Leseprobe

Transcription

Leseprobe
1. Einleitung
Arte bewegt sich. Zwar geht es in kleinen Schritten voran, aber Rückzugsgedanken gibt es schon lange keine mehr. Im Jahr 2007 ist arte 15 Jahre auf
Sendung, es hat den Umzug in ein neues Gebäude hinter sich genauso wie die
Ausweitungen der zunächst abendlichen Sendezeit erst auf 14 Uhr, dann auf
12 Uhr, schließlich auf 8 Uhr. Arte ist ein vielseitiges Untersuchungsobjekt,
über das es erstaunlich wenig neue Literatur gibt. Doch nicht die Forschungslücke allein bietet Anlass für eine gründliche Untersuchung des Kanals,
sondern auch seine inhaltliche und organisatorische Ausweitung auf Europa
und die Einbindung in die europäische Medienlandschaft. Diese befindet sich
in Hinblick auf die Erweiterung der EU und die Umwälzungen in den Technologien der Telekommunikation in einer spannenden, man mag fast sagen
revolutionären Phase.
Zunächst ist es grundlegend, zu unterscheiden zwischen „Fernsehen in
Europa“, worunter alle in Europa bestehenden Fernsehsender fallen, und
„Europäischem Fernsehen“, also einem eigenständigen Programmangebot
mit europäischer Thematik (vgl. Vollberg 1998). Die Kriterien für letzteres
liegen fest: „Das Programm sollte von europäischen Veranstaltern aus
verschiedenen Ländern gemeinsam verantwortet werden, nicht von einem
alleinigen nationalen Veranstalter. Außerdem muss der Sender in mehr als
zwei europäischen Ländern empfangen werden können und – das ist
entscheidend – eine explizit europäisch ausgerichtete Programmphilosophie
vertreten. Damit sind Sender, die zwar in benachbarten Ländern durch TVOverspill empfangen werden können, aber nicht beabsichtigen, europäischintegrierend zu wirken, wie etwa RTL oder SAT 1, an dieser Stelle nicht von
Interesse“ (Vollberg 1998, 27). Arte vertritt – das wird sich nachher zum
Beispiel anhand des Gründungsvertrags eindeutig zeigen lassen – die Philosophie eines zusammenwachsenden Europas durch einen binationalen Kanal.
Europa und Kultur, mit diesen beiden Schlagworten ist das Profil des Senders
klar umrissen. Als Endziel steuert arte an, die Kulturen der Länder
darzustellen und dadurch das gegenseitige Verständnis, eventuell sogar eine
gemeinsame europäische Identität zu fördern. „À la fin du XXe siècle, les
pays européens sont en quête d’une personnalité, ils s’interrogent sur ce qui
peut permettre une identité partagée, une commune appartenance. La chaîne
Arte représente une tentative en ce sens. […] C’est la seule chaîne qui soit
binationale. C’est aussi sans doute la seule chaîne de télévision au monde qui
ait une vocation aussi élevée, celle de contribuer à une meilleure entente entre
Liane Rothenberger, Von elitär zu populär?
Copyright by UVK 2008
17
Einleitung
les peuples en Europe et de participer à leur rapprochement. Ces deux particularités font de la chaîne Arte quelque chose qui est probablement unique au
monde. Il ne faut donc pas s’étonner que des difficultés aient pu s’élever“2
(Pontier 1998, 75).
1.1 Aufbau und Methode der Arbeit
Um die Ziele und Schwierigkeiten von arte zu verstehen, bedarf es eines
theoretischen und empirischen Fundaments, das im Laufe dieser Untersuchung erarbeitet werden soll.3 Die Einleitung möchte einen Überblick über
die Studie und das Forschungsinteresse geben. Im Mittelpunkt der Doktorarbeit „Von elitär zu populär? Die Programmentwicklung im deutsch-französischen Kulturkanal arte“ steht die Beantwortung der Frage: Wie hat sich das
Programm seit der Gründung des Senders im Jahr 1991 verändert? Wie wurden die Ziele verfolgt, modifiziert, neu gesteckt und eventuell erreicht? Und
inwieweit greift die Europäisierung der Medien in diesen Prozess ein? Diese
hauptsächliche Zielrichtung gliedert sich in vier Teilabschnitte mit mehreren
Unterfragen auf, die im Abschnitt „Forschungsfragen“ behandelt werden.
Im Anschluss daran wird der Forschungsstand zum Untersuchungsobjekt
„arte“ erläutert. Die bisherige Forschungslage gestaltet sich recht übersichtlich. Die größeren Studien werden in Kapitel 1.3 vorgestellt. In ihnen werden
vor allem politische, rechtliche und organisatorische Aspekte von arte zur
Sprache gebracht; die Programmveränderung seit Gründung des Senders
spielt kaum eine Rolle, was vielleicht damit zusammenhängt, dass die Studien in den 1990er Jahren liefen, der Untersuchungszeitraum daher noch
2
Hier und im Folgenden wird die Übersetzung des Zitates in der Fußnote aufgeführt.
Eine kursiv gesetzte Fußnote direkt hinter den Abführungszeichen markiert eine
Übersetzung. Alle Zitate wurden von der Verfasserin ins Deutsche übertragen.
„Am Ende des 20. Jahrhunderts befinden sich die europäischen Länder auf der Suche
nach einer Persönlichkeit, sie fragen sich, was zu einer gemeinsamen Identität führen
könnte, einer gemeinsamen Zugehörigkeit. Der Sender arte stellt einen Versuch in
diesem Sinne dar. […] Er ist der einzige binationale Sender. Er ist wahrscheinlich
auch der einzige Fernsehsender der Welt, der einen so gehobenen Anspruch hat, nämlich den, zu einer besseren Verständigung zwischen den Völkern Europas beizutragen
und sich an ihrer Annäherung zu beteiligen. Diese beiden Besonderheiten machen den
Sender arte zu etwas, das wahrscheinlich weltweit einzigartig ist. Da darf man sich
nicht wundern, wenn Schwierigkeiten aufkommen.“
3
Als eine Grundschwierigkeit der ganzen Arbeit erweist es sich, das Nebeneinander
im Nacheinander auszuführen, also Sachverhalte, die am besten parallel dazustellen
wären, in eine Reihenfolge zu bringen. Vor- und Rückverweise sollen dabei helfen,
Bezüge zwischen den Kapiteln herzustellen.
18
Liane Rothenberger, Von elitär zu populär?
Copyright by UVK 2008
Einleitung
nicht genügend groß war. Es folgt eine ausführliche Darstellung des Kanals
„arte“, seiner Geschichte, seiner Organisation und seiner Eigenarten. Darin
fließen quantitative Auswertungen bereits vorliegender Nutzerdaten wie Einschaltquoten, Reichweiten, Sendevolumina et cetera ein.
Der theoretische Hintergrund wird in Kapitel 3 „Arte als Kulturkanal –
Definition und Konzeption“ dargelegt. Die Arbeit bezieht mehrere theoretische Ansätze ein, da je nach zu bearbeitendem Teilbereich auf verschiedene
Theorien zurückgegriffen werden muss. So treffen sich bei arte Organisationstheorie und interkulturelle Medienanalyse; die Untersuchung der Programmentwicklung steht vor dem Hintergrund der Programm- und Qualitätsforschung. Weiterhin gibt dieses Kapitel Einblick in den bei Deutschen und
Franzosen unterschiedlichen Begriff der „Kultur“. Da der Umgang mit den
Medien stark auf die jeweilige Akkulturation, das Mediensystem und die
Gewohnheiten im eigenen Land zurückgeht, muss dies bei einem Fernsehsender, der sich gleichermaßen an deutsche wie französische Fernsehzuschauer
wendet, berücksichtigt werden, gerade vor dem Hintergrund, dass die arteSendungen größtenteils nicht in der Straßburger Zentrale, sondern in den
nationalen Polen in der Nähe von Paris und in Baden-Baden beziehungsweise
beim ZDF und den ARD-Anstalten gefertigt werden.
Um die Beziehung und die ländereigenen Mediensysteme der beiden
Nachbarstaaten geht es im vierten Kapitel. Die interkulturelle Medienanalyse
öffnet den Blick auf die binationale Perspektive Deutschland-Frankreich. Die
Beziehungen zwischen den beiden Staaten spielten für die Gründung von arte
eine wesentliche Rolle. Es wird dargestellt, vor welchem Hintergrund, unter
welchen Bedingungen sich die jeweiligen Merkmale der Mediensysteme entwickelten und weshalb es zu bestimmten Anforderungen an Sendeanbieter
und Programm kam. Dies führt zu Kulturauftrag und Qualitätsdebatte, also zu
der Frage, welche Anforderungen Deutschland beziehungsweise Frankreich
an ihre Sender stellen, und wie sich vorgegebene oder selbst gesetzte
Qualitätsmaßstäbe messen lassen. Die Qualitätsbewertung bei arte wird in
Vergleich dazu gesetzt.
Da Frankreich und Deutschland in medienpolitischen Angelegenheiten
längst an EU-Richtlinien gebunden sind, lenkt sich der Blick im fünften
Kapitel auf die europäische Ebene. Es wird hinterfragt, ob es überhaupt einen
„europäischen Kulturkanal“ geben kann, wo doch die Frage nach einer „europäischen Identität“ noch nicht endgültig beantwortet ist. Vor arte gab es
bereits einige Versuche, Fernsehen in staatenübergreifender Dimension zu
organisieren; diese werden aufgeführt und mögliche Fehler für ihr Scheitern
erörtert.
Schließlich beginnt mit Kapitel 6 der empirische Teil der Arbeit, der
seinen Anfang nimmt mit einer Beschreibung von Anlage und Aufbau der
Liane Rothenberger, Von elitär zu populär?
Copyright by UVK 2008
19
Einleitung
Untersuchung, deren Kern zwei Programm-Inhaltsanalysen bilden: eine
quantitative Inhaltsanalyse „im Großen“, das heißt eine Auswertung des Programms unter anderem nach Sendezeit, Darstellungsform und Themenschwerpunkt, sowie eine mehr qualitative Inhaltsanalyse „im Kleinen“. Dazu
wird das Kulturmagazin „Metropolis“ unter die Lupe genommen und auf
verschiedene Parameter und deren Veränderung im Zeitverlauf hin untersucht.4 Dem Themenabend als einer Darstellungsform, die arte besonders
auszeichnet, ist eine separate Auswertung gewidmet; er ist „wohl das
Typischste an arte“ (Kölsch 2005, Interview5). Zuvor werden – nach einer
Einführung in die Programmtheorie – der Untersuchungsgegenstand, also das
Programm des Fernsehsenders arte, und der Untersuchungszeitraum
beschrieben. Um einen ersten Überblick über die Reformprozesse zu bieten,
werden anhand von Programmschemata, Pressemeldungen und internen
Dokumenten die Veränderungen nach jeder Programmreform aufgezeigt.
Zusätzlich ergänzen Leitfadengespräche mit Programmleitung und Redakteuren die Studie. Die Forscherin legte Wert darauf, mit möglichst vielen
arte-Mitarbeitern zu sprechen, um eine breite Basis und damit eine gewisse
Vergleichbarkeit der Antworten zu gewährleisten. Die Verantwortlichen des
Senders antworteten auf Einschätzungs- und Detailfragen, erläuterten, wie
die ursprüngliche Zielvorstellung aussah, wer durch welche Reform besser
erreicht werden sollte, wer daraufhin tatsächlich erreicht wurde und welche
Reaktionen eingetreten sind. Die Ergebnisse der Reformen – ob positiv oder
negativ – sollen kritisch diskutiert und reflektiert werden. Mithilfe der
Gespräche kann sogar ein Blick in die Zukunft auf künftige Programmziele
geworfen werden. Das folgende Schema bildet den Untersuchungsablauf
noch einmal systematisch ab:
4
Mit dem Codebuch der Inhaltsanalyse für den ersten Teilabschnitt wurden die
Informationen unter Zuhilfenahme der Programmzeitschrift arte-Magazin im ZweiJahres-Rhythmus, jeweils die erste Juniwoche, erhoben. Auch für die detaillierte
Sendungsanalyse zum Magazin „Metropolis“ kam ein Codebuch zum Einsatz. Als
Untersuchungszeitpunkte dieser Sendung, die seit Januar 1995 läuft und somit zu den
ältesten arte-Magazinen gehört, boten sich jeweils zwei Sendungen aus den Jahren
1995, 2000 und 2005 an. Durch Zufallsauswahl entschieden, wurden die Sendungen
der Ausstrahlungsdaten 3. und 24. September 1995, 12. Februar und 4. März 2000
sowie 23. April und 7. Mai 2005 untersucht. Näheres siehe Kapitel 6.
5
Alle Interviewpartner und ihre Funktionen werden in Kapitel 6.3 vorgestellt. Die
ausführlichen Transkriptionen der Interviews finden sich im Anhang der Originalarbeit; sie konnten aus Platzgründen nicht in diese Ausgabe aufgenommen werden.
20
Liane Rothenberger, Von elitär zu populär?
Copyright by UVK 2008
Einleitung
Historisch-systematische Analyse
Darstellung von Programm- und Organisationsgeschichte
Interkulturelle Medienanalyse
Begriffsdefinitionen, Einordnung in jeweiliges nationales Umfeld,
übergreifende EU-Ebene
Inhaltsanalyse
Dokumentenanalyse der Programmfahnen, Videoanalyse der
„Metropolis“-Aufzeichnungen
Leitfadeninterviews
Qualitative Vertiefung der Analysedaten und der Literaturauswertung
Abb. 1: Untersuchungsprogramm und Mehrmethoden-Design
Im Schlusskapitel möchte die Forscherin die Fäden, die seit Beginn
gesponnen wurden, wieder aufgreifen. Die Studie vermag zwar nur in sehr
beschränktem Maße die Programmgeschichte des Senders zu beleuchten und
es wäre unangebracht, eindeutige Prognosen für die zukünftige Entwicklung
zu wagen; dessen ungeachtet soll im Schlussteil ein Vergleich der einstigen
Ziele und jetzigen Realitäten von arte erfolgen und die Frage erörtert werden,
ob arte als Vorbild für kommende Kooperationen und als Modell für europäisches Fernsehen gelten kann.
1.2 Forschungsfragen
Die Arbeit gliedert sich in einen systematischen und einen empirischen Teil,
wobei in beiden Antworten auf bestimmte Forschungsfragen gegeben
werden. Es werden Forschungsfragen, nicht Hypothesen dargeboten, da keine
Ergebnisse absehbar sind, keine vorherigen vergleichbaren Untersuchungen
vorliegen und ein Trend nur gemutmaßt werden könnte. Die Antworten auf
die beiden ersten Untersuchungskomplexe ergaben sich vorrangig aus der
vorliegenden Literatur und den Leitfadeninterviews. Die empirische Untersuchung wurde mithilfe von Kodierungen und den statistischen Auswertungsprogrammen SPSS und Excel bestritten.
Liane Rothenberger, Von elitär zu populär?
Copyright by UVK 2008
21
Einleitung
Untersuchungskomplex I: Organisation und Ziele von arte
Zuerst geht es um die Organisation „arte“ und ihr Selbstverständnis sowie
ihre Arbeitsweise, auch im Vergleich zu anderen (ehemaligen) Europa- und
Kultur-Kanälen.
F 1:
Welche Ziele setzt sich arte und wie versucht die Organisation, diese
zu erreichen?
F 2:
Wie sind die Begriffe „Europa“ und „Kultur“ im Europäischen
Kulturkanal und in der deutschen und französischen Medienlandschaft zu verstehen?
Untersuchungskomplex II: Die Programmreformen
Seinen Zielen ist arte durch bisher acht Programmreformen näher gekommen.
Daraus ergeben sich folgende Forschungsfragen:
F 3:
Welche Motive steckten hinter den jeweiligen Programmreformen?
F 4:
Welche Situationen herrschten vorher, welche nachher?
Untersuchungskomplex III: Bild des Gesamtprogramms
Durch die Programmreformen hat sich das Gesamtprogramm seit
Sendergründung mehrmals geändert.
F 5:
Welche Veränderungen haben sich in 15 Jahren Sendegeschichte im
Programm ergeben hinsichtlich:
- der Themenwahl
- der Darstellungsform
- der Programmgesamtlänge
- den Anteilen an Wiederholungen und Erstausstrahlungen
- der Herkunft der Produktionen
- der Zusammensetzung und Breite der im Programm vorkommenden Länder
- des Programmablaufs, also der Durchmischung der Themen sowie
Abfolge und bevorzugter Zeitpunkte für verschiedene Darstellungsformen
- speziell der Entwicklung der Themenabende
Untersuchungskomplex IV: Das deutsch-französische Kulturmagazin
„Metropolis“
Die Machart einzelner Beiträge wird an „Metropolis“ analysiert. Es stellen
sich folgende Fragen:
F 6:
Wie sieht die Gesamtentwicklung des Magazins aus?
F 7:
Unterscheiden sich deutsche und französische Beiträge hinsichtlich:
- der Länge der Off- und O-Töne
- der Sprechgeschwindigkeit und Länge der Sätze
22
Liane Rothenberger, Von elitär zu populär?
Copyright by UVK 2008
Einleitung
- der Auswahl der Personen, Themen und Orte
- der Schnittfrequenz
- der Gestaltung der Sendung, also der Länge der Beiträge, der Wahl
eines übergeordneten Themas, den Übergängen
- ungewöhnlicher Kamerapositionen wie Vogel- oder Froschperspektive
- der Verwendung von Musik
- der Darstellung und Behandlungsweise europäischer Themen
- dem Grad der Verständlichkeit gemessen an der Wortwahl und
Abstraktion
- der persönlichen Ansprache des Zuschauers und dem Service-Wert
- der Beurteilungs- und Kritikfreudigkeit
1.3 Forschungsstand zum Untersuchungsobjekt
„arte“
Über arte existieren wenige Monografien – sie werden weiter unten vorgestellt –, umso mehr aber Aufsätze in Büchern, Zeitschriften und Zeitungen.
Um dem Anspruch der Aktualität gerecht zu werden, wurde versucht, möglichst junge Literatur einzubeziehen. Die Mappen mit dem Schlagwort „arte“
der Pressedokumentation in der Frankreich-Bibliothek des Deutsch-Französischen Instituts in Ludwigsburg erwiesen sich als besonders ergiebig6. Vor
allem erfolgte die Konzentration auf Artikel, in denen die Macher von arte
zum Beispiel in einem Interview zu Wort kommen; weiterhin wurde vornehmlich auf Aussagen über die Programmreformen und über die Sendung
„Metropolis“ geachtet. Eindeutig mehr Zeitungsartikel fanden sich in den
französischen Zeitungen und Zeitschriften.7 Auch die Vielzahl an Pressemitteilungen, die arte herausgegeben hatte, fanden sich in Ludwigsburg
sowie in den Archiven der Presseabteilung von arte; sie entpuppten sich
jedoch meist als nicht sonderlich nützlich, da sie selbstredend ein geschöntes
arte-Bild vermitteln, eben das, das die Presse der Bevölkerung mitteilen soll.
Arbeiten, die nicht bei einer Betrachtung lediglich der deutschen oder
deutschsprachigen Gegebenheiten in der Medienlandschaft stehen bleiben,
6
Viel wurde über einzelne Sendungen und Spekulationen über die Weiterentwicklung
von arte geschrieben. Eine ganze Flut von Artikeln mit den unterschiedlichsten Einschätzungen erreichte die Leser zum zehnjährigen Sendejubiläum des Kultursenders
und in der angespannten Zeit vor Präsidentenwahlen.
7
Eventuell ein Indiz dafür, dass arte in Frankreich durch das (noch) relativ beschränkte Programmangebot einen höheren Stellenwert besitzt (vgl. auch Kapitel 4.3.2).
Liane Rothenberger, Von elitär zu populär?
Copyright by UVK 2008
23
Einleitung
liegen noch nicht in großer Zahl vor. „Dem Fach [der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, Anm. d. Verf.] wird deshalb wohl mit einer
gewissen Berechtigung pauschal das Fehlen einer internationalen Orientierung vorgehalten“ (Weischenberg et al. 1998, 396). Unter den Arbeiten mit
„Blick über den deutschen Tellerrand“ finden sich vor allem deskriptive Länderstudien und „Spiegel“-Studien, also Deutschland im Spiegel der französischen und Frankreich im Spiegel der deutschen Presse, zum Beispiel. Politikwissenschaft und Soziologie sind hier in Bezug auf „cross-national studies“
weit voraus. Auch diese Arbeit bedient sich der aus der Politikwissenschaft
stammenden Ansätze der „comparative analysis“, indem sie Vergleiche der
Medien- und Kultursysteme anstellt. Sie verwendet auch die letztendlich in
den Wirtschaftswissenschaften wurzelnden Methoden der transnationalen
Markt- und Produktanalyse, bietet arte doch das Produkt „deutsch-französisches TV-Programm“ an, das sich auf dem europäischen Markt behaupten
will. Dominierender Ansatz aber ist die interkulturelle Medienanalyse, die
nicht auf der Vergleichsebene Halt macht, sondern es ermöglicht, ein umfassendes Bild der binationalen Organisation und ihres Programms beziehungsweise ihrer Programmmöglichkeiten zu entwerfen. Hierbei ist allen
voran die Literatur von Lüsebrink zu nennen (siehe Lüsebrink 1998, 2003a,
2004, 2005). Er beschreibt, wie man das Vergleichen von Ist-Zuständen erweitert, indem man die gewachsenen Strukturen, die früheren, gegenwärtigen
und vielleicht auch die erwarteten zukünftigen Einflüsse berücksichtigt.
Die interkulturelle Kommunikation bestätigt sich seit Langem als soziale Voraussetzung für „interkulturelle“, also nicht national beschränkte, Identität.8
Manchmal entsteht der Eindruck, bei europäischer Identität handele es sich
um eine separate, abseits der nationalen Identität stehende. Dass dem nicht so
ist, wird in Kapitel 4 aufgezeigt. „Während die Literatur zu nationaler Identität ständig zunimmt, ist nur relativ wenig über europäische Identität per se –
im Sinne von Identität auf Europa konzentriert – publiziert worden (Delanty
1999, 267).
Wird die Literatur für den theoretischen Hintergrund und den Methodenteil in den jeweiligen Kapiteln noch einmal separat angeführt, soll zum Einstieg in die Materie „arte“ an dieser Stelle eine Vorstellung der wichtigsten
Arbeiten zum Kanal und seinem Umfeld erfolgen. Wichtige Studien werden
im jeweiligen Kontext präsentiert. Die Forscherin hat sich dazu entschlossen,
auch Diplomarbeiten einzubeziehen, da von diesen zum Teil wesentliche
Impulse ausgingen.
8
Der eigene Bezugsrahmen definiert das Selbstverständnis: „Identität wird aus
Grenzen gebildet“ (Delanty 1999, 268).
24
Liane Rothenberger, Von elitär zu populär?
Copyright by UVK 2008
Einleitung
Wissenschaftliches Umfeld
Oliver Hahn beschreibt in seiner 1997, fünf Jahre nach arte-Sendestart
erschienenen Dissertation „ARTE. Der Europäische Kulturkanal. Eine
Fernsehsprache in vielen Sprachen“ (vgl. Hahn 1997) verschiedene Formen
der Multilingualität anhand meist leider nicht mehr im Programm vorkommender arte-Sendungen9. Er sucht nach Strategien einer gemeinsamen Fernsehsprache, die da heißen massenmediale Interkulturalität und Multilingualität (vgl. Hahn 1997, 19), und beschäftigt sich umfassend mit deren Begriffsgenese.
Hahn bildet mit Inge Gräßle die einschlägigsten Abhandlungen über arte.
Gräßles Arbeit entstand als Dissertation im Fach Politikwissenschaften 1995
an der FU Berlin. „Die Bedeutung des Europäischen Fernsehkulturkanals
ARTE für die Politikwissenschaften liegt darin, am Beispiel seiner Entstehung die Bedingungen und Möglichkeiten einer deutsch-französischen
medienpolitischen Kooperation und ihre europapolitische Zieldefinition
untersuchen zu können. Die Studie gleicht das in der Politikformulierung
ausgedrückte Ziel des Projekts mit dem Ergebnis der Institutionalisierung
immanent ab“ (Gräßle 1995, 12). Gräßle befasst sich am Beispiel arte vornehmlich mit den Steuerungsmechanismen und Harmonisierungsprozessen
von transnationalen Kooperationsmodellen. Dazu beschreibt sie im Vorfeld
detailliert die an der Schaffung von arte beteiligten Politikfelder und vorhandene sowie neu geschaffene Kooperationsbedingungen. Die Arbeit basiert
auf Aktenstudium, fünf teilstandardisierten Interviews und „Hintergrundgespräche[n]“ (Gräßle 1995, 19).10
Etwas weiter legt Oliver Neiss das Feld an in seiner Dissertation an der
Universität Marburg „Kultur im deutschen Fernsehen“ (vgl. Neiss 2000).11 Er
9
Hahn betrachtete beispielsweise genauer die Fernsehnachrichtensendung „8 ½“ und
stellte fest, dass sie von der Präsentationsweise her eine Ähnlichkeit mit dem „Journal“ auf EuroNews aufwies (vgl. Hahn 1997, 369) und zwar hinsichtlich der lockeren
Moderation und dem hohen Tempo der Nachrichtenabfolge.
10
Ebenfalls im Fach Politikwissenschaft entstand die Diplomarbeit von Michael
Immel: „Der deutsch-französische Fernsehsender ARTE zwischen Politik und kulturellem Programmauftrag“ (vgl. Immel 1998), die hauptsächlich einer Senderbeschreibung gleicht.
11
Schon seine Magisterarbeit am Institut für Europäische Ethnologie und Kulturforschung an der Universität Marburg schrieb Neiss über arte und sein noch junges Programm (vgl. Neiss 1997). Dabei blieb er allerdings wie Immel auf der Darstellungsebene, bot keine eigene empirische Untersuchung, sondern Deskription und Auswertung von bereits vorhandener Literatur. Die Grundproblematik im deutschen und französischen Fernsehen, auf die er seine Arbeit aufbaut, lässt sich folgendermaßen for-
Liane Rothenberger, Von elitär zu populär?
Copyright by UVK 2008
25
Einleitung
beschäftigt sich gründlich auch mit der Geschichte der Kultur im Fernsehen
und der Entstehung des Kulturauftrags: Die Alliierten wollten den Rundfunk
als Instrument zur Demokratisierung der Deutschen, zur „Re-education“,
einsetzen und verwirklichten so das Prinzip der Staatsferne. „Die Erfüllung
dieses Bildungs- und Erziehungsauftrages sollte durch die Organisationsform
des Fernsehens als staatsunabhängige öffentlich-rechtliche Einrichtung unter
Beteiligung aller gesellschaftlich relevanten Gruppen gesichert werden“
(Neiss 2000, 32). Leider werde dem Fernsehen als primär unerhaltendem und
oberflächlichem Medium oft eine kulturzersetzende Wirkung unterstellt.
„Der in den siebziger Jahren erfolgten Zuwendung des Fernsehens zu einem
weiten Kulturverständnis, was bereits im Vorfeld der privaten Konkurrenz
eine verstärkte Ausrichtung auf unterhaltende Programme begünstigte, folgte
in den achtziger Jahren die Erneuerung eines bildungsbürgerlichen Kulturbegriffs“ (Neiss 2000, 60). Der Kulturanspruch für das gesamte Programm
wurde zurückgenommen, denn von nun an wurde Kultur nurmehr als eine
Sparte innerhalb des Programmangebots betrachtet, zu deren Weiterbestehen
und Pflege sich die öffentlich-rechtlichen Veranstalter verpflichteten. Vor
diesem Hintergrund muss auch das Angebot von arte betrachtet werden.
Mit den Journalisten in Deutschland und Frankreich beschäftigt sich
ausführlich Irene Preisinger in ihrer Dissertation „Information zwischen
Interpretation und Kritik. Das Berufsverständnis politischer Journalisten in
Frankreich und Deutschland“ (vgl. Preisinger 2002).12 Sie befragte insgesamt
65 politische Printjournalisten, 33 Deutsche und 32 Franzosen (vgl. Preisinger 2002, 17), nach ihrer beruflichen Situation, der journalistischen Praxis
und ihrem Rollenverständnis; ausgewertet wurden 60 teilstandardisierte
Fragebögen, davon 30 von Deutschen und 30 von Franzosen ausgefüllt (vgl.
Preisinger 2002, 173). Preisinger bemerkt, dass solche transnationalen Analysen in der Kommunikationswissenschaft immer Schwierigkeiten in sich
tragen: Wird unter bestimmten Begriffen wirklich dasselbe verstanden? Wie
können Eigenheiten der Länder Berücksichtigung finden? Preisingers Arbeit
empfiehlt sich für alle, die sich ein Bild von den (Print-)Journalisten rechts
und links des Rheins machen wollen. Auch die geschichtliche Entwicklung
wird ausführlich dargestellt, die zum Beispiel zeigt, dass die Entwicklungsstränge des Journalismus in Deutschland und Frankreich bereits seit dem Mittelalter miteinander verflochten sind (vgl. Preisinger 2002, 94f.); später adapmulieren: Beide Länder wissen um den Druck, die nicht-kommerziellen Programme
stärker nach ökonomischen Gesichtspunkten, das heißt nach dem Massengeschmack,
ausrichten zu müssen, andererseits aber einer gesetzlich verankerten Grundversorgung
zu entsprechen.
12
Insgesamt gibt es in Frankreich circa 36.500 Journalisten, in Deutschland 63.000
(vgl. Preisinger 2006, 69). Viele sind als „Freie“ beschäftigt.
26
Liane Rothenberger, Von elitär zu populär?
Copyright by UVK 2008
Einleitung
tierte Deutschland rasch die im 17. Jahrhundert in Frankreich entstandene
Gattung des Meinungsjournalismus in Zeitschriften.
Die Arbeit „La culture et la télévision, sont-elles compatibles? La solution
arte“ von Valérie de La Grange entstand am Institut d’Études Politiques von
Grenoble (vgl. de la Grange 2003); die Autorin hat sich stark mit arte France
befasst und dort ihre Ansprechpartner gefunden. Sie stellt die Kulturauffassungen und das Verhältnis von Kultur und Massenmedien in Frankreich dar,
vor allem anhand der Debatten unter den französischen Intellektuellen, beschreibt Struktur und Programm des Senders, ohne aber auf dessen langjährige Entwicklung einzugehen. Eine eigene empirische Untersuchung fehlt. Die
Autorin sieht die Gefahr, dass durch Spezialsender Programm für Spezialgruppen gemacht wird, die Kultur also nur die Kulturinteressierten erreicht.
Peristera Skounos versucht sich in seiner Diplomarbeit „Identitätsvorstellungen für Europa am Beispiel grenzüberschreitendes Fernsehen: ARTE vom
binationalen zum Europäischen Fernseh-Kulturkanal“ (vgl. Skounos 2003) an
Begriffsbestimmungen von „Kultur“ und „kollektiver Identitätsbildung“. Das
Ziel der Arbeit lautete: „die verschiedenen Definitionsvarianten von ‚Kultur‘
als Gesellschaftssystem heranzuziehen und die daraus resultierende Darstellung des Kulturbegriffs, der für die Ausarbeitung konkreter Richtlinien zur
inhaltlichen Programmgestaltung europäischen Fernsehens notwendig ist,
nutzbar zu machen“ (Skounos 2003, 2f.).
Ein ähnliches Ziel verfolgte Thomas Isaak in seiner Diplomarbeit an der
Bauhaus Universität Weimar in Kooperation mit der Université Lumière
Lyon II „Europäische Tele-Kultur? Der Kulturbegriff in Deutschland und
Frankreich am Beispiel des europäischen Kulturkanals ARTE“ (vgl. Isaak
2004), wobei er sich vor allem auf die kulturellen Kontakte der beiden Länder nach Kriegsende konzentriert.
Lediglich die französische Seite untersuchte Susan Emanuel in ihrer
Doktorarbeit an der französischen Universität Rennes „Télévision et Culture
en France: A la Recherche d’une Chaîne culturelle européenne“ (vgl. Emanuel 1992a). Die Verbindung von Kommunikation und Kultur steht im Vordergrund: „L’objet de cette étude est d’évaluer les rapports entre la communication et la culture en France“13 (Emanuel 1992a, 2). Dabei spricht sie arte
einen wesentlichen Beitrag in Hinblick auf die durch das Programm erreichte
Kulturvermittlung zu.
In konkretem praktischem Bezug zu arte gestaltet sich die Diplomarbeit von
Günter Okupski „Ein Fernsehsender für die Kultur? Eine Untersuchung von
13
„Das Ziel dieser Studie ist es, das Verhältnis zwischen der Kommunikation und der
Kultur in Frankreich zu bewerten.“
Liane Rothenberger, Von elitär zu populär?
Copyright by UVK 2008
27
Einleitung
Programm und Anspruch des Europäischen Kulturkanals ARTE“ (vgl.
Okupski 1993). Er untersuchte den Pressespiegel von arte in der Zeit von
Juni bis November 1992 mit den Resonanzen auf arte in der Presse; in der
Startphase des jungen Senders stellten die Printmedien vornehmlich die Probleme mit der technischen Empfangssituation heraus und beschäftigten sich
mit dem Image von arte. Weiterhin untersuchte Okupski Zuschauerbriefe von
Juni bis Oktober 1992. In dieser Zeit erreichten die Zentrale in Straßburg
1086 schriftliche Reaktionen, davon 603 aus Deutschland und 451 aus Frankreich sowie 32 aus Drittländern. Positiv hoben die Zuschauer die alternative
Programmform und die Vielseitigkeit der Inhalte hervor, besonders auch die
Mannigfaltigkeit auf dem Gebiet der Kultur. Negative Zuschriften befassten
sich vor allem mit technischen Schwierigkeiten und den unzureichenden Programminformationen – viele Fernsehzeitschriften räumten arte kaum Platz
ein.
„Die feinen Unterschiede: deutsche und französische Eigenarten am Beispiel der Magazinsendung Karambolage von ARTE“ (Uhde 2005) entdeckte
Kathrin Uhde in ihrer Fernsehanalyse für ihre Magisterarbeit an der Philosophischen Fakultät der Universität Potsdam, Institut für Romanistik. „Karambolage“ ist eine für arte sehr typische Sendung, kam jedoch für die hier vorliegende Langzeitbetrachtung nicht in Frage, da sie erst seit Anfang des
Jahres 2004 jeden Sonntag um 20 Uhr auf arte läuft. Am 26. November 2006
feierte der Kulturkanal um 20 Uhr die 100. Folge. „Karambolage“ – nach
einer Idee von Claire Doutriaux – will Details der Alltagskultur in Frankreich
und Deutschland auf unterhaltsame Weise darstellen; es spricht immer ein
französischer Autor über ein Detail aus der deutschen Alltagskultur und
umgekehrt. Uhde beschreibt den Inhalt von 15 zehnminütigen Sendungen
und deren Aufbau und fragt sich anschließend, ob es wirklich so ist, dass sich
die Deutschen mehr für die Franzosen interessieren als die Franzosen für die
Deutschen. Das Bild über Frankreich und seine Bewohner könne für einen
Deutschen auf ganz unterschiedliche Weise zustande kommen: durch Primärkontakt mit einem Franzosen, entweder in dessen, im eigenen oder in einem
dritten Land, durch Berichterstattung in den Medien oder durch vermittelten
Sekundärkontakt, also Austausch mit einem Landsmann oder DrittlandBewohner, der von eigenen Erfahrungen mit Franzosen berichtet oder von
durch Medien vermittelten. „Karambolage“ kläre verständlich und mit Ironie
über Eigenheiten der jeweils anderen Kultur auf, bedeute also einen medialen
Kontakt der besonders nützlichen Art.
Jean-Michel Utard analysiert in seiner Doktorarbeit „ARTE: Information
télévisée et construction d’un point de vue transnational. Étude d’un corpus
franco-allemand“ (vgl. Utard 1997) Herstellung und Arbeitsabläufe des ehemaligen Nachrichtenmagazins „8 ½“, das von einer deutsch-französischen
28
Liane Rothenberger, Von elitär zu populär?
Copyright by UVK 2008
Einleitung
Redaktion erstellt wird, und deckt bei der Untersuchung des Textkorpus der
Titel und Ankündigungen der einzelnen Nachrichten Unterschiede auf: Die
Deutschen wählen abstraktere und unpersönlichere Titel und arbeiten viel mit
Nomen, während die Franzosen personalisiert und adjektivisch berichten.
Isabelle Kaiser führte für ihre Arbeit am Institut d’Études Politiques de
Strasbourg, Université Robert Schuman „Le traitement de l’information sur
ARTE à travers l’étude du 8 ½“ (vgl. Kaiser 1996) Interviews mit Redakteuren der Nachrichtensendung „8 ½“. Sie beschreibt die Diskussionen in der
Redaktionskonferenz, zum Beispiel das Faible der Deutschen für ökologische
Themen, Umweltkonferenzen et cetera, das die Franzosen nicht nachvollziehen können (vgl. Kaiser 1996, 23); umgekehrt störten sich die Deutschen
daran, dass die Franzosen starr an den Persönlichkeiten ihrer Politiker festhielten und bei internationalen Anlässen immer nur das französische Gesicht
im Bild hätten (vgl. auch Kapitel 2.5).
Die Studien, die Udo Michael Krüger im Auftrag der ARD/ZDF-Medienkommission durchführte, waren von großem Nutzen, besonders, weil sie
Vergleiche zuließen: zwischen den Ergebnissen der vorliegenden Studie und
den arte-Ergebnissen Krügers, zwischen den arte-Resultaten und denen zu
anderen öffentlich-rechtlichen Hauptprogrammen sowie zu 3sat. Krüger beschrieb allgemein die Programmprofile im dualen Fernsehsystem 1991-2000
(vgl. Krüger 2001), beschäftigte sich mit den Programmprofilen kleinerer
öffentlich-rechtlicher und privater Sender (vgl. Krüger 1995) und stellte
Struktur und Inhalte der öffentlich-rechtlichen Kulturprogramme dar (vgl.
Krüger 2000).
Alle genannten Arbeiten bieten einen reichhaltigen Fundus an Informationen,
grenzen sich aber durch ihre spezifische Thematik oder den frühen Zeitraum,
den sie behandeln, hinreichend von der vorliegenden Untersuchung ab. Ehe
die Studie auf die Ansätze der interkulturellen Medienanalyse eingeht und
den weiteren Rahmen von den Kulturverständnissen in Frankreich und
Deutschland bis zu den vielfältigen Wechselbeziehungen der beiden gesellschaftlichen Teilsysteme entwirft, stellt die Studie die Organisation „arte“
vor. Die Darlegungen bringen nicht nur die weitverzweigten Zusammenhänge ins Bewusstsein, sondern liefern auch Ansatzpunkte, die es im empirischen Teil zu berücksichtigen gilt.
Liane Rothenberger, Von elitär zu populär?
Copyright by UVK 2008
29