren vermuten, daß z.B. membranständige Formen von TNFa an interkriner Wachstumskontrolle beteiligt sein können. Publikationen (* = externe Koautoren) [1] Schlatterer, K.; Schlatterer, B.; Krauter, G.; Hecker, E.; *Chandra, P.: A novel polypeptide P10 expressed in tumorpromoter-treated murine epidermis and in untreated neonatal murine epidermis. Anticancer Research 20 (2000) 289-292. [2] *Fujiki H. and *Suganuma M.: Unique features of the okadaic acid activity class of tumor promoters, J Cancer Res and Clin Oncol 125, 150-55 (1999). Umweltrelevante Tumorpromotoren als Krebsrisikofaktoren für den Menschen (S0109-3) E. Hecker, R. Gminski, P. Zahn In Zusammenarbeit mit: L. Edler, Biostatistik DKFZ; M. Nawito, S.M.A.D. Zayed, National Research Center, Kairo, Ägpten; H. Metelmann, Fa. Heel Biologische Heilmittel GmbH, Baden-Baden. Modellfall “berufsbedingte Einwirkung” von Tumorpromotoren des DTE-Typs. Der Wildtyp von Euphorbia lagascae ist eine Spezies der großen botanischen Gattung Euphorbia (ca. 1600 Spezies), die zu einer der größten Pflanzenfamilien, den Euphorbiaceaen (Wolfsmilchgewächsen), zählt. Alle Pflan- Abteilung S0109 Mechanismen der Tumorigenese zen der Gattung Euphorbia enthalten einen hautreizenden Milchsaft (Latex), ihr Samen meist mehr oder weniger große Mengen an Pflanzenfetten. In ariden Gegenden Spaniens ist E. lagascae als ein weit verbreitetes Unkraut bekannt (z.B. Region und Stadt Murcia). Das Samenöl enthält hohe Anteile von Vernolsäure (13expoxy-9-octadecen-Säure), die als nachwachsender Rohstoff für die Oleochemie von Interesse ist. Mit dem Ziel, die Nutzung von E. lagascae im Sinne des “sustainable development” als einer neuen nachwachsenden Quelle für Samenöl zu erforschen, wurden der landwirtschaftliche Anbau der Pflanze und ihre Toxikologie im experimentellen Maßstab in einer anteiligen EC Concerted Action untersucht. Im Rahmen des vorausgegangenen VOSFA-Projekts [Vegetable Oils with Specific Fatty Acids (Air-CT93-1817)] wurde von uns bereits gefunden, daß das Samenöl stark hautreizend ist. Außer dem Samenöl erwiesen sich auch alle anderen Pflanzenteile von E. lagascae als hautreizend. Als irritierende Prinzipien treten hauptsächlich Ester des 12-Desoxyphorbols auf. Im Zweistufenmodell an der Mäusehaut [standardisiertes Initiations/Promotions(I/P)-Protokoll 16] zeigte sich das Samenöl als mittelstarker Tumorpromotor [siehe Ergebnisbericht 1999 (1998/99)]. In der dem VOSFA-Projekt nachfolgenden EC geförderten “Concerted Action” (PL 98/4460) wurden von uns chemische Analysen und toxikologische Bestimmungsweisen für DTE-Promotoren in Samenöl der Pflanze erarbeitet [13]. Darüberhinaus wurden Schutzmaßnamen aufgezeigt, die eine sichere - krebsrisikofreie - Handhabung und Verarbeitung der zu erntenden Pflanzen sowie des Samenöls und der Abfallprodukte (Preßkuchen, Stroh) gewährleisten können. Als Ergebnis der Concerted Action wurde empfohlen, in Zukunft zu versuchen, durch klassische Züchtung und Selektion bzw. durch Anwendung geeigneter gentechnologischer Ansätze, jeweils unter toxikologischer Begleitung, Sorten von E. lagascae anzustreben, die sich durch geringen oder gar keinen DTE-Toxingehalt - bei Erhalt hoher Ausbeuten an gewünschtem Produkt (Vernolsäure) - auszeichnen. - Erste Versuche zielgerichteter, toxikologisch begleiteter Pflanzenzucht, in Analogie zu der für E. lagascae vorgeschlagenen, waren für den als nachwachsende Quelle für Ölsäure von uns früher untersuchten Wildtyp von Euphorbia lathyris erfolgreich (vgl. vorausgehende Ergebnisberichte). Beide Pflanzen könnten danach in der Zukunft eine bedeutende Rolle als ökonomisch innovative und ökologisch sinnvolle nachwachsende Rohstoffquellen spielen [3]. Modellfall “ernährungsbedingte Einwirkung” von Tumorpromotoren des DTE-Typs. Milch von Ziegen, deren Futter Beimischungen von hautreizenden Wolfsmilchgewächsen enthält, waren Gegenstand der Untersuchungen im DKFZ-Projekt P513, einer Kooperation mit dem National Research Center in Kairo, Ägypten. Dabei ist gezeigt worden, daß in Ägypten im grünen Futter von Ziegen die hautreizend und hyperplasiogen wirkenden Euphorbia-Arten E. peplus, E. helioscopia und E. nubica als Verunreinigungen häufig vorkommen. Daß, wie zu vermuten, tatsächlich aktive DTE-Promotoren, die in E. peplus vorkommen, aus dem DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001 161 Forschungsschwerpunkt C Krebsrisikofaktoren und Krebsprävention 162 damit verunreinigten Futter in die Milch von Mutterziegen übergehen können, wurde bereits berichtet [vgl. Research Report 2001 (1998/99)]. Im vorliegenden Berichtszeitrum erhielten Mutterziegen grünes Futter, das mit E. helioscopia bzw. E. nubica verunreinigt war [4]. Das Futter, das über einen Zeitraum von vier Wochen (30g/Tag/Ziege) verabreicht wurde, führte zur Vergiftung der Mutterziegen, deren Erscheinungsbild dem bei der Futterverunreinigung mit E. peplus analog war. Die säugenden Jungtiere wurden durch die Muttermilch ebenfalls vergiftet, wobei es zu einzelnen Todesfällen kam. Durch mikrochemische Techniken (HPLC) wurde nachgewiesen, daß das im obigen Fütterungsprotokoll verabreichte Pflanzenmaterial hautreizende Promotoren des Ingenan-Typs (E. helioscopia) bzw. hautreizende Promotoren des Tigliantyps (E. nubica) enthält [5]. Schließlich wurde nachgewiesen, daß die Milch der Muttertiere Diterpenester desjenigen Strukturtyps enthält, der in den verunreinigenden Pflanzen vorkommt. Damit bietet es sich an, für die Milch, entsprechend der von uns 1998 vorgeschlagenen Prüfstrategie, Prüfpläne zu entwickeln, die das mit dem Genuß der Milch durch den Menschen verbundene Krebsrisiko als Toxprognosen z.B. für Oesophaguskarzinom, abschätzen lassen (siehe oben). Abteilung S0109 Mechanismen der Tumorigenese [4] *Nawito, M., *Ahmed, Y.F., *Shalaby, S.I., *Nada, A., *Zayed, S.M.A.D. and Hecker, E. IV. Toxicologic and pathophysiologic observations in lactating goats and their suckling kids fed on the irritant herbs Euphorbia nubica and Euphorbia helioscopia: an etiologic model for investigations on the putative risk of cancer by consumption of food polluted with tumor promoters, J Cancer Res and Clin Oncol, 127, 34-39 (2001). [5] *Zayed, S.M.A.D., *Farghaly, M., *Soliman, S.M., *Gotta, H., Sorg, B. and Hecker, E. V. Skin irritant and tumor promoting diterpene ester toxins of the tigliane and ingenane type in the herbs Euphorbia nubica and Euphorbia helioscopia contaminating fodder of livestock, J Cancer Res and Clin Oncol, 127, 40-47 (2001). [6] Treiber, H-J.: Über die medikamentöse Behandlung von Krebserkrankungen in der traditionellen indischen Heilkunde. Dissertation Fakultät für Sozial- und Verhaltenswissenschaften, Fach Ethnologie, Univ. Heidelberg, 1999. [7] Gminski, R., Über ein mögliches kanzerogenes (iatrogenes) Krebsrisko durch ausgewählte homöopathische Urtinkturen Standardisierte Prüfpläne und resultierende Toxprognosen für 33 Urtinkturen, Workshop des Projekts DKFZ/HEEL 1992-97 am 24.11.00 im DKFZ, Heidelberg. Modellfall “arzneiliche Einwirkung” von Tumorpromotoren des DTE-Typs. Phytomedizinische Präparate aus Wolfsmilch- und Seidelbastgewächsen werden in der Ethnomedizin zahlreicher Völker häufig angewandt, z.B. in Indien [6]. Für das Beispiel homöopathischer Urtinkturen obiger Provenienz, die in westlichen Ländern handelsüblich sind, wurden im Berichtszeitraum - in Fortführung unserer allgemeinen Teststrategie von 1998 [vgl. Ergebnisbericht 1999 (1998/99)] - spezielle Prüfpläne entwickelt mit dem Ziel, für jede Urtinktur das mit der phytomedizinischen Anwendung verbundene iatrogene Krebsrisiko durch tumorpromovierende oder/und solitärkanzerogene Wirkungen zu bestimmen [7]. Publikationen (* = externe Koautoren) [1] Hecker, E. and Gminski, R. Bioassays and microchemical methods to analyse skin-irritant and tumor promoting diterepenes ester toxins in Euphorbia species, in The development of Euphorbia lagascae as a new oil crop within the European community (FAIR CT 98/4460): EC-Concerted Action (PL 98/ 4460): Proceedings Workshop II, Cambridge, UK, eds. S.K. Cook, M.A. Froment and D. Turley, published by ADAS, Boxworth, Boxworth, Cambridge 2000, S. 6-22. [2] Hecker, E. Overall summary of safety issues, in The development of Euphorbia lagascae as a new oil crop within the European community (FAIR CT 98/4460), EC-Concerted Action (PL 98/4460): Proceedings Workshop II, Cambridge, UK, eds. S.K. Cook, M.A. Froment and D. Turley, published by ADAS, Boxworth, Boxworth, Cambridge 2000, S. 44. [3] Hecker E. and Gminski R. Toxicology and Occupational Safety, in: Development of Euphorbia lagascae as a new industrial oil crop (FAIR CT 98/4460), EC-Concerted Action (PL98/4460): Handbook, eds. D. Turley, M. Froment and S. Cook, ISBN 189923608x, ADAS Consulting Ltd., Wolverhampton UK 2000, S. 25-26. DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001