Ehrlich gesagt ist das viel bemühte Azorenhoch das

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Ehrlich gesagt ist das viel bemühte Azorenhoch das
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Hoch-Gefühl
Ehrlich gesagt ist das viel bemühte Azorenhoch das Uninteressanteste
an der Inselgruppe zwischen Europa und Nordamerika. Für große
Emotionen sorgen Whale-Watching, grandiose Landschaften, sehenswerte Hafenstädtchen und ausgedehnte Wanderungen.
Text und Fotos: Andreas
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Hub
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Blick in den 300 Meter tiefen Krater des
erloschenen Vulkans Monte Gordo auf Corvo
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Der raue Atlantik vor der Insel Pico gilt als einer
der weltweit besten Spots für Whale-Watcher
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asserstandsmeldungen aus Segler-Seelen: „Sailing round the
world single-handed 38.560
sm“. Einmal um die Welt, ganz allein,
71.000 Kilometer in drei Jahren. „Sooner
or later we will get our boat together.“
Früher oder später werden wir unser
Boot zusammen bekommen. Hunderte,
vielleicht Tausende solcher Graffiti haben Segler aus aller Welt auf dem Boden
im Yachthafen Horta auf der Azoreninsel
Faial hinterlassen.
Zeugnisse von Hoffnung, Sehnsucht,
Einsamkeit, Glück, Euphorie, Verzweiflung, mal nur sachliche Eckdaten, mal
liebevolle Gemälde. Eine Crew hat eine
Weltkarte auf der Kaimauer entrollt, die
Route des eigenen Boots verbindet die
Kontinente mit einem roten Band. Als
wenn man das mal eben so machen
könnte, über den Atlantik zu segeln und
dann auch noch diesen Fliegenschiss von
einer Insel zu orten. Und doch finden
Menschen seit Jahrtausenden auf die
Azoren, und die, die sie nicht fanden,
fanden meist den Tod. Einzige Station auf
dem Seeweg zwischen Europa und Amerika, einzige Chance, frisches Wasser und
Lebensmittel an Bord zu nehmen. Wahrscheinlich waren schon die Phönizier in
vorchristlicher Zeit da, Münzfunde legen
das nahe. Ob sie weiter nach Westen gelangten, weiß man nicht. Sicher ist, dass
Christoph Kolumbus die Azoren 1493 bei
seiner ersten Fahrt anlief.
Grün und mild liegen die Inseln im Atlantik, 1.400 Kilometer von Europa entfernt, 2.400 Kilometer von Nordamerika.
Neun Inseln, auf 600 Kilometer in OstWest-Richtung verteilt, knapp eine viertel
Million Einwohner leben heute dort,
mehr als die Hälfte auf der Hauptinsel
São Miguel. Nur das berühmte Hoch ist
nicht unbedingt da zu Hause, wo es sich
den Namen geborgt hat, sondern meist
weiter südlich. Garantie für gutes Wetter
gewähren die Azoren überhaupt nicht.
Wathosen aus Gummi bis zur Brust
trägt der erste Einheimische, der mir auf
Faial begegnet, aber es ist kein Fischer,
sondern ein Bauer, der zwischen seinen
Kühen im Nebel auf dem Feld steht und
Die Kirche Igreja Matriz in Ponta Delgada
stammt aus dem 16. Jahrhundert, als die
kolonialen Eroberer hier Station machten
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fast entschuldigend sagt: „Es ist sehr
feucht hier bei uns.“ Der metallene Papierkorb im Hotel später: rostig. Nicht lackierte Teile am Mietwagen: rostig. Dass
der Weiterflug zur westlichen Insel Flores
abgesagt werden muss, wundert da
kaum. Die Startbahn steht unter Wasser.
Viel Muße bis morgen, aber nicht viel
zu sehen. Nebel allerorten bei einer
gemächlichen Rundfahrt über die Insel,
weiter als bis zum Straßengraben reicht
die Sicht nicht, aber da wuchern baumhoch die Hortensien in den schönsten
Blau-, Rosa- und Violetttönen. Unkraut,
das seinerzeit von Seefahrern im 19.
Jahrhundert aus Asien eingeschleppt
wurde. Farnwedel spannen sich meterlang, an den Blattspitzen hängen wie
Perlen die Wassertropfen.
Als ich am Rand der Caldera stehe, des
Vulkankraters, dem Faial seine Entstehung verdankt, erkennt man nur das Hinweisschild, aber nicht, dass es zu meinen
Füßen einen halben Kilometer in die Tiefe geht. Ich fahre zurück in den Hauptort
Horta. Besser, man verbringt einen solchen Tag in den Cafés entlang der Hauptstraße, nie weiter als 100 Meter voneinander entfernt, Schauer-Hopping, die kleine Flucht von Tasse zu Tasse.
Aufschlussreich die Kleiderordnung:
Die jungen Frauen schätzen es unten rum
möglichst knapp, oben aber immer mit
Hut. Bei der älteren Generation hat ein
Ding überlebt, das meine Mutter in den
60er Jahren über ihre Dauerwelle zu stülpen pflegte, eine uncharmante Mischung
aus Kopftuch und Plastiktüte, zu binden
unter dem Kinn, das oft doppelt oder
dreifach ragt, es wird ja auch gern süß
gegessen hier. Schon am nächsten Tag
passe ich mich der Männer-Etikette an:
Die wetterfeste Jacke bleibt am Haken,
Hemd muss reichen. Man wird halt nass,
aber dann auch schnell wieder trocken,
es ist ja nicht kalt, und Wind geht immer.
Aus dem Autoradio tönt viel Blasmusik, die CDU wirbt auf Wahlplakaten (allerdings mit Hammer und Sichel, und
der Kandidat trägt eine rote Krawatte),
vor vielen Häusern flattert das Sternenbanner, aber bezahlt wird mit Euro. Die
Nähe zu den USA ist historisch begründet: In Zeiten großer Armut gab es immer wieder Auswanderungswellen in die
Vereinigten Staaten, sodass die meisten
Familien Verwandte in Nordamerika
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Der Monte da Guia bietet beste Sicht über die
malerische Bucht und den Ort Horta auf Faial
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haben. Wenn die auf Besuch sind,
werden Stars and Stripes gehisst. Viele
heuerten auch auf amerikanischen Walfangschiffen an oder arbeiteten auf USMilitärstützpunkten. Als in den 1930er
Jahren die Ära der Transatlantikflüge begann, boomte Horta kurzzeitig als Flughafen für die riesigen Flugboote der PanAm-Clipper, damals die größten und luxuriösesten Flugzeuge der Welt.
Heute sind die Azoren als westlichste
Provinz Portugals Euro-Zone und in hohem Maße EU-subventioniert. Vor 30 Jahren banden sich die Bauern noch selbst
gefertigte Sandalen aus alten Autoreifen
unter die Füße, mittlerweile fliegt die
hochmoderne Flotte der SATA mit dem
Airbus nach Lissabon und in alle Welt.
Der Nachbar im Flugzeug reicht sein edles Jackett der Flugbegleiterin zum schonenden Aufhängen, nur Touristen sehen
Bis 1987 wurden auf den
Azoren Wale mit der Harpune gejagt, heute nur noch
mit der Kamera beim WhaleWatching. Mit ein wenig
Glück beobachtet man von
Juni bis September mehr
als 20 Wal- und Delfinarten
hier aus wie Hinterwäldler, ich eingeschlossen. Wanderschuhe, Trekkinghose,
Rucksack. Kaum jemand reist zum Baden auf die Azoren, zu wenig Strand,
zu ruppig die See, fast alle wollen wandern. Ich schließe mich einer Gruppe des
Dortmunder Reiseveranstalters „One
World – Reisen mit Sinnen“ an. Geschäftsführer Kai Pardon als passionierter
Segler und Wanderer hatte die grandiose,
ungezähmte Natur des Archipels schon
lange entdeckt, bevor die Azoren zum
Trendziel vor allem unter deutschen
Trekkern wurden.
Mit Reiseleiterin Tanja Haussmann fliegen wir am nächsten Tag nach Flores.
Wir wohnen in dem romantischen Bergdorf Aldeia da Cuada. Die einstigen Bewohner verließen ihre Heimat in den
60er Jahren und emigrierten nach Amerika. Lange standen die weit verstreut lie-
Lavagestein auf Pico, der gleichnamige Vulkan
ist der höchste Berg Portugals (2.351 Meter)
genden Gehöfte leer. Teotonia und Carlos Silva restaurierten in den letzten Jahren neun der aus Lavagestein gebauten
Gebäude als Ferienhäuser, vielleicht der
schönste Platz, um auf den Azoren Urlaub zu machen.
Großartige Touren locken zwischen
Himmel und Erde, Bergen und Küstensaum. Alte Handelswege und Eselpfade
klettern von kleinen Häfen an der Steilküste hoch, verzweigen sich auf Hochebenen, schlängeln sich durch Regenwälder, in denen vom Wind gekrümmte
Bäume sich lange Bärte aus Moosen und
Flechten wachsen lassen, und führen zwischen Trockenmauern aus dunkelgrauem Tuff über saftige Weideflächen mit
schwarz-weißen Holstein-Rindern. Von
oben sieht das aus wie ein großes, grünes Patchworkmuster. Irgendwo scharen
sich immer auch ein paar Häuser um eine
weiße Kirche und die Bar nebenan, das
reicht ja fürs Wesentliche.
Das Wandern erfordert vor allem bei
feuchter Witterung Trittsicherheit und eine solide Kondition, belohnt wird man
mit spektakulären Landschaftspanoramen und mystischen Nebelstimmungen.
Bevor sich der Weg wieder zum Meer hinabwindet, vorbei an Wasserfällen, die
sich über Hunderte von Metern in den
Atlantik stürzen, stößt man gelegentlich
auf verlassene Vigias, Ausgucke aus der
Zeit des Walfangs, als sich das Meer in
den Buchten rot vom Blut der erlegten
Pottwale färbte. Heute sind die Fischerorte friedliche, verschlafene Plätze. Bei gegrilltem Schwertfisch und lokalem Wein,
der hier, so ist es ja fast immer, viel besser
schmeckt als zu Hause, sitzen wir in Fajã
Grande auf Flores nach einer solchen
Wanderung angenehm erschöpft an der
Pier und hören den alten Geschichten zu.
Einerseits, erzählt Guide Silvio, sei sein
Onkel froh, dass es vorbei ist mit dem
Walfang: „Zu viele Männer verloren ihr
Leben bei der Jagd, wenn ein getroffenes
Tier im Todeskampf mit einem einzigen
Schlag der Schwanzflosse das kleine Ruderboot der Walfänger zertrümmerte.“
Andererseits fühle sich der Onkel zu Unrecht angegriffen: „Die Männer auf den
Azoren fuhren bis in die 80er Jahre
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Steilküste der Insel Pico. Sandstrände sind
selten, die Azoren sind eher ein Wanderziel
mit offenen Ruderbooten aufs Meer,
der Wal war um ein Vielfaches größer
und stärker. Gejagt wurde hier seit den
1830er Jahren nur, um die Familien zu ernähren. Das waren keine großen Fangflotten, die die Wale später im großen Stil
industriell abschlachteten.“ Es muss ein
harter Job gewesen sein, der ständige
Einsatzbereitschaft und zwischen zwei
Fängen trotzdem oft wochenlanges vergebliches Warten forderte. Rund um die
Uhr suchten die Posten mit Ferngläsern
das Meer ab. Wurde ein Wal gesichtet,
löste ein Raketensignal Alarm aus. „Mein
Onkel schwört bis heute“, erzählt Silvio
weiter, „dass er das Zischen der Lunte
schon im Schlaf hörte und bereits im
Boot saß, bevor die erste Signalrakete
verraucht war. Na ja, fast jedenfalls.“
Muskelkraft gegen Muskelkraft, sechs
Männer, ein Harpunier saßen in den Booten und kämpften gegen Wellen und Wal.
Erst wenn das bis zu 40 Tonnen schwere
Tier erlegt war, wurde es mit Motorschiffen zu den Walfangstationen geschleppt,
die heute noch an vielen Orten zu besichtigen sind. 1987 endete das blutige
Handwerk, heute gelten die Azoren, vor
allem die Insel Pico, als eine der weltweit
besten Destinationen zum Whale-Watching – ohne Garantie, an manchen Tagen wartet man vergeblich. Wie früher.
Am nächsten Morgen wollen wir mit
dem Boot zur Insel Corvo, auf der nur
425 Menschen, aber ein Vielfaches an
Kühen zu Hause sind. Die Azoren gelten,
gemessen an ihrer Größe, als bedeutendster portugiesischer Lieferant von Milchprodukten. Regelmäßigen Fährverkehr
nach Corvo gibt es nicht, wir chartern ein
seetüchtiges Schlauchboot mit Skipper.
Endlich scheint die Sonne, strahlend
blau der Himmel, üppig und satt alle Farben, gründlich gereinigt die Luft nach
den Regentagen. Unschuldig weiß tänzelt
das Boot kokett an der Kaimauer. Aber
einmal aus dem Schutz des Hafens von
Santa Cruz entlassen, bricht so eine Art
Vorhölle los, ohne Fegefeuer, aber mit
Wasser von allen Seiten. Das Boot bockt,
springt in die Luft, lässt sich trotzig wieder aufs Wasser fallen, die 250 Pferde, die
es eigentlich zähmen sollten, sorgen
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Blick auf die Berge und den Atlantik an der
Nordküste der Hauptinsel São Miguel
nur für mäßigen Vortrieb. Manche
hatten sich bereits vorher mit Medikamenten abgeschossen und lassen das
Unvermeidliche in stoischer Schläfrigkeit
an sich ablaufen wie das Wasser an unseren Funktionsjacken.
Hartmut, in den Stürmen des Lebens
erprobter Unternehmer aus Brandenburg
und um klare Ansagen nie verlegen,
stimmt lauthals „Jetzt fahr’n wir übern
See, übern See“ an. Mit russischem Liedgut, das auch von der einst ruhmreichen
Sowjetarmee geschmettert wurde, kriegen wir die Kurve nach Corvo. Die Stimmung wird zusehends lustiger, nasser
geht’s eh nicht, und schlägt in Begeisterung um, als uns plötzlich Dutzende von
Delfinen umkreisen und das Boot eskortieren. Sie springen nur eine Armlänge
vor dem Bug aus dem Wasser und drehen erst kurz vor dem Hafen ab.
Die Insel ist so klein, dass die kurze
Piste für Versorgungsflugzeuge mitten im
Dorf zwischen Friedhof und Kirche Platz
finden muss. Unsere schöne Wanderung
führt in Serpentinen hoch zur Caldera.
Dort öffnet sich der Blick nicht – wie bei
einem Vulkan vermutet – in eine Mondlandschaft aus erstarrter Magma, sondern
ins Grüne: eine 300 Meter tiefe und zwei
Kilometer weite Schüssel, die Hänge
ganz mit Wiesen bewachsen, so steil,
dass man glaubt, die Kühe müssten
gleich in den See stürzen, der wie ein
dunkelblauer Spiegel am Kratergrund
ruht. Auf Corvo gilt der Vulkan als erloschen, auf der Insel Terceira zerstörte ein
Ausbruch noch 1980 die Hauptstadt, auf
Faial kamen bei einem Erdbeben 1998
zehn Menschen ums Leben.
Bei der ruhigen Rückfahrt wagt Skipper Christiano sich in versteckte Buchten
an der Küste von Flores. Zwischen Wasserfällen und Klippen steuert er das Boot
in Höhlen, die nur vom Meer erreichbar sind, tastet sich an Felszacken entlang, zwischen denen weiße Brandung
schäumt. „Wie hoch waren die Wellen
heute Morgen?“, frage ich beim Abschied.
„Welche Wellen? Das war doch nur die
normale Dünung, vielleicht anderthalb
Meter – wir sind hier auf dem Atlantik.
Richtiger Seegang sieht anders aus …“
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Nach den Tagen auf Flores will Reiseleiterin Tanja uns ihr Zuhause zeigen:
Pico, die zweitgrößte Azoreninsel, beherrscht von Portugals höchstem Berg
mit gleichem Namen. Die Besteigung des
2.351 Meter hohen Vulkans, der zuletzt
1720 ausbrach, hätte ein Höhepunkt der
Reise werden sollen. Aber schon bei der
verregneten Auffahrt zum Ausgangspunkt
am Infozentrum dämmert uns: trübe Aussichten. Bergführer Ricardo, in kurzen
Hosen und schweren Bergschuhen,
bringt schlechte Nachrichten: „Manchmal
legt sich bei solchen Wetterlagen eine
Corona aus Wolken um den Berg, wenn
man die einmal durchstößt, wartet oben
strahlend schönes Wetter.“
Darauf hatte ich gehofft. Leider zeigt
uns die Webcam vom Gipfel ein anderes
Bild. Der Aufstieg wäre lebensgefährlich,
Sturmböen über 100 Kilometer in der
Stunde, nasse Felsen, kein Halt. Auch
wenn der Berg eigentlich nicht hoch erscheint, durch die exponierte Lage im Atlantik herrschen am Pico hochalpine Bedingungen. Nicht einmal zu sehen bekommen wir den Gipfel bis zur Abreise.
Auch das Whale-Watching in Lajes am
nächsten Tag fällt, na ja, ins Wasser. Stattdessen lande ich beim Dorffest von São
João. Zwischen Steilküste und Uferstraße
klemmt die neongrelle Bühne. Unter grünen Regenplanen müht sich das Generationen übergreifende Blasorchester. Die
Dorfbewohner haben sich unter das Vordach der gegenüberliegenden „Bruderschaft zum Heiligen Geist“ zurückgezogen – oder an den Bierstand. Pico ist zwar
die einzige Azoreninsel mit nennenswertem Weinbau, Bier im Plastikbecher aber
trotzdem der gemeine Volkstrunk.
Nur ein paar Kinder toben vor der
Bühne, nebendran grunzt ein Schwein
von einem girlandengeschmückten Anhänger, wohl Hauptgewinn der Tombola.
Die Musiker in ihren Heilsarmee-ähnlichen dunkelblauen Uniformen blasen tapfer gegen eine nicht ganz zu leugnende
Tristesse an, da nützen auch Lichterketten und bunte Wimpel nicht. Erst als die
portugiesische Flagge vor die Bühne getragen wird und alle die Nationalhymne
singen, wird es richtig feierlich.
Tatsächlich herrscht tags darauf schönstes Sommerwetter, der Pico ragt vor blauem Himmel und steckt sich zum Abschied
eine weiße Wolke keck an den Hut.
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Ich fliege weiter nach São Miguel,
größte und mit 140.000 Menschen am
dichtesten besiedelte Insel der Azoren,
Europa am nächsten. Erster Eindruck:
Autobahnen, Leuchtreklamen, Shoppingmalls. Alles, was man in den letzten Tagen
nicht vermisst hat.
Aber im Hinterland locken Berge,
Seen, heiße Quellen zum Baden, die
einzigen Teeplantagen Europas und in
traumhaften Buchten wie Caloura schöne Badestrände.
Auch Ponta Delgada, Hauptstadt und
gleichzeitig Verwaltungssitz der „Autonomen Region Azoren“, lohnt einen zweiten Blick, einen Blick in die Vergangenheit. Im 16. und 17. Jahrhundert teilten
sich zwei Mächte die koloniale Welt: Spanien und Portugal. In Ponta Delgada entstanden großartige Kirchen, Paläste, Plät-
ze, manches noch späte Gotik, das meiste Barock. Die Altstadt atmet den Geist
der großen Zeit. Am besten hört man dieses Echo bei Nacht. Durch die Gassen
über Kopfsteinpflaster, nur die eigenen
Schritte hallen von den eng beieinanderstehenden Häuserwänden, alte Straßenlaternen werfen lange Schatten. Und
wenn es ganz still wird, dann rauscht immer von irgendwo das Meer.
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S ERVIC E
Estrela do Atlântico Liebevoll gestaltetes Hotel mit
5 Zimmern und Suiten, Schwimmbad. DZ/F ab 70 €.
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Mai–Oktober. Im August kann es voll werden, da
viele Emigranten in ihrer Inselheimat Urlaub machen.
ANREISE
Flüge ab 300 €, z. B. mit der Azoren-Fluglinie SATA
(www.sata.pt) von München und Frankfurt nach
Ponta Delgada auf São Miguel. Verbindungen über
Lissabon bietet TAP Portugal (www.flytap.com) von
Flughäfen in Deutschland, Österreich und der
Schweiz. Auf den Azoren fliegt SATA alle Inseln an,
die einfache Strecke kostet 60–80 €. Zwischen
benachbarten Inseln bestehen außerdem tägliche
Fährverbindungen.
Aldeia da Cuada Liebevoll restaurierte Anlage mit 9
Häusern in den Bergen, besonders freundliche Gastgeber, Shuttle-Service für Wanderungen. DZ ab 65 €.
Fajã Grande (Flores)
Tel. +351/292/ 59 00 40
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Rua Machado dos Santos 75
Ponta Delgada (São Miguel)
Tel. +351/296/ 28 11 92
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beschriebene Wanderreise in der 14-tägigen Tour
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„Caloura“ inkl. Flüge ab 585 € (www.olimar.de) und
organisiert Whale-Watching-Touren mit dem Team von
Espaço Talassa auf Pico (www.espacotalassa.com).
Azorenreisen auch bei Wolters (www.tui-wolters.de)
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LITERATUR
Gute Reiseführer im Michael Müller Verlag („Azoren“,
2010, 20,90 €), Dumont („Azoren“, 2011, 16,99 €).
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