PDF - Medienanstalten

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PDF - Medienanstalten
ALM PROGRAMMBERICHT 2009
IMPRESSUM
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten
sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Herausgeber
Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten
in der Bundesrepublik Deutschland – ALM
Verantwortlich: Thomas Langheinrich, Vorsitzender der Direktorenkonferenz
der Landesmedienanstalten (DLM); Prof. Dr. Norbert Schneider,
Der ZAK-Beauftragte für Programm und Werbung
Copyright © 2010 by Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten
in der Bundesrepublik Deutschland – ALM
Wissenschaftliche Begleitung
Prof. Dr. Joachim Trebbe, Universität Freiburg/Schweiz
Redaktion
GöfaK Medienforschung GmbH, Potsdam
Redaktionsbüro Schuckert, Potsdam
Redaktionsbeirat
Walter Demski (MSA), Axel Dürr (LFK), Susanne Grams (mabb),
Angelika Heyen (TLM), Dr. Jürgen Heyn (BLM), Dr. Joachim Kind (LMK),
Leslie Middelmann (MA HSH), Sven Petersen (brema), Andreas Richter (SLM),
Susanne Rieger (MMV), Werner Röhrig (LMS), Annette Schriefers
(LPR Hessen), Uta Spies (NLM), Antje vom Berg/Dr. Dörte Hein (LfM)
Vorsitz: Mechthild Appelhoff (LfM)
Verlag
VISTAS Verlag GmbH
Goltzstraße 11, 10781 Berlin
Telefon: 030 / 32 70 74 46
Fax: 030 / 32 70 74 55
[email protected]
www.vistas.de
Alle Rechte vorbehalten
ISBN: 978-3-89158-520-7
Visuelle Konzeption und Layout
Heide Gerszewski, Hamburg
Satz
Martina Richter, Berlin & Bertil Schwotzer, Berlin
Druck
Bosch-Druck, Landshut
INHALT
EINF ÜHRUNG
13 Real-Life-TV und das richtige Leben
Norbert Schneider
24 Jung, digital, verspartet – Fernsehen in Deutschland 2008/2009
Bertil Schwotzer
P ROGRAMMFO RSCHUNG
KONTINUIERLICHE FERNSEHPROGRAMMFORSCHUNG
DER LANDESMEDIENANSTALTEN
45 Programmkonkurrenz in der Prime Time
Joachim Trebbe
60 Finanzkrise und „Obama-Effekt“
Hans-Jürgen Weiß
68 Nachgesehen: Kinderfernsehen in Fernsehvollprogrammen
Hans-Jürgen Weiß
76 Diffusion oder Dependenz? Entwicklungen des Fernsehens in
Österreich und in der Schweiz in der Prime Time
Jens Woelke und Joachim Trebbe
EINZELSTUDIEN
95 Die Regionalfenster von RTL und Sat.1
in den Jahren 2008 und 2009
Helmut Volpers, Detlef Schnier und Uli Bernhard
107 Unterhaltungsbeschaffung und Unterhaltungsproduktion.
Merkmale und Strukturen am Beispiel des Fernsehformathandels
Klaus-Dieter Altmeppen, Katja Lantzsch und Andreas Will
126 Wissenschaft im deutschen Fernsehen
Markus Lehmkuhl
P ROGRAMMDISK URS
STREITPUNKTE – STANDPUNKTE
145 Kinder als Fernsehobjekte
146 Rechtliche Regelungen zum Schutz von Kindern und
Jugendlichen in Medienproduktionen
Christine Seehaus
150 Die Perspektive der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM)
Wolf-Dieter Ring
154 Mehr Kinder in die Fernsehprogramme!
Dieter Czaja
158 Kinder sind keine Objekte – auch nicht für das Fernsehen
Paula Honkanen-Schoberth und Johanna Suwelack
161 Kinder als Teilnehmer von Reality-Formaten
Joachim von Gottberg
QUALITÄTSSTANDARDS – QUALITÄTSFORSCHUNG
167 Programmintegrierte Werbeformen in der
Zuschauerwahrnehmung
Helmut Volpers und Uli Bernhard
PROGRAMMAUFSICHT
185 Der ZAK-Beauftragte für Programm und Werbung
189 Aus der Prüfpraxis der Kommission für
Jugendmedienschutz (KJM)
D O K U M EN T A T ION
DIE ALM-STUDIE
201 Konzeption, Methode und Basisdaten der ALM-Studie
2008/2009
Joachim Trebbe und Bertil Schwotzer
FORSCHUNGSBIBLIOGRAPHIE
259 Fernsehprogrammforschung in Deutschland 2008/2009
Annett Heft
AUTORENVERZEICHNIS
VORWORT
Liebe Leserin, lieber Leser,
Prime Time. Das klingt nach Quote und Erfolg, nach der besten Sendezeit eben. Ist
Fernsehen in der Prime Time aber nach wie vor auch eine Mischung aus actionreichen Spielfilmen und bunten Unterhaltungsshows, an die wohl die meisten Fernsehzuschauer bei diesem Stichwort denken? Oder zeichnen sich mittlerweile ganz andere, neue Entwicklungen in der Programmgestaltung ab? Wie sich die wesentlichen
Trends in der Programm- und Themenstruktur der Fernsehvollprogramme im Jahr
2009 – auch im Vergleich zu den Vorjahren – darstellen, ist eines der zentralen
Themen, die im diesjährigen ALM Programmbericht beleuchtet werden. Ein Blick
auf die Fernsehinhalte, die unsere deutschsprachigen Nachbarländer zur besten
Sendezeit anbieten, erweist sich als ebenso aufschlussreich: Nicht nur die jeweils
dominierende Programmgestaltung, sondern auch die länderspezifischen Fernsehkulturen werden dabei deutlich.
Der aktuelle Programmbericht stellt die Befunde der kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten, in der die acht bedeutendsten
Fernsehvollprogramme seit 1998 analysiert werden, ins Zentrum. Neben den Ergebnissen der Programmstrukturanalyse werden zudem Einzelstudien, etwa zum Fernsehformathandel oder zu Wissenschaftssendungen, vorgestellt. Auch das Kapitel
„Streitpunkte – Standpunkte“ verspricht eine anregende Lektüre. Unterschiedliche
Sichtweisen zum Thema Kinder im Fernsehen werden unter dem Titel „Kinder als
Fernsehobjekte“ einander gegenübergestellt und damit sowohl grundlegende rechtliche Regelungen als auch die Perspektiven der Landesmedienanstalten oder eines
ausstrahlenden Senders dokumentiert.
Die Vorstellung wesentlicher Ergebnisse einer Untersuchung zur Zuschauerwahrnehmung von programmintegrierten Werbeformen sowie Einblicke in Fragen
der Programmaufsicht runden das Kapitel zum Programmdiskurs ab. In bewährter
Weise legt auch der diesjährige Programmbericht die methodischen Grundlagen der
kontinuierlichen Fernsehanalysen dar und schließt mit einer aktuellen Bibliographie
zur Fernsehprogrammforschung in Deutschland.
Thomas Langheinrich
Prof. Dr. Norbert Schneider
Vorsitzender der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten
Der ZAK-Beauftragte für
Programm und Werbung
EINFÜHRUNG • REAL-LIFE-TV UND DAS RICHTIGE LEBEN
13
Real-Life-TV und das richtige Leben
Einige Spekulationen zum Erfolg von Real-Life-Formaten
Norbert Schneider
1.
Programmverantwortliche bzw. Programmproduzenten für das private Fernsehen
können Programmerfolge auf ganz unterschiedliche Weise ins Werk setzen. Man
kann Erfolg damit haben, dass man aus einem ganz gewöhnlichen Programm durch
eine überraschende Mischung mit einem anderen Programm (z.B. Genre-Mix) plötzlich etwas Neues macht. Der Kitzel solcher Hybriden entsteht beim Publikum aus
der Reibungswärme, die beim Mischen anfällt.
Reality-TV, das Anfang der 90er Jahre Karriere machte, war ein solches Mischformat, mit dem das Fernsehen zugleich seine Landnahme der wirklichen Wirklichkeit unter dem Vorwand, nun werde alles vollends authentisch, fortgesetzt hat. Ein
großer Schritt in die Mediatisierung des Alltags war auch „Big Brother“, ein weltweit
erfolgreiches Format, das davon lebte, dass es dem Publikum eine inszenierte, simulierte Wirklichkeit als „echte“ Wirklichkeit verkauft hat.
Erfolg kann auch durch viele kleine Optimierungsmaßnahmen erreicht werden.
Etwa dadurch, dass eine für einen Laien unsichtbare Lücke im Programmablauf
geschlossen und damit der audience flow verbessert wird. Erfolg stellt sich ein, wenn
die zu einem bestimmten Sendeplatz gehörenden demographischen Daten auf intelligente Weise neu ausgewertet werden. Die Programmforschung zeigt: Es gibt „alte“
Zeiten, und es gibt „junge“ Zeiten. Auch Wochentage haben mit Blick auf Programmerfolge ein je eigenes Profil, das man schärfen kann. Was am Montag geht,
kann man in der Regel für den Samstag vergessen. Geschicktes Gegenprogrammieren zu den wesentlichen Konkurrenten optimiert ebenfalls das Resultat. Die Zahl
der Trailer und ihre Plätze im Programm können sich, wenn sie präzise geplant
werden, unmittelbar auf den Erfolg auswirken.
In allem, was sie sich einfallen lassen, verfolgen Programmplaner immer zwei
Ziele. Erstens und vor allem muss das Programm bzw. das Format ein möglichst
großes Publikum erreichen. Die Quote muss stimmen. Zweitens, und zusätzlich
hoch erwünscht, sollten die Kosten angemessen sein, am besten so niedrig wie möglich bleiben. Möglichst viel Quote für möglichst wenig Aufwand ist eine Zielvorstellung, die freilich nur sehr selten erreicht wird, weil die große Quote am Ende nur
selten mit kleinem Geld zu haben ist.
EINFÜHRUNG • REAL-LIFE-TV UND DAS RICHTIGE LEBEN
14
2.
Das klingt so, als sei Erfolg planbar. Bis zu einem bestimmten Grad trifft das zu.
Doch das Ärgernis, dass auch die Flops in der Regel gewissenhaft geplant wurden,
zeigt: Es muss auch noch etwas jenseits des Planbaren geben, was Erfolge schafft.
Dieses zusätzliche Moment kann man offenbar nicht einfach aus dem Optimieren
von Abläufen oder dem Ausdeuten von Zahlen, also von Quantitäten gewinnen –
was den Zahlen freilich nichts von ihrer Bedeutung nimmt. Doch es gibt über das
Zählbare hinaus auch ein qualitatives Moment, eine inhaltliche Komponente, deren
(jeweilige) Beachtung über Erfolg oder Misserfolg entscheiden kann.
Was für eine Komponente ist das? Mustert man die Beschreibungen und auch
die Selbstauskünfte der Erfolgreichen, dann fällt auf, dass alles sehr vage bleibt. Oft
stößt man auf eine besondere Variante der Körpersprache. Da hat jemand „eine
Nase“. Es ist die Rede von einem „Händchen“, von Entscheidungen „aus dem
Bauch heraus“. Oder es wird einfach gesagt, das sei einer, der schon immer die Hand
am Puls der Zeit gehabt habe.
Diese Bilder geben vor, dass die Sache selbst von ähnlich genauer Art ist. Tatsächlich bleibt sie aber eher unscharf. Viel weniger leicht greifbar jedenfalls, als es
das tägliche Zählen ist, so vieldeutig, wie es Erzählungen sein dürfen. Denn die gesuchte Komponente erzählt von der Begegnung und der daraus entstehenden, sich
fallweise festigenden oder auch einmal schwächer werdenden Beziehung zwischen
dem Fernsehen und gesellschaftlichen Entwicklungen, Tendenzen, Stimmungen. Es
ist eine Beziehungsgeschichte. Man könnte, weil auch dafür Naturmetaphern oft das
Mittel der Wahl sind, von der Beziehung zwischen einem Fernsehprogramm und
einem sozialen Klima, einer gesellschaftlichen Großwetterlage sprechen. Es geht um
die Begegnung von Alltag und Fernsehalltag.
Ich behaupte: Richtig erfolgreich wird ein Fernsehmacher nur sein, wenn er
nicht nur im Labor arbeitet, sondern wenn er ein Gefühl dafür entwickelt, wenn er
eine Ahnung davon hat, was in seiner Zeit passiert, was in die Zeit passt. Ein Programmerfolg dokumentiert immer auch, dass jemand geahnt, gefühlt, begriffen hat,
was die Menschen derzeit mehrheitlich und im Kern bewegt. Oder wo sich etwas
entwickelt, was noch nicht heute, aber wohl demnächst anschlussfähig ist. Dieser
keineswegs siebte Sinn, sondern die Summe der sechs anderen bringt einen erfolgreichen Programmproduzenten in die Nähe des erfolgreichen Politikers.
Für manche mag das ein wenig schlicht klingen. Doch man sollte sich von diesen etwas unscharfen Begriffen nicht täuschen lassen. Man sollte sich auch nicht
davon abschrecken lassen, dass es unendlich viel schwieriger ist, mit Qualitäten als
mit Quantitäten analysierend umzugehen. Doch es gibt nun einmal zahlreiche Indikatoren und auch eine Reihe prominenter Beispiele, die dafür sprechen, dass bestimmte Programme – wenn man sie nur genau genug „auslegt“ – einen gesellschaftlichen Nerv treffen; dass sie auch, vielleicht sogar vor allem deshalb erfolgreich sind,
weil sie ein bestimmtes, zwar sehr verbreitetes, aber zugleich verborgenes, nicht
jedermann zugängliches Zeitgefühl „abholen“. Dabei spielt immer auch eine Rolle,
EINFÜHRUNG • REAL-LIFE-TV UND DAS RICHTIGE LEBEN
15
ob dieses „Abholen“ auf angemessene Weise geschieht. Das schrille, scheinbar Tabu
brechende, tatsächlich aber nur falsch kalkulierte Neue mag zwar für die Zeitanalyse
etwas bedeuten, verprellt aber das Publikum nur, wie viele Versuche zeigen. So wie
der in eine These gefasste Zeitgeist, im Fernsehen vorgetragen, in aller Regel unbeachtet bleibt.
Die Programmgeschichte des deutschen Fernsehens ließe sich aus einem gewissen zeitlichen Abstand auch als eine Geschichte von Trends und Tendenzen
schreiben, die bestimmte Phasen des gesellschaftlichen Lebens für die jeweiligen
Zeitgenossen eher unsichtbar geprägt haben. Dabei mag die Frage, ob etwa das
Fernsehen diese Tendenzen zunächst geschaffen und dann erst „ausgebeutet“ hat,
oder ob das Fernsehen solchen Tendenzen, Strömungen, Grundgefühle lediglich
aufgegriffen und vielleicht verstärkt hat, dahinstehen, weil sie am Ende sowieso ohne
Antwort bleibt. Es ist völlig ausreichend, mit der Möglichkeit eines Bezugs zwischen
erfolgreichen Programmen der Massenmedien und neuen Zeitströmungen zu rechnen, einem Bezug, der ohnehin nie unidirektional verlaufen wird, sondern eher als
ein Feedback-Prozess zu begreifen ist.
Es wäre nun ebenso reizvoll wie es am Ende spekulativ bleiben muss, solche
Bezüge in der Programmgeschichte zu identifizieren, und sei es nur, indem man
fragt: Ist es völlig abwegig anzunehmen, dass es einen Bezug zwischen Camillo Felgens „Spiel ohne Grenzen“ und einer frühen Phase der europäischen Einigung gegeben hat? Oder war es einfach eine sehr ausgeprägte Lust am Kompetitiven im
Gefühl dieser Zeit, die hier ihren attraktiven Ausdruck gefunden hat? Welche Beziehung wird man zwischen dem Erfolg der frühen Familienserien wie der „Familie
Schölermann“ und einer sich zugleich anzeigenden Erosion der realen Familie unterstellen können? Nicht ohne dabei festzuhalten, dass die Familie der späten 50er
Jahre als Ort der Selbstdisziplinierung (Michel Foucault) nicht annähernd so gefährdet war, wie sie es mittlerweile ist? Natürlich ist die deutsch-amerikanische Freundschaft auch durch US-Serien im deutschen Fernsehen vertieft worden – aber wie
genau? Und seit wann? Und seit wann – und warum – inzwischen nicht mehr so wie
früher? Welche Zeitströmung ist mit so erfolgreichen Serien wie „Dallas“ oder
„Denver Clan“ auf den Punkt bedient und abgeschöpft worden? War es eine in
Episoden aufgelöste Kapitalistenkritik, die hier ins Format einer Serie eingeschweißt
wurde? Oder hatten Intrige und Schadenfreude in der Gesellschaft der mittleren
80er Jahre, die von den Rückblickern allgemein als langweilig eingestuft werden,
einen besonders guten Lauf? Gibt es eine Verbindung zwischen dem Boom der
Talkshows und dem Verschwinden einer Grenze zwischen privat und öffentlich, wie
dies die frühen 90er Jahre geprägt hat? Dieselben frühen 90er Jahre, in denen auch
das mobile Telefon seine erstaunliche Karriere macht, ein Medium, das ebenfalls die
Privatsphäre zunächst eher auflöst, und erst in einer zweiten Phase wiederherstellt,
wenn es darum geht, dass man seine Nummer nur einem kleinen Kreis zugänglich
macht und damit wieder geschlossene Räume zulässt? Und hat diese Veröffentlichung des Privaten in Gestalt eines auch in vielen Programmformaten ausgestellten
trotzigen Exhibitionismus – Schaut her, wer ich bin, wenigstens dieses eine Mal! – all
EINFÜHRUNG • REAL-LIFE-TV UND DAS RICHTIGE LEBEN
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denen die Hasen in die Küche getrieben, die auch die Rasterfahndung für einen
Fortschritt halten? Was bedeutet es sowohl für die Zeit als auch für ihr Fernsehen,
dass der Kinofilm, einst ein Kernstück des Fernsehens, heute eine eher marginale
Existenz in diesem Medium fristet? Ist mit dem Kinofilm womöglich auch die Jugend aus dem Fernsehen ausgewandert?
3.
Nun ist die Vermutung, dass Fernsehen jeweils auch das Fernsehen seiner Zeit ist, dass
es jede Menge Bezüge hin und her gibt, zunächst natürlich eine Banalität. Asynchrones Fernsehen, gegen den Strom produziert, voll von Angeboten, die von der Lust
zum Unzeitgemäßen geprägt wären – ein solches Fernsehen wäre schnell in einer
Nische verschwunden. Interessant wird diese banale Einsicht immer erst dadurch,
dass man hinter dieser abstrakten Beziehung, die niemand ernsthaft bestreiten würde, nach bestimmten Konkretionen sucht. Diese Suche wird in dem Maße schwieriger, in
dem man sich der Gegenwart nähert und nicht mehr aus der Distanz eines Jahrzehnts oder mehr Zusammenhänge zwischen den Massenmedien und der jeweiligen
Gesellschaft vermuten möchte.
Schwierig ist, heute zu sagen, was heute über das Zählbare hinaus zählt. Denn
allein das ist die Gretchenfrage für jeden Programmmacher: Welche Programme will
die Gesellschaft, will das Publikum jetzt? Die „Sommermädchen“ von ProSieben
waren es im Sommer 2009 eher nicht. Welche Angebote macht das Fernsehen welcher Gesellschaft? Wer treibt hier wen vor sich her? Wer wirkt hier auf wen ein?
Oder lässt sich dieser Prozess gar nicht auf eine „saubere“ Aufteilung von Subjekt
und Objekt, von Täter und Opfer reduzieren? Gibt es auch hier nur noch Konvergenzen, so weit das Auge reicht?
Ein Beispiel dafür, dass es schwierig ist, aber durchaus Sinn macht, eine Verbindung gesellschaftlicher Grundströmungen mit Fernsehprogrammen zu postulieren, gibt Gilles Deleuze in einem Text aus dem Jahr 1990. Er konstatiert darin: „Die
Kontrollgesellschaften sind dabei, die Disziplinargesellschaften abzulösen. Kontrolle
ist der Name, den Burroughs1 vorschlägt, um das neue Monstrum zu bezeichnen, in
dem Foucault unsere nahe Zukunft erkennt“.2 Deleuze stellt die Merkmale dieser
beiden Phasen einander gegenüber, darunter das Paar Fabrik/Unternehmen. „Die
Fabrik setzte die Individuen zu einem Körper zusammen“.3 Demgegenüber ist das
Unternehmen „kein Körper, sondern eine Seele, ein Gas“4 (Kontrolle ohne zeitlichräumliche Begrenzung). Daran schließt Deleuze die für einen deutschen Philosophen
unvorstellbare Bemerkung an, dass „die idiotischsten Spiele im Fernsehen […] nicht
zuletzt deshalb so erfolgreich“ sind, weil sie die Unternehmenssituation so adäquat
1
2
3
4
Schriftsteller und Essayist, 1914–1997.
Gilles Deleuze, Unterhandlungen 1972–1990, Frankfurt 1993, darin: Postscriptum über die Kontrollgesellschaft, S. 255.
Deleuze 1993, S. 257.
Deleuze 1993, S. 258.
EINFÜHRUNG • REAL-LIFE-TV UND DAS RICHTIGE LEBEN
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zum Ausdruck bringen. Das Unternehmen „verbreitet ständig eine unhintergehbare
Rivalität als heilsamen Wetteifer und ausgezeichnete Motivation, die die Individuen
zueinander in Gegensatz bringt, jedes von ihnen durchläuft und in sich selbst spaltet“.5
Ich lasse offen, welche Formate des französischen Fernsehens6 und welche
Zeitströmungen Deleuze damit gemeint haben könnte. Mein Verweis auf ihn soll
nur zeigen, dass sich ein französischer Philosoph nicht zu schade dafür ist, gesellschaftliche Trends und TV-Programme in einen Zusammenhang zu bringen.
4.
Ein aktueller Fall für einen Zusammenhang zwischen bestimmten gesellschaftlichen
Grundgefühlen und erfolgreichem Fernsehen ist für mich der Boom der Real-LifeDokus, ein Programmtyp, der seit einiger Zeit überwiegend vom privaten Fernsehen
ins Rennen um die Quoten geschickt wird, und der mindestens im Quantum die
Talkshows der 90er Jahre endgültig abgelöst hat. Dabei rechne ich, ohne dies hier
weiter differenzieren zu können, auch die Castingshows zu diesem Format hinzu.
Dass diese Angebote ein attraktives Verhältnis von Aufwand und Quote schaffen, wird man zu Recht sagen können. Sie liegen also zunächst, auf der Linie des
Planbaren, im Plan. Ihr Erfolg erklärt sich aber nicht nur aus diesem Vorzug. Er hat
vermutlich auch damit zu tun, dass dieses Format einen Nerv trifft, den jeder hat,
dessen Existenz nicht für jedermann sichtbar ist. Was das heißt, erschließt sich am
besten, indem man die Muster dieser Angebote näher betrachtet.
Was inhaltlich zunächst auffällt: Es sind unvollkommene und unvollständige
Lebensentwürfe, die unter dem Etikett real für solche Sendungen gecastet und dann
für Werbezwecke instrumentalisiert werden. Vielleicht ist das Bemühen um nicht
perfekte Lebensläufe – nicht perfekt bis hin zu Beschädigungen aller Art – auch ein
Grund dafür, dass die Protagonisten nur selten aus den Milieus kommen, in denen
die persönlichen Versehrtheiten und Kränkungen weit besser verarbeitet werden
können, weil mehr Bildung und mehr Geld, vor allem auch, weil mehr Sprache da
ist. Von diesen Milieus unterscheidet sich das Personal dieser Shows in aller Regel
erheblich. Sie offerieren eher einen postproletarischen Geschmack und spielen mit
den Versatzstücken, die seinerzeit auch eine Debatte über Unterschichtenfernsehen
ausgelöst haben. Die Talkshow von Anne Will hat außerhalb der eigentlichen Show
eine Bank für die Erniedrigten und Beleidigten, für die Verlierer des Fortschritts
eingerichtet. Wenn es besonders real werden soll, werden sie kurz „eingespielt“.
Man wird nicht zu sehr spekulieren, dass man in diesen nicht perfekten, teilweise schon defekten Biographien wiederfindet, was als ein Element eines Zeitgefühls eine wichtige Rolle spielt: die Ahnung, dass immer mehr Menschen im Dunkeln stehen und immer weniger im Licht. Dass sich Scheren zur Ungleichheit hin
5
6
Deleuze 1993, S. 257.
Man könnte an Formate wie die Talkshow oder auch die großen Quizsendungen denken.
EINFÜHRUNG • REAL-LIFE-TV UND DAS RICHTIGE LEBEN
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öffnen und nicht schließen, und dass daran nichts zu ändern ist. Damit verbindet
sich ein nahezu vollkommenes Desinteresse an Zukunft, schon gar an einer Utopie.
Stattdessen: die Vision als Krankheit (Helmut Schmidt). An die Stelle des Blicks
nach vorn tritt ein (oft nur noch optisches) Zitat dessen, was einmal gezählt hat und
heute noch als Vorstellung dafür gut ist, was Halt gibt: die durch (die inzwischen
geschleifte) Hierarchie bestimmte Familie mit der potestas patris, die (längst verschwundene) Autorität von Lehrern, die (längst widerlegten) Folgen einer auf Abschreckung setzenden Vorstellung von Strafe. Die große Resonanz, die der Kriminologe Christian Pfeiffer für seine Beschreibungen über die Folgen des Fernsehens
findet – es mache dumm, faul, gewalttätig, traurig –, resultiert aus diesem Blick zurück auf das, was man wie alte Bekannte sieht und doch weiß, dass es kaum noch
etwas bedeutet. Präsent als Erinnerung, real fast verschwunden.
Dieser Blick verbindet sich mit einem Rekurs auf Sekundärtugenden aller Art,
auf einen Wertekanon, den es schon lange wenigstens als einen Kanon nicht mehr gibt,
wie etwa ein voreheliches Verhalten, das auch strengen, meist religiös begründeten
Auflagen standhält. Die Daily Soaps, eine Art Nobel-Reality-TV, machen sich dieses
Auseinanderklaffen von zeitgemäßen Werten und Werterinnerungen zunutze. Sie
sind ohne solche Rückgriffe ins volle Werteleben überhaupt nicht denkbar.
Zu diesen Grundgefühlen kommt etwas Weiteres, für das Real-Life-Format
Wesentliches. Die Spielanlage der Real-Life-Shows erlaubt es, einerseits von Realität
zu reden, die abzubilden die Anbieter behaupten, andererseits den Mitwirkenden
eine Stellung einzuräumen, die es ihnen erlaubt, genau diese Realität zu umschiffen,
sie zu vermeiden, sie nicht als für sich verbindlich anzuerkennen. Die Realität dieser
Shows ist eine, mit der man spielen darf, der ein letzter, der sozusagen der reale Ernst
fehlt, die jederzeit einen Ausstieg aus der Probierlage erlaubt, die das Spiel mit dem
Risiko zwar vorgibt, aber sich gar nicht darauf einlassen muss, weil das Spiel mit der
Realität von der Fiktion lebt, Fernsehen sei authentisch. Ein auf Dauer gestelltes
Amuse gueule schiebt das Menu hinaus, löst es vielleicht sogar ab.
Wenn RTL ein Format „Erwachsen auf Probe“ nennt, zeigt sich (neben allem
anderen, was hier noch zu sagen wäre) in diesem Titel programmatisch das Angebot
selbst: auf Probe. Das heißt: Ich weiß (noch) nicht, wie es geht. Es ist zu kompliziert
für mich. Ich brauche Anleitung. Da ist etwas, was nicht (mehr) selbstverständlich
ist, was nicht in camera caritatis erledigt wird, ohne große Worte, eben so, sondern da
ist etwas, was mir bevorsteht, was ich nicht durchschaue, von dem ich nicht weiß, ob
ich es könnte, wenn ich müsste. Aber nun merke ich: Ich muss ja auch gar nicht.
Wenn es ernst wird, sage ich: April! April! und steige aus. Zum Beispiel aus meinem
Job als Autowäscher. Oder aber ich schaffe es. Dann bin ich Topmodel und Superstar, wenn auch nur auf Zeit, aber das dann schon. Bis dahin steht überall ein Schild:
Ausgang. Exit. Man entkommt jederzeit und bestimmt den Zeitpunkt dafür ganz
allein, so, wie man auch im großen Quiz, wenn man sich nichts mehr zutraut, einfach aussteigen kann und dann eben mit kleinem Geld nach Hause fährt.
Das Versprechen dieses Formats heißt: Wenn man nicht mit gefangen wird,
kann man auch nicht mit gehangen werden. Wo man nichts erwartet, kann man
EINFÜHRUNG • REAL-LIFE-TV UND DAS RICHTIGE LEBEN
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nicht enttäuscht werden. Gerade für jemanden, der Enttäuschungen vermeiden will,
ist die Ansage sehr attraktiv: Es ist alles nur auf Probe, es ist, entgegen allen Behauptungen, gerade nicht Realität, sondern ein zuletzt sehr komfortables Als ob, dem man
durch Inszenierung, durch Behauptungen genau diesen Als-ob-Anschein austreiben
möchte, mit dem einzigen Effekt, dass nun die wirklichen Kenner der Wirklichkeit
Protest einlegen, ohne damit das Format wirklich zu treffen. Oder mit dem durchaus
auch erwünschten Effekt, dass aus einem Als ob plötzlich etwas sehr Wirkliches wird,
dem man nicht gewachsen ist. Dann brechen Menschen in Tränen aus und brechen
auch zusammen. Und der Produzent reibt sich die Hände, weil er nun doch noch
sagen kann: Habe ich zu viel versprochen? Es ist doch noch alles ganz schön wirklich geworden!
Dieser von großer Vorsicht geprägte Umgang mit der Realität, die mehr denn
je als überkomplex empfunden wird, die zu ertragen ohne Experten immer schwieriger wird, ist ein Moment, das im Zeitgefühl des frühen 21. Jahrhunderts eine wichtige Rolle spielt. Ein grundsätzliches Misstrauen in die Verheißung, dass das Leben
schön ist, einerseits, andererseits aber auch Neugier, die Absicht, etwas probieren zu
wollen, dies aber mit möglichst geringem Risiko, in der Sorge, man könnte sich
blamieren, zugleich aber in der Hoffnung, man könnte durchhalten.
Diese Ambivalenz könnte erklären, was Real-Life-Dokus so interessant macht.
Denn es ist noch ein bisschen weniger riskant, sich ein Leben auf Probe nur anzusehen als es – bei allen Möglichkeiten zum Eskapismus – selbst zu probieren. Es ist
noch komfortabler, diese Real-Fiction-/Real-Life-Konstruktionen zu beobachten, zwischen das Risiko und den Tatort Wirklichkeit noch eine weitere Glaswand, einen
Bildschirm eben, zu bauen, so wie man den Schiffbruch vom sicheren Hafen aus
beobachtet, ohne selbst auszulaufen. Aber auch auslaufen und mitwirken ist unter
der Voraussetzung, dass man jederzeit den Tatort verlassen kann, mit Blick auf die
Vermeidung von Risiken noch attraktiv genug.
Man spielt Familie, weil man nicht mehr weiß, wie das geht. Man spielt Erziehung, weil einen das Erziehen längst schon völlig überfordert. Im Grunde spielt man
rauf und runter Grundgesetz. Ob man von diesem realen Spiel etwas hat, kann offen
bleiben. Es ist alles auf Probe. Verglichen damit ist die Wirklichkeit, die wirkliche
Wirklichkeit etwas, was so undurchschaubar geworden ist, dass man eine scheinbare
Wirklichkeit inszeniert, produziert und Akteure in ihr so unterbringt, dass sie diesen
Schein nach Möglichkeit verdecken. Doch die echte Wirklichkeit holt die scheinbare
immer wieder in ärgerlichen Details ein. In ihr wird nichts probiert. In ihr wird gelebt. Man kann mit Babies spielen. Aber Spiel-Babies gibt es nicht.
Die von RTL (und RTL steht hier stellvertretend für alle Anbieter, die sich hier
etwas ausrechnen) behauptete Realität, die nie etwas anderes sein kann als TVRealität, und die Realität selbst kann man vergleichen. Das Resultat findet seinen
Ausdruck einerseits in der Empörung derer, denen schon die Problemstellung suspekt und die Mittel unangemessen erscheinen, gar nicht zu reden von deren Umsetzung. Und andererseits endet der Vergleich in der zynischen Gleichgültigkeit derer,
die uns mitteilen, dass sie überhaupt nicht verstünden, worüber man sich da aufrege,
EINFÜHRUNG • REAL-LIFE-TV UND DAS RICHTIGE LEBEN
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und heute noch darüber lamentieren, dass „Big Brother“ keinen deutschen Fernsehpreis bekommen hat.
Nun ist die Als-ob-Haltung nicht etwa eine Neuigkeit des frühen 21. Jahrhunderts. Sie spielt immer dann eine Rolle, wenn der Wert des Lebens, das eigentliche
Leben auf die Zukunft, auf ein Jenseits verschoben wird. Dann ist die Gegenwart
letztlich ohne Bedeutung, ein Vorspiel allenfalls. Ein Beispiel dafür ist die frühchristliche Eschatologie, wie sie etwa aus den Briefen des Paulus herausgelesen werden
kann – auf diesen Imperativ stößt man seither immer dann, wenn die Vorstellung
vom Endzeitlichen, vom unmittelbar bevorstehenden Ende der Welt sich Raum
schafft, wenn der Chiliasmus blüht.
Doch man findet diese Grundeinstellung, nun eher im Sinne eines ProbierLebens („mal sehen, was da kommt“) zum Beispiel auch außerhalb des Christentums
bei einigen Inselbewohnern in Melanesien. Ethnologen, die das Verhalten dieser
Insulaner untersucht haben, verweisen darauf, dass dieses Auf-Probe-Kommunizieren typisch ist für diese Menschen.
5.
Deleuze bemerkt in seiner Beschreibung der Entwicklung der Disziplinar- zur Kontrollgesellschaft, ein markantes Merkmal der Kontrollgesellschaften sei, dass sie „nie
mit etwas fertig“ seien. Dies verweist auf eine Phrase wie lebenslanges Lernen, oder,
wie Deleuze sagt: „die permanente Weiterbildung“ löst „tendentiell die Schule ab, und
die kontinuierliche Kontrolle das Examen“. Deleuze erkennt, sein Wort vom „Gas“
aufnehmend, „metastabile und koexistierende Zustände ein und derselben Modulation, die einem universellen Verzerrer gleicht“.7 Damit ist der Weg von der Abwehr
des Überkomplexen, von den Beschleunigungsschäden, die den flexiblen Menschen
treffen, zu einem Als-ob-Gefühl geebnet, das es erlaubt, dem allem zu entgehen.
Dieser Weg hat sich seither weiter verbreitert. Was 1990 noch nicht gut zu sehen war, ist, dass in diesem Wandel sich auch die Ergänzung, partiell sogar die Ablösung des Sichtbaren, des Analogen, durch das Unsichtbare, das Digitale vollzieht. Zu
einer gereiften Kontrollgesellschaft, in der Unsichtbarkeit Unsicherheit produziert,
passt die Haltung, sich, wenn es ernst und damit oft unsichtbar wird, lieber zu entziehen, sich nie völlig preiszugeben, immer die Simulation als Handlungsreserve und
zugleich als eine Reserviertheit beim Handeln verfügbar zu halten. Man hält sich
partiell bedeckt, lebt Risiko mindernd lieber auf Probe.
Auch die Abgabe von Daten wird man nach einer vorübergehenden Euphorie
darüber, dass man sie überall hin, weltweit aussenden kann, dann doch wieder reglementieren, weil sich speziell im Gebrauch dieser Daten die Kontrollgesellschaft
holt, was sie zum Kontrollieren braucht und damit einen Menschen „nageln“ kann,
ohne dass er entrinnen könnte. Wohin immer er nämlich verschwindet – seine Daten bleiben. Unauslöschlich.
7
Deleuze 1993, S. 257.
EINFÜHRUNG • REAL-LIFE-TV UND DAS RICHTIGE LEBEN
21
6.
Diese immer noch etwas lose Beziehung zwischen einer gesellschaftlichen Grundströmung und einem Formaterfolg wird noch ein Stück plausibler, wenn man die
ersten Erfahrungen, die man mit den social networks vom Web 2.0 machen kann,
damit in Beziehung bringt. Auch hier stoßen wir auf Als-ob-Angebote, auf Simulationsofferten, denen zunächst einmal alles Riskante fehlt. Eine Bereicherung für jedes
Als ob, die im Fernsehen so (noch) nicht möglich ist (es sei denn, man nimmt die
Call-in-Komponente dafür in Anspruch), bringt die Anonymität, die die Angebote
im Netz auszeichnet. Man muss sich nicht offenbaren, wenn man nicht will. Oder
nur so viel, wie man will. Man kann jederzeit aufhören, wenn man das Gefühl der
Überforderung bekommt, wenn man glaubt, sich auf etwas einzulassen, dem man
am Ende nicht gewachsen ist. Kommunizieren auf Probe – dieses Moment bildet die
Basis für das Geschäftsmodell, das den großen social networks zugrunde liegt. Dabei
kommt hier der Kitzel noch dazu, unidentifizierbar kommunizieren zu können, alles
behaupten zu können und nichts belegen zu müssen. Und wenn dann doch einmal
jemand sagt „Ich will sehen!“, klickt man sich einfach aus.
Die Unsicherheit, eine Scheu vor dem Verbindlichen ist nichts Überraschendes
in einer Welt, in der sogar das Bankgeheimnis, diese letzte Bastion restlosen Vertrauens, nichts mehr bedeutet. Zugleich wird diese Vorsicht, werden diese Strategien, die
im Zweifel das Vermeiden der Aktion überordnen, die darauf abheben, dass man
sein Gesicht gerade nicht zeigt und in der Anonymität verharrt, nicht dadurch dementiert, dass gerade in Castingshows ein gelegentlich nur noch schwer erträglicher
Exhibitionismus erwartet und gepflegt wird. Denn diese Akteure sind gerade nicht
solche, die Realität tatsächlich ertragen. Sie sind Kunstfiguren, inszenierte Hoffnungen, die sich die Sache schönreden und dazu permanent ermuntert werden, personifizierte und auf Zeit hörbare Appelle, die besagen sollen: Es gibt auch ein Leben
jenseits des Probierens. Ihr könnt es sehen, wenn ihr uns zuschaut! Wirklich ist allein
das sich daran wieder anschließende Leben. Und dem wird mit einem knappen Verfallsdatum jede Lust auf Exhibitionismus abhandenkommen.
Real-Life-Dokumentationen drücken, was immer sie sonst noch bewirken und
bedeuten, ein Zeitgefühl aus, das einen Zusammenhang mit dem Typ der Kontrollgesellschaften herstellt. Dieses Gefühl entspricht der Sache selbst, die es zum Ausdruck bringt: Es ist in hohem Maße diffus, gasförmig. Auch deshalb kann und wird
es sich mit den unterschiedlichsten Manifestationen verbinden, darunter auch mit
fiktiven Realitäten, wie sie vom Fernsehen schon immer in der Abteilung Fiktion,
nun aber auch durch neue Konvergenz-Formate angeboten werden. Es verbindet
sich mit einer Wirklichkeit auf Probe, wie sie bestimmte Fernsehformate propagieren, die einen Nerv treffen. Denn dass ausgerechnet das Fernsehen als das Medium,
dass immer noch und vermutlich noch ziemlich lange transportiert, stützt, aufgreift
und am Ende als Quote einfährt, was man auch als ein Grundgeräusch der Gesellschaft bezeichnen könnte (wobei der Begriff Gesellschaft hier sehr unbegrifflich
EINFÜHRUNG • REAL-LIFE-TV UND DAS RICHTIGE LEBEN
22
benutzt wird) – dass ausgerechnet das Fernsehen von alledem nichts erkennen lässt,
wäre eine echte Überraschung.
7.
Mit Erwägungen über die Beziehung einer Gesellschaft zu ihren Massenmedien
stößt man mindestens in Deutschland bei den meisten, die sich für die Analyse gesellschaftlicher Prozesse für zuständig halten, auf den Einwand, ob man da dem
Fernsehen nicht zu viel der Ehre antue. Weil sie am Fernsehen nichts Besonderes
finden, weil es ihnen vielmehr viel zu gewöhnlich ist (es sei denn, es kommt zu einer
Einladung in eine Talkshow), halten sie dieses Medium ganz allgemein für eine Größe, die man vernachlässigen kann. Man kann zwar penibel ermitteln, wer dieses
Medium wann nutzt. Dieses Zählbare wird mit einer gewissen Verbissenheit gesammelt und öffentlich gemacht. Auch die Wissenschaft wirft sich entschlossen auf die
Analyse solcher Zahlenwerke, von denen sie auch einige selbst erhoben hat. Doch
die Frage, was einzelne Programme oder Formate mit bestimmten gesellschaftlichen
Grundströmungen zu tun haben, bleibt ausgeblendet, weil man dieses so ungewöhnlich gewöhnliche Medium damit auf eine unangemessene Weise adeln würde. Und
auch deshalb, weil man sich scheut, sich auf die voller Ermessen steckenden Spekulationen und Hypothesen über die Qualität von Programmen einzulassen. Fernsehen
ist nun einmal nicht das Medium der Intellektuellen, so, wie es der Kinofilm, nachdem auch er lange Zeit unter dem Vorwurf des Trivialen, Schmuddeligen gelitten
hat, inzwischen ist. Kino ist, aus welchen dunklen Gründen auch immer, Kultur und
Kult. Fernsehen ist, wenn überhaupt, das Brot der Armen, die sich Besseres nicht
leisten können.8
Dass eine solche Bewertung ignoriert, dass die Bewerter längst in vielem, was
sie denken und tun, fernsehförmig sind, dass sie dieses Medium zwar, subjektiv
gesehen, meiden können, dass sie ihm aber, objektiv gesehen, schon lange nicht
mehr entgehen können, kann man als die Rache des Mediums am Kartell seiner
Verächter deuten. Aber auch diese Strafe wird einfach ignoriert. Auch sie bringt die
Verächter bis heute nicht dazu, sich mit einem Medium zu befassen, das für die
Kultur einer Gesellschaft mindestens ebenso viel bedeutet wie alle Theater- und
Kinopremieren einer Saison. Nicht dasselbe natürlich, aber etwas von mindestens
derselben Bedeutung. Obwohl das Fernsehen einige Jahrzehnte älter ist und etwa
zehnmal mehr Rezipienten generiert als etwa das Computerspiel, stürzt sich die
8
In einem Kommentar zum Thema „Netz der Ideologien“ skizziert Andrian Kreye einen ähnlichen
Ansatz, wie ich ihn hier vertrete, wenn er schreibt: “Was für Folgen es haben kann, wenn sich die gebildeten Stände eines Landes neuen Medien und Technologien verschließen, kann man in Deutschland
jeden Abend vor dem Fernseher erleben. Das Bildungsbürgertum sperrte sich gegen das Fernsehen,
deswegen verabschiedete sich das Fernsehen alsbald vom Bildungsbürgertum. Zwar gibt es subventionierte Nischensender, doch die zeigen in erster Linie, was Programmkinos, Theater- und Opernhäuser
sowieso schon produzieren. Ansonsten hat das deutsche Fernsehen Schwellenlandqualität. […] Fernsehen und Internet sind aber keine gesellschaftlichen oder kulturellen Kräfte, sondern Technologien, welche diese Kräfte zumindest in den Industrieländern verstärken können.“ In: Süddeutsche Zeitung vom
6. Juli 2009.
EINFÜHRUNG • REAL-LIFE-TV UND DAS RICHTIGE LEBEN
23
Wissenschaft mit Entschlossenheit auf dieses neue Medium. Daraus muss man den
Schluss ziehen, dass auch hier Neuigkeit Relevanz schlägt.
Dabei wäre so vieles zu entdecken und zu nutzen. Fernsehen ist nicht nur
längst schon ein Referenzsystem für gesellschaftliche Erkenntnisse. Es ist eine hervorragende Quelle für Historiker und Soziologen, die sich für gesellschaftliche
Grundströmungen interessieren. Als Leitmedium könnte es eine herausragende Rolle
innerhalb der Kultur- und Gesellschaftswissenschaften spielen. Es müsste eigentlich
ganz selbstverständlich auf der Agenda der Intellektuellen stehen, die uns etwas
mitteilen über den Stand der Dinge und ihre Richtung. Aber es hat sich zuletzt nur
wenig bewegt.
Eine ganz einfache Voraussetzung dafür, dass sich die Einstellungen hier ändern, wäre erfüllt, wenn man Programme wie „Erwachsen auf Probe“, „Germany’s
Next Top Model“ oder „Frauentausch“ (bei RTL II) überhaupt einmal sehen würde,
als ein kulturelles Produkt (das man mögen oder auch hassen kann) zur Kenntnis
nimmt. Die Empörung, die beim Zuschauen über das eine oder andere Detail aufsteigt, kann zumal der Wissenschaftler, geübt im Ignorieren persönlicher Gefühle,
einen Augenblick unterdrücken und durch die Frage ersetzen, wofür so etwas steht.
Und wo und woran eigentlich heute sonst noch moralische Fragen diskutiert werden. Braucht das zu viel Zeit? Warum findet derartiges Forschen offenbar nur wenig
Anerkennung in akademischen Kreisen?
Wissenschaftler, die sich berühmen, kein Fernsehgerät zu besitzen, sollten sich
überlegen, ob sie ihre professionellen Defizite noch länger so ungeniert öffentlich
bekannt machen sollten. Und Ethikkommissionen, deren Mitglieder im Zweifel stolz
darauf sind, dass sie noch nie im Leben eine Daily Soap gesehen haben, lassen Zweifel an der Relevanz ihrer Festlegungen aufkommen. Und Zeitgenossen, die sich
selbst für weit interessanter halten als eine Real-Life-Dokumentation, sollten sich
darauf einrichten, dass der Tag kommen wird, an dem ihre selbst entdeckte Bedeutung ohne solche Formate bald keinerlei Reichweite mehr haben wird. Schon das
sollte eigentlich Grund genug sein, vielleicht nicht gleich eine Liebe zum, aber doch
ein Interesse am Fernsehen zu entwickeln.
EINFÜHRUNG • JUNG, DIGITAL, VERSPARTET – FERNSEHEN IN DEUTSCHLAND 2008/2009
24
Jung, digital, verspartet – Fernsehen
in Deutschland 2008/2009
Bertil Schwotzer
Fernsehen in Deutschland lautet der Titel des ALM Programmberichts. Doch was
bedeutet Fernsehen in Deutschland? Dahinter verbergen sich ganz unterschiedliche
Aspekte von Fernsehen. Zentrales Thema des Programmberichts sind die im Fernsehen gezeigten Inhalte – sie werden in den folgenden Beiträgen ausführlich und aus
den unterschiedlichsten Blickwinkeln behandelt. An dieser Stelle werden dagegen
zentrale Rahmen- und Strukturdaten zum Fernsehmarkt in Deutschland zusammengetragen und im Überblick dargestellt: das Angebot an ausgestrahlten Programmen,
die Übertragungswege, über die sie zum Zuschauer gelangen, und der Erfolg der
Programme bei den Zuschauern, die sog. „Einschaltquoten“.
Der Programmbericht der Landesmedienanstalten erscheint in dieser Form
zum fünften Mal, deshalb soll hier neben den aktuellen Daten für 2009 auch eine
Bilanz der Entwicklungen in den letzten fünf Jahren gezogen werden. Die wichtigsten Quellen dafür sind:
-
1
2
3
4
5
das ALM Jahrbuch 2008,1
der Digitalisierungsbericht 2009 der Kommission für Zulassung und Aufsicht
(ZAK) der Landesmedienanstalten,2
die Informationen zu in Deutschland lizenzierten Fernsehprogrammen und
Programmveranstaltern auf der Homepage der ALM,3
die Dokumentation marktrelevanter Programmentwicklungen und Programmveranstalterdaten auf der Homepage und im Zwölften Jahresbericht der
Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK)4 und
die Informationen zu Empfangsebenen und Marktdaten im Fernsehsektor auf
der Homepage der Arbeitsgemeinschaft für Fernsehforschung (AGF).5
Vgl. Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten in der Bundesrepublik Deutschland – ALM
(Hrsg.) (2009): ALM Jahrbuch 2008. Landesmedienanstalten und privater Rundfunk in Deutschland.
Berlin.
Vgl. Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) der Landesmedienanstalten (Hrsg.) (2009): Digitalisierungsbericht 2009. Auf dem Weg in die digitale Welt. Rundfunk und Internet wachsen zusammen.
Berlin.
Vgl. http://www.alm.de → Fernsehen → TV-Sender-Datenbank.
Vgl. http://www.kek-online.de und KEK – Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (2009): Zwölfter Jahresbericht. Berichtszeitraum 1. Juli 2008 bis 30. Juni 2009. Potsdam.
URL: http://www.kek-online.de/Inhalte/jahresbericht_08-09.pdf [4.1.2010].
Vgl. http://www.agf.de.
EINFÜHRUNG • JUNG, DIGITAL, VERSPARTET – FERNSEHEN IN DEUTSCHLAND 2008/2009
25
1.
Programmangebot
Die meisten deutschen Fernsehzuschauer wissen vermutlich nicht, wie viele verschiedene Fernsehprogramme es in Deutschland gibt. Auch die meisten Branchenkenner und Experten könnten die exakte Zahl wahrscheinlich nicht spontan nennen.
Der Grund dafür liegt in der großen Vielfalt und Bandbreite des Angebots in Verbindung mit einer dynamischen Marktentwicklung, die es schwierig machen, den
Überblick zu behalten.
Die Landesmedienanstalten führen zu diesem Zweck eine Datenbank, in der
alle in Deutschland lizenzierten Fernsehprogramme, soweit sie auf Sendung sind,
erfasst werden. Die TV-Sender-Datenbank listet zum 31. Oktober 2009 insgesamt
456 Fernsehprogramme auf. Genau genommen sind in dieser Zahl noch nicht einmal alle Programme enthalten, die der „normale“ Zuschauer als Fernsehprogramm
bezeichnen würde, denn in der Datenbank werden die in (und für) Deutschland lizenzierten Programme gezählt. Aus dem Ausland sendende Programme wie Eurosport
und Euronews6 sind ebenso wenig in der Datenbank aufgeführt wie sog. Telemedien-Angebote, wozu Teleshoppingprogramme wie QVC oder HSE247 zählen.
Außerdem werden alle 19 eigenproduzierten Programme von Sky (vormals Premiere)8 als ein Fall behandelt. Zusätzlich erfasst werden die Programme der öffentlichrechtlichen Anbieter, die nicht bei den Landesmedienanstalten lizenziert sind.
1.1 Organisationsformen
Trotz dieser Einschränkungen bietet die Datenbank eine umfassende und mehrdimensionale Grundlage zur Systematisierung des deutschen TV-Markts. Unter den
456 Einträgen befinden sich ganz unterschiedliche Typen von Programmen. Eine
erste Unterscheidung kann anhand der Zugänglichkeit gemacht werden: Free-TVvs. Pay-TV-Programme. Free-TV-Programme sind für jeden Zuschauer theoretisch
(kosten-)frei zugänglich – vorausgesetzt, er besitzt die entsprechende technische
Ausstattung und er hat die Rundfunk- und ggf. Kabelgebühren bezahlt. Demgegenüber steht Pay-TV, bei dem der Zugang zum Programm extra bezahlt werden muss,
sei es pro Sendung, Programm oder Programmpaket. Gemäß Datenbank stellt der
Free-TV-Markt das Angebot an Pay-TV-Programmen weit in den Schatten: Knapp
400 frei empfangbaren Programmen stehen lediglich 62 Pay-TV-Programme gegenüber (vgl. Tab. 1).
Das Verständnis vom Fernsehprogramm als sequenzielle Sendungsfolge auf einem am Empfangsgerät einzustellenden Kanal stößt bei der Erfassung von (digitalen) Pay-TV-Programmen an seine Grenzen, zum einen aus lizenzrechtlichen Gründen, zum anderen aber auch wegen der Komplexität und der Möglichkeiten der
6
7
8
Die Programmliste der KEK listet 12 deutschsprachige Programme mit Auslandslizenz (vgl. KEK
2009, S. 68).
Die Programmliste der KEK listet 17 Telemedien (vgl. KEK 2009, S. 69).
Vgl. KEK – Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (2010): Mediendatenbank. URL: http://www.kek-online.de/db/index.php?c=782&mt=1&s=sky&f=0 [11.1.2010].
EINFÜHRUNG • JUNG, DIGITAL, VERSPARTET – FERNSEHEN IN DEUTSCHLAND 2008/2009
26
Technik: So werden etwa bei Übertragungen der Fußballbundesliga bei Sky alle
Spiele parallel übertragen, zusätzlich gibt es eine Konferenz aller Spiele und pro Spiel
z.T. noch Wahlmöglichkeiten, welches Bild bzw. welche Kamera man sehen möchte.
Hier muss jeder Systematisierungs- und Erfassungsversuch wie bei „klassischen“
Fernsehprogrammen scheitern. Ähnlich verhält es sich mit Pay-per-ViewAngeboten, bei denen pro Tag verschiedene Filme und Sportübertragungen zu variablen Anfangszeiten laufen – dies alles unter demselben Programmnamen. Das
heißt, die oben genannte Zahl von 19 Programmen des größten deutschen Pay-TVAnbieters unterschätzt die Zahl der angebotenen Programmkanäle, wie sie der Zuschauer wahrnimmt, noch erheblich. Blickt man auf die Entwicklung der letzten fünf
Jahre zurück, erkennt man trotz aller Einschränkungen bei der Messung eine deutliche Zunahme der Pay-TV-Programme (vgl. Abb. 1). Seit 2005 hat sich die Zahl von
31 auf 62 verdoppelt.
DAS FERNSEHPROGRAMMANGEBOT IN DEUTSCHLAND 2009
Tab. 1
(Anzahl der Programme)1
ORGANISATIONSFORM
Free-TV
Pay-TV
Gesamt
Privat-kommerzielle Programme
Nicht-kommerzielle Programme
Öffentlich-rechtliche Programme
313
58
23
62
-
375
58
23
GESAMT
394
62
456
1 Quelle: TV-Sender-Datenbank der ALM; Stichtag der letzten Aktualisierung: 31.10.2009
(vgl. http://www.alm.de → Fernsehen → TV-Sender-Datenbank).
Während die Pay-TV-Angebote alle von privat-kommerziellen Unternehmen veranstaltet werden, lassen sich die knapp 400 Programme des Free-TV-Sektors nach der
Art der Veranstalter einteilen: Im Sinne der dualen Rundfunkordnung wird hier
zwischen privat-kommerziellen und öffentlich-rechtlichen Programmen unterschieden. Zwischen diesen großen Polen existieren außerdem nicht-kommerzielle Programme, besser bekannt unter den Begriffen „Offene Kanäle“ oder „Bürgerkanäle“.
Die große Mehrheit der in Deutschland frei zu empfangenden Programme ist
als privat-kommerziell einzuordnen. Diesen 313 Angeboten stehen 23 Programme
von den öffentlich-rechtlichen Anbietern gegenüber. Das entspricht einem Verhältnis von 14:1.
Die Verteilung der Programme nach Veranstaltertyp hat sich in den letzten
Jahren nicht grundlegend verändert (vgl. Abb. 1). Die privat-kommerziellen FreeTV-Programme dominieren das Angebot. Nach einem sprunghaften Anstieg im Jahr
2006 sind es stets über 310 Programme. Die öffentlich-rechtlichen Programme stehen konstant bei 23. Während die Anzahl der nicht-kommerziellen Programme
stetig abnimmt, wird einzig die Zahl der privat-kommerziellen Pay-TV-Programme
größer, und das deutlich.
EINFÜHRUNG • JUNG, DIGITAL, VERSPARTET – FERNSEHEN IN DEUTSCHLAND 2008/2009
27
Einer weiteren strukturellen Dimension des Fernsehmarkts kommt man auf die
Spur, wenn man neben der Organisationsform auch die Verbreitungsgebiete und die
Programmspezialisierung anschaut. Im Folgenden soll dies für die frei empfangbaren
Programme der privat-kommerziellen und der öffentlich-rechtlichen Anbieter geschehen. Die Pay-TV-Programme werden je nach Anbieter bzw. Verbreitungsplattform zwar nicht immer bundesweit angeboten, jedoch existiert kein Programm, das
inhaltlich auf eine bestimmte Region ausgerichtet ist. Im Gegensatz dazu sind alle
nicht-kommerziellen Programme regional beschränkt.
ENTWICKLUNG DES FERNSEHPROGRAMMANGEBOTS 2005–2009
Abb. 1
(Anzahl der Programme)1
350
300
317 316 317 313
286
250
200
150
100
50
0
05 06 07 08 09
Privates Free-TV
62
44 56
31 40
67 66 64 63 58
05 06 07 08 09
Privates Pay-TV
05 06 07 08 09
Nicht-kommerzielle
Programme
23 23 23 23 23
05 06 07 08 09
Öffentl.-rechtliches
Free-TV
1 Quelle: TV-Sender-Datenbank der ALM; vgl. Schwotzer/Weiß 2005, S. 30; Dies. 2007, S. 28; Dies. 2008,
S. 19; Dies. 2009, S. 23; ohne Teleshoppingprogramme.
1.2 Regionale Verbreitung
Die quantitative Dominanz der privat-kommerziellen Free-TV-Programme relativiert sich, wenn man sich die regionale Verbreitung der Programme näher ansieht.
Ein Großteil wird nicht bundesweit ausgestrahlt: Von den 313 Programmen werden
vier Fünftel nur (sub-)regional verbreitet (vgl. Abb. 2). So gesehen dominiert das
regionale Privatfernsehen den deutschen Fernsehmarkt – ein Befund, der sich bezüglich der Marktanteile bzw. „Einschaltquoten“ nicht halten lässt, wie sich später
zeigen wird.
Der weitaus größte Teil der regionalen Programme wird hier als subregionale
Programme bezeichnet, das bedeutet, ihr Verbreitungsgebiet liegt unterhalb der
Ebene der Bundesländer. Von diesen 205 Programmen haben 78 eine technische
Reichweite von weniger als 10.000 Haushalten, 73 von weniger als 100.000 Haushalten und gut 50 von mehr als 100.000 Haushalten. Diese geringen Reichweiten und
die damit verbundene komplizierte Finanzierung der Programme sorgen immer
EINFÜHRUNG • JUNG, DIGITAL, VERSPARTET – FERNSEHEN IN DEUTSCHLAND 2008/2009
28
wieder für Diskussionen – bis hin zu dem Vorschlag, diese Programme an den
Rundfunkgebühren zu beteiligen.9
TYPOLOGIE DER FREE-TV-PROGRAMME 2009
Abb. 2
(Anzahl der Programme)1
PRIVAT-KOMMERZIELLES FERNSEHEN
Nationale
Programme
n=56
Regionale
Programme
n=254
Vollprogramme
n=14
Spartenprogramme
n=39
Fensterprogramme
n=3
ÖFFENTLICH-RECHTLICHES FERNSEHEN
Nationale
Programme
n=10
Regionale
Programme
n=10
Landesweite
Programme2
n=49
Vollprogramme
n=2
Landesweite Transnationale
Programme3
Programme
n=10
n=2
Subregionale
Programme
n=205
Spartenprogramme
n=8
Sonstige
n=3
Sonstige
n=3
Auslandsfernsehen
n=1
Reichweite > 100 Tsd.4
n=54
Reichweite 10–100 Tsd.4
n=73
Reichweite < 10 Tsd.4
n=78
1 Quelle: TV-Sender-Datenbank der ALM; Stichtag der letzten Aktualisierung: 31.10.2009
(vgl. http://www.alm.de → Fernsehen → TV-Sender-Datenbank).
2 Einschließlich der für die Verbreitung in den Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg lizenzierten Programme (mit einem Sonderfall in Berlin: für den sog. „Mischkanal“ wurden 22 Einzellizenzen vergeben).
3 Einschließlich der Fensterprogramme von Radio Bremen (im NDR Fernsehen) und Saarländischem Rundfunk (im SWR Fernsehen).
4 Technische Reichweite in Haushalten.
Dass es von der Medienverfassung und der Medienstrukturpolitik der jeweiligen
Bundesländer abhängt, ob und in welchem Umfang es solche Programmangebote
gibt, zeigt sich an der Verteilung dieser Programme auf die Bundesländer (vgl. Tab.
2). So sind in 12 von 16 Bundesländern subregionale Programme lizenziert, aber nur
in sieben Ländern sind es mehr als zehn. Alle östlichen Bundesländer haben subregionale bzw. lokale Programme lizenziert, setzen dabei aber vor allem auf Programme mit vergleichsweise kleinen Verbreitungsgebieten. Mit 131 Programmen werden
knapp zwei Drittel aller subregionalen Programme in Ostdeutschland ausgestrahlt,
9
Vgl. N.N. (2009): Was ist uns lokales TV wert? Welche Möglichkeiten zur Finanzierung des Lokal-TV
gibt es? Nicht viele – so scheint es. Doch ein Konzept stößt auf große Sympathien: das Schweizer Modell. In: Themen + Frequenzen, Heft 4, S. 15-16.
EINFÜHRUNG • JUNG, DIGITAL, VERSPARTET – FERNSEHEN IN DEUTSCHLAND 2008/2009
29
bei den Programmen mit einer technischen Reichweite von unter 100.000 sind es
sogar 80 Prozent der Programme.
In Westdeutschland finden sich subregionale Programme lediglich in Bayern
und in Baden-Württemberg in nennenswertem Umfang. Im Gegensatz zu Ostdeutschland handelt es sich dabei mehrheitlich um Programme mit einer technischen
Reichweite von über 100.000 Haushalten.
SUBREGIONALE PROGRAMME IN DEN BUNDESLÄNDERN 2009
Tab. 2
(Anzahl der Programme)1
Reichweite
> 100 Tsd. 10–100 Tsd.
< 10 Tsd.
Gesamt2
Baden-Württemberg
Bayern
Berlin
Brandenburg
Bremen
Hamburg
Hessen
Mecklenburg-Vorpommern
Niedersachsen
Nordrhein-Westfalen
Rheinland-Pfalz
Saarland
Sachsen
Sachsen-Anhalt
Schleswig-Holstein
Thüringen
13
16
1
1
1
7
5
10
3
-
2
11
19
8
2
16
6
1
8
18
9
5
36
4
6
15
45
28
1
1
14
7
7
62
13
1
14
SUMME
57
73
78
208
1 Quelle: TV-Sender-Datenbank der ALM; Stichtag der letzten Aktualisierung: 31.10.2009
(vgl. http://www.alm.de → Fernsehen → TV-Sender-Datenbank).
2 Die Gesamtsumme von 208 im Gegensatz zur Abb. 2 entsteht, weil drei Programme in jeweils zwei
Bundesländern lizenziert sind.
Auf der Ebene der Programme, die in den Bundesländern landesweit ausgestrahlt
werden, gibt es formal eine direkte Konkurrenz zwischen öffentlich-rechtlichen und
privat-kommerziellen Programmangeboten. Hier stehen 49 privaten Angeboten
zehn öffentlich-rechtliche gegenüber. Bei diesen zehn Programmen10 handelt es sich
um die sog. „Dritten“ der Landesrundfunkanstalten der ARD (und den Spezialfall
BR alpha). Das Programmangebot der Dritten ähnelt demjenigen der Vollprogramme, also Programmen, die ein umfassendes Programm inkl. Information und Unterhaltung anbieten, wobei vor allem das tagesaktuelle fernsehpublizistische Angebot
10
Die Fensterprogramme von Radio Bremen (im NDR Fernsehen) und vom Saarländischen Rundfunk
(im SWR Fernsehen) werden hier separat gezählt.
EINFÜHRUNG • JUNG, DIGITAL, VERSPARTET – FERNSEHEN IN DEUTSCHLAND 2008/2009
30
stärker auf das regionale Verbreitungsgebiet ausgerichtet ist. Die meisten dieser
Programme sind über Kabel und Satellit auch bundesweit zu empfangen.
Demgegenüber finden sich auf privater Seite vier verschiedene Formen:
-
-
-
Elf regionale Fensterprogramme, die aufgrund der Bestimmungen des Rundfunkstaatsvertrags für 30 Minuten am Tag in den Programmen von RTL und
Sat.1 übertragen werden.11 Solche Fenster werden in allen westdeutschen Bundesländern außer dem Saarland ausgestrahlt.12
22 Programme mit Einzellizenzen, die alle auf einer einzigen Frequenz, dem
sog. „Mischkanal“ in Berlin, gesendet werden.
Zwölf Lizenzen für regionale Spartenangebote. Darunter befindet sich eine
kleine Programmfamilie, veranstaltet von Klarner Medien aus Eningen (BadenWürttemberg), die neben dem Regionalprogramm für Tübingen und Reutlingen acht Spartenprogramme ausstrahlt: vom Jugendkanal über Gesundheitsinformationen bis hin zu Parlamentsübertragungen.
Vier private regionale Vollprogramme: center.tv Bremen, Hamburg 1, NRW.TV
und tv.berlin.13
Einzig die letztgenannten Programme können als direkte Konkurrenz der Dritten
Programme der ARD-Anstalten angesehen werden. Das bedeutet aber auch, dass
der öffentlich-rechtliche Rundfunk gerade in den Flächenländern beim landesweiten
Fernsehen eine Monopolstellung einnimmt.
1.3 Nationale Programme
Eine andere Konkurrenzsituation findet sich auf Ebene der nationalen Programme.
Hier stehen 56 privat-kommerziellen Angeboten zehn öffentlich-rechtliche Programme gegenüber (vgl. Abb. 2). Dazu kommen auf öffentlich-rechtlicher Seite mit
ARTE und 3sat zwei Programme, die über die nationale Ebene hinaus in mehreren
Staaten verbreitet werden.
Das Übergewicht der privaten Angebote bleibt auch bestehen, wenn man die
Programme nach ihrem Programmtyp unterscheidet: Ausgehend vom Rundfunkstaatsvertrag wird hier zwischen Voll- und Spartenprogrammen unterschieden. Ein
Spartenprogramm ist demnach „ein Rundfunkprogramm mit im Wesentlichen
gleichartigen Inhalten“,14 ein Vollprogramm „ein Rundfunkprogramm mit vielfältigen Inhalten, in welchem Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung einen
wesentlichen Teil des Gesamtprogramms bilden“.15
11
12
13
14
15
Vgl. dazu auch den Beitrag „Die Regionalfenster von RTL und Sat.1 in den Jahren 2008 und 2009“ von
Helmut Volpers, Detlef Schnier und Uli Bernhard in diesem Band.
Vgl. KEK 2009, S. 313.
Saar TV hat den Sendebetrieb im Juni 2009 eingestellt. Am 1. März 2010 startet das landesweit über
Kabel und im Internet empfangbare Citi.TV.
§ 2 Abs. 2 Satz 4 RStV 2009.
§ 2 Abs. 2 Satz 3 RStV 2009.
EINFÜHRUNG • JUNG, DIGITAL, VERSPARTET – FERNSEHEN IN DEUTSCHLAND 2008/2009
31
Im Bereich der Vollprogramme finden sich bei den privaten Anbietern 14 Programme, die mit den beiden öffentlich-rechtlichen Vollprogrammen ARD/Das
Erste und dem ZDF konkurrieren. Eine genauere Betrachtung der Angebote relativiert jedoch das vermeintliche Übergewicht des privaten Sektors. Denn unter den 14
privaten Programmen finden sich mit Samanyolu TV Avrupa, TGRT EU und TürkShow drei Programme, die hauptsächlich in türkischer Sprache ausgestrahlt werden,
und mit MITV und PDF-Channel zwei persischsprachige Programme. Hinzu
kommt, dass bw family.tv die lizenzierte bundesweite Ausstrahlung bislang noch
nicht realisiert hat. Es verbleiben somit acht privat-kommerzielle Vollprogramme.16
Auch auf öffentlich-rechtlicher Seite kann man zu einer anderen Anzahl an Vollprogrammen kommen, wenn man die Ebene der am Programmrecht orientierten Zählung verlässt. Betrachtet man die Programminhalte, kann man konstatieren, dass
sowohl die Dritten Programme der ARD als auch 3sat und ARTE jeweils vielfältige
Inhalte anbieten, in welchen Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung einen
wesentlichen Teil des Gesamtprogramms bilden. Sie könnten somit also als Vollprogramm bezeichnet werden. Folgt man dieser Überlegung, kommt man auf öffentlich-rechtlicher Seite auf elf Vollprogramme – drei mehr als auf privater Seite.
Mit insgesamt 47 Programmen werden erheblich mehr Spartenprogramme als
Vollprogramme verbreitet. ARD und ZDF bieten acht solcher nicht vielfältigen,
sondern thematisch spezialisierten Programme an, von denen bis auf Phoenix und
KI.KA alle ausschließlich digital zu empfangen sind. Im privaten Sektor finden sich
dagegen 39 Angebote, darunter etablierte Anbieter wie VIVA oder DSF, aber auch
nur digital zu empfangende „Nischenprogramme“ wie das Deutsche Anleger Fernsehen DAF.
1.4 Entwicklung des Programmangebots
Die Entwicklung des Programmangebots in den letzten fünf Jahren macht deutlich,
dass es in den meisten Bereichen des Free-TV kaum Veränderungen gab (vgl. Tab.
3). Die Zahl der öffentlich-rechtlichen Programme ist konstant bei 23 geblieben (vgl.
Abb. 2). Bei den regionalen und subregionalen Programmen schwankt die Zahl der
landesweiten Angebote zwischen 46 und 60 (bzw. ohne die Einzellizenzen des
Mischkanals Berlin zwischen 19 und 31). Nach dem Höhepunkt in den Jahren 2006
und 2007 sind die Angebote hier wieder zurückgegangen. Im Bereich der Vollprogramme gibt es einen Sprung im Jahr 2006, der mit der Lizenzierung mehrerer
fremdsprachiger Programme zusammenhängt.
In einem Bereich hat es von 2005 bis 2009 jedoch eine kontinuierliche Entwicklung nach oben gegeben: Die Zahl der Spartenprogramme ist von 25 auf 39
gestiegen. Somit bestätigt sich der Trend, der sich schon bei den Pay-TV-Programmen zeigt, die ebenfalls inhaltlich thematisch spezialisiert sind: Zusätzliche Angebote
gibt es im deutschen Fernsehmarkt allein im Bereich der Spartenprogramme.
16
RTL, RTL II, VOX, Sat.1, ProSieben, kabel eins, DMAX und TIMM.
EINFÜHRUNG • JUNG, DIGITAL, VERSPARTET – FERNSEHEN IN DEUTSCHLAND 2008/2009
32
ENTWICKLUNG DES PRIVAT-KOMMERZIELLEN FREE-TV 2005–2009
Tab. 3
(Anzahl der Programme)1
2005
2006
2007
2008
2009
NATIONALE PROGRAMME
Vollprogramme
Spartenprogramme
Fensterprogramme
36
8
25
3
47
13
31
3
51
15
33
3
59
15
41
3
56
14
39
3
REGIONALE PROGRAMME
Landesweite Programme
Subregionale Programme
247
46
201
267
57
210
262
60
202
255
54
201
254
49
205
3
3
3
3
3
286
317
316
317
313
SONSTIGE
GESAMT
1 Quelle: TV-Sender-Datenbank der ALM; vgl. Schwotzer/Weiß 2005, S. 32; Dies. 2007, S. 30; Dies. 2008,
S. 21; Dies. 2009, S. 25; ohne Teleshoppingprogramme.
2.
Verbreitungswege
Ein noch so umfangreiches Angebot an Fernsehprogrammen hat keinerlei Bedeutung, wenn die Zuschauer die Programme nicht sehen können. Deswegen wird nun
ein Blick auf die Empfangssituation des Fernsehens in Deutschland geworfen.
Die Empfangsebenen können zum einen im Hinblick auf die Verbreitungswege unterschieden werden. Hier gab es bislang standardmäßig die Unterscheidung von
drei Wegen: Satellit, Kabel und terrestrische Verbreitung. Zum anderen stehen sich
die beiden Übertragungsformen analog oder digital gegenüber. Auf allen drei Wegen,
per Satellit, Kabel und terrestrisch, kann sowohl analoges als auch digitales Fernsehen übertragen werden.
Hinzugekommen ist in den letzten Jahren ein Übertragungsweg, auf dem Fernsehen ausschließlich digital verbreitet wird: das Internet, unter Verwendung des
Internet-Protokolls. Dabei kann noch das Netz unterschieden werden, das zur
Verbreitung genutzt wird. In Deutschland ist dies zurzeit das DSL-Netz, d.h. das
Signal wird mit hoher Bitrate über das Telefonkabel gesendet. Deshalb wird diese
Übertragungsform als IP-TV via DSL bzw. als DSL-TV bezeichnet.17 Im Unterschied zum Web-TV erfolgt der Empfang von IP-TV in der Regel mittels einer SetTop-Box am Fernseher.18
Von den 39,1 Mio. Privathaushalten in Deutschland besitzen 37,4 Mio. (96
Prozent) mindestens einen Fernseher. Sie werden als Fernsehhaushalte bezeichnet
(vgl. Abb. 3). Über die Hälfte davon empfängt Fernsehen (auch) über Kabel, während gut 40 Prozent der Haushalte über eine Satellitenempfangsanlage verfügen. Mit
17
18
Vgl. Digitalisierungsbericht 2009, S. 68f.
Vgl. KEK 2009, S. 330.
EINFÜHRUNG • JUNG, DIGITAL, VERSPARTET – FERNSEHEN IN DEUTSCHLAND 2008/2009
33
11 Prozent der Haushalte ist der Anteil des terrestrischen Empfangs inzwischen sehr
gering (1992 empfing noch die Mehrheit der Haushalte Fernsehen über Antenne).19
Immerhin 400.000 Haushalte beziehen Fernsehen inzwischen über DSL.
EMPFANGSEBENEN UND DIGITALISIERUNG 2009
Abb. 3
(Haushalte in Mio. und in Prozent – Mehrfacherfassung)1
Privathaushalte in Deutschland
39,1 Mio.
Fernsehhaushalte
37,4 Mio.
Verbreitungswege2
Kabel
19,8 Mio.
53%
Satellit
15,7 Mio.
42%
Terrestrik
4,2 Mio.
11%
DSL-TV
0,4 Mio.
1%
Digitalisierung3
Kabel
6,1 Mio.
31%
Satellit
11,7 Mio.
74%
Terrestrik
4,2 Mio.
100%
DSL-TV
0,4 Mio.
100%
Digitalisierung gesamt2
20,6 Mio.
55%
1 Quelle: Digitalisierungsbericht 2009, S. 46ff. (Mehrfacherfassung der Verbreitungswege und
Empfangsarten).
2 Prozentuierungsbasis: 37,4 Mio. Fernsehhaushalte in Deutschland (einschl. aller Ausländerhaushalte).
3 Prozentuierungsbasis: Anzahl der Fernsehhaushalte pro Verbreitungsweg.
Seit Jahren schreitet die Digitalisierung der Übertragung voran. Für den Zuschauer
hat sie vor allem ein größeres Programmangebot zur Folge. 2008 standen dem Zuschauer in Deutschland durchschnittlich 72 Sender zur Verfügung, 2005 waren es
noch 47.20 Insgesamt ist bereits über die Hälfte der Haushalte mit digitalen Empfangsmöglichkeiten ausgestattet, 46 Prozent empfangen ihr Fernsehen sogar ausschließlich digital.21
19
20
21
Vgl. AGF (2009): Empfangsebenen. URL: http://www.agf.de/fsforschung/methoden/empfangsebenen
[11.1.2010].
Vgl. Zubayr, Camille/Heinz Gerhard (2009): Tendenzen im Zuschauerverhalten. Fernsehgewohnheiten
und Fernsehreichweiten im Jahr 2008. In: Media Perspektiven, Heft 3, S. 98-112, hier S. 98.
Vgl. Digitalisierungsbericht 2009, S. 47.
EINFÜHRUNG • JUNG, DIGITAL, VERSPARTET – FERNSEHEN IN DEUTSCHLAND 2008/2009
34
Der Anteil der Digitalisierung pro Übertragungsweg gestaltet sich dabei sehr
unterschiedlich – aus unterschiedlichen Gründen. Am geringsten ist der Digitalisierungsgrad beim Kabelempfang. Hier verfügt nur ein Drittel der Haushalte über eine
digitale Empfangsmöglichkeit. Das lässt sich damit begründen, dass das Angebot an
analogen Programmen in den Kabelnetzen mit 30 bis 40 Programmen von den
meisten Zuschauern als ausreichend angesehen wird. Zumal für den Empfang von
digitalen Programmen die Anschaffung einer Set-Top-Box vonnöten ist, während
analoges Fernsehen mit jedem handelsüblichen Fernseher empfangen werden kann.
Digitaler Empfang ist hingegen in drei Viertel der Satellitenhaushalte möglich.
Um Fernsehen über Satellit zu empfangen, war neben der Satellitenantenne und dem
Fernseher schon immer ein Zusatzgerät Voraussetzung, sodass der Umstieg auf das
digitale Fernsehen nicht durch eine solche Anschaffung behindert wird. Es muss
lediglich das vorhandene ersetzt werden – bzw. bei Neuanschaffungen gleich ein
digitales Gerät gewählt werden. In der Folge dieser Entwicklung schlagen die Landesmedienanstalten vor, die analoge Verbreitung über Satellit spätestens am 30. April
2012 einzustellen.22
VERBREITUNGSWEGE UND DIGITALISIERUNG 2005–2009
Abb. 4
(Haushalte in Prozent – Mehrfacherfassung)1
60
51,7
51,8
53,7
52,5
52,8
50
43,1
42,0
26,4
22,5
16,2
16,7
19,5
09
05
06
42,6
42,0
42,1
18,2
14,4
10,9
24,4
27,6
31,2
40
30
46,7
44,6
45
41,5
36,6
20
10
0
5,0
7,2
05
06
8,7
11,0
07 08
Kabel
digital
07 08 09
Satellit
analog
9,7
9,2
5,3
4,4
3,9
5,3
05
11,5 11,1 11,3
1,6 0,6
9,9 10,5 11,3
06 07 08
Terrestrik
09
1 Quelle: Digitalisierungsbericht 2009, S. 49 (Mehrfacherfassung der Verbreitungswege und Empfangsarten).
2009 sind erstmals zwei Verbreitungswege vollständig digitalisiert: die terrestrische
Übertragung und DSL-TV. Während DSL-TV per se digital ist, endet bei der terrestrischen Verbreitung die Entwicklung, die im Herbst 2002 begann (vgl. Abb. 4). Nach
und nach wurde die analoge terrestrische Übertragung in Deutschland durch die
digitale Verbreitung mittels DVB-T ersetzt. Die letzte analoge Sendeanlage wurde
am 30. Juni 2009 abgeschaltet. Parallel zur Digitalisierung der terrestrischen Übertra22
Vgl. Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) (2009): ZAK-Pressemitteilung 25/2009: Landesmedienanstalten schlagen vor: Ende Analog-TV via Sat im Frühjahr 2012. URL: http://www.alm.de/
34.html?&tx_ttnews[tt_news]=560&cHash=824dfaa89c [11.1.2010].
EINFÜHRUNG • JUNG, DIGITAL, VERSPARTET – FERNSEHEN IN DEUTSCHLAND 2008/2009
35
gung hat sich der Anteil des digitalen Empfangs entwickelt: von knapp der Hälfte im
Jahr 2005 bis zur vollständigen Umstellung 2009. Auch die Digitalisierung des Satellitenempfangs macht Fortschritte, wie Abbildung 4 belegt: Waren 2005 noch deutlich weniger als die Hälfte der Satellitenhaushalte digitalisiert, sind es 2009 drei Viertel. Einzig beim Kabelempfang verläuft die Digitalisierung recht langsam.
Die Entwicklung in den letzten fünf Jahren verdeutlicht aber auch, dass das
Verhältnis zwischen den einzelnen Verbreitungswegen vergleichsweise konstant
bleibt. Die Digitalisierung führt also nicht zu einer Verschiebung zwischen den
Übertragungswegen, allenfalls zu einer minimalen hin zur terrestrischen Verbreitung.
3.
Reichweite und Nutzung
Das Angebot an Fernsehprogrammen, das dem Zuschauer zur Verfügung steht, ist
groß und vielfältig. Die Wege, auf denen es in die Haushalte übertragen wird, werden weiter digitalisiert und ermöglichen die Übertragung eines noch breiteren Angebots. Doch schalten die Zuschauer ihre Fernseher überhaupt ein, nutzen sie diese
Angebote?
Als Indikator hierfür wird auf eine Maßzahl der kontinuierlichen Fernsehzuschauerforschung in Deutschland zurückgegriffen, den sog. „Marktanteilswert“ eines
Programms, dem eine „raumzeitliche Konkurrenzdefinition“ zugrunde liegt. Vereinfacht gesagt ist dies der Anteil an der Gesamtzuschauerzahl des Fernsehens, den ein
Programm in einem bestimmten Zeitabschnitt für sich verbuchen kann.23
Die Betrachtung der Marktanteile nach Programmtypen zeigt, dass der
Schwerpunkt der Nutzung bei den nationalen Vollprogrammen liegt (vgl. Tab. 4).
Über zwei Drittel der Zuschauer entscheiden sich für diesen Programmtyp. An
zweiter Stelle kommen mit 13,5 Prozent die öffentlich-rechtlichen Regionalprogramme, d.h. die Dritten Programme. Folgt man der Überlegung, dass sie ebenso
wie die transnationalen Programme ARTE und 3sat auch als Vollprogramme betrachtet werden können, vereint die so definierte Gruppe der Vollprogramme 84
Prozent der Marktanteile auf sich. Die Fernsehzuschauer bevorzugen also eindeutig
die Programme, die ein breites Spektrum an Inhalten, eine Vielfalt an Informationsund Unterhaltungsangeboten in ihrem Sendungsangebot haben.
Im Vergleich der Systeme liegt bei den „reinen“ Vollprogrammen der private
Sektor mit 43 Prozent deutlich vor den öffentlich-rechtlichen Programmen. Zusammen mit den Dritten und den transnationalen Programmen erreichen die öffentlich-rechtlichen mit 41 Prozent jedoch fast den Wert der privaten Konkurrenz.
Das Gleichgewicht der Systeme zeigt sich auch bei der Betrachtung der
Markteinteile für einzelne Programme (vgl. Tab. 5). Unter den zehn meistgesehenen
Programmen finden sich drei öffentlich-rechtliche und sieben private Programme –
23
„Der Marktanteil gibt den relativen Anteil der Sehdauer einer Sendung/eines Werbeblocks/eines
bestimmten Zeitintervalls an der Gesamtsehdauer aller Programme zum jeweiligen Zeitintervall an“
(AGF – Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung (2002): Fernsehzuschauerforschung in Deutschland.
Frankfurt/M., S. 31).
EINFÜHRUNG • JUNG, DIGITAL, VERSPARTET – FERNSEHEN IN DEUTSCHLAND 2008/2009
36
wenn man die Dritten Programme der ARD zu einem Programm zusammenfasst.
Diese drei öffentlich-rechtlichen Angebote belegen die Spitzenplätze, wobei die
Rangliste in den letzten fünf Jahren abwechselnd von dem Ersten oder den (kumulierten) Dritten Programmen der ARD angeführt wird. Die sechs großen privaten
Vollprogramme nehmen die folgenden Plätze ein und erreichen so in der Summe
ähnliche Werte. Erst auf Platz 10 folgt mit Super RTL das erste Spartenprogramm.
Tab. 4
MARKTANTEILE DER PROGRAMMTYPEN 20091
PROGRAMMTYP
Privatkommerzielles
Fernsehen
Öffentl.rechtliches
Fernsehen
Gesamt
Nationale Vollprogramme
Nationale Spartenprogramme
Nationale Fensterprogramme
Landesweite Regionalprogramme
Subregionale/lokale Programme
Transnationale Programme
43,4
10,1
k.A.
k.A.
k.A.
–
25,2
2,4
–
13,5
–
1,8
68,6
12,5
k.A.
13,5
k.A.
1,8
GESAMT
53,5
42,9
96,4
1 Anteile an der täglichen durchschnittlichen Sehdauer in Prozent, Zuschauer ab 3 Jahren, Montag bis
Sonntag, 3 bis 3 Uhr. Quelle: AGF/GfK-Fernsehforschung (AGF (2010): Marktanteile. URL:
http://www.agf.de/daten/zuschauermarkt/marktanteile [13.1.2010]).
Tab. 5
MARKTANTEILE DER FREE-TV-PROGRAMME 2005–20091
PROGRAMM
2005
2006
2007
2008
2009
ARD/Dritte Programme
ARD/Das Erste
ZDF
RTL
Sat.1
ProSieben
VOX
kabel eins
RTL II
Super RTL
13,6
13,5
13,5
13,2
10,9
6,7
4,2
3,8
4,2
2,8
13,5
14,2
13,6
12,8
9,8
6,6
4,8
3,6
3,8
2,6
13,5
13,4
12,9
12,4
9,6
6,5
5,7
3,6
3,9
2,6
13,2
13,4
13,1
11,7
10,3
6,6
5,4
3,6
3,8
2,4
13,5
12,7
12,5
12,5
10,4
6,6
5,4
3,9
3,9
2,5
SUMME
86,4
85,3
84,1
83,5
83,9
1 Anteile an der täglichen durchschnittlichen Sehdauer in Prozent, Zuschauer ab 3 Jahren, Montag bis
Sonntag, 3 bis 3 Uhr. Quelle: AGF/GfK-Fernsehforschung (KEK 2009, S. 337f. und AGF 2010).
Neben einem Marktanteil von 84 Prozent für die Vollprogramme (im o.g. weiten
Sinn) verbleibt ein Anteil von 16 Prozent für Sparten-, private Regional-, Pay-TV-
EINFÜHRUNG • JUNG, DIGITAL, VERSPARTET – FERNSEHEN IN DEUTSCHLAND 2008/2009
37
und nicht-kommerzielle Programme, d.h. für über 400 Programme (vgl. Tab. 1).
Dabei ist die Zuordnung dieses Anteils zu einzelnen Programmtypen und Programmen nur lückenhaft möglich: Die AGF liefert Marktanteile für lediglich wenige Spartenkanäle. Die Werte vieler Programme, die nur sehr kleine Marktanteile erreichen,
können aus statistischen Gründen nicht valide gemessen werden. Hinzu kommt,
dass die AGF ausschließlich Marktanteile ihrer Mitgliedssender und zum Teil der
Veranstalter, die AGF-Lizenznehmer sind, veröffentlicht.
Die ausgewiesenen Spartenkanäle kommen zusammen auf einen Marktanteil
von gut 12 Prozent. Hierbei vereinigen die 39 privaten Programme fast viermal so
viele Anteile auf sich wie die acht öffentlich-rechtlichen. Für die restlichen, nicht
ausgewiesenen Programme verbleiben somit vier Prozent, deren Verteilung weitgehend unbekannt ist. Der Erfolg der über 200 subregionalen Programme wird zumindest in Bayern und Sachsen in den jeweiligen „Funkanalysen“ gemessen. In der
Funkanalyse 2009 wird für die bayerischen Regional- bzw. Lokalprogramme ein
kumulierter Marktanteil von 1,2 Prozent für die Kernsendezeit Montag bis Freitag
17 bis 23 Uhr ermittelt.24
Als Hinweis auf den Erfolg der Pay-TV-Programme lassen sich die Abonnentenzahlen heranziehen, die für den 31. Dezember 2008 nach Unternehmensangaben
bei 4,4 Mio. liegen sollen.25 Das bedeutet, dass über 10 Prozent der Haushalte in
Deutschland Pay-TV-Programme abonniert haben.
Ein Blick auf die Entwicklung der Marktanteile in den letzten fünf Jahren zeigt,
dass die Verteilung zwischen den drei Gruppen private Vollprogramme,26 öffentlichrechtliche Vollprogramme inkl. Dritte, ARTE und 3sat27 und den restlichen Programmen relativ konstant ist (vgl. Abb. 5). Die privaten und öffentlich-rechtlichen
Vollprogramme teilen sich den größten Teil des Zuschauermarkts mit je über 40
Prozent – und verlieren parallel je 2 Prozentpunkte seit 2004. Dementsprechend
wächst der Anteil der sonstigen Programme, d.h. vor allem der Spartenprogramme,
von 13 Prozent im Jahr 2004 auf 17 Prozent 2008.
Ist die Zuwendung zu Spartenprogrammen ein Phänomen, das alle Zuschauer
gleichermaßen betrifft? Oder sind die jüngeren Zuschauer, die mit einem größeren
Angebot an Fernsehprogrammen aufgewachsen sind, ihnen mehr zugeneigt?
Die Analyse der Marktanteile nach verschiedenen Altersgruppen deckt Unterschiede sowohl bei der Verteilung zwischen den Programmtypen als auch bei ihren
Entwicklungen auf. Zuschauer über 50 Jahre wenden sich mehrheitlich den öffentlich-rechtlichen Vollprogrammen zu (59 Prozent), und das nahezu unverändert in
den letzten fünf Jahren. Die privaten Vollprogramme erreichen in dieser Gruppe nur
24
25
26
27
Vgl. Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) (2009): Funkanalyse Bayern 2009. URL:
http://funkanalyse.tns-infratest.com/2009/2_tv/2bayerng/6MA.pdf [13.1.2010].
Vgl. ALM Jahrbuch 2008, S. 94.
Im Gegensatz zu Tab. 4 ist DMAX hier nicht enthalten.
Im Folgenden soll diese Gruppe der Einfachheit halber als „öffentlich-rechtliche Vollprogramme“
bezeichnet werden.
EINFÜHRUNG • JUNG, DIGITAL, VERSPARTET – FERNSEHEN IN DEUTSCHLAND 2008/2009
38
einen Anteil um die 30 Prozent mit abnehmender Tendenz. Denn auch in der
Gruppe der älteren Zuschauer nimmt der Anteil der sonstigen Programme zu, wenn
auch auf geringen Niveau von 9 auf 12 Prozent.
Abb. 5
ENTWICKLUNG DER MARKTANTEILE DER PROGRAMMTYPEN 2004–20081
PRIVATE VOLLPROGRAMME
70
60
65,6
64,0
56,4
54,6
50
40
30
43,7
41,4
31,7
29,1
20
10
0
2004
2005
2006
2007
2008
ÖFFENTLICH-RECHTLICHE VOLL-, „DRITTE“ UND TRANSNATIONALE PROGRAMME
70
60
59,9
59,1
43,1
41,4
50
40
30
29,5
20
16,2
26,1
10
14,0
0
2004
2005
2006
2007
2008
SONSTIGE PROGRAMME
40
30
20
10
22,0
19,3
17,0
11,7
18,2
13,9
13,2
8,6
0
2004
14–29 Jahre
2005
2006
30–49 Jahre
2007
50+ Jahre
2008
Gesamt
1 Anteile an der täglichen durchschnittlichen Sehdauer pro Altersgruppe in Prozent, Montag bis Sonntag,
3 bis 3 Uhr. Quelle: AGF/GfK-Fernsehforschung (ARD-Jahrbuch 2005, S. 384; Dass. 2006, S. 368; Dass.
2007, S. 426; Dass. 2008, S. 424; Dass. 2009, S. 394).
EINFÜHRUNG • JUNG, DIGITAL, VERSPARTET – FERNSEHEN IN DEUTSCHLAND 2008/2009
39
Bei den beiden jüngeren Altersgruppen, den 14- bis 29-Jährigen und den 30bis 49-Jährigen, gibt es parallele Entwicklungen. Beide bevorzugen die privaten
Vollprogramme, wobei die Jüngeren den stärkeren Zuspruch zeigen (65 Prozent vs.
55 Prozent), und bei beiden Gruppen verlieren die Privaten seit 2002 zwei Prozentpunkte an Marktanteilen. Auch die öffentlich-rechtlichen Vollprogramme verlieren
in diesen Gruppen. Jedoch liegen hier die Werte der jüngsten Gruppe konstant ca.
13 Prozentpunkte unter denen der 30- bis 49-Jährigen. Die Zuwendung zu öffentlich-rechtlichen Vollprogrammen hängt also eindeutig vom Lebensalter ab: Mit
zunehmendem Alter steigt die Nutzung.
Dem Verlust von Marktanteilen bei den Vollprogrammen steht bei den jüngeren Zuschauersegmenten eine Zunahme der Marktanteile bei den Sparten- und sonstigen Programmen gegenüber: In beiden Gruppen gewinnen sie in den letzten fünf
Jahren 4 bzw. 5 Prozentpunkte hinzu. Die Gruppe der 14- bis 29-Jährigen ist die
Gruppe, die am meisten die Sparten- und sonstigen Programme nutzt, gefolgt von
den 30- bis 49-Jährigen und – mit Abstand – den über 50-Jährigen. Es bestätigt sich
also, dass es eher die jüngeren Zuschauer sind, die sich von den etablierten Vollprogrammen abwenden und den Spartenprogrammen zuwenden.
4.
Fazit
Jung, digital und verspartet – ganz so extrem wie in der Beitragsüberschrift beschrieben ist der deutsche Fernsehmarkt im Jahr 2009 nicht. Vielmehr dominieren weiterhin Strukturen des „klassischen“ Fernsehens. Die erfolgreichsten Programme im
Sinne der größten Marktanteile sind die öffentlich-rechtlichen und privaten Vollprogramme. Sie decken zusammen 80 Prozent des Fernsehkonsums der Deutschen ab.
Die meisten Zuschauer empfangen das Fernsehen weiterhin über Kabel, und gut die
Hälfte empfängt ausschließlich analoge Programme.
Auf der anderen Seite finden sich aber eindeutige Trends, die einen langsamen
Wandel des Markts anzeigen:
-
-
Die Digitalisierung schreitet erkennbar voran. Der terrestrische Empfang ist
schon vollständig digitalisiert, beim Satellitenempfang ist eine vollständige Umstellung bis 2012 zu erwarten. Somit können die Zuschauer immer mehr Programme empfangen.
Gerade die jüngeren Zuschauer wenden sich vermehrt von den Vollprogrammen ab und den Spartenprogrammen zu.
Das Angebot an Fernsehprogrammen nimmt in zwei Bereichen zu: bei den
Spartenprogrammen und bei den Pay-TV-Angeboten. Bei letzteren treten die
Kabelbetreiber zunehmend als Konkurrenten zum etablierten Anbieter Sky
(vormals Premiere) auf und beleben damit den Markt. Auch bieten sich durch
die Ausweitung von DSL-TV hier weitere Möglichkeiten.
Wenn man sich jedoch das Tempo dieser Entwicklungen anschaut, wird auch in fünf
Jahren noch die Mehrheit der Zuschauer ARD, ZDF und RTL schauen – nur eben
EINFÜHRUNG • JUNG, DIGITAL, VERSPARTET – FERNSEHEN IN DEUTSCHLAND 2008/2009
40
digital. Die Frage aber, was eigentlich als Fernsehprogramm bzw. mit dem Begriff
„Fernsehen in Deutschland“ bezeichnet werden kann, wird sicher nicht einfacher zu
beantworten sein.
Literatur
Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung – AGF (2002): Fernsehzuschauerforschung
in Deutschland. Frankfurt/M.
Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung – AGF (2009): Empfangsebenen. URL:
http://www.agf.de/fsforschung/methoden/empfangsebenen [11.1.2010].
Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung – AGF (2010): Marktanteile. URL:
http://www.agf.de/daten/zuschauermarkt/marktanteile [13.1.2010].
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Deutschland (ARD) (Hrsg.) (2009): ARD-Jahrbuch 09. Hamburg.
Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik
Deutschland (ARD) (Hrsg.) (2008): ARD-Jahrbuch 08. Hamburg.
Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik
Deutschland (ARD) (Hrsg.) (2007): ARD-Jahrbuch 07. Hamburg.
Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik
Deutschland (ARD) (Hrsg.) (2006): ARD-Jahrbuch 06. Hamburg.
Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik
Deutschland (ARD) (Hrsg.) (2005): ARD-Jahrbuch 05. Hamburg.
Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) (2009): Funkanalyse Bayern
2009. URL: http://funkanalyse.tns-infratest.com/2009/2_tv/2bayerng/6MA.pdf
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Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich – KEK (2009):
Zwölfter Jahresbericht. Berichtszeitraum 1. Juli 2008 bis 30. Juni 2009. Potsdam.
URL: http://www.kek-online.de/Inhalte/jahresbericht_08-09.pdf [4.1.2010].
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1&s=sky&f=0 [11.1.2010].
Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) (2009): ZAK-Pressemitteilung
25/2009: Landesmedienanstalten schlagen vor: Ende Analog-TV via Sat im
Frühjahr 2012. URL: http://www.alm.de/34.html?&tx_ttnews[tt_news]=560&
cHash=824dfaa89c [11.1.2010].
Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) der Landesmedienanstalten (Hrsg.)
(2009): Digitalisierungsbericht 2009. Auf dem Weg in die digitale Welt. Rund
funk und Internet wachsen zusammen. Berlin.
EINFÜHRUNG • JUNG, DIGITAL, VERSPARTET – FERNSEHEN IN DEUTSCHLAND 2008/2009
41
N.N. (2009): Was ist uns lokales TV wert? Welche Möglichkeiten zur Finanzierung
des Lokal-TV gibt es? Nicht viele – so scheint es. Doch ein Konzept stößt auf
große Sympathien: das Schweizer Modell. In: Themen + Frequenzen, Heft 4,
S. 15-16.
Schwotzer, Bertil/Hans-Jürgen Weiß (2005): Vielfalt und Konzentration: Fernsehen
in Deutschland 2004/2005. In: ALM Programmbericht 2005, S. 27-39.
Schwotzer, Bertil/Hans-Jürgen Weiß (2007): Analog und digital: Fernsehen in
Deutschland 2005/2006. In: ALM Programmbericht 2006, S. 25-38.
Schwotzer, Bertil/Hans-Jürgen Weiß (2008): Verspartung und Entgrenzung – Fernsehen in Deutschland 2006/2007. In: ALM Programmbericht 2007, S. 16-33.
Schwotzer, Bertil/Hans-Jürgen Weiß (2009): Nach wie vor „Leitmedium“ – Fernsehen in Deutschland 2007/2008. In: ALM Programmbericht 2008, S. 16-36.
Zubayr, Camille/Heinz Gerhard (2009): Tendenzen im Zuschauerverhalten. Fernsehgewohnheiten und Fernsehreichweiten im Jahr 2008. In: Media Perspektiven,
Heft 3, S. 98-112.
KONTINUIERLICHE
FERNSEHPROGRAMMFORSCHUNG
DER LANDESMEDIENANSTALTEN
PROGRAMMFORSCHUNG • PROGRAMMKONKURRENZ IN DER PRIME TIME
45
Programmkonkurrenz in der
Prime Time – Revisited 2009
Joachim Trebbe
Als Bezugsrahmen für die Ergebnisdarstellung der ALM-Programmforschung dient
in der Regel der durchschnittliche 24-Stunden-Tag. Dafür werden jeweils die Daten
einer Stichprobenwoche oder eines Jahres (= zwei Stichproben) zu einem durchschnittlichen Programmtag von Montag bis Sonntag aggregiert und in diesem Bezugsrahmen prozentuiert.1 Diese Perspektive ist in vielfacher Hinsicht ein sehr grobes Maß für den Programmvergleich. So werden etwa bis zu 25 Prozent dieses
durchschnittlichen Sendetags durch kurzfristige Programmwiederholungen, d.h.
durch nicht originäre Programmleistungen, gestaltet.2 Darüber hinaus existieren
unterschiedliche Strategien der Programme für die zuschauerarmen Nachtzeiten und
die Generierung von Marktanteilen durch die Platzierung von Sendungen auf konkurrenzarmen Sendeplätzen. In der Standardberichterstattung der ALMProgrammforschung werden deshalb zusätzliche Analysen aus unterschiedlichen
Perspektiven vorgenommen, wenn es darum geht, die Programmleistung der untersuchten Fernsehprogramme darzustellen, etwa die Wiederholungsanalyse oder die
Analyse der Programmübernahmen und Lizenzprogramme.
Eine besondere Fokussierung auf die Programmleistungen besteht in diesem
Zusammenhang in der Analyse der Programmangebote in der Prime Time, also dem
Zeitabschnitt, in dem das Medium Fernsehen insgesamt die meisten Zuschauer
erreicht. In der kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten wird Prime Time seit 1997 als die Zeit zwischen 18 und 23 Uhr verstanden
und für den Programmvergleich herangezogen.3 In den Stichprobenberichten der
ALM-Programmforschung werden seitdem regelmäßig die Programm- und Themenstrukturdaten der untersuchten Programme auch für diesen Zeitabschnitt berechnet und dargestellt. Ein genauerer Blick auf die Programmstrategien erfolgte
1
2
3
Vgl. Weiß, Hans-Jürgen (2005): Konkurrenz: Programmwettbewerb auf dem deutschen Fernsehmarkt.
In: ALM Programmbericht 2005, S. 43-61; Ders. (2008): Private Fernsehvollprogramme 1998–2007.
Eine 10-Jahres-Bilanz der kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten. In:
ALM Programmbericht 2007, S. 37-66.
Vgl. dazu den Beitrag „Konzeption, Methode und Basisdaten der ALM-Studie 2008/2009“ in diesem
Band, hier Tabelle 7.
Vgl. Weiß, Hans-Jürgen (1998): Auf dem Weg zu einer kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung
der Landesmedienanstalten. Eine Evaluations- und Machbarkeitsstudie. Berlin (Schriftenreihe der Landesmedienanstalten; Bd. 12), S. 58. Zur Diskussion der Prime-Time-Definition vgl. auch Weiß, HansJürgen (2007): Programmkonkurrenz in der Prime Time. In: ALM Programmbericht 2006, S. 43-59.
PROGRAMMFORSCHUNG • PROGRAMMKONKURRENZ IN DER PRIME TIME
46
zuletzt im Rahmen des ALM Programmberichts 2006 auf der Basis der Programmstichproben der Jahre 2005 und 2006.4
Damals waren deutliche Unterschiede zwischen der Formatierung der Programme in der Gesamtsendezeit, d.h. dem durchschnittlichen 24-Stunden-Tag, und
der Prime Time festgestellt worden. Insbesondere die vier Programme, die nach wie
vor im Durchschnitt die meisten Zuschauer in Deutschland erreichen, strahlten in
der Zeit zwischen 18 und 23 Uhr erheblich mehr Unterhaltungsinhalte in Form von
fiktionalen Filmen und Serien, nonfiktionalen Shows und Spielen und fernsehpublizistischer Unterhaltung aus. Die Rangliste der Prime-Time-Unterhaltung führte
damals Sat.1 mit 68 Prozent an, gefolgt von ARD/Das Erste (65 Prozent), dem
ZDF (64 Prozent) und RTL (59 Prozent). Neben unterschiedlichen Gewichtungen
zwischen fiktionalen und nonfiktionalen Angeboten wurden vor drei Jahren vor
allem zwei Trends festgestellt: Erstens gab es bei den Anteilen für die politische
Publizistik die geringsten Verschiebungen zwischen Gesamtsendezeit und Prime
Time, und zweitens war im Jahr 2006 der Boom der nichtpolitischen Sachpublizistik
in der Prime Time auf seinem Höhepunkt angelangt.
Im Folgenden wird an diese Analysen und Befunde angeknüpft, und die Programmstrategien der untersuchten Programme in der Prime Time werden erneut
genauer in den Blick genommen. Dafür werden in Abschnitt 1 die Programmstrategien im Frühjahr 2009 in der Gesamtsendezeit und in der Prime Time einander
gegenübergestellt, um einen Eindruck von der potenziellen Gegenläufigkeit dieser
Strategien zu bekommen. Im Anschluss daran werden, wieder bezogen auf das Frühjahr 2009, die Programm- und Themenstrukturen in der Prime Time genauer untersucht (Abschnitt 2), die Strategien der Programmfamilien im Jahr 2008 verglichen
(Abschnitt 3) und schließlich die Langzeitentwicklung für die zentralen Programmsparten und fernsehpublizistischen Themen analysiert (Abschnitt 4). Abschließend werden die Ergebnisse zusammenfassend diskutiert und mit den Ergebnissen der Prime-Time-Analyse des Jahres 2006 verglichen (Abschnitt 5).
1.
Gesamtsendezeit und Prime Time – Unterschiede und Gemeinsamkeiten
Stellt man zunächst ganz grob die Anteile für die drei Basiskategorien der Programmanalyse – fiktionale und nonfiktionale Unterhaltung sowie Fernsehpublizistik
– der aktuellen Programmstichprobe (Frühjahr 2009) einander gegenüber, zeigt sich
recht plastisch, welche Schwerpunktverlagerungen die deutschen Fernsehvollprogramme vornehmen, wenn die Konkurrenz um den Zuschauer besonders groß ist
(vgl. Tab. 1).
Es gibt drei Programme, die an einem durchschnittlichen 24-Stunden-Tag die
fernsehpublizistischen Sendungen auf den ersten Platz der Rangreihe der Programmsparten setzen: ARD/Das Erste (44 Prozent), ZDF (56 Prozent) und RTL
4
Vgl. zum Folgenden Weiß 2007, S. 58f.
PROGRAMMFORSCHUNG • PROGRAMMKONKURRENZ IN DER PRIME TIME
47
(44 Prozent). Alle drei Programme verschieben diesen Schwerpunkt in der Zeit
zwischen 18 und 23 Uhr zugunsten der Fernsehunterhaltung.
PROGRAMMGATTUNGEN IM VERGLEICH VON
GESAMTPROGRAMM UND PRIME TIME IM FRÜHJAHR 2009
Tab. 1
(Sendungsanalyse, Zeitumfang 3–3 Uhr bzw. 18–23 Uhr in Prozent)
PROGRAMMCHARAKTERISTIK
24h
PT
24h
PT
24h
PT
24h
PT
Fernsehpublizistik
Fiktionale Unterhaltung
Nonfiktionale Unterhaltung
Restliches Programm
Werbung und Sponsoring
44
40
5
10
1
31
39
17
9
4
56
32
4
7
1
41
49
5
5
44
28
9
5
14
35
28
15
7
15
35
40
7
4
14
27
28
27
3
15
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
PROGRAMMCHARAKTERISTIK
24h
PT
24h
PT
24h
PT
24h
PT
Fernsehpublizistik
Fiktionale Unterhaltung
Nonfiktionale Unterhaltung
Restliches Programm
Werbung und Sponsoring
18
41
14
5
22
25
28
22
6
19
23
45
10
6
16
19
45
11
6
19
21
40
19
6
14
22
39
17
6
16
25
46
6
6
17
34
34
7
5
20
100
100
100
100
100
100
100
100
GESAMT
ARD
ZDF
RTL II
RTL
Sat.1
VOX
ProSieben
kabel eins
Die stärkste Steigerung des Anteils an Filmen und Serien findet sich beim ZDF. Hier
steigt der Anteil von 32 Prozent in der Gesamtsendezeit auf 49 Prozent in der Prime
Time, setzt sich aber nicht so deutlich vom Anteil der fernsehpublizistischen Sendungen ab, der beim ZDF mit 41 Prozent auch in der Prime Time auf einem hohen
Niveau bleibt. Im Ersten Programm der ARD wird eine andere Strategie verfolgt.
Hier wird in der Prime Time hauptsächlich der Anteil der nonfiktionalen Sendungen
erhöht (von 5 auf 17 Prozent), während fiktionale Programmangebote mit 39 Prozent etwa auf dem gleichen Niveau wie im gesamten Tagesdurchschnitt (40 Prozent)
bleiben. RTL verfolgt in dieser Hinsicht eine ähnliche Strategie. Der Anteil fiktionaler Sendungen bleibt konstant bei 28 Prozent. Vom Rückgang der Fernsehpublizistik
von 44 auf 35 Prozent in der Prime Time profitieren vor allem nonfiktionale Unterhaltungsangebote mit einer Steigerung von 9 auf 15 Prozent.
VOX verhält sich im Hinblick auf den Stellenwert der nonfiktionalen Unterhaltung in der Prime Time noch konsequenter als ARD/Das Erste und RTL. Der Anteil dieses Bereichs steigt von 7 auf 27 Prozent so stark, dass er sowohl zulasten der
Fernsehpublizistik (Rückgang von 35 auf 27 Prozent) als auch der fiktionalen Unterhaltungssendungen (Rückgang von 40 auf 28 Prozent) geht.
PROGRAMMFORSCHUNG • PROGRAMMKONKURRENZ IN DER PRIME TIME
48
Zwei Programme vergrößern in der Prime Time den Umfang der fernsehpublizistischen Programmgenres. Bei RTL II steigt er von 18 auf 25 Prozent, bei kabel
eins von 25 auf 34 Prozent. Fiktionale Programme werden dafür in beiden Programmen in der Hauptsendezeit um einiges reduziert. Bezogen auf den Umfang der
Fernsehpublizistik geschieht bei Sat.1 und ProSieben am wenigsten. Bei ProSieben
bleibt der Anteil mit 22 Prozent in der Prime Time nahezu unverändert (21 Prozent
in der Gesamtsendezeit), bei Sat.1 geht er von 23 auf 19 Prozent nur leicht zurück.
Mit Ausnahme von RTL II erhöhen tatsächlich alle Programme ihre Anteile
für werbliche Sendungen in der Prime Time. Am prägnantesten fällt diese Steigerung
– wenn auch auf niedrigem Niveau – bei den öffentlich-rechtlichen Programmen
aus, die nach 20 Uhr dem Werbeverbot unterliegen. Im Ersten Programm der ARD
steigt der Anteil von 1 auf 4 Prozent, beim ZDF von 1 auf 5 Prozent im Vergleich
zum durchschnittlichen Sendetag. Die höchsten werblichen Anteile finden sich in
der Prime Time bei kabel eins (20 Prozent), Sat.1 und RTL II (jeweils 19 Prozent).
2.
Information und Unterhaltung in der Prime Time
Die Programmschwerpunkte, die durch die oben beschriebenen Umgewichtungen in
der Programmstruktur von den Veranstaltern gesetzt werden, schlagen sich in ganz
unterschiedlichen Inhalten und Themenstrukturen nieder (vgl. Tab. 2).
Unterhaltungssendungen bilden in allen Programmen die Basis der PrimeTime-Formatierung. Vier Programme strahlen in mehr als der Hälfte der Sendezeit
zwischen 18 und 23 Uhr Sendungen aus, die entweder durch Filme und Serien oder
Shows und Quizsendungen ein großes Publikum anziehen sollen: ARD/Das Erste,
Sat.1 und ProSieben (jeweils 56 Prozent) sowie VOX (55 Prozent) übertreffen die
50-Prozentmarke deutlich. Das ZDF (49 Prozent) und RTL II (50 Prozent) erreichen vergleichbar hohe Werte, lediglich RTL (43 Prozent) und kabel eins (41 Prozent) fallen dagegen etwas ab.
Nur das ZDF strahlt in der Prime Time keine Shows oder andere nonfiktionale
Unterhaltungssendungen aus. VOX und RTL II führen in diesem Bereich (27 bzw.
22 Prozent), ARD/Das Erste, ProSieben und RTL bilden mit Werten zwischen 15
und 17 Prozent das Mittelfeld. Sat.1 und kabel eins haben zwar ein solches Angebot,
sind aber mit 11 bzw. 7 Prozent im nonfiktionalen Programmbereich eher weniger
profiliert.
Tabelle 2 zeigt, mit welcher Strategie RTL versucht, in der Prime Time über die
klassischen Unterhaltungsformate hinaus Zuschauerreichweiten zu generieren. In
den fernsehpublizistischen Sendungen der Prime Time finden sich vor allem Themen, die im Begriffssystem der ALM-Programmforschung als Unterhaltungspublizistik bezeichnet werden. Das sind Beiträge zu Human-Touch-Themen, in denen es
um Stars und Sternchen, Kriminalität und Katastrophen geht und die bevorzugt in
Boulevardmagazinen ihren Sendeplatz finden. Bei RTL liegt der Anteil für solche
Themen in der Prime Time bei 18 Prozent und ist damit weit höher als bei den
Mitbewerbern, die auf Werte zwischen 1 (ARD/Das Erste) und maximal 7 Prozent
PROGRAMMFORSCHUNG • PROGRAMMKONKURRENZ IN DER PRIME TIME
49
(RTL II) kommen. Rechnet man diesen Übergangsbereich zwischen Information
und Unterhaltung, zu dem in der Studie auch die Sportberichterstattung zählt, zu
den klassischen Unterhaltungsformaten hinzu, steigt bei RTL der Unterhaltungsanteil auf 62 Prozent. Er liegt damit auf dem Niveau von ARD/Das Erste (63 Prozent)
und Sat.1 (62 Prozent). Das ZDF fällt im Vergleich zu 2006 – vor allem aufgrund
fehlender nonfiktionaler Sendungen – mit 57 Prozent auf den sechsten Rang zurück
(zusammen mit RTL II und noch hinter VOX und ProSieben).
FERNSEHUNTERHALTUNG UND FERNSEHINFORMATION
IN DER PRIME TIME IM FRÜHJAHR 2009
Tab. 2
(Sendungs- und Beitragsanalyse, Zeitumfang 18–23 Uhr in Prozent)
PROGRAMMCHARAKTERISTIK
ARD
ZDF
RTL
VOX
RTL II
Sat.1
Pro- kabel
Sieben eins
UNTERHALTUNG
56
49
43
55
50
56
56
41
Fiktionale Unterhaltung
Nonfiktionale Unterhaltung
39
17
49
-
28
15
28
27
28
22
45
11
39
17
34
7
INFORMATION UND
UNTERHALTUNG
7
8
19
4
7
6
2
6
Sportsendungen
Sportpublizistik
Unterhaltungspublizistik
6
0
1
2
1
5
1
18
4
0
7
0
6
0
2
6
29
33
14
22
16
12
18
26
8
8
8
22
15
10
17
26
21
25
6
-
1
2
1
-
INFORMATION
Sach-, Lebensweltpublizistik / Service
Politische Publizistik /
Kontroverse Themen
SONSTIGES
4
5
9
4
8
7
8
7
Restliches Programm
Programmtrailer etc.
1
3
2
3
2
7
1
3
1
7
1
6
1
7
1
6
WERBUNG, SPONSORING
4
5
15
15
19
19
16
20
100
100
100
100
100
100
100
100
GESAMT
Man kann aber auch anders argumentieren. Denn schließlich handelt es sich bei der
Thematisierung von Human Touch, Prominenz bzw. Sex and Crime ebenfalls um
aktuelle journalistische Berichterstattung, auch wenn sie unter öffentlichkeitstheoretischen Gesichtspunkten für den gesellschaftlichen Willens- und Meinungsbildungsprozess sicher weniger relevant ist. So gesehen erreicht RTL in der Prime Time auf
einen Anteil für journalistische Berichterstattung, der mit 33 Prozent dem Niveau
der öffentlich-rechtlichen Programme am nächsten kommt (ARD/Das Erste: 36
Prozent, ZDF: 41 Prozent). Aber auch kabel eins bringt es in der Prime Time auf
insgesamt 32 Prozent fernsehpublizistischer Thematisierung, wenn man die 6 Pro-
PROGRAMMFORSCHUNG • PROGRAMMKONKURRENZ IN DER PRIME TIME
50
UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE / PRIME TIME 2008
Abb. 1
(Sendungs- und Beitragsanalyse, Zeitumfang 18–23 Uhr in Prozent, gewichtet)1
4%
ARD/Das Erste
5%
25%
55%
11%
Unterhaltung
43% Fiktionale Unterhaltung
12% Nonfiktionale Unterhaltung
Information und Unterhaltung
11% Sportsendungen
0% Zusätzliche Sportpublizistik
0% Unterhaltungspublizistik
Information
5% Sach-, Lebensweltpubl./Service
20% Polit. Publizistik/Kontr. Themen
Sonstiges
1% Restliches Programm
3% Programmtrailer/-überbrückungen
Werbung, Teleshopping, Sponsoring
1 Ausgangsparameter für die Gewichtung sind die Jahresdurchschnittswerte der GfK-Fernsehforschung für
das Angebot an Sportsendungen (einschließlich Übertragungen).
UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE / PRIME TIME 2008
Abb. 2
(Sendungs- und Beitragsanalyse, Zeitumfang 18–23 Uhr in Prozent, gewichtet)1
5%
ZDF
5%
47%
32%
11%
Unterhaltung
42% Fiktionale Unterhaltung
5% Nonfiktionale Unterhaltung
Information und Unterhaltung
8% Sportsendungen
1% Zusätzliche Sportpublizistik
2% Unterhaltungspublizistik
Information
14% Sach-, Lebensweltpubl./Service
18% Polit. Publizistik/Kontr. Themen
Sonstiges
2% Restliches Programm
3% Programmtrailer/-überbrückungen
Werbung, Teleshopping, Sponsoring
1 Ausgangsparameter für die Gewichtung sind die Jahresdurchschnittswerte der GfK-Fernsehforschung für
das Angebot an Sportsendungen (einschließlich Übertragungen).
PROGRAMMFORSCHUNG • PROGRAMMKONKURRENZ IN DER PRIME TIME
51
zent für Unterhaltungspublizistik zu den anderen Sachthemenbeiträgen (26 Prozent)
hinzuzieht.
Im Kernsektor der Prime-Time-Informationsgebung herrschen dann allerdings
wieder die altbekannten Themenstrukturen. ARD/Das Erste und ZDF profilieren
sich vor allem durch politische bzw. gesellschaftlich-kontroverse Themen (21 bzw.
25 Prozent), während die private Konkurrenz in erster Linie auf Sach- und Lebensweltthemen setzt. Lediglich RTL zeigt mit einem Anteil von 6 Prozent für kontroverse Themen einen erkennbaren politischen Themenschwerpunkt. Bei Sat.1 liegt
dieser Wert bei 2 Prozent, bei RTL II und ProSieben bei 1 Prozent der Sendezeit
zwischen 18 und 23 Uhr, also bei ca. 3 Minuten. VOX und kabel eins haben sich in
der Hauptsendezeit von der politischen Berichterstattung verabschiedet – ein quantifizierbarer Themenanteil war jedenfalls in der Herbststichprobe 2009 nicht identifizierbar.
Dafür führt VOX mit 22 Prozent nach kabel eins (26 Prozent) die Rangreihe
bei den Sachthemenanteilen in der Prime Time an. ProSieben (17 Prozent) und RTL
II (15 Prozent) bilden das Mittelfeld und die öffentlich-rechtlichen Programme belegen zusammen mit RTL mit jeweils 8 Prozent die hinteren Plätze der Sachthemenberichterstattung.
3.
Prime-Time-Strategien der Programmfamilien im Jahr 2008
Die Stichproben des Jahres 2008 lassen sich unter Berücksichtigung der tatsächlich
im gesamten Kalenderjahr ausgestrahlten Sportsendungen nach den Daten der GfKFernsehforschung zu Jahresdurchschnittswerten verrechnen.5 Diese Möglichkeit soll
an dieser Stelle genutzt werden, um die Strategien der zwei öffentlich-rechtlichen
Programme und der Programmfamilien der RTL Group und der ProSiebenSat.1
Media-Gruppe einander gegenüberzustellen und zu vergleichen.
Die Darstellungen in den Abbildungen 1 bis 4 erlauben eine synchrone Betrachtung der Sendungs- und Beitragsdaten und zeigen auf einen Blick, wie sich die
öffentlich-rechtlichen Programme bzw. die privaten Veranstaltergruppen in der
Prime Time programmübergreifend positionieren. So ist das Erste Programm der
ARD (vgl. Abb. 1) eindeutig stärker auf Unterhaltung in der Prime Time festgelegt
(55 Prozent) als das ZDF (47 Prozent, vgl. Abb. 2), was aber – und das zeigte sich ja
auch oben für die Daten der aktuellen Stichprobe des Frühjahrs 2009 – in nicht
unerheblichem Maße auf die nonfiktionalen Programmelemente zurückzuführen ist.
Die Anteile für Filme und Serien sind bei beiden öffentlich-rechtlichen Programmen
mit 43 bzw. 42 Prozent etwa gleich hoch.
Das ZDF-Programm in der Prime Time ist dagegen informationsorientierter
(32 Prozent) als das Erste Programm der ARD (25 Prozent). Dies ist vor allem in
höheren Anteilen für die Berichterstattung über Sach- und Lebensweltthemen begründet (14 Prozent vs. 5 Prozent), während in Bezug auf die Politikberichter5
Vgl. dazu den Beitrag „Konzeption, Methode und Basisdaten der ALM-Studie 2008/2009“ in diesem
Band, Abschnitt 3.1.
PROGRAMMFORSCHUNG • PROGRAMMKONKURRENZ IN DER PRIME TIME
52
UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE / PRIME TIME 2008
Abb. 3
(Sendungs- und Beitragsanalyse, Zeitumfang 18–23 Uhr in Prozent, gewichtet)1
RTL GROUP
18%
6%
50%
13%
13%
Unterhaltung
33% Fiktionale Unterhaltung
17% Nonfiktionale Unterhaltung
Information und Unterhaltung
0% Sportsendungen
0% Zusätzliche Sportpublizistik
13% Unterhaltungspublizistik
Information
11% Sach-, Lebensweltpubl./Service
2% Polit. Publizistik/Kontr. Themen
Sonstiges
1% Restliches Programm
5% Programmtrailer/-überbrückungen
Werbung, Teleshopping, Sponsoring
1 Ausgangsparameter für die Gewichtung sind die Jahresdurchschnittswerte der GfK-Fernsehforschung für
das Angebot an Sportsendungen (einschließlich Übertragungen).
UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE / PRIME TIME 2008
Abb. 4
(Sendungs- und Beitragsanalyse, Zeitumfang 18–23 Uhr in Prozent, gewichtet)1
PROSIEBENSAT.1 MEDIA
17%
7%
52%
18%
6%
Unterhaltung
39% Fiktionale Unterhaltung
13% Nonfiktionale Unterhaltung
Information und Unterhaltung
1% Sportsendungen
0% Zusätzliche Sportpublizistik
5% Unterhaltungspublizistik
Information
17% Sach-, Lebensweltpubl./Service
1% Polit. Publizistik/Kontr. Themen
Sonstiges
1% Restliches Programm
6% Programmtrailer/-überbrückungen
Werbung, Teleshopping, Sponsoring
1 Ausgangsparameter für die Gewichtung sind die Jahresdurchschnittswerte der GfK-Fernsehforschung für
das Angebot an Sportsendungen (einschließlich Übertragungen).
PROGRAMMFORSCHUNG • PROGRAMMKONKURRENZ IN DER PRIME TIME
53
stattung nur geringe Unterschiede zwischen ARD/Das Erste und dem ZDF bestehen (20 bzw. 18 Prozent).
Systemunterschiede gibt es im Hinblick auf die Unterhaltungsanteile in der
Prime Time des Jahres 2008 nicht. Das zeigt ein Blick auf die Kreisdiagramme für
die RTL Group (vgl. Abb. 3) und die ProSiebenSat.1 Media-Gruppe (vgl. Abb. 4). 50
bzw. 52 Prozent für fiktionale und nonfiktionale Unterhaltung liegen genau zwischen den entsprechenden Werten für ARD/Das Erste und ZDF. Strukturelle Unterschiede existieren dagegen in zwei Programmbereichen: Zum einen sind die Werbeanteile bei den privaten Programmen deutlich höher und zum anderen wird dem
Informationssektor in beiden Programmfamilien im Vergleich zur öffentlichrechtlichen Konkurrenz erheblich weniger Raum gegeben – insbesondere was die
Politikberichterstattung betrifft. In dieser Hinsicht unterscheiden sich die Daten für
das Jahr 2008 nicht von denen der aktuellen Stichprobe und in ihrer Grundstruktur
auch nicht von denen der Vorjahre.
Bei der vergleichenden Betrachtung der Prime-Time-Daten für die beiden privaten Programmfamilien zeigt sich, dass Unterschiede zwischen den einzelnen Programmen zu großen Teilen nivelliert, wenn auch nicht vollständig eingeebnet werden: Die Kreisdiagramme 3 und 4 ähneln sich sehr stark – Unterhaltungsanteile,
Werbung und Sponsoring nehmen in den beiden Programmfamilien jeweils etwa
zwei Drittel des Prime-Time-Programmkuchens ein und lassen wenig Raum für
programmstrukturelle Divergenzen und Profilierungen. Lediglich bei der Zusammensetzung der Unterhaltungssektoren und der Themenauswahl innerhalb der Fernsehpublizistik gibt es noch kleinere Unterschiede zwischen den Programmfamilien.
Die RTL Group setzt etwas stärker auf nonfiktionale Unterhaltung (17 Prozent vs.
13 Prozent) und reserviert einen hohen Anteil für Unterhaltungspublizistik in der
Prime Time (13 Prozent). Die ProSiebenSat.1 Media-Gruppe sendet mehr fiktionale
Unterhaltung (39 Prozent vs. 33 Prozent), weniger Unterhaltungspublizistik (5 Prozent) und bringt dafür mehr Sach- und Lebensweltthemen in der Zeit zwischen 18
und 23 Uhr als die private Konkurrenz (17 vs. 11 Prozent).
Vergleichbar dagegen sind beide Konzernfamilien bei der Bedeutungszumessung für Politikberichterstattung in der Prime Time. Sie spielt in beiden Programmfamilien nach wie vor mit 2 bzw. 1 Prozent so gut wie keine Rolle, wenn auch in
unterschiedlicher familiärer Komposition. Während in der RTL Group die vergleichsweise höheren Werte von RTL durch eine besonders starke Untergewichtung
bei VOX und RTL II nivelliert werden, befinden sich in der ProSiebenSat.1 MediaGruppe alle drei Programme auf einem ähnlich niedrigen Niveau.
4.
Programmtrends in der Prime Time
Die Anwendung des in seinen Grundzügen unveränderten, zweistufigen Untersuchungsinstrumentariums der ALM-Programmforschung seit 1998 erlaubt es, die
Entwicklung der Programm- und Themenstrukturen über die Zeit zu beobachten.
Im Folgenden soll dies für den Umfang der Fernsehpublizistik in der Prime Time
PROGRAMMFORSCHUNG • PROGRAMMKONKURRENZ IN DER PRIME TIME
54
insgesamt und für die Verteilung von Unterhaltungspublizistik, Sach- und Lebensweltthemen sowie Politikberichterstattung in der Prime Time geschehen.
Abbildung 5 zeigt zunächst die Entwicklung der Anteilswerte für fernsehpublizistische Sendungen in der Prime Time.
FERNSEHPUBLIZISTIK IN DER PRIME TIME 1998–2009
Abb. 5
(Sendungs- und Beitragsanalyse, Zeitumfang 18–23 Uhr in Prozent, gewichtet)1
45
40
35
30
25
20
15
10
5
0
1998
1999
2000
RTL
Sat.1
2001
2002
2003
VOX
ProSieben
2004
2005
2006
RTL II
kabel eins
2007
2008
2009
ARD
ZDF
1 Jahresdurchschnittswerte der beiden Stichproben pro Jahr; Ausgangsparameter für die Gewichtung:
Jahresdurchschnittswerte der GfK-Fernsehforschung für das Angebot an Sportsendungen (einschließlich
Übertragungen); Werte für 2009 beziehen sich nur auf die Frühjahrsstichprobe und sind nicht gewichtet.
Auf den ersten Blick wird deutlich, dass die Programme heute im Vergleich zu den
ersten Messungen am Ende der 90er Jahre bezogen auf den reinen Umfang der
fernsehpublizistischen Sendungen näher zusammengerückt sind. Lag das Spektrum
für solche Programme im Jahr 1998 noch zwischen knapp über 10 Prozent (kabel
eins) und mehr als 40 Prozent (ZDF), so hat sich vor allem die Untergrenze innerhalb der letzten fünf Jahre erkennbar nach oben verschoben. Sie wird seit 2005 (mit
einer Ausnahme im Jahr 2008: RTL II) durchgehend von Sat.1 markiert und liegt
über der 15-Prozentmarke. Das liegt vornehmlich an der Programmentwicklung von
kabel eins. Nachdem das Programm am Anfang des neuen Jahrtausends zunächst
unter 10 Prozent lag, haben fernsehpublizistische Sendungen inzwischen einen Anteil von mehr als 30 Prozent an der Sendezeit zwischen 18 und 23 Uhr. Bei VOX,
das im gleichen Zeitraum mit Werten von über 35 Prozent zwischen 2004 und 2007
ähnliche Steigerungsraten für Fernsehpublizistik aufweist, zeigt sich dagegen seit
2008 ein Abwärtstrend, der sich mit der aktuellen Stichprobe weiter fortsetzt.
PROGRAMMFORSCHUNG • PROGRAMMKONKURRENZ IN DER PRIME TIME
55
Das ZDF markiert nach den Daten des Frühjahrs 2009 mit mehr als 40 Prozent nun wieder die Obergrenze des fernsehpublizistischen Spektrums in der Prime
Time – nachdem es in diesem Bereich zwischenzeitlich unter 35 Prozent gesunken
war. Insgesamt zeigen die vier Programme, die besonders erfolgreich um Zuschauermarktanteile kämpfen, die größte Konstanz bei der Platzierung fernsehpublizistischer Formate in der Prime Time. RTL hat dabei schon seit dem Jahr 2005 den
zweiten Platz mit mehr als 30 Prozent fernsehpublizistischer Prime-Time-Sendezeit
inne, gefolgt vom Ersten Programm der ARD, dessen Anteilswerte um die 30 Prozent schwanken, und Sat.1, das seit 2002 konstant zwischen 15 und 20 Prozent liegt,
damit allerdings deutlich hinter ProSieben und – wie oben beschrieben – seit 2004
auch hinter kabel eins liegt.
Konzentrationsbestrebungen sind auch für die unterhaltungspublizistischen
Themen innerhalb der Prime Time erkennbar (vgl. Abb. 6)
UNTERHALTUNGSPUBLIZISTIK IN DER PRIME TIME 1998–2009
Abb. 6
(Sendungs- und Beitragsanalyse, Zeitumfang 18–23 Uhr in Prozent, gewichtet)1
35
30
25
20
15
10
5
0
1998
1999
2000
RTL
Sat.1
2001
2002
2003
VOX
ProSieben
2004
2005
2006
RTL II
kabel eins
2007
2008
2009
ARD
ZDF
1 Jahresdurchschnittswerte der beiden Stichproben pro Jahr; Ausgangsparameter für die Gewichtung:
Jahresdurchschnittswerte der GfK-Fernsehforschung für das Angebot an Sportsendungen (einschließlich
Übertragungen); Werte für 2009 beziehen sich nur auf die Frühjahrsstichprobe und sind nicht gewichtet.
RTL nimmt in diesem Themensegment nach wie vor eine Sonderstellung ein und
hat seit 2007 den Anteil unterhaltungspublizistischer Themen weiter in Richtung der
20-Prozentmarke gesteigert. Alle anderen Programme bewegen sich nach den Daten
des Jahres 2008 und der aktuellen Stichprobe aus dem Frühjahr 2009 im Bereich
zwischen 0 und 10 Prozent der Prime-Time-Sendezeit. Der zweite Rang wechselt in
dieser Kategorie regelmäßig zwischen den Programmen Sat.1 (1999, 2000), RTL II
(2003, 2006) und VOX (2004, 2008). Insgesamt jedoch kann man im Hinblick auf
Human-Touch-Berichterstattung über Stars und Sternchen, Schicksale und Kriminalität wohl mit Recht von einer Zweiklassengesellschaft sprechen – hier hat RTL
PROGRAMMFORSCHUNG • PROGRAMMKONKURRENZ IN DER PRIME TIME
56
tatsächlich ein Alleinstellungsmerkmal für die Profilierung des Programms in der
Prime Time.
Ein ganz anderes Bild zeigt sich in dem Themensegment, das man im weitesten
Sinne als unpolitische, auf gesellschaftliche Subsysteme oder die private Lebenswelt
bezogene Sachpublizistik bezeichnen kann (vgl. Abb. 7).
SACH- UND LEBENSWELTPUBLIZISTIK IN DER PRIME TIME 1998–2009
Abb. 7
(Sendungs- und Beitragsanalyse, Zeitumfang 18–23 Uhr in Prozent, gewichtet)1
35
30
25
20
15
10
5
0
1998
1999
2000
RTL
Sat.1
2001
2002
2003
VOX
ProSieben
2004
2005
2006
RTL II
kabel eins
2007
2008
2009
ARD
ZDF
1 Jahresdurchschnittswerte der beiden Stichproben pro Jahr; Ausgangsparameter für die Gewichtung:
Jahresdurchschnittswerte der GfK-Fernsehforschung für das Angebot an Sportsendungen (einschließlich
Übertragungen); Werte für 2009 beziehen sich nur auf die Frühjahrsstichprobe und sind nicht gewichtet.
Die Berichterstattung über Sach- und Lebensweltthemen ist zwischen 2003 und
2008 in allen Programmen erheblich ausgeweitet worden. Dieser Befund geht zwar
in erster Linie auf VOX zurück, trifft aber auch auf kabel eins zu, das im Jahr 2008
sogar VOX mit Anteilswerten von über 25 Prozent hinter sich gelassen hat, und
stimmt auch für ProSieben, das nach einem Sprung im Jahr 2004 konstant über oder
auf der 15-Prozentmarke in der Prime Time liegt. VOX, der langjährige Spitzenreiter
in dieser Gruppe, hat den Zenit der Jahre 2006 und 2007 (30 Prozent) überschritten,
die Spitzenposition abgegeben und sich nun knapp oberhalb von 20 Prozent stabilisiert. Gegenläufige Entwicklungen kann man für das ZDF und RTL II konstatieren.
Während für das ZDF nach relativ konstanten Werten um 15 Prozent zwischen
2004 und 2007 ab 2008 ein Abwärtstrend sichtbar wird, hat RTL II nach einem
Abfall zwischen 2006 und 2008 den Anteil der Sach- und Lebensweltpublizistik in
der aktuellen Stichprobe wieder deutlich gesteigert.
Am wenigsten Bewegung – man könnte auch sagen die größte Stabilität – zeigt
sich bei der Behandlung politischer und kontroverser Themen in der Prime Time
(vgl. Abb. 8).
PROGRAMMFORSCHUNG • PROGRAMMKONKURRENZ IN DER PRIME TIME
57
Das politische Informationsangebot der öffentlich-rechtlichen Programme ist
vergleichsweise geringen Schwankungen unterworfen. Die Programme von
ARD/Das Erste und ZDF folgen dabei parallelen Trends. Nach einem Rückgang
der politischen Publizistik in den Jahren 2003 bis 2006 erhöhten beide Programme
den Anteil der kontroversen Themen wieder auf über 20 (ARD/Das Erste) bzw. 25
Prozent (ZDF). Dabei hat das ZDF das Erste Programm der ARD erstmals seit
2004 vom Spitzenplatz der politischen Thematisierungsleistung verdrängt.
KONTROVERSE THEMEN IN DER PRIME TIME 1998–2009
Abb. 8
(Sendungs- und Beitragsanalyse, Zeitumfang 18–23 Uhr in Prozent, gewichtet)1
35
30
25
20
15
10
5
0
1998
1999
2000
RTL
Sat.1
2001
2002
2003
VOX
ProSieben
2004
2005
2006
RTL II
kabel eins
2007
2008
2009
ARD
ZDF
1 Jahresdurchschnittswerte der beiden Stichproben pro Jahr; Ausgangsparameter für die Gewichtung:
Jahresdurchschnittswerte der GfK-Fernsehforschung für das Angebot an Sportsendungen (einschließlich
Übertragungen); Werte für 2009 beziehen sich nur auf die Frühjahrsstichprobe und sind nicht gewichtet.
Die privaten Programme bewegen sich im Vergleich dazu auf einem deutlich niedrigeren Niveau. Wie oben bei der Beschreibung der aktuellen Stichprobe bereits festgestellt, sind Programmangebote zur politischen Information bzw. Willens- und
Meinungsbildung nach wie vor die große Schwachstelle der privaten Programme in
Deutschland. Und dies gilt in besonderer Weise für die Sendezeit, in der die meisten
Zuschauer vor dem Fernseher erreicht werden. Die Werte schwanken für alle Programme mit Ausnahme von RTL zwischen 1 und 2 Prozent. RTL ist tatsächlich das
einzige Programm im Set der privaten Anbieter, das sich sowohl zwischen 2000 und
2005 als auch in den letzten Stichproben aus den Jahren 2008 und 2009 von der
privaten Konkurrenz abhebt. Vom Kriegsjahr 2003 (Irakkrieg) einmal abgesehen
kann man für RTL seit 2007 einen Trend zur Steigerung der Berichterstattung über
gesellschaftlich kontroverse, d.h. im weitesten Sinne politische Themen feststellen.
Der Anteil ist in der aktuellen Stichprobe sogar über die 5-Prozentmarke gestiegen.
PROGRAMMFORSCHUNG • PROGRAMMKONKURRENZ IN DER PRIME TIME
58
5.
Zusammenfassung
Mit Blick auf die Befunde aus dem Jahr 2006 kann man in der Entwicklung bis zum
Frühjahr 2009 Stabilität und Veränderung konstatieren. Stabil ist zunächst ganz
grundsätzlich der Befund, dass sich die Programme in der Prime Time im Vergleich
zu ihrem Gesamtoutput neu ausrichten und stärker gegeneinander profilieren. Im
Zuge dieser Profilierung werden inzwischen aber nicht nur bestehende Schwerpunkte ausgebaut, sie werden zum Teil auch zugunsten anderer Programmsegmente wieder aufgegeben. Dabei stehen überwiegend klassische Unterhaltungsformate wie
Filme und Serien immer stärker zur Disposition.
An der Tradition, besonders die fiktionale Unterhaltung in der Prime Time in
den Vordergrund zu stellen, hält vor allem das ZDF fest. Der öffentlich-rechtliche
Anbieter setzt verstärkt auf Filme und Serien, um zwischen 18 und 23 Uhr Reichweiten und Marktanteile zu generieren. Der Wert ist mit 49 Prozent exakt auf dem
Niveau von 2006 – allerdings haben sich die Abstände zu den privaten Konkurrenten weiter vergrößert, etwa zu kabel eins, das 2006 mit 48 Prozent noch mit dem
ZDF gleichauf lag, inzwischen aber mit 34 Prozent doch weitaus weniger Filme und
Serien zeigt.
RTL profiliert sich dagegen weiter auf dem unterhaltungspublizistischen Sektor. Die Berichterstattung über Sex and Crime sowie über prominente Stars und
Sternchen wurde in den vergangenen Jahren weiter ausgeweitet und füllt jetzt fast
jede fünfte Sendeminute in der Prime Time. Aber auch der Umfang der politischen
Publizistik hat bei RTL zwischen 18 und 23 Uhr zugenommen. In der neuesten
Stichprobe wurde mit 6 Prozent – relativ gesehen – ein doppelt so großer Wert wie
noch vor drei Jahren gemessen.
Kabel eins hat sich hauptsächlich zugunsten der (unpolitischen) Sachpublizistik
weiter aus der fiktionalen Unterhaltung in der Prime Time zurückgezogen. Mit 26
Prozent in der Frühjahrsstichprobe 2009 ist der Wert hier deutlich höher als beim
bisherigen Spitzenreiter in dieser Kategorie VOX mit 22 Prozent.
VOX hat dagegen im Vergleich zur Prime-Time-Analyse von 2006 sein Programm wohl am radikalsten umgewichtet. Die aktuellen Daten weisen einen Anteil
von 27 Prozent für nonfiktionale Sendungen aus und damit ein Gleichgewicht zwischen fiktionalen und nonfiktionalen Sendungen. 2006 war dieser Programmbereich
bei VOX praktisch nicht vorhanden.
Auch ProSieben versucht sich stärker als bisher auf dem Feld der Shows und
Spiele zu profilieren, wenn auch nicht so radikal wie der Konkurrent VOX. Der
Anteil für nonfiktionale Programme liegt in der aktuellen Stichprobe mit 17 Prozent
doch um einiges höher als vor drei Jahren (12 Prozent).
Für Sat.1 muss man an dieser Stelle konstatieren, dass es im Vergleich der acht
Programme, die hier beobachtet werden, in der Prime Time am wenigsten profiliert
ist. Zwar ist mit 45 Prozent ebenfalls ein eindeutiger Schwerpunkt für fiktionale
Programme auszumachen. Der liegt aber gerade da, wo auch die Konkurrenz stark
und erfolgreich ist. In allen anderen Programmkategorien bewegt sich das Programm
PROGRAMMFORSCHUNG • PROGRAMMKONKURRENZ IN DER PRIME TIME
59
von Sat.1 im unteren Mittelfeld. Insbesondere die fernsehpublizistischen Formate
sind im Vergleich zu den Konkurrenten sehr sparsam vertreten. Oder um es mit
dem ehemaligen Sat.1-Geschäftsführer Guido Bolten zu sagen: „Wir haben in der
Prime Time nur die ‚Akte‘ mit Ulrich Meyer und die ‚24-Stunden-Reportage‘. Das ist
zu wenig“.6
Stabilität zeigt sich bei den beiden öffentlich-rechtlichen Programmen
ARD/Das Erste und ZDF bei allen Profilierungsversuchen im Unterhaltungsbereich
aber nach wie vor auf dem Feld der politischen Publizistik. Mit 21 bzw. 25 Prozent
setzen sie sich immer noch sichtbar von den privaten Programmen ab.
Zusammenfassend kann man sicher davon ausgehen, dass die Programmkonkurrenz in der Prime Time die Angebotsprofilierung der Programme weiter in Bewegung hält. Dass sich diese Profilierung nicht mehr nur zwischen fiktionaler und
nonfiktionaler Unterhaltung abspielt, sondern sich zunehmend auch auf den fernsehpublizistischen Sektor verlagert, zeigen die aktuellen Daten der ALMProgrammforschung mehr als deutlich. Ob man aber in der aktuellen Stichprobe
darüber hinaus auch den Beginn eines Trends zur themenspezifischen Profilierung
innerhalb der Fernsehpublizistik jenseits der unpolitischen Sachthemenpublizistik
sehen kann, bleibt abzuwarten.
Literatur
Niggemeier, Stefan: Kerner kommt neu. Comeback auf Sat.1. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 13. Oktober 2009.
Weiß, Hans-Jürgen (1998): Auf dem Weg zu einer kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten. Eine Evaluations- und Machbarkeitsstudie. Berlin (Schriftenreihe der Landesmedienanstalten; Bd. 12).
Weiß, Hans-Jürgen (2005): Konkurrenz: Programmwettbewerb auf dem deutschen
Fernsehmarkt. In: ALM Programmbericht 2005, S. 43-61.
Weiß, Hans-Jürgen (2007): Programmkonkurrenz in der Prime Time. In: ALM Programmbericht 2006, S. 43-59.
Weiß, Hans-Jürgen (2008): Private Fernsehvollprogramme 1998–2007. Eine 10Jahres-Bilanz der kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten. In: ALM Programmbericht 2007, S. 37-66.
6
Zitiert nach Niggemeier, Stefan: Kerner kommt neu. Comeback auf Sat.1. In: Frankfurter Allgemeine
Zeitung vom 13. Oktober 2009.
PROGRAMMFORSCHUNG • FINANZKRISE UND „OBAMA-EFFEKT“
60
Finanzkrise und „Obama-Effekt“
Politische Fernsehpublizistik in den deutschen
Fernsehvollprogrammen 2008/2009
Hans-Jürgen Weiß
Die Daten der kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten belegen nachhaltig, dass die politischen Informationsleistungen der privaten
Fernsehvollprogramme weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben sind, die zur
Einführung einer dualen Rundfunkordnung in Deutschland geführt haben.1 Die
Schwankungen der halbjährlich ermittelten Werte für den quantitativen Umfang der
politischen Informationsangebote in diesem Programmtyp sind relativ gering. Seit
dem Beginn der Programmanalysen im Jahr 1998 wurde nur in einer einzigen Stichprobenwoche – und das auch nur bei einem einzigen Programm, nämlich RTL –
eine Quote für die politische Berichterstattung ermittelt, die über 5 Prozent der
täglichen Sendezeit liegt. Die Ursache für diese Ausnahme war offensichtlich: Die
Stichprobenwoche im Frühjahr 2003 fiel in die Anfangszeit des Irakkriegs. Von
dieser magischen Grenze, die gut eine Stunde Politikberichterstattung pro Programm
und Tag bedeuten würde, sind alle privaten Fernsehvollprogramme heute weit entfernt. Die Messlatte, die jedoch von den meisten unterschritten wird, liegt schon seit
einiger Zeit eher bei 30 Minuten.
In der Langzeitperspektive belegen die Daten der ALM-Studie zur politischen
Fernsehberichterstattung in den acht untersuchten Programmen
-
einen deutlichen Systemabstand zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten
Fernsehvollprogrammen (vgl. Abb. 1),
aber auch eine interne Differenz zwischen den beiden Marktführern im privaten
Sektor auf der einen und den restlichen privaten Vollprogrammen auf der anderen Seite: Die politische Berichterstattung war bei RTL und Sat.1 in den letzten Jahren stets umfangreicher als bei den übrigen Vollprogrammen der beiden
Senderfamilien (vgl. Abb. 2).
Die zweite „Regel“ war bis zum Frühjahr 2007 unbestritten. Dann schien sich daran
in der Folge von Programmänderungen bei Sat.1 etwas zu ändern. Denn im Frühjahr
2008 hatte das politische Informationsangebot von Sat.1 nur noch einen Umfang
von 8 Minuten pro Tag und lag damit näher bei politisch weitgehend abstinenten
1
Vgl. Weiß, Hans-Jürgen (2008): Private Fernsehvollprogramme 1998–2007. Eine 10-Jahres-Bilanz der
kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten. In: ALM Programmbericht
2007, S. 37-66.
PROGRAMMFORSCHUNG • FINANZKRISE UND „OBAMA-EFFEKT“
61
RTL.2
Programmen wie ProSieben, kabel eins oder RTL II als auf der Ebene von
Zwischen der Herbststichprobe 2006 und der Frühjahrsstichprobe 2008 war allerdings bei allen, öffentlich-rechtlichen wie privaten, Programmen ein genereller Rückgang der politischen Fernsehberichterstattung festzustellen.
POLITIK IN FERNSEHVOLLPROGRAMMEN 1998–2009
Abb. 1
(Anteil an der jeweiligen Gesamtsendezeit in Prozent)
30
25
20
15
10
5
0
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
Öffentlich-rechtliche Programme
2006
2007
2008
2009
Private Programme
POLITIK IN PRIVATEN FERNSEHVOLLPROGRAMMEN 1998–2009
Abb. 2
(Anteil an der jeweiligen Gesamtsendezeit in Prozent)
10
8
6
4
2
0
1998
1999
RTL
2
2000
2001
2002
SAT.1
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
VOX, RTL II, ProSieben, kabel eins
Vgl. Weiß, Hans-Jürgen (2009): Nachgesehen: Politische Publizistik in privaten Fernsehvollprogrammen. In: ALM Programmbericht 2008, S. 62-65.
PROGRAMMFORSCHUNG • FINANZKRISE UND „OBAMA-EFFEKT“
62
Da es sich bei der ALM-Studie um eine stichprobenbasierte Programmanalyse
handelt, ist es immer schwer zu sagen, inwiefern solche „Entwicklungen“ der jeweiligen Ereignislage zum Zeitpunkt der Stichprobenaufzeichnungen geschuldet sind
oder ob die Daten tatsächlich auf eine veränderte Programmpolitik schließen lassen.
Auf dieser Datengrundlage von einem Trend zu einer (weiteren) Entpolitisierung der
deutschen Fernsehpublizistik zu sprechen, wäre daher ziemlich unvorsichtig gewesen.
POLITIKBERICHTERSTATTUNG 2007–2009
Abb. 3
(Zeitumfang pro Tag in Std.:Min.)
4:30
4:00
3:30
3:00
2:30
2:00
1:30
1:00
0:30
0:00
Fj. 2007
ARD
He. 2007
Fj. 2008
ZDF
He. 2008
RTL
Fj. 2009
SAT.1
Folgt man den aktuellen Daten der beiden letzten Stichproben der ALM-Studie,
müsste man außerdem auch wieder eine gewisse „Revitalisierung“ der politischen
Fernsehberichterstattung konstatieren. Das gilt zumindest für die vier Programme
mit den größten Marktanteilen auf dem deutschen Zuschauermarkt: ARD/Das
Erste und ZDF sowie RTL und Sat.1 (vgl. Abb. 3). In diesem Fall kann man allerdings nachweisen, dass diese Tendenz eher programmexterne Ursachen hat. Hierzu
kann auf die Einzelerfassung von Ereignissen und Themen zurückgegriffen werden,
die den öffentlichen Diskurs und die Medienberichterstattung in den beiden Stichprobenwochen prägten.3
1.
Die Finanzkrise
Ein Thema, das seit dem Herbst 2008 die öffentliche Agenda prägt, ist der gesamte
Problemkontext der sog. „Finanzkrise“. Wie Abbildung 4 zeigt, ist sie besonders in
der Herbststichprobe 2008, aber auch noch nachhaltig in der Frühjahrsstichprobe
2009 ein beherrschendes Thema der Fernsehpublizistik. Sichtbar wird das vor allem
3
Vgl. dazu den Beitrag „Konzeption, Methode und Basisdaten der ALM-Studie 2008/2009“ in diesem
Band (besonders Abschnitt 2.3).
PROGRAMMFORSCHUNG • FINANZKRISE UND „OBAMA-EFFEKT“
63
an der Krisenberichterstattung von ARD/Das Erste und ZDF, die Mitte Oktober
2008 einen Umfang von dreieinhalb bis vier Stunden pro Tag hatte und sich auch
noch im Frühjahr 2009 im Bereich von ca. zwei Stunden pro Tag bewegte. Die Finanzkrise hinterlässt aber auch deutliche Spuren in der Fernsehpublizistik von RTL
und Sat.1 – im Herbst 2008 mit Werten zwischen 20 und 30, im Frühjahr 2009 mit
einem Umfang von 12 bis 20 Minuten an einem durchschnittlichen Fernsehtag.
BERICHTERSTATTUNG ZUR FINANZKRISE 2008/2009
Abb. 4
(Zeitumfang pro Tag in Std.:Min.)
4:30
4:00
3:30
3:00
2:30
2:00
1:30
1:00
0:30
0:00
He. Fj.
08 09
He. Fj.
08 09
He. Fj.
08 09
He. Fj.
08 09
He. Fj.
08 09
He. Fj.
08 09
ARD
ZDF
RTL
VOX
RTL II
Sat.1
Politikberichterstattung
He. Fj.
08 09
He. Fj.
08 09
ProSieben kabel eins
Sonstige Themen
Allerdings zeigt Abbildung 4 auch, dass nur ein Teil der Fernsehbeiträge zur Finanzkrise der politischen Berichterstattung zuzurechnen ist. Hinzu kommt vor allem eine
im engeren Sinn auf Wirtschaftsfragen bezogene Fernsehpublizistik. Und generell
gilt, dass sich die Finanzkrise mit einem breiten Spektrum unterschiedlicher „Themen-Frames“ verknüpfen lässt, bis hin zur Human-Touch-Berichterstattung, und
dass diese Möglichkeiten in der Krisenberichterstattung von allen Programmen auch
genutzt wurden.
Das ist kein Widerspruch zu der Feststellung, dass die Themenstruktur der politischen Fernsehberichterstattung in den beiden genannten Stichproben nachhaltig
durch die Finanzkrise geprägt ist (Abb. 5). Vor allem im Herbst 2008, aber auch
noch im Frühjahr 2009 ist diese Problematik in allen Fernsehvollprogrammen, die
im Rahmen der ALM-Studie kontinuierlich beobachtet werden, ganz eindeutig das
Leitthema der politischen Publizistik, ganz unabhängig vom (im Einzelnen ja sehr
unterschiedlichen) Gesamtumfang der jeweiligen politischen Berichterstattung. Im
Herbst 2008 waren 60 bis 70 Prozent der politischen Publizistik von ARD/Das
Erste, ZDF, RTL und Sat.1 auf die Finanzkrise fokussiert, im Frühjahr 2009 waren
es immerhin noch zwischen 30 und 40 Prozent.
PROGRAMMFORSCHUNG • FINANZKRISE UND „OBAMA-EFFEKT“
64
POLITIKBERICHTERSTATTUNG 2008/2009
Abb. 5
(Zeitumfang pro Tag in Std.:Min.)
4:30
4:00
3:30
3:00
2:30
2:00
1:30
1:00
0:30
0:00
He. Fj.
08 09
He. Fj.
08 09
He. Fj.
08 09
He. Fj.
08 09
He. Fj.
08 09
He. Fj.
08 09
ARD
ZDF
RTL
VOX
RTL II
Sat.1
Politikberichterstattung mit Bezug zur Finanzkrise
He. Fj.
08 09
He. Fj.
08 09
ProSieben kabel eins
Sonstige Politikberichterstattung
POLITIK IN HAUPTNACHRICHTENSENDUNGEN 2008/2009
Abb. 6
(in Prozent)
100
80
60
40
20
0
Fj. He. Fj. Fj. He. Fj. Fj. He. Fj. Fj. He. Fj. Fj. He. Fj. Fj. He. Fj. Fj. He. Fj. Fj. He. Fj.
08 08 09 08 08 09 08 08 09 08 08 09 08 08 09 08 08 09 08 08 09 08 08 09
ARD
ZDF
RTL
VOX
RTL II
Sat.1
ProSieben kabel eins
Sonstige Themen
Politikberichterstattung mit Bezug zur Finanzkrise
Sonstige Politikberichterstattung
Sehr deutlich lässt sich das an der Themenstruktur der Hauptnachrichtensendungen4 aufzeigen. Betrachtet man den relativen Anteil der Politikberichterstattung an
4
ARD Tagesschau (täglich 20 Uhr), ZDF heute (täglich 19 Uhr), RTL aktuell und RTL aktuell weekend
(täglich 18:45 Uhr), VOX Nachrichten (Mo.–Fr. ca. 24 Uhr), RTL II News (täglich 20 Uhr), Sat.1
PROGRAMMFORSCHUNG • FINANZKRISE UND „OBAMA-EFFEKT“
65
der Gesamtsendezeit dieser Nachrichtensendungen, sind im Vergleich der letzten
drei Stichproben der ALM-Studie in allen Programmen Steigerungen des Politikanteils zu erkennen (vgl. Abb. 6). Der Zuwachs erfolgte kontinuierlich in drei Schritten:
vom Frühjahr 2008 über den Herbst 2008 bis zum Frühjahr 2009. Abbildung 6 ist zu
entnehmen, dass der Grund dafür zu einem beträchtlichen Anteil im Umfang der
Berichterstattung über politische Aspekte der Finanzkrise liegt.
Besonders auffallend ist der zum Teil sprunghafte Anstieg der politischen
Nachrichtengebung zwischen Herbst 2008 und Frühjahr 2009. Das ist nun allerdings
nicht mehr ausschließlich eine Folge der Berichterstattung über das „aktuelle Langzeitthema“ Finanzkrise, sondern eher auf ein singuläres politisches „Spitzenereignis“
mit einem hohen Nachrichtenwert zurückzuführen.
2.
Der „Obama-Effekt“
Nahezu zeitgleich zur Aufzeichnung der Frühjahrsstichprobe 2009 der ALM-Studie
besuchte der neu gewählte US-amerikanische Präsident Barack Obama Europa, mit
Terminen in London (G20-Gipfel), Straßburg (NATO-Gipfel) und Prag (EU/USAGipfel) sowie – aus deutscher Sicht besonders wichtig – mit einem Abstecher nach
Baden-Baden. Die Resonanz dieser Reise in den deutschen Medien war gewaltig und
spiegelte mit Sicherheit nicht nur den sachpolitischen Kern, sondern auch den „Polit-Prominenz-Charakter“ dieses Ereignisses wider.
POLITIK IN HAUPTNACHRICHTENSENDUNGEN 2008/2009
Abb. 7
(in Prozent)
100
80
60
40
20
0
Fj. He. Fj. Fj. He. Fj. Fj. He. Fj. Fj. He. Fj. Fj. He. Fj. Fj. He. Fj. Fj. He. Fj. Fj. He. Fj.
08 08 09 08 08 09 08 08 09 08 08 09 08 08 09 08 08 09 08 08 09 08 08 09
ARD
ZDF
RTL
VOX
RTL II
Sat.1
ProSieben kabel eins
Sonstige Themen
Politikberichterstattung mit Bezug zum US-Wahlkampf
Politikberichterstattung mit Bezug zum Obama-Besuch
Sonstige Politikberichterstattung
Nachrichten (Mo.–Fr./Sa. 20 Uhr, So. bzw. Sa.–So. 18:30 Uhr), ProSieben Newstime (täglich 18 Uhr),
kabel eins news (täglich ca. 16 Uhr).
PROGRAMMFORSCHUNG • FINANZKRISE UND „OBAMA-EFFEKT“
66
Interessant ist hier ein Vergleich der Herbststichprobe 2008 und der Frühjahrsstichprobe 2009 (vgl. Abb. 7). Schon im Herbst 2008 war der Präsidentschaftswahlkampf in den USA eines der Topthemen in den deutschen Fernsehnachrichten. Der
Obama-Besuch im Frühjahr 2009 in Europa übertraf das dann aber um ein Vielfaches. In den Fernsehvollprogrammen waren in dieser Woche mehr als 10, zum Teil
sogar 20 Prozent der Nachrichtensendezeit auf dieses Ereignis fokussiert.
Zusammengenommen führten der Obama-Besuch und die Finanzkrise zu einer weiteren Zunahme der politischen Fernsehnachrichten im Frühjahr 2009, obwohl der Anteil der Berichterstattung zur Finanzkrise im Vergleich zum Herbst 2008
etwas zurückging. Das heißt, es waren im Wesentlichen programmexterne Faktoren,
die „Nachrichtenlage“, die zu der aktuellen quantitativen Zunahme der politischen
Informationsangebote in den deutschen Fernsehvollprogrammen führten.
3.
Und Sat.1?
Gegenüber dem Tiefpunkt im Frühjahr 2008 hat Sat.1 im Frühjahr 2009 das quantitative Angebot an politischer Information mehr als verdoppelt (vgl. Abb. 8). Die
deutlich erkennbare Abhängigkeit der Steigerungsrate von den beiden zuvor beschriebenen Nachrichtenfaktoren begründen jedoch Zweifel an der Beständigkeit
dieser Entwicklung.
POLITIK BEI SAT.1 UND RTL 2008/2009
Abb. 8
(Zeitumfang pro Tag in Std.:Min.)
0:45
0:40
0:35
0:30
0:25
0:20
0:15
0:10
0:05
0:00
Fj. 08
He. 08
Sat.1
Fj. 09
Fj. 08
He. 08
Fj. 09
RTL
Politikberichterstattung mit Bezug zu Obama-Besuch/US-Wahlkampf
Politikberichterstattung mit Bezug zu Finanzkrise und Obama-Besuch/US-Wahlkampf
Politikberichterstattung mit Bezug zur Finanzkrise
Sonstige Politikberichterstattung
Wenn man die Vergleichsperspektive auf den Bereich der privaten Fernsehvollprogramme beschränkt, ist darüber hinaus festzuhalten, dass Sat.1 an den Umfang der
politischen Informationsleistung von RTL offensichtlich nicht mehr heranreicht, wie
PROGRAMMFORSCHUNG • FINANZKRISE UND „OBAMA-EFFEKT“
67
Abbildung 8 eindrucksvoll zeigt: weder unter den Bedingungen einer „schwachen“
noch unter den Bedingungen einer „starken“ Ereignislage. Die Frage ist eigentlich
nur noch, ob Sat.1, wie unter dem Eindruck der Programmänderungen im Jahr 2007
diskutiert, im politischen Informationssektor auf das „Fast-Null-Niveau“ der restlichen privaten Vollprogramme zurückfällt oder sich auf einem „Ein-Prozent-Niveau“
zwischen diesen Programmen und dem „Drei-Prozent-Niveau“ von RTL positioniert (vgl. dazu noch einmal Abb. 2).
Eine indirekte Antwort auf diese Frage findet sich in einem Zeitungsinterview
des Vorstandsvorsitzenden der ProSiebenSat.1 Media AG, Thomas Ebeling, in dem
er Fernsehnachrichten als ein „Zuschussgeschäft“ bezeichnet.5 Sie wären „vielleicht
für das Image bei Politikern wichtig, aber nicht unbedingt bei allen Zuschauern“.
Trotz der pauschalen Zusicherung, dass es „natürlich auch künftig Nachrichten bei
Sat.1, ProSieben und kabel eins“ geben werde, lässt dies kaum ein besonderes Engagement der ProSiebenSat.1 Media AG für das politische Informationsprofil von
Sat.1 erwarten.
Literatur
„Nachrichten sind für uns ein Zuschussgeschäft“. In: Süddeutsche Zeitung vom
27. November 2009.
Weiß, Hans-Jürgen (2008): Private Fernsehvollprogramme 1998–2007. Eine 10-Jahres-Bilanz der kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten. In: ALM Programmbericht 2007, S. 37-66.
Weiß, Hans-Jürgen (2009): Nachgesehen: Politische Publizistik in privaten Fernsehvollprogrammen. In: ALM Programmbericht 2008, S. 62-65.
5
Vgl. „Nachrichten sind für uns ein Zuschussgeschäft“. In: Süddeutsche Zeitung vom 27. November
2009.
PROGRAMMFORSCHUNG • NACHGESEHEN: KINDERFERNSEHEN
68
Nachgesehen: Kinderfernsehen
in Fernsehvollprogrammen
Hans-Jürgen Weiß
In seinem Beitrag im Abschnitt „Streitpunkte – Standpunkte“ in diesem Programmbericht schreibt Dieter Czaja, der Jugendschutzbeauftragte von RTL, die öffentlichrechtlichen und privaten Fernsehprogramme hätten seit den 90er Jahren „die Programmschienen mit täglichen und wöchentlichen Kindersendungen durch Angebote
für ein erwachsenes Publikum ersetzt“.1 Für die Seite der privaten Programme rechtfertigt er diese Entwicklung als „ökonomische Notwendigkeit [und] Chance für den
Ausbau des Angebots für Kinder in eigenen Kanälen wie Super RTL“. Die öffentlich-rechtliche Seite wird dagegen kritisiert. Die Auslagerung der allermeisten Kindersendungen der ARD und des ZDF in den KI.KA sei eine „gesellschaftspolitische
Fehlentwicklung und hätte von den Gremien nicht so hingenommen werden dürfen“.
Stimmt es wirklich, dass das Kinderfernsehen seit den 1990er Jahren aus den
öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehvollprogrammen verschwunden ist?
Blickt man in die Daten der kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten (im Folgenden kurz: „ALM-Studie“), kann man diese Behauptung empirisch überprüfen.
1.
Hintergrund
Das Erste Programm der ARD und das ZDF gingen in den 1950er und 1960er
Jahren auf Sendung, als es den rundfunkrechtlichen Begriff „Fernsehvollprogramm“
noch gar nicht gab. Nach der Einführung des privaten Rundfunks in Deutschland
folgten zwischen 1989 und 1993 jeweils drei private Fernsehvollprogramme der RTL
Group (RTL, RTL II und VOX) und der ehemaligen Kirch-Gruppe, der heutigen
ProSiebenSat.1 Media AG (Sat.1, ProSieben und kabel eins2). Mit einem gemeinsamen Marktanteil von 68 Prozent werden diese acht Programme auch heute noch auf
dem deutschen Zuschauermarkt stark nachgefragt.3
Die Zeit der Kinderkanäle begann in Deutschland Mitte der 1990er Jahre. Zunächst gingen 1995 mit Super RTL und Nickelodeon Deutschland zwei private
1
2
3
Vgl. dazu und zu den folgenden Zitaten von Dieter Czaja den Beitrag „Mehr Kinder in die Fernsehprogramme!“ in diesem Band.
kabel eins wurde allerdings erst im Jahr 1997 vom Spartenprogramm für Unterhaltung zum Vollprogramm umlizenziert.
Vgl. dazu den Beitrag „Jung, digital, verspartet – Fernsehen in Deutschland 2008/2009“ von Bertil
Schwotzer in diesem Band.
PROGRAMMFORSCHUNG • NACHGESEHEN: KINDERFERNSEHEN
69
Spartenprogramme für Kinder auf Sendung. 1997 folgte mit KI.KA ein öffentlichrechtliches, von ARD und ZDF veranstaltetes Kinderprogramm. Nickelodeon
Deutschland stellte 1998 den Sendebetrieb ein, 2005 wurde jedoch mit NICK ein
Nachfolgekanal gestartet. Parallel zur Etablierung frei empfangbarer Kinderkanäle
wurden auch im deutschen Bezahlfernsehen Spartenprogramme für Kinder eingerichtet. Den Anfang machte 1996 die Kirch-Gruppe mit den Programmen k-toon
und Junior im Programmbouquet von DF1. Und NICK jr., ein seit 2009 abonnierbares Programmangebot für Kinder zwischen 3 und 5 Jahren, ist sicher nicht der
letzte Kinderkanal im deutschen Pay-TV.
Am erfolgreichsten auf dem deutschen Fernsehmarkt ist Super RTL. Bei den
Fernsehzuschauern ab 3 Jahren hatte dieser Spartenkanal 2009 einen Marktanteil von
2,5 Prozent. KI.KA liegt mit 1,4 Prozent in der Mitte, NICK mit 0,9 Prozent am
Ende.4 Diese Werte kommen an die Marktanteile der erfolgreichsten Vollprogramme
nicht heran. Sie erreichen damit jedoch die Marktanteile der Nachrichten- und
Sportkanäle im deutschen Fernsehen, zum Teil liegen sie sogar darüber.
2.
„Kinder“-Fernsehen
Bei Aussagen zum quantitativen Umfang der Programmangebote für Kinder in
Fernsehvollprogrammen hat man zunächst das methodische Problem, dieses Programmangebot gegenüber anderen abzugrenzen. „Kinder“-Fernsehen ist ja eine
Zielgruppen- und keine Form- oder Inhaltskategorie. Bei Spartenprogrammen ist das
einfacher: Hier ist „Kinder“-Fernsehen das, was Kindern angeboten wird. Folgt man
einer neueren Studie von Krüger, dominieren dabei fiktional unterhaltende Programmsparten (KI.KA: 74 Prozent; Super RTL und NICK: über 90 Prozent), die
vorwiegend in animierter Form, d.h. vor allem im Rahmen von Zeichentrickserien
erzählt werden (KI.KA: knapp 60, NICK: 70 und Super RTL: 80 Prozent).5 Pädagogisch intendierte Programmangebote sind – quantitativ betrachtet – ebenso wie die
kinderspezifische Vermittlung von Information und Wissen eher Randerscheinungen dieses Programmtyps.6
Die Vermutung liegt nahe, dass es bei den Sendungen für Kinder in Fernsehvollprogrammen nicht viel anders ist. Zur Eingrenzung der entsprechenden Programmangebote ist dies allerdings nicht besonders hilfreich. Zwar ist ein großer Teil
der Kinderprogramme in zusammenhängende „Kinderprogrammflächen“ eingebettet. Die explizite Kennzeichnung dieser Programmflächen durch die Veranstalter
und auch die Übernahme dieser Angaben durch Programmzeitschriften ist aber
lückenhaft und daher für sich allein genommen auch kein verlässlicher Indikator für
4
5
6
Tagesdurchschnittswerte der Arbeitsgemeinschaft für Fernsehforschung (AGF) für 2009 (http://www.
agf.de/daten/zuschauermarkt/marktanteile [21.1.2010]). Bei den 3- bis 13-Jährigen hatte Super RTL
2009 einen Marktanteil von 21,3 und KI.KA von 15,5 Prozent (vgl. Tendenz, Heft 4/2009, S. 27).
Vgl. Krüger, Udo-Michael (2009): Zwischen Spaß und Anspruch: Kinderprogramme im deutschen
Fernsehen. In: Media Perspektiven, Heft 8, S. 413-431.
Unterschiede zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Kinderkanälen betreffen primär diesen
Bereich, sie beginnen erst jenseits einer gemeinsamen „Kinderunterhaltungsphilosophie“.
PROGRAMMFORSCHUNG • NACHGESEHEN: KINDERFERNSEHEN
70
Kindersendungen. Im Rahmen der ALM-Studie wird daher eine aufwendige Programmabfrage mit insgesamt acht Variablen durchgeführt, um spezifische Fernsehangebote für Kinder vom restlichen Programm abzugrenzen.7
3.
Programmentwicklungen
Zieht man zusätzlich zur ALM-Studie eine Studie der Landesanstalt für Medien
Nordrhein-Westfalen (LfM) heran, die 1992/93 durchgeführt wurde,8 kann man die
These von Dieter Czaja zunächst in Bezug auf die vier erfolgreichsten Vollprogramme auf dem deutschen Zuschauermarkt – ARD/Das Erste, ZDF, RTL und
Sat.1 – einem „Vorher-Nachher-Test“ unterziehen. Dabei werden die LfM-Daten
aus dem Frühjahr 1993 mit den Ergebnissen der ALM-Studie zum Frühjahr 1998
und Frühjahr 2009 verglichen (vgl. Abb. 1).
KINDERSENDUNGEN IN VOLLPROGRAMMEN 1993–2009
Abb. 1
(Sendezeit pro Wochentag in Std.:Min.)1
2:30
2:00
1:30
1:00
0:30
0:00
93
98
09
ARD/Das Erste
93
98
ZDF
09
93
98
RTL
09
93
98
09
Sat.1
1 Jeweils eine Stichprobenwoche im Frühjahr; Quelle der Werte für 1993: Weiß/Trebbe 1994.
Im Frühjahr 1993, in der Zeit vor den Kinderkanälen, strahlten ARD/Das Erste,
ZDF und RTL im Wochendurchschnitt ca. 2 Stunden pro Tag Sendungen für Kinder aus; Sat.1 kam in etwa auf 1 Stunde.
Im Frühjahr 1998, kurz nach der Etablierung von Spartenprogrammen für
Kinder, ging das Volumen der Kindersendungen bei allen Programmen zurück. Es
blieb jedoch bei ARD/Das Erste, ZDF und RTL auf einem relativ hohen Niveau
(ca. 100 Minuten täglich). Bei Sat.1 waren es nur noch 20 Minuten.
7
8
Vgl. dazu das Codebuch in Abschnitt 4.5 des Stichprobenberichts Frühjahr 2009 (http://www.alm.de
→ Medienforschung/Publikationen → TV-Programmforschung).
Vgl. Weiß, Hans-Jürgen/Joachim Trebbe (1994): Öffentliche Streitfragen in privaten Fernsehprogrammen. Zur Informationsleistung von RTL, SAT 1 und PRO 7. Opladen (Schriftenreihe Medienforschung der LfR Nordrhein-Westfalen; Bd. 15).
PROGRAMMFORSCHUNG • NACHGESEHEN: KINDERFERNSEHEN
71
Elf Jahre später, im Frühjahr 2009, kann man bei den privaten Marktführern
einen „de-facto-Abschied“ vom Kinderfernsehen feststellen. Bei Sat.1 sind Kindersendungen nicht mehr fester Bestandteil des Programms und RTL hat sie auf weniger als eine halbe Stunde im Tagesdurchschnitt reduziert.
Bei den öffentlich-rechtlichen Vollprogrammen entwickelte sich das Kinderfernsehen nach 1998 unterschiedlich. Beim ZDF wurde das Programmangebot für
Kinder weiter reduziert. Es hat jetzt noch einen durchschnittlichen Umfang von ca.
1 Stunde pro Tag. Im Ersten Programm der ARD hat sich dagegen der Umfang des
Kinderprogramms im Vergleich zu 1998 kaum verändert und liegt im Tagesdurchschnitt immer noch bei knapp 2 Stunden.
KINDERSENDUNGEN AN WERKTAGEN (MO–FR) 1998–2009
Abb. 2
(Sendezeit pro Werktag in Std.:Min.)
8:00
7:00
6:00
5:00
4:00
3:00
2:00
1:00
0:00
1998
1999
2000
2001
2002
ProSieben
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
RTL II
Nun führt die Zeitperspektive eines „durchschnittlichen Wochentags“ bei der Beschreibung des Umfangs von Kindersendungen in Fernsehvollprogrammen allerdings etwas in die Irre. Im bisherigen Beobachtungszeitraum der ALM-Studie zwischen 1998 und 2009 strahlte nur RTL II durchgängig ein Werktagsprogramm für
Kinder aus (vgl. Abb. 2). Es hatte bis 2002 mit 5–6 Stunden pro Werktag einen
beträchtlichen Umfang, wurde jedoch ab 2003 kontinuierlich auf nunmehr ca. zweieinhalb Stunden pro Werktag zurückgeführt. Alle übrigen Vollprogramme konzentrierten sich, sofern sie überhaupt spezifische Sendungen für Kinder anboten, auf die
beiden Wochenendtage und hier vor allem auf die Morgenstunden.
So haben heutzutage Kinder samstags und sonntags in den Morgenstunden
zwischen 7 und 9 Uhr die Qual der Wahl, wenn sie fernsehen wollen. Zusätzlich zu
den drei Kinderkanälen bieten ihnen das Erste Programm der ARD, das ZDF und
kabel eins ein Kinderprogramm an (vgl. Abb. 3). Im Fall des Ersten Programms der
ARD erstreckt es sich an beiden Wochenendtagen über sechseinhalb Stunden, von
5.30 bis 12.00 Uhr.
PROGRAMMFORSCHUNG • NACHGESEHEN: KINDERFERNSEHEN
72
Abb. 3
PROGRAMMSCHEMA DER KINDERSENDUNGEN AM WOCHENENDE 2009
ARD/Das Erste
Sa
So
ZDF
Sa
RTL
So
Sa
kabel eins
Sa
So
So
5:00
–6:00
6:00
–7:00
7:00
–8:00
8:00
–9:00
9:00
–10:00
10:00
–11:00
11:00
–12:00
Bei RTL hatte das Wochenendprogramm für Kinder 1998/1999 noch einen Umfang
von ca. 6 Stunden pro Tag, seit 2003 liegt es zwischen 1 und 2 Stunden (vgl. Abb. 4).
RTL II folgte diesem Trend auf niedrigerem quantitativen Niveau. Seit 2007 werden
von RTL II am Wochenende gar keine Kindersendungen mehr ausgestrahlt.
KINDERSENDUNGEN IN DEN PROGRAMMEN DER RTL GROUP
AM WOCHENENDE 1998–2009
Abb. 4
(Sendezeit pro Wochenendtag in Std.:Min.)
8:00
7:00
6:00
5:00
4:00
3:00
2:00
1:00
0:00
1998
1999
2000
2001
RTL
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
RTL II
In der ProSiebenSat.1 Media AG war ProSieben anfangs der wichtigste Abspielkanal
für Kindersendungen. Bis 2001 hatte diese Programmsparte dort an den Wochenendtagen einen Umfang von durchschnittlich 4 Stunden und mehr (vgl. Abb. 5).
PROGRAMMFORSCHUNG • NACHGESEHEN: KINDERFERNSEHEN
73
Sat.1 zog anfangs nach, mit einer „Wochenendspitze“ von 3 Stunden pro Wochenendtag im Jahr 2002. Nach 2003 gab es immer weniger Kindersendungen im Wochenendprogramm von Sat.1 und ProSieben: Sie „wanderten“ zu kabel eins, wo sie
2006 Spitzenwerte von über 5 Stunden pro Wochenendtag erreichten. Dann wurden
sie allerdings auch bei kabel eins wieder sukzessiv reduziert – auf durchschnittlich ca.
dreieinhalb Stunden im Frühjahr 2009.
KINDERSENDUNGEN IN DEN PROGRAMMEN DER PROSIEBEN SAT.1
MEDIA AG AM WOCHENENDE 1998–2009
Abb. 5
(Sendezeit pro Wochenendtag in Std.:Min.)
8:00
7:00
6:00
5:00
4:00
3:00
2:00
1:00
0:00
1998
1999
2000
Sat.1
2001
2002
2003
2004
ProSieben
2005
2006
2007
2008
2009
kabel eins
Im Frühjahr 2009 hatte das Kinderprogramm des ZDF am Wochenende einen Umfang von durchschnittlich 4 Stunden täglich – das sind 2 Stunden weniger als 1998
(vgl. Abb. 6). Im Ersten Programm der ARD dagegen blieb der Umfang der Kindersendungen am Wochenende seit 1998 stets oberhalb von 6 Stunden pro Tag. Das
heißt, dass die beiden öffentlich-rechtlichen Veranstalter des KI.KA hinsichtlich der
Ausstrahlung von Kindersendungen in ihren eigenen Programmen unterschiedliche
Wege gegangen sind.
Während das ZDF sein Kinderprogramm zwischen 1998 und 2009 um ca. ein
Drittel gekürzt hat, hat es sich im Ersten Programm der ARD quantitativ kaum
verändert.9 Und während das ZDF inzwischen weitgehend auf Informations- und
Infotainmentangebote für Kinder verzichtet, haben diese Programmangebote beim
öffentlich-rechtlichen Konkurrenten mit sechseinhalb Stunden pro Woche einen
9
Zieht man allerdings Daten von Programmanalysen vor dem Jahr 1993 heran, sieht man, dass der
Umfang der Sendungen für Kinder im Ersten Programm der ARD offensichtlich Anfang der 1990er
Jahre stark reduziert wurde: von durchschnittlich mehr als 4 Stunden pro Wochentag im Jahr 1990 auf
ca. 2 Stunden pro Wochentag im Jahr 1993. Vgl. Weiß, Hans-Jürgen u.a. (1991): Produktionsquoten
privater Fernsehprogramme in der Bundesrepublik Deutschland. Eine Programmanalyse im Frühjahr
1990. Düsseldorf, sowie Weiß/Trebbe 1994.
PROGRAMMFORSCHUNG • NACHGESEHEN: KINDERFERNSEHEN
74
beachtlichen Umfang (vgl. Tab. 1). Vor allem mit diesen Programmangeboten hat
das Erste Programm der ARD in der Konkurrenz der privaten und öffentlichrechtlichen Vollprogramme um die Zielgruppe der Kinder de facto einen „Alleinstellungsanspruch“. Nur hier ist der Anteil der Informations- und Infotainmentangebote
am Kinderprogramm größer als der Umfang der Unterhaltungsangebote für Kinder.
KINDERSENDUNGEN IN ARD/DAS ERSTE UND ZDF
AM WOCHENENDE 1998–2009
Abb. 6
(Sendezeit pro Wochenendtag in Std.:Min.)
8:00
7:00
6:00
5:00
4:00
3:00
2:00
1:00
0:00
1998
1999
2000
2001
2002
ARD/Das Erste
4.
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
ZDF
Zusammenfassung
Die erfolgreiche Etablierung von Kinderspartenkanälen im deutschen Fernsehen hat
den Stellenwert der Kindersendungen in den Fernsehvollprogrammen verändert.
Von einem „Verschwinden des Kinderfernsehens“ aus den Fernsehvollprogrammen
kann jedoch weder im privaten und schon gar nicht im öffentlich-rechtlichen Sektor
die Rede sein.
Richtig ist, dass Kindersendungen bei drei der sechs privaten Fernsehvollprogramme nicht bzw. nicht mehr zum festen Bestandteil des Programmschemas zählen. Das gilt für Sat.1, ProSieben und VOX. Auch RTL hat sich weitgehend aus dem
Kinderfernsehen zurückgezogen; es hat dort nur noch einen Umfang von ca. 3 Stunden pro Woche.
Andererseits gibt es zwei private Vollprogramme, in denen Programmangebote
für Kinder immer noch einen klar profilierten Stellenwert haben. Das gilt für die
werktags ausgestrahlten Sendungen von RTL II mit einem wöchentlichen Umfang
von zwölfeinhalb Stunden und für das Wochenendprogramm von kabel eins, das 7
Stunden pro Woche umfasst. Beiden Kanälen ist gemeinsam, dass sie vor allem Zeichentrickserien ausstrahlen.
PROGRAMMFORSCHUNG • NACHGESEHEN: KINDERFERNSEHEN
75
PROGRAMMGATTUNGEN DER KINDERSENDUNGEN 2009
Tab. 1
(Sendezeit pro Woche in Std.:Min.)
Zeichentrick, Animation
Filme, Serien
Nonfiktionale Unterhaltung
Information, Infotainment
GESAMT
ARD
ZDF
RTL
RTL II
kabel eins
1:55
2:42
1:23
6:30
4:26
1:09
1:09
0:56
1:09
1:55
-
12:04
0:25
7:00
-
12:30
7:40
3:04
12:29
7:00
Bei den öffentlich-rechtlichen Vollprogrammen sind die unterschiedlichen Programmstrategien von ARD/Das Erste und ZDF ganz offenkundig. Das ZDF hat
seine Programmangebote für Kinder nach der Etablierung der Kinderkanäle deutlich
zurückgeführt. Die im Frühjahr 2009 verbliebene Sendezeit von siebeneinhalb Sendestunden pro Woche besteht überwiegend aus Unterhaltungsangeboten für Kinder.
Genau gegenläufig dazu hat das Erste Programm der ARD den Umfang seines Kinderprogramms von zwölfeinhalb Stunden pro Woche weitgehend beibehalten. Als
einziges Vollprogramm setzt es dabei in einem quantitativ „nachhaltigen“ Umfang
(im Wochendurchschnitt sechseinhalb Stunden) nicht nur auf Unterhaltung, sondern
auch auf Wissensvermittlung und Infotainment für Kinder.
Insgesamt gesehen kann man eine kritisch gemeinte Formulierung von Dieter
Czaja umkehren: Auch nach der Etablierung von Spartenprogrammen für Kinder ist
das Kinderfernsehen in vier der acht erfolgreichsten Fernsehvollprogramme „für
Groß und Klein [gut] sichtbar“ geblieben. Dass es zwei private und zwei öffentlichrechtliche Vollprogramme sind, für die das gilt, ist vielleicht ein Zufall. Vielleicht
aber auch nicht.
Literatur
Krüger, Udo-Michael (2009): Zwischen Spaß und Anspruch: Kinderprogramme im
deutschen Fernsehen. In: Media Perspektiven, Heft 8, S. 413-431.
Weiß, Hans-Jürgen/Joachim Trebbe (1994): Öffentliche Streitfragen in privaten Fernsehprogrammen. Zur Informationsleistung von RTL, SAT 1 und PRO 7. Opladen
(Schriftenreihe Medienforschung der LfR Nordrhein-Westfalen; Bd. 15).
Weiß, Hans-Jürgen u.a. (1991): Produktionsquoten privater Fernsehprogramme in
der Bundesrepublik Deutschland. Eine Programmanalyse im Frühjahr 1990.
Düsseldorf.
PROGRAMMFORSCHUNG • DIFFUSION ODER DEPENDENZ?
76
Diffusion oder Dependenz?
Entwicklungen des Fernsehens in Österreich und in der
Schweiz und die Programmgestaltung in der Prime Time
Jens Woelke und Joachim Trebbe
Abhängigkeiten in der Entwicklung nationaler Mediensysteme von Strukturen und
Bedingungen benachbarter Medienmärkte sind eine zentrale Forschungsfrage in der
Mediensystemforschung.1 Für die TV-Programmforschung in Österreich und in der
Schweiz ist diese Perspektive umso interessanter, als beide Länder nicht nur relativ
spät eine Dualisierung des Fernsehens vollzogen, sondern aufgrund der Zugehörigkeit zum deutschen bzw. französischen und italienischen Sprachraum unter erheblichem Einfluss von TV-Programmangeboten aus den Nachbarländern stehen.2
Besonders problematisch ist der damit entstehende zusätzliche Konkurrenzdruck für neue Programmanbieter:3 Diese stehen nicht nur in Konkurrenz zu den
etablierten, meist öffentlich-rechtlichen Programmanbietern im eigenen Land. Sie
erhalten mit ausländischen TV-Veranstaltern auch Wettbewerber, deren allokative
Effizienz z.B. durch Rückgriff auf bestehende Infrastrukturen zur Programmproduktion oder durch Nutzung von Synergien beim Programmlizenzerwerb oftmals
deutlich günstiger liegt.
Der folgende Beitrag versucht nachzuzeichnen, wie sich die nationalen Fernsehsysteme der Schweiz und Österreichs aus Sicht der Mediensystemforschung mit
der Dualisierung entwickelt haben und wie neue privat-kommerzielle und etablierte
öffentlich-rechtliche Sender mit dieser Situation in der Gestaltung konkreter Programmangebote umgehen. Dazu werden, nach einer Darstellung der Entwicklungstypen von Mediensystemen und einer Skizze der Fernsehsysteme beider Länder, ein
Ausschnitt des Fernsehprogramms und seine Entwicklungen von 2007 zu 2009
betrachtet: die Fernsehprogrammangebote in der Prime Time. Als „beste Sendezeit“
1
2
3
Vgl. Blum, Roger (2005): Bausteine zu einer Theorie der Mediensysteme. In: Medienwissenschaft
Schweiz, Jg. 15, Nr. 2, S. 5-11; Kleinsteuber, Hans J. (2002): Mediensysteme in vergleichender Perspektive. Zur Anwendung komparativer Ansätze in der Medienwissenschaft: Probleme und Beispiele. In:
Haas, Hannes/Otfried Jarren (Hrsg.): Mediensysteme im Wandel. Struktur, Organisation und Funktion
der Massenmedien. Wien, S. 24-45; Thomaß, Barbara (Hrsg.) (2007): Mediensysteme im internationalen
Vergleich. Konstanz.
Vgl. Trebbe, Joachim/Gergana Baeva/Bertil Schwotzer/Steffen Kolb/Harald Kust (2008): Fernsehprogrammanalyse Schweiz. Methode, Durchführung, Ergebnisse. Zürich/Chur, S. 21; Woelke, Jens
(2008): TV-Programmanalyse. Fernsehvollprogramme in Österreich 2007. Wien (Schriftenreihe der
Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH; Bd. 1/2008).
Vgl. Trappel, Josef (2001): Fernsehen in Österreich und der Schweiz: Wenig Licht im deutschen Marktschatten. In: Media Perspektiven, Heft 6, S. 306-314.
PROGRAMMFORSCHUNG • DIFFUSION ODER DEPENDENZ?
77
des Tages (18–23 Uhr) verdeutlicht sie die Angebotsprofile nationaler Fernsehvollprogramme in besonderer Weise und macht Programmausrichtung, Konkurrenzwahrnehmungen, aber auch Einflüsse „einstrahlender“ ausländischer Fernsehprogramme deutlich erkennbar.4
1.
Dualisierung des Fernsehens – Entwicklungstypen in der
Mediensystemforschung
Der Begriff Dualisierung umschreibt den Prozess der Ausdifferenzierung nationaler
Fernsehsysteme. Meist ist damit die Erweiterung des bestehenden Spektrums an
öffentlich-rechtlichen Programmen um privat-kommerzielle Anbieter gemeint, wie
sie sich etwa in Großbritannien schon Mitte der 1950er Jahre vollzog. Hier wurde
bereits 1954 das Angebot des öffentlich-rechtlichen Programms BBC one um Programme des privaten ITV-Networks ergänzt, auf das später (ab 1997) private Angebote wie Channel Five folgten.5 Mit dem Begriff Dualisierung umschriebene Entwicklungen lassen sich für die Folgejahre auch in anderen nationalen Medienmärkten
beobachten: Deutschland „dualisierte“ das Fernsehen ähnlich wie Großbritannien,
indem ab Mitte der 1980er Jahre privat-kommerzielle Fernsehprogramme (wie RTL
oder Sat.1) zugelassen wurden, ebenso Frankreich, Italien, Länder in Ost- und Südosteuropa nach den politischen Veränderungen Anfang der 1990er Jahre oder –
relativ spät – Österreich und die Schweiz.
Wenn Dualisierung im weiteren Sinne die Ausdifferenzierung des Fernsehsystems auf dem Wege zu einem Fernsehmarkt beschreibt, ist damit auch die Vervielfältigung öffentlich-rechtlicher Programmangebote angesprochen, die sich gleichzeitig,
in unmittelbarer Folge oder auch vor dem Hinzutreten privater Anbieter vollziehen
kann. Als Beispiel hierfür gilt wiederum Großbritannien, dessen Fernsehsystem 1964
um BBC two und 1982 um das zwar kommerziell (durch Werbung) finanzierte,
jedoch öffentlich-rechtlich organisierte Programm Channel 4 ergänzt wurde. Eine
ähnliche Entwicklung vollzog sich in Österreich, wo die öffentlich-rechtliche Anstalt
ORF das bestehende Angebot von zwei TV-Vollprogrammen um das (kommerziell
finanzierte) Spartenprogramm TW1 und das (z.T. gebührenfinanzierte) Spartenprogramm ORF Sport plus ergänzte, ebenso wie in Deutschland, wo die öffentlichrechtlichen Anstalten zuletzt mit Einsfestival bzw. ZDFneo eigene Programme für
spezielle Zielgruppen gestartet haben.
Prozesse der Ausdifferenzierung von Mediensystemen wie dem Fernsehen
werden in der Mediensystemforschung über unterschiedliche Entwicklungstypen
beschrieben:6
4
5
6
Vgl. dazu auch den Beitrag von Joachim Trebbe zur Programmentwicklung der deutschen Vollprogramme in der Prime Time in diesem Band.
Vgl. Humphreys, Peter (2002): Das Mediensystem Großbritanniens. In: Hans-Bredow-Institut (Hrsg.):
Internationales Handbuch Medien 2002/2003. Baden-Baden, S. 330-341.
Vgl. Kleinsteuber 2002, S. 27f.
PROGRAMMFORSCHUNG • DIFFUSION ODER DEPENDENZ?
78
-
Als Diffusion wird die Übertragung eines in einem bestimmten Staat entstandenen Modells oder Teilen davon auf andere Länder bezeichnet, wobei die anfängliche Suche nach Konkordanzen (wie ähnlich sind sich z.B. die öffentlichrechtlichen Programmangebote von Land A und Land B?) in späteren Phasen
des Vergleichs in eine Differenzbeobachtung (inwiefern unterscheiden sich z.B.
private Programme in Land A und Land B?) übergehen kann.
Meist laufen Entwicklungen der Fernsehsysteme in einzelnen Ländern nicht
zeitgleich ab, auch wenn sie sich inhaltlich ähneln. Diese „Konkordanz in zeitlicher Abfolge“7 findet im Entwicklungstyp Temporanz Berücksichtigung.
Gelegentlich stehen nationale Fernsehsysteme jedoch vor der Situation, sich
ohne Existenz inländischer Wettbewerber aufgrund äußerer Einflüsse entwickeln zu müssen. Eine Abhängigkeit in der Entwicklung eines nationalen Fernsehsystems von den Strukturbedingungen und Angeboten anderer nationaler
Mediensysteme lässt sich mit dem Entwicklungstyp Dependenz beschreiben.
Dieser scheint für die hier vorliegenden Untersuchungsfälle Österreich und
Schweiz evident zu sein.
-
Bevor mit der Betrachtung der Prime-Time-Angebote der für die Schweiz und Österreich zentralen TV-Vollprogramme eine Antwort auf die Frage versucht werden
soll, ob sich Fernsehen in Österreich und in der Schweiz eher durch Übernahme
bestehender (Programm-)Modelle zeitgleich bzw. zeitversetzt oder eher in Dependenz zu anderen nationalen Fernsehprogrammen entwickelt hat, sollen Anbieterstrukturen, Programmnutzung und die Konkurrenzkonstellationen in beiden Ländern rekapituliert werden.
2.
Fernsehen in Österreich und in der Schweiz – Reminder
Neben erheblichen Unterschieden – die Schweiz ist sprachlich bedingt durch eine
Segmentierung der Anbieter nach Landesteilen gekennzeichnet, weshalb bisweilen
auch von drei getrennten Fernsehmärkten die Rede ist,8 während die Bundesländer
in Österreich in den (öffentlich-rechtlichen) landesweiten TV-Vollprogrammen zwar
durch Landesstudios und Regionalfenster vertreten sind, aber keine eigenen TVProgramme anbieten – weisen die Fernsehsysteme Österreichs und der Schweiz
auch Ähnlichkeiten auf: In beiden Ländern etablierten sich privat-kommerzielle TVAnbieter relativ spät,9 sodass die öffentlich-rechtlichen Anstalten nicht nur lange
Zeit die einzigen inländischen TV-Anbieter waren, sondern heute noch die reichwei7
8
9
Kleinsteuber 2002, S. 28.
Vgl. Trebbe u.a. 2008, S. 21.
In Österreich wurden private Regionalsender wie Salzburg TV nach Erlass des Privatfernsehgesetzes
2002 erstmals (legal) terrestrisch ausgestrahlt und mit ATVplus ab 2003 das erste privat-kommerzielle
TV-Programm landeweit verbreitet. Nachdem die erst 1998 bzw. 1999 gestarteten nationalen privaten
TV-Sender Tele24 bzw. TV3 im Herbst 2001 aus wirtschaftlichen Gründen aufgegeben wurden, ist
konzessioniertes Privatfernsehen in der Schweiz heute weitgehend nur auf regionaler bzw. subregionaler Ebene zu finden.
PROGRAMMFORSCHUNG • DIFFUSION ODER DEPENDENZ?
79
tenstärksten Programme stellen, obwohl sie schon einige Zeit vorher, insbesondere
mit der Dualisierung des Fernsehens in Italien, Frankreich oder Deutschland, in ein
Konkurrenzverhältnis zu einstrahlenden ausländischen TV-Programmen geraten
waren.10
2.1 Anbieterstruktur
In der Schweiz war und ist Fernsehen mit dem Begriff öffentlich-konzessioniertes
Fernsehen verbunden. Träger ist die SRG SSR idée suisse (SRG), ein gemeinnütziger
Verein, der über seine Regionalgesellschaften je Sprachregion zwei, insgesamt also
sechs öffentlich-konzessionierte TV-Vollprogramme anbietet:11 SF 1 und SF zwei als
Angebote des deutschsprachigen Schweizer Fernsehens, TSR 1 und TSR 2 der
Télévision Suisse Romande sowie RSI LA1 und RSI LA2 der Televisione svizzera di
lingua italiana. Zusätzlich existiert noch eine vierte Regionalgesellschaft, die für die
Produktion der rätoromanischen Fensterprogramme (Radio e Televisiun Rumantscha) verantwortlich ist.
Mit TeleBärn, TeleZüri oder TeleBasel finden sich aktuell zwar einige z.T.
prominente Beispiele für private TV-Programme – es handelt sich dabei wie bei
vielen anderen privaten Programmen der Schweiz jedoch um lokale bzw. subregionale Sender. Von den Mitte bzw. Ende der 1990er Jahre gestarteten sprachregionalen12 TV-Programmen STAR TV, Tele24, TV3 und Swizz wurden zwei Programme,
Tele24 und TV3, bereits 2001 aus wirtschaftlichen Gründen wieder eingestellt.
STAR TV ist zwar in den Kabelnetzen der Ballungsraumzentren Zürich, Bern, Basel
und St. Gallen vertreten (und damit de facto ein überregionaler Sender) und sendet
einen Mix aus Film-, Lifestyle- und Entertainmentangeboten, ist derzeit aber nicht
als sprachregionaler Sender konzessioniert.13 Gleiches gilt für das frühere sprachregionale Programm Swizz, das heute unter dem Namen VIVA Schweiz als Spartenprogramm firmiert, für WebTV-Sender mit überregionaler Verbreitung wie 4uTV,
das früher regionale Programm TeleOlten sowie Sender, die als Vollprogramm ausgewiesen sind wie Schweiz 5.
In den vergangenen Jahren hat es erneut Versuche gegeben, sprachregionale
Fernsehprogramme zu etablieren:14 2006 startete mit 3+ ein deutschsprachiges pri10
11
12
13
14
Das Konkurrenzverhältnis verschärfte sich, seit einige private Programme aus Deutschland oder Frankreich (z.B. RTL, Sat.1, M6) eigene Werbefenster, zum Teil sogar eigene Programmfenster (Sat.1 Österreich: „Cafe Puls“, „AustriaNews“; Sat.1 CH: „Super Single“) in ihren in der Schweiz oder Österreich
verbreiteten Programmen ausstrahlten bzw. ausstrahlen, die in der Schweiz sogar vom Bund konzessioniert sind und damit den Schweizer Gesetzen unterstehen.
Vgl. Trebbe u.a. 2008, S. 21-24.
Sprachregionale Programme gelten als Pendants zu den landesweiten TV-Programmen in Österreich
oder in anderen einsprachigen Ländern.
Vgl. StarTV (2009): Programm. URL: http://www.startv.ch/index.cfm?page=117368&cfid=36257817
&cftoken=70226409 [30.12.2009].
Vgl. Bundesamt für Kommunikation (2009): Sprachregionale Programme. URL: http://www.
bakom.ch/themen/radio_tv/marktuebersicht/tv_sprachregional/index.html?lang=de [30.12.2009].
PROGRAMMFORSCHUNG • DIFFUSION ODER DEPENDENZ?
80
vates Programm, das über Kabel verbreitet wird und überwiegend Unterhaltungssendungen (Serien, Kaufproduktionen) sowie Teleshoppingsendungen ausstrahlt.
Ebenfalls als sprachregionales Programm konzessioniert ist TVM3, ein gleichfalls
per Kabel verbreitetes privates Programm in französischer Sprache, das sich jedoch
auf Musik spezialisiert hat.15
In Österreich sind die Vorstellungen vom Fernsehen ebenfalls durch einen öffentlich-rechtlichen Anbieter geprägt. Seit 197016 veranstaltet der Österreichische
Rundfunk als Stiftung öffentlichen Rechts zwei tägliche, landesweite TVVollprogramme (ORF 1 und 2) in deutscher Sprache, die um regional verbreitete
Programmfenster mit fremdsprachigen Angeboten für die durch den Staatsvertrag
anerkannten kroatischen und slowenischen Volksgruppen ergänzt sind. Ab 1997
weitete der ORF sein Senderangebot um zwei Spartensender aus: TW1, ein österreichweit per Kabel verbreitetes TV-Programm, liefert Informationsangebote zum
Thema Freizeit, Wetter und Tourismus, wird aber kommerziell (durch Werbung)
finanziert. Im Rahmen der Gebührenfinanzierung17 sendet der ORF seit Mai 2006
täglich von 20.15 bis 22.45 Uhr sowie samstags und sonntags zusätzlich von 14.00
bis 18.00 Uhr auf der Frequenz von TW1 das Programm ORF Sport plus, das seit
2007 auch eigenständig digital terrestrisch verbreitet wird (in der programmfreien
Sendezeit wird auf dem digital terrestrischen Kanal eine Hinweistafel und als Ton
der Radiosender Ö3 ausgesendet).
Landesweite private Vollprogramme existieren in Österreich mit dem Sendestart von ATV erst seit 2003. In den Jahren 2007 und 2008 kamen die privaten TVProgramme Austria9 (als Vollprogramm lizenziert, jedoch ohne landesweite terrestrische Verbreitung) und PULS 4 (als landesweit verbreitetes TV-Vollprogramm)
hinzu. Quasi landesweit verbreitet wird seit Mai 2004 (unverschlüsselt über Satellit
und Telekabel Wien) der private Spartensender für Musik GoTV. Neben diesen
landesweiten privaten TV-Programmen existieren mit Servus TV, LT1 Linz, ATVAichfeld und anderen weitere Sender, die per DVB-T oder Kabel hauptsächlich lokal
oder regional ausgestrahlt werden.18
Vgl. TVM3 (2009): Programme URL: http://www.tvm3.tv/index.php?option=com_content&task=
blogcategory&id=16&Itemid=48 [30.12.2009].
16 Ab 1961 verbreitete der ORF ein zweites Fernsehprogramm, das als sogenanntes technisches Versuchsprogramm allerdings nur an fünf Tagen pro Woche gesendet wurde. Vgl. Medienforschung ORF
(2009a): Die österreichische Rundfunk-Chronik. URL: http://mediaresearch.orf.at/chronik.htm
[30.12.2009].
17 Laut einer Mitteilung des ORF von Ende 2009 ist ORF Sport plus aus der Budgetplanung des ORF für
2010 gestrichen und soll eingestellt werden. Vgl. [email protected] (2009): ORF Sport Plus wird aus Budgetgründen eingestellt. URL: http://sport.orf.at/?href=http%3A%2F%2Fsport.orf.at%2Fticker%2F33
4617.html [30.12.2009].
18 Vgl. Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (2009): Fernsehveranstalter. URL: http://www.rtr.at
/de/rf/Fernsehveranstalter [30.12.2009].
15
PROGRAMMFORSCHUNG • DIFFUSION ODER DEPENDENZ?
81
2.2 Programmnutzung – Marktanteile der Sender
Schweiz.19 Die in der Hauptsache gebührenfinanzierten Programme der SRG haben
nicht nur das Bild der Schweizerinnen und Schweizer vom Fernsehen geprägt – sie
zählen ungeachtet der Vielzahl der in der Schweiz empfangbaren Programme nach
wie vor zu den reichweitenstärksten Programmen in den jeweiligen Sprachregionen:20 In der deutschen Schweiz erreicht SF 1 als stärkstes Programm einen Marktanteil von knapp 24 Prozent, gefolgt von SF zwei mit 9 Prozent. Die restlichen Marktanteile verteilen sich auf mehrere ausländische Sender, wobei keiner deutlich über
7 Prozent liegt. Die ersten Programme TSR 1 und RSI LA1 aus den beiden anderen
Sprachregionen spielen in der deutschsprachigen Schweiz kaum eine Rolle. Ähnliches gilt für die privaten Schweizer TV-Programme: Sie erreichen in der deutschen
Schweiz zusammen einen Marktanteil von 5 Prozent.
Die starke Stellung, die TSR 1 in der französischen Schweiz (Marktanteil 25 Prozent) inne hat, wird hier vor allem von den ausländischen französischen Anbietern
TF1 (Marktanteil 15 Prozent), M6 und France 2 (jeweils 9 Prozent Marktanteil)
angefochten. Das zweite französischsprachige Programm, TSR 2, kommt an fünfter
Stelle liegend auf einen Marktanteil von knapp 7 Prozent. Anderssprachige SRGProgramme wie SF 1 und RSI LA1 (beide mit Marktanteilen unter 1 Prozent) haben
in der französischsprachigen Schweiz kaum Relevanz, ebenso wenig wie private
Schweizer Anbieter, die in der Romandie auf nur knapp 1 Prozent Marktanteil
kommen.
Ähnlich wie in der Romandie ist die Situation in der italienischen Schweiz. Auf
den Marktführer RSI LA1 (Marktanteil 24 Prozent) folgen mehrere italienische
Fernsehprogramme (z.B. Canale5, RAI Uno oder Italia 1), die Marktanteile zwischen
12 und 6 Prozent erreichen. RSI LA2 folgt mit einem Marktanteil von 6 Prozent auf
Platz 7. Von den anderen SRG-Programmen erreicht SF 1 noch einen Marktanteil
von über 2 Prozent und TSR 1 knapp 1 Prozent. Die privaten Schweizer Programme
erreichen hier mit unter 2 Prozent Marktanteil nur wenige Zuschauer.
Österreich. Die TV-Programmnutzung in Österreich weist weitgehende Parallelen zur deutschsprachigen Schweiz auf, mit einem Unterschied: Beide öffentlichrechtlichen Vollprogramme, ORF 1 wie ORF 2, erreichen als einzige unter allen hier
empfangbaren Sendern Marktanteile im zweistelligen Bereich.21 Bei den Zusehern ab
12 Jahren hat ORF 2 im Jahr 2008 einen Markanteil von 25 Prozent, gefolgt von
ORF 1 mit 17 Prozent. Auf den folgenden Plätzen reihen sich, mit deutlichem Abstand zu den beiden ORF-Programmen und ohne (wie in der deutschen Schweiz) im
Einzelnen deutlich mehr als 7 Prozent zu erreichen, mit Sat.1 (7 Prozent), RTL (6
Prozent), ProSieben (5 Prozent), ZDF, VOX und dem Ersten Programm der ARD
19
20
21
Die für die Schweiz berichteten Marktanteilswerte der Sender beziehen sich auf das erste Halbjahr
2007. Vgl. Trebbe u.a. 2008, S. 21-24.
Vgl. Trebbe u.a. 2008, S. 21-23.
Vgl. ORF (2009b): TV-Marktanteile 2008 – Sender im Vergleich. URL: http://mediaresearch.orf.at/
c_fernsehen/console/console.htm?y=3&z=1 [30.12.2009].
PROGRAMMFORSCHUNG • DIFFUSION ODER DEPENDENZ?
82
(jeweils 4 Prozent) nur ausländische Programme, bevor auf Platz 9 ein inländisches
Programm, der privat-kommerzielle Sender ATV (3 Prozent), folgt. PULS 4, das
zweite private TV-Vollprogramm aus Österreich, erreicht bezogen auf die Monate
seit dem Sendestart im Januar 2008 einen Jahresmarktanteil von über 1 Prozent –
was für beide privaten österreichischen Sender zusammen (wiederum wie in der
deutschen Schweiz) einen Markanteil von fast 5 Prozent ergibt.
Aufgrund verschiedener Studien lassen sich für die Programmnutzung in Österreich neben der Querschnittsbetrachtung 2008 auch Aussagen über längerfristige
Entwicklungen machen, die interessante Schlüsse erlauben, vor allem im Hinblick
auf die Konkurrenzkonstellationen.22 Festzustellen ist, dass die beiden ORFProgramme im Vergleich zum Anfang der 1990er Jahre – 1991 hatten ORF 1 und
ORF 2 Marktanteile von 33 bzw. 44 Prozent – deutliche Verluste hinnehmen mussten. Die Verluste in den letzten Jahren (Veränderungen 2006 zu 2008: ORF 1 =
minus 3 Prozent, ORF 2 = minus 2 Prozent) dürften zwar auch auf die ab 2003
erfolgten Markteintritte inländischer privater TV-Programme (und die Umstellung
von analogem auf terrestrisch-digitalen Empfang) zurückgehen. Die deutlichen
Marktanteilsverluste gegenüber den 1990er Jahren dagegen sind eher als Folge der
zunehmenden Verbreitung von Kabel- und Satellitenanschlüssen zu sehen, die ausländische Programme (vor allem die ab Mitte der 1980er Jahre mit der Dualisierung
des Fernsehens in Deutschland sich etablierenden privaten Sender) in die österreichischen Fernsehhaushalte brachten.
2.3 Konkurrenzkonstellationen
In der gemeinsamen Betrachtung von Anbieterstrukturen und Marktanteilen der
Sender in der Schweiz (erstes Halbjahr 2007) und in Österreich (2008), die um eine
längerfristige Betrachtung der Marktanteilsentwicklungen in Österreich (ab 1991)
ergänzt werden konnte, werden die unterschiedlichen Konkurrenzkonstellationen
der TV-Programme in beiden Ländern deutlich.
SF 1 in der Schweiz sowie ORF 2 in Österreich haben jeweils eine Alleinstellung, da sie sich als Programme mit einer hohen Binnenvielfalt und vielen fernsehpublizistischen Angeboten zur Meinungsbildung, Bildung und/oder Beratung klar
als öffentlich-rechtliche Angebote positionieren, die auf die Erfüllung eines „Service
public“ bzw. eines „Public Value“23 ausgerichtet sind. Ähnliches gilt für die öffentlich-konzessionierten Programme in der italienischen und in der französischen
Schweiz, mit einem Unterschied: Während bei den italienischsprachigen Programmen eine Orientierung am „Service public“ besonders bei RSI LA1 erkennbar wird,
sind TSR 1 und TSR 2 jeweils Programme mit einer hohen Binnenvielfalt, die sich
erst bei genauerer Betrachtung der Format- und Themenschwerpunkte unterschei22
23
Vgl. Woelke, Jens/Joachim Trebbe (2008): Fernsehprogramme in der Konkurrenz. Programmkonstellationen und Programmstrategien des öffentlich-rechtlichen Fernsehens in Österreich. In: ALM Programmbericht 2007. Berlin, S. 99-118, hier S. 107.
Vgl. Trebbe u.a. 2008, S. 95; Woelke 2008, S. 70-73.
PROGRAMMFORSCHUNG • DIFFUSION ODER DEPENDENZ?
83
den.24
Als Folge dieser Alleinstellung ist die Konkurrenzsituation für ORF 2, SF 1
und RSI LA1 günstig. Ihre „Informationskompetenz“, d.h. die Kompetenzen in der
Vermittlung von kontroversen sowie von Sach-, Lebenswelt- und Servicethemen aus
dem In- und Ausland, die Zusammenarbeit mit öffentlich-rechtlichen TVProgrammen der benachbarten Länder im Informations- und Unterhaltungsbereich,25 die historische Verankerung und nicht zuletzt die Planungssicherheit durch
die Gebührenfinanzierung sind Faktoren, die sich positiv auf die Programmnutzung
auswirken. Mit anderen Worten: ORF 2, SF 1 und RSI LA1 sind „die“ Programme
in Österreich bzw. in der Schweiz, die ihre derzeit dominante Marktposition auch
langfristig erhalten dürften, zumindest sofern die Reichweitenprobleme bei jüngeren
Zielgruppen keinen Kohorten- sondern hauptsächlich einen Alterseffekt26 darstellen.
Ein Beleg für diese Prognose sind die Marktanteile von ORF 2, die wie die Marktanteile des Informationsprogramms BBC two bei aller Konkurrenz durch „alte“ und
„neue“ Sender langfristig recht stabil waren.27 Auch wenn beide öffentlichrechtlichen Programme in der französischen Schweiz, TSR 1 und TSR 2, eine ähnliche Formatierung aufweisen, scheint die Konkurrenzsituation nur für TSR 1 günstig.
TSR 2 kommt nach Marktanteilen erst an fünfter Stelle und dürfte vor allem im
privaten französischen TF1 einen Konkurrenten haben, der aufgrund seiner früheren Organisationsform als öffentlich-rechtliches Programm noch immer über eine
hohe Kompetenz in der Produktion hochwertiger Informations- und Unterhaltungsangebote besitzt.
Die für TSR 2 festgestellte starke Konkurrenz durch einstrahlende ausländische
TV-Programme gilt auch für die anderen öffentlich-konzessionierten Programme SF
zwei, RSI LA2 und ORF 1. Wer als Hauptkonkurrent aufseiten der Sender wahrgenommen wird, lässt sich für SF zwei und ORF 1 anhand der Programmprofile für
den Gesamtsendetag rekonstruieren.28 Beide Programme dürften die (eher unterhaltungsorientierten) privaten deutschen Programme als ihre Konkurrenten auffassen,
denn sie setzten auch 2009 auf fiktionale Unterhaltungssendungen. Ohne Einrechnung der fiktionalen Unterhaltungssendungen des Kinderprogramms kommt ORF 1
24
25
26
27
28
Vgl. Trebbe u.a. 2008, S. 99.
Beispiele für koproduzierte Sendungen 2007: Nano, Überleben in zwei Welten, Siska, Wetten dass, Perù
– infanzia negata, Un caso perdue, Erbe der Menschheit, Ein Fall für Zwei, Wege zum Glück.
Handelt es sich um einen Alterseffekt, rutschen permanent neue Zuschauer in die Nutzergruppe nach,
und zwar mit zunehmendem Alter. Die Reichweitenprobleme bei jüngeren Zielgruppen pflanzen sich
dann über Fernsehgenerationen hinweg fort. Anders wäre die Situation im Falle eines Kohorteneffekts.
Hier werden die heutigen „Nicht-Nutzer“ aus der jüngeren Zielgruppe auch dann nicht zur Zielgruppe
des Programms, wenn sie gemessen an Lebensjahren älter werden. Das bedeutet, das Programm verliert
dann kontinuierlich an Reichweite.
Vgl. Woelke/Trebbe 2008, S. 104, 107.
Vgl. Trebbe, Joachim (2010): Kontinuierliche Fernsehprogrammforschung in der Schweiz: Die Programme der SRG SSR idée suisse. Zusammenfassender Schlussbericht zur ersten Projektphase
2008/09. URL: http://www.bakom.admin.ch/themen/radio_tv/01153/01156/03236/index.html?
lang=de; Woelke, Jens (2010): TV-Programmanalyse. Fernsehvollprogramme in Österreich 2009. Wien.
URL: http://www.rtr.at/de/komp/Programmanalyse2009 [30.12.2009].
PROGRAMMFORSCHUNG • DIFFUSION ODER DEPENDENZ?
84
in diesem Programmsegment auf zeitliche Anteile von fast 63 Prozent und SF zwei
auf fast 40 Prozent an einem durchschnittlichen 24-Stunden-Sendetag.
Zur Reichweitenoptimierung setzt vor allem ORF 1 auf die parallele Programmierung, d.h. strahlt Serien wie „Scrubbs“, „90210“ oder „The Mentalist“ ohne die
bei privaten Sendern üblichen Werbeunterbrechungen in laufender Sendung dann
aus, wenn sie zeitgleich (oder etwas zeitlich versetzt) auch dort zu sehen sind. Im
Frühjahr 2009 sind fast 15 Prozent der täglichen ORF 1-Sendezeit so gestaltet, wobei hauptsächlich gegen ProSieben, Sat.1 und VOX parallel programmiert wird.
Hinweise auf die Konkurrenzwahrnehmung der Sender gibt zudem das bereits angesprochene Kinderprogramm: Bei SF zwei und ORF 1 finden sich zwar auch eigenproduzierte Shows sowie Informations- und Infotainmentsendungen, wie sie die
öffentlich-rechtlichen Pendants in Deutschland, ARD/Das Erste und ZDF, im
Wochenendkinderprogramm ausstrahlen. In der Mehrheit besteht das Kinderprogramm jedoch aus fiktionalen Unterhaltungssendungen, d.h. Serien wie „Hannah
Montana“ oder „Hotel Zack and Cody“ sowie Zeichentrickfilmen wie „Disneys Kim
Possible“, „Tak und die Macht des Juju“ oder „Avatar“, was als Versuch gewertet
werden kann, ein Gegengewicht zu den von Disney-Produktionen dominierten
(meist aus Serien, Zeichentrick und Animationsformaten bestehenden) Kinderprogrammen der privaten deutschen Sender kabel eins, RTL, RTL II und ProSieben zu
schaffen und Marktanteilsverluste in diese Richtung zu verhindern.
In diesem konkurrenzgeladenen Spannungsfeld liegen die privaten inländischen
Sender der Schweiz und Österreichs quasi wie „der Käse im Sandwich“: Die etablierten, von der Werbefinanzierung unabhängigeren öffentlich-rechtlichen Sender mit
hoher Informationskompetenz auf der einen Seite, die privat-kommerziellen ausländischen Sender mit einem großen Vorrat an attraktiven Unterhaltungsprogrammen,
Erfahrungen im Programmwettbewerb und z.T. jahrelangen Gewinnen am Werbemarkt auf der anderen Seite, sind die Marktlücken gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wie seit 2008 recht eng. Die strategische Antwort der privaten Sender in
der Schweiz und in Österreich lässt Parallelen zur Etablierung der privaten Sender
der zweiten Generation in Deutschland erkennen: Vollprogramme wie ATV legten
den Schwerpunkt auf Unterhaltung, wobei budgetbedingt deutlich weniger Kaufsendungen ausgestrahlt wurden als beim öffentlich-rechtlichen Konkurrenten ORF 1.
Unter den zugekauften Unterhaltungsangeboten fanden sich eher ältere Serienklassiker und Spielfilme, die um Serien, Zeichentrick- und Animationssendungen für
Kinder ergänzt wurden. Ein weiterer Schwerpunkt in der frühen Phase von ATV
waren fiktionale Unterhaltungsshows (vor allem Call-In-Quiz) und die sogenannten
Erotikclips, die als Programmüberbrückungen in den Nachtstunden gesendet wurden. Der Umfang fernsehpublizistischer Sendungen (überwiegend Reportagen und
Dokumentationen) war fast so gering wie bei ORF 1 und konstituierte sich weitgehend aus Berichten über nichtpolitische Sachthemen sowie Human Touch. Schon
wenig später, von 2006 zu 2007, hatte ATV – bei Verdopplung des Anteils fernsehpublizistischer Sendungen, aber nach wie vor Dominanz von Unterhaltungssendun-
PROGRAMMFORSCHUNG • DIFFUSION ODER DEPENDENZ?
85
umgebaut.29
gen – sein fiktionales Unterhaltungsangebot deutlich
Mit aktuelleren
Kinospielfilmen, Serien statt Sitcoms als Träger der fiktionalen Fernsehunterhaltung,
weniger Sendezeit für Call-In-Quizshows und weniger langen Programmüberbrückungen in den Nachtstunden überholte der Sender die privaten deutschen Programme der zweiten Generation qualitativ und trat – vom Programmprofil her –
eher in Konkurrenz zu den privaten deutschen Programmen ProSieben und Sat.1.
Die aktuellen programmlichen Entwicklungen von ATV (vom Frühjahr 2007
zum Frühjahr 2009) lassen sich wie folgt skizzieren:30 mehr Unterhaltungssendungen
als fernsehpublizistische Sendungen, weitere Zunahme des Umfangs fiktionaler
Unterhaltungssendungen bei Abnahme der nonfiktionalen Unterhaltungssendungen
und der Programmüberbrückungen in den Nachtstunden, Wegfall des Kinderprogramms, mehr Sportsendungen und mehr Berichte über Sachthemen bei weniger
Human Touch und weniger Beratungsthemen – in summa bezüglich des Programmprofils eine Annäherung sowohl an das öffentlich-rechtliche Programm ORF
1 (bei Unterhaltung und Sport) als auch an das privat-kommerzielle ausländische
Programm Sat.1. Das Hinzutreten des in Österreich veranstalteten privaten Vollprogramms PULS 4 Anfang 2008 hat die Konkurrenzsituation weiter verschärft. Der
Sender bietet zwar deutlich mehr Informationssendungen (vor allem Magazinsendungen) an als ATV und schiebt sich damit zwischen ORF 2 und ATV bzw. ORF 1,
bestreitet diese jedoch fast zur Hälfte mit Human-Touch-Beiträgen, füllt also die
Nische „Unterhaltungsinformation“ aus. PULS 4 strahlt zudem kein Kinderprogramm am Vormittag aus, weist einen ähnlich hohen Anteil an fiktionalen Unterhaltungssendungen auf wie ATV und hat dabei über seine Konzernmutter, die deutsche
ProSiebenSat.1 Media AG, Zugang zu qualitativ hochwertigen Unterhaltungsangeboten. Zudem verwerten PULS 4, Sat.1 Österreich und Pro7 Austria die Sendungen
„Cafe Puls“ und das Nachrichtenmagazin „AustriaNews“ gemeinsam.
In der Schweiz zeigt das private Programm TVM3 in der französischsprachigen
Schweiz ein Programm mit aktueller Musik, ist also ein Spartenprogramm, allerdings
mit aktuellen und Sportnachrichten, Glückwünschen und SMS-Grüßen als Bildleiste
im Durchlauf.31 3+ ist ein deutschsprachiges Programm mit Unterhaltungsschwerpunkt (31 Prozent Fiktion, 39 Prozent Non-Fiktion) mit geringen fernsehpublizistischen Programmanteilen (3 Prozent).32 Während das sprachregionale Programm der
Romandie also eher in Konkurrenz zu den europäischen Musikkanälen steht, nimmt
das einzige private Regionalprogramm der deutschsprachigen Schweiz im Prinzip
genau die oben beschriebene Sandwichposition zwischen SF 1 und zwei und einstrahlender privater Konkurrenz aus Deutschland ein – und das schlägt sich in einem konsequent an Unterhaltungsinhalten ausgerichteten Programm nieder.33
29
30
31
32
33
Vgl. Woelke 2008, S. 54, 79.
Vgl. Woelke 2010.
Vgl. TVM3 2009.
Vgl. Trebbe u.a. 2008, S. 102f.
Differenzierte Aussagen zur Programmentwicklung der zwei sprachregionalen Programme lassen sich
PROGRAMMFORSCHUNG • DIFFUSION ODER DEPENDENZ?
86
3.
Fernsehprogramme Österreichs und der Schweiz in der Prime Time –
Programmentwicklungen 2007 zu 2009
Die Darstellung von Anbieterstrukturen und Programmnutzung hat die Konkurrenzkonstellationen öffentlich-rechtlicher und privat-kommerzieller TV-Programme
in der Schweiz und in Österreich deutlich gemacht, die für öffentlich-rechtliche
Anbieter im Kern zunächst „nur“ Konkurrenz durch ausländische (private) Anbieter
bedeutet, für die privaten Sender jedoch eine doppelte ist: Sie müssen gegenüber den
etablierten inländischen öffentlich-rechtlichen Programmen ein eigenständiges Programmprofil entwickeln, sich dabei aber so orientieren, dass sie – egal ob es sich um
Tochterunternehmen ausländischer privater Anbieter handelt oder nicht – nicht als
austauschbare Dubletten der ausländischen privaten Programme wahrgenommen
werden. Wie die jeweiligen Programmanbieter mit dieser Herausforderung umgehen,
soll in der folgenden Betrachtung der Entwicklung eines zentralen Programmbereichs, der Prime Time von 2007 zu 2009, aufgezeigt werden. Wegen mangelnder
systematischer Vergleichsdaten für in Frankreich und Italien veranstaltete und in der
Schweiz empfangbare TV-Programme liegt der Fokus auf Österreich und der
deutschsprachigen Schweiz.
Schweiz.34 SF 1, das öffentlich-konzessionierte Programm für die deutschsprachige Schweiz, weist in der Prime Time 2007 ein ähnliches Programmprofil auf wie
beim 24-Stunden-Sendetag. Dies gilt insbesondere für den Programmbereich Information (37 Prozent in der Prime Time gegenüber 36 Prozent bezogen auf 24 Stunden), wobei sich in der Prime Time der Umfang der Beiträge zu kontroversen Themen (18 Prozent gegenüber 12 Prozent beim 24-Stunden-Sendetag) zulasten der
nichtpolitischen Sach-, Lebenswelt- und Servicebeiträge erhöht. Nahezu unverändert
ist auch der Umfang des Unterhaltungsangebots (29 Prozent in der Prime Time
gegenüber 31 Prozent bezogen auf 24 Stunden). Doch auch hier verschiebt sich die
interne Differenzierung, nämlich bezüglich fiktionaler (10 Prozent in der Prime
Time gegenüber 20 Prozent bezogen auf 24 Stunden) und nonfiktionaler Unterhaltung (19 Prozent in der Prime Time gegenüber 11 Prozent bezogen auf 24 Stunden).
Das Plus im zeitlichen Anteil der fernsehpublizistischen Sendungen in der Prime
Time – hier macht sich der Wegfall der Programmüberbrückungen in den Nachtund Morgenstunden bemerkbar – wird offenbar durch einen anderen Programmbereich verursacht: durch höhere Anteile der Unterhaltungspublizistik, insbesondere
eine Zunahme beim Anteil der Sportberichterstattung (plus 5 Prozent), bei fast unverändertem zeitlichen Anteil der Human-Touch-Beiträge (plus 2 Prozent). Mit
dieser Formatierung kann sich SF 1 offenbar gut gegen die ausländischen TVProgramme durchsetzen, die in der Prime Time den Unterhaltungsanteil zulasten der
fernsehpublizistischen Sendezeit erhöhen (ARD/Das Erste, ZDF, RTL, Sat.1) bzw.
34
aus heutiger Sicht (noch) nicht machen. Es liegen – nach der Analyse von 3+ im Rahmen der Pilotstudie zur Fernsehprogrammanalyse Schweiz – zurzeit keine inhaltsanalytischen Daten zu den Programminhalten vor.
Vgl. Trebbe u.a. 2008.
PROGRAMMFORSCHUNG • DIFFUSION ODER DEPENDENZ?
87
nahezu unverändert hoch belassen (ProSieben). Entsprechend stellt sich die Prime
Time 2009 in ähnlicher Formatierung dar wie 2007 (vgl. Abb. 1).
UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE / PRIME TIME 2009
Abb. 1
(Sendungs- und Beitragsanalyse, Zeitumfang 18–23 Uhr in Prozent)
SF 1
11%
27%
8%
11%
43%
Unterhaltung
6% Fiktionale Unterhaltung
21% Nonfiktionale Unterhaltung
Information und Unterhaltung
- Sportsendungen
1% Zusätzliche Sportpublizistik
10% Unterhaltungspublizistik
Information
21% Sach-, Lebensweltpubl./Service
22% Polit. Publizistik/Kontr. Themen
Sonstiges
3% Restliches Programm
5% Programmtrailer/-überbrückungen
Werbung, Teleshopping, Sponsoring
Eine etwas andere Strategie verfolgt die SRG bei SF zwei, zumindest wenn man die
Stichprobe Frühjahr 2007 betrachtet. Gegenüber dem 24-Stunden-Sendetag35 finden sich
in der Prime Time anteilsmäßig weniger Unterhaltungsangebote (jeweils 10 Prozent
weniger fiktionale und nonfiktionale Angebote) und mehr Informationsangebote im
Bereich der kontroversen (plus 4 Prozent) sowie nichtpolitischen Sach-, Lebenswelt- und
Servicebeiträge (plus 7 Prozent). Wie bei SF 1 stieg in der Prime Time 2007 dagegen auch
der Anteil für Werbung deutlich an (von 4 auf 12 Prozent der jeweiligen Sendezeit). Im
Frühjahr 2009 präsentiert sich die Prime Time von SF zwei als auf den ersten Blick sichtlich anders programmiert (vgl. Abb. 2): Die deutliche Zunahme im Anteil des Programmbereichs Unterhaltungspublizistik (bei gleichzeitiger Verringerung im Anteil des
Programmbereichs Information von 13 Prozent gegenüber der Prime Time 2007) beruht
jedoch nicht auf veränderten Programmstrategien der SRG, sondern ist die Folge von
mehr Sportberichterstattung. Wenn Sportereignisse wie die Schweizer Eishockeymeisterschaft, Fussball-WM-Qualifikationsspiele oder Formel-1-Rennen in den Abendstunden
stattfinden und live übertragen werden, erhöht sich der Sportanteil nicht nur beim Gesamtsendetag, sondern (sogar etwas deutlicher aufgrund des engeren Zeitfensters in der
Programmbeobachtung) auch in der Prime Time. Dass ein so wesentlicher Teil des Fernsehtags tatsächlich mit Unterhaltungsinformationen gefüllt wird, zeigt aber auch, dass die
35
Vgl. Trebbe u.a. 2008, S. 95.
PROGRAMMFORSCHUNG • DIFFUSION ODER DEPENDENZ?
88
Erwartungen und Zielvorstellungen, welche die SRG mit SF zwei bezüglich „Service
public“ verknüpft, andere sind als bei SF 1 (vgl. Abschnitt 2.2).
UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE / PRIME TIME 2009
Abb. 2
(Sendungs- und Beitragsanalyse, Zeitumfang 18–23 Uhr in Prozent)
SF zwei
9%
4%
8%
51%
28%
Unterhaltung
51% Fiktionale Unterhaltung
- Nonfiktionale Unterhaltung
Information und Unterhaltung
27% Sportsendungen
1% Zusätzliche Sportpublizistik
0% Unterhaltungspublizistik
Information
3% Sach-, Lebensweltpubl./Service
5% Polit. Publizistik/Kontr. Themen
Sonstiges
0% Restliches Programm
4% Programmtrailer/-überbrückungen
Werbung, Teleshopping, Sponsoring
Österreich. Deutliche Unterschiede zur Schweiz weist die Programmierung der öffentlich-rechtlichen Sender in Österreich in der Prime Time auf (vgl. Abb. 3). ORF 2,
das Programm mit der höchsten Binnenvielfalt und größten Orientierung am „Public Value“, reduziert in der Prime Time den Anteil der Unterhaltungsangebote (2007
und 2009 minus 13 Prozent) erheblich, auch wenn sich wie bei SF 1 die interne
Differenzierung ändert (2007: fiktionale Unterhaltung minus 21 Prozent, nonfiktionale Unterhaltung plus 8 Prozent; 2009: fiktionale Unterhaltung minus 20 Prozent,
nonfiktionale Unterhaltung plus 7 Prozent). Gleiches gilt für den Programmbereich
Information von ORF 2: Sein Anteil ist im Vergleich zum 24-Stunden-Sendetag in
der Prime Time um einiges höher (2007 um 12 Prozent, 2009 um 15 Prozent), und
zwar durch Erhöhung sowohl des Anteils bei nichtpolitischen Sach-, Lebensweltund Servicebeiträgen (2007: plus 2 Prozent; 2009: plus 5 Prozent) als auch des Anteils bei Berichten über kontroverse Themen (2007: plus 10 Prozent; 2009: plus 11
Prozent). Das deutliche Plus im zeitlichen Anteil der fernsehpublizistischen Sendungen in der Prime Time wird bei ORF 2 anders als bei SF 1 also nicht durch höhere
Anteile von unterhaltungspublizistischen Angeboten erreicht (2007: 12 Prozent
bezogen auf 24 Stunden gegenüber 11,5 Prozent in der Prime Time; 2009: 10 Prozent bezogen auf 24 Stunden gegenüber 8 Prozent in der Prime Time).36
36
Vgl. Woelke 2008, S. 76; Woelke 2010.
PROGRAMMFORSCHUNG • DIFFUSION ODER DEPENDENZ?
89
UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE / PRIME TIME 2009
Abb. 3
(Sendungs- und Beitragsanalyse, Zeitumfang 18–23 Uhr in Prozent)
ORF 2
14%
24%
7%
8%
47%
Unterhaltung
12% Fiktionale Unterhaltung
12% Nonfiktionale Unterhaltung
Information und Unterhaltung
- Sportsendungen
2% Zusätzliche Sportpublizistik
6% Unterhaltungspublizistik
Information
24% Sach-, Lebensweltpubl./Service
23% Polit. Publizistik/Kontr. Themen
Sonstiges
2% Restliches Programm
5% Programmtrailer/-überbrückungen
Werbung, Teleshopping, Sponsoring
Größere Ähnlichkeiten zur Schweiz (hier SF zwei) finden sich dagegen, wenn man
bei ORF 1 die Veränderungen der Programmprofile vom 24-Stunden-Sendetag zur
Prime Time betrachtet. Auch hier findet sich, 2007 wie 2009, eine Verringerung bei
den Unterhaltungsangeboten (2007: minus 14 Prozent; 2009: minus 13 Prozent), die
hauptsächlich durch geringere Anteile bei fiktionalen Unterhaltungssendungen
(2007: minus 17 Prozent; 2009: minus 20 Prozent) erreicht wird. Im Gegenzug
steigt, wie bei SF zwei, der Werbungsanteil in der Prime Time an (2007: plus 9 Prozent; 2009: plus 10 Prozent). Anders als bei SF zwei fallen die Unterschiede zwischen dem 24-Stunden-Sendetag und der Prime Time für den Informationsbereich
bzw. für den Programmbereich Unterhaltungspublizistik eher marginal aus: In der
Prime Time nimmt der Anteil der kontroversen Themenbeiträge 2007 bzw. 2009 um
2 bzw. 1 Prozent zu, der Anteil der nichtpolitischen Sach-, Lebenswelt- und Servicebeiträge ist unverändert und der Anteil der Human-Touch-Beiträge 2007 leicht höher, 2009 bleibt er gleich. Im direkten Vergleich sind die Programmprofile der Prime
Time 2007 und 2009 (vgl. Abb. 4), abgesehen von den eher kleinen Veränderungen
bei Informationsangeboten und bei der Unterhaltungspublizistik, nahezu identisch.
Das lässt vermuten, dass ORF 1 in der derzeitigen Angebotsstruktur (viel Unterhaltung, Information in Form von Nachrichten, Sportsendungen, tägliches Kinderprogramm) optimal programmiert ist.
Wie reagieren nun die privat-kommerziellen Anbieter in Österreich auf dieses
Angebot, zumal sie sich auch noch gegen die deutschen privaten TV-Programme
abgrenzen müssten, die in der Prime Time ebenso wie ORF 1 auf qualitativ hochwertige (fiktionale) Unterhaltungsangebote setzen und – bezüglich der Hauptnach-
PROGRAMMFORSCHUNG • DIFFUSION ODER DEPENDENZ?
90
richtensendungen – über eine Informationskompetenz verfügen, die wie im Fall
Sat.1 Österreich oder Pro7 Austria sogar eigenständige Nachrichten als Österreichfenster umfasst?
UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE / PRIME TIME 2009
Abb. 4
(Sendungs- und Beitragsanalyse, Zeitumfang 18–23 Uhr in Prozent)
ORF 1
13%
6%
4%
4%
73%
Unterhaltung
65% Fiktionale Unterhaltung
8% Nonfiktionale Unterhaltung
Information und Unterhaltung
3% Sportsendungen
0% Zusätzliche Sportpublizistik
1% Unterhaltungspublizistik
Information
2% Sach-, Lebensweltpubl./Service
2% Polit. Publizistik/Kontr. Themen
Sonstiges
1% Restliches Programm
5% Programmtrailer/-überbrückungen
Werbung, Teleshopping, Sponsoring
ATV versucht eine Profilierung in der Prime Time vor allem durch den Umbau der
Unterhaltung. 2007 ist der Anteil der nonfiktionalen Unterhaltung in der Prime Time
(minus 8 Prozent) deutlich geringer als beim 24-Stunden-Sendetag (bei nahezu unveränderten Anteilen der fiktionalen Unterhaltung, minus 2 Prozent). 2009 wird in
der Prime Time nur noch fiktionale Unterhaltung in Form aktueller Serien und
Spielfilme dargeboten (vgl. Abb. 5). Aber auch bei der (landesbezogenen) Information wird zugelegt, wenngleich die Anteilsveränderungen in der Prime Time eher
durch mehr Human Touch (2007: plus 10 Prozent; 2009: plus 6 Prozent) und Sport
(2007: unverändert; 2009: plus 2 Prozent) bzw. mehr Beiträge über nichtpolitische
Sach-, Lebenswelt- und Servicethemen (2007: plus 9 Prozent; 2009: plus 5 Prozent)
erreicht werden. Bei unverändert hohem Werbungsanteil sind eine qualitative Aufwertung des Programms in der Prime Time sowie eine Annäherung an die privaten
deutschen Programme der ersten Generation und an den direkten Konkurrenten in
Österreich ORF 1 (vor allem beim Sport und der Aktualität der Unterhaltungsangebote) unverkennbar.
Sich in diesem Umfeld zu behaupten ist schwer, wenn sich keine programmliche Nische findet. PULS 4, Österreichs jüngster privater Sender, hat sie gefunden
und macht sie auch in der Prime Time zum Markenzeichen (vgl. Abb. 6): die Unterhaltungspublizistik. Die Berichte über Human-Touch-Themen machen in der Früh-
PROGRAMMFORSCHUNG • DIFFUSION ODER DEPENDENZ?
91
jahrsstichprobe 2009 12 Prozent beim 24-Stunden-Sendetag und 14,6 Prozent in der
Prime Time aus. Das sind fast 50 Prozent der jeweiligen fernsehpublizistischen SenUNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE / PRIME TIME 2009
Abb. 5
(Sendungs- und Beitragsanalyse, Zeitumfang 18–23 Uhr in Prozent)
ATV
19%
6%
46%
11%
18%
Unterhaltung
46% Fiktionale Unterhaltung
- Nonfiktionale Unterhaltung
Information und Unterhaltung
4% Sportsendungen
2% Zusätzliche Sportpublizistik
12% Unterhaltungspublizistik
Information
10% Sach-, Lebensweltpubl./Service
1% Polit. Publizistik/Kontr. Themen
Sonstiges
1% Restliches Programm
5% Programmtrailer/-überbrückungen
Werbung, Teleshopping, Sponsoring
UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE / PRIME TIME 2009
Abb. 6
(Sendungs- und Beitragsanalyse, Zeitumfang 18–23 Uhr in Prozent)
PULS 4
15%
6%
51%
14%
14%
Unterhaltung
51% Fiktionale Unterhaltung
0% Nonfiktionale Unterhaltung
Information und Unterhaltung
- Sportsendungen
- Zusätzliche Sportpublizistik
14% Unterhaltungspublizistik
Information
9% Sach-, Lebensweltpubl./Service
5% Polit. Publizistik/Kontr. Themen
Sonstiges
2% Restliches Programm
4% Programmtrailer/-überbrückungen
Werbung, Teleshopping, Sponsoring
PROGRAMMFORSCHUNG • DIFFUSION ODER DEPENDENZ?
92
dezeit. Zusammen mit den hohen Anteilen bei Unterhaltungssendungen (und zwar
fast ausschließlich in Form von fiktionaler Unterhaltung wie Serien und Filmen)
sowie einer punktuell expliziten Berichterstattung über Kontroversen (Nachrichtensendungen, aber auch Sondersendungen wie zur Nationalratswahl 2008) weist
PULS 4 in der Prime Time ein Programmprofil auf, das dem privaten Programm
RTL ähnlicher ist als allen anderen deutschsprachigen Programmen in Österreich.
4.
Fazit
Die Entwicklung der Anbieterstrukturen im Fernsehsystem der Schweiz und Österreichs unterstreicht den Eindruck einer Konkordanz in zeitlicher Abfolge: Beide
Länder haben ähnlich wie das Vorbild Großbritannien Fernsehen in der Organisationsform öffentlich-rechtlicher Anstalten eingeführt, wobei frühzeitig eine Ausdifferenzierung in Form von zwei TV-Vollprogrammen stattfand. Allerdings haben sich
private Programme in beiden Ländern – nach Jahren der Alleinstellung der öffentlich-rechtlichen TV-Sender – relativ spät, in Österreich ab 2001, in der Schweiz ab
1995, nach entsprechenden medienrechtlichen Novellen etabliert. Die längerfristige
Betrachtung der Programmnutzung in Österreich, die Parallelen in der Programmnutzung zwischen der deutschen Schweiz und Österreich und die großen Ähnlichkeiten die Formatierung der öffentlich-rechtlichen Sender in der deutschen Schweiz
betreffend zeigten dann, dass besagte Programme lange vor der Etablierung inländischer privater TV-Sender in eine Konkurrenzsituation gerieten – vor allem in Konkurrenz zu den ab Mitte der 1980er Jahre einstrahlenden privaten deutschen TVProgrammen (in der deutschen Schweiz und in Österreich) sowie, besonders seit der
Privatisierung von TF1 im Jahr 1987, zu einstrahlenden privaten Programmen aus
Frankreich (in der französischen Schweiz). Die programmlichen Entwicklungen seit
dieser Zeit lassen auf eine Dependenz schließen, die noch heute, nach der Etablierung inländischer privat-kommerzieller Anbieter, fortwirkt. Wie die öffentlichrechtlichen und privaten Anbieter speziell in Österreich mit der größeren Konkurrenz gerade in der Gestaltung der Prime Time umgehen werden, bleibt abzuwarten.
In jedem Falle scheint die Forderung der Mediensystemforschung,37 dass die Ansätze und Modelle von Medientypen unter dem Blickwinkel einzelner Sektoren ergänzt
und präzisiert werden sollten, Bestätigung zu finden.
37
Vgl. Thiele, Martina (2008): Fernsehsystemforschung als Teil der Mediensystemforschung. In: Steininger, Christian/Jens Woelke (Hrsg.): Fernsehen in Österreich 2008. Konstanz, S. 127-144.
PROGRAMMFORSCHUNG • DIFFUSION ODER DEPENDENZ?
93
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EINZELSTUDIEN
PROGRAMMFORSCHUNG • DIE REGIONALFENSTER VON RTL UND SAT.1
95
Die Regionalfenster von RTL und Sat.1
in den Jahren 2008 und 2009
Ergebnisse der kontinuierlichen Programmanalyse
Helmut Volpers, Detlef Schnier und Uli Bernhard
Auf den Frequenzen von RTL und Sat.1 werden in der Verbreitung über Kabelnetze
in den Bundesländern Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Bremen, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Bayern montags
bis freitags im Vorabendprogramm halbstündige, regionale Informationsmagazine
gesendet. Diese Regionalfenster entsprechen einer Regelung des Rundfunkstaatsvertrags, der in § 25 die beiden reichweitenstärksten privaten Vollprogramme „im zeitlich und regional differenzierten Umfang der Programmaktivitäten zum 1. Juli
2002“1 zu ihrer Ausstrahlung verpflichtet. Die Existenz dieser Sendungen hat für die
Hauptprogrammveranstalter konzentrationsrechtlich eine erhebliche Bedeutung: Die
Regionalfenster werden RTL und Sat.1 auf ihre Drittsendezeit, die sie aufgrund ihres
Zuschaueranteils zur Verfügung stellen müssen, angerechnet. Ferner werden ihnen 2
Prozent Zuschaueranteil vom tatsächlichen Wert in Abzug gebracht, sodass unter
Umständen hierdurch die kritische Grenze von 30 Prozent, die laut Rundfunkstaatsvertrag eine vorherrschende Meinungsmacht begründen würde, nicht erreicht wird.2
Vor dem Hintergrund der konzentrationsrechtlichen Relevanz der Regionalfenster
berichtet die Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten (ALM) der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) jährlich darüber,
ob diese Sendungen den rechtlichen Anforderungen genügen und tatsächlich „zur
aktuellen und authentischen Darstellung der Ereignisse des politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Lebens“3 in ihren Verbreitungsgebieten beitragen. Um
hierüber eine valide Aussage treffen zu können, lässt die ALM vom Institut für Medienforschung Köln & Göttingen (Im•Gö) seit 2005 eine kontinuierliche Inhaltsanalyse durchführen.4 Der vorliegende Beitrag fasst die Ergebnisse der Jahreserhebungen 2008 und 2009 knapp zusammen.
1
2
3
4
§ 25 Abs. 4 Satz 1 RStV 2009 (Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien in der Fassung des Zwölften
Staatsvertrages zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge, in Kraft seit dem 1. Juni 2009).
Vgl. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV 2009.
§ 25 Abs. 4 Satz 1 RStV 2009.
Im Vorfeld zur kontinuierlichen Inhaltsanalyse wurden bereits Untersuchungen zu den Regionalfenstern durchgeführt, die partiell publizistische Mängel in der Umsetzung der Anforderungen des RStV
zutage förderten. Vgl. hierzu u.a. Volpers, Helmut/Christian Salwiczek/Detlef Schnier (2000): Regionalfenster im Programm von RTL und SAT.1. Eine vergleichende Inhaltsanalyse von Programmangeboten und journalistischer Qualität. Opladen (Schriftenreihe Medienforschung der LfR Nordrhein-
PROGRAMMFORSCHUNG • DIE REGIONALFENSTER VON RTL UND SAT.1
96
1.
Zielsetzung und Methode
Die Aufgabenstellung der Studie ist primär aufsichtlich orientiert: Es geht darum zu
prüfen, ob den gesetzlichen Anforderungen an die Programmgestaltung der Regionalfenster von den Veranstaltern Rechnung getragen wird. Der definitorische Rahmen, an dem sich diese Überprüfung orientiert, ist der § 25 RStV und die hierauf
bezogene Normkonkretisierung durch die Fernsehfensterrichtlinie (FFR).5 Da den
Veranstaltern das Monitoring ihres Programmangebots bekannt ist, dient die kontinuierliche Inhaltsanalyse auch der Qualitätssicherung im redaktionellen Alltag sowie
der Aufrechterhaltung der gebotenen journalistischen Standards bei der Regionalberichterstattung.
Die Programmanalysen 2008 und 2009 erfolgten – wie bisher – auf der Grundlage einer insgesamt vierwöchigen Stichprobe. Allerdings wurde ab 2008 der Modus
der Stichprobenziehung geändert: Im Gegensatz zum vorherigen Verfahren werden
seitdem von den Regionalfenstern nicht mehr jeweils zwei 14-tägige Stichproben
erfasst, sondern vier einwöchige Untersuchungszeiträume nach dem Zufallsprinzip
über das Jahr verteilt. Hierdurch ergibt sich eine breite Streuung des Beobachtungszeitraums. Die Festlegung der Stichprobenwochen erfolgte durch das Forschungsinstitut. Es wird bei der Auswahl grundsätzlich darauf geachtet, dass keine größeren
regionalspezifischen Ereignisse (z.B. Kieler Woche, Hannover-Messe, Landtagswahlen etc.) eine Verzerrung der „normalen Nachrichtenlage“ bewirken. Andernfalls
würde die Vergleichbarkeit sowohl im Rückblick auf vorangegangene Erhebungsjahre als auch der Regionalfensterangebote untereinander beeinträchtigt. Durch dieses
Verfahren kommt es allerdings zu einer gewissen unvermeidbaren „Künstlichkeit“
der Untersuchungszeiträume im Hinblick auf die Messbarkeit der redaktionellen
Berücksichtigung ebensolcher außergewöhnlichen Ereignisse. Die Veranstalter haben das in der Vergangenheit stets bemängelt. Andererseits konnten die Redaktionen
bisher davon ausgehen, dass ihre regionalspezifische Berichterstattungsleistung bei
besonderen Anlässen, z.B. politische Wahlen, nicht geprüft wurde. Die größere
Varianz der Erhebungszeiträume beim neuen Modell der Stichprobenziehung ermöglicht jetzt eine Modifikation des Verfahrens: Für einige ausgewählte Verbreitungsgebiete werden im jährlichen Wechsel auch einzelne Wochen mit herausragenden landesbezogenen Ereignissen aufgezeichnet und ausgewertet. Die Ergebnisse
dieser Erhebung werden jedoch explizit ausgewiesen, sodass die Vergleichbarkeit der
„normalen“ Wochenstichproben zu den Vorjahren erhalten bleibt. Im Untersuchungsjahr 2008 waren dies die Wahlkampfberichterstattung vor der Bürgerschafts-
5
Westfalen; Bd. 35). Eine weitere Erhebung im Jahre 2003 diente primär zur Information der lizenzgebenden Landesmedienanstalten und wurde nicht veröffentlicht. In dieser Studie zeigte sich bei etlichen
Regionalfenstern ein deutlicher Rückgang bei der tagesaktuellen Ereignisberichterstattung.
Vgl. „Gemeinsame Richtlinien der Landesmedienanstalten zur Sicherung der Meinungsvielfalt durch
regionale Fenster in Fernsehvollprogrammen nach § 25 RStV (Fernsehfensterrichtlinie – FFR)“, die
2005 formuliert wurden.
PROGRAMMFORSCHUNG • DIE REGIONALFENSTER VON RTL UND SAT.1
97
wahl in Hamburg (Februar) sowie die Nachberichterstattung zur Kommunalwahl in
Bayern (März), im Erhebungsjahr 2009 die Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen.
Das Sendungsmaterial für die Jahre 2008 und 2009 lag jeweils vollständig vor,
sodass pro Regionalfenster jeweils 20 Sendetage untersucht wurden. Insgesamt umfasst die Stichprobe pro Erhebungsjahr 200 Einzelsendungen mit 100 Stunden Programm. Erhebungsgegenstand der Untersuchung sind die in Abbildung 1 dargestellten zehn Regionalfenster, die auf den Frequenzen von RTL und Sat.1 ausgestrahlt
werden.
Abb. 1
UNTERSUCHTE REGIONALFENSTER
Regionalfenster auf der Frequenz
von Sat.11
SENDEGEBIET
Hamburg/
Schleswig-Holstein
Niedersachsen/
Bremen
Titel
17:30 live
17:30 live
Veranstalter
Regionalfenster auf der Frequenz
von RTL1
Titel
Sat.1 Norddeutsch- Guten Abend
land GmbH
RTL
Sat.1 Norddeutsch- Guten Abend
land GmbH
RTL
WestCom
Guten Abend
Medien GmbH
RTL
Veranstalter
RTL Nord GmbH
RTL Nord GmbH
Tele West
GmbH & Co. KG
RTL Hessen
Programmfenster
GmbH
Nordrhein-Westfalen
17:30 live
Hessen
–
–
Guten Abend
RTL
17:30 live
TV IIIa
GmbH & Co. KG
–
–
–
–
RNF Life2
Rhein-NeckarFernsehen GmbH
17:30 live
Privatfernsehen in
Bayern GmbH & Co.
KG
–
–
Rheinland-Pfalz/
Hessen
Rheinland-Pfalz/
Baden-Württemberg
Bayern
1 Sat.1 sendet die Regionalmagazine montags bis freitags von 17:30 bis 18:00 Uhr und RTL
von 18:00 bis 18:30 Uhr.
2 Bei RNF Life handelt es sich um ein Ballungsraumangebot, das auf der Frequenz von RTL
in Baden-Württemberg und in Teilen von Rheinland-Pfalz verbreitet wird.
2.
Sendungsübergreifende Strukturmerkmale der Regionalfenster
Die auf den Frequenzen von RTL und Sat.1 ausgestrahlten Regionalfenster haben
das Format von tagesaktuellen Informationsmagazinen mit mehr oder weniger großen Anteilen an Unterhaltungspublizistik. Die Bruttosendezeit von 30 Minuten
beinhaltet Werbung und Trailer für das Hauptprogramm im zeitlichen Umfang von
durchschnittlich etwas weniger als 10 Minuten. Im redaktionellen Kern der Regionalfenstersendungen sind Moderationen, Filmbeiträge, Nachrichten, Wetter und
teilweise die Ausstrahlung von Gewinnspielen enthalten. Je nach Sendegebiet bzw.
der jeweiligen Redaktion variieren die Struktur und das journalistische Profil der
PROGRAMMFORSCHUNG • DIE REGIONALFENSTER VON RTL UND SAT.1
98
Magazine. Die grundlegenden Unterschiede zwischen den Regionalfenstern ergeben
sich vor allem durch den Grad ihrer Boulevardisierung, ihrer Themenauswahl und
Anmutung. Dabei reicht die Spannbreite von Regionalfenstern mit der Anmutung
eines seriösen regionalen Nachrichtenmagazins mit Fokussierung auf Hard-News bis
hin zu Boulevardmagazinen mit starker Betonung von unterhaltenden Elementen
und Human-Touch-Themen. Von wenigen Ausnahmen abgesehen sind im Studio
geführte Interviews, Studiogäste und Live-Elemente keine Bestandteile des Formats.
Das Ballungsraumprogramm RNF Life unterscheidet sich in seiner Anmutung, im
Sendungsaufbau und in den Darstellungsformen stark von den sonstigen Regionalmagazinen. Es findet (häufig) vor Studiopublikum statt und oftmals sind Studiogäste
zu Gesprächen anwesend. Hinzu kommen in unregelmäßigen Abständen LiveAuftritte von Musikern oder Künstlern in der Sendung.
3.
Die Umsetzung der Anforderungen der FFR in der Programmpraxis
Formale Anforderungen der FFR
Die formalen Anforderungen der FFR zielen zunächst darauf, dass der Hauptveranstalter die Ausstrahlung der Regionalfenster innerhalb des vorgegebenen Zeitrahmens (bei Sat.1 von 17.30 bis 18.00 Uhr, bei RTL von 18.00 bis 18.30 Uhr) im Umfang von 30 Minuten (Bruttosendezeit) gewährleistet. Außerdem sollen innerhalb der
Sendezeit nicht etwa beliebige, sondern spezifische Inhalte gesendet werden: a) im
Umfang von täglich 20 Minuten Beiträge mit Regionalbezug (= Sendegebiet des
Fensters) und b) im Durchschnitt einer Woche täglich mindestens 10 Minuten aktuelle, ereignis- und regionalbezogene Inhalte pro Sendung. Das kontinuierliche Monitoring der Regionalfenster prüft stichprobenartig anhand von jeweils 20 Sendetagen
pro Jahr, ob diese Bedingungen erfüllt sind, und erstattet der ALM darüber Bericht.
Für die Erhebungsjahre 2008 und 2009 sind folgende Befunde zu konstatieren:
Innerhalb des Untersuchungszeitraums haben alle Veranstalter ihre Verpflichtung
erfüllt, werktäglich außer samstags ein Regionalfenster mit einer Bruttosendezeit von
30 Minuten auszustrahlen. In den untersuchten Regionalfenstersendungen wurde der
Anforderung, redaktionell gestaltete Inhalte mit Regionalbezug im Umfang von 20
Minuten in jeder einzelnen Sendung auszustrahlen, nachgekommen. Dasselbe gilt für
die weitere Anforderung der FFR, im Durchschnitt einer Woche mindestens 10
Minuten aktuelle, ereignis- und regionalbezogene Inhalte pro Sendung auszustrahlen.
Für die landesweit ausgestrahlten Regionalfenster von Sat.1 und RTL kann also
zusammenfassend festgestellt werden, dass sie die formalen Anforderungen der FFR
in beiden Untersuchungsjahren erfüllt haben.
Publizistische Anforderungen der FFR
Die 30-minütige Gesamtsendezeit (Bruttosendezeit) der Regionalfensterprogramme
enthält Werbung, Sponsorhinweise und nicht regionale Trailer, die auf das Programm des Hauptveranstalters hinweisen. Im ersten Schritt der Analyse werden
diese Sendebestandteile gemessen und extrahiert. Ausgangspunkt für die nachfolgend dargestellten Ergebnisse der Analyse sind dann die verbleibenden Sendestre-
PROGRAMMFORSCHUNG • DIE REGIONALFENSTER VON RTL UND SAT.1
99
cken der Fensterprogramme, die sich als regionale Programmelemente im weitesten Sinne
definieren lassen. Durchschnittlich umfassen sie – im Mittelwert aller Regionalfenster – deutlich mehr als 20 Minuten. Dieser regionale Bestandteil des Programms lässt
sich allerdings nicht vollständig als themenbezogene Berichterstattung erfassen. Er
enthält daneben Gewinnspiele, Moderationsstrecken ohne Bezug zu Einzelthemen
(z.B. Abmoderation der Sendung) und Trailer.
Es ist offensichtlich, dass die letztgenannten Programmelemente keine publizistischen Leistungen im engeren Sinne darstellen und daher keinen großen Umfang
einnehmen sollten, da sie ansonsten die Zielsetzungen des RStV und der FFR konterkarieren würden. Aus diesem Grund wird im ersten Schritt der Analyse stets der
eigentliche publizistische Kern des Regionalprogramms ermittelt (vgl. Abb. 2). Er
beträgt für das Erhebungsjahr 2008 rund 91 und für 2009 sogar 93 Prozent, wobei
der Anstieg im aktuellen Berichtsjahr aus einem Rückgang der Gewinnspiele resultiert, die nunmehr lediglich 1,6 Prozent des regionalen Programms ausmachen. Im
Jahr 2005 betrug ihr Anteil noch über 5 Prozent. Die Nettosendezeit der Regionalfenster wird also ganz überwiegend mit publizistischen Beiträgen ausgefüllt. Sie
bildet die Basis für die nachfolgende Betrachtung der Themenvarianz der jeweiligen
Regionalfensterberichterstattung.
ANTEILE REGIONALER PROGRAMMELEMENTE IN PROZENT
Abb. 2
(Vergleich der Mittelwerte von 2008 vs. 2009)1
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
91,2
93,2
4,9
Publizistischer Kern des
Regionalprogramms
5,3
Trailer und Moderation für
regionale Programmelemente
2008
3,9
1,6
Gewinnspiele
2009
1 Basis: Regionale Programmelemente aller Regionalfenster.
Abbildung 3 und 4 geben die Themenagenda aller Regionalfenster zusammengefasst
wieder. Diese Betrachtung erfüllt eine heuristische Funktion, sofern sie einen möglichen Trend – hinsichtlich einer übergreifenden Entwicklung der Regionalfenster –
abbildet. Im Vergleich zum Erhebungsjahr 2007 sind 2008 und 2009 nur geringe Unterschiede erkennbar: Erwähnenswert ist der Rückgang des Umfangs der Wetterbe-
PROGRAMMFORSCHUNG • DIE REGIONALFENSTER VON RTL UND SAT.1
100
THEMENAGENDA DER BERICHTERSTATTUNG 2009
Abb. 3
(Mittelwerte der Sendezeit in Prozent)1
40
34,8
35
9,3
Kultur
30
25
22,6
20
18,9
Soziales
Leben
15
10
5
6,6
Wirtschaft
0
Politik
Gesellschaft
28,7
15,6
Kriminalität
13,1
Zerstreuung
5,9
4,6
3,4
0,1
Human
Touch
Private
Lebenswelt
Sport
Wetter
Sonstige
Themen
1 Basis: Publizistischer Kern des Regionalprogramms aller Regionalfenster.
THEMENAGENDA DER BERICHTERSTATTUNG 2008
Abb. 4
(Mittelwerte der Sendezeit in Prozent)1
40
35,3
35
10,1
Kultur
30
29,2
25
20
20,5
20,0
Soziales
Leben
15
16,5
Kriminalität
10
5
5,2
Wirtschaft
0
Politik
Gesellschaft
12,8
Zerstreuung
4,9
6,3
3,7
0,0
Human
Touch
Private
Lebenswelt
Sport
1 Basis: Publizistischer Kern des Regionalprogramms aller Regionalfenster.
Wetter
Sonstige
Themen
PROGRAMMFORSCHUNG • DIE REGIONALFENSTER VON RTL UND SAT.1
101
richte (2007 betrug er noch 6 Prozent). Dies ist darauf zurückzuführen, dass die in
den Vorjahren bei einigen Regionalfenstern beanstandete Praxis, den Wetterbericht
in sachfremde Filmberichte zu integrieren, weitgehend aufgegeben wurde. Erkennbar ist auch ein leichter Anstieg der Berichterstattung über politisch bzw. gesellschaftlich kontroverse Themen und Ereignisse (zusammengefasst in der Kategorie
Politik). Hierin zeigt sich ein bereits länger andauernder Trend (vgl. Abb. 5). Seit
2005 ist der Anteil des Themenfelds Politik von 15,4 Prozent auf nunmehr 22,6
Prozent angestiegen. Ob die in den Programmberichten für die einzelnen Regionalfenster in der Vergangenheit häufig bemängelte Vernachlässigung dieses Themenfelds hierfür ursächlich ist, sei dahingestellt. Auf jeden Fall lässt sich hier eine im
Sinne des Vielfaltsgebots der FFR positive Gesamtentwicklung erkennen.
Nicht in den Werten enthalten ist die in den Ländern Hamburg und SchleswigHolstein sowie Bayern im Jahr 2008 und Nordrhein-Westfalen im Jahr 2009 auf die
jeweiligen Wahlen bezogene Berichterstattung. In diesen Erhebungswochen mit
herausragenden landespolitischen Ereignissen weisen alle fünf Regionalfenster (also
sowohl diejenigen auf der Frequenz von Sat.1 als auch auf der von RTL) einen überdurchschnittlichen Anteil an politischer Berichterstattung auf, der jeweils aus der
entsprechenden Wahlberichterstattung resultiert. Mit anderen Worten: Die Redaktionen sparen herausragende landespolitische Ereignisse bei ihrer Themenselektion
nicht aus, sondern greifen sie vielmehr auf. Dies gilt auch für solche Regionalfenster,
die ansonsten in ihrer Berichterstattung das Themenfeld Politik eher spärlich berücksichtigen.
Abbildung 6 zeigt die Entwicklung des Umfangs der Human-Touch-Berichterstattung von 2005 bis 2009. Deutlich wird, dass die Berücksichtigung von HumanTouch-Themen aufs Ganze gesehen nicht mehr anzusteigen scheint, sondern sich
bei unter 30 Prozent stabilisiert. Die hier referierten senderübergreifenden Entwicklungstendenzen dürfen nicht den Blick darauf verstellen, dass die einzelnen Regionalfenster höchst unterschiedliche redaktionelle Konzepte haben. Dies führt zu einer
großen Spannweite, die von boulevardesken, stark auf Unterhaltungspublizistik
gerichteten Formaten bis hin zu Nachrichtenmagazinen reicht. Diese Spannweite
lässt sich über die Sendeumfänge der Kategorien Politik und Human Touch veranschaulichen. Abbildung 7 und 8 zeigen die Mittelwerte über alle Regionalfenster
sowie die jeweiligen fensterspezifischen Abweichungen hiervon für das Jahr 2009.
PROGRAMMFORSCHUNG • DIE REGIONALFENSTER VON RTL UND SAT.1
102
VERGLEICH DER POLITIKBERICHTERSTATTUNG 2005–2009
Abb. 5
(Sendezeit in Prozent)1
40
35
30
25
20
15
19,7
20,5
2007
2008
22,6
16,8
15,4
10
5
0
2005
5,2
Wirtschaft 2006
2009
1 Basis: Publizistischer Kern des Regionalprogramms aller Regionalfenster.
VERGLEICH DER HUMAN-TOUCH-BERICHTERSTATTUNG 2005–2009
Abb. 6
(Sendezeit in Prozent)1
40
35
30
32,3
29,5
27,5
29,2
28,7
2008
2009
25
20
15
10
5
0
2005
5,2
Wirtschaft 2006
2007
1 Basis: Publizistischer Kern des Regionalprogramms aller Regionalfenster.
PROGRAMMFORSCHUNG • DIE REGIONALFENSTER VON RTL UND SAT.1
103
POLITIKBERICHTERSTATTUNG 2009
Abb. 7
(Abweichungen vom Mittelwert in Prozentpunkten)1
-20
10
20
30
-3,8
17:30 live Hamburg/Schleswig-Holstein
-5,6
Guten Abend RTL Hamburg/Schleswig-Holstein
-0,8
17:30 live Niedersachsen/Bremen
Guten Abend RTL Niedersachsen/Bremen
Mittelwert
0
22,6
-10
-9,9
2,3
17:30 live Nordrhein-Westfalen
Guten Abend RTL Nordrhein-Westfalen
1,3
Guten Abend RTL Hessen
4,8
17:30 live Rheinland-Pfalz/Hessen
5,2
Wirtschaft
24,4
RNF Life -11,3
17:30 live Bayern
-1,3
1 Basis: Publizistischer Kern des Regionalprogramms jedes Fensters.
Erläuterung: Dargestellt werden jeweils die Unterschiede gegenüber dem Mittelwert aller Regionalfenster.
BERICHTERSTATTUNG ÜBER HUMAN-TOUCH-THEMEN 2009
Abb. 8
(Abweichungen vom Mittelwert in Prozentpunkten)1
-30
-20
-10
Mittelwert
0
28,7
10
-12,1
17:30 live Hamburg/Schleswig-Holstein
12,8
Guten Abend RTL Hamburg/Schleswig-Holstein
-0,1
17:30 live Niedersachsen/Bremen
9,9
Guten Abend RTL Niedersachsen/Bremen
4,5
17:30 live Nordrhein-Westfalen
Guten Abend RTL Nordrhein-Westfalen
9,8
Guten Abend RTL Hessen
17:30 live Rheinland-Pfalz/Hessen
5,2
Wirtschaft
RNF Life
17:30 live Bayern
20
0,5
-18,2
-10,7
6,2
1 Basis: Publizistischer Kern des Regionalprogramms jedes Fensters.
Erläuterung: Dargestellt werden jeweils die Unterschiede gegenüber dem Mittelwert aller Regionalfenster.
PROGRAMMFORSCHUNG • DIE REGIONALFENSTER VON RTL UND SAT.1
104
4.
Exemplarische Betrachtung zweier Themenagenden
Betrachtet man die zwei Extrempole von hohem Politikanteil bei zugleich niedriger
Berücksichtigung von Human Touch und vice versa, fallen die Regionalfenster
„Sat.1 17:30 live“ für Rheinland-Pfalz/Hessen auf der einen und „Guten Abend
RTL“ für Niedersachsen/Bremen auf der anderen Seite ins Auge. Diese beiden
Magazine markieren auch die Spannweite innerhalb der vorfindbaren Programmprofile bei den Regionalfenstern. Abbildung 9 und 10 zeigen die jeweilige Themenagenda für das Erhebungsjahr 2009.
GUTEN ABEND RTL – NIEDERSACHSEN/BREMEN
THEMENAGENDA DER BERICHTERSTATTUNG 2009
Abb. 9
(Sendezeit in Prozent)1
50
45
38,6
40
35
32,5
30
11,2
Kultur
25
16,3
Kriminalität
20
15
12,7
10
5
17,7
Soziales
Leben
22,3
Zerstreuung
8,4
3,5
Wirtschaft
0
Politik
Gesellschaft Human Touch
Private
Lebenswelt
3,9
3,9
Sport
Wetter
1 Basis: Publizistischer Kern des Regionalprogramms (t=7:48:07).
Im Jahr 2009 hat „Guten Abend RTL“ für Niedersachsen/Bremen im Vergleich
zum Vorjahr seine Berichterstattung über politische bzw. kontroverse Themen um 5
Prozentpunkte reduziert und nimmt mit nunmehr 13 Prozent den niedrigsten Wert
aller untersuchten Regionalfenster ein. Im Durchschnitt wird mit rund 3 Minuten
pro Sendung aus dem Themenfeld Politik berichtet, dem stehen fast 10 Minuten
Human-Touch-Berichterstattung gegenüber. Dieses Themenfeld wurde im Vergleich
zu 2008 nochmals um 2,2 Prozentpunkte ausgeweitet und beträgt 2009 nahezu 39
Prozent. Dies ist der zweithöchste Wert im Vergleich zu den anderen untersuchten
Regionalfenstern. Innerhalb des Human-Touch-Themenfelds dominieren Zerstreuungsthemen mit Unterhaltungscharakter. Das Themenfeld „regionaler Sport“ wird
mit knapp 4 Prozent vergleichsweise wenig thematisiert.
Diametral entgegengesetzt ist das redaktionelle Konzept von „Sat.1 17:30 live“
für Rheinland-Pfalz/Hessen. Dieses Regionalfenster hat seit Jahren im Vergleich zu
PROGRAMMFORSCHUNG • DIE REGIONALFENSTER VON RTL UND SAT.1
105
allen anderen ein deutlich abweichendes Programmprofil, was sich u.a. in einer umfangreichen Berücksichtigung von Hard-News zeigt. Die Themenagenda verdeutlicht, dass dieses Fensterprogramm das Profil eines aktuellen regionalen Nachrichtenmagazins hat. Im Vergleich zu 2008 ist im Erhebungsjahr 2009 der Umfang der
Berichterstattung über politische Themen von 35,3 Prozent auf 47 Prozent angestiegen. Hinzu kommt eine größere Berücksichtigung wirtschaftlicher Themen mit jetzt
9,4 Prozent im Vergleich zu 4,5 Prozent im Jahr 2008. Im täglichen Durchschnitt
wird über diese beiden Hard-News-Themenbereiche 13 Minuten berichtet. HumanTouch-Themen sind hingegen weiter rückläufig und im Erhebungsjahr nochmals um
3 Prozentpunkte gesunken auf nunmehr 10,5 Prozent. Das bedeutet einen durchschnittlichen täglichen Umfang von rund zweieinhalb Minuten.
SAT.1 17:30 LIVE – RHEINLAND-PFALZ/HESSEN
THEMENAGENDA DER BERICHTERSTATTUNG 2009
Abb. 10
(Sendezeit in Prozent)1
50
47,0
45
40
34,7
35
6,5
Kultur
30
25
18,8
Soziales
Leben
20
15
10,5
10
9,4
Wirtschaft
5
8,2
Kriminalität
2,3
Zerstreuung
2,1
3,0
2,8
Private
Lebenswelt
Sport
Wetter
0
Politik
Gesellschaft Human Touch
1 Basis: Publizistischer Kern des Regionalprogramms (t=7:41:47).
So unterschiedlich beide Programmprofile auch sind, sie bewegen sich innerhalb des
vorgegebenen Rahmens des Rundfunkstaatsvertrags und der Fernsehfensterrichtlinie. Trotz ihrer jeweiligen Fokussierung einerseits auf Hard-News und andererseits
auf den Bereich der Unterhaltungspublizistik ist eine aktuelle, sendegebietsbezogene
Berichterstattung über ein insgesamt vielfältiges Themenspektrum vorhanden.
Durch eine weitere Reduktion der Hard-News-Berichterstattung bei „Guten Abend
RTL“ Niedersachsen/Bremen könnte allerdings in Zukunft die in der FFR geforderte „Berichterstattungsvielfalt“ gefährdet sein.
PROGRAMMFORSCHUNG • DIE REGIONALFENSTER VON RTL UND SAT.1
106
5.
Fazit
Für die Berichterstattungsjahre 2008 und 2009 kann im Hinblick auf das programmliche Erscheinungsbild der untersuchten Regionalfenster eine insgesamt positive
Bilanz gezogen werden. Die innerhalb der FFR formulierten Anforderungen an die
formale und publizistische Gestaltung wurden eingehalten, Gründe für eine Beanstandung wurden nicht festgestellt. Im Jahr 2009 wurde in mancherlei Hinsicht die
Sendepraxis modifiziert: So ist vermehrt eine den Zuschauer orientierende Einblendung von thematischen Inserts bei der Themenübersicht und bei Filmbeiträgen zu
beobachten. Gewinnspiele sind nur noch – in verkürzter Form – bei drei Regionalfenstern vorhanden.
Aufs Ganze gesehen scheint es so zu sein, dass die Veranstalter die kontinuierliche Programmbeobachtung ihrer Programmpraxis berücksichtigen und auf kritische Einwände reagieren. Zu diesem Ergebnis kommt auch eine Befragung von
Schulz u.a.: „Offenkundig wurde im Zuge der Recherche auch, dass sich die regelmäßige Programmanalyse der Regionalfenster als ein wirksames Instrument zur
Unterstützung der rechtlichen Vorgaben erweist. [...] Die Studie hat sich zu einem
von allen Beteiligten wahrgenommenen Feedback-Instrument entwickelt, das bis in
konkrete Entscheidungen im redaktionellen Alltag hinein wirksam wird.“6 Die kontinuierliche Programmanalyse hat sich zur „wichtigsten externen Maßnahme zur
Qualitätssicherung der regionalen Fensterprogramme“7 entwickelt und wird für 2010
und 2011 vom Im•Gö weitergeführt werden. Der Entwurf zum Dreizehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag lässt die bisherige Regelung zur Verpflichtung der Ausstrahlung von Regionalfenstern in den beiden bundesweit verbreiteten reichweitenstärksten Fernsehvollprogrammen unberührt. Vor diesem Hintergrund bleibt auf
absehbare Zeit die konzentrationsrechtliche Bedeutung der Regionalfensterprogramme erhalten und somit ihre besondere Beobachtung begründet.
Literatur
Schulz, Wolfgang/Uwe Hasebrink/Inka Brunn/Hermann-Dieter Schröder/Nora
Rzadkowski (2008): Konsequenzen der Regelung des § 25 Abs. 4 S. 4 RStV für
regionale TV-Fensterprogramme. Hamburg (unveröff.).
Volpers, Helmut/Christian Salwiczek/Detlef Schnier (2000): Regionalfenster im
Programm von RTL und SAT.1. Eine vergleichende Inhaltsanalyse von Programmangeboten und journalistischer Qualität. Opladen (Schriftenreihe Medienforschung der LfR Nordrhein-Westfalen; Bd. 35).
6
7
Schulz, Wolfgang/Uwe Hasebrink/Inka Brunn/Hermann-Dieter Schröder/Nora Rzadkowski (2008):
Konsequenzen der Regelung des § 25 Abs. 4 S. 4 RStV für regionale TV-Fensterprogramme. Hamburg
(unveröff.), S. 45.
Schulz u.a. 2008, S. 38.
PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSBESCHAFFUNG UND -PRODUKTION
107
Unterhaltungsbeschaffung und
Unterhaltungsproduktion
Merkmale und Strukturen am Beispiel des
Fernsehformathandels
Klaus-Dieter Altmeppen, Katja Lantzsch und Andreas Will
1.
Das Feld der Unterhaltungsbeschaffung und -produktion:
Merkmale und Strukturen
Unterhaltung gehört von Beginn an zur Angebotspalette des Fernsehens, das Forschungsfeld Unterhaltungsbeschaffung und -produktion entwickelt sich jedoch erst
seit wenigen Jahren innerhalb der Kommunikations- und Medienwissenschaft. Zur
Analyse dieses Feldes kann die Kommunikations- und Medienwissenschaft auf angestammte Modelle zurückgreifen,1 zunehmend aber entstehen auch spezifische theoretische Arbeiten als Reflex darauf, dass dieses Feld durch eigene Strukturen und
Mechanismen geprägt ist.2
Auf diese Weise werden zentrale Begriffe definiert und theoretische Fundierungen entworfen, um empirische Ergebnisse in nachhaltig verwendbare Aussagen
zu transferieren. Solche grundlegenden Beiträge fehlen in breiterer, fundierterer
Form immer noch für die Unterhaltungsbranche, was dazu führt, dass viele der
empirischen Daten kaum oder nur schwerlich vergleichbar sind, da sie auf unterschiedlichen Quellen, Methoden und Berechnungen basieren. Während in den (wenigen) empirischen Studien Primärerhebungen grundlegend sind,3 greifen andere
Studien auf vorliegende Statistiken des Bundes, der Länder, von Wirtschaftskammern etc. zurück.4
1
2
3
4
Vgl. Siegert, Gabriele/Björn von Rimscha (2008): Forschungsfelder in der Unterhaltungsproduktion:
Zusammenfassung und Ausblick. In: Diess. (Hrsg.): Zur Ökonomie der Unterhaltungsproduktion.
Köln, S. 268-286.
Vgl. Sydow, Jörg/Arnold Windeler (Hrsg.) (2004): Organisation der Content-Produktion. Wiesbaden;
Lantzsch, Katja/Klaus-Dieter Altmeppen/Andreas Will (Hrsg.) (2010): Handbuch Unterhaltungsproduktion. Beschaffung und Produktion von Fernsehunterhaltung. Wiesbaden.
Vgl. Pätzold, Ulrich/Horst Röper (2008): Fernsehproduktionsmarkt Deutschland 2005 und 2006:
Auftragsvolumen und Branchenstruktur. In: Media Perspektiven, Heft 3, S. 125-137; Die Landesmedienanstalten (Hrsg.) (2006): Beschäftigte und wirtschaftliche Lage des Rundfunks in Deutschland
2004. Studie des Hans-Bredow-Instituts in Kooperation mit der Arbeitsgruppe Kommunikationsforschung München (AKM). Berlin (Schriftenreihe der Landesmedienanstalten; Bd. 33).
Vgl. Geschwandtner-Andreß, Petra (1999): Medienwirtschaft in Köln. Theoretische Erklärungsansätze
und politische Bestimmungsfaktoren eines regionalen Produktionsclusters Medien. Köln (Arbeitspapier
116 des Instituts für Rundfunkökonomie Köln); Söndermann, Michael/Christoph Backes/Olaf
Arndt/Daniel Brünink (2009): Kultur- und Kreativwirtschaft: Ermittlung der gemeinsamen charakteris-
PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSBESCHAFFUNG UND -PRODUKTION
108
Im Hinblick auf die Strukturen, Formen und Mechanismen der Unterhaltungsbeschaffung und -produktion besteht allerdings noch erheblicher Forschungsbedarf,
damit auch über die Kulturindustrie, den „Amüsierbetrieb“, der auch „die Macht der
ökonomisch Stärksten über die Gesellschaft“ repräsentiert,5 weitere theoretische und
empirische Aufklärung erfolgen kann, die eine der Grundlagen für Bewertungen,
Beurteilungen und Kritiken bilden sollte.
Zudem kann nur mit einer solchen Forschung Anschluss an den angelsächsischen Raum hergestellt werden. Von dort kommen nicht nur große Teile des Unterhaltungsprogramms, dort existiert auch eine wesentlich größere und etabliertere
Forschungstradition zur Frage: „Why do the cultural Industries matter“?6 Da diese
Industrien bedeutsamen gesellschaftlichen Einfluss durch die Zirkulation ihrer Inhalte haben, da sie Kreativität managen und verbreiten und Agenten des ökonomischen, sozialen und kulturellen Wandels sind, beschäftigt sich ein großer Kreis von
Forschern mit diesen Industrien.7
Weil der Medienmarkt aber „dauernd neue Aggregatzustände“8 erlebt und insbesondere die Digitalisierung der Beschaffung, Bearbeitung und Distribution von
Content für stetig neu entstehende Branchen und Arbeitsfelder bzw. für einen Wandel der bestehenden Arbeitsfelder sorgt, bei den digitalen Spielen zum Beispiel oder
durch die Mobilkommunikation,9 ist das Feld der Unterhaltungsbeschaffung und
-produktion noch wenig geordnet. Daher folgt zunächst eine (ökonomische) Einordnung dieses Feldes im weiteren Abschnitt 1, bevor der Formathandel als spezifische Form der Unterhaltungsproduktion in den Abschnitten 2 und 3 detaillierter
vorgestellt wird.
1.1 Einordnung des Feldes der Unterhaltungsbeschaffung und -produktion
Insgesamt kann das Feld Unterhaltungsbeschaffung und -produktion der Kulturund Kreativwirtschaft zugeordnet werden, als denjenigen „Kultur- und Kreativunternehmen […], die überwiegend erwerbswirtschaftlich orientiert sind und sich mit
der Schaffung, Produktion, Verteilung und/oder medialen Verbreitung von kulturellen/kreativen Gütern und Dienstleistungen befassen“.10 Aus der Sicht der Kommu-
5
6
7
8
9
10
tischen Definitionselemente der heterogenen Teilbereiche der „Kulturwirtschaft“ zur Bestimmung ihrer
Perspektiven aus volkswirtschaftlicher Sicht. Berlin.
Horkheimer, Max/Theodor W. Adorno (2006): Dialektik der Aufklärung. Philosophische Fragmente.
16. Aufl. (zuerst: New York 1944). Frankfurt/M., S. 129, 144.
Hesmondhalgh, David (2007): The Cultural Industries. Los Angeles et al., S. 3.
Vgl. Hesmondhalgh 2007, S. 3-11.
Henle, Victor (2007): Im Netz der Medienakteure. Kabelgesellschaften, Satellitenbetreiber und Suchmaschinenanbieter positionieren sich auf dem Medienmarkt. In: Communicatio Socialis, Jg. 40, Heft 1,
S. 11-22, hier S. 22.
Vgl. Przybylski, Pamela (2009): Selling Wine without Bottles. Strategien, Konzepte und Interaktionen
der Akteure auf dem neuen Bewegtbild-Markt. Universität Eichstätt (unveröff. Diplomarbeit); Quandt,
Thorsten/Jeffrey Wimmer/Jens Wolling (Hrsg.) (2007): Die Computerspieler. Studien zur Nutzung
von Computergames. Wiesbaden.
Söndermann u.a. 2009, S. 23.
PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSBESCHAFFUNG UND -PRODUKTION
109
nikations- und Medienwissenschaft umfasst dies die relevanten Mediengattungen
Musikwirtschaft, Buchmarkt, Filmwirtschaft, Rundfunkwirtschaft, Pressemarkt,
Werbemarkt sowie Software/Games-Industrie. Im Sinne einer weiteren definitorischen Bestimmung können sie als eigenständige Felder mit spezifischen Attributen
gekennzeichnet werden, deren gemeinsamer wirtschaftlich verbindender Kern im
sogenannten „schöpferischen Akt“ liegt. „Damit sind alle künstlerischen, literarischen, kulturellen, musikalischen, architektonischen oder kreativen Inhalte, Werke,
Produkte, Produktionen oder Dienstleistungen gemeint, die als wirtschaftlich relevanter Ausgangskern den elf Teilmärkten zugrunde liegen.“11 Auch wenn der schöpferische Akt nur ein gedankliches Konstrukt ist, hilft er doch beispielsweise, die
Berufsgruppen in der Unterhaltungsbeschaffung und -produktion als Medienschaffende zusammenzufassen, deren Arbeit sich auf den Wertschöpfungsprozess dieses
Aktes bezieht (auch wenn die Tätigkeiten im Einzelnen höchst unterschiedlich sind
und – etwa im Marketing – nicht dem Verständnis eines schöpferischen Aktes entsprechen). Zudem wird mit diesem Konstrukt eine Anschlusskommunikation an die
angelsächsische Forschung ermöglicht, die den Begriff der Kreativität viel selbstverständlicher verwendet.12
Betrachtet man den Beitrag der in diesem Sinne definierten Kultur- und Kreativwirtschaft zur Bruttowertschöpfung und zu Arbeitsmarktstatistiken, zeigt sich die
durchaus große Bedeutung dieses Sektors. So entsprechen die 61 Mrd. Euro Bruttowertschöpfung, die 2006 erwirtschaftet wurden, 2,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, selbst die Anteile von Maschinenbau und Automobilindustrie sind nicht wesentlich höher.13 Auch im Hinblick auf den Arbeitsmarkt kann die Kultur- und
Kreativwirtschaft hohe Zahlen vorweisen, wobei die Differenz zwischen den Erwerbstätigen insgesamt und den abhängig Beschäftigten deutlich macht, dass in
diesem Bereich eine große Zahl an Freiberuflern arbeitet, dass also die Arbeitsmarktsituation für die Beschäftigten weit prekärer ist als in anderen Branchen.
Zur Rundfunkwirtschaft, also dem Bereich, der die (audiovisuelle) Unterhaltungsbeschaffung und -produktion umfasst, zählen Rundfunkveranstalter und Hersteller von Hörfunk- und Fernsehprogrammen.14 Etwa 22.500 Beschäftigte (ohne die
öffentlich-rechtlichen Anbieter) arbeiten in diesem Segment (2 Prozent aller Erwerbstätigen in der Kultur- und Kreativwirtschaft), der Umsatz betrug 2008 etwa
7,9 Mrd. Euro (5,3 Prozent des Gesamtumsatzes in der Kultur- und Kreativwirtschaft). Zum Vergleich: Die Studie der Landesmedienanstalten ermittelte mit Stand
2004 Nettoerträge von rund 6,7 Mrd. Euro beim privaten Rundfunk in Deutschland.15 Ende 2004 waren zudem dieser Studie zufolge in der deutschen Rundfunk11
12
13
14
15
Söndermann u.a. 2009, S. 25.
Vgl. Doyle, Gillian/Richard Paterson (2010): Die Produktion unabhängigen Fernsehens in Großbritannien. Öffentliche Politik, Kreativität und Wachstum. In: Lantzsch u.a. 2010, S. 35-51.
Vgl. Söndermann u.a. 2009.
Vgl. Söndermann u.a. 2009, S. 92.
Vgl. Die Landesmedienanstalten 2006.
PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSBESCHAFFUNG UND -PRODUKTION
110
wirtschaft 46.004 Erwerbstätige beschäftigt, davon 29.415 im öffentlich-rechtlichen
Rundfunk, 12.689 bei privaten Fernsehveranstaltern und 3.900 bei den privaten
Hörfunkunternehmen.
1.2 Unterhaltungsbeschaffung und -produktion als organisationales Feld
Von den Kernbranchen oder Teilmärkten der Kultur- und Kreativwirtschaft sind
unter dem Gesichtspunkt von Unterhaltung und (Massen-)Medien natürlich die
Film- und die Rundfunkwirtschaft von vorrangigem Interesse. In Deutschland haben im Jahr 2006 in der Film- und Fernsehproduktion 676 Unternehmen rund
12.000 Programmstunden produziert, bei weiterhin steigender Konzentration, denn
die zehn größten Produktionsgruppen erreichen einen Marktanteil von über 50 Prozent. An den vier großen Standorten Berlin, Hamburg, NRW und Bayern werden
80 Prozent aller Auftragsproduktionen abgewickelt.16
Diese Branchen oder Teilmärkte bestehen aus einem großen Konglomerat an
unterschiedlichen Unternehmen, von den Sendern über die Produktionsunternehmen bis hin zu den Zulieferern für Technik. Daher kann die Unterhaltungsbeschaffung und -produktion als ein organisationales Feld angesehen werden. Felder, und
insbesondere organisationale Felder, erfassen gleich zwei Ebenen organisationaler
Operationen, die intraorganisationale Ebene der Strukturbildung innerhalb von
Organisationen und die interorganisationale Ebene der Strukturbildung durch Organisationen, wobei beide Ebenen miteinander verknüpft sind. Interorganisational sind
die relevanten Akteure und Kraftfelder zu untersuchen, die zur Regulierung des
Mediensystems beitragen, denn die Organisationen in den relevanten Handlungsfeldern sind es, die gesellschaftliche Erwartungen an Medien kanalisieren, die ihre Interessen einbringen in die Verhandlungsprozesse und ihre Machtformen und -mittel
einsetzen, um die Interessen durchzusetzen. Sender, Produktionsunternehmen,
Rechtehändler und die Landesmedienanstalten als Regulierungsbehörden beispielsweise konstituieren ein solches interorganisationales Feld. Intraorganisationale Felder dagegen beschreiben die Ordnungsmuster innerhalb von Organisationen, die
Konzernintegrationen beispielsweise, eine Form der vertikalen Konzentration, bei
der alle Operationen der Wertschöpfungskette (Beschaffung, Produktion, Handel,
Vermarktung, Distribution) in den Konzernen zusammengezogen werden.17
Zur Bestimmung der Spezifika und Merkmale organisationaler Handlungsfelder lassen sich mehrere Elemente identifizieren, die diese Felder konstituieren.18
Diese Elemente sind (1) die Sets von Organisationen, die ein anerkanntes Feld konstituieren, (2) Technologien, die von Akteuren im Feld anerkannt und als Werkzeu16
17
18
Vgl. Pätzold/Röper 2008, S. 125ff.; Ernst & Young (2003): Film- und Fernsehbranche: Standorte mit
Zukunft? Berlin, Hamburg, Köln und München im Vergleich. München.
Vgl. für die RTL Group: Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten (Hrsg.) (2009): ALM Jahrbuch 2008. Landesmedienanstalten und privater Rundfunk in Deutschland. Berlin, S. 92.
Vgl. Altmeppen, Klaus-Dieter/Katja Lantzsch/Andreas Will (2010): Das Feld der Unterhaltungsbeschaffung und -produktion. Sondierungen eines ungeordneten Bereiches. In: Lantzsch u.a. 2010, S. 1132.
PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSBESCHAFFUNG UND -PRODUKTION
111
ge, Wissen und Methoden genutzt werden, (3) Regelungen (Rechte und Pflichten wie
etwa Eigentums- und Besitzrechte), die von den Feldakteuren in und durch ihr Handeln rekursiv (re-)produziert werden, (4) soziale Praktiken, die die Akteure im Feld
als (geregelte) praktische Aktivitäten hervorbringen und gegebenenfalls verändern,
(5) Governanceformen, die Feldakteure nutzen, um ihre Aktivitäten und Beziehungen miteinander abzustimmen, (6) soziale Einbettungen organisationaler Felder, die
die Akteure durch die Verknüpfung sozialer Praktiken konstituieren, (7) die Orientierungshorizonte, die – in Form von gesellschaftlichen Erwartungen bzw. als Ziele
der Organisationen – den Sinn der Handlungen der Akteure prägen, und schließlich
sind als weitere feldspezifische Merkmale (8) die Akteure zu ergänzen, deren Leistungserwartungen, Berufsbilder und Berufs- und Arbeitsrollen, deren Positionen im
Handlungsfeld und deren Selbstverständnisse als wesentliche Merkmale der organisationalen Handlungsfelder gelten können.
Organisationale Felder der Unterhaltungsbeschaffung und -produktion können
demnach insgesamt definiert werden als durch spezifische Strukturen geprägte (und
diese Strukturen prägende) soziale, kulturelle und ökonomische Interaktionen und
Operationen mit dem Ziel der Kreation, Beschaffung, Produktion, Vermarktung
und Distribution (national wie international) von als unterhaltend angesehenen Medieninhalten.
Im Folgenden sollen die Strukturen des Formathandels als einem Feld der Unterhaltungsbeschaffung und -produktion detaillierter dargestellt werden. Die empirischen Ergebnisse (Abschnitt 3) basieren auf einer empirisch fundierten organisationstheoretischen Analyse,19 in deren Rahmen Leitfadeninterviews mit Managern von
Sendern, Produktionsunternehmen, Rechtehändlern und anderen Experten in
Deutschland, Großbritannien, Belgien und der Schweiz durchgeführt wurden. Vor
der Ergebnispräsentation soll jedoch in Abschnitt 2 der internationale Formathandel
beschrieben und von anderen Formen der Beschaffung und Produktion von Unterhaltung abgegrenzt werden.
2.
Formathandel: Einordnung und Definition
Unterhaltende Fernsehinhalte können in mittelfristigen Prozessen geplant und dementsprechend beschafft oder produziert werden, wobei es unterschiedliche Möglichkeiten für die Beschaffung und Produktion gibt. Sie können von den Sendern selbst
oder per Auftrag entwickelt und produziert werden, allerdings existieren kaum noch
reine Eigenproduktionen, sondern zumeist wird Fernsehinhalt über Auftragsproduktionen von wirtschaftlich unabhängigen oder abhängigen Produzenten erstellt. Eine
weitere Möglichkeit des Bezugs stellt der Programmimport („finished made-for-TV
programme“) dar.
19
Siehe ausführlich Lantzsch, Katja (2008): Der internationale Fernsehformathandel. Akteure, Strategien,
Strukturen, Organisationsformen. Wiesbaden; Altmeppen, Klaus-Dieter/Katja Lantzsch/Andreas Will
(2007): Flowing Networks in the Entertainment Business: Organizing International TV Format Trade.
In: The International Journal on Media Management, Vol. 9, No. 3, S. 94-104.
PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSBESCHAFFUNG UND -PRODUKTION
112
Eine Kombination aus Programmimport, genauer einem Formatimport, und
Eigen- bzw. Auftragsproduktion ist der internationale Fernsehformathandel, der den
Mittelpunkt der folgenden Ausführungen bildet. Beim Formathandel kaufen bzw.
verkaufen Lizenznehmer und Lizenzgeber Formatlizenzen, um ein Remake zu produzieren. Inhalte werden im Rahmen der Reproduktion an kulturelle Besonderheiten
des jeweiligen Fernsehmarkts angepasst (Adaption). Wichtige Voraussetzung dafür
ist der Know-how-Transfer als essenzielles Merkmal des internationalen Fernsehformathandels.
2.1 Fernsehformathandel und Fernsehformate
Grundsätzlich kann ein Sender fertige Unterhaltungsinhalte per Programmimport
beziehen („finished made-for-TV programme“). Er entscheidet sich dabei innerhalb
der Beschaffung aber gegen eine Programminnovation, denn der Kauf von fertiger
Programmware schließt die eigene Entwicklung und Produktion von Fernsehunterhaltung aus. Im Falle des Fernsehformathandels handelt es sich häufig um Imitationsstrategien. Zu Imitationen gehören die Weiterentwicklung bestehender Ideen
(„spin-off“), Anlehnungen („me-too“) und adaptierte Inhalte (Kopien), zu denen
auch – zur Umgehung des juristischen Schutzes – modifizierte Inhalte zählen. Sender können sich im Rahmen der Adaption für den Weg des Formateinkaufs (Lizenz), des „Formatklaus“ (Plagiat) oder aber für eine Eigen- bzw. Auftragsentwicklung im Falle einer „me-too-“ oder „spin-off-Strategie“ entscheiden (vgl. Abb. 1).
Der überwiegende Teil der Inhalte wird jedoch selbst bzw. im Auftrag entwickelt
und produziert.20
Im Rahmen des Programmeinkaufs erwirbt ein Programmveranstalter die zeitlich und räumlich eingeschränkten sowie auf „runs“ festgelegten Nutzungsrechte an
einem fertigen Film oder Fernsehprogramm. Lizenzen werden vor allem für Spielfilme, Serien und Dokumentationen erworben. Die Lizenzbedingungen, inklusive
der Preise, bestimmen sich durch Angebot und Nachfrage auf dem Inhaltemarkt.
Die Preisdifferenzierung erfolgt primär über die geografischen Märkte, wobei vor
allem die Größe und/oder die Wirtschaftskraft zählen (vgl. Abb. 2). Im Lizenzmarkt
herrscht außerdem ein hohes Maß an vertikaler und horizontaler Konzentration.
Üblicherweise handelt es sich beim Einkauf fertiger Programme um einen Verkäufermarkt, eine Marktsituation also, bei der sich der Verkäufer (der die Programmrechte besitzt) in einer verhandlungstaktisch günstigeren Position als der Käufer
befindet, denn die Marktmacht liegt beim Verkäufer, der Preise und Vertragskonditionen diktieren kann, jedenfalls bei der enormen Nachfrage nach Programminhalten.
Ein Sender kann sich jedoch auch zu einer Programminnovation und damit zur
Entwicklung von Unterhaltungsinhalten entschließen, wobei zwischen einer Entwicklung in den Entwicklungsabteilungen von Sendern (Eigenentwicklung) und
20
Vgl. zum Folgenden: Lantzsch, Katja (2010): Organisation des Fernsehformathandels. Interorganisationale Netzwerke als Kooperationsform. In: Lantzsch u.a. 2010, S. 269-286.
PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSBESCHAFFUNG UND -PRODUKTION
113
einer Entwicklung per Auftrag durch Produktionsunternehmen (Auftragsentwicklung) zu unterscheiden ist. An diese Entscheidungen schließt sich die Produktion an.
Abb. 1
FORMEN DER BESCHAFFUNG UND PRODUKTION VON
FERNSEHUNTERHALTUNG AUS SENDERSICHT
Beschaffung
Innovation
Keine Innovation
Formateinkauf
Eigenentwicklung
Imitation
Imitation
(Adaption)
(Me-too/Spin-off)
Programmimport
'Formatklau'
Auftragsentwicklung
Eigenentwicklung
Auftragsentwicklung
Produktion
Eigenproduktion
Auftragsproduktion
Koproduktion
Ausstrahlung durch den Sender
DURCHSCHNITTLICHER LIZENZPREIS PRO STUNDE
Abb. 2
(in US-Dollar, Free-TV, 2003/04)
Großbritannien
Deutschland
Frankreich
Schweden
Tschechien
Bulgarien
Light Entertainment
Drama-Serien
TV-Movie
(pro Stunde)
(pro Stunde)
(pro Titel)
15.000 – 35.000
22.000 – 30.000
10.000 – 25.000
7.000 – 10.000
1.000 – 2.000
360 – 420
20.000 – 100.000
20.000 – 55.000
10.000 – 50.000
4.000 – 15.000
3.000 – 5.000
450 –
550
35.000 – 150.000
50.000 – 100.000
30.000 – 75.000
12.000 – 16.000
2.000 – 4.000
600 –
900
Der in diesem Beitrag betrachtete Formathandel kann im eigentlichen Sinne des
Wortes als Verkauf bzw. Kauf von Lizenzen für Fernsehformate, in aller Regel Un-
PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSBESCHAFFUNG UND -PRODUKTION
114
terhaltungsformate, durch einen Lizenzgeber und einen Lizenznehmer verstanden
werden. Die Übernahme eines (erfolgreichen) Formats und dessen Adaption im
Rahmen der Produktion und Vermarktung an nationale bzw. kulturelle Gegebenheiten erlaubt dabei dem Formatkäufer eine Balance zwischen Standardisierung und
Differenzierung. „Während der Lizenznehmer das angebotene Format nutzen und
eine Anpassung der Detailausstattung der Sendungen an die besonderen Gegebenheiten des lokalen Marktes vornehmen kann, erhält der Lizenzgeber hierfür eine
Lizenzgebühr entrichtet.“21
Ein Lizenzgeber verkauft also ein Format im Rahmen seiner Sales-Aktivitäten
und ein Lizenznehmer erwirbt ein Format im Rahmen seines Beschaffungsmanagements, damit er ein Remake eines Programms für ein bestimmtes Ausstrahlungsgebiet und einen bestimmten Zeitraum anfertigen kann. Entscheidend für die Adaption ist folglich nicht nur der Handel der Lizenz bzw. der Remake-Rechte im Rahmen
des Vertriebs bzw. der Beschaffung, sondern auch die Reproduktion eines Programms. Zusammengefasst kann der internationale Fernsehformathandel daher als
kombinierte Form der Beschaffung und Produktion von Unterhaltungsformaten
definiert werden, bei der Lizenznehmer und Lizenzgeber Formate kaufen bzw. verkaufen, um ein Remake eines schon existierenden Programms in einem anderen
Land zu erstellen.22
Gehandelt wird innerhalb des Fernsehformathandels die Ware Fernsehformat,
ein schwierig zu definierender Begriff, der in unterschiedlichen Kontexten verwendet wird. Im Rahmen des Formathandels lassen sich darunter Handelsprodukte
verstehen: „A television format is a […] programme concept, with distinct elements
that can be exported and licensed to production companies or broadcasters outside
its country of origin for local adaption“.23
Der Begriff Format hat sich mit der Kommerzialisierung des Fernsehmarkts
durchgesetzt und wurde durch den Lizenzhandel geprägt.24 Ein Format als „globaler
Markenartikel” steht für die optimale Vermarktung von Programmformen. Für die
Gewährleistung eines international ähnlichen Erscheinungsbilds von Sendungen
wurden im Rahmen des Lizenzhandels Vereinbarungen über Inszenierungsstile,
Ausstattungsmerkmale, Formen der Präsentation etc. getroffen. Die Formatierung
einer Sendung ist also zum einen eine praktikable Form, um mit Sendungskonzepten
zu handeln. Zum anderen dient sie aber auch der quotenbezogenen Optimierung der
Inhalte, ihrer Präsentationsformen und der Publikumsadressierung.
21
22
23
24
Lobigs, Frank/Dirk Spacek/Gabriele Siegert/Rolf H. Weber (2005): Mehr Rechtsschutz für TVFormate? Eine medienökonomische und medienrechtliche Untersuchung. In: Medien- und Kommunikationswissenschaft, Jg. 53, Heft 1, S. 93-129, hier S. 109.
Vgl. Lantzsch 2008, S. 227.
Schmitt, D. (2005): Quantifying the Global Trade in Television Formats. Vortrag am 10.6.2005 im
Rahmen des Workshops „International Television Format Trade“ des Erich-Pommer-Instituts vom
9.6. bis 12.6.2005, o.S.
Vgl. zum Folgenden: Lantzsch 2010.
PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSBESCHAFFUNG UND -PRODUKTION
115
Ein Format als Produkt setzt sich im Wesentlichen aus vier Bestandteilen zusammen: aus der eigentlichen Idee, die juristisch nicht schützbar ist, dem „paper
format“ (Konzeptbeschreibung), dem „TV programme format“ (Sendung) und dem
„TV format package“, das das Wissen für die Adaption enthält. Die Leistungen des
„TV format package“ „sind der eigentlich vermarktungsfähige Kern von TVFormaten, sie sind marktrelevantes Know-how”.25 Letztlich ist es also das „knowhow-package“, das mittels einer Lizenz weitergegeben wird, auch wenn oft bezogen
auf die Idee, das Konzept oder das fertige Programm von einem Format gesprochen
wird. Es geht dabei genau genommen um die Vorstufen bzw. im Fall der fertigen
Sendung um das Resultat eines Formats, wenn vom letztendlich gehandelten Produkt im Rahmen des Formathandels die Rede ist.
Formate sind knapp, stiften einen Nutzen bzw. dienen der Bedürfnisbefriedigung. Es gibt eine Nachfrage und sie werden auf Märkten gehandelt und sind damit
marktfähig. Ein Format ist demnach ein ökonomisches Gut. Mit diesem Handelsprodukt sind Dienstleistungen wie der Know-how-Transfer verbunden. Zusammengefasst kann ein Fernsehformat im Rahmen des internationalen Formathandels
demzufolge als ein auf Basis eines fertigen Programms entstandenes Leistungsbündel
aus Idee, Konzept, Materialien und Know-how definiert werden, das als Kombination von Handelsware und damit verbundenen Dienstleistungen auf dem Inhaltemarkt handelbar ist.
2.2 Entwicklungen des Fernsehformathandels
Der Formathandel bzw. die damit verbundenen Adaptionen sind kein neues Phänomen, sondern so alt wie die Fernsehindustrie.26 Doch wurde der Formthandel in
den letzten 20 Jahren systematisiert und professionalisiert. Die Entwicklung verlief
im Wesentlichen in vier Phasen:27 Erste Vorformen gab es bereits mit der Entstehung nationaler Fernsehsysteme bis hinein in die 80er Jahre. Vor allem US-amerikanische Quizshows wurden mit starken Veränderungen in das deutsche Fernsehen
übernommen. Mit der Etablierung kommerzieller Rundfunksender in Westeuropa
entstand ein Formathandel, der vor allem Gameshows betraf (zum Beispiel „The
Price is Right“). Anfang der 90er Jahre weitete sich der Formathandel auf andere
Formattypen aus. Vor allem neue Genres wie Reality-TV und Daily Soaps schoben
sich in den Fokus. In der gegenwärtigen vierten Phase vergrößert sich das inhaltliche
Spektrum und neue Akteure gewinnen an Bedeutung.
Hintergrund für die Entwicklung sind die De- bzw. Re-Regulierung und neue
Distributionstechnologien, die für eine massive Angebotsausweitung durch neue, vor
allem privat-kommerzielle TV-Sender sorgten und Content zu einem knappen Gut
25
26
27
Lobigs u.a. 2005, S. 109.
Vgl. Moran, Albert (1997): Try and try again. The Restless Years and nationalising television drama. In:
Australasian Drama Studies 30 (April 1997), S. 57-67.
Vgl. Hallenberger, Gerd (2002): Fernsehformate und internationaler Formathandel. In: Hans-BredowInstitut (Hrsg.): Internationales Handbuch Medien 2002/2003. Baden-Baden, S. 130-137, hier S. 135.
PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSBESCHAFFUNG UND -PRODUKTION
116
werden ließen. Entsprechend stiegen die Preise für attraktive Inhalte auf den Inhaltebeschaffungsmärkten mit einem Trend vom reinen Programmimport hin zu nationalen Produktionen.28 Hinzu kam, dass per Programmimport beschaffte Inhalte wie
zum Beispiel US-amerikanische Sitcoms häufig nicht mehr so erfolgreich waren wie
nationale Produktionen. Importierte Programme verloren an Marktwert. Außerdem
sind ganze Genres vom Programmimport ausgeschlossen, wie zum Beispiel Talkshows. Vor allem der Trend zur lebensweltlichen Orientierung der Programme führte zu einer Forcierung des Formathandels und einer Abkehr vom Programmimport,
denn die Orientierung an den Lebenswelten der Zuschauer ist nur in lokalen Kontexten gewährleistet.29
Ein weiterer Grund für den Trend zum Formathandel liegt in der Vernetzung
der nationalen Fernsehmärkte infolge der Globalisierung bzw. Internationalisierung.
Der durch die Kommerzialisierung des Fernsehens entstandene weltweite Fernsehmarkt ist nicht nur durch internationale Verflechtungen der Medienunternehmen
gekennzeichnet, sondern auch durch den weltweiten Handel mit Programmen. Denn
es ist davon auszugehen, dass die Ziele der Sender (und auch Publika) ähnlich sind
und mit gleichartigen Programmen bzw. Strategien verwirklicht werden, auch wenn
Anpassungen vorgenommen werden und die Aneignung lokal erfolgt. Die kosmopolitische Klasse der Fernsehmacher, die in interpersonalen Netzwerken miteinander
verbunden sind, „increasingly share similar concepts and attitudes about ‚what
works’ and ‚what doesn’t’ in commercial television”.30
2.3 Motive und Merkmale des Fernsehformathandels
Beim Formathandel erhalten Sender oder Produzenten per Lizenzvertrag vom entsprechenden Rechteinhaber die Rechte an einem Format, das bereits in anderen
Ländern erfolgreich ausgestrahlt wurde.31 Die Lizenznehmer erwerben Rechte für
Produkte mit standardisierten Produktionsmustern für ein bestimmtes Ausstrahlungsgebiet und eine festgelegte Dauer und können gleichzeitig Differenzierungen
im Hinblick auf den Zielmarkt und seine nationale Fernsehtradition respektive den
28
29
30
31
Vgl. Lobigs u.a. 2005, S. 93; Hallenberger, Gerd (2004): Fernsehformate und internationaler Formathandel. In: Hans-Bredow-Institut (Hrsg.): Internationales Handbuch Medien 2004/2005. Baden-Baden,
S. 159-167, hier S. 159; Waisbord, Silvio (2004): McTV: Understanding the Global Popularity of Television Formats. In: Television New Media, Vol. 5, No. 4, S. 359-383, hier S. 360.
Vgl. Hallenberger 2004, S. 159, 162; Karstens, Eric/Jörg Schütte (1999): Firma Fernsehen. Wie TVSender arbeiten. Alles über Politik, Recht, Organisation, Markt, Werbung, Programm und Produktion.
Reinbek, S. 484; Mikos, Lothar (2002): Lokale Orientierung des globalen Fernsehmarktes am Beispiel
„Big Brother“. In: Hepp, Andreas/Martin Löffelholz (Hrsg.): Grundlagentexte zur transkulturellen
Kommunikation. Konstanz, S. 436-455, hier S. 453.
Waisbord 2004, S. 364.
Der Lizenzvertrag behandelt die Wiederverfilmung und die Fernsehauswertung. Im Lizenzvertrag ist
auch die Zahlung der Lizenzgebühr geregelt. Die Höhe der Formatlizenzgebühr (= Prozentsatz vom
Produktionsbudget) liegt in aller Regel bei fünf bis zehn Prozent pro Folge. Von Lizenzverträgen können Optionsverträge unterschieden werden, die meist auf drei bis sechs Monate angelegt sind (vgl.
Lantzsch 2008, S. 204ff., 241f.).
PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSBESCHAFFUNG UND -PRODUKTION
117
Programmstrategien des auftraggebenden Senders vornehmen. Neben den Rechten
am Produkt selbst geht es beim Formathandel um das damit verbundene Know-how
hinsichtlich des Produkts, der Produktion und der Vermarktung und den Transfer
dieses Wissens.32 Der Know-how-Transfer ist in den Lizenzverträgen meist explizit
festgeschrieben.
Für den Lizenzgeber verbinden sich mit dem Formathandel weitere Einnahmen, und zwar aus den Lizenzgebühren, aus Zahlungen bezogen auf den Knowhow-Transfer und aus der Beteiligung an der Nebenrechteauswertung und anderen
Einnahmen des Lizenznehmers. In seinem Interesse liegen der weltweite Verkauf
und der Erfolg der einzelnen, nationalen Versionen. Für die Formatkäufer wird
durch die Übernahme eines erprobten Konzepts bzw. durch den damit verbundenen
Know-how-Transfer das Risiko eines Flops minimiert.33 Dies ist vor dem Hintergrund, dass Unterhaltung für die Veranstalter mit großer Unsicherheit hinsichtlich
der Erfolgswahrscheinlichkeit und damit einem hohen Risiko besonders angesichts
hoher „first copy costs“ verbunden ist, von großer Bedeutung. Die Reduktion des
hohen Risikos von Unterhaltungsformaten kann als Motor des Formathandels gesehen werden, wobei der erwarteten höheren Erfolgswahrscheinlichkeit die Annahme
zugrunde liegt, „dass Erfolg in einem Markt auch Indikator für Erfolg in einem
anderen sein dürfte“.34
Neben den erhöhten Erfolgschancen liegen aus Sendersicht die Vorteile des
Formathandels in den geringeren Entwicklungs-/Produktionskosten, der Generierung von quasi einheimischem Programm und damit der Erfüllung möglicher nationaler Programmquoten. Hinzu kommen zusätzliche Erlösquellen durch die in aller
Regel kommerzielle Ausrichtung eines Formats, beispielsweise durch die multimediale Content-Verwertung, Product-Placements oder Merchandising.35
Problematisch für den Formathandel ist, dass Formate nicht rechtsverbindlich
definiert sind und damit häufig durch andere Sender bzw. Produzenten mit wenigen
Änderungen kopiert werden können und nicht gekauft werden müssen. Kritisch
32
33
34
35
Vgl. Göttlich, Udo/Jörg-Uwe Nieland (2001): Know-how-Transfer und vernetzte Content-Produktion.
Veränderungen der Fernsehunterhaltungsproduktion auf dem europäischen Fernsehmarkt. In: Karmasin, Matthias/Manfred Knoche/Carsten Winter (Hrsg.): Medienwirtschaft und Gesellschaft 1. Medienunternehmen und die Kommerzialisierung von Öffentlichkeit. Münster, S. 159-181; Lang, Simone
(2001): Effekte von „Big Brother“ auf den deutschen Programm- und Produktionsmarkt. In: BöhmeDürr, Karin/Thomas Sudholt (Hrsg.): Hundert Tage Aufmerksamkeit. Das Zusammenspiel von Medien, Menschen und Märkten bei „Big Brother“. Konstanz, S. 253-265, hier S. 259.
Vgl. Magder, Ted (2004): The End of TV 101. Reality Programs, Formats, and the New Business of
Television. In: Murray, Susan/Laurie Ouellette (Hrsg.): Reality TV. Remaking Television Culture. New
York/London, S. 137-156, hier S. 147; Moran, Albert (1998): Copycat TV. Globalisation, Program
Formats and Cultural Identity. Luton, S. 20.
Price, David (2002): Der Programmrechtemarkt im digitalen Zeitalter. Analyse am Fallbeispiel Großbritannien. In: Media Perspektiven, Heft 7, S. 319-333, hier S. 325.
Vgl. Kellison, Cathrine (2006): Producing for TV and Video. A Real-World Approach. Amsterdam u.a.,
S. 90; Television-Research-Partnership/Tim Colwell/David Price (2005): Rights of Passage. British
Television in the Global Market. Commissioned by British Television Distributors' Association and UK
Trade & Investment. London, S. 16; Magder 2004, S. 145ff.; Price 2002, S. 325.
PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSBESCHAFFUNG UND -PRODUKTION
118
anzumerken ist außerdem, dass Formate keine Erfolgsgarantie sind, was sich anhand
vieler Gegenbeispiele zeigen lässt.36 Die Erfolgschancen können auch von der Zugehörigkeit eines Formats zu einer Sparte abhängen: So ist das Risiko im Bereich Fiktion höher, da die Inhalte dort oft stark kulturspezifisch sind, was eine hohe Adaptionsleistung erfordert, um den „cultural discount“ zu umgehen.37
Der Markt für Formate ist also, wie andere Medienmärkte auch, geprägt von
einer hohen Erfolgsunsicherheit. Diese Unsicherheit führt dazu, dass sich die Branche nach Markttrends ausrichtet. Auf eine erfolgreiche Modewelle springen andere
Akteure auf und verstärken damit den Trend. Markttrends sind u.a. beobachtbar auf
den großen Programmmessen, auf denen auch Formate gehandelt werden. Ihre
Bedeutung als tatsächlicher Marktplatz sinkt allerdings, zumal die meisten Akteure
inzwischen ein „non-stop monitoring“ der weltweiten Fernsehmärkte betreiben und
die entscheidenden deals vorab ausgehandelt werden. Die Messen spielen jedoch
eine große Rolle im Rahmen der Beziehungspflege der Akteure. Vor allem die Beziehungen zu potenziellen Lizenznehmern sind zu pflegen, denn der internationale
Formatmarkt ist ein Käufermarkt und allenfalls im Fall von besonders begehrten
Formaten ein Verkäufermarkt.
Als Käufermarkt wird eine Marktsituation bezeichnet, in der sich der Käufer in
einer verhandlungstechnisch günstigeren Position als der Verkäufer befindet. Beim
Formathandel sind die Käufer (die Fernsehsender) den Anbietern (Produzenten)
gegenüber im Vorteil, denn sie haben eine genügend starke Marktposition, um Preise
und Angebotsmengen zu bestimmen. Die Fernsehsender können beispielsweise
Preisnachlässe und Vertragsbedingungen diktieren, wie im Sommer 2009 das Beispiel der NDR-Fernsehfilmchefin zeigte, die ihre Machtposition für betrügerische
Machenschaften missbrauchte.
Genutzt wird der Formathandel als kombinierte Form der Programmbeschaffung und Programmproduktion für massenattraktive, kostengünstig zu produzierende serielle Non-Fiction-Formate wie Game-/Quizshows, Real-Life-Soaps oder Talkshows. Im Fiction-Bereich betrifft diese Form des Programmbezugs vor allem die
Daily Soaps. All diese Formate, die eher populären Programmbereichen zuzuordnen
sind, zeichnen sich durch relativ geringe Produktionskosten aus, können in hoher
Frequenz gesendet werden und haben einen relativ hohen Anteil konstanter Elemente. Fiktionale Formate weisen hingegen mehr variable Elemente auf. Oft entwickeln sie im Laufe der Zeit ein Eigenleben.
36
37
Vgl. Bignell, Jonathan (2004): An Introduction to Television Studies. London/New York, S. 65.
Vgl. Zabel, Christian (2004): Risikomanagement bei der Markteinführung neuer TV-Formate. Ergebnisse und Analyse einer Expertenbefragung. In: Medienwirtschaft, Jg. 1, Heft 3, S. 134-142, hier S. 137.
PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSBESCHAFFUNG UND -PRODUKTION
119
3.
Organisation des internationalen Fernsehformathandels:
Flowing Networks
3.1 Wertschöpfungskette des Formathandels
Unsere empirischen Ergebnisse haben gezeigt, dass die Beschaffung und Produktion
von Unterhaltungsformaten entlang mehrerer Netzwerke erfolgt, die wir als „Flowing Networks“ bezeichnet haben.38 Die Grundlage dieser Netzwerke bildet der
Wertschöpfungsprozess, also die Möglichkeit, in den unterschiedlichen Stadien von
Entwicklung, Produktion und Handel von Unterhaltungsformaten Erlöse zu erzielen. Die Wertschöpfungskette des Formathandels lässt sich in einen nationalen und
einen internationalen Teil aufsplitten, in beiden Teilen können die Phasen Entwicklung, Distribution im Sinne von Handel, Produktion und Ausstrahlung unterschieden werden (vgl. Abb. 3).
Abb. 3
WERTSCHÖPFUNGSKETTE EINES FORMATS AUF
INTERNATIONALEN TV-MÄRKTEN
NATIONAL
INTERNATIONAL
ENTWICKLUNG DISTRIBUTION PRODUKTION AUSSTRAHLUNG DISTRIBUTION REPRODUKTION AUSSTRAHLUNG
'originator'
'distributor'
'producer'
'broadcaster'
'distributor'
'producer'
'broadcaster'
Formatentwickler
Produzent
Sender
Produzent
Formathändler
Sender
(Formatentwickler)
Produzent
Sender
Sender
Formathändler
Produzent
Sender
(Formatentwickler)
Produzent
Sender
Sender
Idee, 'paper
format', Pilot
'paper
format', Pilot
Fertige
Sendung
Ausgestrahlte
Sendung
'TV format
package'
Adaptierte
Sendung
Ausgestrahlte
Sendung
Alle Stufen der Wertkette sind unmittelbar mit bestimmten Funktionen verknüpft,
die jeweils von unterschiedlichen Akteuren übernommen werden können. So ist mit
der Phase der Produktion die Funktion des Producers verbunden, die sowohl von
einem Produktionsunternehmen (Auftragsproduktion) als auch von einem Sender im
Falle einer Eigenproduktion wahrgenommen werden kann. Das Spektrum reicht von
einem Akteur, der auf allen Wertschöpfungsstufen aktiv ist (ein Produktionsunter38
Vgl. Altmeppen u.a. 2007.
PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSBESCHAFFUNG UND -PRODUKTION
120
nehmen, das Formate entwickelt, produziert und handelt), bis hin zu einer Vielzahl
von unterschiedlichen Akteuren, die entsprechend ihrer Ressourcen und Kompetenzen ihre Funktion innerhalb der Wertkette erfüllen. Vor allem Sendern stehen alle
Stufen der Wertschöpfungskette als Betätigungsfeld zur Verfügung. Sie sind als
Financiers der Endprodukte in der Lage, sich auf dem Entwicklungs-, Produktions-,
dem eigentlichen Fernseh- und dem Werbemarkt zu engagieren. In der Konsequenz
sind für jedes Format und für jeden Markt unterschiedliche Organisationsformen
bzw. völlig unterschiedlich ausgeprägte Netzwerke möglich.
3.2 Interorganisationale Netzwerke im internationalen Fernsehformathandel
Die vielzähligen, potenziellen Akteure, die innerhalb der Wertkette von Formaten
aktiv sind, arbeiten innerhalb von organisationalen Netzwerken zusammen, um
Formate zu entwickeln und zu produzieren, zu distribuieren und zu reproduzieren.
Netzwerke sind eine Form von Kooperationen, bei der mehr als zwei rechtlich unabhängige Organisationen zwecks Generierung von Wettbewerbsvorteilen zusammenarbeiten. Kooperationen sind wiederum eine hybride – oder je nach Sichtweise
eigenständige – Form der Koordination zwischen Markt und Hierarchie. Charakteristisch für kooperative Beziehungen ist die gemeinsame Aufgabenbearbeitung bei
gleichzeitiger Aufrechterhaltung der wirtschaftlichen Selbstständigkeit aller Beteiligten. Die Zusammenarbeit erfolgt freiwillig, Vereinbarungen werden in aller Regel
vertraglich festgehalten, und die Maßnahmen werden bewusst koordiniert.39
Das Netzwerk des Formathandels, hier in einem weiteren Verständnis (kombinierte Form der Beschaffung und Produktion), setzt sich genau genommen aus
mehreren Netzwerken zusammen: dem Netzwerk der Produktion (Formatproduktionsnetzwerk) auf dem ursprünglichen Fernsehmarkt (Produzent, Sender,
Dienstleister), dem marktnahen Netzwerk des Formathandels (Lizenzgeber, Lizenznehmer, ggf. Rechtehändler oder Anwälte) und dem Netzwerk der Reproduktion
(Formatproduktionsnetzwerk) im adaptierenden Land (Produzent, Sender,
Dienstleister). Hinzu kommt das Netzwerk des Know-how-Transfers (Lizenzgeber,
Lizenznehmer, ggf. Produzenten, Sender, Rechtehändler), das die Beteiligten verbindet und für das die anderen Netzwerke Voraussetzung sind (vgl. Abb. 4).
Ein weiteres wesentliches Kennzeichen der Netzwerke liegt darin, dass sie bei
der Koordination unterschiedlich stark auf marktliche oder hierarchische Elemente
zurückgreifen, quasi oft zwischen Markt und Hierarchie hin- und herschwingen. Als
„Flowing Networks“ bezeichnen sie den Umstand, dass keine eindeutige Orientierung auf Hierarchie (also unternehmensinterne Erstellung) und Markt (also externe
Beschaffung) vorliegt, sondern dass die Akteure zwischen diesen beiden Polen situa39
Vgl. Picot, Arnold/Ralf Reichwald/Rolf T. Wigand (2001): Die grenzenlose Unternehmung. Information, Organisation und Management. Lehrbuch zur Unternehmensführung im Informationszeitalter.
Wiesbaden, S. 304ff.; Windeler, Arnold (2005): Netzwerktheorien. Vor einer relationalen Wende? In:
Zentes, Joachim/Bernhard Swoboda/Dirk Morschett (Hrsg.): Kooperationen, Allianzen und Netzwerke. Grundlagen, Ansätze, Perspektiven. Wiesbaden, S. 211-233, hier S. 229.
PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSBESCHAFFUNG UND -PRODUKTION
121
tionsadäquat die organisationale Form wählen, was häufig eben auch eine Mischform
sein kann.40
Abb. 4
NETZWERKE DES FORMATHANDELS
Hierarchie
Netzwerk des Knowhow-Transfers
Produktionsnetzwerk
Produzenten
Consultants
Entwickler
Studios
Produzent
Sender
Cutter
Know-how
Autoren
Technische
Dienstleister
Lizenznehmer
Lizenzgeber
Lizenzhändler
Produktionsnetzwerk
Studios
(Lizenzgeber)
Sender
Produzent
Cutter
Autoren
Technische
Dienstleister
Anwälte
Land A
Netzwerk des Knowhow-Transfers
Land B
Lizenz
Markt
3.3 Know-how-Transfer innerhalb von organisationalen Netzwerken
Innerhalb der Netzwerke werden unterschiedliche Wissensbestände verknüpft und
weitergegeben. Erst organisationale Netzwerke als Form der Kooperation ermöglichen den komplexen Know-how-Transfer zwischen den beteiligten Akteuren des
Formathandels. In der Medienbranche, die eine wissensintensive Branche bzw. eine
Dienstleistungsbranche ist, wird das Konzept der organisationalen Netzwerke zur
Standardisierung und Individualisierung wissensintensiver Dienstleistungen genutzt,41 denn eine zentrale Triebkraft für den Trend zu Organisationsformen zwischen Markt und Hierarchie ist die auch weiterhin zunehmende Wissensbasierung
der unternehmerischen Aktivitäten.42
Der Know-how-Transfer dient dem gegenseitigen Austausch des Wissens über
das Format, das im Lizenzvertrag geregelt ist. Der Lizenzgeber stellt sein Know-how
bezüglich Produkt, Produktion und Vermarktung zur Verfügung und profitiert umgekehrt vom Lernprozess infolge der Zusammenarbeit mit dem Lizenznehmer. Er
schützt damit sein Format vor einer Beschädigung durch Fehler bei der Adaption.
40
41
42
Vgl. Altmeppen u.a. 2007.
Vgl. Well, Bennet van (2001): Standardisierung und Individualisierung von Dienstleistungen. Zur
Organisation wissensintensiver Unternehmungsnetzwerke. Wiesbaden; Windeler, Arnold (2001): Unternehmensnetzwerke. Konstitution und Strukturation. Wiesbaden, S. 13.
Vgl. Müller-Jentsch, Walther (2003): Organisationssoziologie. Eine Einführung. Frankfurt/M., S. 114f.
PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSBESCHAFFUNG UND -PRODUKTION
122
Wie groß dabei der Spielraum der Adaption ist, hängt vom Format, seinem Markterfolg und der Macht des Formatinhabers ab. Der Lizenzgeber hat stets die „final
decision“.
Wichtige Instrumente des Know-how-Transfers sind die „production bible“
und die sogenannten „flying producers“. Die bible stellt eine Art „Rezeptbuch“ dar
und ist die Grundlage für die Reproduktion. Sie wird beständig aktualisiert und dokumentiert die Inhalte, die Produktion sowie bisherige Quoten. Darüber hinaus
enthält sie Marktanalysen und Ergebnisse der Marktforschung, Aussagen zu Budgets
und möglichen Fehlerquellen sowie Angaben zu Strategien, vor allem für die Markteinführung.
Die „flying producers“ (Produzenten oder Produktionsbeobachter des Rechtegebers) werden auch als „consultants“ oder „consultant producers“ bezeichnet. Sie
begleiten und kontrollieren vor Ort die Adaptionsprozesse. Schließlich erhöht ein
auf mehreren Fernsehmärkten erfolgreiches Format die Wahrscheinlichkeit von
weiteren Lizenzverkäufen. Zudem hat der Lizenznehmer eine „consultancy fee“ für
die Beratungsleistungen, die meistens während der Vorproduktionsphase und am
Ende der Produktion genutzt werden, zu zahlen.
4.
Fazit
Der internationale Fernsehformathandel kann als kombinierte Form der Beschaffung und Produktion von Unterhaltungsformaten definiert werden, bei der Lizenznehmer und Lizenzgeber Formate kaufen bzw. verkaufen, um ein Remake eines
schon existierenden Programms in einem anderen Land zu erstellen. Gehandelt wird
die Ware Fernsehformat im Sinne eines „TV format package“. Typisch für den
Fernsehformathandel ist der Know-how-Transfer zwischen den Beteiligten.
Das Spektrum der beteiligten Akteure reicht von der „Ein-Mann-Ideenschmiede“ bis zum internationalen Konzern. Beim internationalen Fernsehformathandel geht es genau genommen nicht um ein einzelnes Netzwerk, sondern um
mehrere Netzwerke, deren Charakter sich verändert. Sie sind mal mehr, mal weniger
marktlich oder hierarchisch dominiert. Die Ausprägung der Netzwerke hängt vor
allem davon ab, welche Phase des Formathandels betrachtet wird, welche Akteure in
welcher Konstellation beteiligt sind, wer die Lizenzen kauft bzw. verkauft und um
welche Rechte es im Detail geht.
Das in diesen Netzwerken gemanagte Know-how bezieht sich vor allem auf
den Bereich der Produktion bzw. Reproduktion und des Marketings. Zur Sammlung,
Weitergabe und adäquaten Anwendung des Know-hows wurden spezifische Instrumente entwickelt: In der „production bible“ werden Teile des Wissens als Grundlage
der Reproduktion zusammengefasst. Bei der Weitergabe und Anwendung des
Know-hows spielen vor allem „flying poducers“ eine große Rolle, die vor Ort die
Adaptionsprozesse begleiten und kontrollieren.
Festhalten lässt sich, dass aus dem Blickwinkel einer vernetzten ContentProduktion Lizenzgeber, Lizenznehmer und andere beteiligte Akteure in einem orga-
PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSBESCHAFFUNG UND -PRODUKTION
123
nisationalen Netzwerk zusammenarbeiten, um ein standardisiertes Unterhaltungsformat an kulturelle Besonderheiten auf nationalen Fernsehmärkten anzupassen.43
Der Lizenzgeber kennt „sein“ Unterhaltungsformat und hat bereits Erfahrungen
hinsichtlich dessen Produktion und Vermarktung sammeln können. Der Lizenznehmer verfügt über Wissen bezüglich seines Heimatmarkts und dessen Eigenheiten. Die Kombination dieses jeweiligen Know-hows ermöglicht die Transformation
eines Formats auf neue Märkte.
Literatur
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Hallenberger, Gerd (2002): Fernsehformate und internationaler Formathandel. In:
Hans-Bredow-Institut (Hrsg.): Internationales Handbuch Medien 2002/2003.
Baden-Baden, S. 130-137.
43
Vgl. Göttlich/Nieland 2001, S. 164, 176.
PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSBESCHAFFUNG UND -PRODUKTION
124
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PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSBESCHAFFUNG UND -PRODUKTION
125
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PROGRAMMFORSCHUNG • WISSENSCHAFT IM DEUTSCHEN FERNSEHEN
126
Wissenschaft im deutschen Fernsehen
Eine vergleichende Analyse spezialisierter Sendungen
Markus Lehmkuhl
Wissenschaft im deutschen Fernsehen lässt sich keinem bestimmten Genre zuordnen. Das Fernsehen entzieht wissenschaftliche Inhalte dem analytischen Blick durch
einen bemerkenswert kreativen Umgang mit der Wissenschaft. Sie verbirgt sich
zuweilen hinter einer Expertise vermittelnden Ökotrophologin in Magazinbeiträgen,
in denen der angestrengte Verzehr riesiger Würste oder Quadratmeter großer
Schnitzel eigentlicher Hauptgegenstand fernsehpublizistischer Inszenierungsbemühungen unter dem Label des Wissens-TV ist. Die Abläufe im Verdauungstrakt und
die physischen Grenzen der Nahrungsaufnahme bilden dabei eine Art parallelen
Erzählstrang. Ähnlich problematisch sind Inhalte, die ihren wissenschaftlichen Ursprung bewusst zu verschleiern suchen. Ein Beispiel war eine aufwendig gestaltete
ARD-Dokumentation über die möglichen Auswirkungen des Klimawandels, in der
der Schauspieler Robert Atzorn in der Rolle des sich sorgenden Laien agierte, der
beständig an die Vernunft der Regierenden appellierte, und der Romanautor Frank
Schätzing (Der Schwarm) in der Rolle des alles wissenden Experten den wissenschaftlichen Part übernahm. Einen Wissenschaftler sah man in dieser Sendung nicht.
Wissenschaft ist aber auch ganz offensichtlich anzutreffen in der „Tagesschau“
oder in „heute“. Die Anteile dort mag man als zu niedrig kritisieren,1 das ändert
jedoch nichts daran, dass Wissenschaft mehr oder minder regelmäßig, mehr oder
minder explizit Gegenstand von Nachrichtensendungen wird oder von Politmagazinen oder Wirtschaftsformaten oder Kulturprogrammen ...
Wissenschaft im Fernsehen war und ist ein „Querschnittsfach“, dessen Bedeutung sich im Wesentlichen aus zwei voneinander unabhängigen Faktoren ergibt. Da
ist zum einen der gesellschaftliche Bedeutungszuwachs der Wissenschaft, der unter
dem Begriff der Verwissenschaftlichung Teil insbesondere soziologischer Beschreibungen gesellschaftlicher Realität geworden ist. Verwissenschaftlichung meint hier
den Zuwachs an Bezügen zwischen der Wissenschaft und anderen gesellschaftlichen
Teilsystemen, die in dem Maße zunehmen, in dem Wissenschaft anwendungsfähiges
und damit gesellschaftlich relevantes Wissen etwa in Form von technischen Artefakten zur Nutzung zur Verfügung stellt. Dieser Prozess wiederum wird wissenschaftlich flankiert in dem Sinne, dass Wissenschaft – reflexiv – mit wissenschaftlichen
1
Vgl. León, Bienvenido (2006): Science news as marginal topic. European television channels compared.
In: Willems, Jaap/Winfried Göpfert (Hrsg.): Science and the Power of TV. Amsterdam, S. 101-113;
Ders. (2008): Science related information in European television: a study of prime-time news. In: Public
Understanding of Science, Vol. 17, S. 443-460.
PROGRAMMFORSCHUNG • WISSENSCHAFT IM DEUTSCHEN FERNSEHEN
127
Methoden die mutmaßlichen Folgen der wissenschaftsgetriebenen gesellschaftlichen
Veränderungen reflektiert, ein Prozess, der zum Beispiel in der Technikfolgenabschätzung institutionalisiert worden ist.2 Diese Entwicklung, so lässt sich annehmen,
führt zu vermehrten Bezügen zur Wissenschaft, zumindest in Programmteilen, die
gesellschaftliche Teilsysteme bezogen auf relevante Ereignisse beobachten.
Zum anderen deuten die inhaltlichen Verschiebungen hin zu einer vermehrten
Verbreitung von „nicht aktueller Sachpublizistik“ in den Vollprogrammen,3 die
vergleichsweise hohe Beliebtheit von wissenschaftsbezogenen Podcasts4 sowie hohe
Lesequoten für wissensbezogene Inhalte in Tageszeitungen5 darauf hin, dass es ein
nur schwer näher zu qualifizierendes Zuschauerinteresse an „Wissen“ und „Hintergrund“ zu geben scheint, was die Thematisierung von Wissenschaft in allen Publikumsmedien begünstigen dürfte. Ebenso wie bei der zuerst geschilderten Entwicklung ist es nicht plausibel anzunehmen, dass dieses Zuschauerinteresse nur von
einzelnen, auf eben die Befriedigung dieses sehr unspezifischen Interesses an „Hintergrund“ oder „Wissen“ zugeschnittenen Sendungsformaten bedient wird. Stattdessen ist davon auszugehen, dass eine Vielzahl von Sendungen bemüht ist, auf dieses
Zuschauerinteresse durch geeignete Angebote zu reagieren.
Dies macht zunächst deutlich, dass man, will man Wissenschaftsbezüge im
Fernsehen oder in einem anderen Medium generell analysieren, nicht umhinkommt,
das gesamte Programmangebot zu untersuchen, und zwar mindestens auf Beitragsoder Artikelniveau. Die Ergebnisse solcher Analysen sind aber recht schwer zu interpretieren, wie einzelne Beispiele zeigen,6 solange sie, gänzlich wissenschaftszentriert, fixiert bleiben auf den Anteil von Wissenschaft in größeren Einheiten wie
Tageszeitungen oder Fernsehprogrammen. Das Hauptproblem solcher Bemühungen
besteht darin, dass man über den Nachweis bestimmter Anteile von Wissenschaft
hinaus nichts lernt über die Einflüsse, die sie ermöglichen oder wenigstens beeinflussen.
Aus diesem Grund wird im Folgenden nicht nach den Anteilen von Wissenschaft im Programm gefragt, sondern nach Ausmaß und Grad der sendungsbezogenen Spezialisierung auf Wissenschaft. Ausgehend von der Einheit „Spezialisierte
Sendung“ wird zunächst die spezialisierte Thematisierung von Wissenschaft beschrieben, um im Anschluss daran aus einer internationalen Perspektive zu fragen,
2
3
4
5
6
Vgl. Weingart, Peter (2001): Die Stunde der Wahrheit? Zum Verhältnis der Wissenschaft zu Politik,
Wirtschaft und Medien in der Wissensgesellschaft. Weilerswist.
Weiß, Hans-Jürgen (2009): Bildungsfernsehen? Sachpublizistik, Wissens- und Wissenschaftsfernsehen.
In: ALM Programmbericht 2008, S. 66-80.
Vgl. Martens, Dirk/Rolf Amann (2007): Podcast: Wear-out oder Habitualisierung? Paneluntersuchung
zur Podcastnutzung. In: Media Perspektiven, Heft 11, S. 538-551.
Vgl. Imboden, Carlo (2008): „Es wäre naiv, nur auf die Quote zu schauen!“. In: WPK-Quarterly, Nr. 1,
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Vgl. Bucchi, Massimo/Renato G. Mazzolini (2003): Big science, little news: science coverage in the
Italian daily press, 1946–1997. In: Public Understanding of Science, Vol. 12, S. 7-24; Bauer, Martin
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S. 99-131.
PROGRAMMFORSCHUNG • WISSENSCHAFT IM DEUTSCHEN FERNSEHEN
128
welche Charakteristiken des Mediensystems und welche des Mediums Fernsehen für
das Verständnis von Grad und Richtung der Spezialisierung erklärungskräftig sind.
Die internationale Perspektive wird dadurch ermöglicht, dass die vorgestellten Daten
einen Auszug darstellen aus einer auf 13 europäische Länder bezogenen Vollerhebung spezialisierter Sendungen.7
1.
Zur Definition von auf Wissenschaft und Technik spezialisierten Sendungen
Auf Wissenschaft spezialisierte Sendungen repräsentieren, wie gesagt, kein eigenes
Genre. Es handelt sich dabei allenfalls um eine Art Sammelbezeichnung für spezielle
Sendungen, die den unterschiedlichsten Genres zuzurechnen sind. Unter ihnen
finden sich Magazine („nano“), Ratgeber („Quivive“), Dokumentationen („Terra
X“), das Fernsehquiz („Clever“), die Talkshow („Scobel“), selbst die AbendUnterhaltungsshow („Die große Show der Naturwunder“). Im britischen Fernsehen
existiert sogar eine Art Reality-Soap mit Wissenschaftlern in den tragenden Rollen.
Aus diesem Grund entziehen sich diese Sendungen einem einfachen Zugriff wie
etwa dem aus der Filmwissenschaft bekannten, wonach ein Western das ist, was ein
Filmexperte zu diesem Genre zählt.8 Solche Definitionen eignen sich für auf Wissenschaft spezialisierte Sendungen allenfalls bedingt, weil anders als beim Western
mit großer Sicherheit zwei Experten nicht annähernd dieselben Sendungen diesem
Sendungstyp zuordnen würden.
Man kommt angesichts dessen nicht umhin, für die Selektion von Sendungen
zunächst inhaltsbezogene Merkmale zu nennen, die die Gruppe infrage kommender
Sendungen bezogen auf das Erkenntnisinteresse eingrenzt. Hier interessieren Sendungen, in denen
-
Themen (z.B. Forschungsergebnisse), die den Natur- und/oder Sozial- und/
oder Geisteswissenschaften zuzurechnen sind, ausschließlicher oder hauptsächlicher Sendungsbestandteil sind;
hauptsächlich oder ausschließlich gesellschaftliche, politische, ökonomische
oder der Lebenswelt von Menschen zuzurechnende Themen verbunden werden mit wissenschaftlicher Expertise bzw. mit wissenschaftlichen Erklärungen.
Ergänzt wird dieser inhaltsbezogene Ansatz um vier „Fernsehgenres“, die zusätzlich
in das Sample aufgenommen wurden. Diese Sendungen erfüllen zwar in der Regel
nicht die oben genannten Bedingungen, wurden aber wegen ihrer mindestens teilweisen Spezialisierung auf Wissenschaft als Genres in die Untersuchung einbezogen.
Dazu zählen das Gesundheitsmagazin, das Technik- und Computermagazin sowie
das Umweltmagazin.
7
8
Vgl. Lehmkuhl, Markus/Yvonne Cunningham/Christina Karamanidou/Tuomo Mörä/Kristina Petkova/AVSA-Team (2009): Science on TV and Radio in Europe: A comparative Analysis in 13 European Memberstates. Paper präsentiert auf der Jahrestagung der DG PuK, Bremen, Mai 2009.
Vgl. Hallenberger, Gerd (2002): Das Konzept „Genre“: Zur Orientierung von Medienhandeln. In:
Gendolla, Peter/Peter Ludes/Volker Roloff (Hrsg.): Bildschirm – Medien – Theorien. München, S. 83-110.
PROGRAMMFORSCHUNG • WISSENSCHAFT IM DEUTSCHEN FERNSEHEN
129
Der unmittelbare operationale Zugriff auf diese Sendungen wurde durch Programmzeitschriften und Selbstbeschreibungen der Sendungen im Internet gewährleistet, wobei die Sendungen durch ihre Titel, Untertitel und Themenlisten eine
Spezialisierung auf Wissenschaft und Technik, Umwelt oder Gesundheit erwarten
lassen mussten, etwa dadurch, dass diese Begriffe oder der Name einer wissenschaftlichen Disziplin genannt wurden. Weiterhin aufgenommen wurden Sendungen, die
unter einer entsprechend benannten Rubrik im Internet gelistet waren (Wissen,
Technik, Gesundheit, Umwelt).
Legt man diese Operationalisierung zugrunde, ergibt sich für das deutsche
Fernsehen ein Korpus von 94 Sendungen, die in den Jahren 2007 und 2008 von
Sendern verbreitet wurden, deren Marktanteil über einem Prozent lag und die zusammen 85 Prozent der Fernsehzuschauer erreichten.9
2.
Erkenntnisinteresse und Analysestrategie
Das Erkenntnisinteresse der nachfolgenden Analyse besteht darin, den heterogenen
Korpus von Sendungen bezogen auf fünf unterscheidbare redaktionelle Spezialisierungen eingehender zu untersuchen.10 Die Sendungen werden unterschieden hinsichtlich ihres Aktualitätsbezugs und hinsichtlich der Art ihres Wissenschaftsbezugs.
Differenziert wird danach, ob Sendungen in der Wissenschaft generierte Ereignisse
(z.B Studienergebnisse) aufgreifen und rekonstruieren oder nicht. Diese beiden Kriterien ermöglichen die theoretische Unterscheidung von zunächst drei Sendungstypen in Bezug auf ihre Aufgabe und ihre Spezialisierung:
-
-
9
10
Informationssendungen, d.h. Sendungen, in denen hauptsächlich wissenschaftliche
Ereignisse (z.B. Studienergebnisse) als Neuigkeiten rekonstruiert werden
und/oder in denen aktuelle, nicht von der Wissenschaft selbst generierte Ereignisse (z.B. Naturkatastrophen, Unfälle, Havarien) mit wissenschaftlicher
Expertise verknüpft werden. Spezialisiert sind diese Sendungen auf die Beobachtung von Wissenschaft, d.h. sie stehen vor dem Kernproblem, wissenschaftliche
Ereignisse zu finden, die nicht nur neu sind, sondern auch öffentlich relevant.
Und sie stehen vor dem Problem, schnell wissenschaftliche Expertise zu einem
aktuellen, öffentlich relevanten Thema bereitzustellen.
Popularisierende Sendungen, d.h. Sendungen, in denen wissenschaftliche Ereignisse
nicht aktualitätsbezogen ausgewählt werden, sondern bezogen auf ihre massenattraktive „Vermittelbarkeit“. Spezialisiert sind sie nicht auf die Beobachtung
von Wissenschaft, vielmehr auf die Vermittlung von an sich nicht neuen wissenschaftlichen Ereignissen, etwa einer abenteuerlichen Reise zu den Grenzen
menschlicher Erkenntnisfähigkeit oder einer Lösung von Rätseln.
ARD/Das Erste, ZDF, Dritte Programme der ARD, 3sat, KiKa, RTL, RTL II, Super RTL, VOX,
Sat.1, ProSieben, kabel eins.
Vgl. Lehmkuhl u.a. 2009; Lublinski, Jan (2004): Wissenschaftsjournalismus im Hörfunk. Redaktionsorganisation und Thematisierungsprozesse. Konstanz.
PROGRAMMFORSCHUNG • WISSENSCHAFT IM DEUTSCHEN FERNSEHEN
130
-
Bildende/Erklärende Sendungen, d.h. Sendungen, in denen wissenschaftliche Erklärungen für im weitesten Sinne lebensweltbezogene Phänomene angeboten
werden. Das Kernproblem dieser Sendungen besteht darin, aus der Vielzahl
möglicher Lebensweltbezüge die interessantesten auszuwählen. Um dieses
Problem organisatorisch effizient zu lösen, wird in diesen Sendungen sehr häufig auf Zuschauerfragen zurückgegriffen, die dann beantwortet werden (z.B.
„Kopfball“ oder „Wissen vor 8“, beide ARD/Das Erste). Spezialisiert sind diese Sendungen auf die Erklärung lebensweltbezogener Phänomene.
Darüber hinaus gibt es zwei weitere Sendungstypen, die sich in die bisher entwickelte Typisierung nicht einordnen lassen, weil sie eine andere, klar zu unterscheidende
Spezialisierung haben und andere Aufgaben erfüllen. Dazu zählen:
-
-
Ratgebende Sendungen, wobei die Auswahl hier auf jene Sendungen beschränkt
bleibt, deren Rat sich auf die Themenbereiche Gesundheit, Computer und
Technik bezieht. Es handelt sich um Sendungen, die aktualitätsorientiert Ereignisse aus ihrem Themenbereich aufgreifen, d.h. um Sendungen, die eine
Spezialisierung auf die Beobachtung für ihren Themenbereich relevanter Umwelten aufweisen, zu der auch die Wissenschaft zählt, und auf ihre nutzwertorientierte Vermittlung als Ratschlag.
Anwaltschaftlich orientierte Sendungen, womit in diesem Zusammenhang die Umweltmagazine gemeint sind, die ebenfalls spezialisiert sind auf Beobachtung der
für diesen Themenbereich relevanten Umwelten (inkl. Wissenschaft). Zu unterscheiden sind diese Sendungen von den Ratgebern und den übrigen Sendungstypen aber nicht vorrangig durch ihre Begrenzung auf ein Themenfeld, sondern
durch ihre anwaltschaftliche Orientierung. Umweltmagazine selektieren und rekonstruieren ihre Inhalte immer mit Bezug auf den Schutz der Umwelt.
Diese Unterscheidungen sind theoretisch insofern gehaltvoll, als sie auf konzeptionelle Programmentscheidungen verweisen, die die Zahl möglicher medialer Rekonstruktionen von Wissenschaft in spezialisierten Sendungen begrenzen. Erklärende
Formate können keine auf die Wissenschaft bezogene Beobachtungsleistungen
erbringen, popularisierende Formate können nicht aktualitätsbezogen wissenschaftliche Ereignisse rekonstruieren usw. Mit den oben unterschiedenen konzeptionellen
Entscheidungen rahmen Sender den Bereich des Möglichen ein.
3. Die Struktur der Thematisierung von Wissenschaft im deutschen Fernsehen
3.1 Spezialisierung
Das deutsche Fernsehen wird eindeutig dominiert von Sendungen, die, unserer Definition folgend, der Kategorie erklärender Sendungen zuzurechnen sind, d.h. sie
sind spezialisiert auf die Verbindung lebensweltlich verankerter Phänomene mit
wissenschaftlicher Expertise bzw. wissenschaftlicher Erklärung. Mit deutlichem
Abstand folgen primär popularisierende Formate (vgl. Abb. 1).
PROGRAMMFORSCHUNG • WISSENSCHAFT IM DEUTSCHEN FERNSEHEN
131
SPEZIALISIERUNGSTYPEN IM DEUTSCHEN FERNSEHEN 2007/2008
Abb. 1
(Anzahl der Sendungen, n=88)1
Information
Popularisierung und Erklärung
Popularisierung
Erklärung
Ratgeber
Anwalt (Umwelt)
0
5
10
15
20
25
30
35
1 Sechs Sendungen konnten keinem Spezialisierungstyp zugeordnet werden.
Die inhaltliche Konzeptionierung von zehn Sendungen konnte nicht eindeutig einer
der beiden Gruppen zugeordnet werden, sie erwiesen sich als nicht festgelegt auf
Popularisierung oder Erklärung (z.B. „W wie Wissen“). Das bedeutet, dass mehr als
die Hälfte aller identifizierten Sendungen eine Spezialisierung auf Erklärung
und/oder Popularisierung aufweisen. Die auf die Themenbereiche Gesundheit,
Technik und Computer spezialisierten, primär Rat gebenden Formate folgen mit
großem Abstand. Das spezialisierte Segment der Umweltmagazine spielt nur eine
untergeordnete Rolle in Deutschland, lediglich drei Sendungen lassen sich dieser
Kategorie zurechnen. Elf Sendungen sind primär auf die aktualitätsorientierte Beobachtung von Wissenschaft spezialisiert, journalistische Formate haben in diesem
Programmsegment demnach eine eher randständige Position.
Der Blick auf die Verteilung der Sendungskonzepte nach Sendergruppen zeigt
zunächst, dass solche Sendungen eine Domäne der öffentlich-rechtlichen Sender
sind und dort speziell jener Sender, deren Marktanteile vergleichsweise niedrig sind
(vgl. Abb. 2). Dies gilt ganz besonders für die Informationssendungen, aber auch für
primär popularisierende und Rat gebende Formate, die sich bei den privaten Sendern
nicht finden ließen.
Wertet man die Präsenz unterschiedlicher Sendungstypen als einen Indikator
für Vielfalt, zeigen sich deutliche Differenzen zwischen den öffentlich-rechtlichen,
allen voran den Dritten Programmen der ARD, und den privaten Programmen. Die
privaten Sender konzentrieren sich auf erklärende Formate, wobei der wissenschaftliche Ursprung dieser Erklärungen insbesondere bei diesen Sendungen häufig implizit bleibt. Sie beschränken sich damit fast ausschließlich auf die lebensweltorientierte
Thematisierung und die Verknüpfung mit Erklärungen.
Die öffentlich-rechtlichen sind zwar eindeutig vielfältiger als die privaten Programme, allerdings gilt das nicht für jeden öffentlich-rechtlichen Sender in gleicher
Weise. Interessant sind die Unterschiede zwischen ZDF und ARD/Das Erste. Die
PROGRAMMFORSCHUNG • WISSENSCHAFT IM DEUTSCHEN FERNSEHEN
132
beiden großen öffentlich-rechtlichen Programme haben sich deutlich unterschiedlich
profiliert. Die ARD hat Vielfältigkeit in diesem Programmsegment offenbar an ihre
Dritten Programme delegiert, konzentriert sich selbst aber ähnlich wie die Privaten
und anders als das ZDF auf erklärende Sendungen. Hier ist das ZDF mit nur einer
Sendung vertreten. Das ZDF setzt demgegenüber stärker auf die Popularisierung
von Wissenschaft. Klassische Ratgeber wie im Ersten Programm der ARD („Ratgeber Technik“, „Ratgeber Gesundheit“) finden sich im ZDF dagegen nicht.
SPEZIALISIERUNGSTYPEN NACH SENDERGRUPPEN
Abb. 2
(Anzahl der Sendungen, n=88)1
Information
50
Popularisierung
und Erklärung
40
Popularisierung
30
Erklärung
Ratgeber
Anwalt
(Umwelt)
20
10
0
ARD/
Das Erste
ZDF
Dritte
RTL Group ProSieben
Programme
Sat.1 Media
3sat
KiKa
1 Sechs Sendungen konnten keinem Spezialisierungstyp zugeordnet werden.
Abbildung 2 gibt die tatsächlich verbreiteten Sendungen wieder. Dadurch ergibt sich
ein verzerrtes Bild, soweit man Sendung und Produktion gleichsetzt. Insbesondere
die Dritten Programme greifen zu einem beträchtlichen Teil auf Sendungen zurück,
die von anderen Dritten Programmen, dem Ersten Programm der ARD oder 3sat
produziert wurden. Fast die Hälfte der von den Dritten Programmen verbreiteten
Sendungen (20 von 44) waren Übernahmen. Eine besonders große Neigung zur
Übernahme haben die kleineren öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten RBB und
HR, deren Angebot in diesem Bereich mehrheitlich nicht aus Eigenproduktionen
besteht. Bei größeren Anstalten wie dem WDR und dem SWR dagegen machen
Fremdproduktionen nur einen kleinen Teil aus.
3.2 Programmierung
Bisher haben wir uns mit der Verteilung spezialisierter Sendungen beschäftigt, die
jedoch noch nichts aussagt über tatsächlich gefüllte Programmflächen. Deshalb geht
es nun darum, wie viele Programmminuten auf diese Sendungen entfallen. Als Einheit nutzen wir in Anlehnung an die im ALM Programmbericht übliche Angabe die
PROGRAMMFORSCHUNG • WISSENSCHAFT IM DEUTSCHEN FERNSEHEN
133
Sendezeit pro Tag in Minuten. Dies ist jedoch mit einigen Anmerkungen zu versehen. In den meisten Fällen (57 Prozent) wurden die hier analysierten Sendungen
wöchentlich ausgestrahlt, lediglich 16 der 94 Sendungen (17 Prozent) wurden täglich
verbreitet. Der Rest (26 Prozent) wurde seltener, entweder monatlich oder noch
seltener gesendet. Wenn also im Folgenden von Sendeminuten pro Tag die Rede ist,
handelt es sich um nicht mehr als eine Recheneinheit, die zu veranschaulichen hilft,
welche Bedeutung dieses spezialisierte Programmsegment quantitativ hat.
Die Minutenzahl wurde berechnet mithilfe der in 2007 und 2008 tatsächlich
gesendeten Anzahl der Ausgaben der 94 identifizierten Sendungen, das waren 9.938
Ausgaben. Diese Zahl wurde mit der Länge jeder einzelnen Sendung multipliziert
und anschließend entsprechend dividiert. Bei den Sendeminuten handelt es sich also
um Durchschnittszahlen, die sich auf einen beliebigen Tag zwischen Januar 2007
und Dezember 2008 beziehen lassen. Ein Beispiel mag das veranschaulichen: Die
ARD-Sendung „Kopfball“ wurde 2007 und 2008 insgesamt 48 Mal jeweils sonntags
zwischen 11.00 Uhr und 11.30 Uhr ausgestrahlt. Es handelt sich in diesem Fall um
ein im etwa zweiwöchentlichen Rhythmus ausgestrahltes, erklärendes Format, das
mit knapp zwei Minuten täglicher Sendezeit in die Analyse eingeht.
Durchschnittlich entfallen auf jede Sendung etwas mehr als sechs Minuten
Sendezeit täglich. Dies trifft für die elf informierenden und 32 erklärenden Formate
auch weitgehend zu. Mit zwei Minuten täglich bilden die 16 primär popularisierenden Formate das Schlusslicht. Nur geringfügig mehr Sendezeit entfällt mit gut zweieinhalb Minuten auf die 16 Ratgeber. Die drei Umweltmagazine kommen auf durchschnittlich je knapp vier Minuten. Mit Abstand die meiste Sendezeit füllen die zehn
Formate, die sowohl popularisierende als auch erklärende Inhalte aufweisen. Jedes
dieser Formate bringt es auf knapp 21 Minuten täglicher Sendezeit. Zusammengenommen ergibt das etwa 9 Stunden und 45 Minuten Programm täglich.
Auch die Verteilung der Sendezeit auf die einzelnen Spezialisierungstypen veranschaulicht, dass sich das Fernsehen in spezialisierten Sendungen vorrangig auf die
Erklärung und Popularisierung konzentriert (vgl. Abb. 3). Auffällig ist, dass mehr als
ein Drittel der gesamten Sendezeit auf lediglich zehn Sendungen entfällt, die keine
klare Spezialisierung auf Erklärung und Popularisierung haben. Die 16 popularisierenden Sendungen kommen auf nur 5 Prozent der Sendezeit.
Wie Abbildung 4 zeigt, entfällt mit mehr als viereinhalb Stunden täglich der
Löwenanteil an Sendungen mit wissenschaftlichen Inhalten auf die sieben Dritten
Programme der ARD. Im ZDF und mehr noch im Ersten Programm der ARD
spielen diese Sendungen quantitativ keine Rolle. Die deutlichen Verschiebungen
verglichen mit der Zahl spezialisierter Sendungen, die die einzelnen Kanäle unterhalten, veranschaulicht die unterschiedliche Programmierung dieser Sendungen. Den
Vorsprung vor dem ZDF und ARD/Das Erste verdanken die beiden privaten Anbieter ihren täglich gesendeten Formaten, für die es bei den beiden großen öffentlich-rechtlichen Programmen an einer Entsprechung fehlt. Mit „Wissen vor 8“ hat
zwar auch Das Erste ein annähernd täglich erscheinendes Format entwickelt. Das ist
mit knapp drei Minuten Sendezeit allerdings extrem kurz.
PROGRAMMFORSCHUNG • WISSENSCHAFT IM DEUTSCHEN FERNSEHEN
134
SENDEMINUTEN PRO TAG NACH SPEZIALISIERUNGSTYP
Abb. 3
(Dauer der Sendungen in Minuten, n=88)1
Information
Popularisierung und Erklärung
Popularisierung
Erklärung
Ratgeber
Anwalt (Umwelt)
0
50
100
150
200
250
1 Sechs Sendungen konnten keinem Spezialisierungstyp zugeordnet werden.
SENDEMINUTEN PRO TAG NACH SPEZIALISIERUNGSTYP UND
SENDERGRUPPEN
Abb. 4
(Anzahl der Sendungen, n=88)1
Information
Popularisierung
und Erklärung
Popularisierung
300
250
200
150
Erklärung
100
Ratgeber
50
Anwalt
(Umwelt)
0
ARD/
Das Erste
ZDF
Dritte
RTL Group ProSieben
Programme
Sat.1 Media
3sat
KiKa
1 Sechs Sendungen konnten keinem Spezialisierungstyp zugeordnet werden.
Die privaten Anbieter besetzen mit täglich erscheinenden Formaten wie zum Beispiel „Galileo“ (ProSieben) oder „Wissenshunger“ (VOX, inzwischen eingestellt) ein
Segment, für das es im öffentlich-rechtlichen Fernsehen kein Äquivalent gibt. Diskussionswürdig ist sicherlich, ob diese Angebote der Privaten überhaupt in den
Kanon der hier analysierten Sendungen gehören. Sie weisen zwar die genannten
Spezialisierungen auf, allerdings ist ihr Zugriff auf Wissenschaft und auf wissen-
PROGRAMMFORSCHUNG • WISSENSCHAFT IM DEUTSCHEN FERNSEHEN
135
schaftliche Expertise in der Regel implizit, was sie von den meisten öffentlichrechtlichen Sendungen unterscheidet.
3.3 Reichweiten
Die Reichweiten jeder einzelnen der genannten Sendungen werden im Folgenden
beschrieben auf der Basis der GfK-Fernsehdaten. Angegeben wird die durchschnittliche Zahl der Zuschauer, die die Sendungen abhängig von ihrer Spezialisierung im
Untersuchungszeitraum 2007/2008 erreicht haben. Es ist davon auszugehen, dass
durchschnittliche Reichweiten dann etwas aussagen können über die Präferenz von
Zuschauern, wenn die Gruppe von Sendungen, auf die sie sich beziehen, einigermaßen gleichmäßig verteilt ist auf die für die Nutzung relevante Kategorie des Sendeplatzes (privat/öffentlich-rechtlich und Primetime/Nebenzeiten). Bei den Umweltmagazinen ist dies nicht der Fall, weil es zu wenige gibt. Die relativ große Reichweite
der beiden Sendungen dieses Typs, über die GfK-Daten vorliegen, lässt sich besser
damit erklären, dass eines davon durch das reichweitenstarke ZDF verbreitet wurde
und das andere („unkraut“, BR) in der Primetime (18–23 Uhr). Umgekehrt gilt für
die Informationssendungen, die praktisch ausschließlich auf reichweitenschwachen
Sendern bzw. zu nächtlicher Stunde verbreitet wurden, dass sie allein deshalb weniger Menschen erreichten.
Einigermaßen gleich verteilt sind lediglich die erklärenden und/oder popularisierenden Formate. Wie Abbildung 5 zeigt, sind die Unterschiede der durchschnittlichen Reichweiten bei diesen Sendungstypen so gering, dass sie sich nicht bezogen
DURCHSCHNITTLICHE NUTZUNG NACH SPEZIALISIERUNGSTYP
Abb. 5
(Zuschauer 14+ in Millionen, n=80)1
Information
Popularisierung und Erklärung
Popularisierung
Erklärung
Ratgeber
Anwalt (Umwelt)
0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
0,7
0,8
1 Es konnten nicht für alle Formate Nutzungszahlen ermittelt werden.
auf bestimmte, vom Sendungstyp beeinflusste Publikumspräferenzen interpretieren
lassen. Sie lassen sich besser durch die unterschiedliche Verteilung auf die Sendeplätze erklären.
PROGRAMMFORSCHUNG • WISSENSCHAFT IM DEUTSCHEN FERNSEHEN
136
Wie stark die Reichweiten in diesem Segment differieren, veranschaulicht die
Verteilung der absoluten Reichweiten auf die einzelnen Sender bzw. Sendergruppen
(vgl. Abb. 6). Ausnehmend viele Menschen erreichte das kleine Angebot von
ARD/Das Erste. Die acht spezialisierten Formate brachten es 2007 und 2008 zusammengenommen auf durchschnittlich gut 11,5 Mio. Zuschauer ab 14 Jahren,
wobei allein 4,5 Mio. davon „Die große Show der Naturwunder“ sahen, das mit
Abstand reichweitenstärkste Format in diesem Bereich, das allerdings im Untersuchungszeitraum lediglich siebenmal gesendet wurde.
REICHWEITE SPEZIALISIERTER SENDUNGEN NACH SENDERGRUPPEN
Abb. 6
(Zuschauer 14+ in Millionen, n=80)1
Information
14
12
Popularisierung
und Erklärung
Popularisierung
10
8
Erklärung
6
Ratgeber
4
2
Anwalt
(Umwelt)
0
ARD/
Das Erste
ZDF
Dritte
RTL Group ProSieben
Programme
Sat.1 Media
3sat
KiKa
1 Es konnten nicht für alle Formate Nutzungszahlen ermittelt werden.
Insbesondere mit ihren Ratgebern erreichen die Dritten Programme der ARD die
meisten Menschen. Dies ist vorrangig den sehr guten Sendeplätzen zu verdanken,
die einzelne der 16 Ratgeber haben. Allein „Visite“ (NDR) fand in der Primetime
durchschnittlich ein Millionenpublikum. Das ZDF erzielte sehr große Reichweiten
vor allem mit den popularisierenden Dokumentationen in der Reihe „Terra X“, die
durchschnittlich mehr als 2,5 Mio. Menschen sahen.
Die RTL Group steht deutlich schlechter da als die ProSiebenSat.1 Media AG.
Hier macht sich bemerkbar, dass der größte Sender dieser Gruppe, RTL, über kein
in der genannten Weise spezialisiertes Format verfügt. Zudem sind die auf VOX,
RTL II und Super RTL ausgestrahlten Sendungen anders als bei ProSiebenSat.1
nicht überwiegend Angebote in der Primetime. Namentlich „Planetopia“, „Galileo“,
„Galileo Mystery“ und besonders das Quiz „Clever“, dessen 35 Ausgaben durchschnittlich knapp 2 Mio. Menschen schauten, erwiesen sich mit Zuschauerzahlen um
die 1,5 Mio. als Quotenbringer in diesem Segment. Demgegenüber war lediglich
PROGRAMMFORSCHUNG • WISSENSCHAFT IM DEUTSCHEN FERNSEHEN
137
VOX mit dem inzwischen eingestellten Magazin „Wissenshunger“ recht erfolgreich,
das allein durchschnittlich 1 Mio. Menschen sahen.
Die Reichweiten der auf Wissenschaft spezialisierten Sendungen differieren
sehr stark in Bezug auf die Altersgruppen (vgl. Abb. 7). Speziell junge Zuschauer
zwischen 14 und 29 Jahren werden mit den genannten Formaten nur schwer erreicht. Eine Ausnahme sind die Sendungen der privaten Anbieter, die sogar ein recht
junges Publikum anziehen. Entsprechend unterscheiden sich die Reichweiten, wenn
man nur die Gruppe der jungen Zuschauer betrachtet. Hier liegt insbesondere die
ProSiebenSat.1 Media AG weit vorne. Besonders erfolgreich in dieser Zuschauergruppe sind „Galileo“, „Wunderwelt Wissen“ und „Galileo Mystery“, die auf einen
Anteil an jungen Zuschauern von etwa 25 Prozent kommen. Praktisch der gesamte
öffentlich-rechtliche Rundfunk hat es mit jüngeren Zuschauern dagegen äußerst
schwer. Dies gilt ganz besonders für die Dritten Programme, deren großes Angebot
von ihnen augenscheinlich kaum wahrgenommen wird.
REICHWEITE SPEZIALISIERTER SENDUNGEN BEI JUNGEN ZIELGRUPPEN
NACH SENDERGRUPPEN
Abb. 7
(Zuschauer 14–29 in Millionen, n=73)1
Information
1,8
1,6
Popularisierung
und Erklärung
Popularisierung
Erklärung
1,4
1,2
1,0
0,8
0,6
Ratgeber
Anwalt
(Umwelt)
0,4
0,2
0,0
ARD/
Das Erste
ZDF
Dritte
RTL Group ProSieben
Programme
Sat.1 Media
3sat
KiKa
1 Es konnten nicht für alle Formate Nutzungszahlen ermittelt werden.
4.
Wissenschaft im deutschen Fernsehen
Die vorgestellten Daten sind ein Auszug aus einer auf Europa ausgerichteten Strukturanalyse der spezialisierten Wissenschaftsthematisierung durch das Fernsehen und
den Hörfunk. Die Daten für Deutschland illustrieren Struktur und Grad eines bestimmten, eng umrissenen Segments von spezialisierten Sendungen, wobei über
ihren Bezug zur Wissenschaft besonders bei den privaten Angeboten gestritten
werden kann. Über ihre Zugehörigkeit zu einem Kanon der besonders auf die Erklä-
PROGRAMMFORSCHUNG • WISSENSCHAFT IM DEUTSCHEN FERNSEHEN
138
rung spezialisierten Sendungen kann zwar kein Zweifel bestehen. Inwieweit Wissenschaft explizit oder implizit eine Rolle spielt, müssen aber die beitragsbezogenen
Analysen zeigen, die noch nicht beendet sind.
Abschließend noch einige Bemerkungen, die als vorläufige Interpretation der
Befunde aus einer internationalen Perspektive zu verstehen sind, aus der ihnen ihre
Bedeutung überhaupt erst erwächst. Die Zahl der in Deutschland ermittelten spezialisierten Sendungen ist vergleichsweise groß. Es gibt in keinem anderen Land in
Europa so viele unterschiedliche Formate, nirgendwo sonst gibt es darüber hinaus so
viel Sendezeit für diese Gruppe spezialisierter Sendungen. Eine Erklärung für dieses
Strukturmerkmal ist in der vergleichenden Perspektive die Anzahl der öffentlichrechtlichen Sender mit verhältnismäßig guter finanzieller Ausstattung. Diese Feststellung führt zum eigentlichen Anliegen dieser Art von Analyse. Es besteht darin, eine
Struktur der Wissenschaftsthematisierung zu entfalten, die geeignet ist, einerseits
nationale Spezifika durch den Vergleich unterschiedlicher Nationen mit unterschiedlichen Mediensystemen offenzulegen und andererseits mediale Spezifika durch den
Vergleich von Fernsehen und Hörfunk.
Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern darf für Deutschland als typisch gelten, dass dieses Sendungssegment eine Domäne des öffentlich-rechtlichen
Rundfunks ist. Die Anzahl dieser Sendungen hängt direkt zusammen mit der Zahl
öffentlich-rechtlicher Kanäle und ihrer finanziellen Ausstattung. Es ist unmittelbar
ersichtlich, welche quantitative Bedeutung diesem Programmbereich zukäme, hätte
Deutschland die Dritten Programme mit nationaler Verbreitung nicht. Rein quantitativ leistet die Existenz eines gut finanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunks der
genannten Spezialisierung auf Wissenschaft damit Vorschub.
Es ist relativ schwer, die quantitative Entwicklung dieses Segments im Zeitverlauf einzuschätzen. Vergleichsdaten sind rar, lediglich eine Studie von Hömberg
liefert Anhaltspunkte, wie sich das Angebot entwickelt hat.11 1984 zählte Hömberg
34 spezialisierte Sendungen auf den damals verfügbaren Kanälen. In der vorliegenden Untersuchung wurden für 2007 und 2008 auf denselben Kanälen 32 unterschiedliche Formate ermittelt. Von einer Zunahme der Formate ist deshalb im Zeitverlauf nicht auszugehen, d.h. es ist nicht davon auszugehen, dass ARD/Das Erste,
das ZDF oder die Dritten Programme (alte Länder) heute mehr unterschiedliche
Formate im Angebot haben als vor 25 Jahren. Die Zahl der Sendeminuten dürfte
allerdings gestiegen sein. Grund ist die Erhöhung der Sendefrequenz insbesondere
auf den Dritten Programmen. Insgesamt hat die Zahl der Sendungen beträchtlich
zugenommen. Diese Entwicklung ist aber im Wesentlichen auf die größere Anzahl
der Kanäle zurückzuführen.12
11
12
Vgl. Hömberg, Walter (1989): Das verspätete Ressort. Über den Zustand des Wissenschaftsjournalismus. Konstanz.
Vgl. Lehmkuhl, Markus (2009): Boom, Konstanz, Niedergang? Der Markt für freie Wissenschaftsjournalisten bei etablierten Massenmedien. In: WPK-Quarterly, Nr. 1, S. 12-14. URL: http://www.wpk.org.
PROGRAMMFORSCHUNG • WISSENSCHAFT IM DEUTSCHEN FERNSEHEN
139
Nicht typisch und damit eine deutsche Besonderheit ist die relative Stärke der
Wissensmagazine, die von privaten Anbietern verbreitet wurden, allen voran von
ProSieben. Dafür gibt es in Europa keine Entsprechungen, was erklärt, warum das
Format „Galileo“ zu einem Exportartikel geworden ist. Der Erfolg dieser Magazine
hat die öffentlich-rechtlichen Programme bisher zwar nicht dazu verleitet, echte
Nachahmerformate zu entwickeln. Es ist aber offensichtlich, dass die Präsentationsformen einzelner Formate wie „Galileo Mystery“ von anderen, in diesem Fall von
der Reihe „Terra X – Wilder Planet“ (ZDF), aufgegriffen und nachgeahmt werden.13
Der Erfolg der Privaten in diesem Segment, wenngleich inhaltlich häufig lediglich
implizit mit Wissenschaft verknüpft, ist durchaus geeignet, die Präsentation von
Wissenschaft besonders in den großen öffentlich-rechtlichen Sendern zu beeinflussen, was ein Argument dafür ist, diese Formate in derartige Analysen einzubeziehen.
Ebenfalls ein deutsches Spezifikum ist die Präsenz von spezialisierten Informationssendungen, allen voran der vom SWR verantworteten Sendung „nano“ auf 3sat,
die wegen der vierfachen Übernahme von anderen Sendern (darunter auch das
ZDF) den Löwenanteil der auf Information entfallenden Sendeminuten bestreitet.
Diese Ausnahmeerscheinung kann vorrangig auf die bereits angesprochenen Spezifika des deutschen Mediensystems zurückgeführt werden (Kanalvielfalt beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk plus gute Finanzausstattung). Die ansonsten fehlende
Präsenz von Informationssendungen im europäischen Fernsehen ist m.E. eine Besonderheit des Mediums Fernsehen. Diese Annahme wird neben der Ausnahmestellung dieses Sendungstyps im internationalen Vergleich genährt durch den deutlichen
Kontrast insbesondere zum deutschen Hörfunk, der in seinen Nischensendern sogar
eine Konzentration auf informierende Formate in diesem Segment zeigt.14 Das Medium Fernsehen dagegen kann, anders als der Hörfunk, eine Spezialisierung auf
Informationssendungen in einem nennenswerten Ausmaß offenbar nicht ausbilden.
Auf Wissenschaft bezogene Informationssendungen erscheinen in international
vergleichender und in medienvergleichender Perspektive als eine Schwelle, die auch
das öffentlich-rechtliche Fernsehen im Gegensatz zum Hörfunk allenfalls ausnahmsweise überschreiten kann. Das ist insofern folgenreich, als dass neue wissenschaftliche Resultate im Fernsehen kaum Chancen haben, von spezialisierten Einheiten
medial rekonstruiert zu werden. Das Fernsehen dürfte deshalb von neuen wissenschaftlichen Resultaten im Regelfall überrascht werden.
13
14
Vgl. Marel, Renate (2008): Wilder Planet: „Ein Wagnis, das sich gelohnt hat“. In: WPK-Quarterly,
Nr. 3, S. 6-7. URL: http://www.wpk.org.
Vgl. Lehmkuhl u.a. 2009.
PROGRAMMFORSCHUNG • WISSENSCHAFT IM DEUTSCHEN FERNSEHEN
140
Literatur
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Vol. 12, S. 7-24.
Hallenberger, Gerd (2002): Das Konzept „Genre“: Zur Orientierung von Medienhandeln. In: Gendolla, Peter/Peter Ludes/Volker Roloff (Hrsg.): Bildschirm –
Medien – Theorien. München, S. 83-110.
Hömberg, Walter (1989): Das verspätete Ressort. Über den Zustand des Wissenschaftsjournalismus. Konstanz.
Imboden, Carlo (2008): „Es wäre naiv, nur auf die Quote zu schauen!“. In: WPKQuarterly, Nr. 1, S. 2-5. URL: http://www.wpk.org.
Lehmkuhl, Markus (2009): Boom, Konstanz, Niedergang? Der Markt für freie Wissenschaftsjournalisten bei etablierten Massenmedien. In: WPK-Quarterly, Nr. 1,
S. 12-14. URL: http://www.wpk.org.
Lehmkuhl, Markus/Yvonne Cunningham/Christina Karamanidou/Tuomo Mörä/
Kristina Petkova/AVSA-Team (2009): Science on TV and Radio in Europe:
A comparative Analysis in 13 European Memberstates. Paper präsentiert auf der
Jahrestagung der DG PuK, Bremen, Mai 2009.
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Power of TV. Amsterdam, S. 101-113.
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of prime-time news. In: Public Understanding of Science, Vol. 17, S. 443-460.
Lublinski, Jan (2004): Wissenschaftsjournalismus im Hörfunk. Redaktionsorganisation und Thematisierungsprozesse. Konstanz.
Marel, Renate (2008): Wilder Planet: „Ein Wagnis, das sich gelohnt hat“. In: WPKQuarterly, Nr. 3, S. 6-7. URL: http://www.wpk.org.
Martens, Dirk/Rolf Amann (2007): Podcast: Wear-out oder Habitualisierung? Paneluntersuchung zur Podcastnutzung. In: Media Perspektiven, Heft 11, S. 538-551.
Weingart, Peter (2001): Die Stunde der Wahrheit? Zum Verhältnis der Wissenschaft
zu Politik, Wirtschaft und Medien in der Wissensgesellschaft. Weilerswist.
Weiß, Hans-Jürgen (2009): Bildungsfernsehen? Sachpublizistik, Wissens- und Wissenschaftsfernsehen. In: ALM Programmbericht 2008, S. 66-80.
STREITPUNKTE – STANDPUNKTE
PROGRAMMDISKURS • KINDER ALS FERNSEHOBJEKTE
145
Kinder als Fernsehobjekte
Im Sommer 2009 machte RTL Schlagzeilen: Ende Mai wurden der Presse Ausschnitte aus einer neuen Doku-Soap mit dem Titel „Erwachsen auf Probe“ vorgeführt, die zu einem erheblichen Medienecho, einer emotionalen öffentlichen Diskussion und nicht zuletzt zu gerichtlichen Auseinandersetzungen über die Ausstrahlung
der Serie führten.
Das Format, eine Lizenzausgabe der britischen Sendung „The Baby Borrowers“, die Anfang des Jahres 2007 im dritten Programm der öffentlich-rechtlichen
BBC ausgestrahlt wurde, zeigt Teenager, die sich nach einer simulierten Blitzschwangerschaft rund um die Uhr und in speziell dafür bereitgestellten Wohnungen
um Babys, Klein- und Schulkinder kümmern müssen.
In der öffentlichen Diskussion, die in Fernsehtalkshows, Zeitungskommentaren, Pressemitteilungen und Leserbriefen geführt wurde, ging es dabei vor allem um
die Legalität und Legitimität der Beteiligung von Kindern an solchen inszenierten
Dokumentationsformaten wie „Erwachsen auf Probe“ oder auch „Die Super Nanny“, die seit 2004 und mittlerweile in der achten Staffel im Programm von RTL
ausgestrahlt wird. Dabei reichen die Argumentationslinien von juristischen Stellungnahmen (Meinungsfreiheit für die Veranstalter, Jugendarbeitsschutz für die Kinder
und Jugendlichen, Programmaufsicht der Landesmedienanstalten) über im weiteren
Sinne normative Standpunkte („so etwas macht man nicht / schaut man sich nicht
an“) bis hin zu moralischen Bewertungen der Veranstalter, Produzenten und Zuschauer dieser Formate (Voyeurismus, Pornografie vs. pädagogische Ziele).
Im Folgenden wird dieser „Fernseh-Streitpunkt“ durch die Zusammenführung
und Gegenüberstellung der wichtigsten Standpunkte zum Thema in kompakter
Form dokumentiert. Um die Diskussion – trotz aller Kürze – in einen sachgerechten
juristischen Kontext zu stellen, insbesondere was den Handlungsspielraum der Landesmedienanstalten betrifft, erläutert im ersten Beitrag Dr. Christine Seehaus, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Medienrecht und Kommunikationsrecht
der Universität Köln, die rechtlichen Regelungen, die bei der Produktion von Fernsehsendungen mit Kindern Anwendung finden. Im Anschluss daran stellt Prof. Dr.
Dieter Ring, Vorsitzender der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) und
Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM), die Perspektive
der Landesmedienanstalten dar. Den Standpunkt des ausstrahlenden Senders vertritt
danach Dieter Czaja, Jugendschutzbeauftragter von RTL, gefolgt von der Stellungnahme des Deutschen Kinderschutzbundes (DKSB) von Paula HonkanenSchoberth, Bundesgeschäftsführerin, und Johanna Suwelack, Referentin Kommuni-
PROGRAMMDISKURS • KINDER ALS FERNSEHOBJEKTE
146
kation. Abschließend wird dann Prof. Joachim von Gottberg die Position der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen (FSF) in dieser Auseinandersetzung darlegen.
Joachim Trebbe
Rechtliche Regelungen zum Schutz von Kindern
und Jugendlichen in Medienproduktionen
Christine Seehaus
Im Zusammenhang mit Medieninhalten wie dem TV-Format „Erwachsen auf Probe“ wird häufig ein hartes Durchgreifen zum Schutz der beteiligten Kleinkinder wie
auch der Minderjährigen, die die Sendung anschauen, gefordert. Zum Kinder- und
Jugendschutz bestehen in Deutschland umfangreiche gesetzliche Vorgaben. Schwierigkeiten und Regelungsinkonsistenzen können sich dennoch daraus ergeben, dass
die Gesetze vor allem für die an den Fernsehproduktionen beteiligten Kleinkinder,
aber auch für ältere Minderjährige bei Reality-Formaten Regelungslücken enthalten.
Anhand eines Überblicks über die einschlägigen jugendschützenden Regelungen und
deren Grenzen werden im Folgenden die bestehenden Schwächen im Bereich des
Jugendschutzes bei Medienproduktionen aufgezeigt.
Der Jugendmedienschutz wird vor allem durch zwei Gesetze gewährleistet: das
Jugendschutzgesetz (JuSchG) und den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV).
Beide Gesetze greifen an einigen Stellen ineinander über und verknüpfen die Kompetenzen der jeweils zuständigen Stellen, um einen möglichst effektiven Schutz von
Kindern unter 14 Jahren und Jugendlichen unter 18 Jahren zu gewährleisten.1
Die für die Einhaltung des Jugendmedienschutzes nach dem Jugendschutzgesetz und damit vor allem für Trägermedien zuständige Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) beurteilt Medieninhalte und regelt, gegebenenfalls
durch eine Aufnahme in die Liste jugendgefährdender Medien, deren öffentliche
Verbreitung.2
Für elektronische Informations- und Kommunikationsmedien, also Rundfunk
und Telemedien, gilt der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag. Zuständig für die Aufsicht über dessen Befolgung ist die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM). Im
Bereich der Telemedien wird die KJM von jugendschutz.net unterstützt.3 Die KJM
wird als Organ der jeweils zuständigen Landesmedienanstalt tätig und kann bei nicht
1
2
3
Vgl. Nikles, Bruno/Sigmar Roll/Dieter Spürck/Klaus Umbach: Jugendschutzrecht, 2. Aufl., München
2005, A. Einführung Rdz. 32, 48, 64.
§§ 17 ff. JuSchG.
§ 18 JMStV.
PROGRAMMDISKURS • KINDER ALS FERNSEHOBJEKTE
147
länderübergreifenden Angeboten von den Landesmedienanstalten gutachtlich herangezogen werden.4
Bei Medieninhalten, die jugendgefährdend sind, die gegen die Menschenwürde
oder im Strafgesetzbuch geschützte Rechtsgüter verstoßen, bieten die Vorschriften
des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags Sanktionsmöglichkeiten, mit denen privaten
Rundfunkveranstaltern und Anbietern von Telemedien Bußgelder von bis zu
500.000 Euro auferlegt werden können.5 Für diese Maßnahmen sind ausschließlich
die Landesmedienanstalten zuständig.6 Die Zuständigkeit beschränkt sich allerdings
auf bestehende Medieninhalte und das mit deren Angebot verbundene Gefährdungspotenzial. Bevor Sendungen fertiggestellt sind und Kindern und Jugendlichen
zugänglich gemacht werden (sollen), bieten diese Gesetze keine Handhabe.
Eine Möglichkeit, mithilfe des Jugendschutzgesetzes auf Produktionen einzuwirken, bei denen Kinder eingesetzt werden, wird allenfalls in Abschnitt 2 des Jugendschutzgesetzes gesehen, der den Jugendschutz in der Öffentlichkeit regelt.7 Der
dort verankerte Auffangtatbestand des § 7 JuSchG erlaubt die Anordnung eines
Verbots der Anwesenheit von Kindern und Jugendlichen, wenn von einer öffentlichen Veranstaltung oder einem Gewerbebetrieb eine Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Minderjährigen ausgeht.8 Bei Film- und Fernsehaufnahmen dagegen dürfte es sich jedoch nur in wenigen Fällen um öffentliche
Veranstaltungen oder Gewerbebetriebe handeln.
Produktionen, bei denen Kinder und Jugendliche gefährdet werden, finden bei
massiven Verstößen, wie der Verletzung der Fürsorge- oder Erziehungspflicht für
unter 16-Jährige, wenn hieraus die Gefahr einer erheblichen Schädigung folgt,9 eine
Grenze im Strafgesetzbuch (StGB). Die im Strafgesetzbuch aufgeführten Tatbestände erfassen jedoch Verhaltensweisen, deren Qualität bei Filmaufnahmen üblicherweise nicht erreicht wird. Sofern die Produktionsbedingungen allerdings strafrechtliche Relevanz haben, wird die zuständige Staatsanwaltschaft tätig.
Weniger hohe Hürden bestehen für die Anwendung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (KJHG), das den Schutz und die Förderung von Kindern und Jugendli-
4
5
6
7
8
9
Vgl. §§ 13, 14 Abs. 2 S. 3 JMStV; Hartstein, Reinhard/Wolf-Dieter Ring/Johannes Kreile/Dieter
Dörr/Rupert Stettner: Jugendmedienschutz-Staatsvertrag Kommentar, Stand: 40. AL Juli 2009, Heidelberg u.a. 2009, C3 Überblick zum JMStV Rdz. 13 ff.
Vgl. § 24 Abs. 3 JMStV; zu weiteren Sanktionsmöglichkeiten s. die Strafbarkeitsregelung des § 23 JMStV.
Vgl. den Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln, Verhinderung der Ausstrahlung der RTL-Sendung
„Erwachsen auf Probe“, VG Köln vom 3.6.2009, Az. 6 L 798/09, in: Jugend Medien Schutz-Report,
Heft 3/2009, S. 68.
NRW LT-Drs. 14/7060, S. 3.
Vgl. Liesching, Marc/Jörg Knupfer: Die Zulässigkeit des Betreibens von Internetcafés nach gewerbeund jugendschutzrechtlichen Bestimmungen, in: Multimedia und Recht (MMR), Heft 7/2003, S. 439447, 445; s. auch Liesching, Marc, in: Erbs, Georg/Max Kohlhaas: Strafrechtliche Nebengesetze, 173.
Aufl., München 2009, § 7 JuSchG Rdz. 1 ff.
§ 171 StGB; vgl. Heuchemer, Michael, in: von Heintschel-Heinegg, Bernd (Hrsg.): Beck’scher OnlineKommentar, Stand: 15.6.2009, Ed. 9, München 2009, § 171 StGB Rdz. 4 ff.
PROGRAMMDISKURS • KINDER ALS FERNSEHOBJEKTE
148
chen zum Ziel hat.10 Zwar gilt grundsätzlich das in Art. 6 Abs. 1 S. 2 GG verankerte
elterliche Erziehungsrecht, das von der Annahme ausgeht, dass Erziehungsberechtigte im Sinne des Kindeswohls entscheiden. Aus Art. 6 Abs. 2 S. 2 GG ergibt sich
im Rahmen des sogenannten staatlichen Wächteramtes jedoch auch die Pflicht des
Staates, über die Betätigung der Eltern zu wachen. Ist das Kindeswohl gefährdet,
enthält das Kinder- und Jugendhilfegesetz einen Schutzauftrag.11 Vor Eingriffen in
das elterliche Erziehungsrecht, die erst das letzte Mittel sind, steht zunächst die Idee,
im Rahmen der Jugendhilfe zur Verwirklichung des Erziehungsrechts beizutragen.12
Bei freiwilliger Mitwirkung der Eltern wird in Fällen der Kindeswohlgefährdung das
Jugendamt tätig.13 Haben solche Maßnahmen keinen Erfolg, muss das Familiengericht eingreifen, dem auch Zwangsmittel zur Verfügung stehen.14
Ist speziell der Schutz von Kindern und Jugendlichen bei Dreharbeiten betroffen, gilt indes vor allem das Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG).15 Es regelt die
Beschäftigung von Personen, die noch nicht 18 Jahre alt sind, und soll gewährleisten,
dass Kinder vor einer zu frühen Arbeitsaufnahme und Jugendliche vor Überforderungen und Gefahren am Arbeitsplatz bewahrt werden.16 In den Ländern der Euro10
11
12
13
14
15
16
Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) – Kinder- und Jugendhilfe; Wiesner, Reinhard: Leistungen
der Kinder- und Jugendhilfe nach dem SGB VIII, in: Familie Partnerschaft Recht (FPR), Heft 12/2008,
S. 608-613; zu dem Regelungsbereich des KJHG vgl. Lingelbach, Petra: Das Kinder- und Jugendhilfegesetz in den neuen Bundesländern, in: Landes- und Kommunalverwaltung (LKV), Heft 1/1992,
S. 38-41, 38, dort auch zu den landesrechtlichen Vorbehalten und Ausgestaltungskompetenzen, S. 40.
§§ 8a, 42 SGB VIII; s. auch §§ 1666, 1666a BGB; zu Zweifeln an der Erziehungskompetenz von Eltern,
die ihre Kinder für das Sendeformat „Erwachsen auf Probe“ „zur Verfügung stellen“ Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Kinder in Medienproduktionen besser schützen, NRW LT-Drs.
14/9425 vom 16.6.2009, S. 2.
§ 1 Abs. 3 SGB VIII; Plewig, Hans-Joachim: Kinder- und Jugendhilfegesetz, in: Bienemann, Georg/
Marianne Hasebrink/Bruno W. Nikles (Hrsg.): Handbuch des Kinder- und Jugendschutzes, Münster
1995, S. 119-127, 119.
§§ 8a, 42 SGB VIII (KJHG); vgl. Münder, Johannes: Kindeswohl als Balance von Eltern- und Kinderrechten, in: Sozialpädagogisches Institut im SOS-Kinderdorf e.V. (Hrsg.): Kinderschutz, Kinderrechte,
Beteiligung, München 2008, S. 8-22, 15 f.; Ders.: Gesetzentwurf zum Schutz von Kindern und Jugendlichen in Schleswig-Holstein, in: Familie Partnerschaft Recht (FPR), Heft 11/2007, S. 431-437, 431,
433 f.; zu der Bedeutung des Landesrechts vgl. Lieven, Jan: Rechts- und Verwaltungsvorschriften der
Bundesländer, in: Handbuch des Kinder- und Jugendschutzes (Fn. 12), S. 133-136, 133.
§§ 1666, 1666a BGB; vgl. hierzu Ernst, Rüdiger: Familiengerichtliche Maßnahmen zur Abwendung
drohender Kindeswohlgefährdung und ihre Auswirkungen auf die Praxis, in: Kinderschutz, Kinderrechte, Beteiligung (Fn. 13), S. 74-89, 75 ff.; Oberloskamp, Helga: Der Schutz von Kindern nach dem
Gewaltschutzgesetz und Kinderrechteverbesserungsgesetz einerseits und den Vorschriften der §§ 1666,
1666a BGB andererseits, in: Familie Partnerschaft Recht (FPR), Heft 6/2003, S. 285-290, 286 ff., 289.
Vgl. hierzu Dembowsky, Ralf: Neue Entwicklungen im Kinder- und Jugendarbeitsschutz, in: Neue
Juristische Wochenschrift (NJW), Heft 48/1998, S. 3540-3543, dort auch zu den Zuständigkeiten,
S. 3542 und Sanktionsmöglichkeiten, S. 3543.
Zum Geltungsbereich s. §§ 1-3 JArbSchG; Lorenz, Martin: Kommentar zum Jugendarbeitsschutzgesetz, Heidelberg 1997, § 1 Rdz. 1 ff.; vgl. auch Wlotzke, Otfried, in: Richardi, Reinhard/Otfried Wlotzke (Hrsg.): Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, 2. Aufl., München 2000, § 207 Rdz. 62, s. dort
auch zu weiteren Beschäftigungsverboten für Minderjährige; zu der Frage nach der Zulässigkeit des
Abschlusses von Künstlerverträgen für Minderjährige durch deren Eltern s. Fomferek, André: Minderjährige „Superstars“ – Die Probleme des § 1822 Nr. 5 BGB, in: Neue Juristische Wochenschrift (NJW),
Heft 7/2004, S. 410-412.
PROGRAMMDISKURS • KINDER ALS FERNSEHOBJEKTE
149
päischen Gemeinschaft besteht, wie in Art. 7 der Sozialcharta des Europarates verankert, ein grundsätzliches Arbeitsverbot für Kinder unter 14 bzw. 15 Jahren.17 Mit
entscheidend ist die Beendigung der Schulpflicht. Das Jugendarbeitsschutzgesetz
verbietet dementsprechend die Beschäftigung von Kindern, also unter 15-Jährigen,
in § 5 Abs. 1 JArbSchG. Ausnahmen von diesem Verbot sind in § 5 Abs. 2, 3 und in
§ 6 JArbSchG vorgesehen. Die für mindestens 13 Jahre alte Kinder und voll Schulpflichtige erlaubten Tätigkeiten sind in der Kinderarbeitsschutzverordnung
(KArbSchVO) näher aufgeführt.18 3- bis 6-jährige Kinder können, sofern eine behördliche Genehmigung vorliegt,19 bei TV- und Filmproduktionen ausnahmsweise
bis zu zwei Stunden täglich mitwirken, Kinder über sechs Jahre bis zu drei Stunden.20 Für Kinder, die jünger sind als drei Jahre, kann nach diesen Vorschriften keine
Genehmigung erteilt werden.21
Kleinstkinder unter drei Jahren werden im Jugendarbeitsschutzgesetz nicht genannt. Für sie besteht (eigentlich) ein Beschäftigungsverbot.22 Das Jugendarbeitsschutzgesetz hat allerdings einen festen Geltungsbereich. Es gilt ausschließlich für
weisungsbezogene Tätigkeiten.23 Altersunabhängig erfasst das JArbSchG keine rein
passiven Verhaltensweisen. Das Fotografieren oder Filmen von Kindern und Jugendlichen in ihren natürlichen Lebensäußerungen, zum Beispiel beim Gehen, Stehen, Liegen, Essen, Schlafen, Spielen, wird – weil an die gefilmten Minderjährigen
Baum, Detlef: Jugendarbeitsschutz, in: Handbuch des Kinder- und Jugendschutzes (Fn. 12), S. 112-118,
113; vgl. auch Fernandes Fortunato, Sérgio: Internationaler Schutz der Familie am Beispiel der Europäischen Sozialcharta, in: Europarecht (EuR), Heft 1/2008, S. 27-44; s. auch Art. 32 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes (UN-Kinderrechtskonvention); für einen Überblick über Kinderrechte s. Knösel, Peter: Die Rechtsstellung von Kindern/Jugendlichen im Rechtssystem der Bundesrepublik
Deutschland, in: Graeßner, Gernot/Christiane Mauntel/Elke Püttbach (Hrsg.): Gefährdungen von
Kindern, Opladen 1993, S. 147-177; zur Geltung des JArbSchG bei Beschäftigungsorten im Ausland
s. Zmarzlik, Johannes, in: Zmarzlik, Johannes/Rudolf Anzinger: Jugendarbeitsschutzgesetz Kommentar, 5. Aufl., München 1998, § 1 Rdz. 3.
18 KArbSchVO vom 1.7.1998, BGBl. I S. 1508; vgl. zur Beschäftigung von Jugendlichen § 5 Abs. 4 und
§§ 7, 8 ff. JArbSchG.
19 § 6 Abs. 2 JArbSchG; vgl. hierzu ausführlich Zmarzlik, Johannes, in: Jugendarbeitsschutzgesetz Kommentar (Fn. 17), § 6; in den einzelnen Bundesländern werden Antragsformulare angeboten, in Nordrhein-Westfalen besteht hierzu eine Richtlinie für die Bewilligung der Mitwirkung von Kindern nach § 6
JArbSchG im Medien- und Kulturbereich, RdErl. des Ministeriums für Arbeit, Soziales und Stadtentwicklung, Kultur und Sport vom 20.4.2000 - 215 - 8413.4.3.
20 § 6 Abs. 1 Nr. 2 JArbSchG; s. dort auch zur Beschränkung auf Drehzeiten zwischen 8 bis 17 bzw. 22 Uhr
und der Einbeziehung der Probezeiten; zu Sanktionsmöglichkeiten bei Verstößen s. §§ 58 f. JArbSchG.
21 Zmarzlik, Johannes, in: Jugendarbeitsschutzgesetz Kommentar (Fn. 17), § 1 Rdz. 53, § 6 Rdz. 6, 18;
Unterrichtung durch die Bundesregierung, Bericht der Bundesregierung über Kinderarbeit in Deutschland, zugeleitet mit Schreiben des Bundeskanzlers vom 31.5.2000 gemäß Beschluss vom 5.12.1996 (Drs.
13/6407), BT-Drs. 14/3500, S. 3, 11.
22
Vgl. Garbas, Melanie: Kinderarbeit in den Medien – Zwischen Schutzanspruch, Interessenwahrung und
Selbstverwirklichung, in: Diskurs Kindheits- und Jugendforschung, Heft 1/2009, S. 91-105, 93.
23 Engels, Gerd: Ab wann dürfen Kinder arbeiten – und was?, in: Das Familienhandbuch des Staatsinstituts für Frühpädagogik (IFP), abrufbar unter: http://www.familienhandbuch.de/cmain/f_
Fachbeiträge/a_Rechtsfragen/s_982.html [26.11.2009].
17
PROGRAMMDISKURS • KINDER ALS FERNSEHOBJEKTE
150
keine Weisungen erteilt werden – nicht durch das JArbSchG geregelt.24 Für ältere
Kinder und Jugendliche wird diese Ausnahme bei sogenannten Reality-Formaten
relevant, die neben der zeitlichen Einbindung der Betroffenen häufig in drastischer
Weise ihre Persönlichkeitsrechte tangieren, wenn etwa ihre Familienverhältnisse und
ihr Freizeitverhalten aufgezeichnet werden.
Unabhängig von der Ausrichtung der Produktion handelt es sich bei Film- und
Dreharbeiten mit Kleinstkindern im Regelfall nicht um eine Beschäftigung im Sinne
des JArbSchG, da sie keine Arbeitsanweisungen befolgen können. Für den Einsatz
von Kindern unter drei Jahren besteht daher eine noch weitergehende Regelungslücke.25
Vorschläge zur Schließung dieser Lücke sehen beispielsweise vor, dass der Einsatz von Kleinkindern auf eine weitgehend passive Beobachtung ihrer natürlichen
Lebensäußerungen und eine Zeitspanne von maximal zehn Minuten in Anwesenheit
mindestens eines Elternteils beschränkt bleiben soll.26 Entsprechende Regelungen
wurden jedoch noch nicht geschaffen.
Für den Schutz Minderjähriger in Reality-Formaten sowie für Film- und Dreharbeiten mit Kleinstkindern liegen damit, abgesehen von strafrechtlichen Vorgaben
und den zivilrechtlichen Regelungen zum Schutz des Kindeswohls, keine gesetzlichen Bestimmungen vor, die anderen Stellen als den Gerichten Verbote ermöglichen
würden.
Die Perspektive der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM)
Wolf-Dieter Ring
Teenager betreuen Babys, Kleinkinder, Schulkinder und fast Gleichaltrige. Vor laufenden Kameras. In verschiedenen inszenierten Situationen. Ein umstrittenes Sendekonzept: Das Format „Erwachsen auf Probe“ lief im Juni /Juli dieses Jahres auf
RTL. Es war für die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) 2009 einer der
wichtigsten Prüffälle in Bezug auf problematische Inhalte.
24
25
26
Zmarzlik, Johannes, in: Jugendarbeitsschutzgesetz Kommentar (Fn. 17), § 1 Rdz. 7 ff., 20 f., 53; vgl.
hierzu sowie zu den Ausnahmen für Reality-Formate im Rahmen journalistischer Arbeiten
http://www.info-sozial.de/infocenter/nachricht.php?id=103 [26.11.2009]; Garbas, Melanie: Kinderarbeit in den Medien (Fn. 22), S. 95 ff., 100.
Vgl. Zmarzlik, Johannes, in: Jugendarbeitsschutzgesetz Kommentar (Fn. 17), § 1 Rdz. 6, 9.
Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2502 vom 8.5.2008 (LT-Drs. 14/6758), Reicht der
Schutz von Kindern bei der Mitwirkung von Medienproduktionen aus?, LT-Drs. 14/7060, S. 3; s. auch
http://www.bptk.de/aktuelles/news/2528210.html [26.11.2009]; so auch Garbas, Melanie: Kinderarbeit in den Medien (Fn. 22), S. 93; zur Kritik an den bestehenden Beschränkungen vgl. (tpg), in: epd
medien Nr. 5 vom 24.1.1998, S. 20 f.; s. auch http://www.welt.de/print-welt/article570627/Lottchen_
muss_zu_Hause_bleiben.html [26.11.2009].
PROGRAMMDISKURS • KINDER ALS FERNSEHOBJEKTE
151
Zwar ist die KJM in ihrer rechtlichen Bewertung zu dem Ergebnis gekommen,
dass die Folgen (mit Ausnahme von Folge 8) keinen Verstoß darstellen. Es ist keine
Menschenwürdeverletzung gegeben und angesichts der Sendezeit nach 20 Uhr liegt
auch keine Beeinträchtigung von Zuschauern über zwölf Jahren vor. Dieses Ergebnis war vor der Ausstrahlung – gerade aufgrund der Pressearbeit von RTL – nicht
unbedingt zu vermuten. Vielmehr war hier anfangs der falsche Eindruck erweckt
worden, als seien Babys für vier Tage am Stück fremden Betreuungspersonen überlassen worden – ganz ohne Kontakt zu den echten Eltern. Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle auch noch eines erwähnt: Trotz des großen Wirbels um das
Format bereits im Vorfeld der Ausstrahlung lag die Quote mit im Schnitt etwa drei
Millionen Zuschauern wohl unter den Erwartungen des Senders.
Doch zurück zum Prüfverfahren der KJM: Die KJM hat die RTL-Sendungen
gemäß ihres gesetzlichen Auftrags auf die Einhaltung des JugendmedienschutzStaatsvertrags (JMStV) geprüft – also mit Blick auf die Wirkung der Inhalte auf minderjährige Zuschauer. Dabei kann die unabhängige Kommission immer erst nach
der Ausstrahlung einer TV-Sendung prüfen. Es ist dagegen Aufgabe der nach dem
Jugendschutzgesetz (JuschG) zuständigen Stellen zu beurteilen, ob das Wohl der an
der TV-Produktion mitwirkenden Kinder und Jugendlichen verletzt wurde. Ein
Antrag eines Vereins vor dem Verwaltungsgericht Köln, mit dem das Kölner Jugendgericht verpflichtet werden sollte, die Ausstrahlung der Sendung einstweilen zu
untersagen, blieb allerdings ohne Erfolg. Sinnvoller wäre es in dem Zusammenhang
mit Sicherheit, bereits im Vorfeld zu agieren und die Mitwirkung von Babys bei
Reality-Formaten zu regeln. Aber das nur am Rande …
Trotz und gerade aufgrund ihres rechtlichen Prüfergebnisses hat die KJM deutliche Kritik an dem Format „Erwachsen auf Probe“ – das der Sender im Übrigen
vorab der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen (FSF) vorgelegt hatte – geübt: Der
angeblich pädagogische Ansatz diente RTL als Alibi, die Schwierigkeiten unerfahrener jugendlicher Protagonisten im Umgang mit teils weinenden und unglücklichen
(Klein)Kindern als dramaturgische Effekte zu nutzen und zu Unterhaltungszwecken
einzusetzen. So wurden die jugendlichen Paare gezielt überfordert und dadurch zu
Fehleinschätzungen im Umgang mit den Kindern gebracht. Eltern und Erzieher
griffen grundsätzlich erst ein, wenn sich die Kinder in einer gefährlichen oder problematischen Situation befanden. Der Maßstab kann aber nicht sein, im letzten Augenblick zu verhindern, dass ein Baby vom Wickeltisch fällt. Kindern geht es nicht
deshalb gut, nur weil ihnen – laut Sendung – gerade noch kein massiver Schaden
zugefügt wird. Bei all dem wurden die jugendlichen Teilnehmer von vom Sender
ernannten Experten beobachtet und kontrolliert. Sie erhielten jedoch keine echte
und umfassende Hilfe, sondern lediglich Pseudo-Tipps, die man weder als pädagogisch wertvoll noch als pädagogisch begründet bezeichnen konnte.
Wenn man dem Format dennoch etwas Positives abgewinnen möchte, ist es
die Tatsache, dass es eine Debatte über mögliche Grenzen von Medieninhalten –
beispielsweise wenn Kinder zu Fernsehobjekten werden – ausgelöst hat. Ein Zeichen dafür, wie sehr es die Menschen bewegt hat, ist, dass die KJM dazu bis heute
PROGRAMMDISKURS • KINDER ALS FERNSEHOBJEKTE
152
mehr als 700 Beschwerden erreicht haben. Forderungen und Versuche, eine solche
Sendung zu verbieten, halte ich allerdings für kontraproduktiv. Solche Maßnahmen
widersprechen nicht nur unserem Grundgesetz, das aus gutem Grund die Meinungsund Pressefreiheit schützt. Sie verhindern darüber hinaus Diskussionen über die
wichtige Frage, in welcher Form sich das Fernsehen brisanten Themen und der
Lebenswirklichkeit widmen sollte und wie es seiner Verantwortung gegenüber den
Protagonisten und den Zuschauern gerecht wird. Diese Frage diskutieren wir schon
seit Beginn und nicht erst seit der Explosion von sogenannten HelptainmentFormaten in den Landesmedienanstalten.
Ende der 80er Jahre waren es noch primär die klassischen Themen aus dem
Kinobereich – nämlich Sex und Crime in fiktionalen Filmen –, die auch im Fernsehen im Fokus des Jugendschutzes standen. Dann kamen im Lauf der Zeit immer
mehr Themen dazu: beispielsweise die Wirkung von Zeichentrick auf Kinder, was
bis heute immer wieder ein Jugendschutz-Thema ist. Oder die große Diskussion um
die Talkshows, die ab Mitte der 90er im Privatfernsehen aufkamen. Selbstverständlich war die Debatte über diese neue Form von Fernsehen nötig und diente zu dem
Zeitpunkt auch der Sache: Ich weiß noch, wie ich damals in Arabella Kiesbauers
Talkshow über die Sendung diskutierte, die wir mehrfach beanstandet hatten …
Doch ganz ehrlich: Betrachtet man heute die Überreste der Talkshows in den
Nachmittagsprogrammen, erscheinen die damaligen Formate eher bieder. Die Messlatte für Beanstandungen im Jugendmedienschutz wurde und wird eben leider immer
höher gelegt. Das ist alarmierend – zumal das Fernsehen für Kinder immer noch
Leitmedium ist.
Heute sind es wieder neue Formate, die den Fernsehmarkt bestimmen: Die
Helptainment-Formate setzen den Trend aus den Talkshows, nicht mehr Geschichten fiktiver, sondern Grenzerfahrungen realer Menschen zu erzählen, fort. Der Zuschauer ist längst kein passiver Rezipient mehr, sondern ein aktiver Teilnehmer im
Unterhaltungsfernsehen. Er scheut sich nicht davor, intimste Probleme oder vermeintliche Talente zur Schau zu stellen und von den sogenannten Experten der
Sender bewerten und kommentieren zu lassen.
Nicht nur „Erwachsen auf Probe“ stellt das Intimleben einer Paarbeziehung
oder einer Familie auf voyeuristische und aus Jugendschutz-Perspektive fragwürdige
Art und Weise dar. Das Konzept der „Super Nanny“, einer Sendung, die bereits seit
September 2004 sehr erfolgreich auf RTL läuft und viele Nachahmer hat, ist ganz
ähnlich. Nur werden hier keine Kinder ausgeliehen, sondern die Probleme in den
eigenen Familien gezeigt. Inzwischen spricht in der Öffentlichkeit keiner mehr über
die Kinder, die von der Super Nanny vorgeführt werden. Doch auch sie werden von
der „Super Nanny“ zu Unterhaltungszwecken instrumentalisiert – genauso wie ihre
überforderten Eltern. Dabei zeigt RTL heftige und lautstarke verbale Auseinandersetzungen innerhalb der Familie oder das psychische Leid von Kindern, die dadurch
stigmatisiert werden. Die oft gehörte Argumentation der Sender, die öffentliche
Zurschaustellung sei freiwillig, ist dabei kein Freibrief. Denn glücklicherweise darf
PROGRAMMDISKURS • KINDER ALS FERNSEHOBJEKTE
153
das hohe Gut der Menschenwürde laut Gesetz in unserer Gesellschaft nicht individuell zur Disposition gestellt werden.
Zwar hat die KJM bisher in ihrer rechtlichen Bewertung der „Super Nanny“
keinen Verstoß gegen die Menschenwürde festgestellt, aber ein respektloser Umgang
mit den Protagonisten wird in vielen Fällen deutlich. Das ist nicht unproblematisch
und soll und muss diskutiert werden. Auf der anderen Seite darf solchen Programmen selbstverständlich nicht grundsätzlich die Intention, gesellschaftlich relevante
Themen aufzubereiten, abgesprochen werden. Zumal der Zuspruch, den sie finden,
den Wunsch von Eltern nach Unterstützung bei ihren Erziehungsaufgaben deutlich
macht. Dazu können und müssen die Medien beitragen. Und gerade das Fernsehen
mit seinen niedrigschwelligen Angeboten kann viele Menschen erreichen, sie informieren, ihr Problembewusstsein schärfen oder sie auf mögliche Hilfsangebote aufmerksam machen. Doch ein für mediale Beratungssendungen wichtiges Kriterium
sollte dabei auf jeden Fall beachtet werden: nämlich, den Protagonisten, Kindern wie
Eltern, mit Respekt zu begegnen. Das ist bei Formaten des sogenannten „Affektfernsehens“ aber leider nicht immer der Fall, weil Elementen wie Emotionalisierung,
Personalisierung oder vorgebliche Authentizität der Vorrang gegeben wird.
Der Drang vieler Menschen, ihr Privatleben öffentlich zu machen, ist nicht nur
ein TV-Trend. In extremen Maß beobachten wir das im Internet. In sozialen Netzwerken, aber auch auf Plattformen für selbstgedrehte Videos oder in Foren. Aufgrund der Dynamik und Globalität des Internets gehen die Verstöße im Netz in
Quantität und Qualität weit über das hinaus, was im Fernsehen zu sehen ist. Das
führt nicht zuletzt manchmal zu unterschiedlichen Prioritäten in der Jugendschutzarbeit der KJM: Im Internet gilt es vor allem, unzulässige Inhalte aus dem Netz zu
entfernen, während es im Fernsehen meist „nur“ – das setze ich bewusst in Anführungszeichen – um die Frage der Sendezeit geht. Mit Sicherheit wird es in Zukunft
aufgrund der zunehmenden Konvergenz der Medien eine der Herausforderungen
sein, in der Praxis möglichst gleich hohe Maßstäbe anzulegen.
Um die Herausforderungen für einen besseren Jugendmedienschutz in
Deutschland weiter erfolgreich meistern zu können, brauchen wir die Unterstützung
der ganzen Gesellschaft. Denn letztlich stehen die rechtlichen Regelungen des Jugendmedienschutzes für das große Ganze: Sie sind nämlich immer Ausdruck eines
momentanen Zustands von Gesellschaft, weil sie sich auch aus dem Diskurs über
ethische Grenzen ergeben. Restriktiver Jugendschutz kann nur über einen gesellschaftlichen Konsens betrieben werden und muss Hand in Hand mit dem präventiven Jugendschutz gehen. Die KJM wird sich weiterhin dafür einsetzen, dass Themen
wie Gewalt, Sexualität und Menschenwürde in der öffentlichen Diskussion Beachtung finden.
PROGRAMMDISKURS • KINDER ALS FERNSEHOBJEKTE
154
Mehr Kinder in die Fernsehprogramme!
Dieter Czaja
Wir sehen eine Frau vom Typ Gefängniswärterin aus der Serie „Hinter Gittern“ mit
strengem, kaltem Blick, der ein zu ihr aufblickendes Kind trifft. Von dem Kind
erkennt man nur die Umrisse eines Jungen, dem die „Nanny“ aus einer fernen Zeit
die Ohren langzieht. Man könnte meinen, dies sei das Titelbild einer Zeitschrift aus
der Kaiserzeit oder der „Titanic“. Nein, es ist die gerade erschienene Ausgabe des
FLIMMO, eine Quartalszeitschrift, die maßgeblich von den Landesmedienanstalten,
also der Aufsicht über das private Fernsehen, herausgegeben wird.
Mich erinnerte diese Titelfigur sofort an Fräulein Rottenmeier aus dem bekannten Kinderbuch „Heidi“. Sie war wohl der Meinung, Heidi sei eine Wilde und
müsse gezähmt werden. Aber was will uns der Herausgeber heute mit diesem Titel
und dem Heftthema „Erziehungsfernsehen. Zwischen Anregung und Abschreckung“ sagen? Die Verantwortlichen dieser Programmberatung für Eltern beziehen
diesen Titel wohl auf Sendungen wie z.B. „Die Super Nanny“, um die es in dem
Beitrag geht. Aber dieses „Bild“ von Erziehung hat in der besagten Sendung und
auch den anderen dort genannten Programmen nun wirklich keinen Platz.
Wie sollten wir sonst mit der „Super Nanny“ oder auch der Sendereihe „Erwachsen auf Probe“ regelmäßig Höchstquoten bei jungen Frau zwischen 14 und 29
Jahren erzielen? „Erwachsen auf Probe“ erreichte bei ihnen einen durchschnittlichen
Marktanteil von 31,6 Prozent, in der Spitze 36,7 Prozent. Zum Vergleich: RTL ist im
November 2009 Marktführer mit 14 Prozent bei den Zuschauern ab 3 Jahren, mit
18,7 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen und mit 22,8 Prozent in der genannten
Zielgruppe der jungen Frauen. Die Sendereihe lag also etwa ein Drittel über dem
Senderschnitt in dem Zuschauersegment der jungen Frauen, die für diese Sendungen
naturgemäß besonderes Interesse zeigten. ARD und ZDF erreichen hier aktuell 4,5
bzw. 3 Prozent.
Bevor ich noch einmal auf den Inhalt des FLIMMO-Heftes und damit auf eines der kritisierten Formate eingehe, einige eher grundsätzliche Anmerkungen zum
Thema „Kinder im Fernsehen“.
Das Leben mit und für Kinder kennen viele Zeitgenossen schon heute nur
noch aus dem Fernsehen. Die Zahl der in unserer Gesellschaft aufwachsenden Kinder ist signifikant zurückgegangen. Während im Jahr 1900 in Deutschland 35 Prozent der Bevölkerung Kinder waren, werden es 2020 nur noch 13 Prozent sein. Das
Fernsehen in seiner Gesamtheit hat diese Entwicklung seit den 90er Jahren bedauerlicherweise nachvollzogen. Zwar entstanden auf der einen Seite eine Reihe von Spartenkanälen für Kinder, aber gleichzeitig haben ARD, ZDF und auch die großen
privaten Anbieter die Programmschienen mit täglichen und wöchentlichen Kindersendungen durch Angebote für ein erwachsenes Publikum ersetzt. Im privaten Fernsehen, das sich aus Werbung finanzieren muss, war dieser Verlagerungsprozess eine
ökonomische Notwendigkeit und gleichzeitig eine Chance für den Ausbau des An-
PROGRAMMDISKURS • KINDER ALS FERNSEHOBJEKTE
155
gebots für Kinder in eigenen Kanälen wie Super RTL. Für ARD und ZDF aber war
die Auslagerung der allermeisten Kindersendungen in den KI.KA aus meiner Sicht
eine medien- und gesellschaftspolitische Fehlentwicklung und hätte von den Gremien nicht so hingenommen werden dürfen. Selbst in den USA und Großbritannien
wurden die Programmanbieter in den 90er Jahren verpflichtet, pro Woche drei bzw.
zehn Stunden „educational and informative children’s programming“ anzubieten.
Es reicht wahrscheinlich nicht aus, das beste Kinderprogramm zu produzieren,
es muss auch innerhalb eines öffentlich-rechtlichen Vollprogramms für Groß und
Klein sichtbar bleiben. Nun könnte man meinen, dass der Integrationsauftrag des
öffentlich-rechtlichen Fernsehens hinsichtlich der Kinder in unserer Gesellschaft ja
auch und gerade dadurch zu leisten wäre, dass die Geschichten, die das Fernsehen in
seinen täglichen Serien und Fernsehfilmen zumeist im Vorabendprogramm und in
der Primetime erzählt, eben Kinder ganz selbstverständlich mit einbeziehen. Dies ist
natürlich auch eine Forderung an die privaten Programmanbieter. Leider muss man
aber feststellen, und jeder kann das beim abendlichen Zappen durch die Programmangebote nachprüfen: Kinder kommen zumal im Primetime-Fernsehen so gut wie
nicht mehr vor. Wir leben in einer weitgehend kinderfreien Gesellschaft und wir
sehen im Fernsehen ebenfalls kaum Kinder. Dies kann und darf aber kein wünschenswerter Zustand sein.
Wesentliche Ursache hierfür sind die restriktiven Vorschriften im deutschen
Jugendarbeitsschutzrecht, die Dreharbeiten mit Kindern organisatorisch und finanziell extrem erschweren. So dürfen Kinder in Deutschland nur drei Stunden pro Tag
für Dreharbeiten eingesetzt werden, und das nur an 30 Tagen im Jahr. Man stelle
sich vor, der Gesetzgeber würde ähnliche Regeln für den Bereich des Sports oder
der Musik aufstellen. Den Produzenten bleibt daher oft nichts anderes übrig, als im
Ausland zu produzieren. Denn in anderen Ländern steht man den darstellenden
Künsten weitaus offener gegenüber, weil sie dort richtigerweise als pädagogisch
wertvolle Beschäftigung betrachtet werden. Wenn nun der Deutsche Kinderschutzbund derzeit weitere Forderungen hinsichtlich einer „lückenlosen Regelung“ des
Jugendarbeitsschutzrechts an den Gesetzgeber richtet (so möchte man auch Dreharbeiten in Familien bzw. mit Kindern für nicht fiktionale Programme oder die Beteiligung von Kindern unter drei Jahren an Film-, TV- und Theaterproduktionen und an
Castings streng reglementieren), dann sind wir nur noch einen Schritt von einem
entsprechenden Verbot entfernt und der Staat schränkt die Rechte der Eltern und
der Produzenten ohne Not ein. Als ob man mit gesetzlichen Vorschriften, die v.a.
Bürokratie produzieren, vereinzelte Problemlagen gänzlich ausschließen könnte.
Produktionsfirmen, Fernsehsender und Eltern sind durchaus in der Lage, die
Interessen der an Dreharbeiten beteiligten Kinder zu schützen. Dazu gibt es bereits
eine erfolgreiche Zusammenarbeit der Produzenten mit den zuständigen Behörden
sowie geeignete Strukturen. Kinder erfahren im Zusammenhang mit Fernsehproduktionen positive Impulse für ihre weitere Entwicklung, ihr Selbstbewusstsein wird
gestärkt und ihnen wird auch hinsichtlich schulischer Aufgaben geholfen. Bei unse-
PROGRAMMDISKURS • KINDER ALS FERNSEHOBJEKTE
156
ren Produktionen erhalten Kinder in aller Regel mehr Aufmerksamkeit und Unterstützung, als dies in ihrem Alltag möglich und üblich ist.
Da aufgrund der beschriebenen Rahmenbedingungen die regelmäßige Darstellung von gelungenem Leben mit Kindern auf dem Bildschirm zumindest nicht ausreichend stattfindet, entsteht offensichtlich bei manchem Beobachter der falsche
Eindruck, dass die problematischen Familienkonstellationen, wie sie in der RTLReihe „Die Super Nanny“ beschrieben werden, nicht die Ausnahme, sondern die
Regel sind. Schließlich läuft die Sendereihe bereits über fünf Jahre erfolgreich in der
Primetime. Wenn es nach dem Deutschen Kinderschutzbund, von dem hier schon
die Rede war, gegangen wäre, wäre die erste Folge der „Super Nanny“ am 19. September 2004 auch die letzte gewesen. Das kann man auf der NRW-Homepage des
Vereins heute noch nachlesen. Die erfolgreiche Entwicklung des Formats wird, auch
nach kritischen Gesprächen mit dem Kinderschutzbund, nicht zur Kenntnis genommen. Das trifft gleichermaßen für die Autoren des FLIMMO zu, die sich auch
von den Ergebnissen einer von ihnen selbst initiierten Umfrage unter Kindern nicht
beeindrucken lassen:
„Drei Viertel der befragten Kinder sind der Meinung, dass man bei den Sendungen des Erziehungsfernsehens etwas lernen kann. Vor allem sind es die konkreten Regeln, die den
Kindern im Gedächtnis bleiben. Und die Tatsache, dass angeregt wird, sich an einen Tisch
zu setzen und miteinander zu reden. Diese Bereitschaft zur Kommunikation, auch in
schwierigen Situationen, ist den Mädchen und Jungen wichtig. Offen über Probleme und
Ängste sprechen zu können, das wünschen sich viele Kinder auch für ihren eigenen Familienalltag.“1
So weit, so gut. Die hier befragten Kinder haben offensichtlich schon einige Folgen
mit ihren Eltern bzw. Müttern angeschaut. Beim Autor des FLIMMO-Artikels bin
ich da skeptisch, wenn es in dem Heft weiter heißt: „Trotz einiger positiver Aspekte
wirft das pädagogische Konzept der Sendung Fragen auf.“ Genannt werden dann
folgende:
-
Die Beratung folge Patentrezepten, diese würden den Familien übergestülpt.
Eltern werde beigebracht, sich gegenüber dem Nachwuchs durchzusetzen.
Kindern werde eingebläut, dass sie zu parieren haben.
Es handele sich nur um kurzfristige Eingriffe ohne langfristige Wirkung.
Problembelastete Personen würden zur Schau gestellt und dem Hohn und
Spott ihrer Umgebung ausgeliefert.
Wer die Sendereihe verfolgt, wird leicht erkennen, dass die hier vorgebrachten Kritikpunkte bei einigermaßen vorurteilsfreier Betrachtung der laufenden Staffel überhaupt nichts mit unseren Sendungen zu tun haben. Regelmäßig stehen die Eltern im
Mittelpunkt der Arbeit der Nanny, die Kinder erleben wir zumeist als die Leidtragenden überforderter, egoistischer Mütter und Väter. Kinder und Eltern gehen gestärkt aus der Familienarbeit der Nanny hervor, die Zusammenarbeit ist auf nachhal1
FLIMMO, Heft 3/2009, S. 6
PROGRAMMDISKURS • KINDER ALS FERNSEHOBJEKTE
157
tige Wirkung ausgerichtet. Darüber hinaus gibt es auch nach der Sendung Kontakte
zwischen den Familien und den Mitarbeiterinnen von Katja Saalfrank. Mittlerweile
sind auch die Jugendämter für eine Zusammenarbeit aufgeschlossen, da immer wieder auch längerfristige Familienhilfen oder andere Maßnahmen der Ämter nötig sind.
Dabei sucht RTL schon frühzeitig den Kontakt zu den Jugendämtern und thematisiert das auch in den Sendungen. Wir wollen die Zuschauer ermuntern, sich vertrauensvoll an die Jugendämter zu wenden. Die Familien, die an uns herantreten, würden
nach aller Erfahrung diesen Weg übrigens nicht aus eigener Initiative gehen. Was die
angeblich mangelnde Nachhaltigkeit betrifft, so können unsere Zuschauer regelmäßig in sogenannten Recap-Sendungen verfolgen, was sich in den Familien nach sechs
bis zwölf Monaten verändert hat.
Wenn die Redaktion des ALM Programmberichts „Kinder als Fernsehobjekte“
sieht, dann meint das wohl die oben im letzten Punkt vorgetragene grundsätzliche
Kritik an Real-Life-Formaten, da in ihnen die Würde der Beteiligten missachtet
werde. Nach mittlerweile 120 Super-Nanny-Sendungen seit dem Jahr 2004 und
zahlreichen anderen Formaten sollten auch die Zweifler erkennen, dass die Medienbürger des digitalen Zeitalters anders fühlen, denken und handeln, als es Normsetzungen, die bei einigen immer noch als unverrückbar gelten, verlangen. Der ehemalige Intendant des Deutschlandradios, Professor Ernst Elitz, schreibt in einem Artikel:
„Die Tyrannei der Intimität ist keine Provinz im Reich des Bösen. Sie macht die Medien
verständlich und menschlich. Sie zwingt zur Wahrhaftigkeit […] Journalisten sind Sachverständige für eine ungeschminkte Darstellung der Wirklichkeit. Sie müssen daher Wahrheitsfanatiker sein. Das visuelle Zeitalter erinnert sich in Bildern und nicht in elaborierten Texten. Im Kern des Kontrakts, den der Kunde täglich neu mit den Medien schließt, stehen die
Begriffe Verständlichkeit, Persönlichkeit und Emotion. Der emotionale Eindruck, den Bilder erzeugen, weckt mehr Mitgefühl und Hilfsbereitschaft als jeder noch so gut gemeinte
verbale Appell. Aufklärung ist keine Buchstabenfrage.“2
Ich wünschte mir von den Landesmedienanstalten und insbesondere von der Kommission für Jugendmedienschutz, aber auch dem Deutschen Kinderschutzbund
Unterstützung hinsichtlich der Einbeziehung von Kindern in unsere Programmentwicklungen. Das sollte uns ein gemeinsames gesellschaftliches Anliegen sein. Kinder
sind die Zukunft unserer Gesellschaft und ein modernes Fernsehen ist ohne sie
nicht denkbar. In einer demokratischen Gesellschaft dürfen partiell unterschiedliche
Auffassungen kein Grund sein, nicht konstruktiv miteinander um die für die Gesellschaft besten Lösungen zu ringen. Wie heißt es doch in der oben zitierten SuperNanny-Befragung unter Kindern: „[Die] Bereitschaft zur Kommunikation, auch in
schwierigen Situationen, ist den Mädchen und Jungen wichtig.“
2
Ernst Elitz: Mehr Emotion wagen: Wenn das Private öffentlich wird, hat das durchaus positive Seiten.
In: Welt am Sonntag vom 11. Oktober 2009.
PROGRAMMDISKURS • KINDER ALS FERNSEHOBJEKTE
158
Kinder sind keine Objekte – auch nicht für das Fernsehen
Paula Honkanen-Schoberth und Johanna Suwelack
Das Thema dieses Kapitels zeigt das Problem sehr deutlich. Denn betrachtet man
Sendungen wie „Erwachsen auf Probe“ oder „Die Super Nanny“, drängt sich die
Frage auf: Worum geht es hier wirklich? Wer oder was steht im Mittelpunkt? Im
Kern: Wer ist Subjekt, wer Objekt? Geht es um die Bedürfnisse der beteiligten Kinder, ihre Wünsche, ihre Würde und ihre Rechte? Können andere Eltern tatsächlich
lernen, wird Kindern geholfen? Oder geht es vor allem um die Interessen des Senders, der Kinder, Jugendliche und überforderte Eltern vor einem Fernsehpublikum
zur Schau stellt, und damit um Einschaltquoten und Werbeeinnahmen?
Sendungen mit Kindern als Objekten inszenieren und instrumentalisieren sie.
Die beteiligten Kinder sind zweitrangig. Dies kann und will der Deutsche Kinderschutzbund nicht hinnehmen. Denn Kinder sind Subjekte mit eigenen Rechten, ihr
Wohl muss an erster Stelle stehen, erst danach kommen die Interessen der Eltern
und des Senders. Leider erfüllen viele, u.a. auch oben genannte Sendungen diese
Anforderungen nicht. Besonders „Erwachsen auf Probe“ ignorierte die Rechte der
Kinder und damit auch ihr Wohl auf eklatante Weise. Die „ausgeliehenen“ Babys
und Kinder waren Versuchsobjekte, mit dem einzigen Zweck, ein Experimentierfeld
zu bieten und die Sendung zu ermöglichen. Denn ohne Babys keine Eltern „auf
Probe“ und keine spektakulären Bilder von aufregenden und belastenden Situationen. Hier wurde auf den Voyeurismus und die Schadenfreude von Zuschauerinnen
und Zuschauern gesetzt. Es ging nicht darum, junge Paare beispielhaft auf ihrem
Weg zu begleiten und sie zu unterstützen bei ihrer Entscheidung, Eltern zu werden
oder nicht. Sondern es ging darum, sie und ihre „geliehenen“ Kinder einem Millionenpublikum in angeblich lebensnahen, in Wirklichkeit aber durch Script und
Schnitt künstlich hergestellten Situationen zu präsentieren. Die Öffentlichkeit sollte
sie beobachten bei einem Projekt, das nur scheitern konnte, weil es scheitern sollte.
Gleichzeitig gibt es viele Zuschauerinnen und Zuschauer, die sich entsetzt abwenden. Immer wieder erreichen uns Anrufe und Zuschriften von besorgten Menschen,
die mit den genannten Sendungen nicht einverstanden sind. Das zeigte auch die
große Resonanz auf unsere Unterschriftenaktion (www.stoppt-erwachsen-auf-probe.
de). Zusammen mit anderen Aktionen wurden über 20.000 Unterschriften gegen
„Erwachsen auf Probe“ gesammelt.
Für den Deutschen Kinderschutzbund ist es entscheidend, dass bei der Mitwirkung von Kindern in Medienpräsentationen der Respekt gegenüber den Kindern
durchgehend gewahrt wird. Viele der Produktionen lassen dies vermissen. Formate
wie die Doku-Soaps zeigen Kinder in privaten und verletzlichen Situationen. Die
Kinder berichten über intime Dinge, die sie bewegen. Sie werden gezeigt in ihrer
Wut und Verzweiflung, Trauer und Trotz. Wer möchte gerne später solche Bilder
von sich sehen, im Bewusstsein, dass damals Millionen Menschen zugeschaut haben?
Der Dreh ist stressig, Eltern und Kinder stehen unter Druck und manche lassen sich
PROGRAMMDISKURS • KINDER ALS FERNSEHOBJEKTE
159
zu Äußerungen und Verhaltensweisen hinreißen, die sie später bedauern. So darf ein
problematisches Eltern-Kind-Verhältnis nicht instrumentalisiert, dürfen Eltern und
Kinder nicht gezielt gegeneinander ausgespielt werden.
Wenn Kinder und Jugendliche als besonders böse, aggressiv oder dumm präsentiert werden, droht eine enorm problematische Stigmatisierung. Denn die Kinder
sind nicht nur während der Sendung, sondern auch danach gefährdet. Die Reaktionen des Umfelds sind oft fatal. Kinder und Eltern sind Hänseleien, Mobbing und
der Lächerlichkeit ausgesetzt. Sie erfahren Ablehnung und Abwertung in ihrer
Nachbarschaft, im Kindergarten und der Schule, am Arbeitsplatz und in der Verwandtschaft.
Auch rechtlich sind die Folgen für die Eltern oft nicht absehbar, für die Kinder
erst recht nicht. Die Verträge mit den Sendern sind kompliziert, sie müssen inklusive
dem Kleingedruckten verstanden werden. Teilweise über Jahre wirkende „Redeverbote“ oder Konventionalstrafen schüchtern Eltern ein. Der Deutsche Kinderschutzbund fordert deshalb generell Verträge, die Eltern und Kindern jederzeit die
Möglichkeit des Abbruchs, der Sichtung der Produktion in der Endfassung und ggf.
der Verhinderung der Ausstrahlung geben. Das Risiko kann nicht bei den Eltern, es
muss beim Sender liegen.
Ein weiterer Kritikpunkt des Deutschen Kinderschutzbunds ist, dass in den
meisten sogenannten Erziehungsberatungsformaten zu wenig auf bestehende Hilfsangebote außerhalb des Fernsehens hingewiesen wird. Vielen zuschauenden Eltern
mit ähnlichen Problemen wäre geholfen, wenn darauf aufmerksam gemacht werden
würde, wo sie kompetente Ansprechpartnerinnen und -partner finden: z.B. beim Jugendamt und bei Erziehungsberatungsstellen. Auch werden die Probleme der Eltern
in der Sendung nur angeschnitten. Für eine richtige Lösung reicht die Zeit nicht aus.
Die Eltern müssten daher motiviert werden, sich auch weiterhin unterstützen zu
lassen. Ob dies immer geschieht, ist fraglich.
Um die Interessen und Rechte von Kindern und Jugendlichen in Medienproduktionen zu wahren und besser durchsetzen zu können, fordert der Deutsche Kinderschutzbund, dass medienpädagogische Fachkräfte am Set Standard werden. In
Nordrhein-Westfalen sind diese medienpädagogischen Fachkräfte zwar seit dem Jahr
2000 vorgeschrieben, wenn Kinder in Medien- und Kulturproduktionen an mehr als
30 Tagen im Jahr mitwirken. Aber das reicht nicht, sie müssen bei allen Medienproduktionen mit Kindern und Jugendlichen eingesetzt werden. Zu den Aufgaben dieser weisungsunabhängigen, medienpädagogisch qualifizierten sozialpädagogischen
oder psychologischen Fachkraft gehört, einen individuellen Mitwirkungsplan für das
Kind zu erstellen, der unter anderem eine pädagogische Bewertung des Produkts
(Drehbuch), die Betreuung des Kindes während der Dreharbeiten und den Blick auf
sein familiäres und soziales Umfeld und dessen Kompetenzen beinhaltet.
Dem Deutschen Kinderschutzbund ist bewusst, dass die Mitwirkung von Kindern an Film-, Fernseh-, Theater- und Werbeproduktionen nicht ausgeschlossen
werden kann und auch nicht sollte. Aber die Bedingungen müssen stimmen. Daher
muss das Jugendarbeitsschutzgesetz dringend den modernen Gegebenheiten in den
PROGRAMMDISKURS • KINDER ALS FERNSEHOBJEKTE
160
Medien angepasst werden. Gesetzlicher Regelungsbedarf besteht bei den sogenannten nonfiktionalen und publizistischen Formaten. Eine Differenzierung zwischen
Doku-Soaps und Dokumentarfilmen macht hier Sinn. Wissen wir doch, dass bei der
Produktion erstgenannter Formate nicht nur spontane, natürliche Lebensäußerungen
filmisch eingefangen werden.
Gleiches gilt derzeit auch bei der Mitwirkung von Kindern unter drei Jahren.
Von Kleinkindern dürfen nach geltender Gesetzeslage ebenfalls nur spontane, natürliche Lebensäußerungen filmisch eingefangen werden. Es ist nicht realistisch, dass in
Produktionen wie „Erwachsen auf Probe“ und „Die Super Nanny“ keine Proben
und keinerlei Verhaltensanweisungen an das Kind erfolgen, also weder von Seiten
der Regie noch der Eltern Einfluss auf das Verhalten des Kindes genommen wird.
Spontane, natürliche Lebensäußerungen der Kinder werden zudem durch Schnitt
und Synchronisation bearbeitet. Bei „Erwachsen auf Probe“ wurden die Bilder teilweise mit Babygeschrei unterlegt, obwohl deutlich zu sehen war, dass das Kind nicht
schrie.
Die gesetzliche Lücke im Jugendarbeitsschutzgesetz muss geschlossen werden,
damit die staatliche Aufsicht auch für Produktionen mit Kleinkindern gilt. Sinnvoll
wäre daher eine genaue Abgrenzung zwischen Produktionen und Darstellungen
natürlicher und spontaner Lebensäußerungen und Produktionen und Darstellungen
zum Zwecke der kommerziellen Vermarktung (Werbung, Shows). Weiterhin dürfen
die Schutzbestimmungen nicht durch Dreharbeiten im Ausland außer Kraft gesetzt
werden. Die Jugendämter am Wohnsitz der Kinder müssen in jedem Fall vor dem
Abschluss der Verträge eingeschaltet werden.
Die Privatsender haben laut eigenen Angaben keinen pädagogischen Auftrag.
Warum eigentlich nicht? Gerade sie erreichen viele junge Menschen und Eltern und
sollten sich ihrer pädagogischen Verantwortung besonders bewusst sein. Gerade sie
sollten ein Auge auf Kinderschutz, Erziehungsfragen und Aufklärung haben und
reflektieren, was sie tun. So gilt es zum Beispiel, die Auswirkungen der Sendungen
auf das Publikum schon im Vorfeld zu berücksichtigen. Eine zentrale Botschaft von
„Erwachsen auf Probe“ war, dass Kinder einfach ausgeliehen werden dürfen wie
Gegenstände, auslieferbar mit Gebrauchsanweisung. Eine fatale Aussage, als ob das
besondere Vertrauensverhältnis zwischen Kindern und Eltern ohne Probleme austauschbar und übertragbar auf andere Personen sei und nicht wesentlich für das
Wohlergehen der Kinder. Und diese Sendung war vom Sender als pädagogisch wichtig deklariert worden. Die klare Absage der Kommission für Jugendmedienschutz
(KJM) an diesen Anspruch spricht für sich. Für den Deutschen Kinderschutzbund
ist unverzichtbar, dass die Botschaft an Zuschauerinnen und Zuschauer immer im
Einklang mit den Kinderrechten ist. Ein Umdenken bei den Sendern würde nicht
nur den Kindern nützen. Sendungen, die tatsächlich die Bedürfnisse und Interessen
der Kinder im Blick hätten, Eltern helfen und unterstützen würden, kämen sicherlich
auch bei vielen Zuschauerinnen und Zuschauern gut an.
Denn wir alle wissen, und wir sind überzeugt, die Verantwortlichen in den
Fernsehsendern sehen das genauso: Kinder sind kostbar, jedes Kind ist wichtig. Eine
PROGRAMMDISKURS • KINDER ALS FERNSEHOBJEKTE
161
kindgerechte Gesellschaft, Erziehung und Bildung sind Aufgabe aller. Die Medien
können daran wesentlich mitarbeiten und sollten sich dazu auch verpflichtet fühlen.
Kinder als Teilnehmer von Reality-Formaten –
Das schwierige Abwägen zwischen Schaden und Nutzen
Joachim von Gottberg
Als bei RTL am 19. September 2004 das Erziehungsformat „Die Super Nanny“
startete, machte der Deutsche Kinderschutzbund mobil. Kinder und Familien in
solch intimen, für sie äußerst schwierigen und peinlichen Erziehungssituationen zu
zeigen, wurde als Verletzung der Persönlichkeitsrechte der beteiligten Personen
gebrandmarkt. Wie wird sich ein Kind fühlen, wenn es in den Kindergarten oder in
die Schule kommt, nachdem am Abend vorher jedermann erfahren konnte, dass es
zu Hause drunter und drüber geht? Kritisiert wurde ebenfalls der autoritäre Erziehungsstil der Nanny, die die Kinder für eine Weile an einen „stillen Ort“ verbannte,
wenn diese die von ihr gesetzten Regeln nicht einhielten.
Das Format gibt es immer noch, und es erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit. Völlig umsonst war die Entrüstung der Kinderschützer jedoch nicht. Denn
das Erziehungskonzept der Nanny wurde im Laufe der letzten Jahre ständig und
systematisch verbessert. Nicht mehr das Kind allein, sondern der gesamte familiäre
Kontext wird beleuchtet, die Regeln werden zwischen den Eltern und den betroffenen Kindern gemeinsam ausgehandelt und müssen von allen befolgt werden. Zuweilen kommt es auch vor, dass die Nanny die Erfolglosigkeit ihres Eingreifens erkennt
und die Kinder mithilfe des Jugendamts aus der familiären Situation zumindest vorübergehend herausholt.
Vieles spricht dafür, dass sich dieses Format auf die Erziehungssituation in
Deutschland positiv ausgewirkt hat. Zunächst einmal müssen wir erkennen, dass die
Verunsicherung über den richtigen „Erziehungsstil“ enorm hoch ist. Die Beratungsliteratur boomt. Der Bonner Kinderpsychiater Michael Winterhoff beschreibt in
seinem Buch „Warum unsere Kinder Tyrannen werden“1 den Paradigmenwechsel in
der Pädagogik: Während es in früheren Generationen ein klares Unterordnungsverhältnis zwischen Eltern und Kindern gab, hat sich seit den 1970er-Jahren zunehmend ein partnerschaftliches Verhältnis zwischen Erziehenden und Kindern herausgebildet. Kinder beanspruchen die gesamte Aufmerksamkeit der Eltern und laufen in
den Familien nicht mehr nebenbei mit. Da ihnen zu selten Grenzen gesetzt werden,
tyrannisieren sie ihre Familien.
1
Vgl. Winterhoff, Michael: Warum unsere Kinder Tyrannen werden. Oder: Die Abschaffung der Kindheit. Gütersloh 2008.
PROGRAMMDISKURS • KINDER ALS FERNSEHOBJEKTE
162
Viel interessanter als die These des Buches ist dessen wirtschaftlicher Erfolg
(ca. 400.000 verkaufte Exemplare). Er markiert das Ausmaß und die Tiefe der erzieherischen Verunsicherung, die zum einen nach Beratung, zum anderen aber auch
nach der Bestätigung sucht: Ich bin nicht alleine, andere Menschen haben die gleichen Probleme, und es gibt Hoffnung auf Hilfe. Nun ist die Lektüre pädagogischer
Fachbücher nicht jedermanns Sache, und genau hier setzt RTL mit seinem Gespür
für gesellschaftlich relevante Themen an. Damit soll nicht etwa behauptet werden,
dem Sender liege völlig uneigennützig die Verbesserung der Erziehungssituation in
Deutschland am Herzen. Aber darauf kommt es auch nicht an. Der Erfolg eines
Konzepts hängt oft nicht unmittelbar mit der positiven Absicht zusammen. Tatsache
ist, dass es zum wirtschaftlichen Erfolgskonzept eines Senders gehört, Programme
anzubieten, die den Nerv der Zuschauer treffen.
Das Positive an der Super Nanny ist zunächst, dass sie Menschen, die an ihrer
Erziehungsrealität verzweifeln, Zuwendung und Hilfe anbietet. Gleichzeitig gerät die
Tatsache, dass alle Erziehungsbemühungen missglücken können, aus der Tabuzone
in die Öffentlichkeit und verliert dadurch für die Betroffenen an Peinlichkeit. Darüber hinaus eröffnet die Sendung Einblicke in die Grundprobleme von Eltern und
Kindern, die eigentlich beide zusammenkommen wollen und sich trotzdem immer
mehr voneinander entfernen. Sie zeigt am konkreten Modell Wege auf, wie man
zusammenfinden kann, wie man durch neue Regeln, die beide Seiten einhalten müssen, die Krise überwindet. Anders als die Mitarbeiter von Erziehungsberatungsstellen geht die Nanny in die Familien und durchlebt die Krise – zusammen mit dem
Zuschauer – selbst mit. Weil es sich um reale Menschen handelt, erreicht die Nanny
Authentizität und Glaubwürdigkeit. Und da aufgrund vorausgegangener Sendungen
alle wissen, dass die Nanny häufig auch bei aussichtslosen Fällen erfolgreich ist,
genießt sie einen gewissen Vertrauensvorschuss. Letztlich wird so das Vertrauen in
den Erfolg professioneller pädagogischer Erziehungsberatung gestärkt. Nach jeder
Folge der „Super Nanny“ verzeichnen die Erziehungsberatungsstellen eine signifikant höhere Nachfrage.
Trotz dieser grundsätzlich positiven Bilanz bleiben natürlich Fragen. In den
Erziehungsformaten handelt es sich meistens um Kinder. Für sie müssen die Eltern
entscheiden. Auch ist damit zu rechnen, dass besonders rüde sprachliche Ausrutscher mit hohem Peinlichkeitswert über YouTube dem kollektiven Gedächtnis des
Internets erhalten bleiben. Wenn also über negative Erfahrungen von beteiligten
Familien, insbesondere aus der Perspektive der Kinder, berichtet wird, so muss dies
ernst genommen und gegenüber dem Nutzen solcher Sendungen abgewogen werden. Allerdings sind bisher keine Berichte über negative Folgen bekannt geworden.
Sollte es welche geben, so würde der Kinderschutzbund vermutlich dafür sorgen,
dass sie schnell öffentlich würden. Ohne diese Frage abschließend klären zu wollen,
scheint doch die Bedeutung der öffentlichen Wahrnehmung bei den beteiligten
Familien eine andere zu sein, als manche Kritiker dies prognostizieren. Es ist erstaunlich, dass trotz der verbreiteten öffentlichen Fürsorge gegenüber den beteiligten
PROGRAMMDISKURS • KINDER ALS FERNSEHOBJEKTE
163
Familien bisher nie eine solide Untersuchung über die Folgen von Fernsehauftritten
aus der Sicht der Beteiligten durchgeführt wurde.
Für den Jugendschutz sind diese Fragen aber sekundär. Der Schutz der Teilnehmer ist nur dann relevant, wenn sie bei der Beurteilung der Wirkung auf den
jungen Zuschauer eine Rolle spielen. Würde beispielsweise der Eindruck erweckt,
ein Sender könne aus kommerziellen Gründen Menschen beliebig gegen ihren Willen beleidigen oder öffentlich vorführen, könnte man dies in der Folge als Verharmlosung des Mobbings bewerten. Denn bei der Bewertung aus der Perspektive des
Jugendmedienschutzes steht die Wirkung auf den Zuschauer im Vordergrund und
nicht der Schutz derer, die zur Herstellung einer Sendung beigetragen haben. Abgesehen davon, dass dies nicht der gesetzliche Auftrag des Jugendmedienschutzes ist,
können wir beim Ansehen einer Sendung auch nur darüber spekulieren, unter welchen Umständen und Bedingungen für die Beteiligten sie entstanden ist. Die Frage
also, ob es generell zulässig sein soll, Kinder in den Mittelpunkt solcher Fernsehformate zu stellen, lässt sich über den Jugendmedienschutz nicht entscheiden.
Die Darstellung von Erziehungssituationen, selbst wenn diese jenseits des erzieherischen Normalfalls angesiedelt sind, kann wohl kaum als abträglich für die
individuelle oder die gemeinschaftsfähige Persönlichkeitsentwicklung eingestuft
werden. Es kann natürlich Grenzfälle geben, zum Beispiel, wenn in solchen Situationen sexueller Missbrauch eine Rolle spielen sollte.
Ein weiterer Vorwurf gegenüber solchen Sendungen besteht darin, dass sich
die Fälle meistens in Milieus unterhalb des durchschnittlichen gesellschaftlichen
Bildungsniveaus abspielen. Dieses Phänomen kennen wir seit den Diskussionen um
die Talkshows der 1990er-Jahre. Nach der Theorie des sozialen Vergleichs erhöht
die Möglichkeit, auf andere herabzusehen, denen es noch schlechter geht, die eigene
Selbstzufriedenheit.2 Bezogen auf Erziehungsformate erleichtert es dieser sogenannte „Downward Comparison“, mit den eigenen Erziehungsproblemen umzugehen,
sie zu akzeptieren und auf Lösungen zu hoffen, wenn man sieht, dass bei anderen,
denen es noch schlechter geht, Hilfe möglich ist. Der Vergleich mit dem Mittelmaß
ist langweilig, niemand würde das sehen, und deshalb würden solche Sendungen
auch niemandem helfen, selbst wenn sie in guter Absicht hergestellt würden. Interessant ist immer der Blick nach unten, um sich zu distanzieren, oder der Blick nach
oben, um beispielsweise Modelle gelungener Erziehung zu erhalten.
Umso mehr könnte man sich nun fragen, ob dadurch die Protagonisten solcher
Sendungen nicht vorgeführt werden wie Tiere im Zoo. Nun mag das unser Empfinden sein. Diese Menschen selbst fühlen sich offenbar dadurch aufgewertet, dass sich
ihnen jemand zuwendet und ihnen so – im Vergleich zum sozialen Umfeld – eine
hohe öffentliche Aufmerksamkeit zuteilwird.
2
Vgl. Festinger, Leon: A Theory of Social Comparison Processes. In: Human Relations, No. 7/1954,
S. 117; Klein, William M.: Objective standards are not enough: Affective, self-evaluative, and behavioral
responses to social comparison information. In: Journal of Personality and Social Psychology, No. 72/
1997, S. 763-774.
PROGRAMMDISKURS • KINDER ALS FERNSEHOBJEKTE
164
Als im Frühjahr 2009 RTL das Format „Erwachsen auf Probe“ zugegebenermaßen etwas ungeschickt ankündigte, nutzte der Kinderschutzbund erneut seine
Chance, um gegen ein Erziehungsformat zu Felde zu ziehen und durch die erzeugte
Empörung die eigene öffentliche Wahrnehmung zu erhöhen. Auch als der Sender
eigens für die Kritiker auf einer Veranstaltung deutlich machte, dass die vorübergehende Trennung von den Eltern mehr inszeniert als real war, ließen sich die emotionalen Wellen nicht mehr glätten. Nun ist es grundsätzlich positiv zu bewerten, dass
das Wohl von Kindern als ein so hohes gesellschaftliches Gut angesehen wird, dass
Psychologen, Verbände und Politiker auf die Barrikaden gehen, wenn sie es bei einer
Fernsehsendung in Gefahr sehen. Damit wird aber auch eine Chance vertan. Denn
wer sich ernsthaft mit der Situation von Kindern in Deutschland beschäftigt, erkennt
leicht, dass die öffentlich artikulierte Fürsorge in die Realität konkreter Probleme
nicht vordringt. Nach dem Bericht der UNICEF zur Lage der Kinder in Deutschland vom Mai 2008 ist hierzulande jedes sechste Kind von Armut betroffen. Das
Armutsrisiko in Deutschland steigt eindeutig mit der Anzahl der Kinder in den Familien. Bekannt sind Nachrichten über verwahrloste und verhungerte Kinder. Ohne
die Medien wäre es nicht gelungen, Empathie und Sensibilität für diese Kinder in der
Gesellschaft herzustellen. Die durch mediale Aufmerksamkeit erzeugte gesellschaftliche Empörung zwingt Politik und Behörden eher zum Handeln als interne Überprüfungen oder Untersuchungsausschüsse.
Aber wie will man über verbesserte behördliche Kontrollen hinaus bei den betroffenen Eltern die Bereitschaft erhöhen, trotz Erziehungs- und Beziehungsproblemen einen Weg zu finden, die Kinder in ihr Leben zu integrieren? Faltblätter vom
Kinderschutzbund helfen in der Masse wohl kaum weiter. Statt einer Totalverweigerung gegen den Versuch, in einem Fernsehformat Erziehungsprobleme und Lösungsmöglichkeiten darzustellen, wäre es hilfreicher gewesen, durch konstruktive
Kritik zu einer Optimierung des Formats beizutragen. Gerade weil das Fernsehen
am Massengeschmack orientiert ist, bietet es die Chance, auch die Masse zu erreichen – und das in einer Sprache, die dort verstanden wird –, auch wenn wir Bildungsbürger nach dem Prinzip des „Downward Comparison“ verächtlich mit dem
Finger auf diese Sendungen zeigen und uns dadurch besser fühlen.
QUALITÄTSSTANDARDS – QUALITÄTSFORSCHUNG
PROGRAMMDISKURS • WERBEFORMEN IN DER ZUSCHAUERWAHRNEHMUNG
167
Programmintegrierte Werbeformen
in der Zuschauerwahrnehmung
Ergebnisse einer empirischen Untersuchung
Helmut Volpers und Uli Bernhard
Empirisch ist mittlerweile gut belegt, dass Werbung und Programm in der deutschen
Fernsehpraxis nicht immer getrennte Sphären darstellen. Dagegen blieb bislang
weitgehend ungeklärt, wie die Zuschauer auf diese fortschreitende Grenzaufhebung
reagieren und ob sie im Verlauf ihrer Fernsehsozialisation eine gewisse Werbekompetenz entwickeln: Erkennen Zuschauer programmintegrierte Werbeformen per se
oder benötigen sie hierzu eine Kennzeichnung und, wenn ja, welche? Diese Fragestellung greift die Studie „Trennung von Werbung und Programm im Fernsehen.
Zuschauerwahrnehmung und Regulierungsoptionen“1 auf. Die im Frühjahr 2009
vorgelegte Untersuchung begleitete mit ihren Befunden den Umsetzungsprozess der
EU-Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste in deutsches Recht.2 Diese Richtlinie ermöglicht es den Mitgliedstaaten, im Rahmen ihrer rundfunkrechtlichen Regelungen Produktplatzierungen in Fernsehsendungen unter bestimmten Bedingungen
zuzulassen. Vor diesem Hintergrund spielen die Fragen, ob programmintegrierte
werbliche Erscheinungsformen von den Zuschauern ohne Weiteres erkannt werden
oder ob bzw. welche Kennzeichnungen dazu notwendig sind, eine entscheidende
Rolle. Die empirischen Befunde der Studie wurden daher aus juristischer Perspektive
auf ihre Konsequenzen für die Werberegulierung überprüft. Eine ausführliche Darstellung des rechtswissenschaftlichen Teils der Studie kann an dieser Stelle allerdings
nicht erfolgen.3 Der vorliegende Aufsatz richtet seinen Fokus vielmehr auf die Darstellung der Ergebnisse aus den empirischen Erhebungen.
1
2
3
Grundlage dieses Beitrags ist eine Studie, die unter Federführung der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein (MA HSH) im Auftrag der Medienanstalten der Bundesländer Baden-Württemberg (LfK),
Bayern (BLM), Berlin-Brandenburg (mabb), Bremen (brema), Nordrhein-Westfalen (LfM), Niedersachsen (NLM) und Sachsen-Anhalt (MSA) vom Institut für Medienforschung Göttingen & Köln (Im•Gö)
in Zusammenarbeit mit dem Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht der
Westfälischen Wilhelms-Universtität Münster erstellt wurde. Vgl. Volpers, Helmut/Bernd Holznagel
(2009): Trennung von Werbung und Programm im Fernsehen. Zuschauerwahrnehmung und Regulierungsoptionen. Berlin (Schriftenreihe der MA HSH; Bd. 2).
Vgl. Richtlinie 2007/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2007 zur
Änderung der Richtlinie 89/552/EWG des Rates zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit („Audiovisuelle Mediendienste ohne Grenzen“). Veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Union (L332/27). Im Folgenden kurz „AV-Richtlinie“.
Vgl. hierzu ausführlich das Kapitel „Die rechtliche Einordnung der empirischen Befunde und Regulierungsoptionen“ in Volpers/Holznagel 2009, S. 123-192.
PROGRAMMDISKURS • WERBEFORMEN IN DER ZUSCHAUERWAHRNEHMUNG
168
1.
Problemstellung
Werbung und Programm stellen keine einander ausschließenden Entitäten mehr da.
So lautet der zentrale Befund der Studie „Public Relations und werbliche Erscheinungsformen im Fernsehen“.4 Persuasive Kommunikationsangebote5 beschränken
sich schon lange nicht mehr auf die klassischen Werbespots, in deren Gestalt werbliche Botschaft und redaktioneller Inhalt deutlich voneinander getrennt sind. Vielmehr haben sich – dies belegt die im Jahr 2007 durchgeführte Studie anhand zahlreicher Fallbeispiele – weitere Formen persuasiver Kommunikation als Bestandteile des
redaktionellen Angebots etabliert. Da Rezipienten die Werbeblöcke häufig umgehen,
indem sie das Programm wechseln oder alternativen Tätigkeiten nachgehen, veranlassen sie die Fernsehveranstalter, die Werbung nah an das Programm zu binden
oder sogar darin zu integrieren. Dies ist der Hintergrund für die zunehmende Zahl
von programmnahen bzw. programmintegrierten Werbeformen, mittels derer eine
„Unausweichlichkeit“ erreicht werden soll. Werblichen Botschaften, die via SingleSpot, Splitscreen, Crawler oder in anderen zahlreichen Formaten der sogenannten
Sonderwerbeform verbreitet werden, kann der Rezipient kaum gezielt entgehen.
Dennoch sind auch diese Formen immer noch als eigenständige werbliche Elemente
zu erfassen und für den Zuschauer als solche erkennbar.
Die eigentliche Symbiose zwischen Werbung und Programm vollzieht sich erst
dann, wenn die werbliche Botschaft ganz mit dem Programm verschmilzt: Bei den
zahlreichen Spielarten von Produktplatzierungen, pseudoredaktionell aufbereiteten
Beiträgen und Sendungen, die in enger Zusammenarbeit mit einem Werbepartner
erstellt und trotz ihres eindeutig persuasiven Inhalts mitunter ohne jede Werbekennzeichnung gesendet werden (Infomercials), oder auch bei unbearbeitet ausgestrahltem PR-Material bleiben Herkunft und Intention dem Publikum in der Regel verborgen. Indem die wahren Absichten dieser Medieninhalte verschleiert werden, kann
der Rezipient sie weder umgehen noch auf ihren Wahrheitsgehalt – im Sinne einer
journalistisch geprüften Information – vertrauen. Ihren Höhepunkt findet die Kolonisierung des Programms durch die Werbung in Formaten, bei denen das, was dem
Zuschauer als redaktionelles Angebot entgegentritt, primär auf die Inszenierung von
Markenwelten und Konsumgütern zielt.
Diesem aus medienökonomischer Sicht geradezu folgerichtigen Prozess der
Grenzaufhebung zwischen Werbung und Programm steht eine traditionelle medienrechtliche Auffassung gegenüber, die eben deren Trennung fordert und als unverzichtbar ansieht. Das Trennungsgebot wird durch das Kennzeichnungsgebot flankiert, das fordert, Werbung müsse als solche gekennzeichnet sein. Diese Vorstellung
4
5
Vgl. Volpers, Helmut/Uli Bernhard/Detlef Schnier (2008): Public Relations und werbliche Erscheinungsformen im Fernsehen. Eine Typologisierung persuasiver Kommunikationsangebote des Fernsehens. Berlin (Schriftenreihe Medienforschung der LfM Nordrhein-Westfalen; Bd. 61); Dies. (2009):
Werbung und Public Relations im redaktionellen Fernsehprogramm. Eine Bestandsaufnahme. In: ALM
Programmbericht 2008, S. 99-114.
Der Begriff „persuasive Kommunikation“ bezieht sich im Folgenden auf all jene medialen Botschaften,
deren Ziel eine vom Kommunikator beabsichtigte Verhaltensänderung beim Publikum ist.
PROGRAMMDISKURS • WERBEFORMEN IN DER ZUSCHAUERWAHRNEHMUNG
169
von zwei möglichst trennscharfen Sphären – das redaktionelle Programm auf der
einen und die Werbung auf der anderen Seite – ist aus dem Presse- und Wettbewerbsrecht in das Rundfunkrecht übertragen worden. Trennungs- und Kennzeichnungsgebot sollten den „naiven“ Zuschauer davor schützen, werbliche Botschaften
und redaktionelles Programm zu verwechseln. Ob dieser Schutzgedanke heute noch
seine Berechtigung hat, ist bisher vom Normgeber nicht hinterfragt und empirisch
kaum untersucht worden.
Ganz offensichtlich kollidieren Programmrealität und medienrechtliche Normvorstellungen tagtäglich. Dies stellt die Medienpolitik und den Gesetzgeber vor
Herausforderungen. In der Vergangenheit waren Veränderungen in der medienrechtlichen Regulierung der Rundfunkwerbung stets ein Reflex auf die sich verändernde Werbepraxis. Die Kluft zwischen Rechtsanspruch und Medienwirklichkeit
wurde immer wieder dadurch verringert, dass sich die Rechtsnorm der Faktizität
angepasst hat. Dabei handelte es sich jedoch stets um Lockerungen der Verhaltensregelung, nicht aber um eine grundsätzlich neue Regulierungskonzeption.6 Das
jüngste Beispiel für eine „nachlaufende“ Anpassung der Medienregulierung ist die –
in diesem Fall aus dem Europarecht stammende – Legalisierung des ProductPlacements aufgrund der neuen Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste. Die
Zulässigkeit von Produktplatzierungen in bestimmten Programmkontexten hat allerdings Konsequenzen für den Trennungsgrundsatz generell: Erstmals wird die Integration werblicher Elemente in das Programm legal, was faktisch zur Erosion des
Trennungsgrundsatzes führt. Unweigerlich stellt sich die Frage, welche Legitimation
der Trennungsgrundsatz zukünftig hat und was er (noch) leisten soll oder kann. Es
zeichnet sich ab, dass der Trennungsbegriff anders als bisher zu definieren sein wird.
Die Werbung kann die durch Kennzeichnung vom übrigen Programm abgetrennte
und somit gettoisierte Sphäre verlassen, ihr Entfaltungsraum wird auf spezifische
Programmstrecken ausgeweitet:
-
Trennung bedeutet nun eine Aufteilung in Sendungen mit und ohne inhärente
Werbebotschaften.
Kennzeichnung ist das „Kenntlich-machen“ entsprechender Programmstrecken durch Hinweise wie „Der folgende Beitrag enthält Produktplatzierungen“.
Das neu definierte Ziel des Trennungsgrundsatzes ist somit nicht mehr die faktische
Abgrenzung von Programm und Werbung, sondern die Transparenz für den Zuschauer, ob und wann er auf Werbung treffen kann. Es ist evident, dass dies mehr ist
als nur eine Modifikation oder Lockerung bestehender Regelungen – es ist ein Paradigmenwechsel im Rundfunkrecht!
Vor diesem Hintergrund wurde empirisch ermittelt, wie die Zuschauer mit der
Integration von werblichen Elementen in das Programm umgehen. Hierbei sollten
6
Vgl. Ladeur, Karl-Heinz (1999): Neue Werbeformen und der Grundsatz der Trennung von Werbung
und Programm. Virtuelle Werbung, Split Screen und Vernetzung von Medien als Herausforderung der
Rundfunkregulierung. In: Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht, Heft 10, S. 672-682, hier S. 677.
PROGRAMMDISKURS • WERBEFORMEN IN DER ZUSCHAUERWAHRNEHMUNG
170
folgende Fragestellungen beantwortet werden: Welche Einstellung und welches
Wissen sind bei Zuschauern im Hinblick auf die Fernsehwerbung generell vorhanden? Und: Sind die Rezipienten in der Lage, programmintegrierte Werbung als solche zu erkennen und inwieweit ist hierbei eine Kennzeichnung notwendig oder
hilfreich? Um die vielschichtige Fragestellung angemessen beantworten zu können,
wurden zwei methodische Zugänge gewählt: eine bevölkerungsrepräsentative Telefonbefragung sowie Experimente mit ausgewählten Probanden. Während in den
Experimenten anhand vorgeführter Fernsehsequenzen die unmittelbaren Reaktionen
auf programmintegrierte werbliche Erscheinungsformen und verschiedene Kennzeichnungsvarianten getestet wurden, sollten in der Telefonbefragung Kenntnisse
über und Einstellungen zur Fernsehwerbung generell ermittelt werden.
2.
Methode und Kernergebnisse der Telefonbefragung
Die Fragestellung nach Kenntnissen und Einstellungen in Bezug auf Fernsehwerbung wurde mittels verschiedener Item-Batterien und projektiver Aufforderungen
(„Stellen Sie sich bitte einmal folgende Situation vor, wie sie oft im Fernsehen zu
sehen ist: …“) operationalisiert. Zusätzlich erfasste der Fragebogen Fernsehgewohnheiten und soziodemographische Merkmale der Interviewten, um differenzierte
Aussagen über verschiedene Bevölkerungsgruppen treffen zu können. Prinzipiell ist
es auch in Telefonbefragungen möglich, komplexe projektive Fragen zu stellen,
sofern die Fragestellung unmittelbar verständlich und sprachlich der Kommunikationssituation angemessen ist. Der für die Untersuchung eingesetzte Fragebogen
wurde in mehreren Pretest-Schleifen diesen Anforderungen angepasst und hat sich
im Feld bewährt. Insgesamt wurden im Zeitraum vom 5. Mai bis zum 27. Juni 2008
1.013 Interviews mit zufällig ausgewählten Personen realisiert.7 Die Kernergebnisse
lassen sich wie folgt darstellen:
Welche Einstellung haben die Zuschauer zur Blockwerbung im Fernsehen, und wie ist ihr
(selbst beschriebenes) Rezeptionsverhalten?
Die Ergebnisse zeigen, dass ein Großteil der Zuschauer die (wirtschaftliche) Notwendigkeit von (Block-)Werbung für die Programmveranstalter anerkennt. Dennoch
ist die Einstellung gegenüber Werbespots eher negativ: Sie werden als lästig, störend
und langweilig empfunden. Mögliche Gratifikationen wie Informationsgewinn oder
Unterhaltung können die Zuschauer aus der Spotwerbung offenbar kaum bekommen. Dementsprechend lässt sich ein ausgeprägtes Werbevermeidungsverhalten
7
Die Telefonnummern wurden nach dem sogenannten Gabler/Häder-Verfahren generiert. Vgl. dazu
Gabler, Siegfried/Sabine Häder (1998): Ein neues Stichprobendesign für telefonische Umfragen in
Deutschland. In: Gabler, Siegfried/Sabine Häder/Jürgen Hoffmeyer-Zlotnik (Hrsg.): Telefonstichproben in Deutschland. Opladen, S. 69-88; Häder, Sabine (2000): Telefonstichproben, ZUMA How-toReihe, Nr. 6. URL: http://www.gesis.org/Publikationen/berichte/ZUMA_How_to/Dokumente/
pdf/how-to6sh.pdf [1.7.2008]. Die eigentliche Befragungsperson wurde im erreichten Haushalt zufällig
nach der „Last-Birthday“-Methode ausgewählt (die Kontaktperson wird dabei gebeten, den Hörer an
dasjenige Haushaltsmitglied über 14 Jahre weiterzureichen, das zuletzt Geburtstag hatte). Es wurden
nur deutschsprachige Personen berücksichtigt.
PROGRAMMDISKURS • WERBEFORMEN IN DER ZUSCHAUERWAHRNEHMUNG
171
konstatieren: Die meisten Zuschauer wenden sich während der Werbeblöcke regelmäßig anderen Tätigkeiten zu (82,6 Prozent) oder wechseln das Programm (64,5 Prozent).
Welches Wissen haben Zuschauer von Werberegelungen?
Wissen um rechtliche Regelungen für die Fernsehwerbung ist bei den Zuschauern
kaum vorhanden. Auf eine offen gestellte Frage, welche Regelungen ihnen bekannt
seien, weiß die große Mehrheit (73,4 Prozent) nichts zu antworten. Elementare
Grundsätze wie die Trennung von Werbung und Programm, die Kennzeichnungspflicht oder das Schleichwerbeverbot werden nur selten genannt. Am häufigsten
wird das Verbot von Tabakwerbung erwähnt. Formal höher Gebildete zeigen mehr
Kenntnisse über Werberegelungen als Befragte mit niedrigem Schulabschluss. Bei
älteren Interviewten ist deutlich weniger Wissen vorhanden als bei jüngeren. Darüber hinaus kann nur eine äußerst kleine Minderheit (1 Prozent der Befragten) die
Instanzen nennen, welche die werberechtlichen Regulierungen überwachen.
An welchen Anhaltspunkten orientieren sich Zuschauer, um Werbung von redaktionellem
Programm zu unterscheiden?
Die Umfrage ergibt, dass über 50 Prozent der Zuschauer redaktionelles Programm
und Werbung nicht immer sicher unterscheiden können. Vor allem Ältere meinen,
dabei bisweilen unsicher zu sein. Danach gefragt, woher diese Unsicherheit stammt,
äußern viele Befragte, dass Werbung und Programm sich häufig sehr ähneln und
Werbung zudem in das Programm integriert wird. Um eine Unterscheidung treffen
zu können, orientiert sich die Mehrheit weniger an formalen Kriterien (wie Werbehinweisen) als vielmehr an inhaltlichen, etwa dem Grad der persuasiven, einseitigen
Darstellung.
Wie ausgeprägt ist das Wissen der Rezipienten über Werbeformen außerhalb der Blockwerbung?
Ungestützt danach befragt, welche alternativen Werbeformen neben der Blockwerbung sie kennen, kann rund die Hälfte der Befragten keine Antwort geben. Höchst
selten werden Formen wie Splitscreen-Werbung (1,5 Prozent), Gewinnspiele
(1,1 Prozent) oder Dauerwerbesendungen (6,8 Prozent) genannt. Häufiger führen
die Interviewten die weitverbreitete Form des Sponsorings bzw. des Sponsorhinweises (12,6 Prozent) sowie Product-Placement (17 Prozent) und Schleichwerbung
(25,4 Prozent) an. Vermutlich ist die vergleichsweise hohe Bekanntheit der beiden
zuletzt genannten Formen auf die Medienberichterstattung und die Diskussion im
Rahmen der „Skandale“ um illegale Werbepraktiken in den letzten Jahren zurückzuführen. Nachdem den Befragten in einem nächsten Schritt alternative Werbeformen
wie Einzelspots, Sponsorhinweise, Gewinnspiele oder Dauerwerbesendungen vorgegeben wurden (gestützte Befragung), konnten diese bis auf Splitscreen-Werbung
und Product-Placement jeweils von mindestens 40 Prozent richtig oder zumindest
teilweise richtig erklärt werden. Am häufigsten kann der Begriff „Schleichwerbung“
korrekt definiert werden: Über 60 Prozent der Befragten sind in der Lage, diese
Form wenigstens teilweise richtig zu erklären. Darüber hinaus ergeben die Antworten auf die projektiven Fragen in Form beispielhafter Situationen, dass der Werbebegriff der Rezipienten nicht nur die klassische Blockwerbung umfasst. Auch For-
PROGRAMMDISKURS • WERBEFORMEN IN DER ZUSCHAUERWAHRNEHMUNG
172
men wie Product-Placement, Gewinnspiele, Sponsorhinweise oder SplitscreenEinblendungen identifizieren die meisten Befragten (jeweils über 90 Prozent) als
Varianten von Werbung.
Welche persuasiven Kommunikationsangebote werden von den Rezipienten als
zulässig eingeschätzt?
Der rechtliche Status von Werbeformen außerhalb der Blockwerbung wird von den
Befragten häufig richtig eingeschätzt. So weiß die Mehrheit, dass Product-Placement
verboten ist (60,2 Prozent)8, während Gewinnspiele (69,9 Prozent), SplitscreenWerbung (48,2 Prozent) oder Sponsorhinweise (74,3 Prozent) korrekt als erlaubte
Werbeformen benannt werden. Allerdings zeigt vor allem die Altersgruppe der über
65-Jährigen diesbezüglich Unsicherheiten: Sie schätzt diese Formen deutlich häufiger
als verboten ein als jüngere Befragte.
Wie ist die Einstellung der Fernsehzuschauer zur Annäherung zwischen Programm und Werbung?
Die meisten Zuschauer sehen durchaus die ökonomischen Vorteile, die Sender und
Werbetreibende aus einer Vermischung von Programm und Werbung ziehen können. Dennoch wird die Durchdringung des journalistischen Programms mit persuasiven Elementen von einer Mehrheit nicht akzeptiert. Die meisten finden eine solche
Praxis „nicht in Ordnung“ (70,7 Prozent) und plädieren für eine deutliche Kennzeichnung (66,8 Prozent). Immerhin knapp 38 Prozent der Befragten sind der Meinung, die Zuschauer könnten programmintegrierte Werbung auch ohne Hinweis
erkennen.
Wie ist die Einstellung gegenüber der Kennzeichnung von Werbung?
Generell will die große Mehrheit der Befragten an der Kennzeichnung von Werbung
festhalten (73,7 Prozent). Nur wenige sind der Meinung, die Zuschauer könnten
selbst entscheiden, ob es sich um Programm oder Werbung handelt. Vor allem höher Gebildete und Ältere sind der Ansicht, dass ein Hinweis auf Werbung durchaus
sinnvoll sei. Knapp die Hälfte der Befragten gibt an, dass ihrer Meinung nach Werbung im Fernsehen nicht immer ausreichend gekennzeichnet sei.
Wie ist die Akzeptanz von werblichen Produktplatzierungen in verschiedenen Programmkontexten, und wie sollen diese gekennzeichnet werden?
Ältere und höher Gebildete lehnen Produktplatzierungen grundsätzlich häufiger ab
als Jüngere und formal niedriger Gebildete. Es wird deutlich, dass gerade ältere Befragte eher an einem unabhängigen Journalismus festhalten als jüngere, die gegenüber programmnahen bzw. -integrierten Werbeformen offener sind. Es zeigt sich
zudem, dass die Zuschauer in der Lage sind, zwischen verschiedenen Programmkontexten zu unterscheiden. Product-Placement wird von vergleichsweise vielen Befragten akzeptiert, solange es in Unterhaltungsformaten wie Fernsehserien stattfindet
(48,4 Prozent). Nur rund ein Drittel der Befragten findet dies „nicht in Ordnung“.
Eine „harmlose“ Platzierungsvariante, bei der Landschaften in Fernsehserien zur
Förderung des Tourismus ansprechend in Szene gesetzt werden, wird sogar von
8
Entsprechend der Rechtslage von 2008.
PROGRAMMDISKURS • WERBEFORMEN IN DER ZUSCHAUERWAHRNEHMUNG
173
über 80 Prozent akzeptiert. Dagegen lehnt die große Mehrheit eine persuasive
Durchdringung von Informations- und Kindersendungen ab (84 bzw. 79 Prozent).
Nur rund 11 bzw. 17 Prozent würden sich daran nicht stören. Es ist zu vermuten,
dass die Zuschauer diese Differenzierung aufgrund unterschiedlicher Ansprüche an
das jeweilige Programm vornehmen: Während das Unterhaltungserleben durch
werbliche Platzierungen kaum beeinträchtigt wird, kann eine journalistisch sachliche,
neutrale Informationsleistung, die von den Zuschauern bei Informationssendungen
offenbar erwartet wird, bei einer kommerziell-werblichen Zusammenarbeit mit einem Unternehmen kaum mehr aufrechterhalten werden.
Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse lässt sich konstatieren, dass die AVRichtlinie den Bedürfnissen der Zuschauer weitgehend entspricht, indem sie werbliche Produktplatzierungen ausschließlich in Formaten der „leichten Unterhaltung“
legalisiert und einen Hinweis auf die Platzierung fordert. Dagegen bleibt ProductPlacement u.a. in Informations- und Kindersendungen weiterhin untersagt. Bezüglich der Kennzeichnung spricht sich mit knapp über 60 Prozent die Mehrheit der
Befragten dafür aus, Produktplatzierungen in fiktionalen Unterhaltungsformaten
durch einen Hinweis im Vorspann kenntlich zu machen. Die alternativen Optionen,
während der Sendung bzw. vor und während der Sendung auf den werblichen Hintergrund hinzuweisen, werden bei Unterhaltungssendungen nur von einer Minderheit befürwortet. Immerhin ein knappes Viertel ist dafür, auf eine Kennzeichnung in
diesem Fall zu verzichten. Es spricht derzeit einiges dafür, dass die Kennzeichnung
in der Praxis tatsächlich durch Hinweise im Vorspann realisiert werden soll. Diese
Kennzeichnungsvariante wird von der Mehrheit der Zuschauer befürwortet.
3. Methode und Ergebnisse der Experimente
3.1 Untersuchungsdesign
Das geltende Rundfunkrecht will den Zuschauer vor einer Vermischung von Programm und Werbung dadurch „schützen“, dass Werbung als solche gekennzeichnet
ist. Allerdings ist es auch durchaus möglich, dass die Werbekompetenz der Zuschauer so weit fortgeschritten ist, dass werbliche Intentionen auch ohne entsprechende
Hinweise erkannt werden. Die Ergebnisse der Telefonumfrage deuten jedenfalls
darauf hin, dass sich die Zuschauer bei der Unterscheidung nicht nur an formalen
Elementen wie Werbetrennern oder Einblendungen orientieren, sondern vor allem
auch auf inhaltliche Merkmale wie den Grad der Einseitigkeit oder persuasive Botschaften achten. Unter welchen Umständen Zuschauer welche Angebotsformen als
Werbung wahrnehmen und wann nicht, wurde im Rahmen der durchgeführten Experimente näher beleuchtet. Hierbei wurden im Wesentlichen zwei Fragen untersucht:
-
Erkennt der Zuschauer programmintegrierte werbliche Erscheinungsformen
aufgrund einer Kennzeichnung oder erkennt er sie auch ohne eine solche Markierung?
Welche Kennzeichnungsvariante ist am besten dafür geeignet, auf die werbliche Intention eines Beitrags hinzuweisen?
PROGRAMMDISKURS • WERBEFORMEN IN DER ZUSCHAUERWAHRNEHMUNG
174
Diese Fragestellung kann am ehesten mit Experimenten beantwortet werden.
Indem Probanden in verschiedenen Experimentalgruppen mit jeweils unterschiedlich gekennzeichneten Versionen eines ansonsten identischen werblichen Programminhalts konfrontiert werden, wird die Wirkung fehlender Kennzeichnung
sowie verschiedener Kennzeichnungsoptionen auf die Wahrnehmung der Zuschauer
untersucht. Dem liegt folgende Experimentallogik zugrunde: Falls sich zwischen den
Gruppen Unterschiede in der Einschätzung zeigen, ob es sich bei dem gesehenen
Beispiel um ein werbliches oder um ein redaktionelles Angebot handelt, spricht
vieles dafür, diese Varianz auf die unterschiedliche Kennzeichnung zurückzuführen.
Die Probanden wurden mit insgesamt acht Programmausschnitten werblicher
Intention konfrontiert. Dabei handelte es sich um vier Product-Placement-Beispiele,
drei Infomercial-Beispiele sowie einen direkt übernommenen, unverändert ausgestrahlten PR-Beitrag des Agrarvermarkters CMA. Bis auf einen Ausschnitt aus einem
Kinofilm wurden sämtliche Beispiele ohne entsprechende Kennzeichnung im Jahr
2007 im deutschen Fernsehprogramm ausgestrahlt. In die Originalversion ohne
Kennzeichnung wurden für das Forschungsexperiment jeweils drei unterschiedliche
Hinweisvarianten eingearbeitet. Die Programmausschnitte lagen also in vier verschiedenen Versionen vor: einmal ohne Werbehinweis und dreimal mit unterschiedlichen Kennzeichnungen. Die Bandbreite der eingearbeiteten Hinweise reichte von
Einblendungen im Vorspann (etwa „Die folgende Sendung enthält werbliche Produktplatzierungen“, „Bei der folgenden Sendung handelt es sich um eine Dauerwerbesendung“, „Folgende Sendung entstand in Kooperation mit den AsklepiosKliniken“ oder „Bei der folgenden Sendung handelt es sich um einen PR-Beitrag“)
über ähnlich lautende Hinweise im Vor- und Abspann und dauerhafte Einblendungen während des Beitrags („Dauerwerbesendung“, „Promotion“, „Imagefilm“,
„Imagewerbung“ „Werbung“, „Business TV“ etc.) bis hin zu akustischen Hinweisen
(„Der folgende Beitrag enthält Produktplatzierungen“) oder kurzzeitigen Einblendungen während des jeweiligen Beitrags in Form von Logos oder Laufbändern.
Für die Experimente wurden insgesamt 80 Probanden nach einem Quotenplan
rekrutiert, der gewährleistete, dass verschiedene soziodemographische (Geschlecht,
Alter, Bildung) und räumliche (Großstadt, Stadt, Land) Merkmale in der Stichprobe
vertreten sind. Die Probanden wurden vier Gruppen mit jeweils rund 20 Versuchspersonen zugeteilt. Die Verteilung soziodemographischer Merkmale war in jeder der
vier Gruppen annähernd gleich.
Jede Gruppe bekam jeweils eine Kennzeichnungsvariante der Beispiele zu sehen. Neben den eigentlich interessierenden Beiträgen mit werblichem Charakter
wurden den Versuchspersonen sieben redaktionelle Beiträge gezeigt, die keinerlei
werbliche Aussagen enthielten und von der Forschungsfrage ablenken sollten. Unmittelbar nach der Vorführung jedes Beispiels wurde den Probanden ein Fragebogen
vorgelegt. Um die Wirksamkeit der verschiedenen Kennzeichnungsvarianten bestimmen zu können, wurde erfasst, inwieweit die Befragten den werblichen Hintergrund
der jeweiligen Beispiele erkannt hatten. Damit die Probanden nicht für das Thema
Werbung sensibilisiert waren und die Wahrnehmung nicht auf den Forschungsge-
PROGRAMMDISKURS • WERBEFORMEN IN DER ZUSCHAUERWAHRNEHMUNG
175
genstand gelenkt war, wurde das Erkennen von Werbung indirekt über den Grad der
zugeschriebenen persuasiven Beeinflussung operationalisiert.9 Aus verschiedenen
entsprechenden Items wurde schließlich ein Index gebildet.10
3.2 Kernergebnisse
Erkennen programmintegrierter Werbung
Insgesamt zeigt sich, dass die verschiedenen Kennzeichnungsvarianten bei sieben
der acht ausgewählten Beispiele die Probanden nicht dabei unterstützt haben, die
gezeigten Programmausschnitte als Werbung zu erkennen. Die durchschnittlichen
Werte des Werbeindexes, mit dem ermittelt wurde, in welchem Ausmaß die Versuchspersonen einem Beispiel persuasive Intention zuschreiben, unterscheiden sich
in den Experimentalgruppen, die den jeweiligen Beitrag mit Werbekennzeichnung
sahen, jedenfalls kaum und nicht signifikant von den Werten in der Gruppe mit den
ungekennzeichneten Versionen. Einzige Ausnahme bildet die Platzierung der Bierflaschen der Marke „Beck’s“ im Spielfilm „Herr Lehmann“. Diese Befunde deuten
darauf hin, dass sich die Probanden weniger an der Kennzeichnung als vielmehr am
Inhalt orientieren, um zwischen Werbung und redaktionellen Programmformen zu
differenzieren. Diese Interpretation wird dadurch gestützt, dass 59,3 Prozent der
Versuchspersonen am Ende der Experimente angeben, dass die Kennzeichnung
keinen Einfluss auf ihre Bewertung gehabt habe. Es spricht also – zumindest auf den
ersten Blick – einiges dafür, dass die Zuschauer viele werbliche Beiträge als solche
erkennen und von redaktionellen Angeboten unterscheiden können, unabhängig
davon, ob und wie ein Beitrag als Werbung gekennzeichnet ist.
Dennoch wäre es aus verschiedenen Gründen unzulässig, angesichts dieser unerwarteten Resultate grundsätzlich am Sinn des Kennzeichnungsgebots zu zweifeln.
Bei den meisten ausgewählten Beispielen standen Produkte oder Dienstleistungen
inhaltlich eindeutig im Vordergrund. Eine werbliche Absicht zu unterstellen, lag
aufgrund der Fokussierung auf bestimmte Produkte bzw. Dienstleistungen – die
zudem nur positiv dargestellt wurden – nahe. Darüber hinaus war der werbliche
Charakter bei der Mehrzahl der Product-Placement-Beispiele deutlich: Die Hinweise
auf die Hersteller der Küchenausstattung waren äußerst plakativ angebracht, direkte
Zooms auf die Produkte bzw. mehrfache verbale Nennungen waren auffällig und
wirkten alles andere als unbeabsichtigt.
9
10
Vgl. dazu auch Woelke, Jens (2004): Durch Rezeption zur Werbung. Kommunikative Abgrenzung von
Fernsehgattungen. Köln.
Der Grad der zugeschriebenen Beeinflussung wurde mit der Frage „Warum, glauben Sie, war in der
Sendung X ein Beitrag über Y zu sehen?“ erfasst. Den Probanden wurden zu dieser Frage mehrere
Antworten wie „Um auf Y aufmerksam zu machen“ oder „Um die Zuschauer von der Qualität von Y
zu überzeugen“ vorgegeben, denen sie auf einer Skala von 1 („stimme voll und ganz zu“) bis 5 („stimme überhaupt nicht zu“) zustimmen konnten. Um die Befragten vom Forschungsinteresse abzulenken,
wurden parallel dazu „neutrale“ Items wie „Um den Zuschauern Gesprächsstoff zu liefern“ oder „Um
die Zuschauer zu unterhalten“ vorgelegt, die nicht auf die Messung von Beeinflussungs- bzw. Werbeabsicht schließen ließen. Zusätzlich wurde auf einer fünfstufigen Skala abgefragt, wie kommerziell die
Probanden den jeweiligen Beitrag bewerteten und inwieweit er „Werbecharakter“ aufweist.
PROGRAMMDISKURS • WERBEFORMEN IN DER ZUSCHAUERWAHRNEHMUNG
176
Das einzige Beispiel, in dem die werbliche Botschaft weniger offensichtlich
kommuniziert wurde, war die Platzierung der Bierflaschen der Marke „Beck’s“ in
einer Sequenz aus dem Spielfilm „Herr Lehmann“. Hier stand das Bier nie im Vordergrund der Handlung, sondern war immer nur unaufdringlich im Bild zu sehen.
Im Unterschied zu den anderen Beispielen erfolgte die Platzierung also dezent. Da
das Bier im Kontext der Handlung des Spielfilmausschnitts keine relevante Rolle
spielte und an keiner Stelle darauf eingegangen wurde, wirkte seine Präsenz im Bild
vergleichsweise absichtslos. Vor diesem Hintergrund wird erklärbar, dass dieses
Beispiel das einzige war, dem die Gruppen mit einer Werbekennzeichnung einen
deutlich stärkeren Werbecharakter zuschrieben als die Gruppe, die den Filmausschnitt ohne Kennzeichnung sah.
Mit anderen Worten: Deutlich und plakativ angebrachte Produktplatzierungen
(„selbsterklärende Placements“) werden von den meisten Zuschauern in ihrer werblichen Intention registriert, unabhängig davon, ob die Sendung in irgendeiner Art
und Weise Werbekennzeichnungen enthält. Auch die Durchdringung eines Beitrags
mit stark persuasiven Elementen (PR oder Werbung) in Informations- bzw. Ratgebersendungen wird von einem Großteil der Zuschauer – unabhängig von einer vorhandenen Kennzeichnung – erkannt. Dagegen werden beiläufige Placements, die in
eine fiktionale Spielhandlung eingebaut sind, ohne eine Kennzeichnung von den
meisten Zuschauern nicht als solche wahrgenommen. Eine Kennzeichnung erhöht
in diesem Fall das Erkennen von Placements.
Diese Ausnahme schränkt die zunächst naheliegende Generalisierung ein, Zuschauer würden Werbung auch ohne besondere Kennzeichnung von redaktionellem
Programm unterscheiden können. Dies ist insofern von besonderem Interesse, als
die Mehrzahl der Produktplatzierungen in fiktionalen Produktionen zu finden ist.
Auf ebensolche fiktionalen Filme und Fernsehserien, in denen sich Markennamen
scheinbar beiläufig einflechten und platzieren lassen, zielt auch die neugefasste AVRichtlinie ab, die Product-Placement in „Kinofilmen, Filmen und Serien für audiovisuelle Mediendienste, Sportsendungen und Sendungen der leichten Unterhaltung“11
erlauben will. Generell gilt, dass formal höher gebildete Zuschauer die werbliche
Intention eines persuasiven Beitrags – unabhängig von der Kennzeichnung – häufiger erfassen als formal niedrig Gebildete.
Einfluss unterschiedlicher Kennzeichnungen
Wie beschrieben wurde in der experimentellen Untersuchung verschiedenen Gruppen jeweils ein identischer persuasiver Beitrag gezeigt, der in jeder Versuchsgruppe
eine andere Kennzeichnungsvariante hatte. Hinter diesem Experimentaldesign stand
die Überlegung, dass unterschiedliche Kennzeichnungen Einfluss auf das Erkennen
des werblichen Charakters eines Beitrags haben würden. So sollte ermittelt werden,
welche Form der Werbekennzeichnung die Zuschauer besonders darin unterstützt,
werbliche Botschaften von redaktionellem Programm abzugrenzen.
11
AV-Richtlinie, S. 41.
PROGRAMMDISKURS • WERBEFORMEN IN DER ZUSCHAUERWAHRNEHMUNG
177
Die Ergebnisse zeigten allerdings, dass viele Probanden die meisten Experimentalbeispiele auch ohne Kennzeichnung als persuasiv einstuften. Dies erschwerte
die Messbarkeit des Einflusses unterschiedlicher Kennzeichnungen. Aus diesem
Grund wurde ein weiteres Experiment durchgeführt, dass sich ausschließlich auf die
Wirksamkeit verschiedener Kennzeichnungsoptionen richtete. Entsprechend der
lange Zeit zwischen Veranstaltern und Regulierern strittigen Bezeichnungsoption für
die Werbeform „Infomercial“ („Dauerwerbesendung“ vs. „Promotion“ etc.) wurde
das Experiment auf diese Varianten ausgerichtet.12 Insgesamt 30 Probanden13 wurde
jeweils einzeln ein Infomercial-Beispiel vorgeführt. Der Beitrag lag in drei Varianten
mit den Kennzeichnungsoptionen „Dauerwerbesendung“, „Imagefilm“ sowie
„Promotion“ vor, die während der gesamten Dauer des Werbefilms am oberen
Bildschirmrand eingeblendet waren. Jeweils zehn Probanden bekamen eine der beschriebenen Varianten vorgeführt. Es lagen damit drei gleich große Experimentalgruppen vor, die bezüglich Geschlecht, Alter und Bildungsgrad annähernd identisch
besetzt waren. Nach der Präsentation wurden die Versuchspersonen in einem mündlichen Interview offen nach ihrem Rezeptionseindruck befragt.
Diese eher qualitative Teilstudie ergab, dass die Kennzeichnung „Dauerwerbesendung“ von den Zuschauern am ehesten mit Werbung in Verbindung gebracht
wird. Dagegen bestehen zu „Imagefilm“ oder „Promotion“ häufig keine bzw. falsche
Assoziationen. Insgesamt ist hervorzuheben, dass sich die Kennzeichnung von Infomercials mit einer klaren, aussagekräftigen Einblendung als sinnvoll und zweckmäßig erwiesen hat. Der Begriff „Dauerwerbesendung“ ist in diesem Zusammenhang als Kennzeichnung – aufgrund seiner stärkeren Begriffsklarheit und größeren
Verständlichkeit – deutlich besser geeignet als die Termini „Imagefilm“ oder „Promotion“. Selbst wenn viele Zuschauer angeben, den werblichen Charakter auch
anhand inhaltlicher Merkmale erkannt zu haben, erfüllt ein eingeblendeter Hinweis
die Funktion, diesen „Werbeverdacht“ zu bestätigen (Validierungsfunktion). Außerdem ist insbesondere der Schriftzug „Dauerwerbesendung“ geeignet, die Zuschauer
dahingehend zu sensibilisieren, den Inhalt kritischer wahrzunehmen und aufmerksamer auf persuasive Elemente zu achten. Bei den Einblendungen „Imagefilm“ und
„Promotion“ fällt dieser Sensibilisierungseffekt deutlich geringer aus. Auch das
spricht dafür, an der Kennzeichnungsvariante „Dauerwerbesendung“ festzuhalten.
Anzumerken bleibt (dies zeichnete sich bereits im ersten Teilexperiment ab),
dass es eine Minderheit von Zuschauern zu geben scheint (tendenziell mit formal
niedriger Bildung), die programmähnliche Werbebeiträge selbst mit eindeutiger
Kennzeichnung nicht als solche erkennt. Ob dies daran liegt, dass die Kennzeichnung nicht erkannt oder nicht verstanden wird, kann an dieser Stelle nicht beantwor12
13
Im Mai 2008 entschied das Verwaltungsgericht Berlin, dass die Kennzeichnung der vom Sender
ProSieben ausgestrahlten Dauerwerbesendung „Meine Quelle“ mit „Quelle-Promotion“ gegen die
Kennzeichnungspflicht verstößt. Der Begriff „Promotion“ stelle keinen hinreichenden Hinweis dar, um
den Werbecharakter der Sendung zu verdeutlichen. Vgl. VG Berlin, Az. VG 27 A 37.08.
Die Versuchspersonen wurden vollständig neu rekrutiert, sodass an diesem zweiten Experiment kein
Proband teilnahm, der bereits am ersten beteiligt war.
PROGRAMMDISKURS • WERBEFORMEN IN DER ZUSCHAUERWAHRNEHMUNG
178
tet werden. Sicher scheint jedoch zu sein, dass es eine Teilmenge von Zuschauern
gibt, deren Medien- bzw. Werbekompetenz extrem gering ist. Solchen Zuschauern
ist allerdings auch nicht mit einer der üblichen Kennzeichnungsvarianten gedient, da
ihre Funktion nicht erkannt bzw. ihr Hinweischarakter nicht apperzipiert wird. Der
Anteil dieser Zuschauer an der Grundgesamtheit aller Zuschauer konnte im Kontext
der bisherigen Untersuchung nicht quantifiziert werden.
4. Konsequenzen für die Werberegulierung
4.1 Die Umsetzung der AV-Richtlinie in deutsches Recht
Der deutsche Gesetzgeber ist bei der Ausformulierung der Werberegulierung an
europarechtliche und verfassungsrechtliche Vorgaben gebunden. Aus der AV-Richtlinie erfolgt keine Pflicht der Mitgliedstaaten, Produktplatzierungen in ihrer Rundfunkgesetzgebung zuzulassen. Der deutsche Normgeber hat sich jedoch – wie der
vorliegende Entwurf des Dreizehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrags zeigt –
entschlossen, die Liberalisierungen der AV-Richtlinie in der deutschen Rundfunkgesetzgebung weitgehend nachzuvollziehen. Demnach werden nach Inkrafttreten des
Dreizehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrags in Fernsehproduktionen privater Veranstalter Produktplatzierungen gegen Entgelt zulässig sein, wobei eine Kennzeichnung „zu Beginn und zum Ende einer Sendung sowie bei deren Fortsetzung nach
einer Werbeunterbrechung“14 zu erfolgen hat. Die konkrete Ausgestaltung der
Kennzeichnung wird über eine noch zu erlassende Richtlinie geregelt.
Die skizzierten empirischen Befunde stützen die Annahmen der Europäischen
Kommission, die bei der Entstehung der Richtlinie davon ausging, dass Produktplatzierungen zum Alltag in audiovisuellen Medienproduktionen gehörten und die Zuschauer sie vor allem aus amerikanischen Produktionen gewohnt seien.15
Die in der AV-Richtlinie vorgesehene Kennzeichnung ist insbesondere in Filmen und Serien notwendig, in denen beiläufige, in die Spielhandlung eingebaute
Platzierungen ohne Kennzeichnung von den meisten Zuschauern nicht erkannt
werden. Da ein Großteil der Zuschauer deutlich und plakativ angebrachte Produktplatzierungen in ihrer werblichen Intention wahrnimmt und in diesem Fall die
Kennzeichnung lediglich einer (nichtsdestoweniger vom Rezipienten gewünschten)
Validierung dieser Wahrnehmung dient, ist die eher liberal ausgestaltete Pflicht einer
Kennzeichnung zu Beginn, am Ende und nach jeder Werbeunterbrechung grundsätzlich angemessen. Konkret gilt es, eine Kennzeichnungsform zu entwickeln, die
sicherstellt, dass sie von den Zuschauern auch registriert wird. Dies würde dem
Transparenzgebot Rechnung tragen und das Irreführungspotenzial beiläufiger, in
eine fiktionale Spielhandlung eingebauter Placements begrenzen. Dazu gehört neben
einer angemessenen Länge des optischen Hinweises eine Unterstützung durch ein akusti-
14
15
§ 7 Abs. 7 Satz 6 RStV im Entwurf des Dreizehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrages von 2009.
Vgl. Erwägungsgrund 61 der AV-Richtlinie.
PROGRAMMDISKURS • WERBEFORMEN IN DER ZUSCHAUERWAHRNEHMUNG
179
sches Signal. In Betracht zu ziehen ist darüber hinaus auch ein dauerhafter Hinweis während des Vor- und Abspanns.
Für „Dauerwerbesendungen“ eigenen sich im deutschen Sprachraum offenbar
keine alternativen Bezeichnungen wie z.B. „Promotion“. Eine eindeutige, für die
Mehrheit der Zuschauer klar interpretierbare Kennzeichnung erfolgt allein durch
den Begriff „Dauerwerbesendung“.
4.2 Perspektiven zukünftiger Werberegulierung unter den Bedingungen
der Medienkonvergenz
Die Geschwindigkeit, mit der das digitale Fernsehzeitalter hereinbricht, lässt weder
der Branche noch der Medienpolitik und dem Medienrecht viel Zeit, um hierauf
angemessen zu reagieren. Vor diesem Hintergrund werden nachfolgend einige Reflexionen über die Perspektiven einer zukünftigen Werberegulierung angestellt. Die
Novelle der AV-Richtlinie ist hier insofern richtungsweisend, als sie den Begriff der
„audiovisuellen kommerziellen Kommunikation“ als Kategorie einführt und sich
somit nicht mehr nur auf den klassischen Rundfunk bezieht. Zugleich dürfte aber
die in der Richtlinie vorgenommene unterschiedliche Regelungsdichte für Fernsehsendungen einerseits und auf Abruf bereitgestellte audiovisuelle Mediendienste andererseits nicht lange Bestand haben, denn „the future of television is on demand“16.
Zumindest in der Fernsehbranche selbst ist vielen Verantwortlichen klar, dass diese
Zukunft bereits begonnen hat.17 Der Fernsehmarkt befindet sich technologisch und
strukturell in einem großen Veränderungsprozess, dessen Eigendynamik sich nur
schwer einschätzen lässt. Insofern dürften alle Regelungen, die sich gegenwärtig
hierauf beziehen, nur eine geringe Halbwertzeit haben. In groben Umrissen lassen
sich derzeit drei Faktoren erkennen, die mittelfristig den Fernsehmarkt grundlegend
verändern werden: Neue Distributionswege für klassische Fernsehsendungen via IPTV
und Web-TV, neue Aggregatformen der Inhalte (z.B. serverbasiertes Time Shifted TV)
und branchenfremde Akteure auf Seiten der Anbieter.
In dem skizzierten Veränderungsprozess lässt sich jedoch eine Konstante erkennen: Technologisch ist der Backbone dieser Entwicklung das World Wide Web
(kurz Web18). Der Innovationsschub und die Verwerfungen, die sich derzeit bei allen
traditionellen Massenmedien von der Presse über den Hörfunk bis zum Fernsehen
vollziehen, stehen immer im ursächlichen Zusammenhang mit deren Konvergenz im
Web. Man kann die völlig neuen medialen Konstellationen, die sich aus der Konver16
17
18
Zitiert nach Schächter, Markus (2006): Die digitale Zukunft des ZDF. Herausforderungen und Strategien. Vorlage an den Fernsehrat FR 1-1/06. URL: http://www.unternehmen.zdf.de/uploads/media/
Die_digitale_Zukunft_des_ZDF_-_Herausforderungen_und_Strategien-_Ergaenzung.pdf [1.12.2008],
S.14. Dieses Zitat wird hier und an vielen Stellen dem Generaldirektor der BBC, Mark Thompson, zugeschrieben. Trotz intensiver Recherche konnte er jedoch nicht eindeutig als Urheber ermittelt werden.
Vgl. hierzu beispielhaft die Strategiepapiere des ZDF, u.a. Schächter 2006.
Das World Wide Web (Web) ist vom Internet klar zu unterscheiden; letzteres bietet lediglich die technische Infrastruktur für das Web. Im allgemeinen Sprachgebrauch und (leider) auch in der Medienpolitik
wird jedoch häufig und begriffsunscharf vom Internet gesprochen, wenn das Web gemeint ist.
PROGRAMMDISKURS • WERBEFORMEN IN DER ZUSCHAUERWAHRNEHMUNG
180
genz herkömmlicher Medien mit dem Web ergeben, nicht mehr, wie dies häufig
geschieht,19 mit dem begrifflichen Instrumentarium aus den Anfängen des vorigen
Jahrhunderts fassen. Dies ist vor allem darin begründet, dass dem Web eine Zuordnung als (neuem) Einzelmedium abzusprechen ist: Das Web verfügt vielmehr über
Eigenschaften, Strukturen, Inhalte und Organisationsformen, die sich nicht unter
das Repertoire der traditionellen Medien subsumieren lassen. Vor allem fehlt ihm als
Ganzes eine institutionalisierte Medienorganisation. Andererseits ist das Web auch
deutlich mehr als eine rein technische Plattform.20 Aus den hieraus resultierenden
weitreichenden Konsequenzen sind alle bisherigen Versuche gescheitert, die klassischen Grundkonstanten medialer Kommunikation (Produktion, Distribution und
Rezeption) mutatis mutandis auf das Web zu übertragen. Dieses Scheitern gilt nicht
zuletzt für die Medien- und Kommunikationswissenschaft, die begrifflich und methodisch den bislang dominierenden Massenmedien verhaftet ist.21
Wenn sich neuartige Webangebotsformen mit traditionellen Medienangeboten
technisch und inhaltlich verschränken, ist eine eindeutige medienspezifische Zuordnung kaum noch möglich. Vor diesem Hintergrund ist der Versuch einer Differenzierung in Rundfunk einerseits und Telemedien andererseits ebenso als Übergangslösung anzusehen wie es diejenige für Teledienste und Mediendienste war.22 Auch
die oben angesprochenen Gleichungen: lineares Angebot = Fernsehen, nicht lineares
Angebot = kein Fernsehen greifen zu kurz. Ein TV-Beitrag bleibt auch dann ein
TV-Beitrag, wenn er zeitversetzt auf den Bildschirm kommt.23
Es muss derzeit offen bleiben, wie die im Konvergenzmedium angebotenen
audiovisuellen Kommunikationsinhalte (ob sie nun On-Demand oder per Stream
distribuiert werden) zu fassen sind. Hier eröffnet sich ein weites Feld für begriffliche
Anstrengungen und Regelungsszenarien. In der damit einhergehenden Diskussion
lassen sich zwei Grundpositionen erkennen: diejenige der Rundfunkregulierer, die
bemüht sind, möglichst viele Erscheinungsformen unter die Regelungen des Rund19
20
21
22
23
Polemisch haben sich Hachmeister u.a. hierzu folgendermaßen geäußert: „‚Rundfunk‘ wird als medienpolitisches Ordnungsfeld bald so bedeutsam sein wie die Verwaltung der illyrischen Provinzen im
19. Jahrhundert. Mit immer hektischeren Anbauten an den ursprünglichen ‚Rundfunkstaatsvertrag‘ von
1991 ist fast nichts mehr zu regeln.“ Hachmeister, Lutz/Kai Burkhardt/Claudia Huber/Gisela
Schmalz/Stephan Weichert (2008): Es rappelt in der Kiste. Thesen zu einer neuen Medienpolitik. In:
Süddeutsche Zeitung vom 16.7.2008.
Siehe zum Web und seiner Definition als Medium Scherfer, Konrad (2008): Ist das Web ein Medium?
In: Scherfer, Konrad (Hrsg.): Webwissenschaft – Eine Einführung. Berlin, S. 10-30.
Vgl. Neuberger, Christoph (2008): Internet und Journalismusforschung. Theoretische Neujustierung
und Forschungsagenda. In: Quandt, Thorsten/Wolfgang Schweiger (Hrsg.): Journalismus online – Partizipation oder Profession. Wiesbaden, S. 17-42, hier S. 18; insbesondere auch Volpers, Helmut (2008):
Warum und zu welchem Zweck benötigen wir eine Webwissenschaft? In: Scherfer, Konrad (Hrsg.):
Webwissenschaft – Eine Einführung. Berlin, S. 31-51.
Zur „unglücklichen“ Aufteilung in Teledienste und Mediendienste vgl. Holznagel, Bernd/Thorsten
Ricke (2008): Das Web und das Medienrecht. In: Scherfer, Konrad (Hrsg.): Webwissenschaft – Eine
Einführung. Berlin, S. 251-267, hier S. 253.
Vgl. Kettering, Emil (2006): Das ZDF unterwegs ins digitale TV-Zeitalter. Herausforderungen und
Strategien, S. 5. URL: http://far.wu-wien.ac.at/Das%20ZDF%20unterwegs%20ins%20digitale%20TVZeitalter.pdf [30.11.2008].
PROGRAMMDISKURS • WERBEFORMEN IN DER ZUSCHAUERWAHRNEHMUNG
181
funks zu subsumieren, und diejenige der Content-Produzenten, die ebendies abwehren, um größere Freiräume zu erhalten.
Erschwert wird die Zuordnung neuer Angebote durch eine im Web auf allen
Ebenen anzutreffende Hybridisierung. Im Web verschwinden die Unterschiede
zwischen professionellen und laienhaften Angeboten, Journalismus und Werbung
sowie Public Relations und Marketing in bisher nicht gekanntem Maße.
Für die breite Palette der audiovisuellen kommerziellen Kommunikationsangebote im Web bestehen bisher kaum medienrechtliche Regelungen. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Bedeutung des Webs für die öffentliche Kommunikation
wird mittelfristig kaum zu begründen sein, warum der relativen Werberegelungsdichte im Rundfunk ein nicht geregelter Sektor im Web gegenübersteht. Dieser „Widerspruch“ wird auch durch die neue AV-Richtlinie der EU-Kommission nicht aufgelöst. Perspektivisch wird es in naher Zukunft darum gehen, die neuen Werbeformen
im Web und insbesondere ihre Verschränkung mit dem traditionellen Rundfunk
empirisch aufzuarbeiten. Sodann wäre zu analysieren, inwiefern das geltende Wirtschaftsrecht in der Lage ist, die Rechte der Mediennutzer angemessen zu schützen.
Zudem wäre zu ermitteln, ob und inwiefern sich der Einfluss des Kommerzes auf
die medialen Inhalte weiter ausdehnt. Hierbei müsste auch geklärt werden, ob der
Veranstalterbegriff in den konvergenten Medien noch ein sinnvoller Anknüpfungspunkt für rechtliche Regelungen sein kann.
Literatur
Gabler, Siegfried/Sabine Häder (1998): Ein neues Stichprobendesign für telefonische Umfragen in Deutschland. In: Gabler, Siegfried/Sabine Häder/Jürgen
Hoffmeyer-Zlotnik (Hrsg.): Telefonstichproben in Deutschland. Opladen, S. 69-88.
Hachmeister, Lutz/Kai Burkhardt/Claudia Huber/Gisela Schmalz/Stephan Weichert (2008): Es rappelt in der Kiste. Thesen zu einer neuen Medienpolitik. In:
Süddeutsche Zeitung vom 16.7.2008.
Häder, Sabine (2000): Telefonstichproben, ZUMA How-to-Reihe, Nr. 6. URL:
http://www.gesis.org/Publikationen/berichte/ZUMA_How_to/Dokumente/
pdf/how-to6sh.pdf [1.7.2008].
Holznagel, Bernd/Thorsten Ricke (2008): Das Web und das Medienrecht. In: Scherfer, Konrad (Hrsg.): Webwissenschaft – Eine Einführung. Berlin, S. 251-267.
Kettering, Emil (2006): Das ZDF unterwegs ins digitale TV-Zeitalter. Herausforderungen und Strategien. URL: http://far.wu-wien.ac.at/Das%20ZDF%20unter
wegs%20ins%20digitale%20TV-Zeitalter.pdf [30.11.2008].
Ladeur, Karl-Heinz (1999): Neue Werbeformen und der Grundsatz der Trennung
von Werbung und Programm. Virtuelle Werbung, Split Screen und Vernetzung
von Medien als Herausforderung der Rundfunkregulierung. In: Zeitschrift für
Urheber- und Medienrecht, Heft 10, S. 672-682.
PROGRAMMDISKURS • WERBEFORMEN IN DER ZUSCHAUERWAHRNEHMUNG
182
Neuberger, Christoph (2008): Internet und Journalismusforschung. Theoretische
Neujustierung und Forschungsagenda. In: Quandt, Thorsten/Wolfgang Schweiger (Hrsg.): Journalismus online – Partizipation oder Profession. Wiesbaden,
S. 17-42.
Schächter, Markus (2006): Die digitale Zukunft des ZDF. Herausforderungen und
Strategien. Vorlage an den Fernsehrat FR 1-1/06. URL: http://www.unter
nehmen.zdf.de/uploads/media/Die_digitale_Zukunft_des_ZDF_-_Herausforde
rungen_und_Strategien-_Ergaenzung.pdf [1.12.2008].
Scherfer, Konrad (2008): Ist das Web ein Medium? In: Scherfer, Konrad (Hrsg.):
Webwissenschaft – Eine Einführung. Berlin, S. 10-30.
Volpers, Helmut (2008): Warum und zu welchem Zweck benötigen wir eine Webwissenschaft? In: Scherfer, Konrad (Hrsg.): Webwissenschaft – Eine Einführung.
Berlin, S. 31-51.
Volpers, Helmut/Uli Bernhard/Detlef Schnier (2008): Public Relations und werbliche Erscheinungsformen im Fernsehen. Eine Typologisierung persuasiver
Kommunikationsangebote des Fernsehens. Berlin (Schriftenreihe Medienforschung der LfM Nordrhein-Westfalen; Bd. 61).
Volpers, Helmut/Bernd Holznagel (2009): Trennung von Werbung und Programm
im Fernsehen. Zuschauerwahrnehmung und Regulierungsoptionen. Berlin
(Schriftenreihe der MA HSH; Bd. 2).
Volpers, Helmut/Uli Bernhard/Detlef Schnier (2009): Werbung und Public Relations im redaktionellen Fernsehprogramm. Eine Bestandsaufnahme. In: ALM
Programmbericht 2008, S. 99-114.
Woelke, Jens (2004): Durch Rezeption zur Werbung. Kommunikative Abgrenzung
von Fernsehgattungen. Köln.
PROGRAMMAUFSICHT
PROGRAMMDISKURS • DER ZAK-BEAUFTRAGTE FÜR PROGRAMM UND WERBUNG
185
Der ZAK-Beauftragte für
Programm und Werbung*
Die Gemeinsame Stelle Programm, Werbung und Medienkompetenz (GSPWM) hat
– unter dieser Bezeichnung – bis zum 31. August 2008 unter dem Vorsitz von Prof.
Dr. Norbert Schneider (Direktor der LfM) die ihr obliegenden Aufgaben nach der
bis zu diesem Datum geltenden Rechtslage wahrgenommen. Seit dem 1. September
2008, dem Inkrafttreten des novellierten Rundfunkstaatsvertrags, ergab sich aus der
organisatorischen Neuausrichtung der Zusammenarbeit der Landesmedienanstalten
auch für die frühere Gemeinsame Stelle eine Veränderung.
Die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) setzt sich seit dem 1. September 2008, entsprechend der neuen rundfunkstaatsvertraglichen Regelungen, aus
den gesetzlichen Vertretern (Direktoren, Präsidenten) der 14 Landesmedienanstalten
zusammen. Der Direktor der geschäftsführenden Anstalt hat seit diesem Zeitpunkt
auch den Vorsitz der ZAK inne. Seit dem 1. September 2008 ist dementsprechend
Thomas Langheinrich, der Vorsitzende der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) und Präsident der Landesanstalt für Kommunikation BadenWürttemberg (LFK), auch Vorsitzender der ZAK. Die ZAK greift zur Erfüllung
ihrer Aufgaben und zur Vorbereitung ihrer Entscheidungen wiederum auf zwei
Beauftragte zurück: den Beauftragten für Programm und Werbung und den Beauftragten für Fragen des digitalen Zugangs. Als Beauftragter für die Fragen rund um
Zulassungen, Programm und Werbung wurde von der ZAK Prof. Dr. Norbert
Schneider gewählt (Geschäftsstelle: c/o Landesanstalt für Medien NRW, Zollhof 2,
40221 Düsseldorf, Tel.: 0211/77007-135, www.programm-werbung.de, programm@
alm-zak.de).
Ein wichtiger Aufgabenbereich des Beauftragten der ZAK bzw. ehemals der
GSPWM sind die Vorbereitungen im Zusammenhang mit bundesweiten Rundfunkzulassungen. Während die GSPWM und letztlich auch die DLM noch lediglich
Empfehlungen über eine Zulassung für die Lizenzanstalten aussprachen, fällt die
ZAK hierüber verbindliche Entscheidungen. Dies geschieht durch von ihm eingesetzte Prüfgruppen, die aus Fachreferenten der Medienanstalten bestehen, die die
Zulassungs- und Aufsichtsfälle vorprüfen und Empfehlungen für die ZAK-Entscheidung geben. Wie vormals die GSPWM befasst sich auch der Beauftragte mit
Fragen der Abgrenzung von Rundfunkangeboten und Telemedien.
*
ZAK = Kommission für Zulassung und Aufsicht.
PROGRAMMDISKURS • DER ZAK-BEAUFTRAGTE FÜR PROGRAMM UND WERBUNG
186
Im Jahre 2008 hat die GSPWM bzw. in ihrer Nachfolge der Beauftragte für
Programm und Werbung 30 neue Anträge für Rundfunkangebote und neun Anträge
über Unbedenklichkeitsbescheinigungen für Telemedien bearbeitet (zum Vergleich:
Im Jahr 2007 gab es 59 Anträge, davon 31 TV-Programme und 25 Telemedien).
Zudem hat sich der ZAK-Beauftragte erstmals mit zwei Fällen der Änderung der
Inhaber- und Beteiligungsverhältnisse bei TV-Sendern beschäftigt.
Erst zum zweiten Mal seit Bestehen der Landesmedienanstalten musste einem
Rundfunkveranstalter die Zulassung für zwei Programme aberkannt werden. Hierbei
handelt es sich um die türkischsprachigen Programme Kanal 7 INT und tvt des
Veranstalters Euro 7 Fernseh- und Marketing GmbH. In den vergangenen Jahren
zeichnete sich immer deutlicher ein Trend zu Spartenkanälen ab, also zu Rundfunkprogrammen mit insgesamt im Wesentlichen gleichartigen Inhalten. Inhaltliche
Schwerpunkte solcher Spartenkanäle sind beispielsweise Unterhaltung oder Information. Die Abgrenzung sog. „Vollprogramme“, die inhaltlich vielfältigeren Anforderungen genügen müssen (z.B. einen gewissen Anteil an Nachrichten bzw. Informationen
haben sollen), von diesen Spartenkanälen wird in der Praxis jedoch immer schwieriger.
Ebenfalls im Jahre 2008 entwickelte der Beauftragte für Programm und Werbung gemeinsam mit den Fachreferenten der Landesmedienanstalten eine Satzung
für Gewinnspiele. Der Bedarf einer entsprechenden Satzung ergab sich nach einer
langen Debatte rund um sog. „Call-In-Formate“. Nach weitgehend ergebnislosen
Bemühungen um freiwillige Vereinbarungen hatten die Landesmedienanstalten den
Gesetzgeber um eine rechtliche Grundlage für eine Satzung zu diesen Fragen ersucht. Mit Inkrafttreten des 10. Rundfunkänderungsstaatsvertrags am 1. September
2008 erhielt die ZAK die rechtliche Grundlage hierzu.
Ein wichtiges Problemfeld, das die GSPWM bzw. der Beauftragte für Programm und Werbung im Jahre 2008 zu bearbeiten hatte, waren in diesem Zusammenhang die Gewinnspielsendungen und die Einzelgewinnspiele in Hörfunk und
Fernsehen. Immer wieder wurde anhand von Einzelfällen debattiert, dass Gewinnspiele im Fernsehen und im Hörfunk klare, für die Nutzer nachvollziehbare und
verständliche Regeln haben müssen und die Transparenz der Durchführung verbessert werden muss. Im Zusammenhang mit der Entwicklung der Gewinnspielsatzung
wurde seitens des Beauftragten für Programm und Werbung ein Gutachten zu Geschäftsmodellen und technischen Hintergründen von Call-In-Gewinnspielen in Auftrag gegeben.
Unmittelbar nach Inkrafttreten der von den Landesmedienanstalten verabschiedeten Gewinnspielsatzung im Februar 2009 wurden zwei Verstöße beanstandet
sowie beschlossen, Beanstandungsverfahren gegen fünf Sender wegen zahlreicher
Verstöße gegen einzelne Inhalte der Gewinnspielsatzung und der Nichtbeachtung
der 50-Cent-Entgeltgrenze bei Teilnahme über die Mobilfunknetze einzuleiten.
Dabei wurde auch die Einleitung von Ordnungswidrigkeitenverfahren beschlossen,
die dann im Sommer 2009 durchgeführt wurden. Im Herbst 2009 gab es zahlreiche
weitere Beanstandungs- und Bußgeldverfahren wegen weiterer Verstöße von Gewinnspielsendern gegen die Satzung.
PROGRAMMDISKURS • DER ZAK-BEAUFTRAGTE FÜR PROGRAMM UND WERBUNG
187
Neben den Gewinnspielen waren ein weiterer Schwerpunkt der Programmaufsicht erneut die Programme sog. „Beratungssender“ – Angebote, die meist im esoterischen Bereich angesiedelt sind und für sich beanspruchen, Hilfestellungen zu vielen
Lebenssituationen bieten zu wollen. Als Ergebnis der Diskussionen werden zwischenzeitlich einige der als besonders fragwürdig eingestuften Formate nicht mehr
ausgestrahlt. Mit dem größten Veranstalter in diesem Segment, Astro TV, wurde für
eine Reihe von kritischen Punkten in der Praxis dieses Anbieters eine Selbstverpflichtung vereinbart, deren Einhaltung demnächst erneut überprüft werden soll.
Dem grenzüberschreitenden Beratungsangebot Kanal Telemedial wurde nach Gesprächen der deutschen Landesmedienanstalten mit der österreichischen Medienaufsicht von dieser die Zulassung entzogen.
Schließlich hat der Beauftragte für Programm und Werbung im Rahmen der
Programmaufsicht auf die Rolle der Landesmedienanstalten hinsichtlich der Programmqualität hingewiesen. Er hat Anfang 2009 eine gesellschaftliche Diskussion
darüber angestoßen, auf welche Weise Formaten wie „Frauentausch“ im Programm
des Veranstalters RTL II und „Erwachsen auf Probe“ im Programm des Veranstalters RTL begegnet werden könne. Innerhalb dieser Debatte wies der ZAKBeauftragte, Prof. Dr. Norbert Schneider, auf die ethischen Verpflichtungen der
Veranstalter und zugleich auf den möglichen Einfluss der Zuschauerinnen und Zuschauer auf die Programmqualität hin.
Dem ZAK-Beauftragten obliegt zudem im Rahmen der Aufsichtsarbeit die
Kontrolle der Werbung der privaten Fernsehveranstalter. Dabei war ein leichter
Anstieg der problematischen Fälle im Vergleich zum Vorjahr zu beobachten. So
prüfte die GSPWM bzw. der Beauftragte für Programm und Werbung im Jahr 2008
in 73 Fällen, ob Verstöße gegen die Werbe- und Sponsoringregelungen des Rundfunkstaatsvertrags vorlagen. In 52 Fällen (2007: 43 Fälle) wurde der jeweiligen lizenzgebenden Medienanstalt empfohlen, rechtsaufsichtlich tätig zu werden bzw. ein
Verfahren einzuleiten. Auch hinsichtlich der Werbeaufsicht setzt der Beauftrage
Prüfgruppen ein, die aus Fachreferenten der Medienanstalten zusammengesetzt sind.
Deren Empfehlungen bereiten die ZAK-Entscheidungen vor. Sofern gegen Beanstandungsbescheide der Lizenzanstalten durch die Veranstalter geklagt wurde, entschieden die Gerichte zugunsten der Landesmedienanstalten: So wurde die Praxis
einiger Veranstalter, Dauerwerbesendungen mit dem Begriff „Promotion“ zu kennzeichnen, von den Gerichten als rechtlich unzulässig bewertet. Sowohl die von ProSieben ausgestrahlte „WOK WM“, bei der zahlreiche Markennamen prominent ins
Bild gesetzt wurden, als auch die Sat.1-Show „Jetzt geht’s um die Eier! Die große
Promi-Oster-Show“ sahen das Verwaltungsgericht Berlin und das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz als nicht vereinbar mit den werberechtlichen Vorgaben an.
Schließlich wurden in Form einer Stichprobenuntersuchung zwei Programmanalysen durchgeführt, zu den Themen Sponsoring und Werbeunterbrechungen und
zum Schwerpunktthema Formate. Ziel der Programmanalysen war es, einen Überblick über mögliche Werbeverstöße in bundesweit verbreiteten privaten TVProgrammen zu erhalten und auf dieser Grundlage eine einheitliche Auslegung und
PROGRAMMDISKURS • DER ZAK-BEAUFTRAGTE FÜR PROGRAMM UND WERBUNG
188
Anwendung der werberechtlichen Regelungen des Rundfunkstaatsvertrags und der
gemeinsamen Werberichtlinien der Landesmedienanstalten zu gewährleisten.
Während die Untersuchung zum Sponsoring eine quantitative und qualitative
Bestandsaufnahme dieser Sonderwerbeform lieferte, standen bei der Formatanalyse
solche Sendeformate im Fokus, die aufgrund vorheriger Untersuchungen werberechtlich auffällig oder die aktuell ins Programm aufgenommen worden waren und
daher einer Überprüfung unterzogen werden sollten. In Fällen, in denen ein begründeter Anfangsverdacht gegeben war, wurden von den Lizenzanstalten Anhörungen
der Veranstalter durchgeführt. Positiv zu vermerken ist, dass die ZAK neben einigen
werberechtlichen Hinweisen an die Veranstalter nur in einem Fall eine Beanstandung
beschließen musste.
Neben ihrer Prüfarbeit führten die GSPWM bzw. der Beauftragte für Programm und Werbung im Jahre 2008 drei Veranstaltungen zu den Themen: „Rundfunk in Zeiten des Netzes“, „Spot & Co. – Welchen Finanzierungsmöglichkeiten des
privaten Rundfunks gehört die Zukunft?“ und „Virtuelle Welten – Reale Produkte:
Formen und Möglichkeiten von In-Game Advertising“ durch. Die Resonanz bei
Teilnehmern und Öffentlichkeit war erheblich.
PROGRAMMDISKURS • AUS DER PRÜFPRAXIS DER KJM
189
Aus der Prüfpraxis der Kommission
für Jugendmedienschutz (KJM)
Auftrag und Organisation der KJM
Die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) wurde am 2. April 2003, einen Tag
nach Inkrafttreten des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (JMStV), gegründet. Als
Organ der Landesmedienanstalten fungiert sie als zentrale Aufsichtsinstitution über
den Jugendschutz im privaten Rundfunk und in Telemedien und sorgt für eine einheitliche Umsetzung der Bestimmungen des JMStV.
Der KJM gehören zwölf Mitglieder an: Sechs Mitglieder kommen aus dem
Kreis der Direktoren der Landesmedienanstalten, vier Mitglieder werden von den
für den Jugendschutz zuständigen Obersten Landesjugendbehörden benannt und
zwei von der für den Jugendschutz zuständigen Obersten Bundesbehörde.1 Der
Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM), Prof. Dr. WolfDieter Ring, ist auch in der zweiten Amtsperiode Vorsitzender der KJM.
In München ist die Stabsstelle der KJM eingerichtet. Sie ist für inhaltliche Fragen, die Vorbereitung von Grundsatzangelegenheiten und die Öffentlichkeitsarbeit
der KJM zuständig. Die Leiterin der KJM-Stabsstelle ist Verena Weigand. Die Geschäftstelle der KJM ist in Erfurt angesiedelt und übernimmt organisatorische und
koordinierende Aufgaben. Leiterin der KJM-Geschäftsstelle ist Sabine KösterHartung.2
Die Prüfverfahren der KJM
Den Schwerpunkt der Aufsicht über den privaten Rundfunk und die Telemedien
stellen die Prüfverfahren der KJM dar. Dabei werden die einzelnen Angebote zunächst von fünfköpfigen Prüfgruppen, die sich aus Sachverständigen aus den Reihen
der Landesmedienanstalten, von jugendschutz.net, der Obersten Landesjugendbehörden, der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) und der Bundeszentrale für politische Bildung zusammensetzen, geprüft. Empfiehlt eine Prüfgruppe, ein Angebot als Verstoß gegen den JMStV zu bewerten, führt die zuständige
Landesmedienanstalt eine Anhörung des Anbieters durch. Nach dessen Stellungnahme geht der Fall zur Entscheidung sowohl über den inhaltlichen Verstoß als
auch über die Maßnahme an einen KJM-Prüfausschuss, der aus drei Mitgliedern der
1
2
Zu den Mitgliedern s. www.kjm-online.de.
Zu den Adressen der Stabs- und Geschäftsstelle s. www.kjm-online.de.
PROGRAMMDISKURS • AUS DER PRÜFPRAXIS DER KJM
190
KJM besteht. Das Urteil des Prüfausschusses muss einstimmig erfolgen, andernfalls
wird der Fall im zwölfköpfigen KJM-Plenum diskutiert und entschieden.
Die KJM befasste sich im Jahr 2009 bis zum 31. Oktober mit insgesamt über
100 Rundfunkfällen. Davon bewerteten die KJM-Prüfausschüsse bzw. das -Plenum
mehr als 60 Fälle abschließend. Bei knapp der Hälfte der Fälle lag ein Verstoß gegen
die Bestimmungen des JMStV vor. Dabei handelte es sich u.a. um nonfiktionale
Angebote aus den Sparten Reality-TV, Boulevard und Dokumentation sowie um
fiktionale Angebote wie Werbespots, Trailer, Spielfilme und Serien.
Knapp 40 weitere Rundfunkfälle bewerteten die Prüfgruppen der KJM in sechs
Sitzungen inhaltlich. Bei annähernd allen Fällen empfahlen sie, diese als Verstoß
gegen die Bestimmungen des JMStV zu beurteilen. Auch hier ging es um verschiedene Genres fiktionaler wie auch nonfiktionaler Rundfunkangebote, wobei im nonfiktionalen Bereich fast alle Folgen eines Reality-Formats den Großteil der empfohlenen Verstöße ausmachten.
Zum Vergleich: Seit ihrer Gründung im April 2003 hat sich die KJM insgesamt
mit ca. 3.320 Fällen aus Rundfunk und Telemedien befasst; im Bereich Rundfunk
waren dies rund 680 Fälle. Abschließend bewertete die KJM knapp 550 Fälle, wovon
knapp 280 Fälle einen Verstoß gegen die Bestimmungen des JMStV darstellten.
Hierbei handelte es sich zum großen Teil um fiktionale Angebote wie Spielfilme,
Trailer, Werbespots und einzelne Episoden von Serien. Den Schwerpunkt im nonfiktionalen Bereich bildeten Nachrichten- und Magazinbeiträge, Reality-Formate,
Dokumentationen und Casting-Shows.
In der Anfangszeit nach Gründung der KJM waren auch die sogenannten
„Ausnahmeanträge“ relevant. Bei ca. 80 Fällen stellten private Fernsehanbieter bei
der KJM einen Antrag auf Ausnahmegenehmigung, um Spielfilme, die bereits von
der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) geprüft worden waren und
eine Alterskennzeichnung erhalten hatten, vor den dafür laut JMStV bestimmten
Zeitgrenzen auszustrahlen. In etwa zwei Drittel der Fälle entschied die KJM, den
Ausnahmeanträgen stattzugeben, in knapp einem Drittel der Fälle wurde die beantragte Sendezeit abgelehnt. Mit der Anerkennung der Freiwilligen Selbstkontrolle
Fernsehen (FSF) gemäß § 20 JMStV im August 2003 wurde die Praxis der Ausnahmeanträge obsolet, da die Sender sich seither an die FSF zur Erteilung von Freigaben für das Fernsehen wenden. Die bisherigen Erfahrungen mit dem „System der
regulierten Selbstregulierung“ im Rundfunk sind vorwiegend positiv. Jedoch gab es
einige Sendungen, die die KJM aufgrund der Sendezeit als Verstoß gegen den JMStV
eingestuft hat, die aber von der FSF eine Freigabe für die jeweilige Sendezeit erhalten
hatten. Da die FSF aber stets den ihr zustehenden Beurteilungsspielraum eingehalten
hatte, konnte die KJM keine Maßnahmen gegenüber den Anbietern ergreifen.
PROGRAMMDISKURS • AUS DER PRÜFPRAXIS DER KJM
191
Beispiele aus der Praxis: Relevante Prüffälle im Bereich Fernsehen 2009
„Deutschland sucht den Superstar“
Im Januar 2009 ging die Casting-Show, deren Jury-Mitglied Dieter Bohlen die Öffentlichkeit polarisierte, in die sechste Runde. Bei den vergangenen Staffeln hatte die
KJM wiederholt verschiedene Folgen als entwicklungsbeeinträchtigend für Kinder
unter zwölf Jahren bewertet: Neben dem herabwertenden Verhalten der Jury problematisierte die KJM insbesondere auch die redaktionelle Gestaltung der CastingAuftritte durch RTL, die die Kandidaten gezielt lächerlich machte und damit dem
Spott eines Millionenpublikums aussetzte. Dies erfolgte größtenteils durch die Einblendung von Untertiteln und Animationen seitens der Redaktion. Beleidigende
Äußerungen und antisoziales Verhalten wurden als Normalität dargestellt und Verhaltensmodelle vorgeführt, die den Erziehungszielen wie Toleranz und Respekt
entgegenwirken und eine desorientierende Wirkung auf Kinder haben können.
Die KJM stellte bei insgesamt elf Folgen der Staffeln 4 und 5 Verstöße gegen
die Bestimmungen des JMStV fest. Sie forderte den Anbieter RTL wiederholt dazu
auf, das Format vor Ausstrahlung der FSF zur Prüfung vorzulegen, um einem möglichen Verstoß gegen den JMStV vorzubeugen. Nach Ausstrahlung der ersten Folgen der Staffel 5 zeigte sich, dass RTL die Aufforderungen der KJM abermals nicht
umgesetzt hatte: Kandidaten wurden in gewohnter Manier vorgeführt, keine der
Folgen wurden bei der FSF zur Prüfung eingereicht. Die KJM hat aufgrund des
wiederholten Fehlverhaltens von RTL ein Bußgeld von 100.000 Euro verhängt.
Diese Maßnahme zeigte Wirkung: Im Jahr 2009 war bei keiner der ausgestrahlten
Folgen der Staffel 6 ein Verstoß gegen den JMStV festzustellen.
„Erwachsen auf Probe“
Im Sommer 2009 rief die umstrittene achtteilige Real-Life-Serie „Erwachsen auf
Probe“ bereits im Vorfeld der Ausstrahlung ein großes öffentliches Echo hervor.
Zahlreiche Politiker und Institutionen äußerten sich kritisch zu diesem TV-Format.
RTL strahlte die Sendungen im Juni und Juli 2009 im Hauptabendprogramm aus.
Vier jugendliche Paare wurden gezeigt, die sich einen Monat lang um fremde Kinder
verschiedener Altersstufen – von sieben Monaten bis 16 Jahren – kümmern sollten.
Die Paare wohnten dabei in mit Überwachungskameras ausgestatteten Häusern. Ein
Team, bestehend aus zwei Erzieherinnen, einer Ärztin und einer Kinderpsychologin,
konnte augenscheinlich das Geschehen beobachten und bei Bedarf eingreifen.
Alle Folgen des Formats „Erwachsen auf Probe“ wurden der FSF zur Prüfung
vorgelegt. Die Folgen 1 bis 4 gab die FSF für das Hauptabendprogramm frei; die
Folgen 7, 8 und 9 gab sie für das Tagesprogramm frei. Die Folgen 5 und 6 erhielten
für das Tagesprogramm eine Freigabe mit Schnittauflagen.
Der im Eilverfahren einberufene Prüfausschuss der KJM, der am Tag nach der
Ausstrahlung der ersten Doppelfolge am 4. Juni 2009 in München zusammentraf,
kam aufgrund des hohen Diskussionsbedarfs zu keinem abschließenden Ergebnis.
Es wurde die Notwendigkeit gesehen, im zwölfköpfigen KJM-Plenum über das TVFormat zu beraten und zu entscheiden. In den KJM-Sitzungen am 17. Juni 2009 und
PROGRAMMDISKURS • AUS DER PRÜFPRAXIS DER KJM
192
15. Juli 2009 kamen die Mitglieder nach intensiver und kontroverser Diskussion
letztlich zu dem Ergebnis, dass bei der Ausstrahlung der Folgen 1 bis 7 weder eine
Menschenwürdeverletzung gegeben ist noch angesichts der Sendezeit nach 20 Uhr
eine Beeinträchtigung von Zuschauern über zwölf Jahren vorliegt. Bei der achten
Folge stellte die KJM zwar eine Entwicklungsbeeinträchtigung für unter 16-Jährige
fest, die Folge wurde jedoch, da die FSF ihren Beurteilungsspielraum nicht überschritten hatte, nicht beanstandet.
Unabhängig davon übte die KJM jedoch massive Kritik an der Anlage und den
Produktionsbedingungen der Sendung und stufte sie als ethisch und pädagogisch
unverantwortlich ein. Säuglinge wurden für dramaturgische Effekte eingesetzt und
die jugendlichen Teilnehmer mit Berufung auf ein oberflächliches und vermeintlich
pädagogisches Ziel einem Realitätsschock ausgesetzt. Sie wurden von Erziehern und
sogenannten Experten beobachtet und kontrolliert, erhielten jedoch keine echte und
umfassende Hilfe, beispielsweise von Vertrauenspersonen aus ihrem familiären
Umfeld.
Die KJM prüfte die Sendung gemäß ihrem gesetzlichen Auftrag mit Blick auf
die Einhaltung des JMStV und das Wohl der jungen Zuschauer. Es ist dagegen Aufgabe der nach dem Jugendschutzgesetz zuständigen Stellen zu beurteilen, ob das
Wohl der an der TV-Produktion mitwirkenden Kinder und Jugendlichen verletzt
wurde. Um die Persönlichkeitsrechte von Kleinkindern zukünftig besser zu schützen, hatten die Jugendminister Anfang Juni 2009 gefordert, bei der geplanten Novellierung des Jugendarbeitsschutzgesetzes ein Beteiligungsverbot an TV-Produktionen
von Kindern unter drei Jahren zu berücksichtigen.
„Extrem schön“
Gleich zwei Prüfgruppen haben sich u.a. in einer eigens dafür einberufenen Sondersitzung am 15. September 2009 mit der achtteiligen Schönheitsoperations-Show
„Extrem schön – Endlich ein neues Leben“ befasst. Alle Folgen wurden als Verstöße wegen der Entwicklungsbeeinträchtigung für Kinder und Jugendliche unter 16
Jahren bewertet. Die Sendereihe, in der Schönheitsoperationen zu Unterhaltungszwecken gezeigt wurden, lief von Ende April bis Mitte Juni 2009 bei RTL II im
Hauptabendprogramm. Im Mittelpunkt jeder Folge standen zwei Personen, die mit
ihrem Aussehen unzufrieden waren und sich daher kosmetischen Operationen unterziehen wollten.
Eine sozialethische Desorientierung sah die Mehrheit der Prüfgruppe dabei vor
allem in der Botschaft der Sendung gegeben, dass ein glückliches, selbstbewusstes
und selbstbestimmtes Leben nur mittels Schönheitsoperationen möglich sei und
dadurch alle Probleme gelöst werden könnten. Die unreflektierte und ausschließlich
positive Darstellung von Schönheitsoperationen könne Kindern und Jugendlichen,
deren Körperbewusstsein sich noch in der Entwicklung befinde, problematische
Vorbilder und Wertvorstellungen vermitteln. Da die Sendungen jedoch vor Ausstrahlung von der FSF geprüft und entsprechend freigegeben worden waren, sind
keine Maßnahmen gegen den Anbieter möglich, da eine Überschreitung des Beurtei-
PROGRAMMDISKURS • AUS DER PRÜFPRAXIS DER KJM
193
lungsspielraums der FSF nicht gesehen wurde. Allerdings sind die Verfahren noch
nicht abgeschlossen, die abschließende Entscheidung der KJM steht noch aus.
Jugendschutzrelevanz von Teletextangeboten
Ein neues Feld in ihrer Prüftätigkeit betrat die KJM im Jahr 2009 mit der Bewertung
von Telefonsexwerbung in den Teletextangeboten privater Rundfunksender, die
tagsüber teilweise stark sexualisierte Inhalte abrufbar machten. Diese Angebote
werden zwar über das Medium Rundfunk zugänglich gemacht, sind aber nach § 2
Abs. 1 Satz 4 Rundfunkstaatsvertrag (RStV) als Telemedium definiert.
Bei einer Stichprobe Anfang 2009 zeigte sich, dass sich fast alle privaten Fernsehanbieter nicht an die Vereinbarung mit der KJM vom Januar 2008, entsprechende
jugendschutzrelevante Teletextangebote nur noch in der Zeit von 22 bis 6 Uhr anzubieten, gehalten hatten. Auch nachdem der Vorsitzende der KJM in einem Brief
an die Veranstalter angekündigt hatte, nach Ablauf einer einwöchigen Frist Prüfverfahren einzuleiten, entfernten die Anbieter die sexualisierten Inhalte im Tagesprogramm nicht. Daraufhin wurden im Rahmen einer Präsenzprüfung im März 2009
insgesamt 15 Teletextangebote geprüft. Bis auf ein Angebot sahen die KJMPrüfgruppen in allen Fällen Verstöße gegen die Jugendschutzbestimmungen aufgrund entwicklungsbeeinträchtigender Sexualdarstellungen für unter 16-Jährige: Die
sexualisierten Inhalte der Teletexttafeln sind geeignet, Kinder und Jugendliche unter
16 Jahren sozialethisch zu desorientieren und somit in ihrer Entwicklung zu beeinträchtigen. Sexuelle Handlungen und Praktiken aus der Erwachsenenperspektive
werden in aufdringlichen Texten beworben und teilweise mit entsprechenden PixelGrafiken illustriert, die einen breiten sexuellen Erfahrungsfundus voraussetzen.
Diese Darstellungen entsprechen nicht dem Entwicklungsstand von Kindern und
Jugendlichen und können von ihnen nicht eingeordnet werden. Der sexualisierte,
aufdringliche Charakter ist trotz Begriffsverfremdungen oder Verfremdung durch
Zeichen noch gegeben und der verwendete Wortschatz ist als anzüglich einzustufen.
Die Überprüfung ergab, dass die betreffenden Angebote frei zugänglich in der Zeit
von 6 bis 22 Uhr, ohne Einhaltung von Zeitgrenzen oder Verwendung von technischen Mitteln (Zugangssperren), verbreitet wurden.
Da die betroffenen Anbieter Mitglieder der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e.V. (FSM) sind, fand in diesem Zusammenhang erstmals die
Bestimmung des § 20 Abs. 5 JMStV Anwendung: Laut Verfahren der regulierten
Selbstregulierung muss sich in einem solchen Fall zunächst die Selbstkontrolle mit
den behaupteten Verstößen befassen. Die FSM kam hier zu dem Ergebnis, dass
keine problematischen Inhalte gegeben seien oder mittlerweile von den Anbietern
Abhilfe geschaffen worden sei, sodass kein Handlungsbedarf mehr bestehe. Die
Entscheidungen der FSM werden in der KJM derzeit überprüft. Die KJM kann
jedoch nur dann Maßnahmen ergreifen, wenn die Entscheidungen der FSM die
rechtlichen Grenzen des Beurteilungsspielraums überschreiten.
PROGRAMMDISKURS • AUS DER PRÜFPRAXIS DER KJM
194
Im September 2009 wurden sechs über Satellitenfernsehen verbreitete Erotikangebote geprüft, die frei über Astra zugänglich sind und unverschlüsselt 24 Stunden
täglich ausgestrahlt werden. Darin werden verschiedene kostenpflichtige Erotikdienstleistungen angeboten, z.B. die Zusendung von pornografischen bzw. erotischen Bildern oder Videos per SMS oder Anruf. Die Dienstleistungen werden mit
wechselnden Standbildgrafiken beworben, die aus Text und Fotografien bestehen.
Die Grafiken sind dabei mit Musik unterlegt, Bewegtbilder oder Moderationen sind
nicht vorhanden. Die Prüfgruppe sah bei allen sechs Fällen einen Verstoß gegen § 5
Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 und 4 JMStV (Entwicklungsbeeinträchtigung für unter
18-Jährige) als gegeben an. Der Anbieter aller geprüften Angebote hat seinen Sitz im
Ausland. Es existiert jedoch ein deutscher Ansprechpartner mit Sitz in Niedersachsen. Die Anhörung durch die zuständige Niedersächsische Landemedienanstalt
(NLM) wird an diesen deutschen Ansprechpartner erfolgen.
Gerichtsverfahren: Spruchpraxis der KJM anerkannt
Die Prüfentscheidungen der KJM werden des Öfteren von den privaten Rundfunkanbietern sowohl inhaltlich als auch verfahrenstechnisch angegriffen, wobei langwierige Gerichtsverfahren die Folge sind. Positiv ist jedoch anzumerken, dass die
Spruchpraxis der KJM in der Regel anerkannt wird. Im Jahr 2009 wurden zwei Gerichtsurteile gefällt, die sowohl die inhaltliche Bewertung als auch Verfahrensabläufe
der KJM (vorwiegend) bestätigten.
Im Verfahren ProSieben ./. Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb) wegen
der Beanstandung von vier Folgen der Serie „Sex and the City“ im Tagesprogramm
hatte ProSieben gegen die Beanstandungsverfügungen der mabb Klage beim Verwaltungsgericht Berlin erhoben. Mit Urteil vom 28. Januar 2009 hat das Verwaltungsgericht Berlin, das sich zunächst mit einer streitgegenständlichen Folge in grundsätzlicher Hinsicht befasst hat, die Klage abgewiesen. Das Urteil ist zwischenzeitlich
rechtskräftig. Im Wesentlichen hat das Urteil die gesetzlich geregelte Zusammensetzung der Prüfausschüsse der KJM als verfassungsgemäß erklärt und eine Einbeziehung der Gremienvorsitzenden der Landesmedienanstalten nach § 15 Abs. 1 Satz 2
JMStV bei grundsätzlichen Angelegenheiten als erforderlich festgestellt. In materieller Hinsicht verneint das Verwaltungsgericht Berlin zwar einen Beurteilungsspielraum der KJM für das Vorliegen einer Entwicklungsbeeinträchtigung nach § 5
JMStV, erkennt aber den Beschluss der KJM als Entscheidung eines unabhängigen
und sachverständigen Gremiums an. Diese sei nur dann nicht verwertbar, wenn die
Begründung unvollständig, widersprüchlich oder aus anderen Gründen nicht plausibel ist oder die Begründung von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen
ausgeht.
In seinen Begründungen zu den Urteilen vom 4. Juni 2009, 17. Juni 2009 und
18. Juni 2009 hat das Bayerische Verwaltungsgericht München das Verfahren sowie
die Spruchpraxis der KJM zum Thema Schönheitsoperationen im Fernsehen weitgehend bestätigt. Anlass des Gerichtsverfahrens waren Klagen des Senders MTV
PROGRAMMDISKURS • AUS DER PRÜFPRAXIS DER KJM
195
gegen die Bescheide der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) wegen
einer Sendezeitbeschränkung für die Folgen 1 bis 6 des im Juli 2004 ausgestrahlten
Formats „MTV – I want a famous face“. Während des Gerichtsverfahrens beauftragte das Gericht eine Sachverständige mit der Erstellung eines Gutachtens zu den
Folgen 1 bis 6. Besonders interessant für die inhaltliche Prüftätigkeit der KJM sind
die Urteilsgründe zur Folge 1. So teilt das Gericht in materieller Hinsicht die Auffassung der KJM, dass TV-Formate, in denen Schönheitsoperationen zu Unterhaltungszwecken angeregt, durchgeführt oder begleitet werden, Kinder und Jugendliche
in ihrer Entwicklung beeinträchtigen können und bestätigt nun die Auffassung der
KJM, dass diese Folge erst ab 23 Uhr hätte gesendet werden dürfen: „Die Stellungnahme der KJM zu den Folgen 1 bis 6 ist eine solide Grundlage des Formats.“
Die KJM hatte sich bereits im Jahr 2004 intensiv mit solchen Sendungen auseinandergesetzt und die allgemeine Einschätzung abgegeben, dass Fernsehformate, die
Schönheitsoperationen zu Unterhaltungszwecken thematisieren, wegen möglicher
Entwicklungsbeeinträchtigung grundsätzlich nicht vor 23 Uhr gezeigt werden dürfen. Begründung: Derlei Sendungen verharmlosen häufig die Gesundheitsrisiken, die
Schönheitsoperationen bergen. Vor allem, wenn sie sich direkt an Jugendliche wenden, bei denen die Akzeptanz des eigenen Körpers in einer bestimmten Altersphase
zur Identitätsfindung gehört, ist das kritisch zu sehen. Eine Entwicklungsbeeinträchtigung kann nicht ausgeschlossen werden, wenn Schönheitsoperationen als einzige
Lösung zur Steigerung des Selbstwertgefühls dargestellt werden. Insgesamt folgte
das Gericht mit seinen bislang vorgelegten Urteilen in materieller Hinsicht dem
Ergebnis des Sachverständigengutachtens. Die Sachverständige stimmte in weiten
Teilen mit der Einschätzung der KJM überein und wich lediglich in einigen Folgen
geringfügig im Hinblick auf die Sendezeit davon ab. Das Gutachten der Sachverständigen und die sich anschließende Entscheidung des Gerichts bestätigen die
Spruchpraxis der KJM, was unter dem Gesichtspunkt besonders begrüßenswert ist,
dass sich zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses das TV-Format „Extrem schön –
Endlich ein neues Leben“ im Prüfverfahren der KJM befindet (vgl. Beispiele aus der
Praxis, „Extrem schön“).
Ein weiteres interessantes Gerichtsverfahren, welches in Teilen das duale
Rundfunksystem angreift, findet derzeit beim Amtsgericht Ludwigshafen statt. Dort
lässt man vom Bundesverfassungsgericht klären, ob es mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes (GG) vereinbar ist, dass private Rundfunkveranstalter
bei Verstößen gegen den JMStV mit Bußgeld belegt werden können, während öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten wie ARD und ZDF keine finanziellen
Nachteile zu befürchten haben. Hintergrund ist eine Klage von Sat.1 gegen einen
Bußgeldbescheid der Landeszentrale für Medien und Kommunikation RheinlandPfalz (LMK), womit diese ein Bußgeld gegen Sat.1 wegen der Ausstrahlung einer
Folge der Serie „Niedrig und Kuhnt“ im Tagesprogramm verhängt hat, da von der
Folge nach Ansicht der KJM eine Entwicklungsbeeinträchtigung für Kinder und
Jugendliche ausgehe.
PROGRAMMDISKURS • AUS DER PRÜFPRAXIS DER KJM
196
Jugendschutz bei Gewinnspielen im Fernsehen
Die Dynamik bei der Konzeption neuer Fernsehformate erfordert auch die Neugestaltung von gesetzlichen Grundlagen. So wurde dieses Jahr z.B. das Thema „Gewinnspiele im Fernsehen“ gesetzlich neu geregelt: Am 23. Februar 2009 ist die Gewinnspielsatzung der Landesmedienanstalten aufgrund § 46 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 8a
und § 58 Abs. 4 RStV in Kraft getreten. Im Bereich des Jugendschutzes ist danach
Minderjährigen die Teilnahme an Gewinnspielsendungen nicht und an Gewinnspielen erst ab 14 Jahren gestattet. Soweit eine Teilnahme untersagt ist, dürfen keine
Gewinne an Minderjährige ausgeschüttet werden. Der Anbieter muss auf diese Regelungen wiederholt in seinem Angebot hinweisen, wobei die genaue Ausgestaltung
der Erfüllung der Informationspflichten je nach Medium und Art des Angebots
differiert.
Daneben sind besonders kinder- und jugendaffine Gewinnspiele und Gewinnspielsendungen, insbesondere die Auslobung von Waren und Produkten als Gewinn,
die vor allem auf Minderjährige einen großen Anreiz zur Teilnahme darstellen, sowie
Gewinnfragen, die vor allem Kinder und Jugendliche ansprechen, unzulässig. Auch
Teilnahmeappelle, die ausschließlich oder ausdrücklich auch an Minderjährige gerichtet sind und deren Unerfahrenheit und Leichtgläubigkeit ausnutzen, sind nach
der Satzung unzulässig. Neben den Belangen des Jugendschutzes werden in der
Gewinnspielsatzung auch die Transparenz und der Teilnehmerschutz geregelt. Gewinnspiele und Gewinnspielsendungen dürfen nicht irreführen und den Interessen
der Teilnehmer nicht schaden. Insbesondere ist im Programm über die Kosten der
Teilnahme, die Teilnahmeberechtigung, die Spielgestaltung sowie über die Auflösung
der gestellten Aufgabe zu informieren.
Die Aufsicht über den privaten Rundfunk ist nur eines der Aufgabengebiete
der KJM. Die Zielsetzung, Kinder und Jugendliche vor problematischen Inhalten
aus den Medien zu schützen, beinhaltet zahlreiche Handlungsfelder, sowohl auf
inhaltlicher Ebene als auch auf technischer Ebene. Einen umfassenden Überblick
bietet der erste Band der neuen KJM-Schriftenreihe „Positionen zum Jugendmedienschutz in Deutschland“.3 Verschiedene Autoren schildern hier die Bandbreite
der Herausforderungen, die die KJM seit ihrer Einrichtung beschäftigt haben und
auch weiterhin beschäftigen.
3
Kommission für Jugendmedienschutz der Landesmedienanstalten (Hrsg.): Positionen zum Jugendmedienschutz in Deutschland. Berlin 2009.
DIE ALM-STUDIE
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
201
Konzeption, Methode und Basisdaten
der ALM-Studie 2008/2009
Joachim Trebbe und Bertil Schwotzer
Die kontinuierliche Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten1 wird
im Auftrag der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) unter Federführung der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM NRW) durchgeführt. Seit ihrem Start im Jahr 1998 werden die konzeptionellen und methodischen
Grundlagen dieser Studie in Publikationen der Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten (ALM) sowie in wissenschaftlichen Veröffentlichungen dargestellt,
diskutiert und dokumentiert.2 Im Folgenden werden die allgemeinen konzeptionellen
Grundlagen dieser Forschung zusammengefasst; außerdem werden die spezifischen
methodischen Bedingungen der Datenerhebung im Berichterstattungszeitraum des
ALM Programmberichts 2009 (Frühjahr 2008 bis Frühjahr 2009) erläutert.
1.
Forschungskonzeption
Im Rahmen der kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten werden seit 1998 die bundesweit verbreiteten Fernsehprogramme analysiert,
die die ersten acht Plätze in der Zuschauergunst einnehmen. Untersucht werden
-
drei Programme der RTL Group (RTL, RTL II und VOX),
drei Programme der ProSiebenSat.1 Media AG (Sat.1, ProSieben und kabel
eins)
sowie die beiden öffentlich-rechtlichen Programme ARD/Das Erste und ZDF.
Diese Programme werden in der Terminologie des deutschen Rundfunkprogrammrechts als Fernsehvollprogramme bezeichnet; an sie stellt der Gesetzgeber besondere
Anforderungen. Diese betreffen zum einen die strukturelle Vielfalt der ausgestrahlten Programmsparten: Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung sollen
„einen wesentlichen Teil des Gesamtprogramms bilden“.3 Zum anderen wird von
Fernsehvollprogrammen ein substanzieller inhaltlicher Beitrag zur individuellen und
gesellschaftlichen Meinungsbildung erwartet: „Die bedeutsamen, politischen, weltanschaulichen und gesellschaftlichen Kräfte und Gruppen müssen in den Vollprogrammen angemessen zu Wort kommen“.4
1
2
3
4
Im Folgenden „ALM-Studie“.
Vgl. dazu die Publikationsliste in diesem Beitrag.
§ 2 Abs. 2 Satz 1 RStV 2009 (Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien in der Fassung des Zwölften
Staatsvertrages zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge, in Kraft seit dem 1. Juni 2009).
§ 25 Abs. 1 Satz 2 RStV 2009.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
202
Diese normativen Vorgaben sind der theoretische Ausgangspunkt der ALMStudie, deren praktische Aufgabe es ist, die Landesmedienanstalten in ihrer Aufsichtsfunktion über den privaten Rundfunk zu unterstützen. Aus ihnen wurden drei
Qualitätsdimensionen von Fernsehprogrammangeboten abgeleitet, zu denen kontinuierlich empirische Programmdaten im Sinne von Qualitätsindikatoren erhoben werden (vgl. Abb.1):
Abb. 1
QUALITÄTSDIMENSIONEN UND QUALITÄTSINDIKATOREN
Qualitätsdimensionen
Qualitätsindikatoren
Strukturelle
Programmvielfalt
Programmspartenanalyse
(Sendungen)
Gesamtprogramm
Programmgattungen
Inhaltliche
Programmvielfalt
Programminhaltsanalyse
(Beiträge)
Fernsehpublizistik
Themenstruktur
Gesellschaftliche
Programmrelevanz
Programminhaltsanalyse
(Beiträge)
Politische Fernsehpublizistik
Gesellschaftlich relevante
und kontroverse Themen
1. Die Analyse der strukturellen Programmvielfalt geht von den Definitionsmerkmalen
der Vollprogramme aus und untersucht die Relation zwischen im weitesten Sinne
informierenden (d.h. ggf. auch bildenden oder beratenden) Programmangeboten auf
der einen und unterhaltenden Programmsparten auf der anderen Seite.
2. Die Analyse der inhaltlichen Programmvielfalt schließt an das Gebot politischer, weltanschaulicher und gesellschaftlicher Meinungsvielfalt an. Sie wird nicht auf alle Programmsparten, sondern ausschließlich auf die informierenden Programmangebote
bezogen. Dabei wird insbesondere die Themenstruktur dieser Programmangebote
ermittelt.
3. Die Analyse der gesellschaftlichen Relevanz der Programmangebote betrifft ebenfalls
den informierenden Programmsektor. Gefragt wird nach dem relativen Anteil der
öffentlich bzw. gesellschaftlich relevanten – und hier wiederum der politischen –
Informationsangebote in den untersuchten Fernsehprogrammen.
2.
Analysekonzept
Die auf diese drei Qualitätsindikatoren bezogenen Programmanalysen sind als ein
zweistufiges Verfahren konzipiert. Die erste Untersuchungsstufe umfasst das gesamte Aufzeichnungsmaterial. Das Ziel dieser Teilanalyse ist es, einen systematischen
Überblick über die jeweilige Gesamtstruktur der acht Fernsehprogramme zu erhalten. Auf der zweiten Untersuchungsstufe wird dann ein Teilsegment des Programmangebots – die fernsehjournalistischen (bzw. in der Begrifflichkeit der ALM-Studie:
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
203
„fernsehpublizistischen“) Sendungen – unter inhaltlichen Gesichtspunkten analysiert. Ermittelt wird vor allem die Themenstruktur der in diesen Programmformaten
ausgestrahlten Beiträge (vgl. Abb. 2).
Abb. 2
ANALYSEMODELL UND UNTERSUCHUNGSKATEGORIEN
Erste Teilerhebung: Sendungsanalyse
Zweite Teilerhebung: Beitragsanalyse
Spartenanalyse des Gesamtprogramms
Inhaltsanalyse der Fernsehpublizistik
Öffentlich relevante Themen:
Politische Themen
Information und
Meinungsbildung
I
Spielhandlungen
(=Fiktionale Unterhaltung)
II
Shows und Spiele
(=Nonfiktionale
Unterhaltung)
IV
Fernsehpublizistik
(Informations- und/oder
Unterhaltungsangebote)
III
Sportsendungen
Sachthemen
Information und
Bildung
Privat relevante Themen:
Lebensweltthemen
Information und
Beratung
Human-Touch-Themen
Information und
Unterhaltung
2.1 Erste Untersuchungsstufe: Spartenanalyse des Gesamtprogramms
Die auf dieser Untersuchungsstufe durchgeführte Programmstrukturanalyse dient
der Ermittlung der strukturellen Programmvielfalt der untersuchten Fernsehvollprogramme. Hierzu werden alle in der Stichprobenwoche ausgestrahlten Programmangebote erfasst und kategorisiert. Untersuchungseinheiten sind Sendungen bzw. Sendungsteile, Werbeblöcke, Programmtrailer etc., daher auch die Bezeichnung dieser
Untersuchungsstufe als Sendungsanalyse. Abgesehen von der Kategorisierung werblicher Angebote sowie der On-Air-Promotion wird im Grundsatz zwischen vier
redaktionellen Programmsparten unterschieden:
-
Fiktionale Unterhaltung (Filme, Serien etc.),
Nonfiktionale Unterhaltung (Shows, Musik, Spiele etc.),
Sportsendungen und Sportübertragungen,
Fernsehpublizistik (Nachrichten- und Magazinsendungen, Reportagen etc.).5
5
Ebenfalls erfasst werden die nur in geringem Umfang ausgestrahlten religiösen Sendungen, Gottesdienstübertragungen etc. Das Kinderprogramm wird so codiert, dass es sowohl separat ausgewiesen als
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
204
Die Sendungen des Aufzeichnungsmaterials werden diesen Programmsparten zugewiesen und dann im Detail unter inhaltlichen und formalen Gesichtspunkten beschrieben bzw. – im Fachjargon der empirischen Sozialforschung – „codiert“.6
2.2 Zweite Untersuchungsstufe: Inhaltsanalyse der Fernsehpublizistik
Im Mittelpunkt der auf dieser Untersuchungsstufe durchgeführten Teilerhebung
stehen Analysen zur inhaltlichen Vielfalt und gesellschaftlichen Relevanz der Fernsehpublizistik, die von den acht Vollprogrammen ausgestrahlt wird. Als Hauptindikatoren für
die inhaltliche Vielfalt und gesellschaftliche Relevanz fernsehpublizistischer Programmangebote werden die Themen erfasst, über die in den ausgestrahlten Sendungen berichtet wird.
Es handelt sich dabei vor allem um Nachrichten-, Magazin-, Reportage-, Dokumentations- und Talksendungen, d.h. häufig um Sendungen, in denen mehrere,
nach formalen und inhaltlichen Gesichtspunkten unterscheidbare Beiträge ausgestrahlt werden. Eine hierauf bezogene Themenanalyse muss an diesen Beiträgen
ansetzen. Als Untersuchungseinheiten für diese Teilerhebung der ALM-Studie wurden daher thematisch unterscheidbare Beiträge festgelegt.
Zur Ermittlung der Themenstruktur der fernsehpublizistischen Programmangebote wurde ein Codierschema entwickelt, mit dessen Hilfe diese in vier inhaltlich
unterscheidbare Programmsegmente unterteilt werden:
-
Kontroverse Themen7 (Funktionsbereich: Information und Meinungsbildung),
Sachpublizistik (Funktionsbereich: Information und Bildung),
Lebensweltpublizistik (Funktionsbereich: Information und Beratung),
Unterhaltungspublizistik (Funktionsbereich: Information und Unterhaltung).8
Hinter dieser Systematik steht die Zielsetzung, die empirisch ermittelten Angebote
der untersuchten Programme im Bereich der Fernsehpublizistik den normativen
Kategorien des Rundfunkprogrammrechts (insbesondere im Hinblick auf im weitesten Sinne informierende Angebote auf der einen und unterhaltende Angebote auf
der anderen Seite) zuordnen zu können. In diesem Zusammenhang wurde gerade
6
7
8
auch den Basiskategorien (fiktionale Unterhaltung, nonfiktionale Unterhaltung etc.) zugeordnet werden
kann.
Zu den Variablen und Codes der Sendungsanalyse vgl. zuletzt GöfaK Medienforschung GmbH (2009):
ALM-Fernsehprogrammanalyse. Stichprobenbericht Frühjahr 2009. Potsdam, Dokumentation Teil V:
Codebuch zu den Programmanalysen (abrufbar unter http://www.alm.de → Medienforschung/
Publikationen → TV-Programmforschung).
Politische Publizistik ist im Kategoriensystem der ALM-Studie eine Unterkategorie der „Kontroversen
Themen“, mit denen im Landesmediengesetz des Landes Nordrhein-Westfalen der gesellschaftlich und
politisch relevante Teilbereich der Fernsehberichterstattung umschrieben wird (vgl. § 31 Abs. 4 Satz 5
LMG NW 2007). Zur Begründung vgl. Weiß, Hans-Jürgen/Joachim Trebbe (1994): Öffentliche Streitfragen in privaten Fernsehprogrammen. Zur Informationsleistung von RTL, SAT 1 und PRO 7. Opladen (Schriftenreihe Medienforschung der LfR Nordrhein-Westfalen; Bd. 15).
Ergänzend dazu werden Sportbeiträge sowie Serviceangebote wie z.B. der Wetterbericht als eigene
Themenbereiche kategorisiert.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
205
auch die Kategorie der „Unterhaltungspublizistik“ bewusst gewählt, da sie je nach
Analyseperspektive sowohl der Sparte der Fernsehunterhaltung als auch den Informationsleistungen eines Programms zugerechnet werden kann.9
2.3 Aktuelle Themenbezüge
Es ist unmittelbar einsichtig, dass die Nachrichtenlage im jeweiligen Untersuchungszeitraum einen – zum Teil erheblichen – Einfluss auf die empirische Verteilung der
Beiträge auf die Kategorien der Themensystematik haben kann. Für den Extremfall
eines Kriegsausbruchs hat sich dies etwa zu Beginn des zweiten Irakkriegs im Jahre
2003 mehr als deutlich gezeigt.10 Dies ist auf der einen Seite unproblematisch für den
Programmvergleich innerhalb einer Stichprobe, da ja alle Programme im Untersuchungszeitraum mit der gleichen Nachrichtenlage konfrontiert werden und somit
quasi gleiche „Umweltbedingungen“ herrschen. Auf der anderen Seite ist solch ein
extremer Themenschwerpunkt unerwünscht, da es unter Umständen und je nach
journalistischer Gewichtung zu Umschichtungen in der Themenrangfolge – etwa in
Nachrichtensendungen – und im Extremfall zur absoluten Dominanz einer Themengattung in der aktuellen Berichterstattung führen kann und damit die Möglichkeit für Ausreißer in der Zeitreihe der Stichprobenvergleiche eröffnet.
Aus diesem Grund wird in jeder Stichprobe der ALM-Studie für alle fernsehpublizistischen Beiträge geprüft, ob sie ausgewählten Einzelthemen und -ereignissen,
die eine dominante Bedeutung für die Nachrichtenlage in der Untersuchungswoche
erlangen könnten, zuzuordnen sind. Die Auswahl und Festlegung dieser Einzelthemen erfolgt nach der Aufzeichnung der Programme und vor der Codierung der
Beiträge auf der Basis einer parallel zur Fernsehaufzeichnung erhobenen Pressestichprobe.
Auf diesem Wege lassen sich dann „quer“ zur konstanten und standardisierten
Themensystematik aktuelle Themenbezüge feststellen, die sowohl unter methodischen (Verschiebungen in der Themenverteilung zwischen Programmen/Stichproben) als auch unter inhaltlichen Gesichtspunkten (Art der Thematisierung eines
Einzelthemas) analysiert werden können. Da diese Einzelthemencodierung über
mehrere Stichproben beibehalten werden kann, lassen sich so auch längerfristige
Themenkarrieren verfolgen und in gesonderten Analysen beschreiben.11
Tabelle 1 zeigt einige ausgewählte Einzelthemen, die in den letzten drei Stichproben (Frühjahr und Herbst 2008, Frühjahr 2009) auf der Ebene der Beiträge erfasst wurden. Man sieht sehr deutlich, dass Einzelthemen wie etwa die öffentliche
Debatte um Sicherheitsvorkehrungen und Störungsversuche des Staffellaufs mit dem
9
10
11
Vgl. Weiß, Hans-Jürgen/Joachim Trebbe (2001): Fernsehinformation. Zur Methode kontinuierlicher
Programmanalysen in einem medienpolitisch aufgeladenen Forschungsfeld. In: Wirth, Werner/
Edmund Lauf (Hrsg.): Inhaltsanalyse – Perspektiven, Probleme, Potentiale. Köln, S. 49-71.
Vgl. Weiß, Hans-Jürgen (2003): Fernsehvollprogramme 2001–2002. Mit einem Blick auf das Programmangebot zu Beginn des Irakkriegs 2003. In: ALM Jahrbuch 2003, S. 182-227.
Vgl. dazu auch den Beitrag von Hans-Jürgen Weiß zur Fernsehberichterstattung über die Finanzkrise in
diesem Band.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
206
olympischen Feuer im Vorfeld der Spiele in Peking einen ganz erheblichen Anteil an
der aktuellen Berichterstattung hatten. Im Ersten Programm der ARD lag dieser
Anteil in der Frühjahrsstichprobe 2008 bei 17 Prozent, also fast einem Fünftel der
Sendezeit. In der Tendenz zeigt sich außerdem, dass in denjenigen Programmen
flexibler und stärker auf solche Einzelthemen eingegangen werden kann, in denen
die Zahl der Sendungen für die aktuelle Berichterstattung größer ist. So sind die
Anteile für aktuelle Themenbezüge bei den öffentlich-rechtlichen Programmen
besonders hoch.
BESONDERE THEMENBEZÜGE IN DER AKTUELLEN BERICHTERSTATTUNG
Tab. 1
(in Prozent – Mehrfachnennung)1
THEMENBEZUG
2008 I
Fackellauf und Diskussion
um Olympia in Peking
Terrorismus
2008 II
Finanzkrise
US-Präsidentschaftswahlen
Terrorismus
2009 I
Finanzkrise
Europareise von USPräsident Barack Obama
Terrorismus
ARD
ZDF
RTL
VOX
RTL II
Sat.1
Pro- kabel
Sieben eins
t=6:37
t=7:48
t=2:37
t=0:21
t=0:29
t=1:23
t=1:17
t=0:25
17,4
10,0
6,9
11,1
9,3
5,2
2,8
5,9
3,9
0,9
0,9
0,5
4,1
0,4
0,4
0,2
t=6:21
t=6:56
t=2:23
t=0:21
t=0:32
t=1:10
t=0:49
t=0:22
44,4
6,4
6,4
43,0
2,6
2,8
17,0
2,5
1,4
18,1
3,1
0,3
17,7
4,0
0,3
23,2
3,2
-
11,5
1,5
-
14,6
1,8
-
t=6:40
t=8:09
t=3:09
t=0:20
t=0:27
t=1:20
t=0:48
t=0:29
24,4
25,2
10,7
18,3
14,2
10,8
8,9
7,1
14,8
14,5
11,4
12,5
15,8
10,9
3,9
5,0
3,7
2,1
0,3
3,3
3,2
0,4
0,1
0,2
1 Prozentuierungsbasis: jeweiliger Zeitumfang der tages- und wochenaktuellen Berichterstattung.
Am Beispiel der Finanzkrise zeigt sich, wie sich die Bedeutung lang- und mittelfristig
relevanter Themen zwischen zwei Stichproben verändern kann. So war im Herbst
des Jahres 2008 die Bankenkrise auf dem Höhepunkt der öffentlichen Diskussion.
Im Frühjahr 2009 war sie zwar immer noch wichtig, büßte jedoch unter quantitativen Gesichtspunkten bis zur Hälfte ihres Raumes in der aktuellen Berichterstattung
ein – und das in fast allen untersuchten Programmen (Ausnahme: VOX).
Extrem stark von Einzelereignissen abhängig ist die aktuelle Berichterstattung
über Terrorismus, Anschläge, politische Gewalttaten und Gegenmaßnahmen. Abgesehen von explizit politischen Thematisierungen auf Konferenzen, durch Gesetzesvorlagen oder internationale Abkommen sind Anschläge im Irak, in Afghanistan und
in Europa kaum vorhersehbar, können aber kurzfristig zu starken Verschiebungen
der Nachrichtenlage führen. Die Stichprobendaten der letzten drei Erhebungen
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
207
dokumentieren diese Schwankungen sehr gut, wenn auch auf einem vergleichsweise
niedrigen Niveau.
3. Programmstichproben 2008/2009
3.1 Stichprobenkonzept
Die ALM-Studie bezieht sich ausschließlich auf den Markt der in Deutschland ausgestrahlten Fernsehvollprogramme. Formal besteht dieser Markt im Jahr 2009 aus
insgesamt 16 Programmen. Für den Wettbewerb auf dem nationalen Zuschauermarkt sind jedoch nur acht Vollprogramme von Bedeutung, die seit Jahren mehr als
zwei Drittel des gesamten Fernsehzuschauermarkts in Deutschland auf sich vereinigten: RTL, RTL II und VOX, Sat.1, ProSieben und kabel eins sowie ARD/Das Erste
und ZDF.12
Diese acht Programme sind die Grundgesamtheit der kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten. Die Stichprobenlogik der ALMStudie wurde im ALM Programmbericht 2005 ausführlich erörtert.13 Sie wird daher
an dieser Stelle nur noch einmal zusammenfassend skizziert.
Grundlage der Programmbeobachtung sind Stichprobenerhebungen, die seit 1998
zweimal pro Jahr durchgeführt werden (vgl. Abb. 3). Jede Teilstichprobe besteht aus
einer bewusst ausgewählten, zusammenhängenden („natürlichen“) Programmwoche.
Im Regelfall wird hierfür im Frühjahr und Herbst jedes Jahres eine Kalenderwoche
von Montag bis Sonntag aufgezeichnet. Bei der Definition von Sendetagen wird die
Konvention der kontinuierlichen Fernsehzuschauerforschung in Deutschland übernommen. Das heißt, die Sendetage der ALM-Studie beginnen jeweils um 3 Uhr und
enden um 3 Uhr des Folgetags.
Die aufgezeichnete Programmstichprobe wird im Rahmen einer Stichprobenkorrektur an die Standardformate der untersuchten Programme angepasst. Hierzu
werden Abweichungen der Programmaufzeichnungen von den Standardformaten
durch Ersatzaufzeichnungen (normalerweise vom gleichen Wochentag der Voroder der Folgewoche) ersetzt. Bei diesen zu korrigierenden Abweichungen handelt
es sich um solche Sendungen, die in den Programmschemata nicht fest verankert
sind. Das sind zumeist Sportübertragungen, aber auch Liveübertragungen von anderen Ereignissen wie der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels
(Herbst 2008) oder dem Besuch von Präsident Obama in Deutschland (Frühjahr
2009) oder auch besondere Showereignisse wie „Das große TV total Turmspringen 2008“ (Herbst 2008).
12
13
Die restlichen acht Lizenzen wurden für private Fernsehvollprogramme vergeben, die sich bisher auf
dem deutschen Fernsehmarkt nicht nachhaltig etabliert haben. Neben drei deutschen Programmen (bw
familiy.tv, DMAX und TIMM) handelt es sich dabei um drei Programme für in Deutschland lebende
Türken (TGRT EU, TürkShow und Samanyolu TV Avrupa) sowie zwei persischsprachige Programme
(MITV und PDF-Channel). Quelle: TV-Sender-Datenbank der ALM, Stichtag: 31. Oktober 2009 (vgl.
http://www.alm.de → Fernsehen → TV-Sender-Datenbank).
Vgl. Weiß, Hans-Jürgen (2005): Konzeption und Methode der ALM-Studie. In: ALM Programmbericht
2005, S. 213-228 (insbes. S. 218-224).
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
208
Abb. 3
STICHPROBEN DER ALM-STUDIE 1998–20091
Laufende Nr.
Zeitraum
Kalenderwoche
Datum
04.05. – 10.05.1998
01
Frühjahr 1998
19. KW
02
Herbst 1998
46. KW
09.11. – 15.11.1998
03
Frühjahr 1999
15. KW
12.04. – 18.04.1999
04
Herbst 1999
42. KW
18.10. – 24.10.1999
05
Frühjahr 2000
11. KW
13.03. – 19.03.2000
06
Herbst 2000
42. KW
16.10. – 22.10.2000
07
Frühjahr 2001
14. KW
02.04. – 08.04.2001
08
Herbst 2001
45. KW
05.11. – 11.11.2001
09
Frühjahr 2002
15. KW
08.04. – 14.04.2002
10
Herbst 2002
42. KW
14.10. – 20.10.2002
11
Frühjahr 2003
13./14. KW
27.03. – 02.04.2003
12
Herbst 2003
43. KW
20.10. – 26.10.2003
13
Frühjahr 2004
12. KW
15.03. – 21.03.2004
14
Herbst 2004
43. KW
18.10. – 24.10.2004
15
Frühjahr 2005
15. KW
11.04. – 17.04.2005
16
Herbst 2005
42. KW
17.10. – 23.10.2005
17
Frühjahr 2006
14. KW
03.04. – 09.04.2006
18
Herbst 2006
41. KW
09.10. – 15.10.2006
19
Frühjahr 2007
13. KW
26.03. – 01.04.2007
20
Herbst 2007
42. KW
15.10. – 21.10.2007
21
Frühjahr 2008
15. KW
07.04. – 13.04.2008
22
Herbst 2008
42. KW
13.10. – 19.10.2008
23
Frühjahr 2009
14. KW
30.03. – 05.04.2009
1 Untersuchte Programme: RTL, RTL II und VOX, Sat.1, ProSieben und kabel eins, ARD/Das Erste und ZDF.
SPORTSENDUNGEN: JAHRESDURCHSCHNITTSWERTE 2008
Tab. 2
(in Prozent)1
Stichprobe2
Vollerhebung3
Differenz
ARD
ZDF
RTL
Sat.1
ProSieben
1,2
7,5
1,3
7,0
1,5
0,6
0,2
–6,3
–5,7
–1,5
–0,6
–0,2
1 Prozentuierungsbasis: 24 Std./Tag; VOX, RTL II und kabel eins haben keine Sportsendungen ausgestrahlt.
2 Daten der ALM-Studie.
3 Daten der AGF/GfK-Fernsehforschung.
Aus diesem Stichprobenkonzept resultiert eine „kontrollierte Unterschätzung“ des
Sportanteils in denjenigen Programmen, in denen Sportübertragungen einen hohen
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
209
Stellenwert haben (für das Jahr 2008 vgl. Tab. 2). Sie wird allerdings durch ein Gewichtungsverfahren in Analysen aufgehoben, die einen Jahresüberblick über das
gesamte Informations- und Unterhaltungsangebot dieser Programme geben.14
3.2 Ereigniskontext
Wie in Abschnitt 2.3 angesprochen ist es für die Interpretation der gewonnenen
Daten zur Themenstruktur in der Berichterstattung unerlässlich, die Nachrichtenlage
in den Zeiten der Stichprobenziehung zu beachten. Deshalb wird der Ergebnisdarstellung der ALM-Studie immer eine Ereignisübersicht vorangestellt.15 An dieser
Stelle werden diese Darstellungen nur kurz zusammengefasst.
In der Zeit der Programmstichprobe im Frühjahr 2008 richtete sich die Medienaufmerksamkeit auf den Fackellauf zu den Olympischen Spielen in Peking und
hierauf bezogene Proteste in der Öffentlichkeit. Damit verbunden waren zumeist
kritische Beiträge zur Tibet- und Menschenrechtspolitik Chinas. Weitere wichtige
Themen waren die Warnung des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank
vor einer weltweiten Hungerkrise und die Krawalle in Haiti wegen steigender Lebensmittelpreise.
Die Berichterstattung im Herbst 2008 war geprägt von der internationalen Finanzkrise. Unter innenpolitischen Aspekten ging es um das sogenannte „Bankenrettungspaket“. Außenpolitisch standen die Pläne zur Bekämpfung der Finanzkrise auf
EU-Ebene im Mittelpunkt und hinsichtlich internationaler Politik die Reaktionen auf
die Finanzkrise in einzelnen Ländern sowie die Planungen der EU und der USA zu
internationalen Krisengipfeln. Außerdem waren der US-amerikanische Präsidentschaftswahlkampf und der Unfalltod des österreichischen Rechtspopulisten Jörg
Haider zentrale Medienthemen.
Im Frühjahr 2009 war die aktuelle Berichterstattung in der Stichprobenwoche
von Geschehnissen im Bereich der internationalen Politik bestimmt: von der Europareise des US-amerikanischen Präsidenten Obama, dem Treffen der G20 in London, dem NATO-Gipfel anlässlich des 60-jährigen Jubiläums der Organisation in
Straßburg, Baden-Baden und Kehl sowie dem EU-USA-Gipfel in Prag. Daneben
stand weiterhin die Wirtschaftskrise im Mittelpunkt der Berichterstattung, insbesondere die Diskussionen um die Abwrackprämie und um die Rettung von Opel.
14
15
Als Ausgangsparameter für die Gewichtung werden die Programmdaten der AGF/GfK-Fernsehforschung herangezogen. In diese Vollerhebung von Programmprotokollen gehen alle innerhalb eines
Jahres ausgestrahlten Sportsendungen ein, auch die Übertragungen.
Vgl. die Stichprobenberichte zur ALM-Studie, zuletzt Stichprobenbericht Frühjahr 2009 (abrufbar
unter http://www.alm.de → Medienforschung/Publikationen → TV-Programmforschung).
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
210
4. Programmcodierung 2008/2009
4.1 Praxis der Programmcodierung
Die Codierung der aufgezeichneten Fernsehprogramme wird von einer siebenköpfigen Forschungsgruppe durchgeführt, auf die das Untersuchungsmaterial nach Wochentagen aufgeteilt wird. Die Programmaufzeichnungen sind mit einem Datumsund Zeitcode versehen, der eine sekundengenaue Vermessung der untersuchten
Sendungen und Beiträge erlaubt.
Zusätzlich zu den Programmaufzeichnungen werden den Codierern weitere
Materialien zur Unterstützung der Programmauswertung zur Verfügung gestellt.
Neben den Programmprotokollen von „Media Control“ und Programmankündigungen der Sender sind das zwei Fernsehprogrammzeitschriften („HÖRZU“, „TV
Hören und Sehen“) für die Untersuchungswoche und die Wochen vor und nach
diesem Zeitraum. Die Anknüpfung an die Codierung früherer Programmstichproben wird durch eine detaillierte Übersicht über die Codierungsdaten für jede bisher
analysierte Sendung sichergestellt.
4.2 Reliabilität der Programmcodierung
Eine der wichtigsten Voraussetzungen für die methodische Qualität einer als Langzeitstudie angelegten Programmanalyse ist es, die Reliabilität bzw. Zuverlässigkeit
der Programmcodierung – im Vergleich der Codierer und im Vergleich der Stichproben – zu gewährleisten. Dieser Zielsetzung dienen umfangreiche Schulungen der
Codierer zu Beginn der Analyse (pro Stichprobe und Untersuchungsstufe im Umfang von jeweils ca. 14 Tagen) sowie standardisierte Reliabilitätstests zu Beginn und
im Verlauf der Programmcodierung.
Die Intercoder-Reliabilität wird durch gesonderte Analysen von Programmaufzeichnungen überprüft, die pro Test ca. 50–70 Untersuchungseinheiten umfassen.
Es handelt sich dabei um vier unterschiedliche Tests, die getrennt voneinander
durchgeführt und ausgewertet werden. Zwei beziehen sich auf die Festlegung der Untersuchungseinheiten der Sendungs- und der Beitragsanalyse. Die beiden anderen Tests
haben die Codierung der Variablen der Sendungs- und der Beitragsanalyse zum Gegenstand. Pro Test werden zwei Werte ausgewiesen: Der Wert für die vollständige Übereinstimmung gibt den Prozentanteil an allen Untersuchungseinheiten an, bei denen alle
am Test beteiligten Codierer dasselbe codiert haben. Der Wert der mehrheitlichen
Übereinstimmung gibt den Prozentanteil an allen Untersuchungseinheiten an, bei denen die Mehrheit aller beteiligten Codierer zu einer gleichen Entscheidung gekommen ist. Die Ergebnisse dieser Tests sind über die Jahre hinweg relativ konstant.
Dies gilt auch für die Reliabilitätswerte, die zu den letzten drei Stichprobenerhebungen im Frühjahr 2008, Herbst 2008 und Frühjahr 2009 ermittelt worden sind (vgl.
Tab. 3).
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
211
Tab. 3
RELIABILITÄTSKOEFFIZIENTEN DER ALM-STUDIE 2008/2009
Mehrheitliche
Übereinstimmung1
Fj. 08
He. 08
Vollständige
Übereinstimmung2
Fj. 09
Fj. 08
He. 08
Fj. 09
FESTLEGUNG DER
UNTERSUCHUNGSEINHEITEN
Sendungsanalyse
Beitragsanalyse
.98
.89
.98
.90
.96
.88
.91
.79
.93
.86
.75
.84
CODIERUNG DER
UNTERSUCHUNGSEINHEITEN
Sendungsanalyse
Beitragsanalyse
.99
.98
1.00
.99
.99
.99
.91
.83
.95
.85
.88
.83
1 Übereinstimmung zwischen mindestens vier der sieben Codiererinnen und Codierer.
2 Übereinstimmung zwischen allen sieben Codiererinnen und Codierern.
-
-
Für die Festlegung der Untersuchungseinheiten der Sendungsanalyse wurde im Vergleich aller sieben Codierer in den drei Stichproben eine mehrheitliche Übereinstimmung von über .95 ermittelt. Im Fall der Beitragsanalyse lag die Quote
mit .88 bis .90 darunter, was aufgrund der komplexeren Entscheidungsstrukturen auf dieser Ebene jedoch nicht überrascht.
Für die Codierung der Untersuchungseinheiten wurden im Rahmen der Sendungsanalyse Reliabilitätskoeffizienten ermittelt, die – in Bezug auf die vollständige
Übereinstimmung aller sieben Codierer – zwischen .88 und .95 liegen. Auch
hier sind die Werte der Beitragsanalyse etwas geringer, die vollständige Übereinstimmung aller Codierer erreicht Werte zwischen 83 und 85 Prozent.
Zusätzlich zu den Reliabilitätstests wird für die Programmstrukturanalyse ein Einzelfallabgleich aller codierten Sendungen, die zu den mehrfach pro Woche ausgestrahlten
Sendungsformaten (Tagesformate, Serien, Reihen etc.) zählen, vorgenommen. Dadurch wird sichergestellt, dass diese Sendungen sowohl innerhalb einzelner Stichproben als auch über alle Stichproben hinweg identisch codiert werden.
5. Auswertungsroutinen und Ergebnispräsentation
5.1 Die dynamische Perspektive: Zeitreihendaten
Im Mittelpunkt der Datenanalysen der ALM-Studie und der Berichterstattung über
ihre Ergebnisse steht eine „dynamische“ Untersuchungsperspektive. In dieser Perspektive werden die Daten der seit 1998 aufgezeichneten Programmstichproben –
bis zum Frühjahr 2009 sind das 23 Messzeitpunkte – als Zeitreihe ausgewertet. Typische Darstellungsform für die Ergebnisse dieser Analysen sind Liniendiagramme.
Diese finden sich immer in den Stichprobenberichten, die auf der Homepage der
ALM veröffentlicht werden.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
212
Eine kurzfristigere Perspektive haben die Tabellen im Anhang zu diesem Beitrag,
in denen die aktuelle Programmentwicklung im Berichterstattungszeitraum 2008/2009
dokumentiert wird. Hierzu werden die Daten der Frühjahrsstichprobe 2009 den
Durchschnittswerten aus der Frühjahrs- und Herbststichprobe 2008 gegenübergestellt.
5.2 Die statische Perspektive: Integrierte Modellierung von Jahresdaten
Zusätzlich zur separaten Darstellung programmstruktureller Entwicklungen auf der
einen Seite (= Ergebnisse der Sendungsanalyse) und inhaltlicher Entwicklungen der
Fernsehpublizistik auf der anderen Seite (= Ergebnisse der Beitragsanalyse) ist es
möglich, die Daten beider Teilanalysen zusammenzuführen und im Rahmen eines
integrierten Analysemodells auszuwerten. In diesem Modell werden die Kategorien
der Sendungs- und Beitragsanalyse so miteinander verknüpft, dass die jeweiligen
Proportionen der Unterhaltungs- und Informationsangebote der untersuchten Programme in Form von „Spektraldiagrammen“ sichtbar gemacht werden können.
Der zeitliche Bezugsrahmen für die Zusammenführung der Ergebnisse der
beiden Teilanalysen der ALM-Studie sind Kalenderjahre. Da sich Programmstatistiken in der Regel auf Kalenderjahre beziehen, werden in diesem Bezugsrahmen, wie
in Abschnitt 3.1 dargestellt, externe Daten von Programmvollerhebungen als Gewichtungsparameter zur Korrektur von Stichprobenfehlern im Bereich der Sportübertragungen genutzt.
Bezogen auf das Jahr 2008 werden diese Diagramme im Anhang zu diesem
Beitrag dokumentiert.
5.3 Die Stichprobenberichte
Eine wichtige Plattform für die kontinuierliche Dokumentation der methodischen
Grundlagen und Ergebnisse der ALM-Studie sind die Stichprobenberichte, die in
den vorstehenden Abschnitten mehrfach erwähnt wurden. Sobald die Auswertung
einer Stichprobenerhebung abgeschlossen ist, wird ein Bericht auf die Homepage der
ALM gestellt; alle Berichte seit 2003 sind dort gespeichert („Archiv“) und abrufbar.16
Neben der Dokumentation der Untersuchungsergebnisse in Form von Tabellen, Liniendiagrammen und Listen sind den Berichten alle zentralen Informationen
zur Methode der ALM-Studie (u.a. zu den Ereigniskontexten der Stichproben und
den Ergebnissen der Reliabilitätstests) sowie die Codepläne für die beiden Teilanalysen zu entnehmen.
16
Vgl. http://www.alm.de → Medienforschung/Publikationen → TV-Programmforschung.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
213
Literatur
GöfaK Medienforschung GmbH (2009): ALM-Fernsehprogrammanalyse. Stichprobenbericht Frühjahr 2009. Potsdam (abrufbar unter http://www.alm.de → Medienforschung/Publikationen → TV-Programmforschung).
Weiß, Hans-Jürgen (2003): Fernsehvollprogramme 2001–2002. Mit einem Blick auf
das Programmangebot zu Beginn des Irakkriegs 2003. In: ALM Jahrbuch 2003,
S. 182-227.
Weiß, Hans-Jürgen (2005): Konzeption und Methode der ALM-Studie. In: ALM
Programmbericht 2005, S. 213-228.
Weiß, Hans-Jürgen/Joachim Trebbe (1994): Öffentliche Streitfragen in privaten Fernsehprogrammen. Zur Informationsleistung von RTL, SAT 1 und PRO 7. Opladen
(Schriftenreihe Medienforschung der LfR Nordrhein-Westfalen; Bd. 15).
Weiß, Hans-Jürgen/Joachim Trebbe (2001): Fernsehinformation. Zur Methode
kontinuierlicher Programmanalysen in einem medienpolitisch aufgeladenen Forschungsfeld. In: Wirth, Werner/Edmund Lauf (Hrsg.): Inhaltsanalyse – Perspektiven, Probleme, Potentiale. Köln, S. 49-71.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
214
Publikationen zur kontinuierlichen
Fernsehprogrammforschung der
Landesmedienanstalten
Programmberichte und Jahrbücher der Landesmedienanstalten
ALM Programmbericht 2008
Maurer, Torsten/Benjamin Fretwurst/Hans-Jürgen Weiß (2009): Programmprofile. Wie sich Fernsehprogramme voneinander abgrenzen
und wie sie sich gleichen. In: ALM Programmbericht 2008, S. 41-61.
Trebbe, Joachim/Jens Woelke (2009): Programmstrategien im Schweizer
Fernsehen. Ergebnisse einer Pilotstudie zur kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung. In: ALM Programmbericht 2008, S. 81-96.
Weiß, Hans-Jürgen (2009): Nachgesehen: Politische Publizistik in privaten
Fernsehvollprogrammen. In: ALM Programmbericht 2008, S. 62-65.
Weiß, Hans-Jürgen (2009): Bildungsfernsehen? Sachpublizistik, Wissensund Wissenschaftsfernsehen. In: ALM Programmbericht 2008, S. 66-80.
Weiß, Hans-Jürgen (2009): Konzeption, Methode und Basisdaten der
ALM-Studie 2007/2008. In: ALM Programmbericht 2008, S. 201-257.
ALM Programmbericht 2007
Maurer, Torsten (2008): Unterhaltungspublizistik in Fernsehvollprogrammen und ihre Nutzung im Frühjahr 2007. In: ALM Programmbericht
2007, S. 67-83.
Schwotzer, Bertil/Jens Vogelgesang (2008): Merchandising und Gewinnspiele in Fernsehvollprogrammen. In: ALM Programmbericht 2007, S. 84-98.
Weiß, Hans-Jürgen (2008): Private Fernsehvollprogramme 1998–2007. Eine 10-Jahres-Bilanz der kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung
der Landesmedienanstalten. In: ALM Programmbericht 2007, S. 37-66.
Weiß, Hans-Jürgen (2008): Konzeption, Methode und Basisdaten der
ALM-Studie 2006/2007. In: ALM Programmbericht 2007, S. 211-263.
Woelke, Jens/Joachim Trebbe (2008): Fernsehprogramme in der Konkurrenz. Programmkonstellationen und Programmstrategien des öffentlich-rechtlichen Fernsehens in Österreich. In: ALM Programmbericht
2007, S. 99-118.
ALM Programmbericht 2006
Maurer, Torsten (2007): Das Nachrichtenangebot deutscher Fernsehvollprogramme im Tagesverlauf. In: ALM Programmbericht 2006, S. 60-81.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
215
Trebbe, Joachim/Jens Woelke (2007): Fernsehen in der Schweiz und in
Österreich. Auf dem Weg zu einer ländervergleichenden Programmforschung. In: ALM Programmbericht 2006, S. 82-105.
Weiß, Hans-Jürgen (2007): Programmkonkurrenz in der Prime Time. In:
ALM Programmbericht 2006, S. 43-59.
Weiß, Hans-Jürgen (2007): Konzeption, Methode und Basisdaten der
ALM-Studie 2005/2006. In: ALM Programmbericht 2006, S. 205-259.
ALM Programmbericht 2005
Maurer, Torsten (2005): Marktversagen: Politische Information im privaten
und öffentlich-rechtlichen Fernsehen. In: ALM Programmbericht 2005,
S. 62-78.
Trebbe, Joachim (2005): Cross-Media Links: Internetverweise im Fernsehen. In: ALM Programmbericht 2005, S. 79-89.
Weiß, Hans-Jürgen (2005): Konkurrenz: Programmwettbewerb auf dem
deutschen Fernsehmarkt. In: ALM Programmbericht 2005, S. 43-61.
Weiß, Hans-Jürgen (2005): Konzeption und Methode der ALM-Studie. In:
ALM Programmbericht 2005, S. 213-228.
ALM Jahrbuch 2004
Trebbe, Joachim (2005): Programmliche Entwicklung der TV-Vollprogramme. In: ALM Jahrbuch 2004, S. 202-208.
ALM Jahrbuch 2003
Weiß, Hans-Jürgen (2003): Fernsehvollprogramme 2001–2002. Mit einem
Blick auf das Programmangebot zu Beginn des Irakkriegs 2003. In:
ALM Jahrbuch 2003, S. 182-227.
ALM Programmbericht 2000/2001
Weiß, Hans-Jürgen (2001): Programmalltag in Deutschland. Das Informations- und Unterhaltungsangebot der deutschen Fernsehvollprogramme 1999–2001. In: ALM Programmbericht 2000/2001, S. 115-174.
ALM Programmbericht 1998/99
Weiß, Hans-Jürgen (1999): Programmalltag in Deutschland. Ein Werkstattbericht aus der kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten. In: ALM Programmbericht 1998/99, S. 69-126.
ALM Programmbericht 1996/97
Weiß, Hans-Jürgen (1997): Programmalltag in Deutschland. Eine Analyse
von sieben Fernsehvollprogrammen im April 1997. In: ALM Programmbericht 1996/97, S. 158-204.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
216
Stichprobenberichte auf der Homepage der ALM
zuletzt GöfaK Medienforschung GmbH (2009): ALM-Fernsehprogrammanalyse. Stichprobenbericht Frühjahr 2009. Potsdam (http://www.alm.
de → Medienforschung/Publikationen → TV-Programmforschung).
Schriftenreihe der Landesmedienanstalten
Trebbe, Joachim (2004): Fernsehen in Deutschland 2003–2004. Programmstrukturen – Programminhalte – Programmentwicklungen. Berlin (Bd. 31).
Weiß, Hans-Jürgen (1998): Auf dem Weg zu einer kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten. Eine Evaluationsund Machbarkeitsstudie. Berlin (Bd. 12).
Weiß, Hans-Jürgen/Joachim Trebbe (2000): Fernsehen in Deutschland
1998–1999. Programmstrukturen – Programminhalte – Programmentwicklungen. Berlin (Bd. 18).
Sonstige Publikationen
mit Bezug zu den Daten oder dem Instrument der ALM-Studie
Baeva, Gergana (2008): Evaluation of the Public Service Broadcasting in Bulgaria. In: Studies in Communication Sciences, Vol. 8, No. 2+3, S. 95-116.
Grossenbacher, René/Joachim Trebbe (Hrsg.) (2009): Qualität in Radio
und Fernsehen. Die inhaltsanalytische Messung konzessionsrechtlicher
Vorgaben für die Radio- und Fernsehprogramme der SRG SSR idée
Suisse. Zürich/Chur.
Kust, Harald/Joachim Trebbe (2009): Sport im Schweizer Fernsehen. Programmstrukturelle Positionierung und Programmformate bei SF, TSR
und TSI. In: Beck, Daniel/Steffen Kolb (Hrsg.): Sport & Medien. Aktuelle Befunde mit Blick auf die Schweiz. Zürich/Chur, S. 51-70.
Maurer, Torsten (2009): Fernsehen – als Quelle politischer Information überschätzt? Eine Bestandsaufnahme des Angebotes und der Nutzung des „politischen Leitmediums“ In: Marcinkowski, Frank/Barbara Pfetsch (Hrsg.): Politik in der Mediendemokratie. Politische Vierteljahresschrift, Sonderheft 42.
Maurer, Torsten (2005): Fernsehnachrichten und Nachrichtenqualität. Eine
Längsschnittstudie zur Nachrichtenentwicklung in Deutschland. München (Schriftenreihe Angewandte Medienforschung; Bd. 32).
Maurer, Torsten/Joachim Trebbe (2006): Fernsehqualität aus der Perspektive des Rundfunkprogrammrechts. In: Weischenberg, Siegfried/Wiebke Loosen/Michael Beuthner (Hrsg.): Medien-Qualitäten. Öffentliche
Kommunikation zwischen ökonomischem Kalkül und Sozialverantwortung. Konstanz (Schriftenreihe der Deutschen Gesellschaft für
Publizistik- und Kommunikationswissenschaft; Bd. 33), S. 37-52.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
217
Park, Joo-Yeun (2004): Programm-Promotion im Fernsehen. Konstanz
(Medien und Märkte; Bd. 13).
Trebbe, Joachim (2008): Unterhaltung im Fernsehen – Operationalisierungsproblem und forschungspraktische Lösung. In: Siegert, Gabriele/
Björn von Rimscha (Hrsg.): Zur Ökonomie der Unterhaltungsproduktion. Köln, S. 88-101.
Trebbe, Joachim (2006): Sponsoring im Schweizer Fernsehen. Ergebnisse
einer viersprachigen Programmanalyse. Bern.
Trebbe, Joachim (2005): Stichprobenkonzepte der kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung in Deutschland. Forschungslogische Probleme
und forschungspraktische Lösungen. In: Gehrau, Volker/Benjamin
Fretwurst/Birgit Krause/Gregor Daschmann (Hrsg.): Auswahlverfahren der Kommunikationswissenschaft. Köln, S. 117-137.
Trebbe, Joachim/Gergana Baeva/Bertil Schwotzer/Steffen Kolb/Harald
Kust (2008): Fernsehprogrammanalyse Schweiz. Methode, Durchführung, Ergebnisse. Zürich/Chur.
Trebbe, Joachim/Torsten Maurer (2007): „Unterhaltungspublizistik“ –
Journalistische Gratwanderungen zwischen Fernsehinformation und
Fernsehunterhaltung. In: Scholl, Armin/Rudi Renger/Bernd Blöbaum
(Hrsg.): Journalismus und Unterhaltung. Theoretische Ansätze und
empirische Befunde. Wiesbaden, S. 211-231.
Trebbe, Joachim/Jens Woelke (2009): International vergleichende Programmforschung. Ein Erhebungsmodell für Deutschland, Österreich
und die Schweiz. In: Schulz, Peter J./Uwe Hartung/Simone Keller
(Hrsg.): Identität und Vielfalt in der Kommunikationswissenschaft.
Konstanz, S. 197-212.
Weiß, Hans-Jürgen/Joachim Trebbe (2001): Fernsehinformation. Zur Methode kontinuierlicher Programmanalysen in einem medienpolitisch
aufgeladenen Forschungsfeld. In: Wirth, Werner/Edmund Lauf (Hrsg.):
Inhaltsanalyse – Perspektiven, Probleme, Potentiale. Köln, S. 49-71.
Woelke, Jens (2008): TV-Programmanalyse. Fernsehvollprogramme in Österreich 2007. Wien (Schriftenreihe der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH; Bd. 1/2008).
Woelke, Jens (2007): TV-Programmanalyse. Fernsehvollprogramme in Österreich 2006. Wien (Schriftenreihe der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH; Bd. 1/2007).
Woelke, Jens/Joachim Trebbe (2008): Fernsehprogrammkonkurrenz. Österreichs Programme im internationalen Wettbewerb. In: Steininger,
Christian/Jens Woelke (Hrsg.): Fernsehen in Österreich 2008. Konstanz, S. 113-126.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
219
ANHANG
Basisdaten der ALM-Studie
2008/2009
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
220
ANHANG – Teil 1
Vergleichstabellen zur Entwicklung deutscher
Fernsehvollprogramme 2008/2009
ERGEBNISSE DER SENDUNGSANALYSE 2008/2009
Tabelle
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
Zeitumfang der Basiselemente der Sendungsanalyse
Basiselemente der Sendungsanalyse / Gesamtsendezeit
Basiselemente der Sendungsanalyse / Prime Time
Anzahl der Programmelemente: TV-Sendungen und TV-Clutter
Zeitumfang der Programmelemente: TV-Sendungen und TV-Clutter
Lizenzprogramme, Regionalfenster, Programmkooperationen
Kurzfristige Programmwiederholungen
Zeitformate der Erstsendungen
Produktionsformen
Produktionsländer
Programmstruktur / Gesamtsendezeit
Programmstruktur / Prime Time
Programmstruktur ohne kurzfristige Wiederholungen
Formate des Kinderprogramms
Genres des fiktionalen Kinderprogramms
Formate der gesamten fiktionalen Fernsehunterhaltung
Genres der gesamten fiktionalen Fernsehunterhaltung
Formate der nonfiktionalen Fernsehunterhaltung
Formate der Fernsehpublizistik
Nachrichtenformate
ERGEBNISSE DER BEITRAGSANALYSE 2008/2009
Tabelle
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
Zeitumfang der Basiselemente der Beitragsanalyse
Basiselemente der Beitragsanalyse / Gesamtsendezeit
Basiselemente der Beitragsanalyse / Prime Time
Themenstruktur der Fernsehpublizistik / Gesamtsendezeit
Themenstruktur der Fernsehpublizistik / Prime Time
Themenstruktur der Fernsehpublizistik ohne kurzfristige Wiederholungen
Themenstruktur der Nachrichtensendungen
Themenstruktur der Magazinsendungen und Reportagen
Themenstruktur der Interview-, Talkformate
Aktualität der Themenbereiche der Fernsehpublizistik
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
221
ZEITUMFANG DER BASISELEMENTE DER SENDUNGSANALYSE
Sendungsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Std.:Min. pro Sendetag)1
Tabelle 1.1
RTL
BASISELEMENTE
Sat.1
ARD
ZDF
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
17:52
19:21
19:01
18:50
22:43
22:51
22:53
22:53
PROGRAMMTRAILER ETC.
Programmverbindungen
Programmüberbrückungen
1:09
1:09
-
1:22
1:22
-
1:33
1:32
0:01
1:27
1:26
0:01
0:55
0:33
0:22
0:49
0:33
0:16
0:46
0:34
0:12
0:47
0:32
0:15
WERBUNG3
Spotwerbung
Teleshopping
Dauerwerbesendungen4
4:55
3:22
1:33
-
3:13
3:13
-
3:23
3:21
0:01
0:01
3:41
3:41
-
0:19
0:19
-
0:17
0:17
-
0:19
0:19
-
0:18
0:18
-
SPONSORING5
Sendungssponsoring
Sonstiges Sponsoring
0:04
0:03
0:01
0:04
0:03
0:01
0:03
0:02
0:01
0:02
0:02
-
0:03
0:03
0:00
0:03
0:03
-
0:02
0:02
-
0:02
0:02
-
24:00
24:00
24:00
24:00
24:00
24:00
24:00
24:00
SENDUNGEN
2
GESAMT
Tabelle 1.2
ProSieben
BASISELEMENTE
VOX
RTL II
kabel eins
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
19:25
19:23
19:16
19:43
17:21
17:22
18:45
18:40
PROGRAMMTRAILER ETC.
Programmverbindungen
Programmüberbrückungen
1:21
1:15
0:06
1:17
1:14
0:03
1:01
1:00
0:01
0:57
0:57
0:00
1:02
0:57
0:05
1:17
1:13
0:04
1:26
1:18
0:08
1:14
1:05
0:09
WERBUNG3
Spotwerbung
Teleshopping
Dauerwerbesendungen4
3:12
3:12
0:00
3:18
3:16
0:02
3:41
3:15
0:26
-
3:18
3:18
-
5:34
4:03
1:30
0:01
5:19
3:49
1:30
-
3:47
3:04
0:43
-
4:05
3:22
0:43
-
SPONSORING5
Sendungssponsoring
Sonstiges Sponsoring
0:02
0:02
0:00
0:02
0:02
-
0:02
0:02
0:00
0:02
0:02
-
0:03
0:03
0:00
0:02
0:02
-
0:02
0:02
0:00
0:01
0:01
-
24:00
24:00
24:00
24:00
24:00
24:00
24:00
24:00
SENDUNGEN
2
GESAMT
1 Berechnungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr).
Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2008, eine Kalenderwoche im Frühjahr 2009.
2 Als Programmverbindungen werden Programmtrailer, Programmhinweise etc.,
als Programmüberbrückungen Videoschleifen, Web-Cams, Wetterbilder etc. zusammengefasst.
3 Vgl. §§ 2, 7, 15, 16, 18 und 44–45a RStV (2009).
4 Ab Tabelle 4 werden die Dauerwerbesendungen den übrigen, nichtwerblichen Sendungen zugeordnet.
5 Vgl. §§ 2 und 8 RStV (2009).
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
222
BASISELEMENTE DER SENDUNGSANALYSE / GESAMTSENDEZEIT
Sendungsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1
Tabelle 2.1
RTL
BASISELEMENTE
SENDUNGEN
2
PROGRAMMTRAILER ETC.
Programmverbindungen
Programmüberbrückungen
WERBUNG3
Spotwerbung
Teleshopping
Dauerwerbesendungen4
SPONSORING5
Sendungssponsoring
Sonstiges Sponsoring
GESAMT
Tabelle 2.2
SENDUNGEN
2
PROGRAMMTRAILER ETC.
Programmverbindungen
Programmüberbrückungen
SPONSORING5
Sendungssponsoring
Sonstiges Sponsoring
GESAMT
ARD
ZDF
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
74,5
80,6
79,3
78,5
94,6
95,2
95,4
95,4
4,8
4,8
-
5,7
5,7
-
6,4
6,3
0,1
6,0
5,9
0,1
3,8
2,3
1,5
3,4
2,3
1,1
3,2
2,4
0,8
3,3
2,2
1,1
20,4
14,0
6,4
-
13,4
13,4
-
14,1
13,9
0,1
0,1
15,3
15,3
-
1,4
1,4
-
1,2
1,2
-
1,3
1,3
-
1,2
1,2
-
0,3
0,2
0,1
0,3
0,2
0,1
0,2
0,2
0,0
0,2
0,2
-
0,2
0,2
0,0
0,2
0,2
-
0,1
0,1
-
0,1
0,1
-
100
100
100
100
100
100
100
100
ProSieben
BASISELEMENTE
WERBUNG3
Spotwerbung
Teleshopping
Dauerwerbesendungen4
Sat.1
VOX
RTL II
kabel eins
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
80,9
80,8
80,3
82,2
72,3
72,4
78,1
77,8
5,6
5,2
0,4
5,4
5,2
0,2
4,2
4,2
0,0
4,0
4,0
0,0
4,3
4,0
0,3
5,3
5,1
0,2
6,0
5,4
0,6
5,1
4,5
0,6
13,3
13,3
0,0
13,7
13,6
0,1
15,4
13,6
1,8
-
13,7
13,7
-
23,2
16,9
6,3
0,0
22,1
15,9
6,2
-
15,8
12,8
3,0
-
17,0
14,0
3,0
-
0,2
0,2
0,0
0,1
0,1
-
0,1
0,1
0,0
0,1
0,1
-
0,2
0,2
0,0
0,2
0,2
-
0,1
0,1
0,0
0,1
0,1
-
100
100
100
100
100
100
100
100
1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr).
Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2008, eine Kalenderwoche im Frühjahr 2009.
2 Als Programmverbindungen werden Programmtrailer, Programmhinweise etc.,
als Programmüberbrückungen Videoschleifen, Web-Cams, Wetterbilder etc. zusammengefasst.
3 Vgl. §§ 2, 7, 15, 16, 18 und 44–45a RStV (2009).
4 Ab Tabelle 4 werden die Dauerwerbesendungen den übrigen, nichtwerblichen Sendungen zugeordnet.
5 Vgl. §§ 2 und 8 RStV (2009).
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
223
BASISELEMENTE DER SENDUNGSANALYSE / PRIME TIME
Sendungsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1
Tabelle 3.1
RTL
BASISELEMENTE
SENDUNGEN
2
PROGRAMMTRAILER ETC.
Programmverbindungen
Programmüberbrückungen
WERBUNG3
Spotwerbung
Teleshopping
Dauerwerbesendungen4
SPONSORING5
Sendungssponsoring
Sonstiges Sponsoring
GESAMT
Tabelle 3.2
SENDUNGEN
2
PROGRAMMTRAILER ETC.
Programmverbindungen
Programmüberbrückungen
SPONSORING5
Sendungssponsoring
Sonstiges Sponsoring
GESAMT
ARD
ZDF
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
77,5
77,5
76,6
75,2
92,1
92,8
91,9
92,2
5,6
5,6
-
7,1
7,1
-
6,1
6,1
-
6,0
6,0
-
2,9
2,9
-
2,9
2,9
-
2,8
2,8
-
2,7
2,7
-
16,6
16,6
-
15,1
15,1
-
17,0
17,0
-
18,6
18,6
-
4,5
4,5
-
3,8
3,8
-
5,0
5,0
-
4,9
4,9
-
0,3
0,2
0,1
0,3
0,3
-
0,3
0,2
0,1
0,2
0,2
-
0,5
0,5
0,0
0,5
0,5
-
0,3
0,3
-
0,2
0,2
-
100
100
100
100
100
100
100
100
ProSieben
BASISELEMENTE
WERBUNG3
Spotwerbung
Teleshopping
Dauerwerbesendungen4
Sat.1
VOX
RTL II
kabel eins
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
77,3
77,1
79,8
82,0
74,0
74,5
75,7
74,5
6,1
6,1
-
6,5
6,5
-
4,5
4,5
-
3,5
3,5
-
5,5
5,5
-
6,9
6,9
-
6,3
6,3
-
5,7
5,7
-
16,2
16,2
0,0
16,0
15,6
0,4
15,5
15,5
-
14,5
14,5
-
20,1
20,1
-
18,4
18,4
-
17,7
17,7
-
19,6
19,6
-
0,4
0,3
0,1
0,4
0,4
-
0,2
0,2
0,0
0,0
0,0
-
0,4
0,4
0,0
0,2
0,2
-
0,3
0,3
0,0
0,2
0,2
-
100
100
100
100
100
100
100
100
1 Prozentuierungsbasis: 5 Stunden pro Tag (18–23 Uhr).
Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2008, eine Kalenderwoche im Frühjahr 2009.
2 Als Programmverbindungen werden Programmtrailer, Programmhinweise etc.,
als Programmüberbrückungen Videoschleifen, Web-Cams, Wetterbilder etc. zusammengefasst.
3 Vgl. §§ 2, 7, 15, 16, 18 und 44–45a RStV (2009).
4 Ab Tabelle 4 werden die Dauerwerbesendungen den übrigen, nichtwerblichen Sendungen zugeordnet.
5 Vgl. §§ 2 und 8 RStV (2009).
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
224
ANZAHL DER PROGRAMMELEMENTE: TV-SENDUNGEN UND TV-CLUTTER
Sendungsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (Fallzahlen in Prozent)1
Tabelle 4.1
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
n=3976
n=2012
n=4298
n=1969
n=2125
n=1023
n=1937
n=935
2
30,2
29,7
34,0
33,5
44,2
44,0
44,2
42,7
PROGRAMMTRAILER ETC.
Sendungspromotion
Senderpromotion
Crosspromotion
Merchandising
Glücksspiele/Lotterien
Social Advertising
Programmüberbrückungen
37,9
34,4
1,7
1,7
0,1
-
41,6
36,3
4,9
0,4
-
38,9
32,2
4,0
1,3
1,0
0,4
39,5
33,4
2,5
1,6
1,6
0,4
30,6
21,4
6,3
0,5
0,7
0,2
0,2
1,3
29,0
22,1
3,3
0,7
1,2
0,4
1,3
37,9
31,1
3,9
0,7
1,3
0,2
0,7
37,4
31,7
2,5
0,6
1,9
0,7
WERBUNG UND SPONSORING
Spotwerbung
Teleshopping
Sendungssponsoring
Sonstiges Sponsoring
31,9
20,6
1,4
7,8
2,1
28,7
21,2
6,9
0,6
27,1
19,0
0,4
6,6
1,1
27,0
21,3
5,7
-
25,2
9,7
15,4
0,1
27,0
9,7
17,3
-
17,9
7,0
10,9
-
19,9
8,6
11,3
-
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
PROGRAMMELEMENTE
SENDUNGEN
Tabelle 4.2
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
n=3719
n=1753
n=3320
n=1585
n=3413
n=1729
n=3418
n=1549
SENDUNGEN2
29,9
29,3
28,7
29,5
29,1
26,4
28,5
32,4
PROGRAMMTRAILER ETC.
Sendungspromotion
Senderpromotion
Crosspromotion
Merchandising
Glücksspiele/Lotterien
Social Advertising
Programmüberbrückungen
42,2
31,0
6,7
1,4
2,0
1,1
43,5
32,4
7,1
1,5
1,9
0,6
43,1
36,8
4,2
1,6
0,0
0,5
42,2
32,8
6,8
2,2
0,4
33,4
22,0
4,9
5,8
0,7
40,8
24,3
10,5
5,7
0,3
45,0
31,1
11,0
1,3
0,9
0,7
42,4
33,2
6,1
1,8
0,4
0,9
WERBUNG UND SPONSORING
Spotwerbung
Teleshopping
Sendungssponsoring
Sonstiges Sponsoring
27,9
20,7
5,7
1,5
27,2
21,5
5,7
-
28,2
21,1
0,3
6,5
0,3
28,3
22,5
5,8
-
37,5
24,3
3,1
9,6
0,5
32,8
20,8
3,9
8,1
-
26,5
20,2
0,8
5,3
0,2
25,2
21,3
0,7
3,2
-
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
PROGRAMMELEMENTE
1 Prozentuierungsbasis: Anzahl der in den Stichproben ermittelten Programmelemente.
2 Ab Tabelle 4 werden die Dauerwerbesendungen den übrigen, nichtwerblichen Sendungen zugeordnet.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
225
ZEITUMFANG DER PROGRAMMELEMENTE: TV-SENDUNGEN UND TV-CLUTTER
Sendungsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1
Tabelle 5.1
RTL
PROGRAMMELEMENTE
Sat.1
ARD
ZDF
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
74,5
80,6
79,4
78,5
94,6
95,2
95,4
95,4
4,8
4,3
0,4
0,1
0,0
-
5,7
4,9
0,8
0,0
-
6,4
5,3
0,8
0,1
0,1
0,1
6,0
5,2
0,5
0,1
0,1
0,1
3,8
1,9
0,4
0,0
0,0
0,0
0,0
1,5
3,4
2,0
0,2
0,0
0,1
0,0
1,1
3,2
2,1
0,2
0,1
0,0
0,0
0,8
3,3
2,0
0,1
0,0
0,1
1,1
WERBUNG UND SPONSORING
Spotwerbung
Teleshopping
Sendungssponsoring
Sonstiges Sponsoring
20,7
14,0
6,4
0,2
0,1
13,7
13,4
0,2
0,1
14,2
13,9
0,1
0,2
0,0
15,5
15,3
0,2
-
1,6
1,4
0,2
0,0
1,4
1,2
0,2
-
1,4
1,3
0,1
-
1,3
1,2
0,1
-
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
SENDUNGEN
2
PROGRAMMTRAILER ETC.
Sendungspromotion
Senderpromotion
Crosspromotion
Merchandising
Glücksspiele/Lotterien
Social Advertising
Programmüberbrückungen
Tabelle 5.2
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
PROGRAMMELEMENTE
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
SENDUNGEN2
80,9
80,9
80,3
82,2
72,3
72,4
78,1
77,8
5,6
4,2
0,8
0,1
0,1
0,4
5,4
3,8
1,0
0,2
0,2
0,2
4,2
3,6
0,5
0,1
0,0
0,0
4,0
3,1
0,8
0,1
0,0
4,3
3,0
0,7
0,3
0,3
5,3
3,4
1,4
0,3
0,2
6,0
4,4
0,9
0,1
0,0
0,6
5,1
3,8
0,5
0,1
0,1
0,6
WERBUNG UND SPONSORING
Spotwerbung
Teleshopping
Sendungssponsoring
Sonstiges Sponsoring
13,5
13,3
0,2
0,0
13,7
13,6
0,1
-
15,5
13,6
1,8
0,1
0,0
13,8
13,7
0,1
-
23,4
16,9
6,3
0,2
0,0
22,3
15,9
6,2
0,2
-
15,9
12,8
3,0
0,1
0,0
17,1
14,0
3,0
0,1
-
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
PROGRAMMTRAILER ETC.
Sendungspromotion
Senderpromotion
Crosspromotion
Merchandising
Glücksspiele/Lotterien
Social Advertising
Programmüberbrückungen
1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr).
Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2008, eine Kalenderwoche im Frühjahr 2009.
2 Ab Tabelle 4 werden die Dauerwerbesendungen den übrigen, nichtwerblichen Sendungen zugeordnet.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
226
LIZENZPROGRAMME, REGIONALFENSTER, PROGRAMMKOOPERATIONEN
Sendungsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1
Tabelle 6.1
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
PRODUKTIONSCHARAKTERISTIK
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
SENDUNGEN
Eigenprogramm
Lizenzprogramme2
Regionalfenster3
ARD/ZDF-Gemeinschaftsprogramm
In Verantwortung der ARD
In Verantwortung des ZDF
74,5
70,1
3,2
1,2
-
80,6
76,5
2,9
1,2
-
79,4
76,7
1,6
1,1
-
78,5
75,9
1,5
1,1
-
94,6
80,3
14,3
7,1
7,2
95,2
81,0
14,2
14,2
-
95,4
81,1
14,3
7,1
7,2
95,4
81,2
14,2
14,2
-
4,8
5,7
6,4
6,0
3,8
3,4
3,2
3,3
WERBUNG UND SPONSORING
PROGRAMMTRAILER ETC.
20,7
13,7
14,2
15,5
1,6
1,4
1,4
1,3
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
Tabelle 6.2
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
PRODUKTIONSCHARAKTERISTIK
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
SENDUNGEN
Eigenprogramm
Lizenzprogramme2
80,9
80,9
-
80,9
80,9
-
80,3
71,4
8,9
82,2
73,3
8,9
72,3
72,3
-
72,4
72,4
-
78,1
78,1
-
77,8
77,8
-
PROGRAMMTRAILER ETC.
5,6
5,4
4,2
4,0
4,3
5,3
6,0
5,1
WERBUNG UND SPONSORING
13,5
13,7
15,5
13,8
23,4
22,3
15,9
17,1
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr).
Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2008, eine Kalenderwoche im Frühjahr 2009.
2 Gesondert lizenzierte Programme, die wie z.B. dctp auf den Frequenzen von RTL, Sat.1 und VOX ausgestrahlt werden.
3 Gesondert lizenzierte Regionalfenster auf den Frequenzen von RTL und Sat.1 (Auseinanderschaltung, werktäglich 30
Minuten). Pro Programm wird eine Fensterversion erfasst.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
227
KURZFRISTIGE PROGRAMMWIEDERHOLUNGEN
Sendungsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1
Tabelle 7.1
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
PRODUKTIONSCHARAKTERISTIK
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
SENDUNGEN
Erstsendungen
Kurzfristige Wiederholungen
Wiederholungen im Tagesintervall
Wiederholungen im Wochenintervall
74,5
52,3
22,2
16,0
6,2
80,6
55,9
24,7
18,9
5,8
79,4
60,4
19,0
14,5
4,5
78,5
62,3
16,2
10,0
6,2
94,6
81,3
13,3
9,8
3,5
95,2
83,6
11,6
7,7
3,9
95,4
83,6
11,8
8,9
2,9
95,4
82,8
12,6
9,0
3,6
4,8
5,7
6,4
6,0
3,8
3,4
3,2
3,3
WERBUNG UND SPONSORING
PROGRAMMTRAILER ETC.
20,7
13,7
14,2
15,5
1,6
1,4
1,4
1,3
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
Tabelle 7.2
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
PRODUKTIONSCHARAKTERISTIK
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
SENDUNGEN
Erstsendungen
Kurzfristige Wiederholungen
Wiederholungen im Tagesintervall
Wiederholungen im Wochenintervall
80,9
59,7
21,2
12,8
8,4
80,9
59,5
21,4
14,1
7,3
80,3
52,7
27,6
20,8
6,8
82,2
52,7
29,5
23,5
6,0
72,3
59,7
12,6
9,4
3,2
72,4
55,1
17,3
14,3
3,0
78,1
63,2
14,9
10,3
4,6
77,8
60,2
17,6
12,7
4,9
5,6
5,4
4,2
4,0
4,3
5,3
6,0
5,1
WERBUNG UND SPONSORING
PROGRAMMTRAILER ETC.
13,5
13,7
15,5
13,8
23,4
22,3
15,9
17,1
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr).
Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2008, eine Kalenderwoche im Frühjahr 2009.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
228
ZEITFORMATE DER ERSTSENDUNGEN
Sendungsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1
Tabelle 8.1
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
PRODUKTIONSCHARAKTERISTIK
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
ERSTSENDUNGEN
Tagesformat2
Regelmäßige Ausstrahlung
Serie
Wochenformat3
Regelmäßige Ausstrahlung
Serie
Andere Zeitformate
Einzelsendungen
52,3
30,0
24,5
5,5
17,0
9,7
7,3
0,8
4,5
55,9
33,8
26,3
7,5
18,4
11,0
7,4
3,7
60,4
35,0
16,9
18,1
16,9
10,6
6,3
0,7
7,8
62,3
40,0
21,9
18,1
16,2
9,9
6,3
0,1
6,0
81,3
37,4
29,9
7,5
20,0
14,6
5,4
7,5
16,4
83,6
37,8
29,8
8,0
20,4
16,0
4,4
2,7
22,7
83,6
39,3
35,3
4,0
28,4
16,5
11,9
1,9
14,0
82,8
39,7
35,5
4,2
25,4
15,9
9,5
2,6
15,1
KURZFRISTIGE WIEDERHOLUNGEN
22,2
24,7
19,0
16,2
13,3
11,6
11,8
12,6
PROGRAMMTRAILER ETC.
4,8
5,7
6,4
6,0
3,8
3,4
3,2
3,3
WERBUNG UND SPONSORING
20,7
13,7
14,2
15,5
1,6
1,4
1,4
1,3
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
Tabelle 8.2
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
PRODUKTIONSCHARAKTERISTIK
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
ERSTSENDUNGEN
Tagesformat2
Regelmäßige Ausstrahlung
Serie
Wochenformat3
Regelmäßige Ausstrahlung
Serie
Andere Zeitformate
Einzelsendungen
59,7
36,0
25,0
11,0
10,9
6,4
4,5
12,8
59,5
31,7
22,4
9,3
11,6
6,5
5,1
1,0
15,2
52,7
26,3
15,7
10,6
21,7
15,7
6,0
0,8
3,9
52,7
22,0
11,5
10,5
21,1
15,0
6,1
1,6
8,0
59,7
25,5
10,8
14,7
23,3
13,4
9,9
10,9
55,1
22,6
11,5
11,1
20,7
14,4
6,3
0,4
11,4
63,2
30,7
14,3
16,4
19,0
6,8
12,2
0,5
13,0
60,2
30,3
14,3
16,0
15,7
8,4
7,3
14,2
KURZFRISTIGE WIEDERHOLUNGEN
21,2
21,4
27,6
29,5
12,6
17,3
14,9
17,6
5,6
5,4
4,2
4,0
4,3
5,3
6,0
5,1
WERBUNG UND SPONSORING
13,5
13,7
15,5
13,8
23,4
22,3
15,9
17,1
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
PROGRAMMTRAILER ETC.
1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr).
Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2008, eine Kalenderwoche im Frühjahr 2009.
2 In der Regel tägliche oder werktägliche Ausstrahlung; in wenigen Ausnahmefällen vier Sendetage pro Woche.
3 In der Regel wöchentliche Ausstrahlung; in wenigen Ausnahmefällen zwei oder drei Sendetage pro Woche.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
229
PRODUKTIONSFORMEN
Sendungsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1
Tabelle 9.1
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
PRODUKTIONSCHARAKTERISTIK
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
ERSTSENDUNGEN
Eigen-, Auftrags-, Koproduktionen
Kaufproduktionen
52,3
45,2
7,1
55,9
47,1
8,8
60,4
51,6
8,8
62,3
56,2
6,1
81,3
66,9
14,4
83,6
71,9
11,7
83,6
69,6
14,0
82,8
72,6
10,2
KURZFRISTIGE WIEDERHOLUNGEN
Eigen-, Auftrags-, Koproduktionen
Kaufproduktionen
22,2
18,6
3,6
24,7
19,3
5,4
19,0
15,8
3,2
16,2
12,7
3,5
13,3
13,3
0,0
11,6
11,6
-
11,8
10,8
1,0
12,6
11,2
1,4
PROGRAMMTRAILER ETC.
4,8
5,7
6,4
6,0
3,8
3,4
3,2
3,3
WERBUNG UND SPONSORING
20,7
13,7
14,2
15,5
1,6
1,4
1,4
1,3
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
Tabelle 9.2
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
PRODUKTIONSCHARAKTERISTIK
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
ERSTSENDUNGEN
Eigen-, Auftrags-, Koproduktionen
Kaufproduktionen
59,7
33,5
26,2
59,5
31,8
27,7
52,7
31,1
21,6
52,7
29,0
23,7
59,7
18,3
41,4
55,1
21,1
34,0
63,2
20,0
43,2
60,2
22,1
38,1
KURZFRISTIGE WIEDERHOLUNGEN
Eigen-, Auftrags-, Koproduktionen
Kaufproduktionen
21,2
11,7
9,5
21,4
10,3
11,1
27,6
11,3
16,3
29,5
11,0
18,5
12,6
2,3
10,3
17,3
5,7
11,6
14,9
6,9
8,0
17,6
8,8
8,8
PROGRAMMTRAILER ETC.
5,6
5,4
4,2
4,0
4,3
5,3
6,0
5,1
WERBUNG UND SPONSORING
13,5
13,7
15,5
13,8
23,4
22,3
15,9
17,1
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr).
Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2008, eine Kalenderwoche im Frühjahr 2009.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
230
PRODUKTIONSLÄNDER
Sendungsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1
Tabelle 10.1
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
PRODUKTIONSCHARAKTERISTIK
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
ERSTSENDUNGEN
Europäische Produktionen
Deutschland 2
Sonstige europäische Länder 3
Produktionen außerhalb Europas
USA 4
Sonstige Länder
52,3
46,0
45,2
0,8
6,3
6,3
-
55,9
47,3
47,1
0,2
8,6
7,1
1,5
60,4
52,5
52,0
0,5
7,9
7,7
0,2
62,3
56,2
56,2
6,1
5,6
0,5
81,3
76,1
69,3
6,8
5,2
4,9
0,3
83,6
77,4
75,2
2,2
6,2
6,2
-
83,6
75,0
70,7
4,3
8,6
7,9
0,7
82,8
77,6
72,6
5,0
5,2
3,8
1,4
KURZFRISTIGE WIEDERHOLUNGEN
Europäische Produktionen
Produktionen außerhalb Europas
22,2
18,9
3,3
24,7
19,3
5,4
19,0
16,1
2,9
16,2
12,7
3,5
13,3
13,3
0,0
11,6
11,6
-
11,8
11,3
0,5
12,6
11,2
1,4
PROGRAMMTRAILER ETC.
4,8
5,7
6,4
6,0
3,8
3,4
3,2
3,3
WERBUNG UND SPONSORING
20,7
13,7
14,2
15,5
1,6
1,4
1,4
1,3
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
Tabelle 10.2
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
PRODUKTIONSCHARAKTERISTIK
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
ERSTSENDUNGEN
Europäische Produktionen
Deutschland 2
Sonstige europäische Länder 3
Produktionen außerhalb Europas
USA 4
Sonstige Länder
59,7
36,0
35,0
1,0
23,7
23,3
0,4
59,5
35,9
34,6
1,3
23,6
22,5
1,1
52,7
33,9
31,6
2,3
18,8
16,6
2,2
52,7
32,6
30,4
2,2
20,1
16,0
4,1
59,7
22,0
18,4
3,6
37,7
32,0
5,7
55,1
25,4
22,0
3,4
29,7
25,1
4,6
63,2
23,9
20,4
3,5
39,3
38,2
1,1
60,2
25,4
23,1
2,3
34,8
34,6
0,2
KURZFRISTIGE WIEDERHOLUNGEN
Europäische Produktionen
Produktionen außerhalb Europas
21,2
12,8
8,4
21,4
12,2
9,2
27,6
12,3
15,3
29,5
12,2
17,3
12,6
3,0
9,6
17,3
6,2
11,1
14,9
7,9
7,0
17,6
10,1
7,5
5,6
5,4
4,2
4,0
4,3
5,3
6,0
5,1
WERBUNG UND SPONSORING
13,5
13,7
15,5
13,8
23,4
22,3
15,9
17,1
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
PROGRAMMTRAILER ETC.
1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr).
Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2008, eine Kalenderwoche im Frühjahr 2009.
2 Alle Produktions- und Kooperationsformen mit deutscher Beteiligung (inkl. DDR).
3 Alle Produktions- und Kooperationsformen mit Beteiligung eines europäischen Landes – unter Ausschluss der
Produktions- und Kooperationsformen mit deutscher Beteiligung.
4 Alle Produktions- und Kooperationsformen mit Beteiligung der USA – unter Ausschluss der Produktions- und
Kooperationsformen mit Beteiligung Deutschlands oder eines anderen europäischen Landes.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
231
PROGRAMMSTRUKTUR / GESAMTSENDEZEIT
Sendungsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1
Tabelle 11.1
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
PROGRAMMCHARAKTERISTIK
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
SENDUNGEN
Fernsehpublizistik
Nachrichtensendungen
Magazinsendungen
Reportagen, Dokumentationen
Interview-, Talkformate
Sondersendungen
Sonstige Formate
Fiktionale Unterhaltung
Nonfiktionale Unterhaltung
Sportsendungen
Kindersendungen
Fiktionale Unterhaltung
Sonstiges
Religiöse Sendungen
74,5
40,9
4,3
13,6
16,8
5,9
0,1
0,2
24,8
7,7
1,1
1,1
-
80,6
44,2
4,3
16,4
18,1
5,4
0,0
25,7
8,9
1,8
1,8
-
79,4
22,0
2,4
12,1
2,9
3,9
0,1
0,6
47,2
10,1
0,1
78,5
22,8
2,2
11,9
6,1
2,6
44,4
10,4
0,9
0,9
0,0
94,6
43,8
9,8
20,5
5,9
4,1
0,3
3,2
37,4
4,1
1,2
8,1
4,3
3,8
0,0
95,2
44,2
9,6
20,3
8,2
3,3
0,4
2,4
37,4
4,9
1,3
7,4
2,7
4,7
0,0
95,4
55,7
9,9
26,0
7,0
5,8
0,7
6,3
28,6
4,6
1,3
4,7
3,4
1,3
0,5
95,4
55,8
10,1
23,9
8,1
6,0
1,8
5,9
28,9
4,1
1,3
4,6
3,3
1,3
0,7
PROGRAMMTRAILER ETC.
4,8
5,7
6,4
6,0
3,8
3,4
3,2
3,3
WERBUNG UND SPONSORING
20,7
13,7
14,2
15,5
1,6
1,4
1,4
1,3
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
Tabelle 11.2
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
PROGRAMMCHARAKTERISTIK
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
SENDUNGEN
Fernsehpublizistik
Nachrichtensendungen
Magazinsendungen
Reportagen, Dokumentationen
Interview-, Talkformate
Sondersendungen
Sonstige Formate
Fiktionale Unterhaltung
Nonfiktionale Unterhaltung
Sportsendungen
Kindersendungen
Fiktionale Unterhaltung
Sonstiges
Religiöse Sendungen
80,9
24,3
0,9
12,9
10,5
0,0
35,6
18,2
2,8
2,8
-
80,9
21,4
0,8
14,3
6,3
0,0
37,2
19,3
3,0
3,0
-
80,3
36,7
1,3
6,7
28,7
36,4
7,2
-
82,2
34,9
1,3
6,6
27,0
0,0
39,9
7,4
-
72,3
17,0
1,5
3,0
12,1
0,4
36,4
10,2
8,7
8,3
0,4
-
72,4
17,7
1,5
3,7
12,5
33,7
13,6
7,4
7,2
0,2
-
78,1
20,5
0,8
6,6
13,1
44,5
8,1
5,0
5,0
0,0
-
77,8
25,3
0,7
7,2
17,4
42,2
6,1
4,2
4,2
-
5,6
5,4
4,2
4,0
4,3
5,3
6,0
5,1
WERBUNG UND SPONSORING
13,5
13,7
15,5
13,8
23,4
22,3
15,9
17,1
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
PROGRAMMTRAILER ETC.
1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr).
Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2008, eine Kalenderwoche im Frühjahr 2009.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
232
PROGRAMMSTRUKTUR / PRIME TIME
Sendungsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1
Tabelle 12.1
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
PROGRAMMCHARAKTERISTIK
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
SENDUNGEN
Fernsehpublizistik
Nachrichtensendungen
Magazinsendungen
Reportagen, Dokumentationen
Interview-, Talkformate
Sondersendungen
Sonstige Formate
Fiktionale Unterhaltung
Nonfiktionale Unterhaltung
Sportsendungen
Kindersendungen
Religiöse Sendungen
77,5
34,5
7,2
15,0
9,5
2,0
0,8
28,2
14,8
-
77,5
35,2
7,5
16,9
9,0
1,8
27,7
14,6
-
76,6
19,2
4,3
10,3
4,6
40,7
16,7
-
75,2
19,4
4,0
8,0
7,4
40,7
10,9
4,2
-
92,1
28,3
12,4
6,1
1,0
7,5
0,8
0,5
45,2
12,8
5,7
0,1
92,8
31,3
11,0
7,1
4,2
7,1
1,7
0,2
38,5
17,0
6,0
-
91,9
38,5
15,3
11,7
6,9
2,6
1,7
0,3
44,9
5,7
2,8
-
92,2
40,9
15,9
9,9
6,9
2,9
5,0
0,3
48,8
2,5
-
5,6
7,1
6,1
6,0
2,9
2,9
2,8
2,7
WERBUNG UND SPONSORING
16,9
15,4
17,3
18,8
5,0
4,3
5,3
5,1
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
PROGRAMMTRAILER ETC.
Tabelle 12.2
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
PROGRAMMCHARAKTERISTIK
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
SENDUNGEN
Fernsehpublizistik
Nachrichtensendungen
Magazinsendungen
Reportagen, Dokumentationen
Interview-, Talkformate
Sondersendungen
Sonstige Formate
Fiktionale Unterhaltung
Nonfiktionale Unterhaltung
Sportsendungen
Kindersendungen
Religiöse Sendungen
77,3
23,9
3,1
15,3
5,5
0,0
31,3
9,1
13,0
-
77,5
21,5
3,1
16,3
2,0
0,1
24,7
16,8
14,5
-
79,8
30,4
14,8
15,6
25,3
24,1
-
82,0
26,9
14,4
12,5
27,7
27,4
-
74,0
16,1
4,4
4,2
7,5
44,7
13,2
-
74,5
25,0
4,5
4,1
16,4
27,5
22,0
-
75,7
29,4
14,3
15,1
34,4
11,9
-
74,5
33,6
11,7
21,9
33,5
7,4
-
PROGRAMMTRAILER ETC.
6,1
6,5
4,5
3,5
5,5
6,9
6,3
5,7
WERBUNG UND SPONSORING
16,6
16,0
15,7
14,5
20,5
18,6
18,0
19,8
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
1 Prozentuierungsbasis: 5 Stunden pro Tag (18–23 Uhr).
Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2008, eine Kalenderwoche im Frühjahr 2009.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
233
PROGRAMMSTRUKTUR OHNE KURZFRISTIGE WIEDERHOLUNGEN
Sendungsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1
Tabelle 13.1
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
PROGRAMMCHARAKTERISTIK
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
ERSTSENDUNGEN
Fernsehpublizistik
Nachrichtensendungen
Magazinsendungen
Reportagen, Dokumentationen
Interview-, Talkformate
Sondersendungen
Sonstige Formate
Fiktionale Unterhaltung
Nonfiktionale Unterhaltung
Sportsendungen
Kindersendungen
Fiktionale Unterhaltung
Sonstiges
Religiöse Sendungen
52,3
30,9
3,1
11,4
12,7
3,4
0,1
0,2
15,6
4,7
1,1
1,1
-
55,9
33,2
2,9
13,5
13,5
3,3
0,0
16,0
4,9
1,8
1,8
-
60,4
21,5
2,4
12,1
2,6
3,8
0,1
0,5
32,6
6,2
0,1
62,3
22,2
2,2
11,9
5,5
2,6
31,2
8,0
0,9
0,9
0,0
81,3
39,0
9,8
17,8
4,8
3,3
0,2
3,1
30,5
3,6
1,2
7,0
3,9
3,1
0,0
83,6
39,7
9,6
17,5
6,5
3,3
0,4
2,4
30,9
4,9
1,2
6,9
2,7
4,2
0,0
83,6
48,2
9,9
22,4
6,3
3,4
0,5
5,7
24,5
4,6
1,3
4,6
3,4
1,2
0,4
82,8
48,2
10,1
20,9
7,4
3,3
1,2
5,3
24,0
4,1
1,3
4,5
3,3
1,2
0,7
KURZFRISTIGE WIEDERHOLUNGEN
22,2
24,7
19,0
16,2
13,3
11,6
11,8
12,6
4,8
5,7
6,4
6,0
3,8
3,4
3,2
3,3
WERBUNG UND SPONSORING
20,7
13,7
14,2
15,5
1,6
1,4
1,4
1,3
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
PROGRAMMTRAILER ETC.
Tabelle 13.2
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
PROGRAMMCHARAKTERISTIK
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
ERSTSENDUNGEN
Fernsehpublizistik
Nachrichtensendungen
Magazinsendungen
Reportagen, Dokumentationen
Interview-, Talkformate
Sondersendungen
Sonstige Formate
Fiktionale Unterhaltung
Nonfiktionale Unterhaltung
Sportsendungen
Kindersendungen
Fiktionale Unterhaltung
Sonstiges
Religiöse Sendungen
59,7
19,7
0,9
10,7
8,1
0,0
25,2
12,0
2,8
2,8
-
59,5
18,1
0,8
11,2
6,1
26,0
12,4
3,0
3,0
-
52,7
27,1
1,3
4,3
21,5
20,5
5,1
-
52,7
24,6
1,3
4,5
18,8
0,0
21,8
6,3
-
59,7
15,9
1,5
2,6
11,5
0,3
26,6
8,6
8,6
8,3
0,3
-
55,1
15,1
1,5
2,9
10,7
22,1
10,5
7,4
7,2
0,2
-
63,2
15,1
0,8
4,4
9,9
36,7
6,4
5,0
5,0
0,0
-
60,2
16,5
0,6
5,0
10,9
33,4
6,1
4,2
4,2
-
KURZFRISTIGE WIEDERHOLUNGEN
21,2
21,4
27,6
29,5
12,6
17,3
14,9
17,6
5,6
5,4
4,2
4,0
4,3
5,3
6,0
5,1
WERBUNG UND SPONSORING
13,5
13,7
15,5
13,8
23,4
22,3
15,9
17,1
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
PROGRAMMTRAILER ETC.
1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr). Stichproben: 2 Kalenderwochen im Jahr 2008, 1 im Frühjahr 2009.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
234
FORMATE DES KINDERPROGRAMMS
Sendungsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1
Tabelle 14.1
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
PROGRAMMCHARAKTERISTIK
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
KINDERPROGRAMM
Fiktionale Unterhaltung
Fernsehfilme, Fernsehserien
Zeichentrick-, Animationsformate
Nonfiktionale Unterhaltung
Information, Infotainment
1,1
1,1
0,4
0,7
-
1,8
1,8
1,1
0,7
-
-
0,9
0,9
0,9
-
8,1
4,3
3,0
1,3
0,8
3,0
7,4
2,7
1,6
1,1
0,2
4,5
4,7
3,4
0,7
2,7
0,6
0,7
4,6
3,3
0,7
2,6
0,7
0,6
73,4
78,8
79,4
77,6
86,5
87,8
90,7
90,8
4,8
5,7
6,4
6,0
3,8
3,4
3,2
3,3
WERBUNG UND SPONSORING
20,7
13,7
14,2
15,5
1,6
1,4
1,4
1,3
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
SONSTIGE SENDUNGEN
PROGRAMMTRAILER ETC.
Tabelle 14.2
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
PROGRAMMCHARAKTERISTIK
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
KINDERPROGRAMM
Fiktionale Unterhaltung
Fernsehfilme, Fernsehserien
Zeichentrick-, Animationsformate
Nonfiktionale Unterhaltung
Information, Infotainment
2,8
2,8
2,8
-
3,0
3,0
3,0
-
-
-
8,7
8,3
8,3
0,4
7,4
7,2
7,2
0,2
5,0
5,0
0,2
4,8
0,0
4,2
4,2
4,2
-
78,1
77,9
80,3
82,2
63,6
65,0
73,1
73,6
5,6
5,4
4,2
4,0
4,3
5,3
6,0
5,1
WERBUNG UND SPONSORING
13,5
13,7
15,5
13,8
23,4
22,3
15,9
17,1
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
SONSTIGE SENDUNGEN
PROGRAMMTRAILER ETC.
1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr).
Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2008, eine Kalenderwoche im Frühjahr 2009.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
235
GENRES DES FIKTIONALEN KINDERPROGRAMMS
Sendungsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1
Tabelle 15.1
PROGRAMMCHARAKTERISTIK
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
1,1
0,7
0,0
0,2
0,2
1,8
0,4
0,3
0,2
0,9
-
0,9
0,9
4,3
1,5
0,1
1,8
0,9
2,7
2,2
0,0
0,5
-
3,4
0,3
0,0
2,3
0,8
3,3
0,5
0,2
1,4
1,2
73,4
78,8
79,4
77,6
90,3
92,5
92,0
92,1
4,8
5,7
6,4
6,0
3,8
3,4
3,2
3,3
WERBUNG UND SPONSORING
20,7
13,7
14,2
15,5
1,6
1,4
1,4
1,3
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
FIKTIONALES KINDERPROGRAMM
Spannung, Action
Spaß, Unterhaltung
Kindheit, Jugend, Familie, Alltag
Fantasy, Märchen
SONSTIGE SENDUNGEN
PROGRAMMTRAILER ETC.
Tabelle 15.2
PROGRAMMCHARAKTERISTIK
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2,8
2,8
-
3,0
3,0
-
-
-
8,3
7,2
0,6
0,5
7,2
6,1
1,1
5,0
2,2
1,2
0,6
1,0
4,2
2,8
1,1
0,2
0,1
78,1
77,9
80,3
82,2
64,0
65,2
73,1
73,6
5,6
5,4
4,2
4,0
4,3
5,3
6,0
5,1
WERBUNG UND SPONSORING
13,5
13,7
15,5
13,8
23,4
22,3
15,9
17,1
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
FIKTIONALES KINDERPROGRAMM
Spannung, Action
Spaß, Unterhaltung
Kindheit, Jugend, Familie, Alltag
Fantasy, Märchen
SONSTIGE SENDUNGEN
PROGRAMMTRAILER ETC.
1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr).
Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2008, eine Kalenderwoche im Frühjahr 2009.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
236
FORMATE DER GESAMTEN FIKTIONALEN FERNSEHUNTERHALTUNG1
Sendungsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)2
Tabelle 16.1
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
PROGRAMMCHARAKTERISTIK
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
FIKTIONALE UNTERHALTUNG
Kinospielfilme
Fernsehfilme, TV-Movies
Fernsehserien, Sitcoms
Zeichentrick-, Animationsserien
25,9
3,3
1,8
20,0
0,8
27,5
4,2
0,5
22,1
0,7
47,2
6,0
5,7
35,5
-
45,3
6,1
4,6
34,6
-
41,7
13,6
9,6
16,9
1,6
40,1
13,8
9,2
16,0
1,1
32,0
8,8
4,1
16,4
2,7
32,2
9,0
5,9
14,7
2,6
SONSTIGE SENDUNGEN
48,6
53,1
32,2
33,2
52,9
55,1
63,4
63,2
4,8
5,7
6,4
6,0
3,8
3,4
3,2
3,3
WERBUNG UND SPONSORING
20,7
13,7
14,2
15,5
1,6
1,4
1,4
1,3
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
PROGRAMMTRAILER ETC.
Tabelle 16.2
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
PROGRAMMCHARAKTERISTIK
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
FIKTIONALE UNTERHALTUNG
Kinospielfilme
Fernsehfilme, TV-Movies
Fernsehserien, Sitcoms
Zeichentrick-, Animationsserien
38,4
13,3
5,2
16,4
3,5
40,2
18,5
1,7
16,1
3,9
36,4
6,5
0,5
29,4
-
39,9
7,3
2,4
30,2
-
44,7
11,6
2,2
22,5
8,4
40,9
13,5
3,4
16,8
7,2
49,5
14,2
0,8
29,7
4,8
46,4
13,8
1,8
26,6
4,2
SONSTIGE SENDUNGEN
42,5
40,7
43,9
42,3
27,6
31,5
28,6
31,4
5,6
5,4
4,2
4,0
4,3
5,3
6,0
5,1
WERBUNG UND SPONSORING
13,5
13,7
15,5
13,8
23,4
22,3
15,9
17,1
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
PROGRAMMTRAILER ETC.
1 Einschließlich fiktionaler Programmangebote für Kinder (vgl. Tabelle 11).
2 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr).
Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2008, eine Kalenderwoche im Frühjahr 2009.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
237
GENRES DER GESAMTEN FIKTIONALEN FERNSEHUNTERHALTUNG1
Sendungsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)2
Tabelle 17.1
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
PROGRAMMCHARAKTERISTIK
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
FIKTIONALE UNTERHALTUNG
Spannungsgenres
Komödien
Unterhaltungsgenres
25,9
27,5
47,2
45,3
41,7
40,1
32,0
32,2
11,4
4,4
10,1
11,0
4,6
11,9
20,3
2,9
24,0
16,6
8,5
20,2
11,9
5,4
24,4
16,1
1,8
22,2
14,9
1,8
15,3
18,3
2,6
11,3
SONSTIGE SENDUNGEN
48,6
53,1
32,2
33,2
52,9
55,1
63,4
63,2
4,8
5,7
6,4
6,0
3,8
3,4
3,2
3,3
WERBUNG UND SPONSORING
20,7
13,7
14,2
15,5
1,6
1,4
1,4
1,3
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
PROGRAMMTRAILER ETC.
Tabelle 17.2
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
PROGRAMMCHARAKTERISTIK
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
FIKTIONALE UNTERHALTUNG
Spannungsgenres
Komödien
Unterhaltungsgenres
38,4
13,8
22,3
2,3
40,2
17,0
20,0
3,2
36,4
15,8
2,8
17,8
39,9
12,9
7,8
19,2
44,7
24,4
17,2
3,1
40,9
24,8
13,1
3,0
49,5
20,3
25,3
3,9
46,4
18,8
25,9
1,7
SONSTIGE SENDUNGEN
42,5
40,7
43,9
42,3
27,6
31,5
28,6
31,4
5,6
5,4
4,2
4,0
4,3
5,3
6,0
5,1
WERBUNG UND SPONSORING
13,5
13,7
15,5
13,8
23,4
22,3
15,9
17,1
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
PROGRAMMTRAILER ETC.
1 Einschließlich fiktionaler Programmangebote für Kinder (vgl. Tabelle 11).
2 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr).
Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2008, eine Kalenderwoche im Frühjahr 2009.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
238
FORMATE DER NONFIKTIONALEN FERNSEHUNTERHALTUNG
Sendungsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1
Tabelle 18.1
PROGRAMMCHARAKTERISTIK
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
7,7
4,4
1,8
1,7
0,5
0,2
0,2
3,2
3,2
0,1
0,1
8,9
6,6
0,9
4,0
1,7
2,3
2,3
-
10,1
9,3
2,4
4,9
1,4
0,6
0,8
0,7
0,1
-
10,4
10,2
0,5
4,3
5,4
0,2
0,1
0,1
-
4,1
3,1
2,1
0,6
0,4
0,7
0,6
0,1
0,3
0,3
4,9
4,6
3,6
1,0
0,3
0,3
4,6
3,0
3,0
1,6
1,6
-
4,1
3,2
3,2
0,9
0,9
-
66,8
71,7
69,3
68,1
90,5
90,3
90,8
91,3
4,8
5,7
6,4
6,0
3,8
3,4
3,2
3,3
WERBUNG UND SPONSORING
20,7
13,7
14,2
15,5
1,6
1,4
1,4
1,3
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
NONFIKTIONALE UNTERHALTUNG
Shows
Quiz-, Unterhaltungs-Shows
Call-In-Quiz, Astro-Shows
Late-Night-, Comedy-, Satire-Shows
”Versteckte Kamera“-, Pannen-Shows
Reality-Shows
Sonstige nonfiktionale Unterhaltung
Musiksendungen
Musik-Shows
Musik-Übertragungen
Videoclip-Sendungen
Sonstige Wortgenres
Kabarett, Satire
SONSTIGE SENDUNGEN
PROGRAMMTRAILER ETC.
Tabelle 18.2
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
PROGRAMMCHARAKTERISTIK
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
NONFIKTIONALE UNTERHALTUNG
Shows
Quiz-, Unterhaltungs-Shows
Call-In-Quiz, Astro-Shows
Late-Night-, Comedy-, Satire-Shows
”Versteckte Kamera“-, Pannen-Shows
Reality-Shows
Sonstige nonfiktionale Unterhaltung
Musiksendungen
Musik-Übertragungen
Videoclip-Sendungen
Sonstige Wortgenres
18,2
18,2
0,9
2,4
6,0
5,8
3,1
-
19,3
19,1
2,6
2,4
5,1
4,8
4,2
0,2
0,2
-
7,2
7,2
0,8
6,4
-
7,4
7,4
1,7
5,7
-
10,2
10,2
1,2
0,2
7,8
1,0
0,0
0,0
-
13,6
13,1
0,8
11,4
0,9
0,5
0,5
-
8,1
8,1
1,8
3,9
2,4
-
6,1
6,1
0,4
4,2
1,5
-
SONSTIGE SENDUNGEN
62,7
61,6
73,1
74,8
62,1
58,8
70,0
71,7
5,6
5,4
4,2
4,0
4,3
5,3
6,0
5,1
WERBUNG UND SPONSORING
13,5
13,7
15,5
13,8
23,4
22,3
15,9
17,1
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
PROGRAMMTRAILER ETC.
1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr).
Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2008, eine Kalenderwoche im Frühjahr 2009.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
239
FORMATE DER FERNSEHPUBLIZISTIK
Sendungsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1
Tabelle 19.1
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
PROGRAMMCHARAKTERISTIK
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
FERNSEHPUBLIZISTIK
Nachrichtensendungen
Universelle Nachrichten
Spezifische Nachrichten
Tagesmagazine
Frühstücksfernsehen
Tageszeitmagazine
Regionalmagazine
Boulevardmagazine
Sonstige Tagesmagazine
Sonstige Magazine
Reportagen, Dokumentationen
Tägliche Interview-, Talkformate
Sonstige Interview-, Talkformate
Sondersendungen
Sonstige Formate
40,9
4,3
4,1
0,2
12,6
7,8
4,8
1,0
16,8
3,8
2,1
0,1
0,2
44,2
4,3
4,0
0,3
14,4
9,4
5,0
2,0
18,1
3,5
1,9
0,0
-
22,0
2,4
2,1
0,3
11,1
9,3
1,8
1,0
2,9
3,4
0,5
0,1
0,6
22,8
2,2
1,9
0,3
11,1
9,7
1,4
0,8
6,1
2,2
0,4
-
43,8
9,8
9,2
0,6
15,2
9,3
2,8
3,1
0,0
5,3
5,9
4,1
0,3
3,2
44,2
9,6
9,0
0,6
14,9
9,2
2,8
2,8
0,1
5,4
8,2
3,3
0,4
2,4
55,7
9,9
8,3
1,6
18,6
9,3
2,8
2,1
4,4
7,4
7,0
5,8
0,7
6,3
55,8
10,1
8,5
1,6
18,4
9,2
2,8
2,1
4,3
5,5
8,1
6,0
1,8
5,9
SONSTIGE SENDUNGEN
33,6
36,4
57,4
55,7
50,8
51,0
39,7
39,6
4,8
5,7
6,4
6,0
3,8
3,4
3,2
3,3
WERBUNG UND SPONSORING
20,7
13,7
14,2
15,5
1,6
1,4
1,4
1,3
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
PROGRAMMTRAILER ETC.
Tabelle 19.2
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
PROGRAMMCHARAKTERISTIK
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
FERNSEHPUBLIZISTIK
Nachrichtensendungen
Universelle Nachrichten
Spezifische Nachrichten
Tagesmagazine
Boulevardmagazine
Sonstige Tagesmagazine
Sonstige Magazine
Reportagen, Dokumentationen
Tägliche Interview-, Talkformate
Sonstige Interview-, Talkformate
Sondersendungen
Sonstige Formate
24,3
0,9
0,8
0,1
12,4
9,3
3,1
0,5
10,5
0,0
21,4
0,8
0,8
0,0
13,6
10,4
3,2
0,7
6,3
0,0
36,7
1,3
1,2
0,1
3,0
3,0
3,7
28,7
-
34,9
1,3
1,2
0,1
3,0
3,0
3,6
27,0
0,0
17,0
1,5
1,5
0,0
3,0
12,1
0,4
17,7
1,5
1,5
3,7
12,5
-
20,5
0,8
0,8
0,0
4,5
4,5
2,1
13,1
-
25,3
0,7
0,7
0,0
4,4
4,4
2,8
17,4
-
SONSTIGE SENDUNGEN
56,6
59,5
43,6
47,3
55,3
54,7
57,6
52,5
5,6
5,4
4,2
4,0
4,3
5,3
6,0
5,1
WERBUNG UND SPONSORING
13,5
13,7
15,5
13,8
23,4
22,3
15,9
17,1
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
PROGRAMMTRAILER ETC.
1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr). Stichproben: 2 Kalenderwochen im Jahr 2008, 1 im Frühjahr 2009.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
240
NACHRICHTENFORMATE
Sendungsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1
Tabelle 20.1
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
PROGRAMMCHARAKTERISTIK
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
NACHRICHTENSENDUNGEN
Universelle Nachrichten
Nachrichten 2
Nachrichtenmagazine
Schlagzeilen/Kurznachrichten 3
Spezifische Nachrichten
Wetternachrichten
Wirtschaftsnachrichten
Sportnachrichten
Regionalnachrichten
Themenspezifische Nachrichten
4,3
4,1
1,4
2,4
0,3
0,2
0,2
-
4,3
4,0
1,5
2,5
0,0
0,3
0,3
-
2,4
2,1
0,9
1,2
0,3
0,3
-
2,2
1,9
0,8
1,1
0,3
0,3
-
9,8
9,2
4,0
2,7
2,5
0,6
0,5
0,1
-
9,6
9,0
4,0
2,5
2,5
0,6
0,5
0,1
-
9,9
8,3
3,5
2,5
2,3
1,6
0,2
0,7
0,7
10,1
8,5
3,8
2,6
2,1
1,6
0,2
0,7
0,7
70,2
76,3
77,0
76,3
84,8
85,6
85,5
85,3
4,8
5,7
6,4
6,0
3,8
3,4
3,2
3,3
WERBUNG UND SPONSORING
20,7
13,7
14,2
15,5
1,6
1,4
1,4
1,3
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
SONSTIGE SENDUNGEN
PROGRAMMTRAILER ETC.
Tabelle 20.2
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
PROGRAMMCHARAKTERISTIK
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
NACHRICHTENSENDUNGEN
Universelle Nachrichten
Nachrichten 2
Nachrichtenmagazine
Schlagzeilen/Kurznachrichten 3
Spezifische Nachrichten
Wetternachrichten
Wirtschaftsnachrichten
Sportnachrichten
Regionalnachrichten
Themenspezifische Nachrichten
0,9
0,8
0,7
0,1
0,1
0,1
-
0,8
0,8
0,7
0,1
0,0
0,0
-
1,3
1,2
1,0
0,2
0,1
0,1
-
1,3
1,2
1,0
0,2
0,1
0,1
-
1,5
1,5
1,5
0,0
0,0
-
1,5
1,5
1,5
-
0,8
0,8
0,6
0,2
0,0
0,0
-
0,7
0,7
0,5
0,2
0,0
0,0
-
80,0
80,1
79,0
80,9
70,8
70,9
77,3
77,1
5,6
5,4
4,2
4,0
4,3
5,3
6,0
5,1
WERBUNG UND SPONSORING
13,5
13,7
15,5
13,8
23,4
22,3
15,9
17,1
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
SONSTIGE SENDUNGEN
PROGRAMMTRAILER ETC.
1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr).
Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2008, eine Kalenderwoche im Frühjahr 2009.
2 Sendungsdauer: mindestens 6 Minuten.
3 Sendungsdauer: weniger als 6 Minuten.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
241
ZEITUMFANG DER BASISELEMENTE DER BEITRAGSANALYSE
Beitragsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Std.:Min. pro Sendetag)1
Tabelle 21.1
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
BASISELEMENTE
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
FERNSEHPUBLIZISTIK
Themenbeiträge2
Moderationen, Trailer etc.3
Unterhaltungsbeiträge4
9:48
9:19
0:23
0:06
10:37
10:01
0:27
0:09
5:15
4:44
0:20
0:11
5:29
4:57
0:22
0:10
10:30
10:10
0:16
0:04
10:37
10:13
0:18
0:06
13:22
12:54
0:23
0:05
13:24
12:51
0:22
0:11
SONSTIGE SENDUNGEN
8:04
8:44
13:47
13:21
12:13
12:14
9:31
9:29
PROGRAMMTRAILER ETC.
1:09
1:22
1:33
1:27
0:55
0:49
0:46
0:47
WERBUNG UND SPONSORING
4:59
3:17
3:25
3:43
0:22
0:20
0:21
0:20
24:00
24:00
24:00
24:00
24:00
24:00
24:00
24:00
GESAMT
Tabelle 21.2
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
BASISELEMENTE
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
FERNSEHPUBLIZISTIK
Themenbeiträge2
Moderationen, Trailer etc.3
Unterhaltungsbeiträge4
5:50
5:35
0:12
0:03
5:09
4:56
0:10
0:03
8:48
8:32
0:16
0:00
8:23
8:09
0:12
0:02
4:06
3:55
0:10
0:01
4:15
4:03
0:11
0:01
4:56
4:47
0:08
0:01
6:05
5:53
0:10
0:02
SONSTIGE SENDUNGEN
13:35
14:16
10:28
11:20
13:16
13:07
13:49
12:35
PROGRAMMTRAILER ETC.
1:21
1:17
1:01
0:57
1:02
1:17
1:26
1:14
WERBUNG UND SPONSORING
3:14
3:18
3:43
3:20
5:36
5:21
3:49
4:06
24:00
24:00
24:00
24:00
24:00
24:00
24:00
24:00
GESAMT
1 Berechnungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr).
Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2008, eine Kalenderwoche im Frühjahr 2009.
2 Die Untersuchungseinheiten der Beitragsanalyse sind thematisch unterscheidbare Beiträge. Ihre Festlegung erfolgt
anhand einer in elf Themenbereiche gegliederten Klassifikationsvariablen.
3 In den untersuchten Sendungen integrierte Aussagen, Einspielungen etc., die eine Übersicht über die Sendung bzw. Teile
der Sendung geben.
4 In den untersuchten Sendungen integrierte Gewinnspiele, Filmausschnitte, Sketche, Musik etc.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
242
BASISELEMENTE DER BEITRAGSANALYSE / GESAMTSENDEZEIT
Beitragsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1
Tabelle 22.1
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
BASISELEMENTE
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
FERNSEHPUBLIZISTIK
Themenbeiträge2
Moderationen, Trailer etc.3
Unterhaltungsbeiträge4
40,9
38,8
1,6
0,5
44,2
41,8
1,8
0,6
22,0
19,8
1,4
0,8
22,8
20,6
1,5
0,7
43,8
42,3
1,2
0,3
44,2
42,6
1,2
0,4
55,7
53,8
1,6
0,3
55,8
53,5
1,5
0,8
SONSTIGE SENDUNGEN
33,6
36,4
57,4
55,7
50,8
51,0
39,7
39,6
4,8
5,7
6,4
6,0
3,8
3,4
3,2
3,3
WERBUNG UND SPONSORING
20,7
13,7
14,2
15,5
1,6
1,4
1,4
1,3
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
PROGRAMMTRAILER ETC.
Tabelle 22.2
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
BASISELEMENTE
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
FERNSEHPUBLIZISTIK
Themenbeiträge2
Moderationen, Trailer etc.3
Unterhaltungsbeiträge4
24,3
23,3
0,8
0,2
21,4
20,5
0,7
0,2
36,7
35,6
1,1
0,0
34,9
33,9
0,9
0,1
17,0
16,3
0,7
0,0
17,7
16,9
0,7
0,1
20,5
19,9
0,5
0,1
25,3
24,5
0,7
0,1
SONSTIGE SENDUNGEN
56,6
59,5
43,6
47,3
55,3
54,7
57,6
52,5
5,6
5,4
4,2
4,0
4,3
5,3
6,0
5,1
WERBUNG UND SPONSORING
13,5
13,7
15,5
13,8
23,4
22,3
15,9
17,1
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
PROGRAMMTRAILER ETC.
1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr).
Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2008, eine Kalenderwoche im Frühjahr 2009.
2 Die Untersuchungseinheiten der Beitragsanalyse sind thematisch unterscheidbare Beiträge. Ihre Festlegung erfolgt
anhand einer in elf Themenbereiche gegliederten Klassifikationsvariablen.
3 In den untersuchten Sendungen integrierte Aussagen, Einspielungen etc., die eine Übersicht über die Sendung bzw. Teile
der Sendung geben.
4 In den untersuchten Sendungen integrierte Gewinnspiele, Filmausschnitte, Sketche, Musik etc.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
243
BASISELEMENTE DER BEITRAGSANALYSE / PRIME TIME
Beitragsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1
Tabelle 23.1
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
BASISELEMENTE
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
FERNSEHPUBLIZISTIK
Themenbeiträge2
Moderationen, Trailer etc.3
Unterhaltungsbeiträge4
34,5
33,0
1,4
0,1
35,2
33,7
1,5
0,0
19,2
18,2
0,6
0,4
19,4
18,9
0,4
0,1
28,3
27,6
0,7
0,0
31,3
30,6
0,7
-
38,5
36,9
1,5
0,1
40,9
39,3
1,5
0,1
SONSTIGE SENDUNGEN
43,0
42,3
57,4
55,8
63,8
61,5
53,4
51,3
5,6
7,1
6,1
6,0
2,9
2,9
2,8
2,7
WERBUNG UND SPONSORING
16,9
15,4
17,3
18,8
5,0
4,3
5,3
5,1
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
PROGRAMMTRAILER ETC.
Tabelle 23.2
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
BASISELEMENTE
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
FERNSEHPUBLIZISTIK
Themenbeiträge2
Moderationen, Trailer etc.3
Unterhaltungsbeiträge4
23,9
23,1
0,6
0,2
21,5
20,5
0,7
0,3
30,4
29,5
0,9
-
26,9
25,9
0,5
0,5
16,1
15,2
0,8
0,1
25,0
23,5
1,4
0,1
29,4
28,3
0,9
0,2
33,6
32,3
1,0
0,3
SONSTIGE SENDUNGEN
53,4
56,0
49,4
55,1
57,9
49,5
46,3
40,9
6,1
6,5
4,5
3,5
5,5
6,9
6,3
5,7
WERBUNG UND SPONSORING
16,6
16,0
15,7
14,5
20,5
18,6
18,0
19,8
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
PROGRAMMTRAILER ETC.
1 Prozentuierungsbasis: 5 Stunden pro Tag (18–23 Uhr).
Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2008, eine Kalenderwoche im Frühjahr 2009.
2 Die Untersuchungseinheiten der Beitragsanalyse sind thematisch unterscheidbare Beiträge. Ihre Festlegung erfolgt
anhand einer in elf Themenbereiche gegliederten Klassifikationsvariablen.
3 In den untersuchten Sendungen integrierte Aussagen, Einspielungen etc., die eine Übersicht über die Sendung bzw. Teile
der Sendung geben.
4 In den untersuchten Sendungen integrierte Gewinnspiele, Filmausschnitte, Sketche, Musik etc.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
244
THEMENSTRUKTUR DER FERNSEHPUBLIZISTIK / GESAMTSENDEZEIT
Beitragsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1
Tabelle 24.1
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
THEMENBEREICHE
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
FERNSEHPUBLIZISTIK
Kontroverse Themen
Politik
Wirtschaft und Gesellschaft
Nichtpolitische Sachthemen
Gesellschaft
Natur, Mensch, Umwelt
Human-Touch-Themen
Zerstreuungsthemen (Personality etc.)
Angstthemen (Kriminalität etc.)
Lebensweltthemen
Verbraucherthemen
Gesundheitsthemen
Sport
Servicethemen (Wetter etc.)
Thematisch nicht klassifizierbar2
40,9
3,1
1,6
1,5
6,1
5,7
0,4
26,2
24,4
1,8
2,2
2,0
0,2
0,7
0,5
2,1
44,2
3,8
2,9
0,9
5,6
5,4
0,2
28,6
26,1
2,5
2,4
2,0
0,4
0,8
0,6
2,4
22,0
1,3
0,8
0,5
7,3
7,0
0,3
8,6
7,8
0,8
2,0
1,6
0,4
0,3
0,3
2,2
22,8
1,4
1,3
0,1
7,0
7,0
9,8
9,1
0,7
2,0
1,4
0,6
0,1
0,3
2,2
43,8
19,3
11,3
8,0
12,7
12,1
0,6
3,2
1,8
1,4
3,2
2,8
0,4
2,0
1,9
1,5
44,2
20,0
14,4
5,6
11,6
10,8
0,8
3,3
1,9
1,4
4,0
2,9
1,1
1,8
1,9
1,6
55,7
17,4
10,4
7,0
21,5
20,7
0,8
6,3
4,0
2,3
4,6
4,0
0,6
2,4
1,6
1,9
55,8
20,9
16,7
4,2
15,9
15,4
0,5
7,5
5,6
1,9
5,4
4,3
1,1
2,2
1,6
2,3
RESTLICHES PROGRAMM
59,1
55,8
78,0
77,2
56,2
55,8
44,3
44,2
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
Tabelle 24.2
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
THEMENBEREICHE
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
FERNSEHPUBLIZISTIK
Kontroverse Themen
Politik
Wirtschaft und Gesellschaft
Nichtpolitische Sachthemen
Gesellschaft
Natur, Mensch, Umwelt
Human-Touch-Themen
Zerstreuungsthemen (Personality etc.)
Angstthemen (Kriminalität etc.)
Lebensweltthemen
Verbraucherthemen
Gesundheitsthemen
Sport
Servicethemen (Wetter etc.)
Thematisch nicht klassifizierbar2
24,3
0,4
0,2
0,2
8,1
8,1
0,0
13,6
13,4
0,2
1,0
0,8
0,2
0,1
0,1
1,0
21,4
0,3
0,3
0,0
5,0
5,0
0,0
13,6
13,4
0,2
1,5
1,2
0,3
0,0
0,1
0,9
36,7
0,4
0,2
0,2
26,0
25,4
0,6
7,3
6,4
0,9
1,8
1,5
0,3
0,0
0,1
1,1
34,9
0,6
0,5
0,1
24,6
24,5
0,1
5,0
3,9
1,1
3,6
3,5
0,1
0,0
0,1
1,0
17,0
0,8
0,3
0,5
6,6
4,2
2,4
7,5
5,1
2,4
1,2
1,0
0,2
0,1
0,1
0,7
17,7
0,7
0,6
0,1
9,1
8,2
0,9
6,0
4,3
1,7
0,9
0,7
0,2
0,1
0,1
0,8
20,5
0,4
0,2
0,2
16,6
16,4
0,2
1,5
1,0
0,5
1,3
1,3
0,0
0,0
0,1
0,6
25,3
0,3
0,3
0,0
18,3
18,3
3,6
3,1
0,5
2,2
2,1
0,1
0,1
0,8
RESTLICHES PROGRAMM
75,7
78,6
63,3
65,1
83,0
82,3
79,5
74,7
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr).
Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2008, eine Kalenderwoche im Frühjahr 2009.
2 Summe der nicht themenspezifischen Moderations- und Unterhaltungsbeiträge (vgl. Tabelle 22, Anmerkungen 3 und 4).
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
245
THEMENSTRUKTUR DER FERNSEHPUBLIZISTIK / PRIME TIME
Beitragsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1
Tabelle 25.1
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
THEMENBEREICHE
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
FERNSEHPUBLIZISTIK
Kontroverse Themen
Politik
Wirtschaft und Gesellschaft
Nichtpolitische Sachthemen
Gesellschaft
Natur, Mensch, Umwelt
Human-Touch-Themen
Zerstreuungsthemen (Personality etc.)
Angstthemen (Kriminalität etc.)
Lebensweltthemen
Verbraucherthemen
Gesundheitsthemen
Sport
Servicethemen (Wetter etc.)
Thematisch nicht klassifizierbar2
34,5
4,0
1,9
2,1
5,0
4,9
0,1
21,4
19,5
1,9
0,8
0,6
0,2
1,2
0,6
1,5
35,2
5,9
3,5
2,4
5,4
5,4
0,0
18,0
16,8
1,2
2,5
2,5
0,0
1,4
0,5
1,5
19,2
2,1
1,4
0,7
7,4
7,3
0,1
6,3
5,4
0,9
1,9
1,8
0,1
0,3
0,2
1,0
19,4
2,1
1,7
0,4
9,0
9,0
6,3
5,7
0,6
1,1
1,0
0,1
0,3
0,1
0,5
28,3
21,5
12,6
8,9
3,1
3,0
0,1
0,3
0,1
0,2
0,4
0,4
0,6
1,7
0,7
31,3
21,4
9,7
11,7
6,6
4,5
2,1
0,6
0,6
0,2
0,2
0,4
1,4
0,7
38,5
18,8
13,0
5,8
12,6
12,6
0,0
2,5
1,9
0,6
0,9
0,9
0,7
1,4
1,6
40,9
25,5
21,1
4,4
6,4
6,4
4,5
3,7
0,8
0,9
0,8
0,1
0,8
1,2
1,6
RESTLICHES PROGRAMM
65,5
64,8
80,8
80,6
71,7
68,7
61,5
59,1
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
Tabelle 25.2
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
THEMENBEREICHE
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
FERNSEHPUBLIZISTIK
Kontroverse Themen
Politik
Wirtschaft und Gesellschaft
Nichtpolitische Sachthemen
Gesellschaft
Natur, Mensch, Umwelt
Human-Touch-Themen
Zerstreuungsthemen (Personality etc.)
Angstthemen (Kriminalität etc.)
Lebensweltthemen
Verbraucherthemen
Gesundheitsthemen
Sport
Servicethemen (Wetter etc.)
Thematisch nicht klassifizierbar2
23,9
0,8
0,4
0,4
13,0
12,9
0,1
6,3
5,5
0,8
2,5
2,3
0,2
0,3
0,2
0,8
21,5
1,0
0,8
0,2
11,2
11,1
0,1
2,1
1,3
0,8
5,9
4,9
1,0
0,2
0,1
1,0
30,4
17,0
16,7
0,3
8,9
8,9
3,6
2,4
1,2
0,0
0,9
26,9
16,1
15,8
0,3
4,2
4,2
5,6
4,9
0,7
1,0
16,1
2,1
0,6
1,5
4,4
4,4
0,0
7,5
6,8
0,7
0,9
0,8
0,1
0,2
0,1
0,9
25,0
1,4
1,2
0,2
12,2
12,2
0,0
6,9
6,1
0,8
2,6
2,0
0,6
0,2
0,2
1,5
29,4
0,4
0,2
0,2
22,9
22,9
2,4
2,4
2,6
2,6
0,0
0,0
1,1
33,6
20,5
20,5
6,5
6,5
5,3
5,3
1,3
RESTLICHES PROGRAMM
76,1
78,5
69,6
73,1
83,9
75,0
70,6
66,4
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
1 Prozentuierungsbasis: 5 Stunden pro Tag (18–23 Uhr). Stichproben: 2 Kalenderwochen im Jahr 2008, 1 im Frühjahr 2009.
2 Summe der nicht themenspezifischen Moderations- und Unterhaltungsbeiträge (vgl. Tabelle 23, Anmerkungen 3 und 4).
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
246
THEMENSTRUKTUR DER FERNSEHPUBL. OHNE KURZFRISTIGE WIEDERHOLUNGEN
Beitragsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1
Tabelle 26.1
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
THEMENBEREICHE
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
FERNSEHPUBL.: ERSTSENDUNGEN
Kontroverse Themen
Politik
Wirtschaft und Gesellschaft
Nichtpolitische Sachthemen
Gesellschaft
Natur, Mensch, Umwelt
Human-Touch-Themen
Zerstreuungsthemen (Personality etc.)
Angstthemen (Kriminalität etc.)
Lebensweltthemen
Verbraucherthemen
Gesundheitsthemen
Sport
Servicethemen (Wetter etc.)
Thematisch nicht klassifizierbar2
30,9
2,4
1,2
1,2
4,5
4,3
0,2
19,4
17,9
1,5
1,8
1,6
0,2
0,6
0,5
1,7
33,2
3,0
2,2
0,8
3,7
3,6
0,1
21,6
19,8
1,8
1,7
1,4
0,3
0,7
0,5
2,0
21,5
1,3
0,8
0,5
7,1
6,8
0,3
8,5
7,7
0,8
1,9
1,5
0,4
0,2
0,3
2,2
22,2
1,4
1,3
0,1
6,4
6,4
9,8
9,1
0,7
2,0
1,4
0,6
0,1
0,3
2,2
39,0
17,2
10,4
6,8
11,3
10,7
0,6
2,5
1,3
1,2
2,8
2,4
0,4
2,0
1,9
1,3
39,7
18,1
13,4
4,7
10,1
9,3
0,8
2,8
1,7
1,1
3,5
2,5
1,0
1,8
1,9
1,5
48,2
16,1
9,4
6,7
18,1
17,4
0,7
4,7
3,0
1,7
3,6
3,1
0,5
2,4
1,6
1,7
48,2
18,2
14,9
3,3
14,0
13,5
0,5
5,8
4,4
1,4
4,5
3,4
1,1
2,2
1,6
1,9
FERNSEHPUBL.: WIEDERHOLUNGEN
10,0
11,0
0,5
0,6
4,8
4,5
7,5
7,6
RESTLICHES PROGRAMM
59,1
55,8
78,0
77,2
56,2
55,8
44,3
44,2
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
Tabelle 26.2
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
THEMENBEREICHE
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
FERNSEHPUBL.: ERSTSENDUNGEN
Kontroverse Themen
Politik
Wirtschaft und Gesellschaft
Nichtpolitische Sachthemen
Gesellschaft
Natur, Mensch, Umwelt
Human-Touch-Themen
Zerstreuungsthemen (Personality etc.)
Angstthemen (Kriminalität etc.)
Lebensweltthemen
Verbraucherthemen
Gesundheitsthemen
Sport
Servicethemen (Wetter etc.)
Thematisch nicht klassifizierbar2
19,7
0,3
0,2
0,1
6,3
6,3
0,0
11,2
11,0
0,2
0,9
0,7
0,2
0,1
0,1
0,8
18,1
0,3
0,3
0,0
4,0
4,0
0,0
11,4
11,2
0,2
1,5
1,2
0,3
0,1
0,1
0,7
27,1
0,4
0,2
0,2
19,9
19,4
0,5
4,7
4,1
0,6
1,2
1,0
0,2
0,0
0,1
0,8
24,6
0,6
0,5
0,1
17,4
17,3
0,1
3,1
2,4
0,7
2,7
2,6
0,1
0,0
0,1
0,7
15,9
0,8
0,3
0,5
6,4
4,0
2,4
6,9
5,1
1,8
0,9
0,7
0,2
0,1
0,1
0,7
15,1
0,7
0,6
0,1
6,9
6,0
0,9
6,0
4,3
1,7
0,6
0,5
0,1
0,1
0,1
0,7
15,1
0,4
0,2
0,2
11,9
11,7
0,2
1,5
1,0
0,5
0,7
0,7
0,0
0,0
0,1
0,5
16,5
0,3
0,3
0,0
11,7
11,7
2,3
1,8
0,5
1,6
1,6
0,0
0,1
0,5
4,6
3,3
9,6
10,3
1,1
2,6
5,4
8,8
RESTLICHES PROGRAMM
75,7
78,6
63,3
65,1
83,0
82,3
79,5
74,7
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
FERNSEHPUBL.: WIEDERHOLUNGEN
1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr). Stichproben: 2 Kalenderwochen im Jahr 2008, 1 im Frühjahr 2009.
2 Summe der nicht themenspezifischen Moderations- und Unterhaltungsbeiträge (vgl. Tabelle 22, Anmerkung 3 und 4).
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
247
THEMENSTRUKTUR DER NACHRICHTENSENDUNGEN
Beitragsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1
Tabelle 27.1
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
t=1:02
t=1:02
t=0:35
t=0:31
t=2:21
t=2:19
t=2:23
t=2:26
KONTROVERSE THEMEN
Politik
Wirtschaft und Gesellschaft
37,3
25,3
12,0
42,9
38,8
4,1
48,2
30,3
17,9
51,7
46,4
5,3
67,7
45,4
22,3
71,6
63,0
8,6
62,8
41,1
21,7
68,5
62,1
6,4
NICHTPOLITISCHE SACHTHEMEN
Gesellschaft
Natur, Mensch, Umwelt
12,3
10,3
2,0
11,9
11,8
0,1
7,3
6,0
1,3
6,3
6,3
-
13,0
11,9
1,1
9,9
9,5
0,4
15,0
14,1
0,9
11,3
11,1
0,2
HUMAN-TOUCH-THEMEN
Zerstreuungsthemen (Personality etc.)
Angstthemen (Kriminalität etc.)
24,6
8,0
16,6
17,9
4,3
13,6
18,2
2,8
15,4
22,5
3,8
18,7
3,9
1,1
2,8
3,7
0,0
3,7
7,1
1,7
5,4
4,2
0,5
3,7
3,2
2,9
0,3
2,2
0,6
1,6
1,4
1,1
0,3
0,8
0,8
0,4
0,1
0,3
0,7
0,5
0,2
0,3
0,2
0,1
1,0
0,2
0,8
THEMENBEREICHE
LEBENSWELTTHEMEN
Verbraucherthemen
Gesundheitsthemen
11,3
13,0
9,9
6,3
3,9
3,9
6,2
7,3
SERVICETHEMEN (WETTER ETC.)
6,2
6,2
13,5
12,4
8,8
8,9
5,3
4,8
MODERATIONEN, TRAILER ETC.
4,7
5,9
1,5
-
2,2
1,3
3,3
2,7
UNTERHALTUNGSBEITRÄGE
0,4
-
-
-
0,1
-
-
0,2
100
100
100
100
100
100
100
SPORT
GESAMT
Tabelle 27.2
100
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
t=0:13
t=0:12
t=0:18
t=0:18
t=0:22
t=0:22
t=0:12
t=0:10
KONTROVERSE THEMEN
Politik
Wirtschaft und Gesellschaft
31,7
19,3
12,4
38,4
33,3
5,1
35,1
20,1
15,0
45,6
38,8
6,8
33,5
15,1
18,4
34,6
29,6
5,0
40,8
24,3
16,5
42,5
37,6
4,9
NICHTPOLITISCHE SACHTHEMEN
Gesellschaft
Natur, Mensch, Umwelt
18,9
17,8
1,1
11,5
11,5
-
21,7
17,2
4,5
13,3
12,7
0,6
22,3
21,5
0,8
21,7
21,5
0,2
13,9
12,7
1,2
16,7
16,7
-
HUMAN-TOUCH-THEMEN
Zerstreuungsthemen (Personality etc.)
Angstthemen (Kriminalität etc.)
28,1
7,2
20,9
28,5
5,9
22,6
30,3
6,1
24,2
24,2
6,9
17,3
29,4
13,7
15,7
26,7
8,0
18,7
22,1
8,6
13,5
22,5
6,2
16,3
LEBENSWELTTHEMEN
Verbraucherthemen
Gesundheitsthemen
2,8
2,8
-
3,7
1,8
1,9
3,0
2,3
0,7
5,0
4,7
0,3
4,0
3,4
0,6
2,5
2,5
-
2,9
2,9
-
2,1
2,1
THEMENBEREICHE
SPORT
6,6
5,7
0,7
2,9
4,0
5,2
5,2
-
SERVICETHEMEN (WETTER ETC.)
7,9
7,4
4,8
4,5
3,2
4,5
9,6
9,0
MODERATIONEN, TRAILER ETC.
4,0
4,8
4,4
4,5
3,6
4,8
5,5
7,2
UNTERHALTUNGSBEITRÄGE
-
-
-
-
-
-
-
-
100
100
100
100
100
100
100
100
GESAMT
1 Prozentuierungsbasis: Jeweiliger Zeitumfang der als Nachrichtensendungen klassifizierten Sendungen in Std.:Min. pro
Sendetag.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
248
THEMENSTRUKTUR DER MAGAZINSENDUNGEN UND REPORTAGEN
Beitragsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1
Tabelle 28.1
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
t=7:17
t=8:17
t=3:37
t=4:20
t=6:20
t=6:50
t=7:54
t=7:40
4,0
1,1
2,9
3,9
1,7
2,2
0,6
0,3
0,3
1,1
1,1
-
30,6
13,0
17,6
36,2
24,9
11,3
25,3
13,4
11,9
28,3
20,9
7,4
NICHTPOLITISCHE SACHTHEMEN
Gesellschaft
Natur, Mensch, Umwelt
13,8
13,6
0,2
12,8
12,8
-
42,6
42,2
0,4
36,1
36,1
-
40,5
38,9
1,6
35,0
32,5
2,5
47,9
45,8
2,1
37,5
36,3
1,2
HUMAN-TOUCH-THEMEN
Zerstreuungsthemen (Personality etc.)
Angstthemen (Kriminalität etc.)
68,9
65,1
3,8
70,5
65,1
5,4
32,2
29,1
3,1
40,0
38,2
1,8
9,8
5,6
4,2
10,0
6,4
3,6
10,9
5,9
5,0
17,1
12,8
4,3
LEBENSWELTTHEMEN
Verbraucherthemen
Gesundheitsthemen
6,6
6,0
0,6
5,9
5,0
0,9
12,0
10,1
1,9
10,9
7,9
3,0
6,1
5,5
0,6
7,1
4,8
2,3
4,0
3,4
0,6
5,7
3,5
2,2
SPORT
0,7
0,7
0,0
0,1
6,2
4,9
5,1
4,5
SERVICETHEMEN (WETTER ETC.)
0,8
0,9
0,1
0,0
3,4
3,4
3,0
3,1
MODERATIONEN, TRAILER ETC.
3,9
4,2
7,9
8,0
2,7
3,1
2,8
2,9
UNTERHALTUNGSBEITRÄGE
1,3
1,1
4,6
3,8
0,7
0,3
1,0
0,9
100
100
100
100
100
100
100
100
THEMENBEREICHE
KONTROVERSE THEMEN
Politik
Wirtschaft und Gesellschaft
GESAMT
Tabelle 28.2
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
t=5:37
t=4:56
t=8:30
t=6:05
t=3:39
t=3:52
t=4:44
t=5:54
0,4
0,1
0,3
0,0
0,0
-
-
-
2,2
0,7
1,5
1,2
1,1
0,1
0,4
0,2
0,2
0,0
0,0
-
NICHTPOLITISCHE SACHTHEMEN
Gesellschaft
Natur, Mensch, Umwelt
34,1
34,1
0,0
23,8
23,6
0,2
72,6
71,1
1,5
72,6
72,3
0,3
41,3
25,6
15,7
54,2
48,6
5,6
83,8
82,9
0,9
73,8
73,8
-
HUMAN-TOUCH-THEMEN
Zerstreuungsthemen (Personality etc.)
Angstthemen (Kriminalität etc.)
57,3
57,1
0,2
64,9
64,8
0,1
19,4
17,8
1,6
14,0
11,3
2,7
46,7
32,4
14,3
34,6
25,8
8,8
6,5
4,4
2,1
14,2
12,7
1,5
4,0
3,0
1,0
7,1
5,6
1,5
5,1
4,2
0,9
10,6
10,2
0,4
5,2
3,9
1,3
5,3
4,3
1,0
6,3
6,3
0,0
8,9
8,5
0,4
SPORT
-
-
-
-
-
0,2
-
-
SERVICETHEMEN (WETTER ETC.)
0,0
-
0,0
0,0
0,1
0,0
0,0
-
MODERATIONEN, TRAILER ETC.
3,4
3,2
2,9
2,4
4,3
4,2
2,6
2,5
UNTERHALTUNGSBEITRÄGE
0,8
1,0
0,0
0,4
0,2
0,3
0,4
0,6
100
100
100
100
100
100
100
100
THEMENBEREICHE
KONTROVERSE THEMEN
Politik
Wirtschaft und Gesellschaft
LEBENSWELTTHEMEN
Verbraucherthemen
Gesundheitsthemen
GESAMT
1 Prozentuierungsbasis: Jeweiliger Zeitumfang der als Magazinsendungen und als Reportagen und Dokumentationen
klassifizierten Sendungen in Std.:Min pro Sendetag.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
249
THEMENSTRUKTUR DER INTERVIEW-, TALKFORMATE
Beitragsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1
Tabelle 29.1
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
t=1:24
t=1:18
t=0:56
t=0:38
t=1:00
t=0:47
t=1:23
t=1:27
2,2
1,2
1,0
10,5
10,5
-
-
1,9
1,9
-
93,4
66,4
27,0
73,9
27,5
46,4
34,9
26,8
8,1
51,7
35,4
16,3
NICHTPOLITISCHE SACHTHEMEN
Gesellschaft
Natur, Mensch, Umwelt
23,3
19,4
3,9
13,6
10,3
3,3
11,0
5,4
5,6
14,6
14,6
-
2,3
2,3
-
13,0
13,0
-
38,2
38,2
-
14,2
14,2
-
HUMAN-TOUCH-THEMEN
Zerstreuungsthemen (Personality etc.)
Angstthemen (Kriminalität etc.)
68,9
68,9
-
64,6
64,6
-
83,1
83,1
-
81,2
81,2
-
2,9
2,9
-
1,0
1,0
18,0
16,0
2,0
14,6
11,9
2,7
1,6
1,6
-
4,3
4,3
-
-
-
-
9,4
9,4
4,8
1,7
3,1
10,7
9,1
1,6
-
THEMENBEREICHE
KONTROVERSE THEMEN
Politik
Wirtschaft und Gesellschaft
LEBENSWELTTHEMEN
Verbraucherthemen
Gesundheitsthemen
SPORT
-
-
-
-
-
-
2,2
SERVICETHEMEN (WETTER ETC.)
0,2
0,5
-
-
-
-
0,0
-
MODERATIONEN, TRAILER ETC.
3,3
2,4
3,8
2,3
1,4
2,3
1,9
2,1
UNTERHALTUNGSBEITRÄGE
0,5
4,1
2,1
-
-
0,4
-
6,7
100
100
100
100
100
100
100
100
GESAMT
Tabelle 29.2
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
t=0:00
t=0:00
t=0:00
t=0:00
t=0:00
t=0:00
t=0:00
t=0:00
KONTROVERSE THEMEN
Politik
Wirtschaft und Gesellschaft
-
-
-
-
-
-
-
-
NICHTPOLITISCHE SACHTHEMEN
Gesellschaft
Natur, Mensch, Umwelt
-
-
-
-
-
-
-
-
HUMAN-TOUCH-THEMEN
Zerstreuungsthemen (Personality etc.)
Angstthemen (Kriminalität etc.)
-
-
-
-
-
-
-
-
LEBENSWELTTHEMEN
Verbraucherthemen
Gesundheitsthemen
-
-
-
-
-
-
-
-
SPORT
-
-
-
-
-
-
-
-
SERVICETHEMEN (WETTER ETC.)
-
-
-
-
-
-
-
-
MODERATIONEN, TRAILER ETC.
-
-
-
-
-
-
-
-
UNTERHALTUNGSBEITRÄGE
-
-
-
-
-
-
-
-
GESAMT
-
-
-
-
-
-
-
-
THEMENBEREICHE
1 Prozentuierungsbasis: Jeweiliger Zeitumfang der als Interview-, Talkformate klassifizierten Sendungen in Std.:Min pro
Sendetag.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
250
AKTUALITÄT DER THEMENBEREICHE DER FERNSEHPUBLIZISTIK
Beitragsanalyse 2008 / Frühjahr 2009 (in Prozent)1
Tabelle 30.1
KONTROVERSE THEMEN
Tagesaktuell
Wochenaktuell
Nicht aktuell
GESAMT
NICHTPOLITISCHE SACHTHEMEN
Tagesaktuell
Wochenaktuell
Nicht aktuell
GESAMT
HUMAN-TOUCH-THEMEN
Tagesaktuell
Wochenaktuell
Nicht aktuell
GESAMT
LEBENSWELTTHEMEN
Tagesaktuell
Wochenaktuell
Nicht aktuell
GESAMT
ALLE VIER THEMENBEREICHE
Tagesaktuell
Wochenaktuell
Nicht aktuell
GESAMT
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
t=0:44
t=0:55
t=0:19
t=0:20
t=4:39
t=4:48
t=4:10
t=5:02
69,5
6,6
23,9
81,4
2,1
16,5
99,4
0,6
91,5
8,5
69,1
8,7
22,2
72,6
4,5
22,9
73,6
6,7
19,7
84,4
3,7
11,9
100
100
100
100
100
100
100
100
t=1:28
t=1:21
t=1:45
t=1:41
t=3:03
t=2:48
t=5:10
t=3:49
21,9
0,1
78,0
26,8
0,2
73,0
15,4
6,9
77,7
11,6
2,4
86,0
32,9
4,7
62,4
32,6
1,0
66,4
30,0
6,5
63,5
28,8
2,2
69,0
100
100
100
100
100
100
100
100
t=6:18
t=6:51
t=2:03
t=2:22
t=0:46
t=0:48
t=1:30
t=1:48
17,3
3,0
79,7
19,6
3,1
77,3
13,9
3,3
82,8
20,2
3,5
76,3
80,5
19,5
68,1
0,9
31,0
57,5
4,5
38,0
51,1
5,6
43,3
100
100
100
100
100
100
100
100
t=0:32
t=0:34
t=0:29
t=0:29
t=0:47
t=0:57
t=1:06
t=1:18
7,5
1,7
90,8
23,4
76,6
7,5
8,3
84,2
28,3
71,7
21,7
1,8
76,5
64,0
0,3
35,7
21,4
0,0
78,6
40,4
6,8
52,8
100
100
100
100
100
100
100
100
t=9:02
t=9:41
t=4:36
t=4:52
t=9:15
21,7
2,7
75,6
26,6
2,4
71,0
19,6
5,0
75,4
22,8
2,5
74,7
54,1
6,1
39,8
59,4
2,7
37,9
47,9
5,7
46,4
56,8
3,9
39,3
100
100
100
100
100
100
100
100
t=9:21 t=11:56 t=11:57
1 Prozentuierungsbasis: Zeitumfang der Beiträge pro Sendetag, die dem jeweiligen Themenbereich zuzurechnen sind (ohne
Service, Sport, Moderations- und Unterhaltungsbeiträge).
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
251
Tabelle 30.2
KONTROVERSE THEMEN
Tagesaktuell
Wochenaktuell
Nicht aktuell
GESAMT
NICHTPOLITISCHE SACHTHEMEN
Tagesaktuell
Wochenaktuell
Nicht aktuell
GESAMT
HUMAN-TOUCH-THEMEN
Tagesaktuell
Wochenaktuell
Nicht aktuell
GESAMT
LEBENSWELTTHEMEN
Tagesaktuell
Wochenaktuell
Nicht aktuell
GESAMT
ALLE VIER THEMENBEREICHE
Tagesaktuell
Wochenaktuell
Nicht aktuell
GESAMT
ProSieben
2008
Fj. 09
t=0:05
t=0:05
99,3
0,7
98,4
1,6
100
100
t=1:57
10,0
13,7
76,3
VOX
2008
RTL II
kabel eins
Fj. 09
2008
Fj. 09
2008
Fj. 09
t=0:06
t=0:08
t=0:12
t=0:10
t=0:06
t=0:05
100,0
-
100,0
-
57,6
21,2
21,2
73,7
26,3
-
77,7
22,3
99,0
1,0
100
100
100
100
100
100
t=1:12
t=6:14
t=5:55
t=1:35
t=2:11
t=4:00
t=4:23
9,1
11,4
79,5
0,9
0,3
98,8
0,5
0,6
98,9
4,1
6,6
89,3
2,9
2,0
95,1
0,6
5,1
94,3
1,9
4,5
93,6
100
100
100
100
100
100
100
100
t=3:17
t=3:16
t=1:44
t=1:12
t=1:49
t=1:26
t=0:21
t=0:53
11,5
2,3
86,2
11,7
1,8
86,5
7,2
0,8
92,0
8,5
91,5
5,7
1,8
92,5
6,4
2,0
91,6
12,9
87,1
4,5
5,1
90,4
100
100
100
100
100
100
100
100
t=0:14
t=0:22
t=0:26
t=0:52
t=0:17
t=0:13
t=0:18
t=0:32
5,0
1,0
94,0
2,0
98,0
2,1
97,9
0,7
0,3
99,0
3,6
2,5
93,9
4,4
95,6
1,3
98,7
1,0
4,3
94,7
100
100
100
100
100
100
100
100
t=5:33
t=4:55
t=8:30
t=8:07
t=3:53
t=4:00
t=4:45
t=5:53
12,1
6,2
81,7
11,7
4,0
84,3
3,5
0,4
96,1
3,4
0,5
96,1
7,5
4,8
87,7
7,3
3,0
89,7
3,3
4,2
92,5
3,5
4,5
92,0
100
100
100
100
100
100
100
100
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
252
ANHANG – Teil 2
Kuchendiagramme zum Spektrum der
Unterhaltungs- und Informationsangebote
deutscher Fernsehvollprogramme 2008
BASISDATEN 2008
Tabelle
1 Fernsehunterhaltung und Fernsehinformation 2008
UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE 2008
Abbildung
1 ARD/Das Erste
2 ZDF
3 RTL
4 Sat.1
5 VOX
6 RTL II
7 ProSieben
8 kabel eins
Die Abbildungen in diesem Teil des Anhangs beruhen auf den fusionierten Daten
der beiden im Kalenderjahr 2008 aufgezeichneten und ausgewerteten Programmstichproben, die zum Teil – wie in Abschnitt 3.1 dieses Beitrags dargestellt – anhand
externer Gewichtungsparameter korrigiert wurden. Durch die Verknüpfung der
Kategorien der Sendungs- und der Beitragsanalyse werden die jeweiligen Proportionen der Unterhaltungs- und Informationsangebote der sechs privaten und zwei
öffentlich-rechtlichen Programme in Form von „Spektraldiagrammen“ sichtbar
gemacht. Den Abbildungen wird eine Vergleichstabelle mit den Basisdaten für die
grafische Einzeldarstellung der acht Programme vorangestellt.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
253
FERNSEHUNTERHALTUNG UND FERNSEHINFORMATION 2008
Tab. 1
(Sendungs- und Beitragsanalyse, Zeitumfang pro Tag in Prozent, gewichtet)1
PROGRAMMCHARAKTERISTIK
ARD
ZDF
RTL
Sat.1
VOX
RTL II
Pro- kabel
Sieben eins
UNTERHALTUNG
44
35
32
57
43
55
56
57
Fiktionale Unterhaltung
Nonfiktionale Unterhaltung
39
5
30
5
25
7
47
10
36
7
45
10
38
18
49
8
INFORMATION UND
UNTERHALTUNG
12
15
28
10
7
8
14
2
7
2
3
7
2
6
1
1
26
1
0
9
0
7
0
8
0
0
14
0
2
37
43
12
11
29
9
9
18
19
27
9
10
28
8
9
18
18
16
3
1
1
1
0
0
Sportsendungen
Sportpublizistik
Unterhaltungspublizistik
INFORMATION
Sach-, Lebensweltpublizistik / Service
Politische Publizistik /
Kontroverse Themen
SONSTIGES
5
5
7
8
5
5
7
7
Restliches Programm
Programmtrailer etc.
1
4
2
3
2
5
2
6
1
4
1
4
1
6
1
6
WERBUNG, SPONSORING
2
2
21
14
16
23
14
16
100
100
100
100
100
100
100
100
GESAMT
1 Ausgangsparameter für die Gewichtung sind die Jahresdurchschnittswerte der GfK-Fernsehforschung für
das Angebot an Sportsendungen (einschließlich Übertragungen).
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
254
Abb. 1
UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE 2008
ARD/Das Erste
5% 2%
44%
37%
Unterhaltung
39% Fiktionale Unterhaltung
5% Nonfiktionale Unterhaltung
Information und Unterhaltung
7% Sportsendungen
3% Zusätzliche Sportpublizistik
2% Unterhaltungspublizistik
Information
19% Sach-, Lebensweltpubl./Service
18% Polit. Publizistik/Kontr. Themen
Sonstiges
1% Restliches Programm
4% Programmtrailer/-überbrückungen
Werbung, Teleshopping, Sponsoring
12%
Abb. 2
UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE 2008
ZDF
5% 2%
35%
43%
15%
Unterhaltung
30% Fiktionale Unterhaltung
5% Nonfiktionale Unterhaltung
Information und Unterhaltung
7% Sportsendungen
2% Zusätzliche Sportpublizistik
6% Unterhaltungspublizistik
Information
27% Sach-, Lebensweltpubl./Service
16% Polit. Publizistik/Kontr. Themen
Sonstiges
2% Restliches Programm
3% Programmtrailer/-überbrückungen
Werbung, Teleshopping, Sponsoring
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
255
Abb. 3
UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE 2008
RTL
21%
Unterhaltung
25% Fiktionale Unterhaltung
7% Nonfiktionale Unterhaltung
Information und Unterhaltung
1% Sportsendungen
1% Zusätzliche Sportpublizistik
26% Unterhaltungspublizistik
Information
9% Sach-, Lebensweltpubl./Service
3% Polit. Publizistik/Kontr. Themen
Sonstiges
2% Restliches Programm
5% Programmtrailer/-überbrückungen
Werbung, Teleshopping, Sponsoring
Abb. 4
32%
7%
12%
28%
UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE 2008
Sat.1
14%
Unterhaltung
47% Fiktionale Unterhaltung
10% Nonfiktionale Unterhaltung
Information und Unterhaltung
1% Sportsendungen
0% Zusätzliche Sportpublizistik
9% Unterhaltungspublizistik
Information
10% Sach-, Lebensweltpubl./Service
1% Polit. Publizistik/Kontr. Themen
Sonstiges
2% Restliches Programm
6% Programmtrailer/-überbrückungen
Werbung, Teleshopping, Sponsoring
8%
11%
57%
10%
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
256
Abb. 5
UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE 2008
VOX
16%
5%
43%
29%
7%
Abb. 6
Unterhaltung
36% Fiktionale Unterhaltung
7% Nonfiktionale Unterhaltung
Information und Unterhaltung
- Sportsendungen
0% Zusätzliche Sportpublizistik
7% Unterhaltungspublizistik
Information
28% Sach-, Lebensweltpubl./Service
1% Polit. Publizistik/Kontr. Themen
Sonstiges
1% Restliches Programm
4% Programmtrailer/-überbrückungen
Werbung, Teleshopping, Sponsoring
UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE 2008
RTL II
23%
5%
55%
9%
8%
Unterhaltung
45% Fiktionale Unterhaltung
10% Nonfiktionale Unterhaltung
Information und Unterhaltung
- Sportsendungen
0% Zusätzliche Sportpublizistik
8% Unterhaltungspublizistik
Information
8% Sach-, Lebensweltpubl./Service
1% Polit. Publizistik/Kontr. Themen
Sonstiges
1% Restliches Programm
4% Programmtrailer/-überbrückungen
Werbung, Teleshopping, Sponsoring
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
257
Abb. 7
UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE 2008
ProSieben
14%
Unterhaltung
38% Fiktionale Unterhaltung
18% Nonfiktionale Unterhaltung
Information und Unterhaltung
0% Sportsendungen
0% Zusätzliche Sportpublizistik
14% Unterhaltungspublizistik
Information
9% Sach-, Lebensweltpubl./Service
0% Polit. Publizistik/Kontr. Themen
Sonstiges
1% Restliches Programm
6% Programmtrailer/-überbrückungen
Werbung, Teleshopping, Sponsoring
Abb. 8
7%
9%
56%
14%
UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE 2008
kabel eins
16%
Unterhaltung
49% Fiktionale Unterhaltung
8% Nonfiktionale Unterhaltung
Information und Unterhaltung
- Sportsendungen
0% Zusätzliche Sportpublizistik
2% Unterhaltungspublizistik
Information
18% Sach-, Lebensweltpubl./Service
0% Polit. Publizistik/Kontr. Themen
Sonstiges
1% Restliches Programm
6% Programmtrailer/-überbrückungen
Werbung, Teleshopping, Sponsoring
7%
57%
18%
2%
FORSCHUNGSBIBLIOGRAPHIE
DOKUMENTATION • FERNSEHPROGRAMMFORSCHUNG IN DEUTSCHLAND 2008/2009
259
Fernsehprogrammforschung in
Deutschland 2008/2009
Annett Heft
Mit der vorliegenden Forschungsbibliographie 2008/2009 wird systematisch und
chronologisch an die Bibliographien angeschlossen, die für die ALM Programmberichte der Jahre 2005 bis 2008 erstellt wurden. Die Bibliographie dokumentiert in
drei Abschnitten Arbeiten zur aktuellen Fernsehprogrammforschung.
Der erste Abschnitt informiert über die aktuelle Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten. Hier werden Studien vorgestellt, die 2008/2009 im Auftrag der
Landesmedienanstalten durchgeführt wurden. Quellenbasis dieser Dokumentation
ist die Forschungsdatenbank der Landesmedienanstalten, auf die über die Homepage
der ALM zugegriffen werden kann.1 Ausgewiesen werden alle Forschungsprojekte,
die sich ausschließlich oder partiell, direkt oder indirekt mit den Fernsehprogrammangeboten in Deutschland befassen – sofern sie (1) in den Jahren 2008/2009 abgeschlossen oder (2) zwischen 2008 und der letzten Aktualisierung der Forschungsdatenbank in Auftrag gegeben wurden.
Im zweiten Abschnitt werden aktuelle Publikationen der akademischen Fernsehprogrammforschung in Deutschland vorgestellt. Der Fokus liegt hier auf kommunikationsund sozialwissenschaftlichen Studien, die sich mit dem aktuell in Deutschland empfangbaren Fernsehprogramm auseinandersetzen und in den Jahren 2008/2009 als
Beiträge in Fachzeitschriften und Sammelbänden sowie Monographien publiziert
worden sind.2 Die Bibliographie dieser Studien ist in zwei Teilabschnitte untergliedert. Im ersten Teilabschnitt werden Studien erfasst und ausführlich annotiert, die
sich mit dem fernsehpublizistischen Programmangebot und hier insbesondere mit
der politischen Fernsehpublizistik befassen (Abschnitt 2.1). Im Einzelnen handelt es
sich dabei um Studien zur Wahlberichterstattung, zum Nachrichtenangebot der
deutschen Fernsehprogramme und zum Programmangebot einzelner Sender. Im
zweiten Teilabschnitt werden ergänzend dazu Studien bibliographisch ausgewiesen,
1
2
Vgl. http://www.alm.de → Medienforschung/Publikationen → Forschungsprojekte. Der Beitrag basiert auf der Aktualisierung der Forschungsdatenbank zum 30. Juni 2009.
Für die Recherchen wurde folgendes Quellenmaterial herangezogen: (1) einschlägige wissenschaftliche
Fachzeitschriften (Medien & Kommunikationswissenschaft, Publizistik, Media Perspektiven usw.),
(2) „Literaturdatenbank Massenkommunikation“ der Fachinformationsstelle Publizistik (IPM) an der
Freien Universität Berlin, (3) überregionaler Online-Bibliothekskatalog des Karlsruher Virtuellen Katalogs (KVK), (4) Online-Verzeichnisse kommunikationswissenschaftlicher Fachverlage (VS-Verlag,
Nomos, Halem, UVK, Vistas, R. Fischer, KoPäd usw.) sowie (5) LexisNexis®-Datenbank „Wirtschaft“. Die Dokumentation wurde im Juli 2009 abgeschlossen.
DOKUMENTATION • FERNSEHPROGRAMMFORSCHUNG IN DEUTSCHLAND 2008/2009
260
die im Berichterstattungszeitraum zu weiteren Aspekten des Fernsehprogrammangebots in Deutschland publiziert worden sind (Abschnitt 2.2).
Schließlich werden im dritten Abschnitt der Forschungsdokumentation aktuelle
Publikationen zu Programmstrukturanalysen, die sich auf das Fernsehen im deutschsprachigen
Raum beziehen, bibliographisch dokumentiert. Es werden Projekte der ARD/ZDFMedienkommission und der Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung (AGF) vorgestellt sowie Studien, die methodisch an die Konzeption der ALM-Studie3 anschließen und für die Medienaufsichtsbehörden in Österreich (RTR) und der Schweiz
(BAKOM) durchgeführt werden.
Die Gliederung des ersten Abschnitts der Forschungsdokumentation ist an der
Terminierung der Projekte der Landesmedienanstalten orientiert. Vorangestellt werden zwei Projekte mit kontinuierlicher Datenerhebung. Darauf folgen, beginnend
mit den aktuellsten Studien, die Einzelprojekte. Abschnitt 2.1 ist nach inhaltlichen
Schwerpunkten sortiert. In den weiteren Abschnitten der Dokumentation sind die
bibliographischen Hinweise alphabetisch nach Autoren geordnet.
1.
Studien der Landesmedienanstalten zur Fernsehprogrammforschung 2008/2009
Kontinuierliche Fernsehprogrammforschung
Forschungsziel: Langzeitanalyse der Programmleistungen von acht bundesweit ausgestrahlten Fernsehvollprogrammen: RTL, RTL II und VOX, Sat.1, ProSieben und
kabel eins sowie ARD/Das Erste und ZDF. Methode: Quantitative Programmstruktur- und Programminhaltsanalysen. Auftraggeber: Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) unter Federführung der Landesanstalt für Medien NordrheinWestfalen (LfM). Projektleitung: Prof. Dr. Joachim Trebbe, Prof. Dr. Hans-Jürgen
Weiß, GöfaK Medienforschung GmbH, Potsdam. Laufzeit: seit 1998 fortlaufend.
Publikationen: Vgl. dazu die Publikationsliste auf der Homepage der ALM.4
Inhaltsanalyse landesweit ausgestrahlter Regionalfenster im Programm
privater Fernsehveranstalter
Forschungsziel: Langzeitanalyse der Programmleistungen der auf den Frequenzen von
RTL und Sat.1 ausgestrahlten regionalen Programmfenster. Es wird untersucht, ob
die Programmveranstalter das Gebot der vielfältigen Berichterstattung aus den jeweiligen Ländern angemessen umsetzen und mit welcher publizistischen und journalistischen Qualität die Regionalberichterstattung erfolgt. Methode: Quantitative Inhaltsanalyse. Auftraggeber: Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) unter
Federführung der Niedersächsischen Landesmedienanstalt (NLM). Projektleitung:
Prof. Dr. Helmut Volpers, Institut für Medienforschung Göttingen & Köln GmbH
3
4
Zur Konzeption und Methode der ALM-Programmforschung vgl. aktuell den Beitrag von Joachim
Trebbe und Bertil Schwotzer in diesem Band.
URL:
http://www.alm.de/fileadmin/Medienforschung/Programmbericht2009/Publikationen_8-2009.pdf
[11.8.2009].
DOKUMENTATION • FERNSEHPROGRAMMFORSCHUNG IN DEUTSCHLAND 2008/2009
261
(IMGÖ). Laufzeit: seit 2005 fortlaufend. Publikation: vgl. dazu den Beitrag von Helmut Volpers, Detlef Schnier und Uli Bernhard in diesem Band.
Publizistischer Mehrwert von Ballungsraumfernsehen
Forschungsziel: Analyse der Funktion des Ballungsraumfernsehens für die Information
und Meinungsbildung sowie die öffentliche Diskussion der Bürger im regionalen
und lokalen Raum. Methode: Programmanalyse, Zuschauerbefragung. Auftraggeber:
Sächsische Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (SLM). Projektleitung: Prof. Dr. Wolfgang Donsbach, Technische Universität Dresden. Laufzeit: Oktober 2008 bis September 2009.
Der Beitrag von Lokalfernsehen zur publizistischen Vielfalt in Thüringen
Forschungsziel: Untersuchung der Programmleistungen lokaler kommerzieller Fernsehsender in Jena, Stadtroda und dem Altenburger Land. Im Vergleich mit anderen
lokalen Informations- und Unterhaltungsmedien soll ihr Beitrag zur lokalpublizistischen Gesamtleistung lokaler Medienangebote erfasst werden. Zusätzlich soll die
Nutzung lokaler Medienangebote analysiert werden. Methode: Quantitative und qualitative Inhaltsanalyse, Rezipientenbefragung, Experteninterviews. Auftraggeber: Thüringer Landesmedienanstalt (TLM). Projektleitung: Prof. Dr. Joachim Höflich, Universität Erfurt. Laufzeit: Dezember 2008 bis Juni 2009.
15 Jahre privater Rundfunk in Mecklenburg-Vorpommern –
Entwicklung, Stand und Perspektiven
Forschungsziel: Untersuchung der Programme und Programmqualitäten der in Mecklenburg-Vorpommern zugelassenen privaten Hörfunk- und Fernsehveranstalter.
Darstellung der historischen und aktuellen Entwicklung der gesetzlichen Grundlagen
(Rundfunkgesetz Mecklenburg-Vorpommern), Überprüfung der Einhaltung der
rundfunkrechtlichen Vorgaben und Erfassung aller zum Zeitpunkt der Erhebung
lizenzierten Hörfunk- und TV-Veranstalter. Methode: Quantitative Inhaltsanalyse der
einzelnen und der gemeinsamen Programme, Fortschreibung bisheriger Untersuchungen der Hörfunk- und TV-Veranstalter, Analyse der technischen Potenziale und
deren Ausnutzung sowie des Umgangs der Veranstalter mit den neuen technischen
Herausforderungen. Auftraggeber: Landesrundfunkzentrale Mecklenburg-Vorpommern (LRZ). Projektleitung: Dr. Klaus Goldhammer, Dr. André Wiegand, GoldMedia
GmbH, Berlin; Prof. Dr. Hubertus Gersdorf, Universität Rostock; Stefan Förster,
Berlin. Laufzeit: November 2008 bis April 2009. Publikation: Landesrundfunkzentrale
Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.) (2009): 15 Jahre privater Rundfunk in Mecklenburg-Vorpommern. Bestandsaufnahme und Programmanalyse. Berlin.
Trennung von Werbung und Programm im Fernsehen:
Zuschauerwahrnehmung und Regulierungsoptionen
Forschungsziel: Untersuchung der Wahrnehmung und Bewertung von Fernsehwerbung, Evaluation der Wirksamkeit möglicher Kennzeichnungs- bzw. Trennungsund Transparenzmaßnahmen, Diskussion geltender Werberegelungen und laufender
Änderungsdiskussionen auf europäischer und nationaler Ebene sowie Ableitung von
DOKUMENTATION • FERNSEHPROGRAMMFORSCHUNG IN DEUTSCHLAND 2008/2009
262
Optionen zur Sicherung des Trennungsgrundsatzes. Methode: Repräsentativbefragung, experimentelle Untersuchungen, Rechtsgutachten. Auftraggeber: Medienanstalt
Hamburg/Schleswig-Holstein (MA HSH, federführend), Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LFK), Bayerische Landeszentrale für neue Medien
(BLM), Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb), Bremische Landesmedienanstalt
(brema), Niedersächsische Landesmedienanstalt (NLM), Landesanstalt für Medien
Nordrhein-Westfalen (LfM), Medienanstalt Sachsen-Anhalt (MSA). Projektleitung:
Prof. Dr. Helmut Volpers, Institut für Medienforschung Göttingen & Köln GmbH
(IMGÖ). Laufzeit: Dezember 2007 bis Dezember 2008. Publikation: Volpers, Helmut/Bernd Holznagel (2009): Trennung von Werbung und Programm im Fernsehen. Zuschauerwahrnehmung und Regulierungsoptionen. Berlin (Schriftenreihe der
Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein (MA HSH); Bd. 2). Vgl. dazu auch den
Beitrag von Helmut Volpers und Uli Bernhard in diesem Band.
Programmanalyse der regionalen und lokalen Fernsehsender
in Berlin und Brandenburg
Forschungsziel: Untersuchung der redaktionellen/journalistischen Leistungen der
regionalen und lokalen Fernsehsender in Berlin und Brandenburg (Programmumfang, Aktualität, Meinungsbildungsrelevanz) sowie Prüfung der Einhaltung der
Kennzeichnungspflicht für Werbung. Methode: Programmstrukturanalyse. Auftraggeber: Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb). Projektleitung: Dr. André Wiegand,
GoldMedia GmbH, Berlin. Laufzeit: März bis August 2008. Publikation: Kerkau,
Florian/Christine Link/André Wiegand (2009): Programmanalyse. Regional- und
Lokal-TV Berlin und Brandenburg. Berlin (Schriftenreihe der mabb; Bd. 24).
Der Wert von Nachrichten im deutschen Fernsehen – Fortsetzungsstudie 2007
Forschungsziel: Untersuchung der Veränderungen der Themenstrukturen und -hierarchien verschiedener Nachrichtensendungen im Vergleich zu der im Jahr 2003
veröffentlichten gleichnamigen Studie und der Folgestudie im Jahr 2004. Methode:
Quantitative Inhaltsanalyse. Auftraggeber: Landesanstalt für Medien NordrheinWestfalen (LfM). Projektleitung: Prof. Dr. Georg Ruhrmann, Universität Jena. Laufzeit:
Oktober 2007 bis Juli 2008. Publikation: Maier, Michaela/Georg Ruhrmann/Karin
Stengel (2009): Der Wert von Nachrichten im deutschen Fernsehen. Inhaltsanalyse
von TV-Nachrichten im Jahr 2007. Düsseldorf.5
Gegenwart und Zukunft des lokalen und regionalen Fernsehens in Ostdeutschland
Forschungsziel: Analyse der programmlichen Leistungen und der wirtschaftlichen Lage
des lokalen Fernsehens in Ostdeutschland, Einordnung in den bundesweiten Kontext des lokalen und regionalen Fernsehens und Untersuchung der Möglichkeiten,
lokale und regionale Vielfalt privater Veranstalter zu fördern. Methode: Programmanalyse, Reichweitenstudie, Experteninterviews. Auftraggeber: Landesrundfunkzentrale
Mecklenburg-Vorpommern (LRZ, federführend), Medienanstalt Berlin-Brandenburg
5
Vgl. http://www.lfm-nrw.de/downloads/nachrichtenanalyse_1992-2007.pdf [20.7.2009].
DOKUMENTATION • FERNSEHPROGRAMMFORSCHUNG IN DEUTSCHLAND 2008/2009
263
(mabb), Medienanstalt Sachsen-Anhalt (MSA), Sächsische Landesanstalt für privaten
Rundfunk und neue Medien (SLM), Thüringer Landesmedienanstalt (TLM). Projektleitung: Prof. Dr. Wolfgang Seufert, Universität Jena. Laufzeit: Januar bis Juni 2008.
Publikation: Seufert, Wolfgang/Wolfgang Schulz/Inka Brunn (2008): Gegenwart und
Zukunft des lokalen und regionalen Fernsehens in Ostdeutschland. Berlin.
Privater Rundfunk in Sachsen – Eine Übersicht
Forschungsziel: Analyse des sächsischen privaten Hörfunks und Fernsehens, Erstellung
einer Chronik zur Entwicklung beider Medienbereiche. Methode: Dokumentation,
Erstellung von Frequenzkarten. Auftraggeber: Sächsische Landesanstalt für privaten
Rundfunk und neue Medien (SLM). Projektleitung: Stefan Förster, Berlin. Laufzeit:
November 2007 bis Januar 2008. Publikation: Förster, Stefan (2008): Privater Rundfunk in Sachsen. Programme und ihre Anbieter von Hörfunk und Fernsehen. Berlin
(Schriftenreihe der SLM; Bd. 16).
2. Publikationen zur Fernsehprogrammforschung 2008/2009
2.1 Information – Politik – Nachrichten
Maurer, Marcus (2009): Wissensvermittlung in der Mediendemokratie. Wie Medien
und politische Akteure die Inhalte von Wahlprogrammen kommunizieren. In: Marcinkowski, Frank/Barbara Pfetsch (Hrsg.): Politik in der Mediendemokratie. PVS –
Politische Vierteljahresschrift Sonderheft 42/2009. Wiesbaden, S. 151-173.
Fragestellung: Untersucht wird, wie sich die Wissensvermittlung von Massenmedien
und politischen Akteuren unterscheidet. Diese Frage soll durch einen Vergleich der
Vermittlung von Informationen über die Ziele der Parteien im Bundestagswahlkampf 2005 in der tagesaktuellen Politikberichterstattung der Massenmedien (Tageszeitungen, Fernsehnachrichten) und in Kommunikationskanälen, in denen sich Politiker weitgehend direkt an die Wähler wenden können (Auftritte in Talkshows und
Wahlsondersendungen, Wahlkampfreden als direkte Parteiquellen), beantwortet
werden. Methode: Die quantitative Input-Output-Analyse umfasst einen Teilzeitraum
des Bundestagswahlkampfes 2005 von zwölf Wochen. Die Parteiziele der fünf Bundestagsparteien zu den Themen Arbeit und Steuern werden aus ihren Wahlprogrammen ermittelt. Für die Output-Analyse erfolgt eine Vollerhebung der Fernsehnachrichtensendungen „Tagesschau“, „Tagesthemen“, „heute“ und „heute-journal“
sowie von fünf politischen Talkshows und Wahlsondersendungen.6 Daneben werden vier Tageszeitungen und 14 Wahlkampfreden analysiert.7 Ergebnisse: Die Politikeraussagen in den Fernsehnachrichten unterscheiden sich deutlich von denen in
Talkshows und Wahlkampfreden. In den Fernsehnachrichten wird überwiegend
über die Ziele der Parteien berichtet (84 Prozent der Aussagen), in den Talkshows
6
7
Analysiert werden „Sabine Christiansen“, „Berlin Mitte“, „Hart aber fair“, „Wahlcheck“ und „Nachtduell“.
Bei den Tageszeitungen handelt es sich um „Süddeutsche Zeitung“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“,
„Bild“ und „Mainzer Allgemeine Zeitung“. Auf die diesbezüglichen Ergebnisse wird hier nicht eingegangen.
DOKUMENTATION • FERNSEHPROGRAMMFORSCHUNG IN DEUTSCHLAND 2008/2009
264
und Wahlkampfreden werden dagegen in fast der Hälfte der Aussagen Behauptungen über die Kompetenz von Politikern/Parteien gemacht. Diese kompetenzbezogenen Aussagen beschäftigen sich mehrheitlich mit den Kompetenzen anderer Parteien und sind überwiegend negativ. Die Fernsehnachrichten vermitteln deutlich
häufiger konkrete Ziele als Talkshows und Politikerreden. Zudem wird über die
Parteiziele verkürzt und stark ereignisabhängig berichtet. Die Ergebnisse verweisen
nach Maurer auf zwei unterschiedliche Kommunikationslogiken: eine politische
Kommunikationslogik, die zum Tragen kommt, wenn politische Akteure Inhalte und
Kommunikationsstrategien überwiegend selbst bestimmen können, und eine mediale
Kommunikationslogik, bei der Journalisten Inhalte und Darstellungsweisen kontrollieren. Im Vergleich der untersuchten Formate erbringen die Medien dabei eine
deutlich substanziellere Vermittlungsleistung – ein Befund, der nach Maurer einigen
Grundannahmen der Medialisierungshypothese widerspricht.
Plasser, Fritz/Günther Lengauer (2009): Wie „amerikanisch“ sind europäische Fernsehwahlkämpfe? In: Kaspar, Hanna/Harald Schoen/Siegfried Schumann/Jürgen R.
Winkler (Hrsg.): Politik – Wissenschaft – Medien. Festschrift für Jürgen W. Falter
zum 65. Geburtstag. Wiesbaden, S. 323-346.
Plasser, Fritz/Günther Pallaver/Günther Lengauer (2009): Die (trans-)nationale
Nachrichtenlogik in Mediendemokratien – Politischer TV-Journalismus im Wahlkampf zwischen transatlantischer Konvergenz und nationaler Divergenz. In: Marcinkowski, Frank/Barbara Pfetsch (Hrsg.): Politik in der Mediendemokratie. PVS –
Politische Vierteljahresschrift Sonderheft 42/2009. Wiesbaden, S. 174-202.
Fragestellung: Im ersten Beitrag analysieren Plasser und Lengauer, wie sich die redaktionelle Berichterstattung im Vorfeld von Wahlen in amerikanischen und europäischen Fernsehnachrichten hinsichtlich der Faktoren „Horse Race“ (bzw. in der
Sprache der Autoren „Game-Zentrierung“), Personalisierung, konfrontativer Negativismus und journalistischer Interpretativität unterscheidet. Die Bestimmung der
Divergenz bzw. Konvergenz der Frame-Strukturen der Fernsehnachrichten in den
verschiedenen Ländern soll Aussagen über das Vorliegen von Amerikanisierungsbzw. Transnationalisierungstendenzen ermöglichen. Im zweiten Beitrag konzentrieren sich die Autoren Plasser, Pallaver und Lengauer hinsichtlich der genannten Faktoren nicht nur auf Länderunterschiede, sondern nehmen zusätzlich Differenzen
zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Nachrichtensendungen in den Blick.
Geprüft werden soll auch hier, ob transnationale Konvergenz-Phänomene erkennbar sind und inwiefern sich die systemischen Kontextfaktoren im Medienoutput
manifestieren.
Methode: Beide Studien beruhen auf einer Vollerhebung der jeweiligen nationalen
Politikberichterstattung der reichweitenstärksten nationalen öffentlich-rechtlichen
und privaten TV-Abendnachrichten in den letzten sechs Wochen vor der Präsidentschaftswahl 2004 in den USA, der Bundestagswahl 2005 in Deutschland, der österreichischen Nationalratswahl 2006 und den italienischen Parlamentswahlen 2006. In
die quantitative Inhalts- und Frame-Analyse gehen insgesamt 1.358 Beiträge der
Sendungen „Tagesschau“ (ARD/Das Erste), „aktuell“ (RTL), „Zeit im Bild“ (ORF),
DOKUMENTATION • FERNSEHPROGRAMMFORSCHUNG IN DEUTSCHLAND 2008/2009
265
(NBC)8,
„aktuell“ (ATV), „Nightly News“
„Telegiornale 1“ (RAI) und „Telegiornale 5“
(Canale 5) ein.
Ergebnisse: In der ersten Studie zeigen Plasser und Lengauer, dass in der Berichterstattung in den USA, in Deutschland und Italien die Sachpolitik überwiegt, während
die Hälfte der österreichischen Beiträge eine „Game-Zentrierung“ aufweist. Das
höchste Personalisierungsniveau findet sich erwartungsgemäß in der amerikanischen
Berichterstattung, wo in mehr als jedem dritten Beitrag eine Person im Mittelpunkt
steht. Dies trifft in Italien und Österreich nur auf jeden vierten Beitrag und in
Deutschland auf etwa jeden sechsten Beitrag zu. Dagegen sind sich die Nachrichten
aller vier Länder in ihrer negativen Grundtendenz gleich: In jedem zweiten Bericht
aller Länder wird eindeutig Negatives berichtet, es dominieren konfliktzentrierte
Politikvermittlungsstile über konsensorientierte Darstellungen und in ca. jedem
sechsten Bericht aller vier Länder werden politische Inkompetenz, Versäumnisse
und Fehlverhalten vermittelt. Unterschiede zeigen sich im Ausmaß einer „interpretativen, spekulativen und analytischen Perspektive“ (S. 339) des Journalismus auf die
Politik. Diese ist in den amerikanischen Nachrichten am stärksten ausgeprägt, die
deutschen Nachrichten sind im Gegensatz dazu vor allem deskriptiv-faktenorientiert
und verzichten auf inhaltlich-interpretative Darstellungen. In der Gesamtschau folgern die Autoren, dass sich die Berichterstattung an einer „transnationalen Nachrichtenlogik“ (S. 341) orientiert, die eine Homogenisierung der Wahlkampfberichterstattung mit sich bringe.
In der zweiten Studie zeigt sich ein Unterschied zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Sendungen in einem deutlich höheren Anteil unpolitischer, ereignis- und service-orientierter Nachrichten bei den privat-kommerziellen Sendungen in Italien, Deutschland und Österreich. Dies gilt – entgegen der Ursprungsthese
– jedoch nicht für die „Nightly News“ als Vertreter des liberalen Modells. Hinsichtlich der „Game-Zentrierung“ registrieren die Autoren eine „tendenzielle Konvergenz öffentlich-rechtlicher und privater Nachrichtenlogiken“ (S. 189) für Österreich
und Italien. In den Nachrichtenbeiträgen der ARD überwiegt hingegen mit 65 Prozent der Beiträge deutlich die sachpolitische Berichterstattung (RTL: 43 Prozent).
Die privaten Sender aller Länder berichten deutlich personenzentrierter und interpretativer als die öffentlich-rechtlichen. Für die öffentlich-rechtlichen Sender gilt
allerdings, dass sie ähnlich negativ wie die Privaten berichten – die negative Konfrontativität wird deshalb als universelles Muster der Nachrichtenberichterstattung
verstanden. Während sich also die Grundmuster der Berichterstattung in den Wahlkampfendphasen im transnationalen Vergleich ähneln, konstatieren die Autoren
divergierende Darstellungslogiken in öffentlich-rechtlichen und privaten Formaten.
Die Autoren folgern aus ihrer Untersuchung, dass „die inter-nationale Übereinstimmung als höher einzustufen ist, als die intra-nationale Konvergenz vor demselben
kontextuellen und nationalen Hintergrund“ (S. 197, Herv. i. O.).
8
Für die amerikanischen Nachrichten wird aufgrund geringer Reichweite neben den „Nightly News“ von
NBC kein weiteres öffentliches Nachrichtenprogramm berücksichtigt.
DOKUMENTATION • FERNSEHPROGRAMMFORSCHUNG IN DEUTSCHLAND 2008/2009
266
Krüger, Udo Michael (2009): InfoMonitor 2008: Fernsehnachrichten bei ARD,
ZDF, RTL und Sat.1. Themen, Ereignisse und Akteure in der Nachrichtenberichterstattung. In: Media Perspektiven, Heft 2, S. 73-94.
Fragestellung: Mit dem „InfoMonitor 2008“ legt Udo Michael Krüger zum vierten Mal
in Folge die Ergebnisse der vom IFEM Institut für empirische Medienforschung,
Köln, durchgeführten kontinuierlichen Beobachtung deutscher Fernsehnachrichtensendungen für das Jahr 2008 vor. Der Schwerpunkt der Analysen liegt wie im vorausgehenden „InfoMonitor 2007“ auf der Darstellung des Angebotsumfangs, der
Themenstrukturen und Ereignisse, der Länderpräsenz und der Präsenz deutscher
Politiker und Parteien in den öffentlich-rechtlichen und in den privaten Nachrichtensendungen. Zusätzlich wird untersucht, wie sich die Neupositionierung der
Hauptnachrichten von Sat.1 ab März 2008 auf das Nachrichtenangebot auswirkt.
Methode: Untersuchungsgegenstand der mehrstufigen quantitativen Inhaltsanalyse
sind die öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen „Tagesschau“ und „Tagesthemen“ (ARD/Das Erste), „heute“ und „heute-journal“ (ZDF) sowie die privaten
Nachrichtensendungen „RTL aktuell“ (RTL) und „Sat.1 News“ bzw. seit 17. März
2008 „Sat.1 Nachrichten“. Alle Sendungen werden im Berichtszeitraum vollständig
erfasst. Die Codierung erfolgt auf Sendungs-, Beitrags- und Akteursebene, wobei
jeder formal und thematisch eigenständige Themenbeitrag eine Codiereinheit bildet.
Ergebnisse: Die Hauptnachrichten von Sat.1 erreichten auf dem neuen Sendeplatz um
20 Uhr noch eine durchschnittliche Sendungslänge von ca. 13 Minuten (2007: ca. 16
Minuten). Insgesamt erweisen sich jedoch Krüger zufolge die Nachrichtenprofile der
Sender als stabil, wobei sich auch 2008 die typischen Unterschiede zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Angeboten zeigen. So findet sich bei ARD und ZDF
das umfangreichste Politikangebot, während bei „RTL aktuell“ dem Sport ebenso
viel Sendezeit gegeben wird wie der Politik im engeren Sinne. Bei den „Sat.1 Nachrichten“ hat sich durch die Kürzung der Sendezeit der relative Politikanteil erhöht,
ohne dass mehr Sendezeit für Politikthemen aufgewendet werden würde. Sie rücken
damit, so Krüger, „mit ihrem Themenprofil näher an die öffentlich-rechtlichen
Hauptnachrichten heran“ (S. 92). Vor dem Hintergrund der Finanzkrise erlangte im
Jahr 2008 die Wirtschaftsberichterstattung besondere Bedeutung. Wirtschaftsthemen
bildeten zum einen den Schwerpunkt der Berichterstattung über Ressortpolitik, zum
anderen nahm die Sendezeit für Wirtschaft als eigenständige Themenkategorie deutlich zu (2008: 5010 Minuten, 2007: 3740 Minuten). Entsprechend war die Finanzkrise mit Abstand das Topthema des Jahres, gefolgt von der US-Präsidentschaftswahl
und den Olympischen Spielen. Auch 2008 hatte Angela Merkel als Bundeskanzlerin
den Spitzenplatz in der Rangliste der Nennung deutscher Politiker in den Nachrichten inne. Dabei dominierte sie nicht nur die deutsche, sondern mit 437 Auftritten
auch die internationale Politik vor dem Vizekanzler und Außenminister FrankWalter Steinmeier (196 Auftritte). Nach Parteien betrachtet, entfielen allerdings 2008
mehr Politikerauftritte auf die SPD (40 Prozent) als auf die CDU (33 Prozent), ein
Umstand, der vor allem auf innerparteiliche Konflikte der SPD zurückzuführen ist.
DOKUMENTATION • FERNSEHPROGRAMMFORSCHUNG IN DEUTSCHLAND 2008/2009
267
Maurer, Torsten (2009): Fernsehen – als Quelle politischer Information überschätzt?
Eine Bestandsaufnahme des Angebotes und der Nutzung des „politischen Leitmediums“. In: Marcinkowski, Frank/Barbara Pfetsch (Hrsg.): Politik in der Mediendemokratie. PVS – Politische Vierteljahresschrift Sonderheft 42/2009. Wiesbaden,
S. 129-150.
Fragestellung: Ziel der Studie ist eine empirische Bestandsaufnahme der politischen
Informationsleistungen des Fernsehens in Deutschland und dessen Nutzung. Durch
die Verknüpfung der inhaltsanalytisch ermittelten Politikberichterstattung mit der
durchschnittlichen Sehbeteiligung der konkreten Angebote soll eine fundierte Einschätzung der politischen Informationsfunktion des Fernsehens ermöglicht werden.
Methode: Die Analysen basieren zu einem wesentlichen Teil auf den Daten der kontinuierlichen ALM-Programmforschung, die für die Frühjahrsstichprobe 2007 in der
Kalenderwoche vom 26. März bis 1. April erhoben wurden.9 Für die Nutzungsanalyse werden die Angebotsdaten der ALM-Studie mit Zuschauerdaten der AGF/GfKFernsehforschung fusioniert. Ergebnisse: Die Daten zum Umfang des politischen
Programmangebots belegen deutlich den Systemunterschied zwischen den öffentlich-rechtlichen und den privaten Programmen und schreiben insofern einen lang
anhaltenden Trend fort: Während das Erste Programm der ARD und das ZDF an
einem durchschnittlichen Tag in jeweils deutlich über zwei Stunden Sendezeit über
politische Themen berichten, kommen RTL und Sat.1 auf weniger als 30 Minuten.
Bei den restlichen Vollprogrammen, RTL II, ProSieben, kabel eins und VOX,
kommt Politik kaum vor. Der Blick auf die Formate und die Sendungsvielfalt macht
deutlich, dass die politische Berichterstattung weitestgehend auf die tages- und wochenaktuellen Ereignisse ausgerichtet ist und Ereignisse jenseits der Aktualität stark
vernachlässigt werden. Von fast sechs Stunden politischer Berichterstattung entfällt
nur wenig mehr als eine Stunde auf nicht aktuelle Beiträge. Damit einher geht eine
Konzentration auf die Formate der Nachrichten- und Magazinsendungen, in denen
der Hauptteil der Politikberichterstattung stattfindet. Auch hier zeigen sich die benannten Systemunterschiede. Nur in den Angeboten von ARD und ZDF wird in
nennenswertem Umfang auf politische Themen ohne aktuellen Bezug eingegangen
und findet Politik auch in Talk- und sonstigen Formaten statt. Wie die Nutzungsanalyse ergibt, erreichen bei RTL und Sat.1 nur die Nachrichtensendungen „RTL aktuell“, „Sat.1 News“, „RTL-Nachtjournal“ und die Magazinsendung „Spiegel TV“ als
Sendungen mit nennenswerten Politikanteilen eine Sehbeteiligung von mindestens
einer Million Zuschauer. Bei den Politikangeboten von ARD und ZDF sind es insgesamt 25 Sendungen, die jeweils mehr als eine Million Zuschauer erreichen. Dies
sind vor allem die Nachrichtensendungen, die abendlichen politischen Magazinformate und die Talksendungen „Sabine Christiansen“ und „Maybrit Illner“. Die Nutzungsanalysen zeigen, dass die politischen Angebote eher gemieden als gesucht
werden. Ein Befund, der Maurer zu einer eher pessimistischen Einschätzung führt:
9
In die vorliegende Analyse gehen alle bei der inhaltlich-thematischen Codierung als „politische Information“ (Funktionsbereich: Information und Meinungsbildung) klassifizierten Beiträge ein.
DOKUMENTATION • FERNSEHPROGRAMMFORSCHUNG IN DEUTSCHLAND 2008/2009
268
„Der umfassenden politischen Informationsfunktion des Fernsehens sind daher
klare Grenzen gesetzt“ (S. 147).
Fretwurst, Benjamin (2008): Nachrichten im Interesse der Zuschauer. Eine konzeptionelle und empirische Neubestimmung der Nachrichtenwerttheorie. Konstanz.
Fragestellung: In der Studie wird untersucht, ob die Fernsehnachrichten als Ergebnis
des journalistischen Selektionsprozesses den Interessen und Relevanzzuschreibungen ihrer Zuschauer entsprechen. Dazu werden Nachrichtenfaktoren in den Fernsehnachrichten und weitere Selektionsmerkmale (Platzierung, Dauer etc.) erhoben
und der Beachtung (selektive Erinnerung) und Relevanzzuweisung durch die Rezipienten gegenübergestellt.10 Methode: Untersuchungsgegenstand der quantitativen
Inhaltsanalyse sind die Hauptnachrichtensendungen der öffentlich-rechtlichen und
privaten Vollprogramme ARD/Das Erste, ZDF, RTL, Sat.1, ProSieben und RTL II
im Zeitraum vom 29. November bis 8. Dezember 2005. Die Analyse erfolgt auf
Beitrags- und Segmentebene und umfasst 677 Beiträge mit 1.211 Segmenten. Die
Onlinebefragung mit 1.584 Befragten wurde mittels des „Omninet-Panel“ der Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen FORSA parallel zur Inhaltsanalyse vom 6. bis 8. Dezember 2005 realisiert. Ergebnisse: In den Fernsehnachrichten
werden häufig die Nachrichtenfaktoren „Einfluss“ (in 62 Prozent der Segmente),
„Reichweite“ (85 Prozent), „Personalisierung“ (74 Prozent) und „Überraschung“
gemessen. „Glück“ und „Tragik“ kommen dagegen ebenso wie kuriose und emotionale Faktoren sowie „Sexualität/Erotik“ selten vor. In fast der Hälfte aller Beitragssegmente wird über Kontroversen berichtet, zwei Drittel beinhalten Schaden/
Misserfolg und in 30 Prozent der Berichterstattung wird Aggression und Gewalt
angesprochen. Die Inlandsberichterstattung nimmt in den Fernsehnachrichten den
größten Stellenwert ein. In der Auslandsberichterstattung wird am häufigsten über
die USA berichtet. Die aktuellen Ereignisse werden in der Hälfte der Fälle durch
zusätzliche Hintergrundinformationen eingeordnet. Ein Vergleich der untersuchten
Nachrichtensendungen zeigt, dass die Topmeldungen eines Tages in nahezu allen
Sendungen erscheinen. Ein Drittel aller Beiträge sind exklusive Meldungen, die nur
in einer Nachrichtensendung vorkommen. Insgesamt zeigen die Nachrichtenjournale
der öffentlich-rechtlichen Sender deutlich längere Beiträge als die Hauptnachrichten
der privaten Sender. Kriterien des Einflusses und der Ereignishaftigkeit (Einfluss,
Dynamik, Prominenz, Gewalt/Konflikt, Länder-Status, Kontinuität) erwiesen sich
nach Fretwurst als beste Indikatoren für die journalistische Nachrichtenauswahl. Die
selektive Erinnerung der Rezipienten an die Nachrichtenmeldungen unterscheidet
sich jedoch von den Auswahlentscheidungen der Journalisten, sie entspricht eher
den individuellen Interessen der Rezipienten. Die Wichtigkeit, die die Befragten den
Meldungen zuweisen, ist wesentlich durch das Vorkommen und die Intensität der
Kontroverse beeinflusst – kontrovers diskutierte Themen der Zeit werden sowohl
von Journalisten als auch von Rezipienten als wichtig erachtet. Bei den Nachrichten10
Im vorliegenden Kontext wird vor allem auf die Ergebnisse der Inhaltsanalyse der Fernsehnachrichten
eingegangen.
DOKUMENTATION • FERNSEHPROGRAMMFORSCHUNG IN DEUTSCHLAND 2008/2009
269
faktoren Personalisierung, Gewalt und Konflikt unterscheiden sich jedoch die Relevanzbewertungen der Rezipienten signifikant von denen der Journalisten.
Beck, Klaus/Rolf Amann (2008): "Investoren handeln auf eigenes Risiko. Aktienkurse können steigen oder fallen." Zur Qualität der Finanzberatung in der Wirtschaftsberichterstattung privater Spartenkanäle. In: Zeitschrift für Kommunikationsökologie, Jg. 10, Heft 1, S. 57-72.
Fragestellung: Der Studie liegen die forschungsleitenden Fragen zugrunde, ob und ggf.
wie Werbetreibende und Sponsoren Einfluss auf das redaktionelle Programm und
die Ratgeberfunktion des Fernsehens nehmen und welche Rolle Journalisten und
Analysten als externe Experten dabei spielen. Neben der formalen und inhaltlichen
Beschreibung der Wirtschaftsberichterstattung generell und der Börsen- und Kapitalmarktberichterstattung im Besonderen liegt der Schwerpunkt der Untersuchung
auf der Analyse von Kriterien der publizistischen Qualität von Beratungsleistungen
(Einhaltung des Trennungsgebots, Verbot von Schleichwerbung, Kennzeichnungsund Sorgfaltspflichten etc.). Methode: Die mehrstufige quantitative Programmstruktur- und Inhaltsanalyse umfasst das von n-tv, N24 und Bloomberg TV in der Woche
vom 12. bis 18. Juli 2006 zwischen 6 und 24 Uhr ausgestrahlte Fernsehprogramm.
Es wird die formale und inhaltliche Struktur der drei Programme auf Sendungsebene
erhoben. Die identifizierte Börsen-, Kapitalmarkt- und Finanzdienstleistungsberichterstattung sowie die diesbezügliche Verbraucherberatung werden anschließend auf
Beitrags- und Akteursebene analysiert. Ergänzend werden eine qualitative Inhaltsanalyse von sieben aufgrund der Korrespondenz von Werbekunden/Sponsoren und
Aussageträgern/Kommunikationsobjekten als fragwürdig eingeschätzten Fällen
durchgeführt und Hintergrundinformationen zu den beteiligten Akteuren recherchiert. Ergebnisse: Nur Bloomberg TV erweist sich als ausgesprochener Wirtschaftssender (82 Prozent der Berichterstattung), die Wirtschaftsanteile bei n-tv (16 Prozent) und N24 (rund 6 Prozent) fallen dagegen deutlich niedriger aus. Dialogische
Präsentationsformen sind insbesondere bei Bloomberg TV weit verbreitet, n-tv und
N24 setzen dagegen stärker auf Nachrichtenfilme. Die Gesprächsführung ist insgesamt neutral, teilweise affirmativ und fast nie kritisch. Dabei stammt rund ein Drittel
der Gesprächspartner aus der Wirtschaft, ein Viertel dieser Gruppe wiederum vertritt Banken und Finanzdienstleister. Ein systematischer Einfluss der Werbe- und
Sponsorkunden auf die Auswahl der Experten und die Berichterstattung lässt sich,
so die Autoren, nicht nachweisen. Allerdings habe die Analyse generelle Qualitätsprobleme aufgezeigt: Die Börsen- und Investmenttipps werden überwiegend von
externen Analysten, die selbst bei Banken und Finanzdienstleistern beschäftigt sind,
gegeben und selten von neutralen oder wissenschaftlichen Experten. Zudem wird
der größte Teil der Anlageprodukte positiv bewertet, negative Produktbewertungen
sind extrem selten. Dadurch entstehe, so die Autoren, „ein unkritisches und investitionsfreundliches Klima“ (S. 71). Zwar wird in Einzelfällen auf potenzielle Interessenkonflikte hingewiesen, die Fallstudien geben jedoch auch klare Hinweise auf das
Fehlen entsprechender Offenlegungen. Beck und Amann konstatieren, dass die
mediale Anlageberatung sowohl eine kritische Auswahl und Distanz zu Experten als
DOKUMENTATION • FERNSEHPROGRAMMFORSCHUNG IN DEUTSCHLAND 2008/2009
270
auch Gegenrecherche, das Hören einer zweiten Expertenmeinung und eine kritische
Gesprächsführung vermissen lasse. Vor diesem Hintergrund fordern die Autoren
deutlich mehr Transparenz.
Eckhardt, Martin (2008): Politischer Alltag in den Nachrichten. Eine Analyse deutscher Fernsehnachrichten. Marburg.
Fragestellung: Die Politikberichterstattung in deutschen Fernsehnachrichtensendungen
wird daraufhin untersucht, in welchem Umfang über politische Strukturen (Polity),
politische Prozesse (Politics) und politische Inhalte (Policy) informiert wird. Zusätzlich analysiert der Autor Unterschiede zwischen den Sendersystemen und den einzelnen Sendungen. Methode: In die quantitative Inhaltsanalyse gehen 50 Ausgaben
von „Tagesschau“, „Tagesthemen“ und „Nachtmagazin“ (ARD), „heute“, „heutejournal“ und „Heute Nacht“ (ZDF) sowie „RTL aktuell“, „RTL Nachtjournal“,
„Sat.1 News 18.30“ und „Sat.1 News Die Nacht“ ein. Die Stichprobe umfasst eine
natürliche Woche vom 5. bis 9. März 2007. Alle Beiträge mit Bezug zur nationalen
Politik werden auf Beitragsebene und auf der Ebene von Sinneinheiten hinsichtlich
verbaler und visueller Elemente codiert. Ergebnisse: Zwischen 40 und 60 Prozent der
Politikberichterstattung aller Nachrichtensendungen bestehen aus Policy-Themen.
Dabei stehen Ergebnisse, anstehende Aufgaben und Problemdefinitionen im Mittelpunkt. Für strukturelle Aspekte von Politik (Polity) werden zwischen 15 Prozent und
einem Drittel der Sendezeit verwendet. Über Politics-Themen wird dagegen in allen
Nachrichten nur in geringem Umfang berichtet. Wenn Informationen über politische Prozesse vermittelt werden, geht es zudem meist um Konflikte. Es zeigen sich
klare Unterschiede zwischen den Sendersystemen und einzelnen Sendungen. So wird
in den öffentlich-rechtlichen Sendungen dem Bereich Politik insgesamt mehr Sendezeit eingeräumt als in den Sendungen privater Veranstalter. Bei den „Tagesthemen“
und dem „heute-journal“ macht die Politikberichterstattung fast die Hälfte der Sendezeit aus, bei „RTL aktuell“ dagegen nur rund ein Fünftel. Auch die Anteile an
Polity-, Politics- und Policy-Berichterstattung sind in den Sendungen der öffentlichrechtlichen Nachrichtenanbieter höher, während in den privaten Nachrichten stärker
über politikferne Inhalte berichtet wird.
Petzold, Thomas (2008): Gewalt in internationalen Fernsehnachrichten. Eine komparative Analyse medialer Gewaltpräsentation in Deutschland, Großbritannien und
Russland. Wiesbaden.
Fragestellung: Petzold untersucht, wie sich Gewaltdarstellungen in deutschen, britischen und russischen Nachrichtensendungen in quantitativer und qualitativer Hinsicht unterscheiden. Zentrale Untersuchungskategorien sind die präsentierten Inhalte
von Gewalt, die Visualisierung von Gewalt und die Gewaltintensität. Methode: Die
Stichprobe der quantitativen und qualitativen Inhaltsanalyse umfasst die Woche vom
26. Februar bis 4. März 2007. In die Untersuchung gehen insgesamt 21 Sendungen
der deutschen „Tagesschau“ (ARD/Das Erste), der russischen „Vremja“ (Erster
Kanal) und der britischen „Ten O’Clock News“ (BBC 1) ein. Die zentrale Analyseeinheit bilden zeitliche Beitragssequenzen mit einer Dauer von 20 Sekunden. Ergeb-
DOKUMENTATION • FERNSEHPROGRAMMFORSCHUNG IN DEUTSCHLAND 2008/2009
271
nisse: In allen drei Nachrichtensendungen wird vornehmlich über Gewalt im Ausland
berichtet: In der „Tagesschau“ findet sie ausschließlich, in der „Vremja“ zu mehr als
zwei Drittel und in den britischen Nachrichten zu 55 Prozent im Ausland statt.
Dabei muten die britischen Nachrichten ihren Zuschauern am häufigsten Gewalt zu:
Jeder fünfte Beitrag der britischen Nachrichten enthielt Gewalt, in der russischen
„Vremja“ trifft dies nur für jeden neunten, in der „Tagesschau“ für jeden zwölften
Nachrichtenbeitrag zu. Der geringere Gewaltanteil in den deutschen Nachrichten
geht allerdings mit einem höheren Grad an Intensität der präsentierten Gewalt einher. Die Detailanalyse zeigt zudem, dass fast die Hälfte der in den britischen Nachrichten gezeigten Gewalt ihren Ursprung in Naturkatastrophen und Unfällen hat. In
der „Tagesschau“ wird dagegen häufiger über Aggressionen gegen Menschen berichtet. In allen drei Ländern steht der physische Schaden infolge von Gewaltakten im
Mittelpunkt, in den deutschen Beiträgen wird zusätzlich über drohende Gefährdungen berichtet. In den britischen und russischen Beiträgen erhält dagegen materieller
Schaden eine größere Aufmerksamkeit. Die Kontextanalyse zeigt nach Petzold, dass
die Gewaltagenden der drei Untersuchungsländer sehr unterschiedlich gestaltet sind:
Während in der „Tagesschau“ am häufigsten im Kontext von Krieg und zivilem
Aufruhr/Kampf über Gewalt berichtet wird, erfolgt dies in der russischen Sendung
vor allem im Zusammenhang mit Kriminalität und Unfällen. Die britischen Nachrichten berichten am häufigsten in Verbindung mit Kriminalität, Krieg und Unfällen
über Gewalt. In der Konzentration auf die Darstellung menschlicher Opfer gibt es
jedoch zwischen den drei untersuchten Nachrichtensendungen keine Unterschiede.
Holthusen, Annegret (2008): Fenster zur Vielfalt. Unabhängige Dritte im Privatfernsehen – Alibi der Rundfunkpolitik? Marburg.
Fragestellung: Holthusen untersucht, ob die Programmfenster unabhängiger dritter
Anbieter zu größerer formaler und inhaltlicher Vielfalt in den Fernsehprogrammen
von RTL und Sat.1 beitragen. Methode: Die Stichprobe der quantitativen und qualitativen Form- und Themenanalyse umfasst alle 40 Drittsendungen der Lizenznehmer
News and Pictures, AZ Media TV und DCTP, die im Zeitraum vom 7. Mai bis 3.
Juni 2006 in RTL und Sat.1 ausgestrahlt wurden. Die auf Sendungs- und Beitragsebene durchgeführte Analyse lehnt sich an das Kategoriensystem der ALMProgrammforschung an. Die erhobenen Daten werden den Ergebnissen der Frühjahrsstichprobe 2006 der ALM-Programmforschung gegenübergestellt. Ergebnisse: In
den Drittsendungen überwiegen die Gattungen Magazin, Interview-/Talksendung
und Reportage, welche auch das fernsehpublizistische Gesamtprogramm von RTL
und Sat.1 dominieren. In den Themenprofilen der Hauptprogrammanbieter und der
Drittsendungen stellt die Autorin ebenfalls große Ähnlichkeiten fest. So nehmen die
Themenbereiche „Gesellschaftliche Subsysteme“ und „Zerstreuungsthemen“ nicht
nur bei RTL und Sat.1, sondern auch in den Drittsendungen den größten Anteil an
Sendezeit ein. Eine Behandlung von Themen aus den Bereichen Politik, Wirtschaft
und Gesellschaft wird auch in den Drittsendungen nicht in nennenswertem Umfang
geboten, die Kernbereiche Kultur und Bildung sind ebenso unterrepräsentiert. Die
DOKUMENTATION • FERNSEHPROGRAMMFORSCHUNG IN DEUTSCHLAND 2008/2009
272
Drittsendungen werden mehrheitlich im Abend- und Nachtprogramm der Sender
auf eher unattraktiven Programmplätzen ausgestrahlt. Sie fügen sich – mit Ausnahme der drei von DCTP produzierten Sendungen „Prime Time Spätausgabe“, „10 vor
11“ und „News & Stories“ – formal und thematisch ohne größere Brüche ins Gesamtprogramm ein. Zum Teil wird durch Cross-Promotion oder die Themenwahl
sogar direkt an das vorhergehende oder nachfolgende Hauptprogramm angeschlossen. Einen zusätzlichen Beitrag zur Vielfalt durch die Drittsendungen sieht die Autorin daher nicht gegeben: „Die Themenpraxis der Drittsendungen wird der zentralen
Rolle der Gegenstandsvielfalt, die der Drittsenderegelung durch die explizite rundfunkstaatsvertragliche Erwähnung dreier Kernthemenbereiche zugeschrieben wird,
nicht gerecht“ (S. 105).
Herrmann, Sabrina (2008): Schlüsselszenen des Protests. Der Wettbewerb um die
Aufmerksamkeit der TV-Nachrichten. In: Rucht, Dieter/Simon Teune (Hrsg.): Nur
Clowns und Chaoten? Die G8-Proteste in Heiligendamm im Spiegel der Massenmedien. Frankfurt/New York, S. 97-118.
Fragestellung: Die Autorin untersucht die bildliche Darstellung von Protestakteuren
und Protestformen in der Fernsehberichterstattung über Proteste im Umfeld des
G8-Gipfels 2007 in Heiligendamm. Neben der Präsenz verschiedener Akteure und
Protestformen im Wochenverlauf werden eingesetzte Schlüsselbilder analysiert.
Methode: Basis der quantitativen und qualitativen Bildanalyse sind 33 Nachrichtenbeiträge mit thematischem Protestbezug, die zwischen dem 2. und 8. Juni 2007 in den
Hauptnachrichtensendungen von ARD/Das Erste, ZDF, Sat.1 und RTL ausgestrahlt wurden. Untersuchungseinheit ist die Bildsequenz. Ergebnisse: Aus der Analyse
von Schlüsselbildern schließt die Autorin auf ein „Dreiecksverhältnis“ von Polizei,
radikalen Demonstrierenden und friedlichen Demonstranten, wobei die Akteure
fortwährend miteinander kontrastiert werden würden und „Gewalt zum Fixpunkt
der medialen Darstellung des Protests“ (S. 110) werde. Die quantitative Analyse zeigt
jedoch, dass die Bilder gewalttätiger Demonstranten im Wochenverlauf durch Bilder
friedlicher Demonstranten zurückgedrängt werden. Dabei dominieren an allen Tagen Bilder der Polizei mit Anteilen zwischen 40 und 65 Prozent der für die Protestereignisse aufgewendeten Sendezeit. Insgesamt wird die Polizei in gemäßigter Perspektive dargestellt, in den Beiträgen von Sat.1 und RTL kommt sie jedoch häufiger
im Zusammenhang mit Gewalt vor als bei den öffentlich-rechtlichen Programmen.
Auch bei den gezeigten Protestformen unterscheiden sich öffentlich-rechtliche und
private Nachrichtensendungen: Während in ARD und ZDF ab dem dritten Tag der
Protestwoche auf die Darstellung von Sachbeschädigungen durch Demonstranten
verzichtet wird, greifen Sat.1 und insbesondere RTL das gewalthaltige Leitbild bis
zum Ende der Woche immer wieder auf.
DOKUMENTATION • FERNSEHPROGRAMMFORSCHUNG IN DEUTSCHLAND 2008/2009
273
Renner, Karl N. (2009): Expansion der Ratgeber- und Lebenshilfeformate im Fernsehen. Quantitative und qualitative Untersuchung zu Sendungen im deutschen TVProgramm. In: Communicatio Socialis, Jg. 42, Heft 1, S. 21-43.
Fragestellung: Der Autor untersucht, wie sich die Ratgeberangebote im Fernsehen
zwischen 1979 und 2008 in quantitativer Hinsicht (Anzahl der Formate und Sendungen, Sendevolumen) entwickelt haben. Zusätzlich werden qualitative Veränderungen beschrieben. Methode: Die Stichprobe der quantitativen Inhaltsanalyse der
Programmzeitschrift „rtv“ umfasst die natürliche Woche vom 30. August bis 5. September 2008. In diesem Zeitraum werden alle Ratgebersendungen (ohne Morgenmagazine und Sondersendungen) von ARD/Das Erste, ZDF, den dritten Programmen der ARD (ohne RBB), RTL und VOX sowie Sat.1 und ProSieben ermittelt.
Ergebnisse: Nach Renner hat das Programmangebot an Ratgeber- und Lebenshilfesendungen in 2008 im Vergleich zu vorliegenden Daten aus 1979 hinsichtlich Sendungsanzahl und Sendevolumen um das Viereinhalbfache zugenommen. Mit diesem
Zuwachs geht jedoch keine entsprechende Ausdifferenzierung der Formate einher.
Hinsichtlich der thematischen Vielfalt konstatiert Renner sogar eine Verengung, da
2008 keine Sendungen zu den Themengebieten Schule, Bildung und Beruf mehr
angeboten werden. Ausdifferenzierungen sieht der Autor in der Entwicklung neuer
Infotainment-Magazine des Frühstücksfernsehens, die sich von den klassischen
themenspezifischen und am Modell der „Aktivinformation“ orientierten Ratgebersendungen der öffentlich-rechtlichen Programme dadurch unterscheiden, dass sie
themenübergreifend angelegt sind und eher dem Modell der „Abrufinformation“
(S. 36) folgen. Eine weitere Neuerung findet sich in den Coaching-Reportagen
(„Einsatz in 4 Wänden“, „Die Super Nanny“). Diese machen nach Renner nahezu
die Hälfte des Ratgeberangebots der privaten Programmanbieter aus.
2.2 Sonstige Publikationen
Armbruster, Stefanie/Lothar Mikos (2009): Innovation im Fernsehen am Beispiel
von Quizshow-Formaten. Konstanz (Reihe Alltag, Medien und Kultur; Bd. 3).
Bertling, Christoph (2009): Sportainment. Konzeption, Produktion und Verwertung
von Sport als Unterhaltungsangebot in den Medien. Köln.
Bohrmann, Thomas (2008): Religion und Moral im Unterhaltungsprogramm des
Fernsehens. In: tv diskurs. Verantwortung in audiovisuellen Medien, Jg. 12,
Heft 2, S. 60-65.
Buck, Matthias (2008): Ritual und Drama der Fernsehköche. In: Fahlenbrach, Kathrin/Ingrid Brück/Anne Bartsch (Hrsg.): Medienrituale. Rituelle Performanz in
Film, Fernsehen und neuen Medien. Wiesbaden, S. 125-136.
Hallenberger, Gerd (2008): Formate und Genres der Unterhaltung. In: Siegert, Gabriele/Bjørn von Rimscha (Hrsg.): Zur Ökonomie der Unterhaltungsproduktion.
Köln, S. 64-87.
Hallenberger, Gerd/Nicola Hochkeppel/Stefan Krüger/Alexandra Pfeil-Schneider
(2008): Programmstrukturen in BRD und DDR. In: Mühl-Benninghaus, Wolfgang (Hrsg.): Zwei Mal zur Wende. Fernsehunterhaltung in Deutschland. Berlin,
S. 57-65.
Hepp, Andreas/Veronika Krönert (2009): Medien – Event – Religion. Die Mediatisierung des Religiösen. Wiesbaden.
DOKUMENTATION • FERNSEHPROGRAMMFORSCHUNG IN DEUTSCHLAND 2008/2009
274
Ihle, Holger (2008): Die Tour de France in den deutschen Medien. Strukturen, Themen und Beispiele der Berichterstattung in Fernsehen und Presse. Saarbrücken.
Karnowski, Veronika (2008): Das Mobiltelefon im Spiegel fiktionaler Fernsehserien.
Symbolische Modelle der Handyaneignung. Wiesbaden.
Keilbach, Judith (2008): Geschichtsbilder und Zeitzeugen. Zur Darstellung des Nationalsozialismus im bundesdeutschen Fernsehen. Münster (Reihe Medienwelten;
Bd. 7).
Mikos, Lothar (2009): Imitation und Adaption statt Experiment. „Innovation“ im
deutschen Unterhaltungsfernsehen. In: Grisko, Michael/Stefan Münker (Hrsg.):
Fernsehexperimente. Stationen eines Mediums. Berlin, S. 93-103.
Nieland, Jörg-Uwe/Ingrid Lovric (2008): „Ein Kreuz für Deutschland.“ Chancen
und Grenzen unterhaltender Politikvermittlung. In: Thomas, Tanja (Hrsg.): Medienkultur und soziales Handeln. Wiesbaden, S. 277-297.
Reich, Sabine/Franziska Spitzner (2009): Veränderung stereotyper Wahrnehmung
durch Ethno-Soaps. Eine Untersuchung am Beispiel der Serie Türkisch für Anfänger. In: Petersen, Thomas/Clemens Schwender (Hrsg.): Visuelle Stereotype.
Köln, S. 44-57.
Rothenberger, Liane (2008): Von elitär zu populär? Die Programmentwicklung im
deutsch-französischen Kulturkanal arte. Konstanz.
Schwender, Clemens (2009): Alter als audio-visuelles Argument in der Werbung. In:
Petersen, Thomas/Clemens Schwender (Hrsg.): Visuelle Stereotype. Köln,
S. 79-94.
Steinbrecher, Michael (2009): Olympische Spiele und Fernsehen. Programmgestalter
im Netz olympischer Abhängigkeiten? Konstanz.
Trebbe, Joachim (2008): Unterhaltung im Fernsehen – Operationalisierungsproblem
und forschungspraktische Lösung. In: Siegert, Gabriele/Bjørn von Rimscha
(Hrsg.): Zur Ökonomie der Unterhaltungsproduktion. Köln, S. 88-101.
Volpers, Helmut/Uli Bernhard/Detlef Schnier (2008): Public Relations und werbliche Erscheinungsformen im Fernsehen. Eine Typologisierung persuasiver
Kommunikationsangebote des Fernsehens. Berlin (Schriftenreihe Medienforschung der LfM; Bd. 61).
Wellgraf, Stefan (2008): Migration und Medien. Wie Fernsehen, Radio und Print auf
die Anderen blicken. Münster.
3.
Publikationen zu Programmstrukturanalysen in Deutschland, Österreich
und der Schweiz 2008/2009
Gerhards, Maria/Walter Klingler (2008): Fernseh- bzw. Bewegtbildnutzung 2007.
Programmangebote, Spartennutzung und Formattrends. In: Media Perspektiven,
Heft 11, S. 550-567.
Grossenbacher, René/Joachim Trebbe (Hrsg.) (2009): Qualität in Radio und Fernsehen. Die inhaltsanalytische Messung konzessionsrechtlicher Vorgaben für die
Radio- und Fernsehprogramme der SRG SSR idée suisse. Zürich/Chur.
Krüger, Udo Michael/Thomas Zapf-Schramm (2009): Politikthematisierung und
Alltagskultivierung im Infoangebot. Programmanalyse 2008 von ARD/Das Erste, ZDF, RTL, Sat.1 und ProSieben. In: Media Perspektiven, Heft 4, S. 201-222.
Kust, Harald/Joachim Trebbe (2009): Sport im Schweizer Fernsehen. Programmstrukturelle Positionierung und Programmformate bei SF, TSR und TSI. In:
Beck, Daniel/Steffen Kolb (Hrsg.): Sport und Medien. Aktuelle Befunde mit
Blick auf die Schweiz. Zürich/Chur, S. 51-70.
DOKUMENTATION • FERNSEHPROGRAMMFORSCHUNG IN DEUTSCHLAND 2008/2009
275
Trebbe, Joachim/Jens Woelke (2009): International vergleichende Programmforschung. Ein Erhebungsmodell für Deutschland, Österreich und die Schweiz. In:
Schulz, Peter J./Uwe Hartung/Simone Keller (Hrsg.): Identität und Vielfalt in
der Kommunikationswissenschaft. Konstanz, S. 197-212.
Woelke, Jens (2008): Fernsehen in Österreich. Basisdaten und Programmprofile der
Fernsehvollprogramme ORF 1, ORF 2 und ATV. In: Steininger, Christian/Jens
Woelke (Hrsg.): Fernsehen in Österreich 2008. Konstanz, S. 13-63.
Woelke, Jens/Christian Steininger/Andrea Dürager (2008): ORF 2-Regional. Eine
Analyse der Regionalnachrichten Bundesland Heute. In: Steininger, Christian/Jens Woelke (Hrsg.): Fernsehen in Österreich 2008. Konstanz, S. 65-98.
AUTORENVERZEICHNIS
AUTORENVERZEICHNIS
278
Prof. Dr. Klaus-Dieter Altmeppen
Professor an der School of Journalism der Katholischen Universität EichstättIngolstadt
Uli Bernhard, M.A.
Freiberuflicher Kommunikationswissenschaftler, u.a. Projektleiter am Institut für
Medienforschung Göttingen & Köln (IM•GÖ)
Dieter Czaja
Jugendschutzbeauftragter bei RTL Television, Köln
Prof. Joachim von Gottberg
Geschäftsführer der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen e.V. (FSF), Berlin
Annett Heft, M.A.
Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Freien Universität Berlin
Paula Honkanen-Schoberth
Bundesgeschäftsführerin Deutscher Kinderschutzbund e.V., Berlin
Dr. Katja Lantzsch
Consultant für Organisationsentwicklung; ehemalige wissenschaftliche Mitarbeiterin
im Fachgebiet Medienmanagement des Instituts für Medien- und Kommunikationswissenschaft der Technischen Universität Ilmenau
Markus Lehmkuhl
Koordinator des EU-Forschungsprojekts „Audio Visual Sciences Audiences“ am
Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Freien Universität
Berlin
Prof. Dr. Wolf-Dieter Ring
Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM), München; Vorsitzender der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM)
Prof. Dr. Norbert Schneider
Direktor der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM), Düsseldorf;
Beauftragter für Programm und Werbung der Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK)
Detlef Schnier, Dipl.-Sozialwirt
Freiberuflicher Kommunikationswissenschaftler, u.a. Projektleiter am Institut für
Medienforschung Göttingen & Köln (IM•GÖ)
Bertil Schwotzer, M.A.
Senior Projektleiter bei der GöfaK Medienforschung GmbH, Potsdam
AUTORENVERZEICHNIS
279
Dr. Christine Seehaus
Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Medienrecht und Kommunikationsrecht der Universität zu Köln
Johanna Suwelack
Referentin Kommunikation, Deutscher Kinderschutzbund Bundesverband e.V.,
Berlin
Prof. Dr. Joachim Trebbe
Professor am Departement für Medien- und Kommunikationswissenschaft der Universität Freiburg/Schweiz
Prof. Dr. Helmut Volpers
Professor am Institut für Informationswissenschaft der Fachhochschule Köln; Wissenschaftlicher Leiter des Instituts für Medienforschung Göttingen & Köln (IM•GÖ)
Prof. Dr. Hans-Jürgen Weiß
Wissenschaftlicher Leiter der GöfaK Medienforschung GmbH, Potsdam
Prof. Dr. Andreas Will
Professor für Medienmanagement am Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaft der Technischen Universität Ilmenau
Dr. Jens Woelke
Akademischer Rat am Institut für Kommunikationswissenschaft der Westfälischen
Wilhelms-Universität Münster