alm programmbericht 2007

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alm programmbericht 2007
ALM PROGRAMMBERICHT 2007
IM PR E SSU M
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Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten
sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Herausgeber
Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten
in der Bundesrepublik Deutschland – ALM
Verantwortlich: Thomas Langheinrich, Vorsitzender der Direktorenkonferenz
der Landesmedienanstalten (DLM); Prof. Dr. Norbert Schneider, Vorsitzender
der Gemeinsamen Stelle Programm, Werbung und Medienkompetenz (GSPWM)
Copyright © 2008 by Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten
in der Bundesrepublik Deutschland – ALM
Wissenschaftliche Begleitung
Prof. Dr. Hans-Jürgen Weiß, Freie Universität Berlin
Redaktion
GöfaK Medienforschung GmbH, Potsdam
Redaktionsbüro Schuckert, Potsdam
Redaktionsbeirat
Walter Demski (MSA), Susanne Grams (mabb), Angelika Heyen (TLM),
Dr. Joachim Kind (LMK), Johannes Kors (BLM), Claudia Neumann (MA HSH),
Sven Petersen (brema), Andreas Richter (SLM), Jana Richter (LFK),
Susanne Rieger (LRZ), Werner Röhrig (LMS), Annette Schriefers (LPR),
Uta Spies (NLM), Antje vom Berg (LfM)
Vorsitz: Mechthild Appelhoff (LfM)
Verlag
VISTAS Verlag GmbH
Goltzstraße 11, 10781 Berlin
Telefon: 030 / 32 70 74 46
Fax: 030 / 32 70 74 55
[email protected]
www.vistas.de
Alle Rechte vorbehalten
ISBN 978-3-89158-475-0
Visuelle Konzeption und Layout
Heide Plath, Hamburg
Satz
Martina Richter, Berlin & Bertil Schwotzer, Fribourg/Schweiz
Druck
Bosch-Druck, Landshut
INHALT
EINFÜHRUN G
11 Dürfen die das? – Ein nicht ganz fiktiver Dialog
Norbert Schneider
16 Verspartung und Entgrenzung – Fernsehen in Deutschland
2006/2007
Bertil Schwotzer und Hans-Jürgen Weiß
PROGRA MMFOR SCHUNG
KONTINUIERLICHE FERNSEHPROGRAMMFORSCHUNG
DER LANDESMEDIENANSTALTEN
37 Private Fernsehvollprogramme 1998-2007
Hans-Jürgen Weiß
67 Unterhaltungspublizistik in Fernsehvollprogrammen und
ihre Nutzung im Frühjahr 2007
Torsten Maurer
84 Merchandising und Gewinnspiele in Fernsehvollprogrammen
Bertil Schwotzer und Jens Vogelgesang
99 Fernsehprogramme in der Konkurrenz
Jens Woelke und Joachim Trebbe
EINZELSTUDIEN DER LANDESMEDIENANSTALTEN
121 Auf der Suche nach dem Zuschauer. Die Zukunft der
TV-Programmplanung
Julia Flasdick und Günter Clobes
137 Die Regionalfenster von RTL und Sat.1 im Jahr 2006
Helmut Volpers, Christian Salwiczek und Detlef Schnier
PROGRA MMD ISKUR S
STREITPUNKTE – STANDPUNKTE
157 Private Fernsehvollprogramme – Ein Auslaufmodell?
161 Private Vollprogramme zwischen Anspruch und Wirklichkeit
Annette Kümmel
164 Privater Rundfunk und gesellschaftspolitische Verantwortung
Manfred Helmes
167 Kirche im Fernsehen: Digitales Experiment vs. integrative Tradition
170 Unabhängig und vielfältig: Neue Wege des Religionsfernsehens
Bernd Merz
174 Wider den Weg in die Nische: Religion im öffentlich-rechtlichen
Fernsehen
Bernhard Nellessen
QUALITÄTSSTANDARDS – QUALITÄTSFORSCHUNG
179 Probleme und Standards der Wirtschaftsberichterstattung
Klaus Beck und Rolf Amann
194 FLIMMO – Fernsehen mit Kinderaugen
Michael Gurt und Bidjan Vakili
PROGRAMMAUFSICHT
203 Gemeinsame Stelle Programm, Werbung und
Medienkompetenz
DOKU MEN TATION
DIE ALM-STUDIE
211 Konzeption, Methode und Basisdaten der ALM-Studie
2006/2007
Hans-Jürgen Weiß
FORSCHUNGSBIBLIOGRAPHIE
265 Fernsehprogrammforschung in Deutschland 2006/2007
Jens Vogelgesang
AUTORENVERZEICHNIS
VORWORT
Liebe Leserin, lieber Leser,
wann ist ein Programm ein Vollprogramm? Und wann ist es keines mehr? Diese
Fragen leiteten den öffentlichen Diskurs im Sommer 2007 im Fall Sat.1. Auslöser
war der Wegfall von Sendungen mit fernsehpublizistischen Inhalten und die damit
verbundene Forderung, Sat.1 aufgrund eines zu wenig an gesetzlich vorgeschriebener
Information den Status des Vollprogramms abzuerkennen. Der aktuelle ALM Programmbericht greift diese Diskussion auf und trägt die verschiedenen Sichtweisen
zusammen: Die „Kontinuierliche Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten“, die die bedeutendsten acht Fernsehvollprogramme in Deutschland seit 1998
in einer Langzeitperspektive untersucht, wirft einen wissenschaftlichen, programmanalytischen Blick auf die Programmentwicklung der vergangenen zehn Jahre. Dabei
werden die gesetzlichen Anforderungen und das reale Programm aller acht Vollprogramme gespiegelt und ihre Leistungen und Defizite beleuchtet. In dem Kapitel
Standpunkte – Streitpunkte wird dann die zugespitzte wissenschaftliche Sichtweise
um die Perspektiven der Aufsicht und eines Veranstalters ergänzt.
Neben diesem Schwerpunktthema fokussiert die weitere Auswertung der
„Kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten“ in
diesem Bericht auf unterhaltungspublizistische Programmangebote. Ferner wird die
Expansion von Merchandising und Gewinnspielen nachgezeichnet. In Fortführung
des Novums des letzten Programmberichts findet erneut ein Datenvergleich über die
Landesgrenzen hinweg statt: Auf der Basis des Analyseschemas der ALM-Studie
wird das öffentlich-rechtliche System in Österreich im Vergleich zur deutschen Situation genauer betrachtet. Ergänzt wird der Bericht auch in diesem Jahr um weitere
programmliche Fragestellungen, die im Auftrag von Landesmedienanstalten wissenschaftlich untersucht wurden. Im zweiten Streitpunkt wird in Anlehnung an eine
Fachtagung der Gemeinsamen Stelle Programm, Werbung und Medienkompetenz
(GSPWM) das Thema „Kirche im Fernsehen“ aus unterschiedlichen Perspektiven
diskutiert. Schließlich gibt der Bericht seinen Lesern einen Einblick in die aufsichtlichen Aktivitäten der Landesmedienanstalten.
Thomas Langheinrich
Prof. Dr. Norbert Schneider
Vorsitzender der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten
Vorsitzender der Gemeinsamen Stelle
Programm, Werbung und Medienkompetenz
EINFÜHRUNG • EIN NICHT GANZ FIKTIVER DIALOG
11
Dürfen die das?
Ein nicht ganz fiktiver Dialog über die Erwartungen
unbefangener Zeitgenossen an Programmkontrolle
Norbert Schneider
Gibt man sich unter Branchenfremden als jemand zu erkennen, der an der Kontrolle
des privaten Fernsehens beteiligt ist, dann löst das mindestens jedes dritte Mal einen
Dialog wie diesen aus:
„Aha!“ – „Was meinen Sie mit: Aha?“
„Na ja, dann sind Sie für diesen ganzen Schrott verantwortlich, der sich jeden Tag
über uns ergießt.“ – „Nein, verantwortlich dafür ist der Sender.“
„Ja, gut, aber Sie sollen ihn doch kontrollieren. Oder habe ich da was falsch verstanden?“ – „Nein, das haben Sie schon richtig verstanden. Aber kontrollieren heißt ja
nicht verbieten. Oder habe ich da Sie nicht richtig verstanden?“
„Was heißt es dann? Es kann ja auch nicht heißen, dass Sie das alles durchwinken,
diese ganzen Sex- und Crime-Programme, denen Werte völlig wurscht sind. Hauptsache, die Leute gucken hin. Was tun Sie denn gegen diesen ganzen Flachsinn, gegen
diese Dschungelshows, wenn ich Sie erinnern darf, oder diesen unsäglichen Bohlen,
der die Kandidaten anmacht, wenn Sie es nicht verbieten?“ – „Sie haben recht, dagegen tun wir ganz selten etwas, weil das meiste von dem, woran Sie jetzt denken,
durch den Artikel 5 geschützt wird, weil das in die Rundfunkfreiheit fällt, die das
Grundgesetz nun einmal gewährleistet.“
„Rundfunkfreiheit, Grundgesetz, machen Sie es sich da nicht ein wenig einfach? Ist
das nicht ein bisschen weit hergeholt, haben Sie es nicht eine Nummer kleiner?“ –
„Leider nicht, das muss man so grundsätzlich sehen, weil da eine Menge auf dem
Spiel steht. Rundfunkprogramme kann ich nicht einfach verbieten, weil sie mir gegen
den Strich gehen, weil ich sie für geschmacklos oder für peinlich halte. Ich kann ja
verstehen, dass Ihnen das nicht gefällt. Mir gefällt es manchmal auch nicht. Doch
das muss man ertragen. Wenn man hier anfangen würde, dies oder jenes zu verbieten, wäre bald kein Halten mehr. Da muss man wirklich ganz genau sein.“
„Na gut, dann folge ich mal Ihrer Logik, dass es da um eine ganz große Freiheit
geht. Aber wenn das so ist, muss sich ja auch der, der sich auf diese Freiheit beruft,
an Grenzen halten. Es gibt keine Freiheit ohne Grenzen, soweit ich weiß. Da macht
das Fernsehen also keine Ausnahme. Man kann diese Freiheit ja auch missbrauchen.
EINFÜHRUNG • EIN NICHT GANZ FIKTIVER DIALOG
12
Oder ist das auch erlaubt?“ – „Nein, natürlich nicht. Und da kommt dann die Aufsicht, so wie Sie sich das wünschen, ins Spiel, wenn es zu einem solchen Missbrauch
kommt.“
„Aber wenn diese unsäglichen Programme, die ich genannt habe – und ich könnte
andere den ganzen Abend lang aufzählen – wenn die kein Missbrauch sind, was sind
sie dann? Und was ruft die Aufsicht dann auf den Plan, wann schreiten Sie ein?“ –
„Das tun wir etwa dann, wenn ein Programm die Würde eines Menschen verletzt.“
„Und das tut Herr Bohlen nicht?“ – „Nein, er tut ja manches, aber das tut er nicht.
Der ruppige Umgang mit Menschen ist noch keine Verletzung der Menschenwürde.
Die Menschenwürde ist nicht dasselbe wie Gefühle, die jederzeit verletzt werden
können in einem Massenmedium, weil ja auch die unterschiedlichsten Menschen mit
den unterschiedlichsten Gefühlen zuschauen. Da ist eigentlich immer einer, der sich
verletzt fühlt. Religiöse Gefühle zum Beispiel werden sehr oft verletzt.“
„Gibt es solche Menschenwürde-Verletzungen dann überhaupt?“ – „Zugegeben, sie
sind selten. Man wird etwa davon sprechen müssen, wenn jemand gezeigt wird,
wenn er stirbt. Oder wenn jemand eines körperlichen Gebrechens wegen öffentlich
verspottet würde.“
„Und da würden Sie dann einschreiten, sagen Sie. Wie müsste ich mir das konkret
vorstellen? Erfahre ich davon als Zuschauer?“ – „Also, wenn Sie das so genau wissen wollen, dann wird es jetzt ein wenig bürokratisch. Wir prüfen so einen Fall und
wenn wir der Meinung sind, dass eine solche Verletzung vorliegt, dann sprechen wir
eine Programmbeschwerde aus. Das ist ein Verwaltungsakt. Dagegen kann der Betroffene klagen. Er muss also so gut begründet werden, dass auch ein Gericht diese
Begründung für richtig halten kann. In manchen Gesetzen steht, dass ein Sender
eine solche Beschwerde dann im eigenen Programm auch veröffentlichen muss. Und
wenn sich nachweisen lässt, dass ein Sender einen solchen Beschwerdefall kalt geplant hat, dann ist das etwas, was wir eine Ordnungswidrigkeit nennen. Die ist dann
mit einer Bußgeldzahlung verbunden.“
„Das ist ja interessant. Aber oft kommt das sicher nicht vor.“ – „MenschenwürdeVerletzungen sind tatsächlich sehr selten. Aber wir schreiten auch ein, wenn wir auf
Rassismus stoßen oder auf Gewaltverherrlichung, was übrigens nicht immer ganz
leicht von einer durchaus notwendigen Darstellung von Gewalt zu unterscheiden ist.
Wir schreiten ein, wenn Antisemitismus zu beobachten ist. Und um es nicht zu
vergessen: Auch Pornografie ist im Fernsehen verboten. Zwar streiten sich die
Rechtsgelehrten auch in dieser Frage und kommen bei einzelnen Erotikprogrammen
zu sehr unterschiedlichen Bewertungen. Aber im Großen und Ganzen ist klar, was
Pornografie ist. Und die ist verboten wie Rassismus. Schwieriger als verschiedene
Definitionen ist, dass es Veranstalter gibt, die von außen einstrahlen, und da wird es
dann ziemlich kompliziert. Vor allem, wenn sie nicht in Ländern der EU sitzen,
EINFÜHRUNG • EIN NICHT GANZ FIKTIVER DIALOG
13
sondern etwa in Ägypten oder im Libanon. Da können wir in der Regel auch dann
nichts machen, wenn deutsches Recht bestimmte Inhalte verbietet.“
„Also, was Pornografie ist, will ich jetzt auch gar nicht wissen. Viel wichtiger ist für
mich: Kommt das sehr häufig vor, wovon Sie jetzt gesprochen haben, oder eher
selten?“ – „Eher selten. Sie müssen ja auch bedenken, dass in den Sendern Leute am
Werk sind, die nicht pausenlos darüber nachdenken, wie sie das Gesetz brechen
können. Das sind Leute, die in der Regel sehr genau wissen, dass man die Rundfunkfreiheit nicht permanent auf ihre Schmerzgrenzen testen sollte.“
„Also, ich glaube, das habe ich jetzt verstanden. Einschreiten tun Sie nicht sehr oft,
weil es doch nur eine überschaubare Zahl von Fällen gibt. Aber sagen Sie mir, ist das
die ganze Aufsicht?“ – „Es ist nett, dass Sie fragen. Nein, es ist nicht die ganze Aufsicht. Mindestens so wichtig ist der große Bereich Jugendschutz, der inzwischen in
einer Kommission bearbeitet wird, die für die Aufsicht in ganz Deutschland arbeitet.
Und auch der Jugendschutz ist in der Verfassung erwähnt, verlangt also eine sehr
genaue Prüfung. Und Verletzungen der Vorschriften sind kein Kavaliersdelikt. Dabei
sollten Sie auch noch wissen, dass der Jugendschutz auch auf einem so weiten Feld
wie dem Internet eingehalten werden, also auch kontrolliert werden muss. Da lernen
wir jeden Tag etwas Neues. Und dann kontrollieren wir auch die Einhaltung der
Werberegeln und achten dabei zum Beispiel auf solche Sachen wie Schleichwerbung,
die man zwar leicht vermuten, aber meistens nur schwer oder gar nicht beweisen
kann. Und wir sind auch auf Gebieten tätig, die neu sind, wie etwa bei den Gewinnspielen.“
„Sind das die, wo eine barbusige Moderatorin nach Autos mit A fragt?“ – „Ganz
recht. Aber da interessieren wir uns nicht für die schwache Bekleidung des Personals, sondern dafür, ob die Zuschauer die Spielregeln überhaupt erkennen können,
ob sie eine Chance haben zu gewinnen oder ob man ihnen nur das Geld aus der
Tasche zieht und sie viel zu oft telefonieren lässt.“
„Und die Barbusige fällt unter schlechten Geschmack?“ – „So ist es. Die müssen
wir ertragen wie so manches andere, was ebenfalls keinen Preis für guten Geschmack bekommen würde.“
„Also, wenn Sie schon von diesen Gewinnspielen reden, da bringen Sie mich auf
etwas. Neulich habe ich etwas gesehen, da habe ich zu meiner Frau gesagt: Das gibt
es doch gar nicht. Da hat ein Kartenleser einem Zuschauer, der am Telefon war und
ihn fragte, ob er sich morgen früh operieren lasse solle, gesagt, nein, er dürfe sich –
nach Befragung der Karten – nicht operieren lassen. Da habe ich gedacht: Was ist
das denn? Da geht es um Leben und Tod und dann liest einer in den Karten und
spielt Schicksal. Was sagen Sie denn dazu?“ – „Ich kenne solche Programme auch.
Ich habe schon große Mühe, das für Fernsehen zu halten. Dafür spricht eigentlich
nur, dass solche, sagen wir mal: Beratungen auf dem Bildschirm stattfinden. Auch
das wird man im Zweifel nicht verbieten können. Astrologie zu betreiben ist in unse-
EINFÜHRUNG • EIN NICHT GANZ FIKTIVER DIALOG
14
rer Gesellschaft erlaubt. Auch hier hilft es eher, dem Publikum, der Kundschaft
klarzumachen, worauf sie sich da einlässt. Und man muss sich fragen: Wo hat es da
an vertretbarem Rat gefehlt, wer macht sich da eine soziale Lücke zunutze und
macht daraus dann ein Geschäft? Und dann sage ich noch etwas, was ich nicht gerne
sage: Wer sich solchen Rat holt, ist natürlich für die Folgen auch selbst verantwortlich. Ich will beileibe keine Publikumsbeschimpfung betreiben. Auch der Anbieter
trägt ein hohes Maß an Verantwortung. Aber der Nutzer eben auch. Da würde ich
mir eine Stiftung Medientest wünschen, die den Wert einer solchen Art von Lebensberatung feststellen würde und die man fragen könnte, ob das etwas bringen kann.“
„Da bringen Sie mich noch mal auf den Anfang unseres Gesprächs. Jetzt weiß ich
zwar, dass man solche Programme nicht einfach verbieten kann, auch wenn mir der
Gedanke missfällt, weil er mir völlig gegen den Strich geht. Aber ich muss akzeptieren, dass Sie auch nicht mehr machen können, als Ihre Gesetze erlauben. Trotzdem
bleibt bei mir die Frage: Kann man gar nichts sonst dagegen unternehmen? Fernsehen ist doch ein wichtiges Medium. Es beeinflusst meine Meinung, meine Haltung,
eigentlich alles, meine Vorbilder, meine Feindbilder. Das alles sehen doch auch
unsere Kinder. Und wir sind uns da sicher einig: Das ist nicht gerade gut für sie.
Aber auch für Erwachsene ist das nicht förderlich. Muss man das alles wirklich über
sich ergehen lassen, im Namen der Freiheit, wie ich jetzt gelernt habe? Legt die
Aufsicht da wirklich die Hände nur in den Schoß?“ – „Wenn Sie schon so fragen,
dann sage ich ihnen: Wir haben zwar Hände, aber keinen Schoß. Aber ganz im
Ernst: Was wir neben unserer Auslegung und Anwendung der Gesetze machen, ist,
solche Programmfragen immer wieder anhand einzelner Fälle in der Öffentlichkeit
zu diskutieren. Zum Beispiel vor einiger Zeit, als eine satirische Comic-Reihe namens Popetown zu sehen war. Da rufen dann alle erstmal nach Verboten. Doch
dann stellt sich heraus, dass es keinen Grund für ein Verbot gibt, aber viele gute
Gründe für eine öffentliche Debatte. Das ist dann zwar nicht, was man harte Aufsicht nennen kann. Es ist der Versuch, etwas, was anstößig ist, ins öffentliche Bewusstsein zu heben, die Debatte über das, was sein darf und was nicht geht, am Fall
selbst zu führen, die Argumente zu suchen und zu schärfen. Das wirkt zwar nicht
unmittelbar, aber auf Dauer bildet sich so ein Gefühl heraus, auch eine Stimmung,
die Fernsehveranstalter nicht einfach ignorieren werden, weil nichts schlimmer ist,
als die Gefühle des Publikums zu verachten.“
„Gehen Sie mit so was auch zum Beispiel in Schulen?“ – „Ja, manchmal auch in
Schulen, aber das ist schwierig. Die Schüler interessieren sich für diese Themen nicht
so besonders und sie nehmen auch nicht Anstoß, ganz im Gegenteil. Bohlen und
seine Sprüche etwa finden sie toll. Aber warum fragen Sie?“
„Ach, das habe ich jetzt ganz vergessen zu sagen, aber das haben Sie doch sicher
gemerkt: Ich bin Lehrer.“
EINFÜHRUNG • EIN NICHT GANZ FIKTIVER DIALOG
15
Das ist, wie gesagt, ein Dialog der häufigeren Art. Im Einzelnen verlaufen solche
Gespräche natürlich sehr unterschiedlich. Oft brechen sie schon kurz nach Eröffnung zusammen, weil die Rückfrage nach konkreten Programmbeispielen der
schlimmen Art ins Leere gehen. Wenn man zum Beispiel auf einen Juristen stößt,
muss man sich allerlei anhören. Einen leichteren Stand hat man als Aufseher bei
Hotelbesitzern und Finanzinvestoren, auch wenn selbst diese Berufsgruppen mit
einem Bild vom Fernsehen im Kopf herumlaufen, die einen in tiefes Grübeln stürzen kann. Ich muss zugeben, dass mich berufserklärende Hinweise, die man in solchen Gesprächen vielfach zu hören bekommt, vor allem alles, was mit Worten wie
Papiertiger, Gutmensch oder Weichei belegt wird, zunächst immer schwer ärgern.
Doch wenn mein Ärger verraucht ist, denke ich fast immer den viel schöneren Gedanken: Was haben wir Regulierer den Leuten getan, dass sie so viel von uns erwarten? Dürfen wir ihnen überhaupt etwas schuldig bleiben? Und gibt es nicht vielleicht
doch noch mehr Möglichkeiten, um sie nicht zu enttäuschen? Vor allem die Lehrer?
EINFÜHRUNG • VERSPARTUNG UND ENTGRENZUNG
16
Verspartung und Entgrenzung –
Fernsehen in Deutschland 2006/2007
Bertil Schwotzer und Hans-Jürgen Weiß
Im Folgenden werden aktuelle Rahmendaten zum Fernsehen in Deutschland skizziert. In drei Abschnitten wird über (1) die technischen Grundlagen der Programmverbreitung und des Programmempfangs, (2) die Zahl und Grundcharakteristik der
in Deutschland ausgestrahlten Fernsehprogramme und (3) ihren Erfolg auf dem
Zuschauermarkt berichtet. Der Beitrag schreibt die Dokumentation von Strukturdaten zum deutschen Fernsehen im ALM Programmbericht 2006 fort.1 Eine der wichtigsten Quellen für diese Dokumentation ist das ALM Jahrbuch 2006, in dem die
strukturelle Entwicklung des privaten Rundfunks in Deutschland bis Ende 2006
dokumentiert wird.2 Weitere Quellen für die Beobachtung struktureller Entwicklungen auf dem deutschen Fernsehmarkt sind
-
-
1
2
3
4
5
6
der Digitalisierungsbericht 2007 der Gemeinsamen Stelle Digitaler Zugang
(GSDZ) der ALM,3
die Informationen zu in Deutschland lizenzierten Fernsehprogrammen und
Programmveranstaltern auf der Homepage der ALM,4
die Dokumentation marktrelevanter Programmentwicklungen und Programmveranstalterdaten auf der Homepage der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK),5
die Informationen zu Empfangsebenen und Marktdaten im Fernsehsektor auf
der Homepage der Arbeitsgemeinschaft für Fernsehforschung (AGF),6
und schließlich die von Media Perspektiven herausgegebenen Basisdaten zur
Mediensituation in Deutschland 2007.7
Vgl. Schwotzer, Bertil/Hans-Jürgen Weiß (2007): Analog und digital: Fernsehen in Deutschland
2005/2006. In: ALM Programmbericht 2006, S. 25-38.
Vgl. Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten in der Bundesrepublik Deutschland – ALM
(Hrsg.) (2007): ALM Jahrbuch 2006 – Landesmedienanstalten und privater Rundfunk in Deutschland.
Berlin, Abschnitt B, Privates Fernsehen, S. 191-302.
Vgl. Gemeinsame Stelle Digitaler Zugang (GSDZ)/Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten
(ALM) (Hrsg.) (2007): Digitalisierungsbericht 2007. Weichenstellungen für die digitale Welt. Der Markt
bringt sich in Position. Berlin.
Vgl. http://www.alm.de → Fernsehen → TV-Sender-Datenbank.
Vgl. http://www.kek-online.de und als Broschüre publiziert: Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich/KEK (2007): Zehnter Jahresbericht. Berichtszeitraum 1. Juli 2006 bis 30.
Juni 2007. Potsdam.
Vgl. http://www.agf.de.
EINFÜHRUNG • VERSPARTUNG UND ENTGRENZUNG
17
1.
Verbreitung und Empfang von Fernsehprogrammen
Fernsehen lässt sich längst nicht mehr nur über ein analoges Fernsehgerät mit einer
Hausantenne empfangen. Schon seit Jahren wird Fernsehen sowohl analog als auch
digital übertragen. Dabei lassen sich, ebenfalls seit längerem, drei Verbreitungswege
unterscheiden: Kabel, Satellit und Terrestrik. Neu hinzugekommen ist nun aber das
Internet, sei es die Übertragung per Live-Stream oder als Web-Casting. Neben dem
klassischen Fernsehgerät tritt so der Computer als Empfangsstation hinzu – und als
neueste Entwicklung bieten auch Mobiltelefone Empfangsmöglichkeiten für Fernsehübertragungen (DVB-H, T-DMB, UMTS). Diese Ausdifferenzierung der Übertragungswege und Übertragungsarten macht es zunehmend schwerer, einen verlässlichen Überblick über die Empfangssituation für das Fernsehen in Deutschland zu
geben.
Die Ausweisung der Empfangssituation erfolgt üblicherweise auf der Basis von
Haushalten. Jedoch sind die Haushalte in Deutschland bei weitem nicht mehr nur
mit einem Fernsehgerät ausgestattet. Im Jahr 2006 verfügten 98 Prozent aller Haushalte über mindestens ein Fernsehgerät, immerhin knapp 40 Prozent besaßen aber
auch zwei oder mehr.8
Der Fernsehapparat ist derzeit immer noch das Empfangsgerät erster Wahl.
Doch verfügt inzwischen jeder fünfte privat genutzte Computer über eine TV-Karte,
die den Empfang von Satelliten-, Kabel- oder Antennen-Fernsehen ermöglicht.
Immerhin 1,6 Mio. Fernsehhaushalte nutzen inzwischen (auch) diese Möglichkeit.9
Auch die Fernsehnutzung über das Internet hat noch keine große Bedeutung, lediglich 2 Prozent der Onlinenutzer geben an, mindestens einmal wöchentlich Fernsehen live im Internet zu schauen.10 Der Digitalisierungsbericht weist 0,3 Prozent der
Fernsehhaushalte als Empfänger von DSL-TV, der Nutzung von über das Internet
übertragenen Signalen auf dem Fernsehgerät, aus.11 Auch das Handy wird bislang
kaum als Fernsehempfangsgerät genutzt. Zwar ist in zwölf Großstädten ein Fernsehempfang über den DMB-Standard möglich,12 jedoch kann nur jeder zwanzigste
Handybesitzer mit seinem Handy Fernsehen empfangen.13
Zusammengenommen heißt das, dass das Fernsehen in Deutschland immer
noch vorwiegend über die drei „klassischen“ Übertragungswege – Kabel, Satellit und
7
8
9
10
11
12
13
Vgl. Media Perspektiven (Hrsg.) (2006): Basisdaten. Daten zur Mediensituation in Deutschland 2006.
Frankfurt/M.
Vgl. Gerhards, Maria/Walter Klingler (2007): Mediennutzung in der Zukunft. Eine Trendanalyse auf
der Basis heutiger Datenquellen. In: Media Perspektiven, Heft 6, S. 295-309, hier S. 295.
Vgl. Digitalisierungsbericht 2007, S. 58.
Vgl. ARD/ZDF (Hrsg.) (2007): ARD/ZDF-Onlinestudie 2007. Erste Ergebnisse. URL:
http://www.daserste.de/service/onlinestudie-2007-vorab.pdf [21.8.2007].
Vgl. Digitalisierungsbericht 2007, S. 58.
Vgl. ARD/ZDF-Projektgruppe Mobiles Fernsehen (2007): Mobiles Fernsehen: Interessen, potenzielle
Nutzungskontexte und Einstellungen der Bevölkerung. Ergebnisse einer repräsentativen Studie der
ARD/ZDF-Medienkommission. In: Media Perspektiven, Heft 1, S. 11-19, hier S. 12.
Vgl. ARD/ZDF-Projektgruppe Mobiles Fernsehen 2007, S. 13f.
EINFÜHRUNG • VERSPARTUNG UND ENTGRENZUNG
18
Terrestrik – in die Haushalte kommt. Dabei ist der Kabelanschluss die am weitesten
verbreitete Empfangsart (vgl. Tab. 1). Über die Hälfte aller Haushalte in Deutschland empfängt Fernsehen auf diesem Weg. An zweiter Stelle steht der Satellitenempfang mit gut 40 Prozent. Den terrestrischen Empfang nutzen etwas mehr als 10 Prozent der Haushalte.14
FERNSEHEN IN DEUTSCHLAND: EMPFANGSEBENEN UND DIGITALISIERUNG
Tab. 1
(Haushalte in Mio. und in Prozent - Mehrfacherfassung)
Empfangsebene
Digitalisierung
HH in Mio.
HH in Prozent1
HH in Mio.
Emp. in Prozent2
Kabel3
Satellit
Terrestrik
19,9
15,7
4,2
53,7
42,5
11,5
3,2
9,0
3,6
16,2
57,3
86,0
GESAMT
37,0
100
14,8
39,9
1 Prozentuierungsbasis: 36,981 Mio. Privathaushalte in Deutschland (einschließlich aller Ausländerhaushalte);
Mehrfacherfassung der Empfangsebenen und Empfangsarten. Quelle: Digitalisierungsbericht 2007, S. 50ff.
2 Anteil der Digitalisierung pro Empfangsebene.
3 Einschließlich Empfang über Satellitengemeinschaftsantennen-Anlagen.
Innerhalb der drei Empfangsebenen nimmt der Anteil der Haushalte in unterschiedlicher Geschwindigkeit zu, die Fernsehen digital empfangen können. Nach den Zahlen des Digitalisierungsberichts 2007 haben derzeit insgesamt 40 Prozent aller Haushalte digitale Empfangsmöglichkeiten. Am höchsten ist der Digitalisierungsgrad der
Satellitenhaushalte (57 Prozent). Vergleichsweise langsam kommt dagegen die Digitalisierung der Kabelhaushalte voran (16 Prozent). Umgekehrt ist es mit dem terrestrischen Empfang, der durch die Einführung von DVB-T mittlerweile zu 86 Prozent
digitalisiert ist.
Der Ausbau zur digitalen Vollversorgung und gleichzeitigen Abschaltung der
analogen terrestrischen Ausstrahlung schreitet weiter voran.15 Im Zuge der RRC 06,
der internationalen Frequenzplanungskonferenz in Genf im Juni 2006, haben die
Technische Kommission der Landesmedienanstalten und die Produktions- und
Technik Kommission von ARD, ZDF und Deutschlandradio gemeinsame Leitlinien
für die Frequenznutzung verabschiedet. Nach diesen ist angestrebt, dass für die
öffentlich-rechtlichen Angebote eine flächendeckende Versorgung mit DVB-T14
15
Vgl. Digitalisierungsbericht 2007, S. 52. Die Daten des Digitalisierungsberichts beziehen sich seit 2007
auf alle „deutschsprachigen Privathaushalte in Deutschland“, d.h. die Hochrechnung der Umfragedaten
wurde „nicht mehr nur auf Basis der deutschen, sondern auch der ausländischen Haushalte vorgenommen“ (S. 63). Hieraus, durch die Mehrfacherfassung von Fernsehgeräten und Empfangsmöglichkeiten
pro Haushalt in der GSDZ-Studie sowie durch unterschiedliche Definitionen der Empfangsmöglichkeiten erklären sich die unterschiedlichen Angaben von AGF und GSDZ zur Fernsehverbreitung. So werden im ALM Jahrbuch 2006 auf Basis der AGF-Fernsehforschung 56 Prozent für den Kabelempfang,
40 Prozent für Satellitenempfang und 4 Prozent für den terrestrischen Empfang angegeben (vgl. ALM
Jahrbuch 2006, S. 223).
Vgl. ALM Jahrbuch 2006, S. 39.
EINFÜHRUNG • VERSPARTUNG UND ENTGRENZUNG
19
Signalen vorgesehen ist, während für die privaten Angebote zunächst nur die Versorgung der Ballungsräume angestrebt wird.16
Dass DVB-T nicht nur eine Plattform für die öffentlich-rechtlichen Programme und eingeschränkt für die bundesweiten privaten Angebote bleiben wird, zeigt
ein Pilotprojekt der SLM in Leipzig. Dort wird bis Ende 2007 ein kleinzelliges DVBT-Netz aufgebaut, das kostengünstiger als die bislang verbreitete Technik arbeiten
und somit die Verbreitung von privaten lokalen und regionalen Programmen über
DVB-T ermöglichen soll.17
2.
Anzahl und Typologie der Fernsehprogramme
In der TV-Sender-Datenbank der ALM werden die in Deutschland lizenzierten
privaten Fernsehprogramme sowie die Programme der öffentlich-rechtlichen Fernsehveranstalter in Deutschland dokumentiert.18 Die Datenbank wird in Halbjahresintervallen aktualisiert, die folgenden Angaben beruhen auf der Aktualisierung der Programm- und Veranstalterdaten zum 30. April 2007. Zu diesem Stichtag weist die
Datenbank 459 Eintragungen aus.19 Um dieses Angebot systematisch darzustellen,
müssen Kategorien des Programmrechts (privat vs. öffentlich-rechtlich) und Kategorien der Programmverbreitung (Free vs. Pay TV) als Gruppierungsmerkmale
herangezogen werden (vgl. Tab. 2).
DAS FERNSEHPROGRAMMANGEBOT IN DEUTSCHLAND 2007
Tab. 2
(Anzahl der Programme)1
ORGANISATIONSFORM
Privat-kommerzielle Programme
Free TV
Pay TV
Gesamt
328
44
372
Nicht-kommerzielle private Programme
("Bürgerfernsehen")
64
-
64
Öffentlich-rechtliche Programme
23
-
23
415
44
459
GESAMT
1 Quelle: TV-Sender-Datenbank der ALM; Stichtag der letzten Aktualisierung: 30.4.2007 (vgl. http://www.alm.de →
Fernsehen → TV-Sender-Datenbank).
16
17
18
19
Vgl. Technische Kommission der Landesmedienanstalten/Produktions- und Technik Kommission von
ARD, ZDF und Deutschlandradio (2006): Leitlinien zu einem Frequenznutzungskonzept für den digitalen Rundfunk und Telemediendienste in der Bundesrepublik Deutschland nach der RRC 06 in den
Frequenzbändern III, IV und V. URL: http://www.blm.de/apps/press/data/frequenznutzungskonzept_4_1.pdf [21.8.2007], S. 6; ALM Jahrbuch 2006, S. 39.
N.N. (2007): Rückkehr der Terrestrik. In: Themen + Frequenzen. MTM-Spezial 2007, S. 4-7, hier S. 5.
Vgl. http://www.alm.de → Fernsehen → TV-Sender-Datenbank.
Mit Ausnahme national verbreiteter Teleshopping-Kanäle sind sog. Telemedien in der Datenbank nicht
erfasst.
EINFÜHRUNG • VERSPARTUNG UND ENTGRENZUNG
20
Dabei zeigt sich erstens, dass die meisten in Deutschland zugelassenen und
ausgestrahlten Programme frei empfangbar sind (415 Programme). Mit 44 Eintragungen in der Datenbank ist die Zahl der in Deutschland lizenzierten Pay-TVAngebote dagegen immer noch relativ bescheiden.20 Zweitens wird das deutsche
Fernsehen – von der Angebotsseite her betrachtet – von privat-kommerziellen Programmen dominiert (372 Programme). Dem privat-kommerziellen Fernsehen stehen
zwei Programmtypen gegenüber, die ausschließlich frei zu empfangen sind:
Ebenfalls privat lizenziert, jedoch nicht kommerziell betrieben werden die
unter dem Begriff „Bürgerfernsehen“ zusammengefassten Offenen Kanäle sowie das Ausbildungs- und Hochschulfernsehen (insgesamt 64 Programme).
Dazu kommt, als Gegenpol zum privaten, das öffentlich-rechtliche Fernsehen
mit 23 Programmen.
-
-
Im Folgenden wird zunächst das Segment des deutschen Fernsehmarkts genauer
betrachtet, auf dem privat-kommerzielle Programmveranstalter und öffentlichrechtliche Rundfunkanstalten direkt miteinander konkurrieren: der Bereich des frei
empfangbaren Fernsehens (Free TV). Im Anschluss daran wird in einem gesonderten Abschnitt die Entwicklung der deutschen Fernsehlandschaft von 1954 bis 2007
rekonstruiert. Mit einer Chronologie der bisherigen Programmstarts soll nicht nur
die Fernsehprogrammgeschichte dokumentiert werden. Mindestens ebenso interessant ist es zu untersuchen, ob sich in den Lizenzierungen der letzten Jahre Programmtrends erkennen lassen, die das aktuelle Gesicht des Fernsehens in Deutschland prägen.
3.
Frei empfangbares Fernsehen – Free TV
Die sehr große Zahl der in Deutschland für den freien Empfang zugelassenen Programme relativiert sich dann, wenn man nach Verbreitungsgebieten und in diesem
Zusammenhang wiederum nach technischer Reichweite unterscheidet (vgl. Tab. 3):
-
Die Zahl der national verbreiteten Fernsehprogramme liegt weit unter hundert.
Ihnen stehen weit über zweihundert Programme gegenüber, die für regionale
Verbreitungsgebiete unterschiedlicher Größenordnung produziert und in der
Regel auch ausschließlich in diesen verbreitet werden.21
Nationale Fernsehprogramme
Im April 2007 wurden in der TV-Sender-Datenbank der ALM 61 Eintragungen für
national in Deutschland verbreitete Fernsehprogramme gezählt (vgl. Tab. 3). Dazu
kommen mit ARTE und 3sat zwei weitere Programme, die sowohl national als auch
20
21
Dabei werden allerdings die verschiedenen Premiere-Angebote als ein Fall gezählt.
Als wichtige Ausnahme sind die sog. Dritten Programme der ARD zu nennen, die in größerem Umfang,
insbesondere per Kabel, auch außerhalb ihrer ursprünglichen Senderegion zu empfangen sind.
EINFÜHRUNG • VERSPARTUNG UND ENTGRENZUNG
21
in anderen Ländern (Frankreich, Österreich und der Schweiz) verbreitet werden.22
Auch dieser Teil des deutschen Fernsehmarkts wird, gemessen an der Zahl der ausgestrahlten Programme, von privaten Anbietern beherrscht, die 51 Programme ausstrahlen. Ihnen stehen unter Einbezug von ARTE und 3sat zwölf öffentlichrechtliche Programme gegenüber.23
TYPOLOGIE DER FREE TV-PROGRAMME 2007
Tab. 3
(Anzahl der Programme)1
PRIVAT-KOMMERZIELLES FERNSEHEN
Nationale
Programme
n=51
Regionale
Programme
n=262
Vollprogramme
n=15
Spartenprog.
n=33
Fensterprog.
n=3
ÖFFENTLICH-RECHTLICHES FERNSEHEN
Nationale
Programme
n=10
Regionale
Programme
n=10
Transnationale /
Auslandsprog.
n=3
Landesweite
Programme3
n=60
Vollprogramme
n=2
Landesweite
Programme4
n=10
Transnationale
Programme
n=2
Subregionale
Programme
n=202
Spartenprog.
n=8
Sonstige2
n=15
Auslandsfernsehen
n=1
Reichweite > 100 Tsd.
n=44
Reichweite = 10–100 Tsd.
n=75
Reichweite < 10 Tsd.
n=83
1 Quelle: TV-Sender-Datenbank der ALM; Stichtag der letzten Aktualisierung: 30.4.2007 (vgl. http://www.alm.de →
Fernsehen → TV-Sender-Datenbank).
2 Darunter 12 Teleshopping-Kanäle.
3 Einschließlich der für die Verbreitung in den Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg lizenzierten Programme (mit einem Sonderfall in Berlin: für den sog. „Mischkanal“ wurden 31 Einzellizenzen vergeben).
4 Einschließlich der Fensterprogramme von Radio Bremen (im NDR Fernsehen) und Saarländischem Rundfunk (im SWR
Fernsehen).
Vom Programmtyp her gesehen liegt der Schwerpunkt des nationalen Fernsehens
auf insgesamt 41 Spartenprogrammen; 33 von ihnen werden von privaten Anbietern
und acht auf öffentlich-rechtlicher Basis produziert und verbreitet. Die Zahl der sog.
Fernsehvollprogramme ist deutlich geringer, in der Gunst der Zuschauer stehen sie
22
23
Außerdem verzeichnet die Datenbank 12 national verbreitete Teleshopping-Kanäle, die allerdings nicht
als Rundfunk, sondern als Telemedien lizenziert sind (sie werden in Tab. 3 der Kategorie „Sonstige
privat-kommerzielle Programme“ zugeordnet).
Auf die Besonderheit der hohen nationalen Präsenz der eigentlich regionalen Dritten Programme der
ARD wurde schon hingewiesen.
EINFÜHRUNG • VERSPARTUNG UND ENTGRENZUNG
22
jedoch, wie noch zu zeigen sein wird, weit vorne. Von diesem Angebotstyp weist die
Datenbank der ALM 15 private und zwei öffentlich-rechtliche Programme aus.
Im Rundfunkstaatsvertrag wird ein Vollprogramm (in Abgrenzung zu sog.
Spartenprogrammen „mit im Wesentlichen gleichartigen Inhalten“24) als ein „Rundfunkprogramm mit vielfältigen Inhalten“ charakterisiert, „in welchem Information,
Bildung, Beratung und Unterhaltung einen wesentlichen Teil des Gesamtprogramms
bilden“.25 Die rundfunkrechtliche Kategorie des Vollprogramms beinhaltet normative Anforderungen (1) an die strukturelle Vielfalt der Programmsparten und (2) an die
inhaltliche Vielfalt der in den Programmen vertretenen Meinungen sowie der zu Wort
kommenden politischen, gesellschaftlichen und weltanschaulichen Gruppen.26 Die
prominentesten Beispiele für national verbreitete Fernsehvollprogramme sind auf
der öffentlich-rechtlichen Seite das Erste Programm der ARD und das ZDF, auf der
privaten Seite RTL, RTL II und VOX (RTL Group) und Sat.1, ProSieben und kabel
eins (ProSiebenSat.1 Media AG).27
Während man transnationale Programme (ARTE und 3sat) und auch das Auslandsfernsehen (Deutsche Welle TV) nur im öffentlich-rechtlichen Sektor findet,
sind national verbreitete Fensterprogramme eine Besonderheit des privaten Fernsehens. Es gibt drei Veranstalter (AZ Media TV, dctp und News and Pictures), deren
Programme auf den Frequenzen von RTL, Sat.1 und VOX ausgestrahlt werden.28
Regionale und lokale Fernsehprogramme
Unterhalb der nationalen Ebene verzeichnet die Datenbank der ALM derzeit 262
privat-kommerzielle sowie zehn öffentlich-rechtliche Fernsehprogramme.29
Auf der Ebene der Bundesländer werden insgesamt 60 private und zehn öffentlich-rechtliche Programmangebote gezählt. Die Konkurrenzsituation zwischen
diesen beiden Programmgruppen ist allerdings relativ unausgewogen. Von den öffentlich-rechtlichen Landesrundfunkanstalten werden voll ausgebaute Landesprogramme, zum Teil mit landesspezifischen Programmfenstern, ausgestrahlt.30 Sie
24
25
26
27
28
29
30
Vgl. § 2 Abs. 2 Satz 2 RStV 2007 (Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien in der Fassung des
Neunten Staatsvertrages zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge, in Kraft seit dem 1. März
2007).
Vgl. § 2 Abs. 2 Satz 1 RStV 2007.
Vgl. dazu unter anderem § 25 Abs. 1 Satz 2 RStV 2007.
Allerdings wurden auch Lizenzen für private Fernsehvollprogramme vergeben, die sich bisher auf dem
deutschen Fernsehmarkt nicht nachhaltig etabliert haben. Neben drei deutschen Programmen [bw familiy.tv, DMAX (als Nachfolgeprogramm von XXP) und NBC Europe] handelt es sich dabei um fünf
Programme für in Deutschland lebende Türken [DTTV, FOX Türk (vormals TGRT-Europe), Kanal 7
INT, TD 1 und Türk Show] sowie ein persischsprachiges Programm (MITV).
Im Fall der auf den Frequenzen von RTL und Sat.1 ausgestrahlten Fensterprogramme handelt es sich
um „Sendezeit für unabhängige Dritte“ im Sinne von § 31 RStV 2007.
Dazu kommt, wie schon erwähnt, das ebenfalls in lokalen und regionalen Verbreitungsgebieten ausgestrahlte nicht kommerzielle Bürgerfernsehen mit weiteren 64 Programmen, auf die jedoch im Folgenden nicht eingegangen wird.
Bayerisches Fernsehen, BR-alpha, hr-fernsehen, mdr fernsehen, NDR Fernsehen (in Kooperation mit
Radio Bremen TV), rbb Fernsehen, SWR Fernsehen (in Kooperation mit SR Fernsehen) und WDR
Fernsehen.
EINFÜHRUNG • VERSPARTUNG UND ENTGRENZUNG
23
konkurrieren vorwiegend mit privaten Regionalfensterprogrammen, die in national
verbreitete Programme integriert sind und über relativ wenig Sendezeit verfügen.31
Außerdem ist die in der Datenbank aufgeführte Zahl von 60 privaten Regionalprogrammen zwar formal korrekt (denn in der Datenbank werden Programmlizenzen gezählt), in der Sache ist sie jedoch etwas irreführend. Allein 31 dieser Lizenzen entfallen auf eine einzige Frequenz, den sog. „Mischkanal“ in Berlin. Fasst man
diese zu einem Fall zusammen, kommt man in Deutschland – unter Einrechnung
der lokalen Programmangebote in den Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg –
auf 30 landesweit verbreitete private Programme und Programmfenster.
Unterhalb der Ebene landesweit verbreiteter Fernsehprogramme, im Sektor
des subregionalen und lokalen Fernsehens, gibt es in Deutschland ein ausgesprochen
reichhaltiges, allerdings ausschließlich in privater Rechtsform veranstaltetes Programmangebot. Damit existiert auf dieser Verbreitungsebene – in der Regel32 – auch
keine Systemkonkurrenz. Die Datenbank verzeichnet bei diesem Programmtyp
derzeit 202 Eintragungen. Die meisten dieser Programme verfügen nur über geringe
technische Reichweiten, ihre Wirtschaftskraft ist dementsprechend niedrig einzustufen. Nur 44 lokale und subregionale Fernsehprogramme haben ein Reichweitepotenzial von mehr als 100 Tausend Haushalten.
Fasst man die lokalen Fernsehangebote mit einem höheren Reichweitepotenzial und die privaten Fernsehfrequenzen in den Stadtstaaten Berlin, Bremen und
Hamburg zusammen, hat man andererseits einen vergleichsweise großen Kreis von
Programmen, denen unter dem Stichwort Ballungsraum-Fernsehen zumindest prinzipiell größere Erfolgschancen auf metropolen Zuschauermärkten zugesprochen werden können. Die Abgrenzung dieses Programmtyps von anderen lokalen Fernsehprogrammen mit hoher technischer Reichweite ist jedoch, trotz der Intensität der
Diskussionen über das Ballungsraum-Fernsehen in Deutschland,33 relativ schwierig.
In einer Übersicht des ALM Jahrbuchs 2006 werden unter dieser Kategorie 15 Programme ausgewiesen.34
Sieht man von Bayern ab, ist das private Lokalfernsehen insbesondere in den
neuen Bundesländern verbreitet. Etwa zwei Drittel aller (und der weitaus größte Teil
der reichweiteschwachen) lokalen Fernsehprogramme werden in den fünf ostdeutschen Flächenstaaten ausgestrahlt. Relativ reichweitestarke Lokalprogramme sind
dagegen vorwiegend in den alten Bundesländern entstanden, mehr als ein Drittel
davon wird in bayerischen Regionen ausgestrahlt. Rein quantitativ betrachtet ist
Sachsen das Land mit den meisten lokalen Fernsehprogrammen (63), gefolgt von
31
32
33
34
Vgl. dazu den Beitrag „Die Regionalfenster von RTL und Sat.1 im Jahr 2006“ von Helmut Volpers u.a.
in diesem Band.
Als Ausnahmen sind z.B. Köln oder Düsseldorf zu nennen. Dort konkurrieren die lokalen Fernsehprogramme von Center TV mit lokalen Programmfenstern des WDR Fernsehens.
Vgl. dazu Vogelgesang, Jens (2007): Studien der Landesmedienanstalten zum Lokal- und Regionalfernsehen in Deutschland – Eine Synopse. In: ALM Programmbericht 2006, S. 145-168 (insbesondere die
Literaturhinweise in Anm. 4 und 5).
Vgl. ALM Jahrbuch 2006, S. 263.
EINFÜHRUNG • VERSPARTUNG UND ENTGRENZUNG
24
Bayern (43), Brandenburg (28), Thüringen (17), Mecklenburg-Vorpommern (15) und
Sachsen-Anhalt (13).
4.
Chronologie der Programmstarts 1954–2007
Folgt man der Systematik der TV-Sender-Datenbank der ALM, sind zwischen dem
Sendestart des Ersten Programms der ARD im Jahr 1954 und der letzten Aktualisierung der Datenbank Ende April 2007 in Deutschland 558 Fernsehprogramme auf
Sendung gegangen.35 Derzeit ausgestrahlt werden 459 Programme – d.h. ca. hundert
Fernsehprogramme wurden im Verlauf der letzten fünfzig Jahre auch wieder eingestellt.
Auf den ersten Blick vermittelt die in Tabelle 4 zusammengefasste Chronologie
der Sendestarts deutscher Fernsehprogramme vor allem den Eindruck, dass das
Tempo der Programmvermehrung in Deutschland rapide zunimmt. So wurden in
den letzten drei Jahren über 120 Fernsehprogramme neu auf dem deutschen Fernsehmarkt positioniert. Interessant ist aber vor allem die Frage, welche Programmtypen wann auf den deutschen Fernsehmarkt kamen und ob daraus Trends für zukünftige Programmentwicklungen in Deutschland abzuleiten sind.
Phase I: 1954–1983
Knapp dreißig Jahre hatten die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Zeit, auf
nationaler Ebene und in den Bundesländern das öffentlich-rechtliche Fernsehen zu
etablieren. Seit Ende der sechziger Jahre konnten die Zuschauer zwischen sieben –
zwei national und fünf in den Bundesländern verbreiteten – Programmen wählen.
Phase II: 1984–1993
Mit der Einführung der dualen Rundfunkordnung in den achtziger Jahren stieg nicht
nur die Zahl der empfangbaren Fernsehprogramme drastisch an: Zwischen 1984
und 1993 sind knapp über 100 Programmstarts zu verzeichnen. Auch das Spektrum
der Programmtypen wurde spürbar erweitert. Unter anderem kamen transnationale
Fernsehprogramme und Auslandsfernsehen, Spartenprogramme, Pay TV, lokales
Fernsehen und Bürgerfernsehen zu den bisherigen Programmangeboten dazu.
Gemessen an der Zahl neuer Programme ist diese Zeit vom lokalen und regionalen Fernsehen geprägt. In diesem Sektor gingen 60 private Programme auf Sendung. Dabei machte sich ab Anfang der neunziger Jahre die deutsche Wiedervereinigung bemerkbar. Ab 1992/93 kamen vor allem in den neuen Bundesländern lokale
Programme auf den Markt, zumeist Programme mit geringen technischen Reichweiten.
Interessant ist schließlich, dass die wichtigsten Strukturen des deutschen Fernsehmarkts schon in den ersten zehn Jahren der dualen Rundfunkordnung festgelegt
wurden:
35
Einschließlich Bürgerfernsehen und Teleshopping-Kanälen.
EINFÜHRUNG • VERSPARTUNG UND ENTGRENZUNG
25
-
-
Tab. 4
Im Bereich des frei empfangbaren Fernsehens etablierten sich zwischen 1984
und 1993 diejenigen privaten Programme, die auch noch heute, zusammen mit
ARD/Das Erste und ZDF, auf den ersten Rängen des deutschen Zuschauermarkts positioniert sind: RTL, RTL II und VOX sowie Sat.1, ProSieben und
kabel eins.
Auch auf dem Pay-TV-Markt in Deutschland spielt heute noch die ProgrammPlattform eine wichtige Rolle, die schon im Jahr 1991 eingerichtet wurde: Premiere.
PROGRAMMSTARTS 1954-2007
19541983
19841993
19942003
2004- Keine
eingeGesamt
2007 Angabe
stellt
aktiv
ÖFFENTL.-RECHTL. FREE-TV
7
7
10
2
-
26
3
23
Nationale Vollprogramme
Nationale Spartenprogramme
Regionale Programme
Transnat. / Auslandsprogr.
2
5
-
1
3
3
8
2
-
2
-
-
2
9
12
3
1
2
-
2
8
10
3
PRIVATES FREE-TV
-
74
223
87
10
394
78
316
Nationale Vollprogramme
Nationale Spartenprogramme
Nationale Fensterprogramme
Regionale/Lokale Programme
Sonstige
-
7
4
1
60
2
3
7
3
206
4
6
23
58
-
10
-
16
34
4
334
6
1
1
1
72
3
15
33
3
262
3
PAY-TV
-
1
14
31
-
46
2
44
TELESHOPPING
-
-
5
9
-
14
2
12
BÜRGERFERNSEHEN
-
24
45
2
7
78
14
64
GESAMT
7
106
297
131
17
558
99
459
Phase III: 1994–2003
Nominell ist das die Zeit mit der größten Programmvermehrung auf dem deutschen
Fernsehmarkt, insgesamt werden fast 300 Programmstarts gezählt. Faktisch sind sie
in diesem Zeitraum jedoch (1) zu 70 Prozent auf den regionalen und lokalen Fernsehmarkt beschränkt und in diesem Kontext (2) insbesondere auf die neuen Bundesländer sowie (3) auf Programme mit geringer technischer Reichweite. Abgesehen
davon sind zwischen 1993 und 2003 drei weitere Trends festzuhalten:
-
Mit 45 dokumentierten Programmstarts wird das Bürgerfernsehen in dieser
Zeit auf fast 70 Programme ausgebaut.
Die Zahl der Pay-TV-Programme nimmt mit 14 Programmstarts deutlich zu.
Und auch die ersten Teleshopping-Kanäle gehen auf Sendung.
EINFÜHRUNG • VERSPARTUNG UND ENTGRENZUNG
26
Phase IV: 2004–2007
Zwischen Januar 2004 und April 2007 wurden 130 Fernsehprogramme neu gestartet.
Das sind ca. 40 Programme pro Jahr. Dieser Wert wurde in früheren Jahren nie
erreicht, auch nicht, als kurz nach der Wiedervereinigung der Lokalfernsehmarkt in
den neuen Bundesländern aufgebaut wurde.
Sieht man von dem – nach wie vor sehr lebendigen36 – Lokal- und Regionalfernsehmarkt mit 58 Programmstarts ab, liegt der Schwerpunkt der aktuellen Programmentwicklung eindeutig im Pay-TV-Sektor (in den letzten drei Jahren 31 neue
Programme) und im Bereich der frei empfangbaren Spartenprogramme (23 Starts).
Außerdem wird offensichtlich der Teleshopping-Markt weiter ausgebaut (9 Starts).
5.
Verspartung des Programmangebots – Entgrenzung des Rundfunks?
Der deutsche Fernsehmarkt ist in seiner aktuellen Entwicklung nicht nur durch eine
rapide quantitative Zunahme der ausgestrahlten Programme geprägt. Im Zusammenhang damit ist vielmehr auch ein eindeutiger Trend zur Verspartung des Programmangebots in Deutschland zu verzeichnen. Dieser Befund stützt sich nicht nur
auf die Zahl der in der TV-Sender-Datenbank explizit als Spartenangebote im Free
TV ausgewiesenen Programme. Auch der größte Teil der Pay-TV-Programme und
sogar ein Teil der Programmangebote auf regionaler Ebene, insbesondere in BadenWürttemberg und Berlin, ist nichts anderes als Spartenfernsehen.
Wenn man diese Programme im Einzelnen durchgeht, wird schnell deutlich,
dass die wenigsten von ihnen auf Information und Meinungsbildung ausgerichtet
sind – sofern man diese beiden Schlüsselkategorien des deutschen Rundfunkprogrammrechts nicht (nur) auf die private Lebenswelt, sondern im Anschluss an die
Präambel des Staatsvertrags (auch) auf die Gesellschaft, auf öffentlich relevante
Meinungsbildung bezieht.37 Der weitaus größte Teil dieses Programmsegments besteht aus unterschiedlichen Variationen von Unterhaltungs-, Spiel-, Lifestyle- und
Lebenshilfe-Angeboten, die immer mehr in Verbindung mit neuen Geschäftsmodellen, jenseits der klassischen Einnahmequellen des privaten Fernsehens, stehen. Nur
einige Beispiele:
-
-
36
37
38
9Live, im Jahr 2001 auf Sendung gegangen, hat maßgeblichen Anteil an der
Etablierung des „Gewinnspiels“ im deutschen Fernsehen. Wie die Nachahmung und Ausweitung dieses Programmformats zeigt, ein offensichtlich profitables Geschäftsmodell.
Astro TV, seit 2004 ausgestrahlt, ist im Grunde ein Werbefenster zur Vermarktung übersinnlicher Dienstleistungen per Internet und Telefon.38 Help TV
Man muss allerdings bedenken, dass von den bis dahin in diesem Sektor gestarteten 334 Programmen
derzeit nur noch 262 auf Sendung sind. Das heißt, dass hier mit 72 Programmen der „Schwund“ so
groß ist wie in keinem anderen Segment des deutschen Fernsehmarkts.
Vgl. RStV 2007, zweiter Absatz der Präambel.
In diesem Sinne dürfte auch das jüngste, wenn auch hinreichend unklare Urteil des EU-GH zu sehen
sein, der zumindest eine Einstufung als Teleshopping für möglich hält. Allerdings findet auf dem Bild-
EINFÜHRUNG • VERSPARTUNG UND ENTGRENZUNG
27
(2006) und JobTV24 (2006) verfolgen im Grundsatz denselben Trend zur Lebenshilfe, wenn auch stärker im Diesseits verankert.
Und auch die Geschäftsmodelle von Lifestyleprogrammen wie tv.gusto (2004),
wein tv (seit 2004) oder Body in Balance (2006) etc. liegen auf der Hand.
-
Gegen das Argument, dass es für private Spartenprogramme geradezu charakteristisch ist, Nischen zu definieren und darin den wirtschaftlichen Erfolg zu suchen, ist
im Grundsatz nichts einzuwenden. Und auch § 25 Abs. 1 RStV 2007 kann nicht
widersprochen werden, wenn dort private Spartenprogramme in Abgrenzung zu
privaten Vollprogrammen explizit von Anforderungen freigestellt werden, die gesellschaftlich relevante Informationsleistungen betreffen. Ein Problem jedoch bleibt:
Was unterscheidet diese Programme noch von den sog. Telemedien?
Wenn die publizistische Relevanz der Programmangebote das zentrale Kriterium für Rundfunk ist und Rundfunk gegenüber Telemedien durch seine „für den
öffentlichen Meinungsbildungsprozess relevanten Kommunikationsinhalte“39 abgegrenzt wird, dann stellt sich bei vielen der neueren Spartenprogrammen durchaus die
Frage, wie viel Rundfunk in dieser Form des Fernsehens noch enthalten ist. Angesichts der
enormen quantitativen Zunahme dieses Programmtyps ist das ein Problem, das den
Fernsehmarkt in Deutschland als Ganzes betrifft.
6.
Zuschauermarktanteile der Fernsehprogramme im ersten Halbjahr 2007
Im Zuge einer umfassenden Beschreibung des Fernsehmarkts in Deutschland ist
nicht nur das Angebot an Fernsehprogrammen zu betrachten, sondern auch ihr
Erfolg auf dem Zuschauermarkt. In Abschnitt 2 wurde gezeigt, dass die Zahl der in
Deutschland lizenzierten Fernsehprogramme gerade in den letzten Jahren stark
zugenommen hat. Im Folgenden wird untersucht, ob sich die quantitative Programmvermehrung auch auf das Zuschauerverhalten, die Nutzung der angebotenen
Programme, ausgewirkt hat. Als Maßzahl hierfür werden die sog. „Marktanteilswerte“ von Fernsehprogrammen verwendet.40 Zunächst wird die Situation im ersten
Halbjahr 2007 analysiert. Anschließend wird die Entwicklung des Zuschauermarkts
vor dem Hintergrund der zunehmenden Tendenz zur Verspartung des Programmangebots betrachtet.
Im ersten Halbjahr 2007 liegt der gesamte Marktanteil aller privaten Programme, deren Nutzung im Rahmen der AGF/GfK-Fernsehforschung erfasst wird,
knapp über 50 Prozent. Die öffentlich-rechtlichen Programme kommen zusammen
39
40
schirm von Astro TV auch etwas statt, was von den Zuschauern zur Unterhaltung oder „Horizonterweiterung“ konsumiert wird und womit die Medienaufsicht unter inhaltlichen Gesichtspunkten einige
Probleme hat.
Gersdorf, Hubertus (2007): Der Rundfunkbegriff. Vom technologieorientierten zum technologieneutralen Begriffsverständnis. München (Schriftenreihe der LPR Hessen; Bd. 24), S. 53.
„Der Marktanteil gibt den relativen Anteil der Sehdauer einer Sendung/eines Werbeblocks/eines
bestimmten Zeitintervalls an der Gesamtsehdauer aller Programme zum jeweiligen Zeitintervall an“.
AGF – Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung (2002): Fernsehzuschauerforschung in Deutschland.
Frankfurt/M., S. 31.
EINFÜHRUNG • VERSPARTUNG UND ENTGRENZUNG
28
auf einen Marktanteil von 43 Prozent (vgl. Tab. 5). Damit ist zunächst zu konstatieren, dass die wesentlich geringere Anzahl öffentlich-rechtlicher Programme in
Deutschland im Durchschnitt ein deutlich größeres Publikum bindet als das quantitativ umfangreichere private Programmsegment.
Unterteilt man das Fernsehangebot nach den oben beschriebenen Programmtypen, zeigt sich, dass über zwei Drittel der Fernsehnutzung auf die nationalen Fernsehvollprogramme entfallen. Sowohl im privaten als auch im öffentlich-rechtlichen Programmsegment stehen diese Programme unangefochten auf dem ersten Rang. Dabei
haben die privaten Angebote mit über 42 Prozent der Marktanteile einen deutlichen
Vorsprung vor den beiden öffentlich-rechtlichen Programmen, ARD/Das Erste und
ZDF (26 Prozent).
Tab. 5
MARKTANTEILE DER PROGRAMMTYPEN IM ERSTEN HALBJAHR 20071
Privat-kommerzielles
Fernsehen
Öffentl.-rechtliches
Fernsehen
Gesamt
Nationale Vollprogramme
Nationale Spartenprogramme
Nationale Fensterprogramme
Landesweite Regionalprogramme
Subregionale/lokale Programme
Transnationale Programme
42,1
8,8
–2
–3
0,04
–5
26,4
2,0
–5
13,3
–5
1,6
68,5
10,8
–
13,3
0,0
1,6
GESAMT
50,9
43,3
94,2
PROGRAMMTYP
1 Anteile an der täglichen durchschnittlichen Sehdauer in Prozent, Zuschauer ab 3 Jahren, Montag bis Sonntag, 3 bis
3 Uhr. Quelle: AGF/GfK-Fernsehforschung (eigene Berechnung nach KEK 2007, S. 290).
2 Nicht ausgewiesen.
3 Nicht erhoben.
4 Nur TV Bayern (Zusammenschluss 15 regionaler Fernsehstationen in Bayern) erhoben.
5 Nicht zutreffend.
Ganz offensichtlich ist es also immer noch so, dass die Zuschauerinteressen mehrheitlich von solchen Programmen befriedigt werden, die eine Vielzahl von Programmsparten in ihrem Angebot haben. Aus der Perspektive der Zuschauer kann
demnach kaum von einem eindeutigen Trend zur Nutzung von Spartenprogrammen
gesprochen werden.
Neben den nationalen Vollprogrammen sind insbesondere die landesweiten
Regionalprogramme der ARD, die sog. Dritten Programme, sehr erfolgreich. Mit
kumulierten 13 Prozent erreichen sie knapp die Hälfte des Marktanteils der beiden
national verbreiteten öffentlich-rechtlichen Vollprogramme. Wenn man sich allerdings die Programmangebote dieser Programme einmal genauer anschaut, wird man
feststellen, dass sie alle Anforderungen des RStV an ein „Vollprogramm“ erfüllen:
Sie bieten vielfältige Inhalte mit wesentlichen Anteilen an Information, Bildung,
EINFÜHRUNG • VERSPARTUNG UND ENTGRENZUNG
29
Beratung und Unterhaltung.41 Dazu kommt die privilegierte Einspeisung dieser
Programme in die Kabelnetze, auch außerhalb ihrer primären Sendegebiete, mit der
ihre Nutzungswahrscheinlichkeit deutlich erhöht wird.
Zur Nutzung der privaten Regionalprogramme kann an dieser Stelle nicht viel
gesagt werden: Die regionalen Programmfenster werden im Rahmen der
AGF/GfK-Fernsehforschung nicht gesondert erhoben und die anderen landesweiten Regionalfernsehprogramme, wie z.B. FAB oder der „Mischkanal“ in Berlin,
erreichen so geringe Marktanteile, dass die für sie ermittelten Daten statistisch nicht
verlässlich sind. Einen Hinweis auf die Nutzung der privaten Regionalfenster liefert
aber die Funkanalyse Bayern 2007. Sie weist für das Sat.1-Fenster „17:30 live für
Bayern“ (im Bezug auf die Sendezeit Mo–Fr, 17.30–18.00 Uhr und den bayerischen
Zuschauermarkt) einen Marktanteil von knapp 14 Prozent aus.42 Der Funkanalyse
Bayern sind auch Hinweise zur Nutzung lokaler Fernsehprogramme zu entnehmen.
So erreichten 2006/2007 alle bayerischen Lokalfernsehprogramme zusammen werktags eine Tagesreichweite43 von knapp 9 Prozent.44
Schließlich ist noch über den Markterfolg derjenigen Programme zu berichten,
die vermeintlich die Zukunft des Fernsehens darstellen: die Spartenprogramme. Im
ersten Halbjahr 2007 nehmen sie zusammen gut ein Zehntel des deutschen Zuschauermarkts für sich ein. Im Wesentlichen geht es dabei um private Programmangebote (9 Prozent). Interessant wären an dieser Stelle Daten zu den Marktanteilen
der privaten Pay-TV-Angebote, die als Spartenprogramme klassifiziert werden können. Diese Daten gibt es jedoch nicht. Zu ihrer Schätzung kann man allerdings von
den Daten der Programme ausgehen, deren Nutzung durch die AGF/GfKFernsehforschung erfasst und ausgewiesen wird: Sie summieren sich auf insgesamt
94 Prozent des deutschen Zuschauermarkts. Damit bleibt für alle übrigen Programme – darunter auch die Pay-TV-Spartenangebote – ein Restwert von 6 Prozent als
Marktpotenzial.
7.
Entwicklung der Zuschauermarktanteile 1998–2007
Die Betrachtung der Marktanteile nach Programmtypen hat ergeben, dass Fernsehvollprogramme im ersten Halbjahr 2007 gut zwei Drittel des deutschen Zuschauermarkts abdecken. Dieser Wert ist nahezu identisch mit dem kumulierten Marktanteil
von acht Programmen (vgl. Tab. 6).
41
42
43
44
Vgl. § 2 Abs. 2 Satz 1 RStV 2007.
Vgl. Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) (Hrsg.) (2007a): Funkanalyse Bayern. URL:
http://funkanalyse.tns-infratest.com/2007/2_tv/1nutzung/1TVInternet_gesamt.pdf [20.8.2007], S. 11.
„Zur ‚Tagesreichweite’ eines bestimmten Programms zählen Personen, die laut Tagesablauferhebung
das Programm am Stichtag mindestens eine Viertelstunde lang gesehen haben, bzw. angegeben haben,
das Programm vor 16.00 Uhr oder nach 23.00 Uhr gesehen zu haben.“ Bayerische Landeszentrale für
neue Medien (BLM) (Hrsg.) (2007b): Funkanalyse Bayern. Glossar Fernsehen. URL:
http://funkanalyse.tns-infratest.com/2007/2_tv/ 5glossar/index_5glossar.asp#014 [20.8.2007].
Vgl. BLM 2007a, S. 9 (Tagesreichweite in Prozent 2006/2007, Mo–Fr, Bevölkerung ab 14 Jahren in
Bayern gesamt).
EINFÜHRUNG • VERSPARTUNG UND ENTGRENZUNG
30
Vier Programme erreichen einen kumulierten Marktanteil von knapp 50 Prozent: die beiden öffentlich-rechtlichen Programme ARD/Das Erste und ZDF und
die beiden privaten Programme RTL und Sat.1. Dabei fällt Sat.1 mit einem Marktanteil von 9,5 Prozent gegenüber den anderen drei Marktführern (12,6 bis 13,5 Prozent) etwas ab.
Tab. 6
MARKTANTEILE DER FREE TV-PROGRAMME IM ERSTEN HALBJAHR 20071
PROGRAMM
ARD/Das Erste
ZDF
RTL
Sat.1
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
Super RTL
KIKA
DSF
3sat
ARD/Dritte Programme
MA
MA kumuliert
13,5
12,9
12,6
9,5
13,5
26,4
39,0
48,5
6,6
5,5
3,8
3,6
55,1
60,6
64,4
68,0
2,6
1,1
1,1
1,0
13,3
70,6
71,7
72,8
73,8
87,1
4 Programme ≈ 50%
8 Programme = 68%
20 Programme = 87%
1 Anteile an der täglichen durchschnittlichen Sehdauer in Prozent, Zuschauer ab 3 Jahren, Montag bis Sonntag, 3 bis
3 Uhr. Quelle: AGF/GfK-Fernsehforschung (eigene Berechnung nach KEK 2007, S. 290).
Auf weitere knapp 20 Prozent kommen die vier privaten Programme ProSieben und
kabel eins sowie VOX und RTL II. Angeführt wird diese Gruppe von ProSieben
(6,6 Prozent) und VOX (5,5 Prozent).
Diese acht Programme stehen auch an erster Stelle, wenn es um die Marktanteile der konkurrierenden privaten und öffentlich-rechtlichen Systeme und die Positionierung der beiden führenden privaten Senderfamilien, RTL Group und ProSiebenSat.1 Media AG, auf diesem Markt geht (vgl. Tab. 7).
Wenn man bedenkt, dass der Zuschauermarkt in Deutschland von nur 20 Programmen dominiert wird, die fast 90 Prozent der Zuschauermarktanteile auf sich
vereinigen, dann ist der Gegensatz zwischen der großen Zahl angebotener und der
offensichtlich kleinen Zahl intensiv genutzter Programme eklatant. Die Frage ist, wie
fest gefügt die Fernsehgewohnheiten der deutschen Zuschauer sind, auf denen diese
Marktdaten basieren.
Die Antwort ist dann doch etwas überraschend. Betrachtet man die Entwicklung der Marktanteile der acht Vollprogramme und der Dritten Programme der
ARD über einen längeren Zeitraum, dann hat ihr gemeinsamer „Marktwert“ in den
letzten zehn Jahren – nicht rapide und auch nicht dramatisch, aber eindeutig – abgenommen. Die kumulierten Marktanteile der acht Vollprogramme sind von 1998 bis
EINFÜHRUNG • VERSPARTUNG UND ENTGRENZUNG
31
2007 von über 75 auf unter 70 Prozent gesunken; nimmt man die Dritten Programme dazu, ist ein Rückgang von knapp 90 Prozent auf einen Wert zu verzeichnen, der
knapp über 80 Prozent liegt (vgl. Abb. 1). Am stärksten sind die fünf Marktführer –
Tab. 7
MARKTANTEILE DER PRIVATEN SENDERFAMILIEN IM ERSTEN HALBJAHR 20071
RTL Group
MA
ProSiebenSat.1 Media AG
MA
RTL
VOX
RTL II
Super RTL
n-tv
12,6
5,5
3,8
2,6
0,7
Sat.1
ProSieben
kabel eins
9Live
N24
9,5
6,6
3,6
0,2
0,9
GESAMT
25,2
GESAMT
20,8
1 Anteile an der täglichen durchschnittlichen Sehdauer in Prozent, Zuschauer ab 3 Jahren, Montag bis Sonntag, 3 bis
3 Uhr. Quelle: AGF/GfK-Fernsehforschung (eigene Berechnung nach KEK 2007, S. 290).
ARD/Das Erste, ZDF, RTL, Sat.1 und ProSieben – von dieser Entwicklung betroffen, mit Verlusten von jeweils ca. 2 Prozentpunkten. Gegen den Trend können sich
dagegen vor allem VOX (+2,7 Prozentpunkte), aber auch die Dritten Programme
der ARD behaupten (im Mittel +1,2 Prozentpunkte).
ENTWICKLUNG DER MARKTANTEILE: VOLL- UND DRITTE PROGRAMME
Abb. 1
(Marktanteile pro Halbjahr in Prozent)1
100
90
80
ARD /Dritte
70
kabel e ins
RTL II
VOX
60
ProSieben
50
Sat.1
40
RTL
30
20
ZDF
10
0
ARD/Das Erste
I II
1998
I II
1999
I II
2000
I II
2001
I II
2002
I II
2003
I II
2004
I II
2005
I II I
2006 2007
1 Anteile an der täglichen durchschnittlichen Sehdauer in Prozent, Zuschauer ab 3 Jahren, Montag bis Sonntag, 3 bis
3 Uhr. Quelle: AGF/GfK-Fernsehforschung (eigene Berechnung nach KEK 2007, S. 288ff. und http://www.kekonline.de/cgi-bin/esc/zuschauer.html [18.10.2007]).
EINFÜHRUNG • VERSPARTUNG UND ENTGRENZUNG
32
Die Chronologie der Programmstarts in Abschnitt 4 hat gezeigt, dass das quantitative Angebot an Fernsehprogrammen seit 1994 deutlich zugenommen hat und
insbesondere immer mehr private Spartenprogramme auf Sendung gegangen sind.
Die Konkurrenz für die nationalen Fernsehvollprogramme hat also deutlich zugenommen. Auch wenn die Betrachtung des Fernsehzuschauermarkts im Frühjahr
2007 gezeigt hat, dass die Vollprogramme weiterhin eine unbestreitbar starke Position einnehmen, ist in der Langzeitperspektive doch festzuhalten, dass die zunehmende Programmkonkurrenz ihre Spuren hinterlässt (vgl. Abb. 2).
ENTWICKLUNG DER MARKTANTEILE: VOLL- UND SPARTENPROGRAMME
Abb. 2
(Marktanteile pro Monat in Prozent)1
60
50
40
30
20
10
0
1998
1999
2000
Private Vollprogramme
2001
2002
2003
2004
Öffentlich-rechtliche Vollprogramme
2005
2006 I 2007
Spartenprogramme
1 Anteile an der täglichen durchschnittlichen Sehdauer in Prozent, Zuschauer ab 3 Jahren, Montag bis Sonntag, 3 bis
3 Uhr. Quelle: AGF/GfK-Fernsehforschung (eigene Berechnung nach KEK 2007, S. 288ff. und http://www.kekonline.de/cgi-bin/esc/zuschauer.html [18.10.2007]).
Interessanterweise sind es in erster Linie die privaten Fernsehvollprogramme, die
von dieser Konkurrenz betroffen sind und deutlich an Marktanteilen einbüßen. Ihr
Anteil am Fernsehzuschauermarkt ist in den letzten zehn Jahren von ca. 50 Prozent
auf ca. 40 Prozent abgesunken. Wohin die Fernsehzuschauer abwandern, zeigt die
Marktanteilsentwicklung der Spartenprogramme, die nicht ausschließlich, aber wesentlich auf die Nutzung privater Programmangebote zurückzuführen ist. So gesehen sind dann doch Auswirkungen der „Verspartung“ des Programmangebots auf
dem deutschen Fernsehmarkt festzustellen – wenn auch verlangsamt und vor allem
in Form von Umverteilungen im privaten Marktanteilssegment.
EINFÜHRUNG • VERSPARTUNG UND ENTGRENZUNG
33
Literatur
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– ALM (Hrsg.) (2007): ALM Jahrbuch 2006 – Landesmedienanstalten und privater Rundfunk in Deutschland. Berlin.
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Zehnter Jahresbericht. Berichtszeitraum 1. Juli 2006 bis 30. Juni 2007. Potsdam.
Media Perspektiven (Hrsg.) (2006): Basisdaten. Daten zur Mediensituation in
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Deutschland 2005/2006. In: ALM Programmbericht 2006, S. 25-38.
Technische Kommission der Landesmedienanstalten/Produktions- und Technik
Kommission von ARD, ZDF und Deutschlandradio (2006): Leitlinien zu einem
Frequenznutzungskonzept für den digitalen Rundfunk und Telemediendienste in
der Bundesrepublik Deutschland nach der RRC 06 in den Frequenzbändern III,
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S. 145-168.
KONTINUIERLICHE
FERNSEHPROGRAMMFORSCHUNG
DER LANDESMEDIENANSTALTEN
PROGRAMMFORSCHUNG • PRIVATE FERNSEHVOLLPROGRAMME 1998–2007
37
Private Fernsehvollprogramme
1998–2007
Eine 10-Jahres-Bilanz der kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten
Hans-Jürgen Weiß
Im Sommer 2007 hatte ein Begriff kurzzeitig Konjunktur im öffentlichen Mediendiskurs, der dort nur selten auftaucht: Fernsehvollprogramm. Anlass dafür war die Streichung von drei Informationssendungen bei Sat.1. Kurz nach der Übernahme der
ProSiebenSat.1 Media AG durch die Finanzinvestoren Permira und KKR im Juni
2007 wurden im Juli 2007 „Sat.1 am Mittag“ und „Sat.1 am Abend“ sowie „Sat.1 –
die Nacht“ abgesetzt.1 Diese Maßnahme und die damit verbundenen Mitarbeiterentlassungen führten zu einer in den Medien ausgetragenen Debatte über die Rechtsgrundlagen von Sat.1 – einem Programm, das ebenso wie RTL seit 1984, dem Jahr
des „Urknalls“ für das Privatfernsehen in Deutschland, ausgestrahlt und seitdem zu
den Säulen dieses Systems gerechnet wird.2
Tatsächlich ist die Erfolgsgeschichte des Privatfernsehens in Deutschland
durch einen Programmtyp geprägt, der in der Begrifflichkeit des Rundfunkprogrammrechts als Fernsehvollprogramm bezeichnet wird.3 Sat.1 und RTL machten
1984 den Anfang – bis 1997 folgten vier weitere Fernsehvollprogramme, die mit
Sat.1 bzw. RTL unternehmerisch verbunden sind: ProSieben (1989) und kabel eins
(1992/1997) sowie RTL II (1993) und VOX (1993).4 Diese sechs Programme sichern sich seit Jahren auf dem deutschen Zuschauermarkt einen Marktanteil von
mehr als 40 Prozent.5 Sie sind damit „die“ private Konkurrenz zu den beiden öffentlich-rechtlichen Programmen, ARD/Das Erste und ZDF, die ebenfalls – wenn auch
1
2
3
4
5
„Sat.1 am Mittag“ war seit 2006 auf Sendung. „Sat.1 am Abend“ wurde ebenfalls seit 2006 als Nachfolgesendung von „17:30“ parallel zu den regionalen Fensterprogrammen ausgestrahlt. „Sat.1 – die Nacht“
war seit 2001 im Programm.
Vgl. Hinterberger, Markus (2007): ProSiebenSat1 spart am Programm. Drei Sendungen und 180 Jobs
werden gestrichen. Die Aktionäre äußern leise Kritik, die Politik ist empört. In: Der Tagesspiegel vom
18. Juli 2007.
Zur Zahl und zu den Marktanteilen der privaten Vollprogramme vgl. den Beitrag „Verspartung und
Entgrenzung – Fernsehen in Deutschland 2006/2007“ in diesem Band.
kabel eins wurde 1992 zunächst als Spartenprogramm zugelassen und erhielt erst 1997 eine Lizenz als
Vollprogramm. In den letzten Jahren wurden weitere Lizenzen für private Fernsehvollprogramme vergeben, die sich auf dem deutschen Fernsehmarkt jedoch nicht nachhaltig etabliert haben.
Im Durchschnitt des Jahres 2007 waren es insgesamt 41,7 Prozent (vgl. o.V.: Deutsche sahen 2007
weniger fern. In: Der Tagesspiegel vom 4. Januar 2008).
PROGRAMMFORSCHUNG • PRIVATE FERNSEHVOLLPROGRAMME 1998–2007
38
erst seit Bestehen des Rundfunkstaatsvertrags6 – als Fernsehvollprogramme bezeichnet werden und einen Zuschauermarktanteil von mehr als 25 Prozent auf sich
vereinigen.
Aber was verbirgt sich hinter diesem Begriff? Wenn Journalisten aus Anlass einer Programmänderung bei Sat.1 die Frage stellen, „wie weit […] man Nachrichtensendungen ausdünnen [darf], ohne die auf einem TV-Vollprogramm basierende
Sendelizenz zu gefährden“7 und Politiker die Landesmedienanstalten auffordern,
„genau zu prüfen, ob die Sender mit den Streichungen nach wie vor die Kriterien für
ein Vollprogramm erfüllen“8, stellt sich diese Frage mit einiger Dringlichkeit. Aus
der Perspektive der kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten ist sie allerdings nicht neu. Im Gegenteil, die Rechtskonstruktion eines
Fernsehvollprogramms und die Realisation dieses Konstrukts im Fernsehalltag stehen seit Ende der 1990er Jahre im Mittelpunkt dieser Forschung.
Was ist das Besondere an privaten Fernsehvollprogrammen?
Überspitzt formuliert könnte man sagen: Die Lektüre der einschlägigen Formulierungen im deutschen Rundfunkprogrammrecht vermittelt erstens den Eindruck,
dass Vollprogramme „pars pro toto“ diejenigen Leistungen erbringen sollen, die der
Gesetzgeber als öffentlichen Auftrag des Rundfunks in seiner Gesamtheit begreift.
Hierbei geht es um die Sicherung (a) der gegenständlichen bzw. strukturellen sowie
(b) der meinungsmäßigen bzw. inhaltlichen Vielfalt der Programmangebote.9 Zweitens
werden diese Erwartungen nicht nur gegenüber öffentlich-rechtlichen, sondern explizit auch im Bezug auf private Fernsehvollprogramme formuliert.
Die normative Grundlage zur Sicherung der strukturellen Vielfalt von Vollprogrammen ist eine Begriffsbestimmung im Rundfunkstaatsvertrag. In Abgrenzung zu
Spartenprogrammen wird ein Vollprogramm als „ein Rundfunkprogramm mit vielfältigen Inhalten“ (§ 2 Abs. 2 Satz 1 RStV 2007) charakterisiert. Konkretisiert wird
diese Norm im zweiten Teil der Definition: „Information, Bildung, Beratung und
Unterhaltung“ bilden „einen wesentlichen Teil des Gesamtprogramms“ (§ 2 Abs. 2
Satz 1 RStV 2007). Auf den ersten Blick erscheint es nicht besonders schwierig,
jedem dieser Begriffe bestimmte Programmsparten aus dem Hörfunk- und Fernsehbereich zuzuordnen. Bei genauerer Betrachtung der sich ja auch ständig wandelnden
6
7
8
9
Vgl. § 19 Abs. 1 RStV 2007 (Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien in der Fassung des Neunten
Staatsvertrages zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge, in Kraft seit dem 1. März 2007).
Magenheim, Thomas (2007): Ein Feigenblatt für die Lizenz? ProSieben-Sat.1 streicht bei Sat.1 fast alle
Nachrichtensendungen, um Kosten zu sparen. In: Frankfurter Rundschau vom 18. Juli 2007.
Pressemitteilung der Bündnis 90/Grünen-Abgeordneten im Deutschen Bundestag, Grietje Bettin, vom
17. Juli 2007.
Vgl. 6. Rundfunkurteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 83, 238); zum Folgenden: Weiß,
Hans-Jürgen/Joachim Trebbe (1994): Öffentliche Streitfragen in privaten Fernsehprogrammen. Zur
Informationsleistung von RTL, SAT 1 und PRO 7. Opladen (Schriftenreihe Medienforschung der LfR
Nordrhein Westfalen; Bd. 15), S. 21-28.
PROGRAMMFORSCHUNG • PRIVATE FERNSEHVOLLPROGRAMME 1998–2007
39
Realität des Hörfunk- und Fernsehalltags wird jedoch deutlich, wie tief die Kluft
zwischen diesen Rechtsbegriffen und der Programmrealität tatsächlich ist.10
Das inhaltliche Vielfaltsgebot für Vollprogramme ist eng mit der „Medium- und
Faktorfunktion“ verknüpft, die dem Rundfunk in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nach wie vor zugesprochen wird.11 Vor dem Hintergrund der
Forderung, dass auch im privaten Rundfunk „inhaltlich die Vielfalt der Meinungen
im Wesentlichen zum Ausdruck zu bringen“ ist (§ 25 Abs. 1 Satz 1 RStV 2007),
werden private Vollprogramme in besonderer Weise in die Pflicht genommen: „Die
bedeutsamen, politischen, weltanschaulichen und gesellschaftlichen Kräfte und
Gruppen müssen in den Vollprogrammen angemessen zu Wort kommen; Auffassungen von Minderheiten sind zu berücksichtigen“ (§ 25 Abs. 1 Satz 2 RStV 2007).
Zwischen struktureller und inhaltlicher Programmvielfalt gibt es insofern einen
Zusammenhang, als durch die Programmstruktur der quantitative Rahmen festgelegt
wird, innerhalb dessen sich meinungsrelevante Programmangebote entfalten können.
Zwar bezieht sich die inhaltliche Vielfaltsnorm nicht exklusiv auf die Strukturkategorie der Fernsehinformation; auch andere Programmangebote können Prozesse der
Meinungsbildung auslösen.12 Dennoch ist der Informationssparte in diesem Zusammenhang eine Schlüsselfunktion zuzusprechen. Dieser Gesichtspunkt wird im
Rundfunkgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen aufgegriffen, wenn in Fortführung einer mit § 25 Abs. 1 Satz 2 RStV übereinstimmenden Formulierung gefordert
wird: “Jedes Vollprogramm soll in der Berichterstattung angemessene Zeit für die
Behandlung kontroverser Themen von allgemeiner Bedeutung vorsehen.“13 Da die
Berichterstattung über politische Ereignisse und Probleme im Mittelpunkt dieser
Programmnorm stehen dürfte, sind von Fernsehvollprogrammen programmstrukturelle Vorkehrungen (d.h. die Einrichtung von Sendeplätzen und Sendungen) zu
erwarten, die eine kontinuierliche politische Berichterstattung sicherstellen. Konkret
dürfte es hierbei vor allem um Nachrichtensendungen gehen.
Einzuräumen ist, dass man mit solchen Überlegungen schon bei der Exegese
des Rundfunkprogrammrechts angekommen ist. Begriffe wie „politische Berichterstattung“ oder „Nachrichtensendung“ findet man im Rundfunkprogrammrecht
nämlich nicht.14 Unsicher ist jedoch nicht nur die Umsetzung programmbezogener
10
11
12
13
14
Vgl. Weiß, Hans-Jürgen (1994): Programmforschung zwischen Programmrecht und Programmrealität.
Entscheidungshilfen für die Normanwendung. In: Media Perspektiven, Heft 10, S. 497-504. Zur Problematik der Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe vgl. allgemein Middelschulte, Christiane
(2007): Unbestimmte Rechtsbegriffe und das Bestimmtheitsgebot. Eine Untersuchung der verfassungsrechtlichen Grenzen der Verwendung sprachlich offener Gesetzesformulierungen. Hamburg.
Vgl. Eifert, Martin (2007): Gebührenurteil: Die Bedeutung liegt in der Kontinuität. Anmerkungen zum
Rundfunkgebührenurteil des BVerfG. In: Media Perspektiven, Heft 12, S. 602-607 (bes. S. 603-605).
Vgl. dazu das 2. Rundfunkurteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 31, 314); vgl. auch Keller,
Harald (2007): Die erklärte Flut. Ein Thriller über den Wetterwandel beweist, wie informativ Fiktion
sein kann. In: Frankfurter Rundschau vom 31. August 2007.
Vgl. § 31 Abs. 4 Satz 4 LMG NW 2007 (Landesmediengesetz Nordrhein-Westfalen in der Fassung vom
5. Juni 2007).
Ausgenommen davon sind lediglich einige konkretere Ausführungen des Rundfunkstaatsvertrags zu
„anerkannten journalistischen Grundsätzen“ (§ 10 Abs. 1 RStV 2007).
PROGRAMMFORSCHUNG • PRIVATE FERNSEHVOLLPROGRAMME 1998–2007
40
Rechtsbegriffe in praxisrelevante Kategorien der Programmproduktion, Programmplanung und Programmausstrahlung. Allgemein gehalten sind vor allem auch die
Anforderungen an den Umfang bestimmter Programmleistungen. Formulierungen
wie „wesentlicher Teil des Gesamtprogramms“, „angemessen zu Wort kommen“
oder „angemessene Zeit“ scheinen für (fast) jede Interpretation offen zu sein. Wie
problematisch der Versuch ist, solche Interpretationen auf der Grundlage von Daten
der Programmforschung vorzunehmen, wird in einer Stellungnahme von zwei Verfassungsrechtlern zu den Ergebnissen eines Forschungsprojekts deutlich, das sich
mit der Konkretisierung der o.e. Bestimmung des nordrhein-westfälischen Landesmediengesetzes befasste.15 Ihre Kernaussage lautete folgendermaßen:
„Der Begriff der Angemessenheit ist ein unbestimmter Rechtsbegriff. Zur Beurteilung der
Angemessenheit ist eine Abwägung zwischen den Anforderungen an die Vielfalt der jeweils
in Rede stehenden Programme und der rechtlichen Position der Veranstalter unter Einbeziehung der Realität vorzunehmen.“16
In diesem Zusammenhang könne Programmforschung der Aufsichtsbehörde zwar
Anhaltspunkte für die Angemessenheit der Programmleistungen eines privaten Veranstalters geben – aber eben nur als ein Indikator unter mehreren. In die Abwägung
einer sich dynamisch entwickelnden Realität müsse insbesondere die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Vielfaltsanforderungen an private
Programme einbezogen werden, die den Grundversorgungsauftrag des öffentlichrechtlichen Rundfunks zum Hintergrund habe.
Die kontinuierliche Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten
Seit 1998 werden deutsche Fernsehvollprogramme im Rahmen der kontinuierlichen
Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten beobachtet (im Folgenden
kurz „ALM-Studie“). Im Mittelpunkt der Programmaufzeichnungen und Analysen
stehen die acht Programme, die seit Jahren die Ranglisten der Fernsehzuschauerforschung anführen. Auf der privaten Seite sind das RTL, RTL II und VOX (RTL
Group) sowie Sat.1, ProSieben und kabel eins (ProSiebenSat.1 Media AG), auf der
öffentlich-rechtlichen Seite ARD/Das Erste und ZDF.
Ebenso wie die Auswahl der Programme ist die Konzeption dieser Forschung
darauf ausgerichtet, die Landesmedienanstalten in ihren Aufsichtsaufgaben über das
private Fernsehen zu unterstützen. Im Rahmen dieser Konzeption wurden die im
vorstehenden Abschnitt diskutierten Schlüsselbegriffe des Rundfunkrechts in Kategorien der empirischen Sozialforschung „übersetzt“. Diese werden im Rahmen von
Stichprobenerhebungen auf die Programmrealität – die Strukturen und Inhalte der
acht Fernsehvollprogramme – bezogen. Faktisch geht es bei den Programmanalysen
15
16
Vgl. Weiß/Trebbe 1994 (damals bezogen auf § 12 Abs. 3 Satz 3 LRG NW).
Starck, Christian/Karl Eberhard Hain (1994): Ergänzende Anmerkungen: Zum Begriff der Angemessenheit gemäß § 12 Abs. 3 S. 3 LRG NW. In: Weiß/Trebbe 1994, S. 187.
PROGRAMMFORSCHUNG • PRIVATE FERNSEHVOLLPROGRAMME 1998–2007
41
darum, zu drei rundfunkrechtlich bedeutsamen Programmaspekten empirische Daten beizubringen:17
-
-
zur strukturellen Programmvielfalt, d.h. zum Umfang der verschiedenen Programmsparten, Programmgattungen, Programmgenres etc. und deren Produktionsgrundlagen,
zur inhaltlichen Programmvielfalt, d.h. zu Umfang, Themen und Formen der im
weitesten Sinne informierenden Programmangebote
sowie zur gesellschaftlichen Relevanz dieser Informationsangebote, d.h. insbesondere auch zum Anteil der tagesaktuellen und nicht tagesaktuellen Fernsehberichterstattung über politische Ereignisse und Probleme.
Das Archiv- und Datenmaterial, das in zehn Jahren kontinuierlicher Programmforschung für die Landesmedienanstalten angesammelt wurde, ist viel zu umfangreich,
als dass es möglich wäre, in einer auf wenige Seiten beschränkten Bilanz alle Aspekte
dieser Forschung anzusprechen. Insofern ist der kurze öffentliche Diskurs über die
Leistungserwartungen an private Fernsehvollprogramme, der im Sommer 2007
durch Programmänderungen bei Sat.1 ausgelöst wurde, ein willkommener Anlass für
einen selektiven Blick auf die Ergebnisse dieser Forschung. Allerdings wird im Folgenden nicht nur auf den Kern dieser Debatte eingegangen, bei der es allgemein um
die Informationsleistung von privaten Fernsehvollprogrammen und konkret um das
Nachrichtenangebot sowie die Politikberichterstattung ging. Zunächst soll vielmehr ein
besonderer Aspekt der strukturellen Programmvielfalt angesprochen werden, der
eng mit der Rundfunkökonomie verknüpft ist: die Produktionscharakteristik der ausgestrahlten Fernsehsendungen.
Im Zusammenhang betrachtet spiegelt sich in diesen beiden Schwerpunkten
nicht nur der Doppelcharakter dieser Medienbranche als Dienstleistungs- und Kulturbetrieb. Sie repräsentieren auch das Spannungsverhältnis zwischen zwei unterschiedlichen Perspektiven, aus denen sich – je nach Standpunkt – unterschiedliche
Kriterien zur Beurteilung der bisherigen Entwicklung und aktuellen Situation der
privaten Fernsehvollprogramme in Deutschland ableiten lassen.
Zur Produktionscharakteristik privater Fernsehvollprogramme
Programmökonomie
Die Marktanteilswerte von Fernsehprogrammen sind heutzutage sehr viel mehr als
technische Daten für die Spezialisten des Media Marketing. Öffentlich werden sie
inzwischen als „die“ Indikatoren für Publikumserfolg kommuniziert. Aus ökonomischer Perspektive signalisieren sie Wirtschaftsstärke oder -schwäche, aus rundfunkrechtlicher Perspektive Meinungsmacht, die es im Fall privater Fernsehvollprogramme gegebenenfalls zu kontrollieren gilt.
17
Vgl. dazu. den Beitrag „Konzeption, Methode und Basisdaten der ALM-Studie 2006/2007“ in diesem
Band.
PROGRAMMFORSCHUNG • PRIVATE FERNSEHVOLLPROGRAMME 1998–2007
42
Vor diesem Hintergrund ist nicht nur von Interesse, dass sich die Rangordnung
zwischen den drei erfolgreichsten privaten Fernsehvollprogrammen in den letzten
zehn Jahren nie verändert hat – mit RTL auf dem ersten, Sat.1 auf dem zweiten und
ProSieben auf den dritten Platz (vgl. Abb. 1). Berichtenswert ist auch, dass jedes
dieser drei Programme seit 1998 Marktanteile im Umfang von ca. 2 Prozentpunkten
verloren hat. Der Anteil von Sat.1 liegt seit dem zweiten Halbjahr 2006 unter der 10Prozent-Marke. Das einzige private Vollprogramm, das seinen Marktwert in den
letzten Jahren deutlich gesteigert hat, ist VOX.
MARKTANTEILE DER PRIVATEN VOLLPROGRAMME (1998–2007)
Abb. 1
(Halbjahreswerte in Prozent)1
20
15
10
5
0
I II
1998
I II
1999
RTL
I II
2000
VOX
I II
2001
RTL II
I II
2002
I II
2003
Sat.1
I II
2004
I II
2005
ProSieben
I II I
2006 2007
kabel eins
1 Anteile an der täglichen durchschnittlichen Sehdauer in Prozent, Zuschauer ab 3 Jahren, Montag bis Sonntag,
3 bis 3 Uhr. Quelle: AGF/GfK-Fernsehforschung (eigene Berechnung nach KEK 2007, S. 288ff. und
http://www.kek-online.de/cgi-bin/esc/zuschauer.html [18.10.2007]).
Die Ursachen für die Reichweiteverluste privater Fernsehvollprogramme sind in der
Gesamtentwicklung des deutschen Fernsehmarkts zu finden: in der zunehmenden
Zahl der Programme und in der Verspartung der Programmangebote. Auch die
öffentlich-rechtlichen Vollprogramme, ARD/Das Erste und ZDF, sind davon betroffen.
Man würde allerdings zu kurz greifen, wenn man die wirtschaftliche Stärke privater Fernsehvollprogramme ausschließlich an der Entwicklung der Zuschauerzahlen festmachen wollte. Erstens sind die damit verbundenen Werbeeinnahmen schon
lange nicht mehr die einzige Ertragsquelle in den Geschäftsmodellen der Programmveranstalter. Und zweitens sollte man die Kostenseite dieser Geschäftsmodelle nicht vergessen, auch wenn sie der unabhängigen wissenschaftlichen Analyse nur
schwer zugänglich ist. Zu einigen dieser Kosten lassen sich in den Programmdaten
der ALM-Studie immerhin Anhaltspunkte finden. Sie sind zwar nicht direkt in Programmkosten umzurechnen, jedoch gibt der Programmvergleich Hinweise auf un-
PROGRAMMFORSCHUNG • PRIVATE FERNSEHVOLLPROGRAMME 1998–2007
43
terschiedliche Investitionen in das Programm sowie unterschiedliche Formen der
Programmbeschaffung.
Programmvolumen
Ein erster programmökonomisch relevanter Indikator ist der zeitliche Umfang der
täglich ausgestrahlten Fernsehsendungen. Es geht dabei um den Kern der Kosten
verursachenden Sendezeit. Derzeit besteht bei den privaten Fernsehvollprogrammen
etwa ein Viertel der Sendezeit aus Spotwerbung, Teleshopping-Sendungen, Sponsorhinweisen und On-Air-Promotion (vgl. Tab. 1). Damit bleiben im Durchschnitt
ca. 18 Stunden pro Tag für die Ausstrahlung von Fernsehsendungen im engeren
Sinn. Bei den öffentlich-rechtlichen Programmen sind es vor allem aufgrund der
Werbebeschränkungen vier bis fünf Stunden mehr.
SENDEZEITEN DER VOLLPROGRAMME IM FRÜHJAHR 2007
Tab. 1
(Sendezeit pro Tag in Std.:Min.)
ALLE SENDUNGEN
./. Drittprogramme
./. Programmübernahmen1
EIGENE SENDUNGEN
./. Wdh. im Tagesintervall
./. Wdh. im Wochenintervall
NETTO-SENDEZEIT2
RTL
VOX
RTL II
Sat.1
ProSieben
kabel
eins
ARD
ZDF
17:46
17:27
17:32
18:17
18:43
17:52
22:35
22:55
1:06
-
2:24
-
-
0:51
-
-
-
1:44
1:44
16:40
15:03
17:32
17:26
18:43
17:52
20:51
21:11
3:41
1:53
2:15
1:51
2:36
1:06
1:01
0:44
2:32
2:01
0:45
1:32
2:22
0:50
1:51
0:59
11:06
10:57
13:50
15:41
14:10
15:35
17:39
18:21
1 ARD/ZDF-Gemeinschaftsprogramm gemittelt.
2 Eigene Sendungen ohne Werbespots, Sponsorhinweise, Teleshopping, Programmtrailer etc. sowie ohne kurzfristige
Wiederholungen.
Doch auch diese „Kernsendezeit“ wird nicht von allen Programmveranstaltern vollständig ausfinanziert. So sind die beiden reichweitestärksten privaten Fernsehvollprogramme, RTL und Sat.1, aufgrund der Bestimmungen des Rundfunkstaatsvertrags zur Sicherung der Meinungsvielfalt (§§ 25ff. RStV 2007) dazu verpflichtet, für
regionale Fensterprogramme sowie für sog. „Unabhängige Dritte“ Sendezeit bereitzustellen. Insgesamt geht es dabei um etwa eine Stunde Programm pro Tag.
Im Fall von VOX liegen die Verhältnisse etwas anders.18 Im Zuge der Umgestaltung des Programmangebots in den 1990er Jahren entwickelte sich dctp von
einem unabhängigen Lizenznehmer, der Sendungen auf der Frequenz von VOX
18
Vgl. Stahl, Antonia (2003): VOX – Die Entwicklungsgeschichte eines „informationsorientierten“
Fernsehvollprogramms. Freie Universität Berlin (unveröff. Magisterarbeit); Link, Christine (2007): Der
Beitrag von dctp zur Erhöhung der Vielfalt des Fernsehprogrammangebots in Deutschland. Freie Universität Berlin (unveröff. Magisterarbeit).
PROGRAMMFORSCHUNG • PRIVATE FERNSEHVOLLPROGRAMME 1998–2007
44
ausstrahlt, zu einem „Lizenzpartner“ von VOX. Durch eine Art Frequenznutzungsgemeinschaft von VOX und dctp soll insgesamt der Charakter eines Fernsehvollprogramms sichergestellt werden. Derzeit trägt dctp mit Sendungen im Umfang von ca.
zweieinhalb Stunden pro Tag zum Programmangebot auf dieser Frequenz bei.
In der Folge wird bei VOX der zeitliche Rahmen erheblich verringert, der mit
eigenfinanzierten Programmleistungen ausgefüllt werden muss. Nach Abzug der
dctp-Sendungen bleiben 15 Stunden pro Tag. RTL kommt auf unter 17, Sat.1 auf
unter 18 Stunden. Im Übrigen hat auch der Programmaustausch von ARD/Das
Erste und ZDF am Vormittag seine wirtschaftliche Seite. Er führt dort zu einer
Reduzierung des eigenfinanzierten Programmvolumens auf 87–88 Prozent der täglichen Sendezeit.
Sendungswiederholungen
Bevor untersucht wird, wie die eigenfinanzierten Programme beschafft werden, wird
ein Mittel zur Reduzierung von Programmkosten in den Blick genommen, über das
die Programmveranstalter mehr oder weniger beliebig verfügen können: die Wiederholung von Fernsehsendungen. Dabei müssen wir uns allerdings auf die Analyse
kurzfristiger Wiederholungen beschränken, d.h. auf Wiederholungen, die sich zwischen
Tages- und Wochenintervallen bewegen. Diese lassen sich im Rahmen der ALMStudie zuverlässig ermitteln und werden seit 1998 dokumentiert. Zu anderen, aus
rundfunkökonomischer Perspektive ebenfalls hochinteressanten Zeitrhythmen und
Formen der Sendungswiederholung können an dieser Stelle keine Angaben gemacht
werden.19
Wie die Daten in Tabelle 1 zeigen, wird das Einsparungspotenzial der kurzfristigen Sendungswiederholungen von allen Vollprogrammen genutzt, wenn auch in
unterschiedlicher Intensität. Bei RTL hat diese Form der Kostenreduzierung in
letzter Zeit so stark zugenommen, dass die tägliche Sendezeit des nicht kurzfristig
wiederholten Programms ohne die in und zwischen den Sendungen ausgestrahlten
Werbespots, Sponsorhinweise, Programmtrailer etc. (im Folgenden kurz „NettoSendezeit“) mittlerweile unter die 50-Prozent-Marke gesunken ist. Das ist der Bereich, in dem sich das ausschließlich VOX zuzurechnende Programmangebot (also
ohne die dctp-Sendungen) schon immer bewegte (vgl. Abb. 2).20
Die beiden privaten Senderfamilien unterscheiden sich in dieser Dimension des
Kostenmanagements erheblich. Wenn man das quantitative Volumen der NettoSendezeit in den sechs privaten Fernsehvollprogrammen vergleicht, rangieren die
drei Programme der RTL Group mit 46–58 Prozent am unteren Ende, die drei Programme der ProSiebenSat.1 Media AG mit 59–65 Prozent am oberen Ende der
Skala. Während RTL nahezu ein Viertel der täglichen Sendezeit mit kurzfristigen
19
20
Gemeint sind nicht nur Wiederholungen innerhalb einzelner Programme, sondern auch der Programmaustausch innerhalb der Senderfamilien (wie z.B. bei den öffentlich-rechtlichen und hier wiederum besonders den Dritten Programmen der ARD).
Diese Entwicklung lässt sich unschwer mit dem Wechsel von Anke Schäferkordt von VOX in die
Geschäftsführung von RTL im Jahr 2005 in Verbindung bringen.
PROGRAMMFORSCHUNG • PRIVATE FERNSEHVOLLPROGRAMME 1998–2007
45
Wiederholungen bestreitet, beträgt der Umfang der kurzfristigen Wiederholungen
bei Sat.1 weniger als zwei Programmstunden (vgl. Abb. 3).
NETTO-SENDEZEITEN BEI SAT.1, RTL UND VOX (1998–2007)1
Abb. 2
(Anteil an 24 Std./Tag in Prozent)
75
50
25
0
1998
1999
2000
2001
2002
Sat.1
2003
2004
2005
RTL
2006
2007
VOX
1 Eigene Sendungen ohne Werbespots, Sponsorhinweise, Teleshopping, Programmtrailer etc. sowie ohne kurzfristige
Wiederholungen.
KURZFRISTIGE WIEDERHOLUNGEN BEI SAT.1, RTL UND VOX (1998–2007)1
Abb. 3
(Anteil an 24 Std./Tag in Prozent)
30
20
10
0
1998
1999
2000
Sat.1
2001
2002
2003
2004
RTL
2005
2006
2007
VOX
1 Kurzfristige Wiederholungen ohne Programmübernahmen und Drittprogramme.
Eigen-, Auftrags- und Gemeinschaftsproduktionen
Abgesehen vom Programmvolumen und der Wiederholungspolitik ist das Kostenmanagement von Fernsehprogrammen vor allem mit der Entscheidung verbunden,
PROGRAMMFORSCHUNG • PRIVATE FERNSEHVOLLPROGRAMME 1998–2007
46
welche Programmstoffe auf welche Weise beschafft werden. Auch hierzu finden sich
im Rundfunkstaatsvertrag Bestimmungen, die sich gleichermaßen auf private wie
öffentlich-rechtliche Programme beziehen. Sie sollen der „Sicherung von deutschen
und europäischen Film- und Fernsehproduktionen als Kulturgut sowie als Teil des
audiovisuellen Erbes“ dienen (§ 6 Abs. 1 RStV 2007). Eine der beiden Bestimmungen ist speziell an Fernsehvollprogramme adressiert; diese „sollen einen wesentlichen
Anteil an Eigenproduktionen sowie Auftrags- und Gemeinschaftsproduktionen aus
dem deutschsprachigen und europäischen Raum enthalten“ (§ 6 Abs. 3 Satz 1 RStV
2007).
Wie die Daten der ALM-Studie belegen, haben sich die privaten Fernsehvollprogramme in dieser Hinsicht enorm entwickelt. Selbst wenn man die Einhaltung
dieser Bestimmung einer sehr strengen Prüfung unterzieht und den Berechnungen
nicht die gesamte, sondern die (im letzten Abschnitt eingeführte) Kategorie der
Netto-Sendezeit zugrunde legt, kommt man zu einem Befund für das Jahr 2007, der
sich eindeutig von den Anfängen des Privatfernsehens in Deutschland unterscheidet
(vgl. Abb. 4).21
EIGEN-, AUFTRAGS- UND KOPRODUKTIONEN DER VOLLPROGRAMME
IM FRÜHJAHR 2007
Abb. 4
(Netto-Sendezeit pro Tag in Std.:Min.)1
16:00
12:00
8:00
4:00
0:00
RTL
VOX
RTL II
Sat. 1
Fiktionale Unterhaltung
Nicht tagesaktuelle Fernsehpublizistik
Sonstiges
ProSieben kabel eins
ARD
ZDF
Nonfiktionale Unterhaltung
Tagesaktuelle Fernsehpublizistik
1 Eigene Sendungen ohne kurzfristige Wiederholungen; ARD/ZDF-Gemeinschaftsprogramm 2007 gemittelt; VOX inkl.
dctp.
Sat.1 hat mit dem Umfang seiner eigen-, auftrags- oder koproduzierten Sendungen
(im Tagesdurchschnitt 13,5 Stunden) fast das Niveau der beiden öffentlichrechtlichen Vollprogramme erreicht (14–15 Stunden). RTL und ProSieben kommen
21
Vgl. Weiß, Hans-Jürgen u.a. (1991): Produktionsquoten privater Fernsehprogramme in der Bundesrepublik Deutschland. Eine Programmanalyse im Frühjahr 1990. Düsseldorf (Schriftenreihe Medienforschung der LfR Nordrhein-Westfalen; Bd. 1).
PROGRAMMFORSCHUNG • PRIVATE FERNSEHVOLLPROGRAMME 1998–2007
47
auf mehr als acht, VOX (unter Einbeziehung der dctp-Sendungen) auf sechs Stunden. Der geringste Umfang an Eigen-, Auftrags- und Koproduktionen ist bei kabel
eins und RTL II festzustellen, aber auch hier sind es immerhin täglich ca. vier Stunden. Angesichts solcher Werte ist eine Debatte darüber, ob es sich dabei jeweils um
„angemessene Anteile“ handelt, kaum zu erwarten.
Deutlich wird aber die unterschiedliche Positionierung der einzelnen Programme innerhalb ihrer Senderfamilie: Die Marktstellung und das Volumen der
eigen-, auftrags- oder koproduzierten Sendungen korrelieren in hohem Maße (vgl.
Abb. 5). Außerdem sind die Differenzen zwischen den beiden privaten Senderfamilien
auffallend. Die ProSiebenSat.1 Media AG setzt bei ihren Vollprogrammen – mit
zusammengenommen 26 Stunden pro Sendetag – sehr viel stärker auf Eigen-, Auftrags- und Gemeinschaftsproduktionen, als das bei der RTL Group der Fall ist (19
Stunden). Der Blick auf die letzten zehn Jahre zeigt, dass die im Frühjahr 2007 für
Sat.1, ProSieben und kabel eins ermittelten Daten das Ergebnis stetiger Zuwachsraten sind.
EIGEN-, AUFTRAGS-, UND KOPRODUKTIONEN DER VOLLPROGRAMME
(1998–2007)
Abb. 5
(Netto-Sendezeit pro Tag in Std.:Min.)1
16:00
12:00
8:00
4:00
0:00
1998
1999
RTL
Sat.1
2000
2001
2002
VOX
ProSieben
2003
2004
RTL I I
kabel eins
2005
2006
2007
ARD
ZDF
1 Eigene Sendungen ohne kurzfristige Wiederholungen; ARD/ZDF-Gemeinschaftsprogramm 2007 gemittelt; VOX inkl.
dctp.
Die insgesamt hohe Quote der Sendungen, die in den deutschen Fernsehvollprogrammen das Ergebnis von Eigen-, Auftrags- oder Gemeinschaftsproduktionen
sind, hat ihren Ursprung vor allem in Sendungsformaten der Fernsehpublizistik und
der nonfiktionalen Unterhaltung. Sie ist nicht mit entsprechenden Produktionsquoten
im Bereich der fiktionalen Unterhaltung gleichzusetzen. Tatsächlich strahlen nur die
beiden öffentlich-rechtlichen und drei private Fernsehvollprogramme eigen-, auf-
PROGRAMMFORSCHUNG • PRIVATE FERNSEHVOLLPROGRAMME 1998–2007
48
trags- oder koproduzierte Filme und Serien aus – und das in sehr unterschiedlichem
Umfang (vgl. Abb. 6):
-
-
-
Die beiden öffentlich-rechtlichen Programme ARD/Das Erste und ZDF weisen seit 1998 in diesem Programmsektor relativ konstant Netto-Sendezeiten
von ca. vier Stunden pro Tag auf. Seit 2005 scheinen sie sich etwas auseinanderzubewegen, mit mehr eigen-, auftrags- oder koproduzierte Filmen und Serien auf Seiten der ARD.
RTL und Sat.1 verfolgten im Vergleich zur öffentlich-rechtlichen Konkurrenz
lange Zeit eine „50-Prozent-Strategie“ mit einer Eigen-, Auftrags- oder Koproduktionsquote von etwa zwei Stunden pro Tag. Seit 2003 legte Sat.1 deutlich
zu und nähert sich inzwischen den öffentlich-rechtlichen Quoten an.
Mit einem Vergleichswert von weniger als einer Stunde pro Tag spielt ProSieben in diesem Zusammenhang eine eher marginale Rolle. Vollkommen am
Rande, d.h. ohne jede Eigen-, Auftrags- oder Koproduktion im fiktionalen Bereich, rangieren aber drei andere Vollprogramme: VOX, RTL II und kabel eins.
EIGEN-, AUFTRAGS-, UND KOPRODUKTIONEN DER VOLLPROGRAMME
IM BEREICH SERIEN UND FILME (1998–2007)
Abb. 6
(Netto-Sendezeit pro Tag in Std.:Min.)1
6:00
4:00
2:00
0:00
1998
1999
RTL
2000
2001
2002
Sat.1
2003
ProSieben
2004
2005
ARD
2006
2007
ZDF
1 Eigene Sendungen ohne kurzfristige Wiederholungen.
Europäische Produktionen
Unabhängig vom Programmtyp, also auch nicht exklusiv auf Vollprogramme bezogen, ist die zweite Bestimmung des Rundfunkstaatsvertrags zur Sicherung von deutschen und europäischen Film- und Fernsehproduktionen. Sie betrifft den Anteil
europäischer Produktionen an den ausgestrahlten Programmen:
PROGRAMMFORSCHUNG • PRIVATE FERNSEHVOLLPROGRAMME 1998–2007
49
„Zur Darstellung der Vielfalt im deutschsprachigen und europäischen Raum und zur Förderung von europäischen Film- und Fernsehproduktionen sollen die Fernsehveranstalter den
Hauptteil ihrer insgesamt für Spielfilme, Fernsehspiele, Serien, Dokumentarsendungen und
vergleichbare Produktionen vorgesehenen Sendezeit europäischen Werken entsprechend
dem europäischen Recht vorbehalten“. (§ 6 Abs. 2 RStV)
Diese Bestimmung scheint relativ konkret formuliert zu sein; der Begriff „Hauptteil“
verweist zumindest auf eine relative, eigentlich auf eine absolute Mehrheit. Als Problem erweist sich jedoch die Eingrenzung des Programmsegments, auf das sie sich
bezieht. Ohne Zweifel stehen die verschiedenen Programmgattungen der fiktionalen
Fernsehunterhaltung im Mittelpunkt von § 6 Abs. 2 RStV. Mit der Formulierung
„Dokumentarsendungen und vergleichbare Produktionen“ wird jedoch die Tür zu
Formaten der Fernsehpublizistik (z.B. Reportage- und Magazinsendungen) und auch
der nonfiktionalen Unterhaltung (z.B. Doku-Soaps) aufgestoßen. Folgt man der
Fernsehrichtlinie der EU aus dem Jahr 1989, ist nur sicher, dass neben Werbung und
Videotext Nachrichten, Sportberichterstattung und Spielshows aus dem Programmsegment ausgeschlossen sind, auf das sich diese Regelung bezieht.22
EUROPÄISCHE WERKE IN DEN VOLLPROGRAMMEN IM FRÜHJAHR 2007
Abb. 7
(Anteil an der quotenrelevanten Sendezeit in Prozent)1
100
75
50
25
0
RTL
t=7:52
VOX
t=11:10
Deutsche Werke
RTL II
t=10:32
Sat.1
t=9:31
Europäische Werke
ProSieben kabel eins
ARD
t=9:25 t=13:54 t=12:44
US-Produktionen
ZDF
t=12:35
Sonstiges
1 Quotenrelevante Sendezeit = Netto-Sendezeit für Filme, Serien und alle Formate der nicht tagesaktuellen
Fernsehpublizistik; VOX inkl. dctp.
Für die empirische Beantwortung der Frage, ob die Vollprogramme der RTL Group
und der ProSiebenSat.1 Media AG diese – letztlich im Europarecht verankerte –
Bestimmung des Rundfunkstaatsvertrags erfüllen, sind solche Vorüberlegungen nur
von eingeschränkter Bedeutung. In vier Fällen sind die Verhältnisse klar. Unabhängig davon, in welchem Bezugsrahmen die Quotenberechnungen durchgeführt werden, kommt man bei ihnen immer wieder zu demselben Ergebnis. Lediglich bei zwei
22
Vgl. Weiß u.a. 1991, S. 2-6.
PROGRAMMFORSCHUNG • PRIVATE FERNSEHVOLLPROGRAMME 1998–2007
50
Programmen wirkt sich die Wahl des Bezugsrahmens darauf aus, ob sie mit ihren
Quoten mehr oder weniger knapp oberhalb oder unterhalb der 50-Prozent-Marke
liegen (vgl. Abb. 7).23
Anders als noch zu Beginn der 1990er Jahre sind die Programmangebote von
RTL und Sat.1 inzwischen stark durch den Anteil europäischer Werke geprägt. Dabei handelt es sich vorwiegend um deutsche Produktionen. In dieser Hinsicht gibt es
keine substanzielle Differenz mehr zwischen den Marktführern im privaten Fernsehsegment, RTL und Sat.1, und den beiden öffentlich-rechtlichen Programmen,
ARD/Das Erste und ZDF.
Konträr zu diesem positiven Befund sind die Ergebnisse für RTL II und kabel
eins. Selbst wenn man alle Sendungen dieser beiden Programme in die Berechnung
einbeziehen würde, wären sie von einer auch nur annähernden Erfüllung der Quotenvorgabe des Rundfunkstaatsvertrags weit entfernt. Der Hauptteil ihres – quotenrelevanten wie gesamten – Programmangebots besteht nicht aus europäischen Werken, sondern aus US-amerikanischen Produktionen (RTL II: 60 Prozent, kabel eins:
75 Prozent).
Zwischen diesen beiden Extremen bewegen sich die Befunde für VOX und
ProSieben. Hier ist tatsächlich der Bezugsrahmen von Bedeutung, innerhalb dessen
man die Quote europäischer Werke errechnet:
-
-
Der Anteil europäischer Werke bei VOX (einschließlich der dctp-Sendungen)
und ProSieben liegt knapp unter 50 Prozent, wenn man die Berechnungen auf
die beiden Programmsparten der fiktionalen Unterhaltung und der nicht tagesaktuellen Fernsehpublizistik stützt. Dabei ist es gleichgültig, ob die kurzfristigen Wiederholungen mit einbezogen werden oder nicht.
Beide Programme kommen über diesen Wert (am eindeutigsten ProSieben),
wenn man alle Programmsparten, also auch die nonfiktionalen Unterhaltungsformate und die tagesaktuelle Fernsehpublizistik, sowie alle Wiederholungen
berücksichtigt.
Der relativ große Anteil US-amerikanischer Film- und Serienproduktionen wirkt sich
besonders stark auf die Produktionsbilanz von ProSieben, aber auch auf die von
VOX aus. Das ist in beiden Fällen allerdings nicht so extrem ausgeprägt wie bei RTL
II und kabel eins.
Zusammenfassung
Die Daten der ALM-Studie, die in diesem Abschnitt vorgestellt wurden, belegen die
wirtschaftliche Dynamik, die durch die Einführung der dualen Rundfunkordnung
23
In Abb. 7 ist die Netto-Sendezeit aller Sendungen ausgewiesen, die den fiktionalen Programmsparten und
der nicht tagesaktuellen Fernsehpublizistik zuzurechnen sind. Das heißt: Werbung, Teleshopping, Programmtrailer etc., Drittprogramme (mit Ausnahme der dctp-Sendungen bei VOX) und Programmübernahmen sowie kurzfristige Wiederholungen sind aus der Analyse ausgeschlossen.
PROGRAMMFORSCHUNG • PRIVATE FERNSEHVOLLPROGRAMME 1998–2007
51
den Fernsehmarkt in Deutschland erfasst und verändert hat.24 Die sechs privaten
Fernsehvollprogramme, die dabei betrachtet wurden, sind zentrale, aber nicht gleichwertige Akteure auf diesem Markt. Jedes einzelne private Vollprogramm nimmt in
seiner Senderfamilie eine relativ fest „zementierte“ Marktposition ein. Diese Struktur
scheint sich den Daten der ALM-Studie zufolge in den finanziellen Investitionen in
diese Programme widerzuspiegeln. Aus der Perspektive der Programmaufsicht ist
festzuhalten, dass die sechs privaten Fernsehvollprogramme den Bestimmungen des
Rundfunkstaatsvertrags zur Produktionscharakteristik von Fernsehprogrammen, die
an der Schnittstelle zwischen (deutscher bzw. europäischer) Wirtschafts- und Kulturförderung angesiedelt sind, in unterschiedlicher Intensität nachkommen.
Den unterschiedlichen Umfang der Eigen-, Auftrags- und Gemeinschaftsproduktionen in diesen Programmen kann man noch einfach zur Kenntnis nehmen, da
der „Sockelwert“, den die in dieser Hinsicht schwächeren Programme erreichen, mit
ca. vier Programmstunden pro Tag sicher nicht zu beanstanden ist. Von Interesse ist
eher die Beobachtung, wie unterschiedlich die beiden privaten Senderfamilien und
hier wiederum insbesondere ihre „Flaggschiffe“, RTL und Sat.1, in diesem Sektor
agieren. Auf den ersten Blick ist es schon erstaunlich, dass RTL trotz sehr hoher
Wiederholungsquoten und einem (sowohl insgesamt als auch im Film- und Serienbereich) deutlich niedrigeren Anteil an eigen-, auftrags- und koproduzierten Sendungen
in der Zuschauergunst so weit vor Sat.1 rangiert. Hier wäre ein weiterer Untersuchungsschritt hilfreich, der die Kostenrechnungen und Zuschauererfolge einzelner
Programmsparten bei den beiden Konkurrenten vergleichend in den Blick nimmt.
Ganz anders ist es mit dem Anteil europäischer Werke an den Programmausstrahlungen. Hier liegen zwei private Vollprogramme – RTL II und kabel eins – weit
außerhalb des im Rundfunkstaatsvertrag geforderten Rahmens, zwei weitere – VOX
und ProSieben – im Grenzbereich. Pikanterweise ist das nun allerdings eine Programmnorm, die sich gar nicht exklusiv auf Fernsehvollprogramme bezieht. Man
sollte allerdings meinen, dass ihre Erfüllung zu den „Standards“ dieses ansonsten so
herausgehobenen Programmtyps zählt.
Zur Informationsleistung privater Fernsehvollprogramme
Was ist Fernsehinformation?
Wenn – wie bei Sat.1 geschehen – in einem Fernsehprogramm zwei Magazine und
eine Nachrichtensendung abgesetzt werden, wird man das ohne weiteres Nachdenken als eine Reduzierung des Informationsangebots dieses Programms verbuchen.
Aber was heißt das konkret? Was ist tatsächlich weggefallen?25
24
25
Vgl. Hans-Bredow-Institut in Kooperation mit der Arbeitsgruppe Kommunikationsforschung München (AKM) (2006): Beschäftigte und wirtschaftliche Lage des Rundfunks in Deutschland 2004. Berlin
(Schriftenreihe der Landesmedienanstalten; Bd. 33).
Eine konkrete Antwort auf diese Frage geben die auf der Homepage der ALM einsehbaren Stichprobenberichte der ALM-Studie (Dokumentation, Kap. IV: „Sendungsformate und Themenschwerpunkte
der Fernsehpublizistik“). Vgl. zuletzt GöfaK Medienforschung GmbH (2007): ALM-Fernsehpro-
PROGRAMMFORSCHUNG • PRIVATE FERNSEHVOLLPROGRAMME 1998–2007
52
Wie diffus der Begriff der Fernsehinformation tatsächlich ist, zeigte sich in der
öffentlichen Debatte über die Streichungen bei Sat.1 im Sommer 2007. Während die
Kritik am „Nachrichten-Aus“ implizit den Verlust politischer Informationsangebote
unterstellte, sollte der Hinweis des Veranstalters, dass lediglich zwei Boulevardsendungen und ein Nachtmagazin gestrichen würden, signalisieren, dass es vorwiegend
um Information am Rande zur Unterhaltung ginge.26
Damit wird einmal mehr deutlich, dass der Begriff der Fernsehinformation ohne weitere Spezifikation nicht dazu geeignet ist, Programmleistungen substanziell zu
beschreiben bzw. inhaltlich zu qualifizieren.27 Hinter jeder pauschalen Informationsquote von Fernsehprogrammen verbirgt sich die Zusammenfassung formal und
inhaltlich heterogener Programmangebote. Zu Recht sind diese Quoten umstritten,
da unterschiedliche Definitionen und Messregeln zu unterschiedlichen Quoten führen und sich in ihnen nicht selten die Interessenlagen der Quotierer widerspiegeln.
Da ist es besser, von vornherein zwischen inhaltlich-thematisch klar eingrenzbaren
Informationssparten zu unterscheiden und diese getrennt auszuweisen.
Annäherung: Fernsehpublizistik
Dieser Logik folgt die Informationsanalyse der ALM-Studie.28 In einem ersten Untersuchungsschritt werden diejenigen Sendungen bestimmt, in dem alle möglichen
Formen und Inhalte von Fernsehinformationen auftreten können. Um Missverständnisse und vorschnelle Fehlinterpretationen zu vermeiden, wird dieses Programmsegment nicht als Information, sondern als „Fernsehpublizistik“ bezeichnet und
gegenüber eindeutig unterhaltenden Programmangeboten wie Filmen und Serien
(„fiktionale Unterhaltung“) oder Shows und Spielen („nonfiktionale Unterhaltung“)
abgegrenzt. Das formale Kennzeichen der Fernsehpublizistik sind Sendungsformen,
die zumindest von ihren Ursprüngen her dem Fernsehjournalismus zuzuordnen
sind: Nachrichten-, Magazin- und Reportage-, Dokumentations-, Gesprächs-, Diskussionssendungen etc. Welche Inhalte in diesen Formaten aufbereitet und ausgestrahlt werden und ob diese einen eher informierenden oder eher unterhaltenden
Charakter haben, bleibt auf dieser Untersuchungsstufe zunächst noch offen.
Bei Sat.1 kann man zum Beispiel feststellen, dass der Stellenwert der Fernsehpublizistik in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat (vgl. Abb. 8). Während
Filme und Serien in den 1990er Jahren noch an erster Stelle standen und zwischen
26
27
28
grammanalyse. Stichprobenbericht Frühjahr 2007. Potsdam (als PDF-Datei abrufbar unter
http://www.alm.de → Medienforschung/Publikationen → TV-Programmforschung).
Vgl. o.V.: Sat.1 streicht beliebte Nachrichten – ab sofort. In: Spiegel Online vom 16. Juli 2007 (URL:
http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,druck-494769,00.html [17.7.2007]) sowie die Pressemitteilung
der ProSiebenSat.1 Media AG vom 18. Juli 2007: Sat.1 verändert sein Programmschema, ersetzt zwei
Boulevard-Magazine und „Sat.1 – Die Nacht“ (URL: http://www.prosiebensat1.de/pressezentrum/
sat1/2007/07/18/25749 [26.12.2007]).
Vgl. Weiß, Hans-Jürgen/Joachim Trebbe (2001): Fernsehinformation. Zur Methode kontinuierlicher
Programmanalysen in einem medienpolitisch aufgeladenen Forschungsfeld. In: Wirth, Werner/
Edmund Lauf (Hrsg.): Inhaltsanalyse – Perspektiven, Probleme, Potentiale. Köln, S. 49-71.
Vgl. dazu Abschnitt 2 des Beitrags „Konzeption, Methode und Basisdaten der ALM-Studie 2006/2007“
in diesem Band.
PROGRAMMFORSCHUNG • PRIVATE FERNSEHVOLLPROGRAMME 1998–2007
53
2000 und 2005 in etwa denselben Umfang wie die Fernsehpublizistik hatten, geht die
Schere danach auseinander. Die fiktionale Unterhaltung ist auf etwa ein Viertel eines
Sendetags gesunken, die Fernsehpublizistik auf knapp 40 Prozent angestiegen.
DIE PROGRAMMSTRUKTUR VON SAT.1 (1998–2007)
Abb. 8
(Anteil an 24 Std./Tag in Prozent)1
50
40
30
20
10
0
1998
1999
2000
2001
Fernsehpublizistik
2002
2003
2004
Fiktionale Unterhaltung
2005
2006
2007
Nonfiktionale Unterhaltung
1 Gesamte Sendezeit einschließlich kurzfristiger Wiederholungen.
FERNSEHPUBLIZISTIK BEI PRIVATEN UND ÖFFENTLICH-RECHTLICHEN
VOLLPROGRAMMEN (1998–2007)
Abb. 9
(Anteil an 24 Std./Tag in Prozent)1
60
50
40
30
20
10
0
1998
1999
2000
Private Programme
2001
2002
2003
2004
2005
Öffentlich-rechtliche Programme
1 Gesamte Sendezeit einschließlich kurzfristiger Wiederholungen.
2006
2007
Sat.1
PROGRAMMFORSCHUNG • PRIVATE FERNSEHVOLLPROGRAMME 1998–2007
54
Damit liegt Sat.1 in einem für alle privaten Fernsehvollprogramme typischen
Trend (vgl. Abb. 9). Während die beiden öffentlich-rechtlichen Programme,
ARD/Das Erste und ZDF, schon seit Jahren durchschnittlich die Hälfte eines Sendetags mit fernsehpublizistischen Programmangeboten gestalten, stieg der durchschnittliche Anteil der Fernsehpublizistik in den sechs privaten Vollprogrammen
von 19 Prozent im Jahr 1998 auf 27 Prozent im Frühjahr 2007.
Vertiefung: Themenstruktur der Fernsehpublizistik
Die entscheidende Frage ist nun allerdings, welche Programminhalte in den einzelnen Sendungsformaten der Fernsehpublizistik verbreitet werden. Die Antwort auf
diese Frage liefert eine Themenanalyse aller fernsehpublizistischen Programmangebote. Dabei werden – was nicht nur im Fall von Nachrichten- oder Magazinsendungen unerlässlich ist – alle thematisch unterscheidbaren Sendungsbeiträge gesondert
erfasst. Auf diese Weise kann ermittelt werden, mit welchen „Gegenständen“ sich
diejenigen Sendungen privater Fernsehvollprogramme tatsächlich beschäftigen, die
im Prinzip zur Aufbereitung und Verbreitung von Fernsehinformation geeignet sind.
Im Rahmen dieses Beitrags werden drei Themenfelder29 festgelegt, denen unterschiedliche Funktionen (durchaus im Sinne unterschiedlicher Informationsqualitäten) zugeschrieben werden:
-
-
-
Die fernsehpublizistische Behandlung „kontroverser Themen von allgemeiner
Bedeutung“ (mit dem Schwerpunkt der Politikberichterstattung) ist ein Indikator für gesellschaftlich relevante Informationsleistungen, die im Prozess der individuellen und öffentlichen Meinungsbildung von Bedeutung sind.
Die fernsehpublizistische Behandlung von Sach- und Lebensweltthemen ist ein
Indikator für individuell relevante, zum Teil mit Bildungs- und Beratungsfunktionen verknüpften Informationsleistungen.
Die fernsehpublizistische Behandlung von Human-Touch-Themen und der
Sportberichterstattung ist ein Indikator für individuell relevante Informationsleistungen, die der Entspannung oder Spannung der Fernsehzuschauer dienen
und demnach zugleich eine Unterhaltungsfunktion haben.
Defizitär: Berichterstattung über kontroverse Themen
Untersucht man die Struktur und Entwicklung der Fernsehpublizistik von Sat.1
unter thematischen Gesichtspunkten, ist nicht zu übersehen, dass hier die Unterhaltungspublizistik mit Sendungen und Beiträgen zu Human-Touch- und Sportthemen
im Vordergrund steht (vgl. Abb. 10 und 11). Seit Jahren nutzt Sat.1 im Durchschnitt
täglich mehr als ein Fünftel der gesamten Sendezeit, um diese „unterhaltenden Informationsangebote“ auszustrahlen. Alle anderen Informationssparten haben demgegenüber bei Sat.1 eine nachrangige Bedeutung.
29
Faktisch wird die Themenstruktur der Fernsehpublizistik sehr viel differenzierter erfasst und untergliedert. Vgl. dazu den Beitrag „Konzeption, Methode und Basisdaten der ALM-Studie 2006/2007“ in
diesem Band sowie das in den Stichprobenberichten (vgl. Anm. 25) dokumentierte Codebuch.
PROGRAMMFORSCHUNG • PRIVATE FERNSEHVOLLPROGRAMME 1998–2007
55
An zweiter Stelle ist die sog. Sach- und Lebensweltinformation zu nennen, deren Anteil an der gesamten Sendezeit von 6 Prozent im Jahr 1998 auf 9 Prozent im
Frühjahr 2007 angestiegen ist.
THEMENSTRUKTUR DER FERNSEHPUBLIZISTIK BEI SAT.1 (1998–2007)
Abb. 10
(Anteil an 24 Std./Tag in Prozent)1
30
20
10
0
1998
1999
2000
2001
Kontroverse Themen
2002
2003
2004
2005
Sach- und Lebensweltthemen
2006
2007
Human-Touch und Sport
1 Gesamte Sendezeit einschließlich kurzfristiger Wiederholungen.
THEMENSTRUKTUR DER FERNSEHPUBLIZISTIK IN DEN VOLLPROGRAMMEN
IM FRÜHJAHR 2007
Abb. 11
(Anteil an 24 Std./Tag in Prozent)1
60
50
40
30
20
10
0
RTL
VOX
RTL II
Kontroverse Themen
Sat.1
ProSieben kabel eins
Sach- und Lebensweltthemen
1 Gesamte Sendezeit einschließlich kurzfristiger Wiederholungen.
ARD
ZDF
Human-Touch und Sport
PROGRAMMFORSCHUNG • PRIVATE FERNSEHVOLLPROGRAMME 1998–2007
56
Ganz am Ende rangiert die Berichterstattung über kontroverse Themen und als
Teil hiervon die politische Berichterstattung. Sie hat seit 1998 zu keinem Zeitpunkt
die 3-Prozent-Marke überschritten. Im Frühjahr 2007 erreichte sie 2,3 Prozent der
täglichen Sendezeit. Das ist wenig mehr als eine halbe Stunde pro Tag.
Im Querschnittsvergleich zeigt sich, dass Sat.1 damit keineswegs ein Sonderfall
unter den sechs privaten Fernsehvollprogrammen ist – im Gegenteil (vgl. Abb. 11).
So paradox es klingen mag, aber kein privates Fernsehvollprogramm berichtete im
Frühjahr 2007 umfangreicher über kontroverse Themen als Sat.1. Sieht man von
RTL (2,1 Prozent der täglichen Sendezeit) und VOX (1,0 Prozent) ab, haben alle
anderen Programme eine Null vor dem Komma: RTL II 0,6 Prozent, ProSieben 0,5
Prozent und kabel eins 0,3 Prozent. Das sind Werte zwischen viereinhalb und neun
Minuten pro Tag.
Politische Fernsehpublizistik
Das gegen solche Zahlen häufig vorgetragene Argument, es handle sich dabei um
einen (wohlweislich nicht im statistischen Sinne verstandenen) „Zufallsbefund“ einer
nicht repräsentativen Stichprobe, verliert an Überzeugungskraft, wenn man die langfristigen Programmentwicklungen in diesem Bereich verfolgt. Fokussiert man die
weitere Analyse auf das Zentrum der Berichterstattung über kontroverse Themen,
auf die politische Fernsehpublizistik, ist in der Langzeitperspektive festzuhalten, dass
sich kein einziges privates Fernsehvollprogramm in diesem Programmsegment stark
profiliert hat.30 Auffallender als Differenzen im Detail sind die Parallelen in der
Grundausrichtung der politischen Publizistik dieser Programme (vgl. Abb. 12):
-
-
Der Umfang der politischen Fernsehpublizistik lag stets unterhalb von 6 Prozent der täglichen Sendezeit.
Würde man die Stichproben im Jahr des Irakkriegs (2003) außer Acht lassen,
wäre der Grenzwert noch niedriger. Dann käme kein Programm über 4 Prozent; das wäre eine politische Fernsehpublizistik im Umfang von etwa einer
Stunde pro Tag.
Seit 2005 sind ca. 30 Minuten politische Berichterstattung das Maximum, das
ein privates Fernsehvollprogramm pro Tag erreicht.
Erst jenseits dieses Befunds, der alle privaten Fernsehvollprogramme betrifft und die
quantitative Einschränkung der politischen Berichterstattung in diesem Segment des
Fernsehmarkts nachhaltig belegt, ist eine Erörterung von Unterschieden zwischen den
Programmen angemessen:
-
Nicht zu übersehen sind krasse Leistungsdifferenzen zwischen den Marktführer-Programmen der beiden privaten Senderfamilien auf der einen und den
30
Vgl. Maurer, Torsten (2005a): Fernsehnachrichten und Nachrichtenqualität. Eine Längsschnittstudie
zur Nachrichtenentwicklung in Deutschland. München; Ders. (2005b): Marktversagen: Politische Information im privaten und öffentlich-rechtlichen Fernsehen. In: ALM Programmbericht 2005, S. 62-78;
Ders. (2006): Das Nachrichtenangebot deutscher Fernsehvollprogramme im Tagesverlauf. In: ALM
Programmbericht 2006, S. 60-81.
PROGRAMMFORSCHUNG • PRIVATE FERNSEHVOLLPROGRAMME 1998–2007
57
-
-
restlichen privaten Vollprogrammen auf der anderen Seite. Nur RTL und Sat.1
erreichen das zuvor erwähnte Maximum von ca. 30 Minuten politischer Berichterstattung pro Tag, bei den restlichen Programmen sind es 20 bis 25 Minuten weniger.
Der „Konvergenzpunkt“ für den Umfang der politischen Berichterstattung in
den Programmen von VOX, RTL II, ProSieben und kabel eins liegt seit 2004
bei jeweils ca. sieben Minuten pro Tag. Das entspricht im Durchschnitt etwa
fünf politischen Beiträgen täglich – damit könnte keine regionale Tageszeitung
ihre Titelseite füllen.
RTL hat lange Zeit umfangreicher als Sat.1 über Politik berichtet und Krisenthemen wie den Kosovokrieg im Jahr 1999 und besonders den Irakkrieg im
Jahr 2003 intensiver aufgegriffen. In den letzten Jahren hat die politische Berichterstattung von RTL jedoch ständig abgenommen – mit dem Ergebnis,
dass in der Frühjahrsstichprobe 2007 bei Sat.1 eine geringfügig umfangreichere
Politikberichterstattung gemessen wurde (2,3 Prozent) als bei RTL (2,1 Prozent).
POLITIKBERICHTERSTATTUNG PRIVATER VOLLPROGRAMME (1998–2007)
Abb. 12
(Anteil an 24 Std./Tag in Prozent)1
6
5
4
3
2
1
0
1998
1999
2000
RTL
Sat.1
2001
2002
2003
VOX
ProSieben
2004
2005
2006
2007
RTL II
kabel eins
1 Gesamte Sendezeit einschließlich kurzfristiger Wiederholungen.
Aktuelle Politikberichterstattung und Fernsehnachrichten
Angesichts des insgesamt geringen Umfangs der politischen Fernsehpublizistik liegt
die Vermutung nahe, dass sich die privaten Vollprogramme weitgehend auf politische Fernsehnachrichten beschränken. Diese Vermutung wird bestärkt, wenn man
zwischen aktueller und nicht aktueller politischer Berichterstattung unterscheidet
und aus diesem Blickwinkel die Gesamtentwicklung der Politikberichterstattung in
den privaten Fernsehvollprogrammen verfolgt (vgl. Abb. 13).
PROGRAMMFORSCHUNG • PRIVATE FERNSEHVOLLPROGRAMME 1998–2007
58
Abbildung 13 ist nicht nur zu entnehmen, dass seit etwa fünf Jahren die gesamte Politikberichterstattung der privaten Fernsehvollprogramme kontinuierlich abgenommen hat (wenn man einmal von dem „Ausnahme-Peak“ des Jahres 2003 absieht, der durch die Irakkriegsberichterstattung verursacht wurde). Man sieht auch,
dass seit dem Jahr 2002 die Decke der nicht aktuellen politischen Hintergrundberichterstattung extrem dünn geworden ist. Zuvor hatten vor allem noch einige dctpFormate auf VOX (wie der dctp-Nachtclub, Spiegel TV Special, Der Grüne Salon
etc.) einen spürbaren Beitrag zur nicht aktuellen politischen Fernsehpublizistik privater Vollprogramme geleistet.
AKTUELLE UND NICHT AKTUELLE POLITIKBERICHTERSTATTUNG
PRIVATER VOLLPROGRAMME (1998–2007)
Abb. 13
(Durchschnittlicher Anteil an der Sendezeit pro 24-Stunden-Tag in Prozent)1
3
2
1
0
1998
1999
2000
2001
2002
Aktuelle Politikberichterstattung
2003
2004
2005
2006
2007
Nicht aktuelle Politikberichterstattung
1 Gesamte Sendezeit von RTL, VOX, RTL II, Sat.1, ProSieben und kabel eins einschließlich kurzfristiger
Wiederholungen.
Aus den Programmanalysen von Torsten Maurer geht eindeutig hervor, dass die
quantitativen Defizite der privaten Fernsehvollprogramme im Bereich der politischen Berichterstattung in erster Linie programmstrukturell bedingt sind.31 Zum
einen werden nur wenige Sendungsformate ausgestrahlt, in denen die politische
Fernsehpublizistik einen Platz hätte. Zum anderen wirkt sich ein geringes Nachrichtenvolumen vor allem dann fatal aus, wenn politische Fernsehpublizistik primär auf
aktuelle politische Themen und Ereignisse reduziert wird. Das erklärt jedoch nicht
den sinkenden Anteil der aktuellen politischen Berichterstattung in den privaten Fernsehvollprogrammen. Denn insgesamt gesehen hat dort der quantitative Umfang der
Nachrichten in dieser Zeit nicht abgenommen (vgl. Abb. 14). Er ist vielmehr seit
Jahren konstant gering. Dabei muss man sogar noch einmal zwischen den beiden
31
Vgl. Maurer 2005a, 2005b, 2006.
PROGRAMMFORSCHUNG • PRIVATE FERNSEHVOLLPROGRAMME 1998–2007
59
Marktführern, RTL und Sat.1, auf der einen und den restlichen privaten Vollprogrammen auf der anderen Seite unterscheiden.
DAS NACHRICHTENANGEBOT DER VOLLPROGRAMME (1998–2007)
Abb. 14
(Anteil an 24 Std./Tag in Prozent)1
14
12
10
8
6
4
2
0
1998
1999
RTL
Sat.1
2000
2001
2002
2003
VOX
ProSieben
2004
RTL II
kabel eins
2005
2006
2007
ARD
ZDF
1 Gesamte Sendezeit einschließlich kurzfristiger Wiederholungen.
Bis zum Frühjahr 2007 hatten die Nachrichten bei RTL und Sat.1 jeweils einen Gesamtumfang von ca. einer Stunde pro Tag. Mit der Streichung von „Sat.1 – die
Nacht“ reduzierte Sat.1 das Nachrichtenvolumen auf durchschnittlich 45 Minuten
pro Tag.32 Andererseits enthält der Wert von RTL die Wiederholung des Nachtmagazins, das sind bezogen auf einen durchschnittlichen Sendetag 19 Minuten.33
Noch sehr viel geringer ist jedoch der Stellenwert der Nachrichten in den restlichen privaten Fernsehvollprogrammen. Sie haben dort einen Umfang, der je nach
Programm seit Jahren zwischen 10 und 20 Minuten pro Tag liegt.
Nachrichten sind jedoch nicht unmittelbar mit aktueller politischer Berichterstattung gleichzusetzen, auch wenn diese – umgekehrt betrachtet – in den privaten
Fernsehvollprogrammen fast ausschließlich in Nachrichtensendungen stattfindet.34
Bei einem relativ konstanten Nachrichtenvolumen ist der Rückgang der aktuellen
politischen Berichterstattung in diesen Programmen daher nur durch Veränderungen
der Nachrichtenpolitik dieser Programme zu erklären.
32
33
34
„Sat.1 – die Nacht“ wurde Montag- bis Freitagnacht mit einem Umfang von ca. 20 Minuten pro Sendung ausgestrahlt. Unter Einbeziehung aller Wochentage ist das ein Tagesdurchschnitt von knapp 15
Nachrichtenminuten.
Das „RTL-Nachtjournal“ wird Montag- bis Freitagnacht mit einem Umfang von ca. 27 Minuten ausgestrahlt. Unter Einbeziehung aller Wochentage ist das ein Tagesdurchschnitt von ca. 19 Nachrichtenminuten.
Vgl. Maurer 2005b, S. 68.
PROGRAMMFORSCHUNG • PRIVATE FERNSEHVOLLPROGRAMME 1998–2007
60
Tatsächlich ist in den Stichproben der ALM-Studie seit Jahren eine langsame,
aber stetige (und nur 2003, im Jahr des Irakkriegs, kurzzeitig unterbrochene) Abnahme der politischen Beiträge in den Nachrichtensendungen der privaten Fernsehvollprogramme festzustellen (vgl. Abb. 15). Die Frühjahrsstichprobe 2007 markiert
hierbei einen vorläufigen Tiefpunkt, der in den Programmen der RTL Group noch
stärker ausgeprägt ist als in den Programmen der ProSiebenSat.1 Media AG. Nur ein
Fünftel der Sendezeit von „RTL aktuell“ und auch nur ein Drittel der Sendezeit der
„Sat.1 News“ dienten zu diesem Zeitpunkt der Berichterstattung über politische
Ereignisse und Probleme. Im Mittelpunkt standen stattdessen Boulevardthemen und
Sport (RTL: 49 Prozent, Sat.1: 32 Prozent).
DURCHSCHNITTLICHER POLITIKANTEIL IN NACHRICHTENSENDUNGEN
PRIVATER UND ÖFFENTLICH-RECHTLICHER VOLLPROGRAMME (1998–2007)
Abb. 15
(Durchschnittlicher Anteil an der Sendezeit universeller Nachrichtensendungen in Prozent)
80
60
40
20
0
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
Politikanteil in universellen Nachrichten privater Programme
Politikanteil in universellen Nachrichten öffentlich-rechtlicher Programme
Diese Zahlen sind sehr vorsichtig zu interpretieren, da sie auf Stichprobenerhebungen basieren. Sie werden jedoch in ihrer Grundtendenz durch eine Vollerhebung
gestützt, die im Auftrag der ARD/ZDF-Medienkommission durchgeführt wird.35 Im
Ergebnis dieses „InfoMonitors“ wurde für “RTL aktuell“ ein Politikanteil von 19
Prozent im Jahresdurchschnitt 2006 ermittelt (2005: 23 Prozent). Bei den „Sat.1
News“ waren es 24 Prozent (2005: 26 Prozent).
Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die thematische Struktur aller Nachrichtensendungen im Fernsehen von zwei Faktoren bestimmt wird: von (1) der
Nachrichtenlage und (2) den Nachrichtenauswahlkriterien in den Redaktionen. Was
35
Im Rahmen der Vollerhebung werden seit 2005 vier Hauptnachrichtensendungen und zwei Nachrichtenmagazine aufgezeichnet und ausgewertet. Vgl. Krüger, Udo Michael (2007): InfoMonitor 2006:
Fernsehnachrichten bei ARD, ZDF, RTL und SAT.1. In: Media Perspektiven, Heft 2, S. 58-82; Ders.
(2006): Fernsehnachrichten bei ARD, ZDF, RTL und SAT.1: Strukturen, Themen und Akteure. In:
Media Perspektiven, Heft 2, S. 50-74.
PROGRAMMFORSCHUNG • PRIVATE FERNSEHVOLLPROGRAMME 1998–2007
61
an dieser Stelle interessiert, sind die Auswahlkriterien und die Frage, ob sich in dieser
Hinsicht bei bestimmten Programmen bestimmte Tendenzen feststellen lassen.
Abbildung 15 zeigt, dass beide Faktoren den Umfang der politischen Nachrichtengebung beeinflussen. Die relativ konstante Differenz zwischen dem Politikanteil in
privaten und in öffentlich-rechtlichen Nachrichten verweist eindeutig auf unterschiedliche „Nachrichtenphilosophien“ in beiden Systemen, die parallelen Schwankungen im Zeitverlauf vorwiegend auf Effekte der Nachrichtenlage.
Der in den letzten Jahren in beiden Systemen feststellbare Rückgang politischer
Nachrichten könnte jedoch auch einen Trend signalisieren, der sich auf die Nachrichtengebung von Fernsehvollprogrammen in ihrer Gesamtheit bezieht. Während in
den Nachrichtensendungen der öffentlich-rechtlichen Programme Politik dennoch
unbestritten an erster Stelle steht (nach den Daten des „InfoMonitors“ im Jahr 2006
bei der „Tagesschau“ mit 51 Prozent, bei „heute“ mit 41 Prozent), gibt die aktuelle
Entwicklung in den privaten Fernsehvollprogrammen durchaus Anlass, von einer
Tendenz zur Marginalisierung der politischen Nachrichtengebung zu sprechen.
Zusammenfassung
Die Informationsleistung eines Fernsehprogramms kann mit einem einzigen Kennwert nicht zufriedenstellend beschrieben werden, der Vergleich der Informationsleistung mehrerer Programme ist auf dieser Grundlage nicht aussagekräftig. Fernsehinformation ist eine inhaltlich und formal so breit aufgefächerte Programmkategorie,
dass einer pauschalen Informationsquote jede Trennschärfe zu den Unterhaltungsangeboten des Fernsehens fehlt. Im Gegenteil, der Trend zur Verschmelzung der
Informations- und Unterhaltungstraditionen des Fernsehens in immer wieder neu
erfundenen „Hybridformaten“ macht es erforderlich, genau zu benennen, was man
meint, wenn man von Fernsehinformation spricht.
Das Programmsegment, das in der ALM-Studie als „Fernsehpublizistik“ bezeichnet wird und das unterschiedliche Formen und Inhalte der Fernsehinformation
umfasst, ist bei den meisten privaten Fernsehvollprogrammen in den letzten zehn
Jahren deutlich breiter geworden. Bei den Marktführern, RTL und Sat.1, hat die
Fernsehpublizistik die fiktionale Fernsehunterhaltung (Filme, Serien etc.) sogar vom
ersten Rang verdrängt. Analog zu den im ersten Abschnitt dieses Beitrags betrachteten Produktionskategorien gilt auch hier: je besser die Marktposition innerhalb der
jeweiligen Senderfamilie, desto höher der Anteil der Fernsehpublizistik.
Als Informationsquote eignet sich die Kategorie der Fernsehpublizistik – für
sich genommen – nicht. Man kann jedoch das relative Gewicht der Themenkomplexe bestimmen, auf die sich die Sendungen und Beiträge im Programmsegment der
Fernsehpublizistik beziehen. Dabei zeigt sich als zentrales, auf alle privaten Fernsehvollprogramme gleichermaßen zutreffendes Ergebnis, dass die im weitesten Sinne
politische Fernsehpublizistik in diesem Teil des deutschen Fernsehmarkts nach wie
vor kein Profil erreicht hat. Anders als Sendungen und Beiträge zu Human-TouchThemen und Sport, aber auch zu nichtpolitischen Sach- und Lebensweltthemen
profitierte das politische Informationsangebot in keiner Weise von der Ausweitung
PROGRAMMFORSCHUNG • PRIVATE FERNSEHVOLLPROGRAMME 1998–2007
62
der Fernsehpublizistik dieser Programme. Im Gegenteil, es geht in der Tendenz
immer weiter zurück – bei einigen Programmen gegen Null.
Die erste Ursache dafür ist, dass es in den privaten Fernsehvollprogrammen
kaum Sendungsformate für eine politische Hintergrundberichterstattung gibt, sodass
die politische Fernsehpublizistik hier vorwiegend auf aktuelle Berichterstattung reduziert ist. Die zweite Ursache besteht in dem geringen Volumen der Nachrichtensendungen, in denen diese aktuelle Politikberichterstattung stattfinden könnte. Und
die dritte Ursache ist schließlich eine Nachrichtenphilosophie in den Nachrichtenredaktionen der privaten Vollprogramme, bei der die Berichterstattung über politische
Probleme und Ereignisse von nachrangiger Bedeutung ist.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Fernsehpublizistik der privaten
Fernsehvollprogramme individuelle Bedürfnisse nach Spannung und Entspannung
bedient und durchaus Beratungs-, vielleicht sogar Bildungsfunktionen (wenn man
diese nicht elitär definiert) übernimmt. Von einer substanziellen Mitwirkung am
Prozess der öffentlichen und individuellen Meinungsbildung kann jedoch keine Rede
sein. Dass die Entpolitisierung der Fernsehinformation innerhalb der beiden Senderfamilien abgestuft ist und die Programme in nachrangiger Marktposition stärker
betrifft als die beiden Marktführer, RTL und Sat.1, ist vor diesem Hintergrund eher
eine Marginalie.
Diskussion
Die in diesem Beitrag vorgestellten Daten der ALM-Studie dokumentieren zwei
Gesichter des privaten Fernsehens in Deutschland: ein funktionierendes und ein
nicht funktionierendes Segment des Fernsehmarkts. Die privaten Fernsehvollprogramme sind das Herzstück dieses Markts, der sich bis ins Jahr 2000 stark entwickelt
und seit 2004 – nach einem Einbruch zwischen 2001 und 2003 – auch wieder gut
erholt hat.36
Produktionsquoten
Ein eng mit der wirtschaftlichen Seite des Fernsehens verknüpfter Indikator für eine
positive Programmentwicklung ist das Volumen der eigen-, auftrags- und koproduzierten
Sendungen der Konkurrenten auf dem deutschen Fernsehmarkt. Es hat im Vergleich
zu den Anfängen des Privatfernsehens bei allen privaten Vollprogrammen stark
zugenommen. Insbesondere RTL, Sat.1 und ProSieben sind mit ihren Produktionsquoten dem gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Fernsehen durchaus ebenbürtig.
Aus den Wettbewerbsbedingungen des deutschen Fernsehmarkts resultiert also
offensichtlich eine Produktionsdynamik, die in der Konkurrenz um die Fernsehzuschauer strategisch eingesetzt wird. Auch das ist „Programmqualität“, wenn auch
36
Vgl. Hans-Bredow-Institut et al. 2006, S. 26 und S. 71; Seufert, Wolfgang et al. (2007): Wirtschaftliche
Lage des Rundfunks in Deutschland 2006. München. URL: http://www.blm.de/apps/press/data/
zusammenfassung_lage_des_rundfunks_06.pdf [20.1.2008].
PROGRAMMFORSCHUNG • PRIVATE FERNSEHVOLLPROGRAMME 1998–2007
63
ausschließlich im Hinblick auf eine bestimmte Form der Programmbeschaffung (die
nicht automatisch mit inhaltlicher Programmqualität gleichgesetzt werden darf).
Als Alternative zum Ankauf von Serien und Filmen, vor allem aus den USA,
kommen Eigen-, Auftrags- und Gemeinschaftsproduktionen bei den privaten Vollprogrammen zwar nur begrenzt zur Geltung – am stärksten noch bei Sat.1. Im Bereich der nonfiktionalen Unterhaltung und der unterhaltenden Information haben
sie jedoch zunehmend an Bedeutung gewonnen. Hier wird intensiv an einer eigenen
„Handschrift“ der Entertainment- und Infotainment-Formate als Mittel der Programmprofilierung gearbeitet.37
Dass trotz dieser dynamischen Entwicklung zwei private Vollprogramme in
Deutschland die im Rundfunkstaatsvertrag vorgegebene europäische Produktionsquote so
eindeutig verfehlen, erscheint wie ein kleiner Betriebsunfall. Faktisch kommt an
dieser Stelle jedoch die Wirtschaftsrechnung der privaten Senderfamilien ins Spiel.
Zu belegen ist auf jeden Fall, dass die Produktionscharakteristik der privaten Vollprogramme eng mit ihrer Marktstellung – generell und im Verhältnis zu den anderen
Programmen der eigenen Senderfamilie – korreliert. Daher ist es kein Zufall, wenn
Programme in nachgeordneter Marktposition wie RTL II und kabel eins vergleichsweise wenige eigen-, auftrags- und koproduzierter Sendungen ausstrahlen und damit
die europäische Produktionsquote verfehlen.
Gesellschaftlich relevante Informationsleistungen
Anders als zum Beispiel der privatwirtschaftliche Zeitungsmarkt hat der Markt der
privaten Fernsehvollprogramme in Deutschland keine profilierten Informationsleistungen hervorgebracht, die im engeren Sinn der Medium- und Faktorfunktion des Fernsehens zuzurechnen sind. Der Beitrag der privaten Vollprogramme zu demjenigen
Teilsegment der Fernsehpublizistik, das für die individuelle und öffentliche Meinungsbildung zu gesellschaftlich relevanten Themen von Bedeutung ist, war stets
gering. Und dabei ist es auch in den letzten zehn Jahren geblieben.
Insbesondere im Bereich der politischen Information, Analyse und Kommentierung haben die privaten Fernsehvollprogramme den Wettbewerb mit den öffentlich-rechtlichen Programmen nie ernsthaft aufgenommen. Sendeplätze und Sendungsformate für diese Inhalte und Formen der Fernsehinformation wurden und
werden unzureichend gepflegt.38 Die Konsequenz ist, dass die privaten Fernsehvollprogramme nur Bruchteile ihrer Sendezeit für die Behandlung gesellschaftlich, wirtschaftlich und politisch kontroverser Themen bereitstellen. Dazu kommt die Tendenz, den für politische Informationsleistungen theoretisch vorhandenen Raum, wie
37
38
Dieser Trend spiegelt sich beispielhaft in den Business-Reports und -Interviews des Medien Bulletins;
vgl. dazu Heft 11/07 mit Beiträgen über die “Krimioffensive bei Sat.1“ und boomende „Non-fiktionale
Entertainment-Formate“ oder Heft 12/07–1/08 mit Beiträgen über „Neue Volks-TV-Reality bei RTL“
und „Real People-Doku“ mit „politisch-kulturellen Themen – wie ‚Raus aus den Schulden’“.
In den Worten eines der Gründungsväter des Privatfernsehens in Deutschland, Helmut Thoma:
„Nachrichtensendungen sind extrem teuer, bringen aber Privatsendern keine Werbeeinnahmen und
auch nur selten hohe Quoten.“ Vgl. o.V.: Ex-RTL-Chef lobt das Nachrichten-Aus. In: Spiegel Online
vom 17. Juli 2007. URL: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,495015,00.html [21.7.2007].
PROGRAMMFORSCHUNG • PRIVATE FERNSEHVOLLPROGRAMME 1998–2007
64
zum Beispiel die Nachrichtensendungen, praktisch eher für die Berichterstattung
über andere Themen zu nutzen.
Man kann hier nicht von einer Entwicklung, sondern muss von einem Zustand
sprechen. Er wird durch die Daten der ALM-Studie seit Jahren dokumentiert und
von der Forschungsgruppe, die für die Studie verantwortlich ist, mit dem Begriff des
„Marktversagens“ belegt.39 Vor diesem Hintergrund entbehrt die öffentliche Debatte, die im Sommer 2007 durch die Programmänderungen bei Sat.1 ausgelöst wurde,
nicht einer gewissen Ironie. Das Problem liegt gewiss nicht in punktuellen Programmmaßnahmen und auch nicht bei einzelnen Programmen. Daher kommt man
in dem konkreten Fall von Sat.1 auch zu dem paradoxen Befund, dass die kritisierten
Programmmaßnahmen erstens zu keiner wesentlichen Veränderung im Bereich der
politischen Informationsleistungen geführt haben (wobei die Ausgangsdaten das
Problem sind) und dass zweitens andere private Fernsehvollprogramme, selbst RTL,
hier noch schlechter dastehen.
Perspektiven der Rundfunkpolitik
Der übliche Reflex auf Ereignisse wie die „Causa Sat.1“ im Sommer 2007 ist der Ruf
nach kurzfristigen programmaufsichtlichen Maßnahmen der Landesmedienanstalten
gegenüber einzelnen Akteuren auf dem Fernsehmarkt. Die typische Gegenreaktion
ist der Verweis auf das Rundfunkprogrammrecht, das Begriffe wie „politische Informationsleistungen“ gar nicht kennt. Angesichts der langfristigen Programmentwicklung bzw. Programmstagnation, die hinter solchen Einzelereignissen steht und
die sich parallel zur Etablierung der privaten Vollprogramme auf dem deutschen
Fernsehmarkt über 15 bis 20 Jahre hinweg eingeschliffen hat, ist es an der Zeit, diese
Debatte grundsätzlicher zu führen.40
Zu fragen ist nach den strukturellen Ursachen des Defizits an politischer Information in den privaten Fernsehvollprogrammen und danach, wie mit diesem
Defizit rundfunkpolitisch angemessen umzugehen ist. Zusätzlich zur Ursachenanalyse
geht es um eine Reflexion der Ziele und Mittel der Ordnungspolitik in diesem Mediensektor. Das heißt, das Rundfunkprogrammrecht sollte weniger nach den „Buchstaben des Gesetzes“ als vielmehr nach der Idee befragt werden, die hinter dem
Konzept des Vollprogramms im Allgemeinen und dem des privaten Fernsehvollprogramms im Besonderen steht – und vor allem danach, ob und wie sich diese Idee
mit der Realität des Privatfernsehens mehr als 20 Jahre nach dem „Urknall“ vereinbaren lässt.
Der Kontext, in dem diese Debatte zu führen ist, liegt auf der Hand. Die Frage
nach dem gesellschaftlichen Wert des Rundfunks, die vor einigen Jahren in Großbritannien angestoßen wurde, hat Deutschland längst erreicht.41 Obwohl derzeit noch
39
40
41
Vgl. zuletzt Maurer 2005b.
Vgl. dazu auch den Abschnitt „Streitpunkte – Standpunkte“ in diesem Band.
Vgl. Woldt, Runar (2006): Der Wert des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der digitalen Ära. Neue
Royal Charter für die BBC. In: Media Perspektiven, Heft 12, S. 598-606; Bauer, Helmut G./Anna Bie-
PROGRAMMFORSCHUNG • PRIVATE FERNSEHVOLLPROGRAMME 1998–2007
65
primär auf die öffentlich-rechtlichen Akteure in der dualen Rundfunkordnung fokussiert, könnte sich das Schlagwort vom „Public Value“ des Rundfunks auch als
produktiver Kontext für eine Diskussion erweisen, bei der es sowohl um angemessene Leistungen der privaten Fernsehvollprogramme als auch um angemessene
Erwartungen der Öffentlichkeit an diese Leistungen geht.
Literatur
Bauer, Helmut G./Anna Bienefeld (2007): Der Public Value Test. Ein Vergleich
zwischen dem BBC-Modell und dem geplanten Verfahren beim ZDF. In: Funkkorrespondenz, Ausgabe 49 vom 7. Dezember 2007, S. 3-11.
Eifert, Martin (2007): Gebührenurteil: Die Bedeutung liegt in der Kontinuität. Anmerkungen zum Rundfunkgebührenurteil des BVerfG. In: Media Perspektiven,
Heft 12, S. 602-607.
GöfaK Medienforschung GmbH (2007): ALM-Fernsehprogrammanalyse. Stichprobenbericht Frühjahr 2007. Potsdam (als PDF-Datei abrufbar unter http://www.
alm.de → Medienforschung/Publikationen → TV-Programmforschung).
Hans-Bredow-Institut in Kooperation mit der Arbeitsgruppe Kommunikationsforschung München (AKM) (2006): Beschäftigte und wirtschaftliche Lage des
Rundfunks in Deutschland 2004. Berlin (Schriftenreihe der Landesmedienanstalten; Bd. 33).
Hinterberger, Markus (2007): ProSiebenSat1 spart am Programm. Drei Sendungen
und 180 Jobs werden gestrichen. Die Aktionäre äußern leise Kritik, die Politik ist
empört. In: Der Tagesspiegel vom 18. Juli 2007.
Keller, Harald (2007): Die erklärte Flut. Ein Thriller über den Wetterwandel beweist,
wie informativ Fiktion sein kann. In: Frankfurter Rundschau vom 31. August
2007.
Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich/KEK (2007):
Zehnter Jahresbericht. Berichtszeitraum 1. Juli 2006 bis 30. Juni 2007. Potsdam.
Krüger, Udo Michael (2006): Fernsehnachrichten bei ARD, ZDF, RTL und SAT.1:
Strukturen, Themen und Akteure. In: Media Perspektiven, Heft 2, S. 50-74.
Krüger, Udo Michael (2007): InfoMonitor 2006: Fernsehnachrichten bei ARD,
ZDF, RTL und SAT.1. In: Media Perspektiven, Heft 2, S. 58-82.
Link, Christine (2007): Der Beitrag von dctp zur Erhöhung der Vielfalt des Fernsehprogrammangebots in Deutschland. Freie Universität Berlin (unveröff. Magisterarbeit).
Magenheim, Thomas (2007): Ein Feigenblatt für die Lizenz? ProSieben-Sat.1 streicht
bei Sat.1 fast alle Nachrichtensendungen, um Kosten zu sparen. In: Frankfurter
Rundschau vom 18. Juli 2007.
nefeld (2007): Der Public Value Test. Ein Vergleich zwischen dem BBC-Modell und dem geplanten
Verfahren beim ZDF. In: Funkkorrespondenz, Ausgabe 49 vom 7. Dezember 2007, S. 3-11.
PROGRAMMFORSCHUNG • PRIVATE FERNSEHVOLLPROGRAMME 1998–2007
66
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Maurer, Torsten (2005b): Marktversagen: Politische Information im privaten und
öffentlich-rechtlichen Fernsehen. In: ALM Programmbericht 2005, S. 62-78.
Maurer, Torsten (2006): Das Nachrichtenangebot deutscher Fernsehvollprogramme
im Tagesverlauf. In: ALM Programmbericht 2006, S. 60-81.
Middelschulte, Christiane (2007): Unbestimmte Rechtsbegriffe und das Bestimmtheitsgebot. Eine Untersuchung der verfassungsrechtlichen Grenzen der Verwendung sprachlich offener Gesetzesformulierungen. Hamburg.
o.V.: Deutsche sahen 2007 weniger fern. In: Der Tagesspiegel vom 4. Januar 2008.
o.V.: Ex-RTL-Chef lobt das Nachrichten-Aus. In: Spiegel Online vom 17. Juli 2007.
URL: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,495015,00.html [21.7.2007].
o.V.: Sat.1 streicht beliebte Nachrichten – ab sofort. In: Spiegel Online vom 16. Juli
2007. URL: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,druck-494769,00.html
[17.7.2007].
Seufert, Wolfgang et al. (2007): Wirtschaftliche Lage des Rundfunks in Deutschland
2006. München. URL: http://www.blm.de/apps/press/data/zusammenfassung_
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Stahl, Antonia (2003): VOX – Die Entwicklungsgeschichte eines „informationsorientierten“ Fernsehvollprogramms. Freie Universität Berlin (unveröff. Magisterarbeit).
Starck, Christian/Karl Eberhard Hain (1994): Ergänzende Anmerkungen: Zum
Begriff der Angemessenheit gemäß § 12 Abs. 3 S. 3 LRG NW. In: Weiß/Trebbe
1994, S. 187.
Weiß, Hans-Jürgen u.a. (1991): Produktionsquoten privater Fernsehprogramme in der
Bundesrepublik Deutschland. Eine Programmanalyse im Frühjahr 1990. Düsseldorf (Schriftenreihe Medienforschung der LfR Nordrhein-Westfalen; Bd. 1).
Weiß, Hans-Jürgen (1994): Programmforschung zwischen Programmrecht und Programmrealität. Entscheidungshilfen für die Normanwendung. In: Media Perspektiven, Heft 10, S. 497-504.
Weiß, Hans-Jürgen/Joachim Trebbe (1994): Öffentliche Streitfragen in privaten
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Opladen (Schriftenreihe Medienforschung der LfR Nordrhein-Westfalen;
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Weiß, Hans-Jürgen/Joachim Trebbe (2001): Fernsehinformation. Zur Methode
kontinuierlicher Programmanalysen in einem medienpolitisch aufgeladenen Forschungsfeld. In: Wirth, Werner/Edmund Lauf (Hrsg.): Inhaltsanalyse – Perspektiven, Probleme, Potentiale. Köln, S. 49-71.
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Ära. Neue Royal Charter für die BBC. In: Media Perspektiven, Heft 12,
S. 598-606.
PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSPUBLIZISTIK IN FERNSEHVOLLPROGRAMMEN
67
Unterhaltungspublizistik in Fernsehvollprogrammen und ihre Nutzung
im Frühjahr 2007
Torsten Maurer
Bei der Ausgestaltung ihres Informationsauftrags werden die bundesdeutschen Fernsehvollprogramme seit jeher von Rundfunkaufsicht, Politik und Wissenschaft kritisch begleitet. Im Zentrum des Interesses steht die politische Informationsgebung
und es wird hinterfragt, ob die Programmveranstalter in ausreichender Quantität und
Qualität über Politik berichten. Die Konzentration auf die politische Berichterstattung ist folgerichtig, da sie in der demokratisch verfassten Gesellschaft von besonderer Bedeutung ist. So sind die Medien als „Medium und Faktor“ im Kommunikationsprozess in besonderer Weise dazu verpflichtet, die politische Willensbildung zu
ermöglichen und damit zur Bestandssicherung der Demokratie beizutragen.1 Diese
herausgehobene Bedeutung wird auch in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts deutlich, welches im Falle von Kollisionen mit anderen Schutzrechten
den Schutz der Kommunikationsfreiheit differenziert, je nachdem, wie groß die
Nähe zur politischen Kommunikation ist.2
Unabhängig davon bezieht sich der Informationsauftrag der Fernsehvollprogramme nicht nur auf die politische Berichterstattung, sondern auch auf andere
Bereiche. Ausführungsbedürftig ist allerdings, wie stets bei unbestimmten Rechtsbegriffen des Rundfunkprogrammrechts, um welche Bereiche es dabei konkret gehen könnte. So unstrittig die Zuordnung politischer Berichterstattung zum Informationsauftrag des Fernsehens ist, so diskussionswürdig ist bei Fernsehbeiträgen zu
anderen Themen, ob es sich dabei um Informations- oder um Unterhaltungsangebote handelt. Eben diese Frage nach der Trennung von Information und Unterhaltung
ist in jüngster Zeit vermehrt Gegenstand der Kommunikationswissenschaft geworden, wobei grundsätzlich zwei Perspektiven zu unterscheiden sind.
Aus der Rezeptionsperspektive sind Information und Unterhaltung miteinander
verbundene Erlebnisqualitäten, d.h. „Unterhaltungserlebnisse“ können sowohl aus
der Rezeption von Unterhaltungsangeboten als auch aus der Rezeption von Informationsangeboten resultieren. Gleiches gilt für das „Informationserleben“. Werner
Früh führt beispielsweise im Rahmen seines unterhaltungstheoretischen Konzepts
1
2
Vgl. BVerfGE 57, 295.
Vgl. Hoffmann-Riem, Wolfgang/Wolfgang Schulz (1998): Politische Kommunikation – Rechtswissenschaftliche Perspektiven. In: Jarren, Otfried/Ulrich Sarcinelli/Ulrich Saxer (Hrsg.): Politische Kommunikation in der demokratischen Gesellschaft. Opladen, S. 154-172; BVerfGE 34, 269 und 59, 231.
PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSPUBLIZISTIK IN FERNSEHVOLLPROGRAMMEN
68
aus, dass das Unterhaltungserleben erst im Zusammenspiel zwischen Medienangebot, Merkmalen der Rezipienten und dem situativen / gesellschaftlichen Kontext
entsteht.3
Aus angebotsorientierter Perspektive ist eine klare Trennung von Information und
Unterhaltung in Zeiten einer zunehmenden Hybridisierung der Programmangebote
schwierig. Sie ist jedoch im Rahmen einer Programmforschung, bei der Fernsehinhalte daraufhin untersucht werden, ob sie den normativen Anforderungen des Rundfunkprogrammrechts entsprechen, schlichtweg unerlässlich. Grundlegend für die
Unterscheidung von Informations- und Unterhaltungsangeboten ist die Überlegung,
dass spezifische Angebotskonstellationen eine größere Wahrscheinlichkeit für ein
bestimmtes Rezeptionserleben nach sich ziehen.4 Aufgrund dessen lassen sich manche Programmangebote relativ eindeutig dem Informationssegment oder dem Unterhaltungssegment zuordnen. Zu Ersterem gehören die bereits angesprochene
Politikberichterstattung und die Berichterstattung über Themen wie Wirtschaft,
Wissenschaft, Kultur oder Natur. Zum zweiten Bereich gehören dagegen unzweifelhaft fiktionale Programmgattungen (Filme und Serien) und die Sparte der nonfiktionalen Unterhaltungsangebote (Shows und Spiele). Darüber hinaus gibt es aber auch
Angebote, bei denen eine eindeutige Zuordnung zu einem der beiden Segmente
schwerfällt – so z.B. die Sportberichterstattung und alles, was dem sog. HumanTouch-Bereich bzw. der „Boulevardisierung“ des Fernsehens zugerechnet wird.
Eine genauere Betrachtung dieses Übergangsbereichs zwischen den eindeutigen Informations- und Unterhaltungsangeboten im Fernsehen ist medienpolitisch
höchst interessant. So wird seit Einführung des privaten Rundfunks in der medienpolitischen Debatte neben der Dominanz von Unterhaltungsangeboten im Gesamtprogramm (nicht nur der privaten Anbieter) immer wieder die zunehmende Unterhaltungsorientierung der Fernsehinformation thematisiert.5 Das bezieht sich zum
einen auf den vermehrten Einsatz unterhaltender Elemente in der politischen Berichterstattung (Sprache, Präsentations- und Gestaltungsmerkmale etc.). Zum anderen wird kritisiert, dass von den Fernsehveranstaltern zunehmend auf Unterhaltung
in Form von Themen aus dem Boulevardbereich gesetzt wird. Als Grund für diese
thematische Verschiebung wird angeführt, dass Sendungen und Beiträge zu HumanTouch-Themen in (werbe-)relevanten Zielgruppen höhere Quoten versprechen als
die politische Informationsgebung.
3
4
5
Vgl. Früh, Werner (2002): Unterhaltung durch das Fernsehen. Eine molare Theorie. Konstanz; Früh,
Werner (2003): Triadisch-Dynamische Unterhaltungstheorie (TDU). In: Früh, Werner/Hans-Jörg
Stiehler (Hrsg.): Theorie der Unterhaltung. Ein interdisziplinärer Diskurs. Köln, S. 27-56.
Vgl. Brosius, Hans-Bernd (2003): Unterhaltung als isoliertes Medienverhalten. Psychologische und
kommunikationswissenschaftliche Perspektiven. In: Früh, Werner/Hans-Jörg Stiehler (Hrsg.): Theorie
der Unterhaltung. Ein interdisziplinärer Diskurs. Köln, S. 74-88.
Vgl. Weinacht, Stefan/Ralf Hohlfeld (2007): Das Hofnarren-Komplott. Deskriptiv-theoretische Herleitung von Entgrenzung und Selbstthematisierung im Journalismus. In: Scholl, Armin/Rudi Renger/
Bernd Blöbaum (Hrsg.): Journalismus und Unterhaltung. Theoretische Ansätze und empirische Befunde. Wiesbaden, S. 157-207.
PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSPUBLIZISTIK IN FERNSEHVOLLPROGRAMMEN
69
Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich genau mit dieser Behauptung: der –
angeblichen – Präferenz der Fernsehzuschauer für unterhaltungspublizistische Programmangebote. Ausgehend von einer inhaltlichen und formalen Charakterisierung
der Unterhaltungspublizistik in Fernsehvollprogrammen soll die Frage beantwortet
werden, ob sich die Zuschauer tatsächlich eher den Human-Touch-Themen als der
„harten“ Information zuwenden. Hierzu werden Programmangebotsdaten der ALMStudie mit Zuschauerdaten der AGF/GfK-Fernsehforschung verknüpft.6 Dabei
wird nicht wie in bisherigen, vergleichbaren Studien die Nutzung solcher Sendungen
analysiert, die vermutlich bzw. gewöhnlich Human-Touch-Themen behandeln. Die Methode der Analyse garantiert vielmehr, dass sich Aussagen darüber machen lassen,
wie Sendungen genutzt wurden, die tatsächlich unterhaltungspublizistische Angebotselemente enthalten.
Im Folgenden wird zunächst erläutert, was in der ALM-Studie als unterhaltende Information bzw. Unterhaltungspublizistik begriffen wird (Abschnitt 1) und
welche unterhaltungspublizistischen Angebote es im Frühjahr 2007 in den deutschen
Fernsehvollprogrammen gab (Abschnitt 2). Anschließend wird deren Nutzung im
Vergleich zu anderen Programmangeboten analysiert (Abschnitt 3) und diskutiert
(Abschnitt 4).
1.
Die Kategorisierung informierender und unterhaltender Programmangebote
Im Rahmen der kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung, die im Auftrag der
Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten (ALM) durchgeführt wird, werden
seit 1998 acht bundesdeutsche Fernsehvollprogramme zweimal pro Jahr inhaltsanalytisch untersucht: ARD/Das Erste und ZDF, RTL, VOX und RTL II sowie Sat.1,
ProSieben und kabel eins. Die Konzeption und Methode der ALM-Studie wird seit
ihren Anfängen ebenfalls kontinuierlich erläutert und dokumentiert.7 Die folgenden
Ausführungen konzentrieren sich daher im Wesentlichen auf das Verfahren zur
Differenzierung zwischen informierenden und unterhaltenden Programmangeboten.8
Die Programmanalyse erfolgt in zwei Schritten. In einem ersten Schritt wird eine Spartenanalyse aller Sendungen des Gesamtprogramms durchgeführt. Schon auf
dieser Ebene lassen sich die Sendungen eindeutig identifizieren, die der fiktionalen
(Filme, Serien etc.) sowie der nonfiktionalen Unterhaltung (Show-, Quiz-, Musiksendungen etc.) zuzuordnen sind.9 Anders verhält es sich mit der Programmsparte der
Fernsehpublizistik: den Nachrichten-, Magazin-, Reportage-, Talksendungen etc.
6
7
8
9
Die Zuschauerdaten wurden zu diesem Zweck von Media Control, Baden-Baden, erworben.
Vgl. dazu aktuell den Beitrag „Konzeption, Methode und Basisdaten der ALM-Studie 2006/2007“ von
Hans-Jürgen Weiß in diesem Band.
Vgl. dazu auch Weiß, Hans-Jürgen/Joachim Trebbe (2001): Fernsehinformation. Zur Methode der
kontinuierlichen Programmanalysen in einem medienpolitisch aufgeladenen Forschungsfeld. In: Wirth,
Werner/Edmund Lauf (Hrsg): Inhaltsanalyse. Perspektiven, Probleme, Potentiale. Köln, S. 49-71.
Vgl. dazu Abb. 2 in dem Beitrag „Konzeption, Methode und Basisdaten der ALM-Studie 2006/2007“
in diesem Band.
PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSPUBLIZISTIK IN FERNSEHVOLLPROGRAMMEN
70
Erst durch eine detaillierte Analyse der Themenstruktur der Sendungen, die zu dieser
Programmsparte zusammengefasst werden, kann der Informations- bzw. Unterhaltungsgehalt dieser Sendungen beurteilt werden. Im Fall von Mehrthemensendungen
wie Nachrichten oder Magazinen muss dabei jeder thematisch unterscheidbare Beitrag einzeln erfasst werden. Zu diesem Zweck wird in einem zweiten Untersuchungsschritt eine Themenanalyse der Fernsehpublizistik durchgeführt.
Wenn man die Ergebnisse dieser beiden Teilerhebungen der ALM-Studie zusammenführt, kann man zwischen drei Angebotsfeldern unterscheiden, wenn es um
die Charakterisierung der Informations- und Unterhaltungsleistungen der acht Fernsehvollprogramme geht:
-
-
Eindeutig als Unterhaltung werden (a) alle fiktionalen Programmsparten und
(b) die Formate der sog. nonfiktionalen Fernsehunterhaltung eingestuft.
Eindeutig als Information wird derjenige Teil der fernsehpublizistischen Programmangebote bezeichnet, der sich (a) auf gesellschaftlich kontroverse und
insbesondere politische Themen sowie (b) auf Sach- und Lebensweltthemen
bezieht.
Dem Übergangsbereich zwischen Information und Unterhaltung werden (a) die
sog. Unterhaltungspublizistik mit Programmangeboten zu Human-Touch-Themen sowie (b) Sportsendungen und -übertragungen zugeordnet.
Im Mittelpunkt des vorliegenden Beitrags steht die Unterhaltungspublizistik. Dabei
werden nicht nur die Angebotsstrukturen der unterhaltungspublizistischen Programmangebote in deutschen Fernsehvollprogrammen beschrieben. Untersucht wird
auch der Stellenwert, den diese Programmangebote bei den Fernsehzuschauern
haben.
2. Unterhaltungspublizistische Programmangebote im Frühjahr 2007
2.1 Unterhaltungspublizistik in der Gesamtsendezeit
Betrachtet man die Programmangebote im Frühjahr 2007 über die Sendergrenzen
hinweg (vgl. Abb. 1), zeigt sich, dass der größte Teil der Gesamtsendezeit (ca. 46
Prozent) auf das Unterhaltungssegment entfällt, gefolgt von eindeutigen Informationsangeboten (ca. 20 Prozent) und dem Übergangsbereich zwischen Information
und Unterhaltung (ca. 12 Prozent).10 In diesem Übergangsbereich kommt dem Sport
– möglicherweise auch aufgrund der im letzten Abschnitt beschriebenen Stichprobentechnik der ALM-Studie – eine vergleichsweise geringe Bedeutung zu (ca. 1 Prozent). Der Vergleich der einzelnen Programme offenbart aber deutliche Unterschiede bei der Akzentuierung der drei Angebotssegmente.
So ist die Bedeutung der reinen Fernsehunterhaltung beim ZDF, bei RTL und bei
Sat.1 am geringsten. Das heißt, diese drei Programme strahlen insgesamt gesehen
weniger Filme und Serien sowie Show- und Spielsendungen aus als ihre privaten und
10
Die restliche Sendezeit besteht aus nicht redaktionellen Programmelementen (Werbung, Sponsoring,
Programmtrailer etc.).
PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSPUBLIZISTIK IN FERNSEHVOLLPROGRAMMEN
71
öffentlich-rechtlichen Konkurrenten. Auch die Positionierung der privaten Sender
innerhalb ihrer Programmfamilien ist je nach Marktstellung unterschiedlich. Bei den
Programmen in Erststellung (RTL, Sat.1) ist der Umfang dieses Programmsegments
am geringsten, bei den Programmen in Drittstellung (RTL II, kabel eins) am höchsten. Das reine Informationssegment ist bei den öffentlich-rechtlichen Programmen mit
Abstand am stärksten ausgeprägt, und bei diesen beiden Programmen ist auch in
ansehnlichem Ausmaß politische Berichterstattung zu finden. Aus der Gruppe der
privaten Vollprogramme ragt vor allem VOX mit seinem, allerdings weitgehend
unpolitischen, Informationsangebot heraus.
UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE IM FRÜHJAHR 2007
GESAMTSENDEZEIT
Abb. 1
(Sendezeit 3–3 Uhr in Prozent)
Information 37,9
46,7
23,3
20,4
12,8
Information und Unterhaltung
10,6
1,4
4,9
4,3
7,3
5,1
10,5
24,1
1,0
4,8
Gesamt
15,1
4,1
57,7
45,2
ARD
43,0
33,5
34,3
ZDF
RTL
Fiktionale Unterhaltung
Unterhaltungspublizistik
9,5
11,2
23,3
Unterhaltung
45,7
11,5
VOX
52,2
0,9
62, 0
38,1
RTL II
Nonfiktionale Unterhaltung
Sach-, Lebensweltpublizistik
Sat.1
ProSieben kabel eins
Sportsendungen und -beiträge
Politische Publizistik
Die meisten unterhaltungspublizistischen Angebote weisen RTL (24 Prozent), Sat.1 (23
Prozent) und ProSieben (15 Prozent) auf. Damit kommt bei diesen drei Programmen der Unterhaltungspublizistik ein höherer Stellenwert zu als den reinen Informationsangeboten. Bei den übrigen drei privaten Anbietern ist die Bedeutung der Unterhaltungspublizistik dagegen ziemlich gering (VOX: 5 Prozent, RTL II: 4 Prozent,
kabel eins: 1 Prozent). Innerhalb des gesamten Übergangsbereichs zwischen Information und Unterhaltung bieten sowohl ARD/Das Erste als auch ZDF in ähnlich
großem Umfang sowohl Sport als auch Unterhaltungspublizistik an (jeweils ca. 4–7
Prozent). Es sind ja auch die einzigen Vollprogramme mit regelmäßig ausgestrahlten
Sportsendungen wie „Sportschau“ oder „Das aktuelle Sportstudio“.
PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSPUBLIZISTIK IN FERNSEHVOLLPROGRAMMEN
72
2.2 Unterhaltungspublizistik in der Prime Time
Die Programmangebote in der Prime Time unterscheiden sich deutlich von den
Durchschnittswerten für die Gesamtsendezeit. Dabei lassen sich zum Teil ganz
unterschiedliche Programmstrategien identifizieren (vgl. Abb. 2).
UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE IM FRÜHJAHR 2007
PRIME TIME
Abb. 2
(Sendezeit 18–23 Uhr in Prozent)
Information
20,3
27,5
33,4
29,5
14,7
13,8
17,8
18,6
7,1
Information und Unterhaltung
5,3
1,3
1,0
6,5
Unterhaltung 55,5
52,5
Gesamt
ARD
5,6
1,3
50,3
ZDF
16,1
1,8
5,9
43,3
44,4
RTL
VOX
1,6
8,3
3,1
0,4
58,6
58,2
55,1
54,7
RTL II
Sat.1
ProSieben kabel eins
Fiktionale Unterhaltung
Nonfiktionale Unterhaltung
Sportsendungen und -beiträge
Unterhaltungspublizistik
Sach-, Lebensweltpublizistik
Politische Publizistik
Die öffentlich-rechtlichen Programme erhöhen in der Hauptsendezeit zwischen 18
und 23 Uhr den Anteil ihrer Unterhaltungsangebote zu Lasten der Information.
Beispielsweise liegt beim ZDF der Anteil an fiktionalen und nonfiktionalen Unterhaltungsangeboten in der Prime Time 17 Prozent über demjenigen in der Gesamtsendezeit, der Anteil an reiner Information ist dagegen um 14 Prozent niedriger.
Auch die Marktführer der privaten Programmfamilien, RTL und Sat.1, erhöhen
in der Prime Time den Anteil fiktionaler und nonfiktionaler Programmsparten. Bei
Sat.1 beträgt die Steigerungsrate gegenüber den Durchschnittswerten für die Gesamtsendezeit 20 Prozentpunkte (RTL: 9 Prozentpunkte). Diese Schwerpunktsetzung geht bei beiden Sendern allerdings nicht zu Lasten der reinen Informationsangebote, sondern vor allem zu Lasten der Unterhaltungspublizistik.
Bei den privaten Anbietern in Zweitstellung fallen die Steigerungsquoten des
Unterhaltungsangebots in der Prime Time eher moderat aus. Bei VOX ist es 1, bei
ProSieben sind es 3 Prozentpunkte. Die Programme in Drittstellung mit ohnehin
PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSPUBLIZISTIK IN FERNSEHVOLLPROGRAMMEN
73
deutlicher Unterhaltungsorientierung vermindern den Anteil dieser Programmsparten in der Prime Time sogar etwas (RTL II) bzw. stark (kabel eins).
Die Akzentuierungen der vier letztgenannten Programme in der Prime Time
betreffen weniger die Unterhaltung als vielmehr Informationsangebote zu Sach- und
Lebensweltthemen. So ist bei ProSieben der Informationsanteil in der Prime Time
um 8 Prozent höher als in der Gesamtsendezeit, bei kabel eins sind es 7, bei VOX 6
und bei RTL II 3 Prozent.
So verschieden die Programmakzente der Fernsehvollprogramme in der Prime
Time auch sind, so sehr gleichen sie sich darin, dass die Unterhaltungspublizistik in
dieser Sendezeit in geringerem Maße vorkommt als in der Gesamtsendezeit. Am
ausgeprägtesten gilt dies für die drei privaten Programme mit den höchsten Zuschauerreichweiten: Sat.1 (minus 15 Prozent), ProSieben (minus 12 Prozent) und
RTL (minus 8 Prozent). Bei den restlichen Programmen liegt die Reduzierung in
einem Bereich zwischen 1 und 4 Prozent – mit einer Ausnahme: Einzig VOX weist
in der Prime Time einen geringfügig höheren Anteil an Unterhaltungspublizistik auf
als an einem durchschnittlichen 24-Stunden-Tag.
2.3 Formate der Unterhaltungspublizistik
Untersucht man, in welchen Formaten unterhaltungspublizistische Programmangebote ausgestrahlt werden, treten vor allem drei Sendungsformen in den Vordergrund: Magazine, Reportagen/Dokumentationen sowie Talksendungen. Aber auch
Nachrichtensendungen sind in nicht unerheblichem Umfang der „Rahmen“ für
diese fernsehspezifische Form der Verknüpfung von Information und Unterhaltung.
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, in welchem Maße es überhaupt noch
fernsehpublizistische Sendungen gibt, die gänzlich auf solche Themen verzichten
(unabhängig davon, ob die ganze Sendung oder nur ein kleiner Teil davon aus Beiträgen zu Human-Touch-Themen besteht).
Die auf die Beantwortung dieser Frage bezogene Sendungsstatistik macht zunächst deutlich, dass in sämtlichen universellen Nachrichtensendungen Unterhaltungspublizistik zu finden ist (vgl. Tab. 1).11 Das heißt, in der Untersuchungswoche
gibt es keine Nachrichtensendung, in der nicht in zumindest geringem Maße Human-Touch-Berichterstattung vorkommt. Von den Magazinsendungen behandelt
knapp die Hälfte Human-Touch-Themen. Eine hohe Anzahl solcher Magazinsendungen weisen RTL (8), ZDF (7), ARD/Das Erste, Sat.1 und ProSieben (jeweils 6)
auf. Bei Sat.1 kommt damit von insgesamt sieben Magazinen nur ein einziges ohne
Unterhaltungspublizistik aus. Ähnlich sind die Proportionen bei Talksendungen und
sonstigen Formaten, die sich jeweils knapp zur Hälfte mit Human-Touch-Themen
11
Der Begriff der (universellen) Nachrichtensendung wird hier für Sendeplätze von Nachrichten verwendet,
d.h. die täglichen Ausgaben der „Tagesschau“ um 15, 17 und 20 Uhr werden als drei Nachrichtensendungen gezählt. Themenspezifische Nachrichten werden im vorliegenden Kontext nicht berücksichtigt
(Sport, Wetter, Wirtschaft).
PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSPUBLIZISTIK IN FERNSEHVOLLPROGRAMMEN
74
beschäftigen. Lediglich bei den Reportagen und Dokumentationen ist der unterhaltungspublizistische Anteil mit ca. 20 Prozent geringer.
Während bei den öffentlich-rechtlichen Anbietern die typischen Boulevardthemen nahezu ausschließlich in Nachrichten und Magazinen zu finden sind, bieten
insbesondere RTL, Sat.1 und ProSieben in größerem Umfang auch nicht aktuelle,
monothematische Formate der Unterhaltungspublizistik an (Reportagen, Talksendungen, Gerichtssendungen).
SENDUNGEN MIT UNTERHALTUNGSPUBLIZISTISCHEN ANTEILEN
IM FRÜHJAHR 2007
Tab. 1
(Anzahl unterschiedlicher Sendungsformate pro Woche)1
FORMATE
Gesamt ARD
ZDF
RTL
VOX
RTL II Sat.1
Pro- kabel
Sieben eins
Themat. univers. Nachrichten
davon mit Unterhaltungspubl.
34
34
9
9
10
10
4
4
2
2
2
2
3
3
2
2
2
2
Magazine
davon mit Unterhaltungspubl.
79
37
17
6
20
7
12
8
7
2
4
1
7
6
7
6
5
1
Reportagen, Dokumentationen 101
20
davon mit Unterhaltungspubl.
14
1
16
-
10
5
20
3
14
4
7
2
9
4
11
1
Talkformate
davon mit Unterhaltungspubl.
17
8
5
2
4
1
4
2
-
-
4
3
-
-
Sonstige Formate
davon mit Unterhaltungspubl.
24
11
4
1
8
2
3
3
1
-
1
-
5
3
2
2
-
GESAMT
davon mit Unterhaltungspubl.
255
110
49
19
58
20
33
22
30
7
21
7
26
17
20
14
18
4
1 Aufgeführt ist die Anzahl unterschiedlicher Sendungsformate bzw. Sendeplätze (nicht die Anzahl von Einzelsendungen), die insgesamt von dem jeweiligen Programm angeboten werden.
Interessant ist an dieser Stelle der Vergleich der Unterhaltungspublizistik mit der
politischen Fernsehpublizistik in den Fernsehvollprogrammen. Betrachtet man programmübergreifend die Gesamtzahl der Sendungen, die Beiträge zu diesen beiden
Themenkomplexen enthalten, so unterscheiden sich die Werte bei den Nachrichten-,
Magazin- und Talksendungen nicht: In allen universellen Nachrichtensendungen
kommt politische Berichterstattung vor, und auch in etwa der Hälfte der Magazinund Talksendungen hat sie ihren Platz. Magazine und Talksendungen mit unterhaltungspublizistischen Anteilen werden jedoch vorwiegend von privaten Programmveranstaltern ausgestrahlt, während diese Formate bei den öffentlich-rechtlichen
Anbietern überwiegend politische Themen haben: 26 von 39 Magazinen und alle
Talksendungen mit politischen Inhalten kommen von ARD und ZDF.
PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSPUBLIZISTIK IN FERNSEHVOLLPROGRAMMEN
75
3.
Die Nutzung unterhaltungspublizistischer Programmangebote
Wenn im Durchschnitt mehr als 10 Prozent der Sendezeit von Fernsehvollprogrammen der Unterhaltungspublizistik zuzurechnen sind und am Zuschauermarkt
erfolgreiche Programme wie RTL und Sat.1 sogar mehr als 20 Prozent ihrer Sendezeit mit solchen Programmangeboten ausfüllen, drängt sich die Frage nach den
Fernsehzuschauern auf: Wie erfolgreich sind diese Programmangebote, wie stark
werden sie genutzt?
Die hierzu durchgeführte Analyse beruht auf einer Fusion von Angebotsdaten
aus der ALM-Studie mit Zuschauerdaten der AGF/GfK-Fernsehforschung. Als
Indikator für die Nutzung dient die durchschnittliche Sehbeteiligung in Prozent. Sie gibt an,
„wie viele Personen während einer Sendung / eines Werbeblocks / eines bestimmten Zeitintervalls durchschnittlich ferngesehen haben. […] Jede Person wird mit
dem Anteil gezählt, der ihrer Sehdauer im Verhältnis zur Dauer der Sendung entspricht. Dieser Quotient aus Sehdauer zu Sendungsdauer wird mit dem Gewicht pro
Person zur individuellen Sehbeteiligung verrechnet. Die Summe aller individuellen
Sehbeteiligungen über alle Personen ist die durchschnittliche Sehbeteiligung der
Sendung / des Werbeblocks“.12
Die Fallbasis für die Analyse sind die Untersuchungseinheiten der Programmanalyse. Dabei wird jedem Sendungsteil, der in der ALM-Studie ermittelt und codiert
wurde, die durchschnittliche Sehbeteiligung als aggregierter Nutzungswert zugeordnet. Dasselbe gilt für die – ggf. thematisch unterschiedlichen – Beiträge innerhalb
fernsehpublizistischer Sendungen. Auch ihnen wird die Sehbeteiligung der jeweiligen
Sendung zugewiesen, in deren Rahmen sie ausgestrahlt wurden.13
3.1 Die Ausgangsdaten
Wenn man auf der im letzten Abschnitt beschriebenen Grundlage Nutzungswerte
für einzelne Programmsparten berechnet, ist der Blick auf die Daten für die Gesamtsendezeit nicht besonders informativ, da aus den Zuschauerzahlen aller einschlägigen
Sendungen – unter Einschluss der generell nutzungsschwachen Tageszeiten, Wiederholungen etc. – Durchschnittswerte berechnet werden. Wenn also beispielsweise
ein Programm wie RTL II die Nachtstrecke, in der vergleichsweise wenige Menschen fernsehen, mit fiktionalen Angeboten füllt, wirkt sich dies zwangsläufig negativ auf die Durchschnittswerte für die Nutzung aller fiktionalen Angebote dieses
Programms aus.
Allgemein kann man jedoch festhalten, dass die Nutzung der Unterhaltungspublizistik zumeist eher auf mittleren bis hinteren Plätzen rangiert. Am stärksten
genutzt werden bei fast allen Programmen die „reinen“ Unterhaltungsangebote: sei
es die nonfiktionale Unterhaltung, die beim ZDF, bei RTL und bei VOX mehr als
12
13
URL: http://www.agf.de/glossar/?name=Sinus [10.1.2008].
Insofern gehen die Nutzungsdaten von fernsehpublizistischen Sendungen mit gemischten Themenstrukturen (also insbesondere die der Nachrichten- und Magazinsendungen) mehrfach in die Angaben zur
Nutzung der unterschiedlichen thematischen Schwerpunkte der Fernsehpublizistik ein.
PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSPUBLIZISTIK IN FERNSEHVOLLPROGRAMMEN
76
die anderen Angebote genutzt wird, oder die fiktionale Unterhaltung, die bei Sat.1
und ProSieben auf den ersten Rangplätzen liegt.
Auch aus den Nutzungswerten in der Prime Time ist eine dominierende Unterhaltungsorientierung der Fernsehzuschauer abzulesen (vgl. Tab. 2). Wenn man zunächst nur die höchsten Nutzungswerte der konkurrierenden Programme betrachtet,
erreichen vier von ihnen (ZDF, RTL, VOX und ProSieben) in der Sparte der nonfiktionalen Unterhaltung die meisten Zuschauer.14 Bei Sat.1 steht die fiktionale Unterhaltung an erster Stelle. Ausnahmen von der „Unterhaltungsregel“ betreffen das
Erste Programm der ARD (Sportpublizistik knapp vor fiktionaler Unterhaltung)
sowie RTL II und kabel eins. Dort rangiert die Sach- und Lebensweltpublizistik
knapp vor der nonfiktionalen (RTL II) bzw. fiktionalen Unterhaltung (kabel eins).
PROGRAMMNUTZUNG IN DER PRIME TIME IM FRÜHJAHR 2007
Tab. 2
(Durchschnittliche Sehbeteiligung in Prozent)
ANGEBOTSSEGMENTE
UNTERHALTUNG
Fiktionale Unterhaltung
Nonfiktionale Unterhaltung
INFORMATION UND
UNTERHALTUNG
Sportsendungen
Sportbeiträge
Unterhaltungspublizistik
INFORMATION
Sach-, Lebensweltpublizistik
Politik, Kontroverse Themen
Gesamt ARD
ZDF
RTL
VOX
RTL II Sat.1
Pro- kabel
Sieben eins
3,6
3,6
3,6
5,4
5,5
4,3
7,6
6,4
14,3
5,3
5,1
5,9
2,7
2,6
2,9
1,3
1,2
1,5
3,1
3,3
2,5
2,4
2,2
2,9
1,3
1,4
1,1
3,3
5,6
4,8
3,5
1,4
1,1
2,2
1,4
0,4
5,8
4,2
2,8
5,8
5,3
4,4
4,5
4,9
4,6
3,4
1,4
1,0
1,1
2,3
2,1
1,1
1,4
0,4
2,7
2,3
3,9
4,0
3,6
4,3
3,8
3,6
4,0
3,8
3,7
4,5
1,7
1,7
-
1,6
1,6
1,1
2,6
2,7
2,4
1,7
1,7
1,1
1,5
1,5
-
Die Unterhaltungspublizistik hat für die Fernsehzuschauer in der Prime Time offensichtlich eine ähnliche Bedeutung wie in der Gesamtsendezeit. Unterhaltungspublizistische Programmangebote kommen auf Zuschauerzahlen, die in den jeweiligen
Programmen zwischen Rang 3 und Rang 6 liegen. Dabei sind die Unterschiede zwischen den Programmen in der Hauptsendezeit prägnanter als in der Gesamtsendezeit. Die höchsten Werte erreichen die öffentlich-rechtlichen Anbieter (ARD/Das
Erste: 4,4 Prozent, ZDF: 4,9 Prozent), gefolgt von RTL (3,4 Prozent) und Sat.1 (2,1
Prozent). Bei RTL II, VOX und ProSieben liegen sie zwischen 1,1 und 1,4 Prozent.
kabel eins kommt in diesem Bereich auf eine Sehbeteiligung von nur 0,4 Prozent.
Um diesen, vielleicht überraschenden Befund einordnen zu können, muss man
prüfen, welche Sendungen sich konkret hinter den Nutzungswerten verbergen (vgl.
14
Der hohe Wert beim ZDF resultiert aus der Ausstrahlung von „Wetten dass …“ in der Stichprobenwoche.
PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSPUBLIZISTIK IN FERNSEHVOLLPROGRAMMEN
77
Tab. 3). Wie die zuvor dargestellten Werte bereits vermuten lassen, finden sich unter
den meistgenutzten Sendungen mit unterhaltungspublizistischen Programmangeboten vor allem solche von ARD/Das Erste, ZDF und RTL. Die Geschlossenheit der
Rangreihe ist bemerkenswert. So sind unter den zwanzig am häufigsten genutzten
Sendungen mit unterhaltungspublizistischen Anteilen nur zwei Sendungen eines
anderen Programms (Sat.1: „Akte 2007“ und „Sat.1 News“).
Tab. 3
DIE SENDUNGEN MIT UNTERHALTUNGSPUBLIZISTISCHEN ANTEILEN UND
DEREN PROGRAMMNUTZUNG IN DER PRIME TIME IM FRÜHJAHR 2007
SENDUNGEN
Programm Format
Tagesschau
Aktenzeichen XY … ungelöst
RTL Aktuell
heute
Frontal 21
Teenager außer Kontrolle
heute-journal
Stern TV
Umzug in ein neues Leben
RTL Aktuell – Weekend
Exclusiv – Weekend
Fakt
Akte 2007
Exclusiv – Das Star-Magazin
Explosiv – Weekend
Tagesthemen
Hallo Deutschland
Leute heute
Sat.1 News
Explosiv – Das Magazin
Spiegel TV
Blitz Spezial
Prominent
Deutschl. sucht d. Superstar – Magazin
Spiegel TV Thema
Germany’s Next Topmodel – Magazin
ProSieben Newstime
RTL II News
Focus-TV Spezial
Abenteuer Leben – täglich Wissen
ARD
ZDF
RTL
ZDF
ZDF
RTL
ZDF
RTL
RTL
RTL
RTL
ARD
Sat.1
RTL
RTL
ARD
ZDF
ZDF
Sat.1
RTL
RTL
Sat.1
VOX
RTL
VOX
ProSieben
ProSieben
RTL II
VOX
kabel eins
Nachrichten
Sonstiges Format
Nachrichten
Nachrichten
Magazin
Reportage, Doku.
Nachrichten
Talkformat
Reportage, Doku.
Nachrichten
Magazin
Magazin
Magazin
Magazin
Magazin
Nachrichten
Magazin
Magazin
Nachrichten
Magazin
Magazin
Reportage, Doku.
Magazin
Magazin
Reportage, Doku.
Magazin
Nachrichten
Nachrichten
Reportage, Doku.
Magazin
Durchschnittl. Anteil UnterSehbeteiligung haltungspubl.
(in Prozent)
(in Prozent)
6,9
6,1
5,1
5,0
4,9
4,8
4,7
4,6
4,2
4,1
3,8
3,6
3,3
3,2
2,9
2,9
2,9
2,7
2,4
2,3
2,3
1,9
1,9
1,8
1,7
1,5
1,1
1,1
0,9
0,4
6
96
27
9
26
98
2
20
97
24
75
22
26
80
70
6
67
58
25
65
30
97
89
92
99
55
47
36
99
21
Die Betrachtung einzelner Sendungen deckt auch wichtige Zusammenhänge zwischen der Charakteristik unterhaltungspublizistischer Programmangebote und ihrer
Nutzung auf. So bietet das Erste Programm der ARD während der Stichprobenwo-
PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSPUBLIZISTIK IN FERNSEHVOLLPROGRAMMEN
78
che nur drei Sendungen mit unterhaltungspublizistischen Beiträgen in der Prime
Time an. Der Anteil der Unterhaltungspublizistik an den jeweiligen Sendungen ist
relativ gering (6 bis 22 Prozent), ihre Nutzung jedoch durchweg hoch. Das gilt für
die „Tagesschau“ (6,9 Prozent), „Fakt“ (3,6 Prozent) und die „Tagesthemen“ (2,9
Prozent). Damit erklärt sich der relativ hohe Durchschnittswert für die Nutzung der
unterhaltungspublizistischen Programmangebote der ARD.
Innerhalb des deutlich umfangreicheren Angebots des ZDF werden die Nachrichtensendungen („heute“: 5 Prozent; „heute-journal“: 4,7 Prozent) und die Magazinsendung „Frontal 21“ (4,9 Prozent) stark genutzt. Die höchste Sehbeteiligung
weist jedoch die Sendung „Aktenzeichen XY … ungelöst“ auf (6,1 Prozent). Ergänzt wird das ZDF-Angebot durch die stark auf Human-Touch-Themen ausgerichteten Magazine „Hallo Deutschland“ und „Leute heute“, deren Nutzungswerte
knapp unter 3 Prozent liegen.
An der Spitze der Nutzung des umfangreichen und breit gefächerten Spektrums unterhaltungspublizistischer Programmangebote von RTL steht die Hauptnachrichtensendung „RTL aktuell“ mit einer durchschnittlichen Sehbeteiligung von
5,1 Prozent. Dazu kommen sechs Reportage-, Dokumentations-, Nachrichten- und
Magazinsendungen mit Sehbeteiligungen über 3 Prozent sowie weitere drei Magazine mit Sehbeteiligungen zwischen 2 und 3 Prozent. Nur mit einer einzigen unterhaltungspublizistischen Sendung („Deutschland sucht den Superstar – Das Magazin“)
verfehlt RTL in der Prime Time knapp die 2-Prozent-Marke.
Diese 2-Prozent-Marke ist andererseits kennzeichnend für die Nutzung des unterhaltungspublizistischen Angebots der „kleineren“ Programme: VOX, RTL II,
ProSieben und kabel eins. In der Prime Time erreichen bei keinem dieser vier Programme Sendungen mit Human-Touch-Anteilen eine durchschnittliche Sehbeteiligung von 2 Prozent oder mehr.
3.2 Ansätze zur Erklärung der Programmnutzung
Abschließend soll untersucht werden, welchen Einfluss die „Rahmenstruktur“ von
Fernsehprogrammen (also die Festlegung der Programmcharakteristik, insbesondere
des Umfangs der zentralen Programmsparten) auf das Einschaltverhalten und die
Sehbeteiligung der Fernsehzuschauer hat. Im Rahmen des vorliegenden Beitrags ist
dabei von besonderem Interesse, ob durch die Vermehrung unterhaltungspublizistischer Programmangebote die Sehbeteiligung tatsächlich gesteigert wird.
In dem Kausalmodell, das dieser Untersuchung zugrunde liegt, ist die zu beeinflussende Kriteriumsvariable die Sehbeteiligung („abhängige Variable“). Zusätzlich zur
durchschnittlichen Sehbeteiligung aller Zuschauer ab 3 Jahre wird auch die Sehbeteiligung innerhalb von sechs Altersgruppen als abhängige Variable analysiert. Als
Einflussfaktoren auf die Sehbeteiligung werden – allgemein gesprochen – die Programmstrukturen, konkret: die zuvor erläuterten Programmkategorien der ALM-
PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSPUBLIZISTIK IN FERNSEHVOLLPROGRAMMEN
79
Studie betrachtet („unabhängige Variablen“).15 Darüber hinaus haben die vorangegangenen Ausführungen hinreichend verdeutlicht, dass die Sehbeteiligung maßgeblich durch den Ausstrahlungszeitpunkt und das ausstrahlende Programm beeinflusst
wird. Daher wird die Zuordnung einer Sendung zur Hauptsendezeit („Prime
Time“)16 sowie die Platzierung eines Programms auf den ersten vier Rangplätzen der
Marktanteilsskala („Hauptsender“)17 in das Analysemodell in Form von Kontrollvariablen einbezogen.
Tab. 4
EINFLUSSGRÖSSEN AUF DIE NUTZUNG DES GESAMTPROGRAMMS
IM FRÜHJAHR 20071
ERKLÄRENDE VARIABLEN
Gesamt2
Altersgruppen
14–19 20–29 30–39 40–49 50–64 65+
Prime Time
Hauptsender (RTL, Sat.1, ARD, ZDF)
.59
.32
.48
n.s.
.52
n.s.
.55
.10
.58
.25
.54
.38
.42
.39
Fernsehpublizistik
Fiktionale Unterhaltung
Non-fiktionale Unterhaltung
.09
.16
.09
n.s.
.18
.15
n.s.
.16
.14
n.s.
.13
.10
n.s.
.16
.08
.07
.13
n.s.
.12
.13
.05
ERKLÄRTE VARIANZ (KORR. R²)
.44
.27
.29
.33
.40
.42
.32
1 Multiple Regression; BETA-Koeffizienten (p<.05; N=3.879).
2 Sehbeteiligung aller Fernsehzuschauer ab 3 Jahre.
Betrachtet man (a) die Programmsparte, (b) den Ausstrahlungszeitpunkt und (c) den
ausstrahlenden Sender als Einflussfaktoren auf die Sehbeteiligung, werden – in Bezug auf alle Fernsehzuschauer ab 3 Jahre – insgesamt 44 Prozent der Varianz der
Sehbeteiligung an allen Programmangeboten erklärt (vgl. Tab. 4). Den größten Einfluss
haben allerdings nicht die (nach formalen und inhaltlichen Kriterien in Programmsparten unterteilten) Programmangebote, sondern vor allem die Sendezeit
(standardisierter Regressionskoeffizient BETA = .59) und das ausstrahlende Programm (BETA = .32).
Von Bedeutung ist jedoch auch die Grundstruktur des Programmangebots. So
wird von den drei Programmsparten die fiktionale Unterhaltung am stärksten gesucht (BETA = .16). Die Bedeutung der beiden anderen Sparten ist zwar geringer,
aber ebenfalls signifikant (BETA = .09). Für die Programmplaner mag dieser Befund
auf den ersten Blick trivial erscheinen, er ist es aber nicht. Er ist ein Beleg dafür, dass
15
16
17
Im Fall der Themenschwerpunkte der Fernsehpublizistik handelt es sich um dichotome Variablen
(Mehrfachcodierung). Die Ausprägung 1 bedeutet, dass eine Sendung mindestens einen Beitrag zu dem
entsprechenden Themenschwerpunkt aufweist – unabhängig davon, ob sie auch Beiträge zu anderen
Schwerpunkten enthält.
Dichotome Variable, bei der eine Sendung die Ausprägung 1 zugewiesen bekommt, wenn sie in der
Hauptsendezeit zwischen 18 und 23 Uhr ausgestrahlt wird.
Dichotome Variable, bei der eine Sendung die Ausprägung 1 zugewiesen bekommt, wenn sie bei
ARD/Das Erste, ZDF, RTL oder Sat.1 ausgestrahlt wird.
PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSPUBLIZISTIK IN FERNSEHVOLLPROGRAMMEN
80
mit der Entscheidung für bestimmte, spartenspezifische Programmangebote unterschiedliche Wahrscheinlichkeiten verbunden sind, bestimmte Zuschauerquoten zu
erreichen. Natürlich variieren diese Wahrscheinlichkeiten je nach Zielgruppe – auch
das wird durch die Ergebnisse der Regressionsanalysen für die einzelnen Altersgruppen belegt.
Nur noch zwei der insgesamt fünf überprüften Einflussfaktoren wirken sich
signifikant auf die Sehbeteiligung aller Altersgruppen aus. Am wichtigsten ist dabei
der Umstand, ob eine Sendung innerhalb oder außerhalb der Prime Time gesendet
wird, insbesondere in denjenigen Altersgruppen, die verhältnismäßig viele Berufstätige aufweisen. Ebenfalls (fast) altersunspezifisch ist offensichtlich die Attraktivität
fiktionaler Programmangebote. Für die restlichen drei Einflussfaktoren gilt nicht
nur, dass sie für die verschiedenen Altersgruppen unterschiedlich wichtig sind – sie
sind für einige Zielgruppen der Fernsehveranstalter überhaupt kein Grund, sich
ihren Programmangeboten zuzuwenden:
-
-
-
Die Zuordnung der Programmangebote zu einem der Hauptsender (RTL, Sat.1,
ARD/Das Erste und ZDF) wird mit zunehmendem Alter immer wichtiger, für
die Zuschauer unter 30 Jahren ist sie ohne jede Bedeutung.
Nonfiktionale Programmangebote verlieren bei den Fernsehzuschauern mit zunehmendem Alter an Attraktivität; in der Gruppe der 50- bis 64-Jährigen scheinen
sie bedeutungslos zu sein.
Die Fernsehpublizistik schließlich (hier zunächst als thematisch heterogene, formal durch typische Sendungsformate „zusammengehaltene“ Programmsparte
betrachtet) bringt ganz offensichtlich die werbe-attraktive Zielgruppe der unter
50-Jährigen nicht vor den Bildschirm. Diese Formate sind vorwiegend für die
Generation 50+ attraktiv.
Wie in den vorstehenden Abschnitten beschrieben, werden im Rahmen der ALMStudie unter dem Dach der „Fernsehpublizistik“ Sendungen mit ganz unterschiedlichen thematischen Schwerpunkten zusammengeführt. Während die beiden anderen
Programmsparten den Fernsehzuschauern eindeutige Unterhaltungsangebote machen, sind die Angebote der fernsehpublizistischen Sendungen im Prinzip auf einem
Kontinuum zwischen „harter Information“ und „Infotainment“ zu verorten. Der
Einfluss dieser inhaltlichen Komponente der Fernsehpublizistik auf das Zuschauerverhalten wird nun gesondert analysiert. Es wird untersucht, ob das Angebot von
Beiträgen zu bestimmten Themenschwerpunkten eine Auswirkung auf die Sehbeteiligung hat. Dabei wird zwischen (a) Human-Touch-Themen bzw. Unterhaltungspublizistik, (b) Sach- und Lebensweltpublizistik, sowie (c) kontroversen Themen bzw.
politischer Publizistik unterschieden.
Ähnlich wie bei der Regressionsanalyse zur Erklärung der Nutzung des Gesamtprogramms erklärt das Modell 45 Prozent der Varianz der Nutzung fernsehpublizistischer Programmangebote, bezogen auf alle Fernsehzuschauer ab 3 Jahre (vgl. Tab. 5).
Von besonderer Bedeutung ist auch hier kein programminhaltlicher, sondern ein
formaler Gesichtspunkt: die Sendezeit (BETA = .65). Ebenfalls zweitstärkster Ein-
PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSPUBLIZISTIK IN FERNSEHVOLLPROGRAMMEN
81
flussfaktor (BETA = .28) ist die Zuordnung der Sendungen zu einem der vier
„Hauptsender“, obwohl sich hinter diesem Gesamtwert starke Unterschiede zwischen den Altersgruppen verbergen.
Diese Altersunterschiede sind auch für die Effektcharakteristik der einzelnen
Themenschwerpunkte der Fernsehpublizistik bedeutsam. Wenn man diese jedoch
zunächst vernachlässigt, ergibt sich in Bezug auf alle Fernsehzuschauer ein nicht
besonders starker, aber doch eindeutiger und vor allem signifikanter Gegensatz:
Unterhaltungspublizistik findet in der Gesamttendenz eher Zuwendung, politische
Publizistik wird in der Gesamttendenz eher gemieden.
Tab. 5
EINFLUSSGRÖSSEN AUF DIE NUTZUNG DER FERNSEHPUBLIZISTIK
IM FRÜHJAHR 20071
ERKLÄRENDE VARIABLEN
Prime Time
Hauptsender (RTL, Sat.1, ARD, ZDF)
Unterhaltungspublizistik
Sach-, Lebensweltpublizistik
Politische Publizistik, Kontroverse Themen
ERKLÄRTE VARIANZ (KORR. R²)
Gesamt2
Altersgruppen
14–19 20–29 30–39 40–49 50–64 65+
.65
.28
.46
- .13
.51
- .09
.59
n.s.
.64
.19
.61
.33
.49
.35
.09
n.s.
- .04
.19
- .08
- .16
.17
n.s.
- .22
.10
- .05
- .18
.09
- .08
- .19
.07
n.s.
n.s.
n.s.
n.s.
.08
.45
.27
.31
.37
.43
.43
.35
1 Multiple Regression; BETA-Koeffizienten (p<.05; N=1.781).
2 Sehbeteiligung aller Fernsehzuschauer ab 3 Jahre.
Ohne Zweifel ist es erforderlich, dieses Ergebnis nach Alterszielgruppen zu differenzieren. Erstens zeigen sich schon bei der Senderauswahl (in Bezug auf fernsehpublizistische Programmangebote) nicht nur Unterschiede, sondern auch Gegensätze zwischen den Zuschauern unter 30 und über 39 Jahren: Die Jüngeren wenden
sich eher den kleineren Sendern als den vier Marktführern zu. Und zweitens zeigen
sich starke Alterseffekte auf die Zuwendung zu bzw. auf die Abwendung von bestimmten Themenschwerpunkten der Fernsehpublizistik.
So ist im Fall der politischen Publizistik zu konstatieren, dass diese nur noch in
der Altersgruppe der über 65-Jährigen auf „aktive Zuwendung“ stößt. Bei den Zuschauern zwischen 14 und 49 Jahren sind die Vorzeichen der Koeffizienten dagegen
negativ, was auf die Vermeidung politischer Information im Fernsehen verweist.
Lediglich die nicht politischen Fernsehbeiträge zur Sach- und Lebensweltpublizistik
werden aus der altersspezifischen Nutzungsperspektive nur „leicht negativ“ oder gar
nicht – weder positiv noch negativ – eingeschätzt. Anders ist es bei der Unterhaltungspublizistik, die bei allen Altersgruppen eine positive Auswirkung auf die Sehbeteiligung hat – wenn man von den über 65-Jährigen absieht. Unterhaltungspublizistische Angebote führen also zu einer höheren Nutzung, wobei dieser Effekt bei den
Zuschauern zwischen 14 und 29 Jahren besonders stark ausfällt.
PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSPUBLIZISTIK IN FERNSEHVOLLPROGRAMMEN
82
4.
Fazit
Im Mittelpunkt des Beitrags stand die Frage, wie die unterhaltungspublizistischen
Angebote im Vergleich zu anderen Programminhalten genutzt werden bzw. ob die
Programmveranstalter tatsächlich durch die Berichterstattung über Human-TouchThemen höhere Nutzungswerte erzielen können.
Vor der eigentlichen Nutzungsanalyse wurde in einem ersten Schritt das vorliegende unterhaltungspublizistische Angebot charakterisiert. Dabei zeigten sich deutliche Unterschiede zwischen den Programmen im Hinblick auf den Umfang und die
Formatstruktur der Human-Touch-Berichterstattung. Umfangreiche und im Hinblick auf ihre Formate vielfältige unterhaltungspublizistische Angebote finden sich
bei RTL, Sat.1 und ProSieben. Andere Anbieter wie z.B. kabel eins behandeln derartige Themen dagegen kaum. Programmübergreifend bleibt aber festzuhalten, dass
zum einen der unterhaltungspublizistische Anteil zur Hauptsendezeit reduziert und
der Anteil an fiktionaler und nonfiktionaler Unterhaltung erhöht wird. Zum anderen
tritt die Präsenz der Human-Touch-Themen innerhalb des fernsehpublizistischen
Programmsegments hervor. So finden Angst- und Zerstreuungsthemen mittlerweile
Platz in sämtlichen Nachrichtenformaten und fast in der Hälfte aller Magazin-, Talkund sonstigen Sendungen.
Im Rahmen der Nutzungsanalyse wurden nach der Beschreibung der Sehbeteiligung unterhaltungspublizistischer Programmangebote Regressionsanalysen durchgeführt, um die Stärke des Einflusses verschiedener Programmangebote vergleichen
zu können. Die Analyse zeigt in Bezug auf den Einfluss der Programmsparten auf die
Sehbeteiligung zunächst einmal einen starken Effekt der fiktionalen Unterhaltung.
Während diese Unterhaltungsform von allen Altersgruppen gleichermaßen gesucht
wird, wird der positive Effekt der nonfiktionalen Unterhaltungsangebote auf die
Sehbeteiligung der Fernsehzuschauer mit zunehmendem Alter deutlich geringer.
Dieses Ergebnis macht, verbunden mit der Zielgruppenorientierung der (privaten)
Programme, die Programmakzentuierungen in der Prime Time nachvollziehbar. So
werden die bei den jüngeren Zuschauern nachgefragten Programminhalte (fiktionale
und nonfiktionale Unterhaltung) zur Hauptsendezeit vermehrt angeboten.
Zum Einfluss der verschiedenen Themenschwerpunkte der Fernsehpublizistik auf
die Sehbeteiligung kommt die Analyse zu einem eindeutigen Befund. Im Gegensatz
zu den politischen Angeboten des Fernsehens, die primär von älteren Zuschauern
nachgefragt werden, hat die Unterhaltungspublizistik einen durchgehend positiven
Effekt auf die Sehbeteiligung. Zuschauer unter 65 Jahren und ganz besonders Zuschauer unter 30 Jahren wenden sich tatsächlich eher Boulevardthemen als der „harten“ politischen Information zu.
Nicht nur die potenziellen, sondern auch die faktischen Rückwirkungen dieser
„Mehrheitstendenz“ in der Programmauswahl der Fernsehzuschauer auf die Gestaltung von Fernsehprogrammen liegen auf der Hand.18 Sie betreffen vor allem diejeni18
Vgl. dazu den Beitrag „Private Fernsehvollprogramme 1998 – 2007“ von Hans-Jürgen Weiß in diesem
Band.
PROGRAMMFORSCHUNG • UNTERHALTUNGSPUBLIZISTIK IN FERNSEHVOLLPROGRAMMEN
83
gen Programme, die – wie die privaten Fernsehvollprogramme in Deutschland –
vorwiegend durch Werbung finanziert und damit wirtschaftlich am stärksten vom
Zuschauerverhalten abhängig sind. Die Tendenz der Veranstalter dieser Programme,
Angebote zu vermeiden, die weniger nachgefragt werden, ist im Grundsatz nachvollziehbar. Sofern es dabei jedoch um gesellschaftlich relevante und politische Informationsleistungen geht (und darum geht es ganz offensichtlich!), ist auch am
Ende dieses Beitrags die Frage nach den – nicht ausschließlich am Zuschauerverhalten orientierten – Verpflichtungen der privaten Fernsehvollprogramme zu stellen,
die aus ihrer öffentlichen Aufgabe resultieren.
Literatur
Brosius, Hans-Bernd (2003): Unterhaltung als isoliertes Medienverhalten. Psychologische und kommunikationswissenschaftliche Perspektiven. In: Früh, Werner/
Hans-Jörg Stiehler (Hrsg.): Theorie der Unterhaltung. Ein interdisziplinärer Diskurs. Köln, S. 74-88.
Früh, Werner (2002): Unterhaltung durch das Fernsehen. Eine molare Theorie.
Konstanz.
Früh, Werner (2003): Triadisch-Dynamische Unterhaltungstheorie (TDU). In: Früh,
Werner/Hans-Jörg Stiehler (Hrsg.): Theorie der Unterhaltung. Ein interdisziplinärer Diskurs. Köln, S. 27-56.
Hoffmann-Riem, Wolfgang/Wolfgang Schulz (1998): Politische Kommunikation –
Rechtswissenschaftliche Perspektiven. In: Jarren, Otfried/Ulrich Sarcinelli/Ulrich Saxer (Hrsg.): Politische Kommunikation in der demokratischen Gesellschaft. Opladen, S. 154-172.
Weinacht, Stefan/Ralf Hohlfeld (2007): Das Hofnarren-Komplott. Deskriptivtheoretische Herleitung von Entgrenzung und Selbstthematisierung im Journalismus. In: Scholl, Armin/Rudi Renger/Bernd Blöbaum (Hrsg.): Journalismus
und Unterhaltung. Theoretische Ansätze und empirische Befunde. Wiesbaden,
S. 157-207.
Weiß, Hans-Jürgen/Joachim Trebbe (2001): Fernsehinformation. Zur Methode der
kontinuierlichen Programmanalysen in einem medienpolitisch aufgeladenen Forschungsfeld. In: Wirth, Werner/Edmund Lauf (Hrsg.): Inhaltsanalyse. Perspektiven, Probleme, Potentiale. Köln, S. 49-71.
PROGRAMMFORSCHUNG • MERCHANDISING UND GEWINNSPIELE
84
Merchandising und Gewinnspiele
in Fernsehvollprogrammen
Bertil Schwotzer und Jens Vogelgesang
Mit dem Einbruch des Werbemarkts in den Jahren 2000 bis 2004 – die drei reichweitestärksten privaten Programme RTL, Sat.1 und ProSieben haben in dieser Zeit rund
18 Prozent ihrer Nettowerbeeinnahmen eingebüßt1 – begannen die Fernsehveranstalter, ihre Geschäftsmodelle zu diversifizieren. Neue Absatzformen und Sendeformate entstanden, bereits bestehende Zusatzerlösmodelle wurden ausgebaut.2
Heutzutage sind Call-In-Sendungen, Teleshopping, Merchandising-Produkte und
Gewinnspiele aus dem Programmalltag des deutschen Fernsehens nicht mehr wegzudenken.
In diesem Beitrag werden zwei dieser werbe-affinen Sendeformate in deutschen Fernsehvollprogrammen in den Blick genommen: Merchandising und Gewinnspiele. Dabei wird jeweils nur ein Teilsegment dieser Formate untersucht:
Das Merchandising der Sender kann in Form expliziter Werbung, aber auch in
Form von sog. „Begleitmaterialien“ erfolgen, die lt. Rundfunkstaatsvertrag ausdrücklich nicht als Werbung gelten.3 Aus der Perspektive der Programmbeobachtung ist
das entscheidende Differenzierungsmerkmal die feststellbare bzw. nicht feststellbare
Werbekennzeichnung. Die empirischen Daten in diesem Beitrag beziehen sich dementsprechend ausschließlich auf nicht explizit als Werbung gekennzeichnete Hinweise auf
Produkte, die einen Sender- oder Sendungsbezug haben. Wenn diese Hinweise im Folgenden
als „Merchandising“ bezeichnet werden, dann deckt sich diese Begriffsdefinition im
Prinzip mit dem rundfunkrechtlichen Begriff der Begleitmaterialien. Allerdings wird
nicht der Frage nachgegangen, ob bei allen Fällen, die auf dieser Definitionsbasis in
den Programmstichproben der ALM-Studie ermittelt wurden, die rechtlichen Bestimmungen für Begleitmaterialien eingehalten worden sind oder nicht.
Gewinnspiele im Fernsehen erhielten vor allem durch die Debatte über die
Spielregeln von Call-In-Sendungen, wie sie z.B. von 9Live ausgestrahlt werden, öffentliche Aufmerksamkeit. Darauf beziehen sich die in diesem Beitrag präsentierten
empirischen Daten jedoch nicht. In Fernsehvollprogrammen begegnen uns Gewinn1
2
3
Vgl. Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (2005): Werbung in Deutschland 2005. Berlin,
S. 280.
Vgl. Goldhammer, Klaus/Michael Lessig (2005): Call Media: Mehrwertdienste im Fernsehen. In: ALM
Programmbericht 2005, S. 138-156; Kliment, Tibor/Jaroslaw Kasperczyk (2004): Jenseits der Spots –
Sonderwerbeformen im Fernsehen. In: Gertler, Martin (Hrsg.): Kommunikation oder Unterhaltung?
Aufgabenstellungen der Medien. Baden-Baden, S. 209-232.
Vgl. § 45 Abs. 3 RStV 2007 (Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien in der Fassung des Neunten
Staatsvertrages zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge, in Kraft seit dem 1. März 2007).
PROGRAMMFORSCHUNG • MERCHANDISING UND GEWINNSPIELE
85
spiele vielmehr vorwiegend in Form von relativ einfachen Rate- und Quizformaten,
die mit Preisauslobungen verbunden sind.
Beide Formate, die in diesem Beitrag dargestellt und diskutiert werden, sind
ohne Zweifel werbe-affin. Dementsprechend fließend sind die Übergänge zur
Schleichwerbung – die damit verbundenen Probleme der Programmaufsicht liegen
auf der Hand.4 Systematisch betrachtet sind sie Teil der On-Air-Promotion der Programmveranstalter, die aus der Perspektive des Rundfunkprogrammrechts ebenfalls
nicht als Werbung zu betrachten ist.5 Damit ist der Spielraum skizziert, in dem sich
das Merchandising durch Begleitmaterialien sowie Gewinnspiele mit Preisauslobungen in Fernsehvollprogrammen bewegen.
1.
Merchandising in Form von Begleitmaterialien
Merchandising-Produkte drücken seit fast 20 Jahren der Fernsehlandschaft ihren
Stempel auf. Bereits 1994 setzten die deutschen Fernsehveranstalter rund 500 Millionen Mark mit Merchandising-Produkten um.6 Beispielsweise verkaufte Sat.1 im
Jahr 1995 von der Buchversion der Serie „Anna Maria – Eine Frau geht ihren Weg“
mit Uschi Glas innerhalb eines Monats mehr als 100.000 Exemplare. Im Jahr 2007
verkauften sowohl die öffentlich-rechtlichen als auch die privaten Sender eine Vielzahl unterschiedlicher Merchandising-Produkte wie etwa die DVD-Dokumentation
„Die Wehrmacht“ (ZDF), den Musik-CD-Sampler „Die ultimative Chart-Show“
(RTL) oder die Beauty Cases der Casting-Show „Germany’s Next Top Model“ (ProSieben). Enthielten vor rund 20 Jahren die Hinweise auf diese Begleitmaterialien im
laufenden Programm noch eine Bestelladresse oder zusätzlich einen Verweis auf eine
Videotexttafel, verweisen die Sender zum Vertrieb der Begleitmaterialien inzwischen
vor allem auf ihre Internetseiten (z.B. allgemein: ZDF-Shop7, sendungsspezifisch:
GZSZ-Shop8).
Die privaten und öffentlich-rechtlichen Fernsehveranstalter wissen dabei das
Rundfunkprogrammrecht auf ihrer Seite. Gemäß § 16 Abs. 4 sowie § 45 Abs. 3
RStV 2007 gelten „Hinweise des Rundfunkveranstalters auf eigene Programme und
auf Begleitmaterialien, die direkt von diesen Programmen abgeleitet sind“, nicht als
Werbung, weshalb ihr Umfang und ihre Platzierung keinerlei Beschränkungen unterliegen. Diese Hinweise sind keine Werbung, solange der direkte Programmbezug
gewahrt ist und sie nicht „mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung
4
5
6
7
8
Vgl. dazu den Beitrag zur Tätigkeit der Gemeinsamen Stelle Programm, Werbung und Medienkompetenz (GSPWM) der Landesmedienanstalten in diesem Band.
Vgl. § 45 Abs. 3 RStV 2007.
Vgl. Bähr, Günther (1995): Merchandising. Sender als Warenhäuser. In: Focus Magazin vom 29. April
1995, S. 244-245.
Vgl. http://shop.zdf.de/categories/0.
Vgl. http://gzsz.rtl.de/serie_shop.php.
PROGRAMMFORSCHUNG • MERCHANDISING UND GEWINNSPIELE
86
von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen, gegen Entgelt zu fördern“ (§ 2 Abs. 2 Satz 5 RStV 2007), gesendet werden.9
In den Werberichtlinien der Landesmedienanstalten ist für die privaten Veranstalter geregelt, was als Hinweis auf das eigene Programm und auf Begleitmaterialien
gilt.10 Gemäß Nr. 15 Abs. 2 der Werberichtlinien ist Sender- bzw. Eigenpromotion
keine Werbung, sondern dient der Zuschauerbindung und kann sich „auf das Gesamtprogramm und einzelne Sendungen sowie auf die in ihnen handelnden Personen oder auf Veranstaltungen sowie sonstige Ereignisse außerhalb der Programme
des Veranstalters beziehen“. Als Begleitmaterialien gelten nach Nr. 15 Abs. 4–5 der
Werberichtlinien die „Wiedergaben von Fernsehsendungen des Veranstalters auf
Audio- und Videokassetten, Schallplatten und ähnliche Bild- und Tonträger“ und
„Bücher, Schallplatten, Videos und andere Publikationen, wie z.B. Spiele […] wenn
durch sie der Inhalt der Sendung erläutert, vertieft oder nachbearbeitet wird“. Außerdem ist in Nr. 15 Abs. 6 der Werberichtlinien festgelegt, dass MerchandisingTrailer nur im „Zusammenhang mit der Sendung oder mit Programmankündigungen“ gesendet werden dürfen.
Die nicht werbliche Ausstrahlung von Hinweisen auf Merchandising-Produkte
ist bis heute medienpolitisch wenig kontrovers diskutiert worden – rundfunkrechtlich unumstritten war sie aber nicht. Insbesondere die Frage, ob Klingeltöne als
Begleitmaterial zulässig sind, beschäftigte die Landesmedienanstalten. Seit 2006
definiert ein vom Verband Privater Rundfunk und Telemedien e.V. (VPRT) und
Gemeinsamer Stelle Programm, Werbung und Medienkompetenz (GSPWM) erarbeiteter Leitfaden die Möglichkeiten, unter denen Klingeltöne als Begleitmaterialien
zu Sendungen zulässig sind – und trägt damit dem Umstand Rechnung, dass auch
technische Weiterentwicklungen das „alte“ Medium Buch als klassisches Begleitmaterial ergänzen und in der juristischen Bewertung Berücksichtigung finden müssen.11
2.
Gewinnspiele in Form von Preisauslobungen
Die medienkritische Diskussion um Gewinnspiele im deutschen Fernsehen drehte
sich intensiv um die Ausstrahlungs- und Moderationspraxis bei sogenannten Call-InQuizsendungen. Im Mittelpunkt der Kritik standen vor allem Call-In-Sendungen
von Spartenprogrammen wie 9Live. Bemängelt wurden dabei u.a. der künstlich
aufgebaute Zeitdruck durch die Moderation, eine fehlende Dokumentation der ausgezahlten Gewinne, die mangelnde Chancengleichheit und die unklaren Referenzen
9
10
11
Zur Problematik der Abgrenzung dieser Hinweise gegenüber Werbung vgl. Meyer-Harport, Dirk
(2000): Neue Werbeformen im Fernsehen. Eine Untersuchung besonderer Werbeformen anhand deutschen und europäischen Rundfunk- und Medienrechts. Frankfurt/M., S. 201-207.
Vgl. Gemeinsame Richtlinien der Landesmedienanstalten für die Werbung, zur Durchführung der
Trennung von Werbung und Programm und für das Sponsoring im Fernsehen in der Neufassung vom
10.02.2000.
Vgl. GSPWM-Pressemitteilung, 13. Dezember 2006: Zwischen Schleichwerbung, Sportwetten und
Klingeltönen: Die Arbeit der Gemeinsamen Stelle Programm, Werbung und Medienkompetenz der
Landesmedienanstalten im Jahr 2006.
PROGRAMMFORSCHUNG • MERCHANDISING UND GEWINNSPIELE
87
bei Wortsuchspielen.12 Die Landesmedienanstalten haben auf diese medienpolitische
Kontroverse reagiert und die Anwendungs- und Auslegungsregeln der Landesmedienanstalten für die Aufsicht über Fernseh-Gewinnspiele präzisiert.13
Bei den Gewinnspielen, die im Rahmen von Fernsehvollprogrammen ausgestrahlt und in diesem Beitrag untersucht werden, handelt es sich in der Regel nicht
um Call-In-Sendungen mit Inszenierungscharakter, sondern um relativ einfache
Quizfragen, die mit einer Preisauslobung verknüpft sind. Zur Durchführung dieser
Spielform in privaten Programmen wird in Nr. 18 der Werberichtlinien der Landesmedienanstalten festgelegt, dass „bei der Auslobung von Geld- und Sachpreisen in
Verbindung mit Gewinnspielen und Quizveranstaltungen, die redaktionell gestaltet
sind […] eine zweimalige Nennung der Firma bzw. zur Verdeutlichung des Produkts
auch eine zweimalige kurze optische Darstellung des Preises in Form von Bewegtbildern zulässig [ist]“.
In der Regel sieht die Ausstrahlungspraxis der privaten Sender so aus, dass
unmittelbar vor der Werbeunterbrechung einer Sendung auf ein Gewinnspiel hingewiesen wird, an dem sich die Zuschauer per Anruf oder SMS beteiligen können.
Typisch für diese Form ist die „Zuschauerfrage“ bei der RTL-Sendung „Wer wird
Millionär?“.14 Es kommt aber auch vor, dass Gewinnspiele im Rahmen von Programm-Events regelrecht inszeniert werden. So konnten die Zuschauer im sendungsbegleitenden Telefon- und SMS-Gewinnspiel zur Livesendung „TV total Stock
Car Crash Challenge“ am 20. Oktober 2007 auf ProSieben z.B. einen Neuwagen im
Wert von über 40.000 Euro gewinnen. Die Zuschauer sollten folgende Frage beantworten: „Was geben die Fahrer auf der Rennstrecke?“ Die Antwortvorgaben waren:
„A: Vollgas“ oder „B: Vollmilch“.
Der Moderator der Sendung wies vor jedem Werbeblock (insgesamt sechsmal)
auf das Gewinnspiel hin. Während er aus dem „Off“ die technischen Daten des
Autos nannte, war der Sachpreis jedes Mal vor der Einblendung der Frage und der
Telefonnummer ca. 30 Sekunden im Bewegtbild zu sehen. Zusammengerechnet
betrug die Dauer des Gewinnspiels während dieser Sendung fast sechs Minuten,
wobei die Zuschauer den Sachpreis insgesamt knapp vier Minuten im Bewegtbild
sehen konnten.
12
13
14
Vgl. Titze, Miriam/Arne Lieb (2007): Der Countdown läuft. Bessere Regeln für Call-In-Spiele: Landesmedienanstalten zitieren Sender und Produktionsfirmen zur Konferenz. In: Süddeutsche Zeitung
vom 20. März 2007, S. 15.
Vgl. Anwendungs- und Auslegungsregeln der Landesmedienanstalten für die Aufsicht über FernsehGewinnspiele (GewinnSpielReg) vom 19. Juni 2007.
Vor der Werbeunterbrechung richtet sich der Moderator an die Fernsehzuschauer und stellt ihnen die
bis dahin ungelöste Kandidatenfrage – als Preis winken dem Zuschauer bei richtiger Antwort 5.000
Euro. Die richtige Antwort erfahren die Zuschauer dann nach der Werbeunterbrechung durch die
Antwort des Kandidaten, der Gewinner wird noch während der Sendung bekannt gegeben.
PROGRAMMFORSCHUNG • MERCHANDISING UND GEWINNSPIELE
88
3.
Die Erfassung von Merchandising und Gewinnspielen in der ALM-Studie
In der ALM-Studie werden Merchandising und Gewinnspiele auf zwei Ebenen identifiziert:
Hinweise in Form von kurzen Spots. Diese kurzen, vorproduzierten Spots werden
zumeist vor oder nach einem Werbeblock ausgestrahlt und im Folgenden als Merchandising- bzw. Gewinnspiel-Trailer bezeichnet. Sie werden in den Stichprobenerhebungen der ALM-Studie seit dem Jahr 2000 vollständig – rund um die Uhr und in
allen Programmsparten – erfasst. Ihre Kategorisierung erfolgt im Rahmen der ersten
Stufe der ALM-Studie, der Programmstrukturanalyse.15 Hier wird neben Sendungen,
Sponsorhinweisen und werblichen Elementen auch zwischen verschiedenen Formen
nicht werblicher Trailer unterschieden:
Sendungspromotion. Sie umfasst alle Formen von Hinweisen auf später ausgestrahlte Sendungen.
Senderpromotion. Dabei geht es um alle Formen von Eigenwerbung für das
Gesamtprogramm eines Senders, vom Imagespot über die Mitveranstaltung
von Konzerten bis hin zu Gewinnspielen.
Cross-Promotion. Das sind Hinweise auf Sendungen in anderen Programmen
des Veranstalters bzw. der Programmfamilie.
Promotion von dritter Seite, d.h. unentgeltlich ausgestrahlte Aufklärungsspots
(„Social Advertising“).
Hinweise auf (staatliche oder gemeinnützige) Lotterien.
Merchandising-Trailer.
-
-
Redaktionelle Hinweise. Dabei geht es um – oft von Moderatoren gesprochene – Hinweise auf Merchandising-Produkte in den Sendungen sowie um in den Sendungen
angekündigte bzw. zum Teil auch live mit Zuschauern am Telefon ausgespielte Gewinnspiele. Diese werden in der ALM-Studie seit 2006 partiell, nämlich ausschließlich
im Rahmen der Analyse der fernsehpublizistischen Programmangebote wie Nachrichten-, Magazin-, Reportage- oder Talksendungen etc. erfasst. Im Zuge der Analyse der Sendungen dieser Programmsparte wird jeder Beitrag daraufhin untersucht,
ob darin ein Hinweis auf ein Gewinnspiel und/oder ein Hinweis auf ein Merchandising-Produkt enthalten ist. Bei Gewinnspielen wird sowohl der Aufruf zur Beteiligung als auch das Spiel selbst bzw. die Bekanntgabe der Gewinner als Gewinnspiel
(-hinweis) gezählt.
4.
Fragestellung und Methode
Die Untersuchung beschäftigt sich mit folgenden Aspekten des Merchandisings und
der Gewinnspiele in den acht reichweitestärksten Fernsehvollprogrammen (RTL,
VOX und RTL II, Sat.1, ProSieben und kabel eins sowie ARD/Das Erste und
ZDF):
15
Vgl. zur Methode den Beitrag „Konzeption, Methode und Basisdaten der ALM-Studie 2006/2007“ von
Hans-Jürgen Weiß in diesem Band.
PROGRAMMFORSCHUNG • MERCHANDISING UND GEWINNSPIELE
89
Im Rahmen der Trailer-Analyse wird zunächst gefragt, wie sich Merchandising
und Gewinnspiele in den Kontext der gesamten On-Air-Promotion einordnen (Abschnitt 5.1). Anschließend wird zuerst für Merchandising durch Begleitmaterialien
(Abschnitt 5.2), dann für Gewinnspiele mit Preisauslobungen (Abschnitt 5.3) dokumentiert, in welchem Umfang hierzu Trailer im Frühjahr 2007 ausgestrahlt wurden
und wie sich die Ausstrahlungshäufigkeit seit dem Jahr 2000 entwickelt hat. In Abschnitt 6 wird schließlich der Frage nachgegangen, wie viele Gewinnspiele und Hinweise auf Merchandising-Produkte in fernsehpublizistischen Sendungen im Frühjahr 2007
enthalten sind und in welchen Arten von Sendungen sie zu finden sind.
5. Merchandising und Gewinnspiele im Kontext von Programmtrailern
5.1 Der Kontext: On-Air-Promotion
Der Bereich der On-Air-Promotion wird von einer Trailer-Form dominiert: der
Sendungspromotion. Im Frühjahr 2007 besteht bei allen acht Fernsehvollprogrammen die Gesamtheit der On-Air-Promotion-Trailer zu mehr als 50 Prozent aus
solchen Hinweisen auf spätere Sendungen (vgl. Abb. 1). Bezogen auf alle Fernsehvollprogramme beträgt der Anteil der Sendungspromotion an der gesamten On-AirPromotion im Durchschnitt gut 70 Prozent. Die zur Zuschauerbindung und Imagebildung der Sender ausgestrahlte Senderpromotion umfasst durchschnittlich 15
Prozent. Über alle acht Sender betrachtet machen die Merchandising- und Gewinnspiel-Trailer gerade mal gut 10 Prozent der gesamten On-Air-Promotion aus. Das
hier analysierte Programmsegment ist demnach in der Gesamtschau aller Programmelemente eher ein randständiges Phänomen des Programmalltags.
Die absoluten Zahlen zeigen jedoch, dass der Zuschauer pro Sendetag sehr
wohl eine gute Chance hat, einen Merchandising- oder Gewinnspiel-Trailer zu sehen. In der Stichprobenwoche wurden in allen acht Vollprogrammen insgesamt 449
Merchandising-Trailer und 111 Gewinnspiel-Trailer ausgestrahlt.
Bei sechs der acht Programme haben sowohl die Merchandising- (4–7 Prozent)
als auch die Gewinnspiel-Trailer (1–2 Prozent) in etwa den gleichen Stellenwert
innerhalb der On-Air-Promotion. Wesentlich größere Bedeutung kommt diesen
Programmformen bei RTL und RTL II zu: Bei RTL machen die MerchandisingTrailer 11 Prozent und die Gewinnspiele 3 Prozent von allen ausgestrahlten Trailern
aus. Bei RTL II ist sogar knapp jeder vierte Trailer ein Merchandising-Trailer.
Das seltene Vorkommen von Merchandising- und Gewinnspiel-Trailern im
Programmalltag ist keine Besonderheit der Frühjahrsstichprobe 2007 (vgl. Abb. 2).
Auch in den letzten sieben Jahren dominierte das Format der Sendungspromotion
innerhalb des Segments der On-Air-Promotion. Allerdings hat sich der Anteil der
Sendungspromotion sukzessive verringert und zwar von knapp 80 Prozent im Jahr
2000 auf 70 Prozent im Jahr 2007. Abgesehen von einem leichten Anstieg im Jahr
2003 bewegen sich die Gewinnspiel-Trailer immer um den Wert von 3 Prozent. Bei
Merchandising-Trailern ist hingegen über die Zeit hinweg eine ansteigende Tendenz
auszumachen: Während im Jahr 2000 nur jeder zwanzigste ausgestrahlte Trailer
PROGRAMMFORSCHUNG • MERCHANDISING UND GEWINNSPIELE
90
einen Hinweis auf ein Merchandising-Produkt enthielt, traf dies 2007 schon auf
jeden zehnten zu.
FORMEN DER ON-AIR-PROMOTION 2007
Abb. 1
(Anzahl pro Woche in Prozent)
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
RTL
VOX
RTL II
Sat.1
n=808
n=637
n=703
n=589
ProSieben kabel eins
Merchandising-Trailer
Social Ad, Crosspromotion, Sonstiges
Sendungspromotion
n=791
n=788
ARD
ZDF
Gesamt
n=282
n=359
n=4.957
Gewinnspiel-Trailer
Senderpromotion
ENTWICKLUNG DER FORMEN DER ON-AIR-PROMOTION 2000–2007
Abb. 2
(Anzahl pro Woche in Prozent – Durchschnitt über 8 Programme)
80
70
60
50
40
30
20
10
0
2000
2001
2002
2003
Merchandising-Trailer
Social Ad, Crosspromotion, Sonstiges
Sendungspromotion
2004
2005
2006
2007
Gewinnspiel-Trailer
Senderpromotion
5.2 Merchandising-Trailer
Wenn man ihren prozentualen Anteil über alle acht Programme hinweg betrachtet,
haben die Merchandising-Trailer im Bereich der On-Air-Promotion in den letzten
Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen.
PROGRAMMFORSCHUNG • MERCHANDISING UND GEWINNSPIELE
91
Um dieses insgesamt gesehen prozentual jedoch eher randständige Programmphänomen näher zu beschreiben, wird nachfolgend auf die Verteilung der 449 Merchandising-Trailer im Frühjahr 2007 zwischen Sendungen eingegangen. Dabei zeigen
sich deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Programmen (vgl. Abb. 3).
Zuschauer von ARD/Das Erste und ZDF sind im Programmalltag besonders selten
mit Merchandising-Trailern konfrontiert. Die Programmfamilien der privaten Anbieter unterscheiden sich in der Programmpraxis: Die Sender der ProSiebenSat.1 Media
AG senden deutlich weniger Merchandising-Trailer als die Sender der RTL Group.
Innerhalb der Programme der ProSiebenSat.1 Media AG ist kabel eins mit 52 Merchandising-Trailern (sieben Trailer pro Tag) in der Stichprobenwoche der Sender mit
der höchsten Ausstrahlungsfrequenz, während ProSieben mit 42 und vor allem Sat.1
mit nur 26 deutlich weniger solcher Trailer ausstrahlten. Die Anzahl der gesendeten
Merchandising-Trailer verhält sich somit spiegelverkehrt zum Erfolg der Sender auf
dem Zuschauermarkt.
MERCHANDISING-TRAILER 2007
Abb. 3
(Anzahl pro Woche)
180
160
140
120
100
80
60
40
20
0
162
89
43
RTL
VOX
26
RTL II
Sat.1
42
52
ProSieben kabel eins
20
15
ARD
ZDF
Auch in der RTL Group ist es ein „kleiner“ Sender, der die meisten MerchandisingTrailer ausstrahlt: RTL II mit 162 Trailern. Dies entspricht 23 MerchandisingTrailern pro Tag oder durchschnittlich einem pro Stunde! Damit sendet RTL II
allein mehr Merchandising-Trailer in einer Woche als alle Programme der ProSiebenSat.1 Media AG zusammen. Aber auch das Programm des „Flagschiffs“ RTL
enthält 89 Ausstrahlungen pro Woche. Lediglich VOX bewegt sich mit 43 Trailern
auf dem Niveau der Programme der ProSiebenSat.1 Media AG.
Die Betrachtung der Entwicklung über die letzten sieben Jahre zeigt, dass die
Momentaufnahme im Frühjahr 2007 kein zufälliges Ergebnis ist (vgl. Abb. 4): Es ist
ein ansteigender Trend für alle Sender zu verzeichnen. Dieser Trend wird aber
hauptsächlich durch die Merchandising-Politik von drei Programmen verursacht.
Während VOX und kabel eins die Ausstrahlungsfrequenz kontinuierlich leicht gesteigert haben, ist es in der Hauptsache das Programm von RTL II, das konsequent
PROGRAMMFORSCHUNG • MERCHANDISING UND GEWINNSPIELE
92
immer mehr auf Merchandising-Trailer setzt. Deren Anzahl hat sich dort in den
Jahren 2000 bis 2007 nahezu verdreifacht. Eine gegenläufige Entwicklung zeigt
Sat.1, wo sich die Anzahl von rund 70 im Jahr 2000 auf 26 Trailer pro Woche im
Jahr 2007 mehr als halbiert hat. Die unsteten Entwicklungslinien von RTL und ProSieben lassen vermuten, dass die Ausstrahlung von Merchandising-Trailern eventuell
von temporären Programmereignissen (wie z.B. „Deutschland sucht den Superstar“)
abhängt.
ENTWICKLUNG DER MERCHANDISING-TRAILER 2000–2007
Abb. 4
(Anzahl pro Woche)
180
160
140
120
100
80
60
40
20
0
2000
2001
RTL
VOX
RTL II
2002
2003
2004
Sat.1
ProSieben
kabel eins
2005
2006
2007
ARD
ZDF
Schnitt
5.3 Gewinnspiel-Trailer
Schon die Betrachtung des gesamten Segments der On-Air-Promotion hat gezeigt,
dass Merchandising-Trailer im Frühjahr 2007 viermal so häufig ausgestrahlt wurden
wie Gewinnspiel-Trailer. Die Verteilung der 111 Gewinnspiel-Trailer auf die acht
analysierten Vollprogramme zeigt das gleiche Bild wie bei den MerchandisingTrailern – aber auf niedrigerem Niveau (vgl. Abb. 5). Die öffentlich-rechtlichen
Programme und Sat.1 setzen diese Form der Zuschauerbindung selten ein. Alle drei
Programme senden durchschnittlich weniger als einen Gewinnspiel-Trailer pro Tag.
Innerhalb der ProSiebenSat.1 Media AG ist es wiederum kabel eins, das die meisten
Gewinnspiel-Trailer ausstrahlt. Auch die Analyse der Gewinnspiel-Trailer der Programme der RTL Group zeigt eine ähnliche Ausstrahlungspolitik wie bei den Merchandising-Trailern. Während VOX das gleiche Niveau wie ProSieben erreicht,
ragen RTL II mit 34 und RTL mit 25 Gewinnspiel-Trailern in der Woche deutlich
heraus.
PROGRAMMFORSCHUNG • MERCHANDISING UND GEWINNSPIELE
93
Die für das Frühjahr 2007 festgestellte Ähnlichkeit der senderspezifischen Ausstrahlungspolitik in Bezug auf Merchandising- und Gewinnspiel-Trailer ist im Zeitverlauf
der letzten sieben Jahre so nicht erkennbar (vgl. Abb. 6). Es zeigt sich vielmehr, dass
die Ausstrahlung von Gewinnspiel-Trailern bei keinem Programm einem Trend
GEWINNSPIEL-TRAILER 2007
Abb. 5
(Anzahl pro Woche)
40
20
34
25
12
4
0
RTL
VOX
RTL II
Sat.1
12
17
ProSieben kabel eins
5
2
ARD
ZDF
ENTWICKLUNG DER GEWINNSPIEL-TRAILER 2000–2007
Abb. 6
(Anzahl pro Woche)
70
60
50
40
30
20
10
0
2000
2001
RTL
VOX
RTL II
2002
2003
2004
Sat.1
ProSieben
kabel eins
2005
2006
2007
ARD
ZDF
Schnitt
folgt. Es kann unterstellt werden, dass die Platzierung solcher Trailer im Programm
von temporären Programmereignissen abhängig ist. Im Durchschnitt aller acht Programme pendelt sich die Anzahl zwar bei 20 Gewinnspiel-Trailern pro Woche ein,
aber dies resultiert nur aus temporären Anstiegen bei einigen Programmen bei
gleichzeitiger Abnahme bei anderen Programmen. Das scheinbar eindeutige Ergebnis der Frühjahrsstichprobe 2007 kann also nicht generalisiert werden.
PROGRAMMFORSCHUNG • MERCHANDISING UND GEWINNSPIELE
94
6.
Merchandising und Gewinnspiele in fernsehpublizistischen Sendungen
Nach der Analyse der Ausstrahlungspolitik bei Merchandising- und GewinnspielTrailern außerhalb von Sendungen wird nachfolgend deren Vorkommen innerhalb
von Sendungen untersucht. Aufgrund der Erhebungs- und Analysestrategie der
ALM-Studie kann diese Auswertung nur für Sendungen der Fernsehpublizistik erfolgen.
Ein Ergebnis dieser Auswertung lautet, dass Hinweise auf MerchandisingProdukte innerhalb von fernsehpublizistischen Sendungen nahezu nicht vorkommen. Insgesamt wurden in der Stichprobenwoche 40 solcher Hinweise identifiziert.
Allein 16 davon entfallen auf das Format „Besser Essen – Leben leicht gemacht“
von ProSieben. In den Sendungen von RTL, ARD/Das Erste, Sat.1 und des ZDF
fanden sich zwischen zwei und sieben Merchandising-Hinweise. VOX und kabel
eins bewerben innerhalb ihrer Sendungen keinerlei Merchandising-Produkte.
Im Gegensatz dazu finden sich innerhalb der fernsehpublizistischen Sendungen relativ viele Gewinnspiele. Im Frühjahr 2007 wurden in allen acht Programmen
zusammen 368 Gewinnspiele bzw. Hinweise darauf gezählt.
RTL II – „Spitzenreiter“ bei der Ausstrahlungshäufigkeit von Merchandisingund Gewinnspiel-Trailern zwischen Sendungen – sendet kaum Gewinnspiele in
seinen fernsehpublizistischen Sendungen. Auch in den Sendungen von VOX findet
sich durchschnittlich nur ein Gewinnspiel pro Tag. Als einziges Programm der RTL
Group strahlt RTL vermehrt Gewinnspiele innerhalb von Sendungen aus: Mit 74 in
der Woche bzw. über zehn pro Tag weist die Auswertung für RTL den zweitgrößten
Wert aller Programme auf. Während die Programme der ProSiebenSat.1 Media AG
im Vergleich zu den privaten Konkurrenten weniger häufig Trailer sendeten, sind
Gewinnspiele innerhalb von Sendungen deutlich stärker in ihren Programmen verankert. Analog zu RTL ist es auch hier das „Flagschiff“ Sat.1, das mit 134 pro Woche bzw. knapp 20 pro Tag die meisten Gewinnspiele ausstrahlt. Im Programm von
ProSieben können die Zuschauer durchschnittlich fünf Gewinnspiele pro Tag sehen.
Mit dieser Ausstrahlungspolitik liegt ProSieben sogar unter den Werten der öffentlich-rechtlichen Programme. Während ARD/Das Erste und das ZDF kaum Merchandising und Gewinnspiele in Form von Trailern platzieren, senden sie Gewinnspiele innerhalb fernsehpublizistischer Sendungen, um ihre Zuschauer zu binden
und Einnahmen zu generieren.
Die schlichte Anzahl dieser Hinweise ist allerdings kein verlässlicher Indikator
für den Grad der Zuschauerbindung. Entscheidend ist letztlich die Frage, wie viele
Sendungen ein Gewinnspiel enthalten – und zwar unabhängig davon, ob innerhalb
der Sendung mehrfach auf dieses Gewinnspiel hingewiesen wird.
Sat.1 weist in der Frühjahrsstichprobe 2007 die meisten fernsehpublizistischen
Sendungen mit mindestens einem darin enthaltenen Gewinnspielhinweis auf, gefolgt
von RTL und dem ZDF. Die Anzahl der Sendungen ist dabei deutlich geringer als
die Anzahl der in diesen Sendungen ausgestrahlten Gewinnspielhinweise (vgl. Abb. 7
und 8). Das zeigt, dass die Programme häufig mehrfach pro Sendung auf ein Ge-
PROGRAMMFORSCHUNG • MERCHANDISING UND GEWINNSPIELE
95
winnspiel verweisen. In jeder fernsehpublizistischen Sat.1-Sendung, die ein Gewinnspiel enthält, sehen die Zuschauer durchschnittlich 4,5 Hinweise darauf. Bei RTL,
ARD/Das Erste und dem ZDF sind es in etwa drei Hinweise pro Sendung. Dieses
GEWINNSPIELE IN SENDUNGEN 2007
Abb. 7
(Anzahl der Beiträge pro Woche)
140
120
100
80
134
60
40
74
20
45
37
0
RTL
7
2
VOX
RTL II
61
8
Sat.1
ProSieben kabel eins
ARD
ZDF
SENDUNGEN MIT GEWINNSPIELEN 2007
Abb. 8
(Anzahl der Sendungen pro Woche)
35
30
25
30
22
21
20
15
14
12
10
5
7
3
1
0
RTL
VOX
RTL II
Magazine
Frühstücksfernsehen
Sat.1
ProSieben kabel eins
ARD
ZDF
Talk-, Koch-, Serviceformate
Reportagen, Dokumentationen
Ergebnis ist zum einen durch die Art der Erfassung bedingt, da sowohl der Aufruf
zur Beteiligung als auch das Spiel selbst bzw. die Bekanntgabe der Gewinner als
Gewinnspielhinweis gezählt werden. Zum anderen bestätigt dies das oben genannte
Beispiel aus der „TV total Stock Car Crash Challenge“ von ProSieben: Innerhalb
einer Sendung wird in der Regel mehrfach auf ein und dasselbe Gewinnspiel hingewiesen.
Abbildung 8 zeigt auch, in welcher Art von fernsehpublizistischen Sendungen
die Gewinnspiele platziert werden. Bei den privaten Programmen sind es nahezu
ausschließlich Magazinformate, die Gewinnspiele enthalten. Bei RTL und Sat.1 fin-
PROGRAMMFORSCHUNG • MERCHANDISING UND GEWINNSPIELE
96
det sich zusätzlich eine nennenswerte Zahl von Sendungen im Segment der Studioformate wie Talk-, Service- und Kochsendungen (z.B. „Britt“, „Die Oliver Geissen
Show“). Gleiches gilt für die öffentlich-rechtlichen Programme (z.B. „ARD-Buffet“,
„Volle Kanne – Service täglich“). Die Ausstrahlung von Gewinnspielen ist außerdem
typisch für das Frühstücksfernsehen (ARD/Das Erste, ZDF, Sat.1).
Wenig überraschend ist an dieser Stelle das Fehlen eines zentralen Formats der
Fernsehpublizistik – der Nachrichtensendungen. Alle untersuchten Vollprogramme
verzichten auf die Ausstrahlung von Gewinnspielen innerhalb von Nachrichtensendungen.
SENDUNGEN MIT UND OHNE GEWINNSPIELE 2007
Abb. 9
(Anzahl der Sendungen pro Woche)
120
105
100
100
80
73
68
60
78
71
45
40
33
20
0
RTL
VOX
RTL II
Sat.1
ProSieben kabel eins
ARD
ZDF
Sendungen mit Gewinnspiel:
Magazine
Talk-, Koch-, Serviceformate
Frühstücksfernsehen
Reportagen, Dokumentationen
Sendungen ohne Gewinnspiel:
Magazine
Talk-, Koch-, Serviceformate
Frühstücksfernsehen
Reportagen, Dokumentationen
Welchen Stellenwert die Platzierung von Gewinnspielen in den einzelnen Formaten
der fernsehpublizistischen Sendungen tatsächlich hat, ist dann erkennbar, wenn man
pro Format die Anzahl der Sendungen mit und ohne Gewinnspiel gegenüberstellt
(vgl. Abb. 9). Die vier auf dem Zuschauermarkt weniger erfolgreichen Programme
VOX, RTL II, ProSieben und kabel eins platzieren ihre Gewinnspiele wie oben
gezeigt in ihren Magazinformaten. Jedoch ist es keineswegs so, dass sie dies in der
Mehrheit dieser Formate tun. Dagegen enthält bei RTL nahezu jede zweite Magazinsendung ein Gewinnspiel (17 von 38). Bei Sat.1 finden sich kaum Magazinsendungen ohne Gewinnspiel (2 von 19). Bei den öffentlich-rechtlichen Programmen ist
das Bild gerade umgekehrt: Hier wird nur ein ganz kleiner Teil der Magazinsendungen mit Gewinnspielen verbunden. ARD/Das Erste und das ZDF agieren in dieser
Hinsicht dagegen verstärkt im Bereich der Talk- und Service-Formate.
Über alle Formate hinweg ist Sat.1 das Programm, das seine Sendungen am
häufigsten mit Gewinnspielen verbindet. In 41 Prozent der Sendungen von Sat.1
PROGRAMMFORSCHUNG • MERCHANDISING UND GEWINNSPIELE
97
finden sich Gewinnspiele. Bei RTL, ARD/Das Erste und im ZDF ist es in etwa jede
fünfte Sendung, während die weiteren Programme relativ gewinnspielfrei daherkommen. Bei ProSieben sind es noch 17 Prozent der Sendungen, bei VOX und
kabel eins um die 10 Prozent und bei RTL II – dem „Marktführer“ der Gewinnspiele zwischen Sendungen – nur gerade einmal 2 Prozent.
7.
Fazit
Die vorgelegte Analyse belegt, dass Merchandising und viel mehr noch Gewinnspiele
nicht nur in Spartenprogrammen, sondern auch in Vollprogrammen präsent sind.
Hinweise auf Merchandising-Produkte bzw. Begleitmaterialien werden vorwiegend als
Trailer zwischen Sendungen und Sendungsteilen ausgestrahlt. Vor allem RTL II und
RTL verfolgen eine Programmpolitik, die auf Merchandising-Trailer setzt.
Gewinnspiele mit Preisauslobungen werden – anders als Merchandising-Hinweise –
eher redaktionell in die Sendungen integriert. Zumindest trifft dies auf das Programmsegment der Fernsehpublizistik zu. Vermutlich jedoch würden die ermittelten
Werte deutlich ansteigen, wenn alle Programmsparten in die Analyse einbezogen
werden könnten. Die exklusive Fokussierung der hier vorgelegten Teilerhebung auf
die Fernsehpublizistik ist möglicherweise auch der Grund dafür, dass Gewinnspiele
auf redaktioneller Ebene vorrangig bei Sat.1, RTL, ARD/Das Erste und dem ZDF
identifiziert wurden. Denn alle vier Sender haben in ihrem Programm einen überdurchschnittlich großen Anteil an fernsehpublizistischen Formaten.
Die Längsschnittanalyse zeigt aber auch, dass Gewinnspiel-Trailer kein fester
Bestandteil der Programmpolitik der Sender sind. Die These, dass die Sender ihre
Gewinnspiele außerhalb von Sendungen – wenn überhaupt – nur temporär im Zusammenhang mit besonderen Programmereignissen (z.B. Fußball-WM 2006,
„Deutschland sucht den Superstar“ usw.) platzieren, kann anhand der stichprobenbasierten Daten der ALM-Studie allerdings nicht geprüft werden.
Ein Ergebnis der medienökonomischen Bestandsaufnahme 20 Jahre nach Einführung des privaten Rundfunks von Marie-Luise Kiefer war, dass die Sender sich
mehr und mehr auf den Zuschauermarkt konzentrieren.16 Die derzeitige Merchandising- und Gewinnspielpraxis der Sender ist eines der Resultate dieser medienökonomischen Strategie. Die privaten Sender diversifizieren ihr Geschäftsmodell, indem
sie ihre Einnahmen nicht mehr nur über den Werbemarkt erzielen, sondern zusätzlich auch die Zuschauer zu ihren Kunden machen. Die Ausstrahlung von Merchandising-Hinweisen und Gewinnspielen hat dabei eine doppelte Funktion. Neben der
Generierung von Einnahmen werden die Zuschauer gleichzeitig an das Programm
gebunden, indem sie zu Hause etwa das begleitende Buch zur Sendung lesen (wodurch sich die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass sie die Sendung wieder einschalten)
oder indem sie – wenn sie an einem Gewinnspiel teilgenommen haben – die Sen-
16
Vgl. Kiefer, Marie-Luise (2004): 20 Jahre privater Rundfunk. Versuch einer Bestandsaufnahme aus
medienökonomischer Perspektive. In: Media Perspektiven, Heft 12, S. 558-568.
PROGRAMMFORSCHUNG • MERCHANDISING UND GEWINNSPIELE
98
dung aufmerksamer als vielleicht sonst bis zur Bekanntgabe des Gewinners verfolgen.
Da On-Air-Promotion vom Gesetzgeber ausdrücklich (und – wenn man sich
die Funktionsweise des Free TV vergegenwärtigt – sinnvollerweise) gegenüber Werbung abgegrenzt wird, gilt das zwingend auch für diejenigen Formen des Merchandising und der Gewinnspiele, die der On-Air-Promotion zuzurechnen sind und die in
diesem Beitrag analysiert wurden. Dass die „Regulierungsdichte“ für Merchandising
in Form von Begleitmaterialien und für Gewinnspiele in Form von Preisauslobungen geringer ist als für Werbung oder Sponsoring, ist eine logische Konsequenz
dieser Zuordnung. Sicherlich gab und gibt es Anlässe, wie z.B. im Fall der Klingeltöne, über weiter reichende Regulierungskonzepte nachzudenken. Solange jedoch
weder eine exzessive Zunahme beider Formate noch eine wachsende Tendenz zu
Grenzüberschreitungen in Richtung Werbung festzustellen ist, ist die Erfordernis für
solche Maßnahmen eher gering.
Literatur
Bähr, Günther (1995): Merchandising. Sender als Warenhäuser. In: Focus Magazin
vom 29. April 1995, S. 244-245.
Goldhammer, Klaus/Michael Lessig (2005): Call Media: Mehrwertdienste im Fernsehen. In: ALM Programmbericht 2005, S. 138-156.
Kiefer, Marie-Luise (2004): 20 Jahre privater Rundfunk. Versuch einer Bestandsaufnahme aus medienökonomischer Perspektive. In: Media Perspektiven, Heft 12,
S. 558-568.
Kliment, Tibor/Jaroslaw Kasperczyk (2004): Jenseits der Spots – Sonderwerbeformen im Fernsehen. In: Gertler, Martin (Hrsg.): Kommunikation oder Unterhaltung? Aufgabenstellungen der Medien. Baden-Baden, S. 209-232.
Meyer-Harport, Dirk (2000): Neue Werbeformen im Fernsehen. Eine Untersuchung
besonderer Werbeformen anhand deutschen und europäischen Rundfunk- und
Medienrechts. Frankfurt/M.
Titze, Miriam/Arne Lieb (2007): Der Countdown läuft. Bessere Regeln für Call-InSpiele: Landesmedienanstalten zitieren Sender und Produktionsfirmen zur Konferenz. In: Süddeutsche Zeitung vom 20. März 2007, S. 15.
Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (2005): Werbung in Deutschland
2005. Berlin.
PROGRAMMFORSCHUNG • FERNSEHPROGRAMME IN DER KONKURRENZ
99
Fernsehprogramme in der Konkurrenz
Programmkonstellationen und Programmstrategien des
öffentlich-rechtlichen Fernsehens in Österreich
Jens Woelke und Joachim Trebbe
In Europa war Fernsehen einmal mit Antennenempfang und – sofern nicht gänzlich
staatlich organisiert (wie in den sozialistischen Staaten oder auch in Italien, Spanien
etc.) – mit der alleinigen Existenz öffentlich-rechtlicher Fernsehprogramme verbunden. Solange diese exklusiv auftraten und sich die technischen Empfangsmöglichkeiten weitgehend an nationalen Grenzen ausrichteten, bestand Konkurrenz allenfalls,
wenn eine Sendeanstalt mehrere Programme zur Verfügung stellte (Österreich),
wenn mehrere öffentlich-rechtliche Veranstalter eines Landes Programme anboten
(Deutschland) oder, im Fall von Überschneidungen zwischen Ländergrenzen und
Sprachräumen, in den unmittelbaren Grenzregionen auch zwischen Programmen
verschiedener Länder (Österreich und Deutschland). Aufgrund ähnlicher Finanzierungsgrundlagen, strenger Werberegulierungen und einer ausreichend großen Nachfrage durch Zuschauer hatten diese Konkurrenzkonstellationen aber vergleichsweise
geringe Konsequenzen für die Programmökonomie.
Mit der Umstellung auf duale Rundfunksysteme auch im Fernsehen, d.h. der
Zulassung privater Anbieter, vor allem aber auch durch die Verbreitungswege Kabel
und Satellit, haben sich die Konkurrenzkonstellationen in Europa grundlegend verändert. Allein zwischen 1983 und 1989 hat sich die Zahl der Fernsehprogramme in
Europa um etwa 50 Prozent erhöht und 2004 wurden nahezu 4.000 Fernsehprogramme gezählt.1 Dies hatte und hat vielfältige Konsequenzen: Der Wettbewerb um
Zuschauer und Werbegelder hat sich verschärft, attraktive Programmmaterialien sind
knapp, lizenzrechtliche Überlegungen haben höhere Relevanz und determinieren
z.T. die Formen der technischen Verbreitung und de facto stehen national organisierte Programme in einem länderübergreifenden Konkurrenzverhältnis. Während
die Konkurrenzbeziehungen zwischen inländischen Programmen in der kommunikationswissenschaftlichen Debatte erhebliche Aufmerksamkeit erfuhren, wurden länderübergreifende Konkurrenzkonstellationen – abgesehen von der rechtlichen Diskussion um Grundversorgung, Wettbewerb und Programmkoordinierung oder um
das Spannungsverhältnis zwischen europäischen Rundfunkrichtlinien und nationalen
Rundfunkordnungen – seltener thematisiert.2
1
2
Vgl. Open Society Institute (2005): Television across Europe: Regulation, policy and independence.
Budapest, S. 6.
Ausnahmen bilden etwa die Studie von Schrape oder Analysen aus Skandinavien. Vgl. Schrape, Klaus
(1987): Fernsehprogrammbedarf und Programmversorgung. In: Media Perspektiven, Heft 6, S. 345-
PROGRAMMFORSCHUNG • FERNSEHPROGRAMME IN DER KONKURRENZ
100
Der vorliegende Beitrag greift das Thema Programmkonkurrenz in länderübergreifender Perspektive auf, wenn er zunächst typische Konkurrenzkonstellationen in
Europa nicht nur aus Regulierungs-, sondern auch aus der Nutzungsperspektive
anspricht und dies am Beispiel Österreichs und des Österreichischen Rundfunks
(ORF) empirisch ausführt. Der Beitrag stützt sich auf Daten aus einer gemeinsamen
Analyse deutschsprachiger, landesweiter Fernsehvollprogramme Deutschlands,
Österreichs und der Schweiz zu Programmstrukturen und Programminhalten, die
fallweise um konkrete Sendungsdaten ergänzt werden.3
Ziel des Beitrags ist es aber nicht nur, die Konkurrenzkonstellation der beiden
öffentlich-rechtlichen Programme in Österreich in internationaler Perspektive zu
beschreiben. Der Beitrag soll darüber hinaus eine Grundlage für weitere komparatistische Analysen liefern – perspektivisch für die Konkurrenzkonstellationen zwischen
Programmen der Schweiz und Deutschlands, aber auch (auf regionaler Ebene) zwischen Programmen der Schweiz und Österreichs in den grenznahen Regionen Vorarlberg, Graubünden und St. Gallen, zwischen Programmen Österreichs und Italiens
in Tirol und Südtirol oder zwischen Programmen der Schweiz und Frankreichs in
der Westschweiz.
1.
Ebenen und Determinanten von Programmkonkurrenz
Konkurrenz zwischen Fernsehprogrammen ist gleichzeitig Ursache und Folge eines
Interessenkonflikts, der Ausdruck im Wettbewerb um a) Zuschauer, b) Werbekunden und c) attraktive Programmmaterialien findet.
Programmkonkurrenz setzt nicht zwangsweise voraus, dass verschiedene Anbieter Fernsehprogramme in einem Fernsehmarkt ausstrahlen. Denn selbst wenn
nur ein einziger Anbieter in einem nationalen Fernsehmarkt sendet, ist die Nachfrage nach TV-Programmen an alltagskulturelle Muster gebunden, die u.a. durch die
Zeitbudgets der Zuschauer bestimmt sind und in denen Fernsehen mit anderen
Freizeitaktivitäten oder anderen Medienangeboten konkurriert. Daher müssen Veränderungen in der Programmnutzung durch Zuschauer immer auch vor dem Hintergrund der Zeitbudgets für Arbeit und Freizeit geprüft werden.
Programmkonkurrenz im engeren Sinne kann nur dort entstehen, wo gleichzeitig mehrere Fernsehprogramme empfangbar sind. Diese Annahme mag trivial erscheinen, da im Zeitalter von Kabel- und Satellitenübertragung die alten, an Nationalstaaten orientierten Grenzen für die technische Verbreitung nicht mehr bestehen
und theoretisch jedes Programm an jedem Ort empfangbar ist. Tatsächlich jedoch ist
3
353, und Hujanen, Tajsto (2004): Programming and Channel Competition in European Television. In:
Wieten, Jan/Graham Murdock/Peter Dahlgren (Hrsg.): Television across Europe. London, S. 65-83.
Es handelt sich um eine Forschungskooperation des durchführenden Instituts der ALM-Studie, GöfaK
Medienforschung Potsdam, mit der Universität Salzburg/A und der Universität Fribourg/CH; vgl.
Trebbe, Joachim/Jens Woelke (2007): Fernsehen in der Schweiz und in Österreich. Auf dem Weg zu
einer ländervergleichenden Programmforschung. In: ALM Programmbericht 2006, S. 82-105, und
Woelke, Jens (2007a): TV-Programmanalyse. Fernsehvollprogramme in Österreich 2006. Wien (Schriftenreihe der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH; Bd. 1/2007).
PROGRAMMFORSCHUNG • FERNSEHPROGRAMME IN DER KONKURRENZ
101
die Empfangbarkeit durch die konkrete Ausstattung der Haushalte bedingt, die sich
eben nicht europaeinheitlich entwickelt hat, sondern von regionalen Besonderheiten,
wie etwa dem Kabelverbreitungsgrad oder der terrestrischen Versorgung, abhängt.4
Darüber hinaus sind einige Programme aufgrund lizenz- oder urheberrechtlicher
Vorschriften von der Verbreitung in anderen Ländern ausgeschlossen. Somit ist die
Frage der technischen Empfangbarkeit trotz potenziell unbegrenzter infrastruktureller Möglichkeiten noch immer eine Determinante von Programmkonkurrenz bzw.
eine Erklärungsgröße, wenn eine mögliche Programmkonkurrenz sich nicht verwirklicht.
Der Hinweis auf die technisch weitgehend unbegrenzten Möglichkeiten der
Programmverbreitung spricht eine dritte Determinante von Programmkonkurrenz
an: die Sprachbindung. Die Ausstrahlung der Programme in ausschließlich einer
Sprache – und das ist der Normalfall in Europa – bewirkt eine Segmentierung der
Fernsehmärkte nach Sprachregionen, auch über nationale Grenzen hinweg. Dabei ist
unerheblich, ob diese Märkte durch Zugehörigkeit der Zuschauer verschiedener
Länder zum selben Sprachraum entstehen oder durch historische oder programmstrukturelle Besonderheiten begründet sind, etwa wenn inländische Programme
traditionell auch fremdsprachige Sendungen ausstrahlen.
2.
Typische Konkurrenzkonstellationen in Europa
Wenn man die Konkurrenzkonstellationen zwischen Fernsehprogrammen aus der
Perspektive der drei Kriterien a) Anteil der TV-Nutzung am gesamten Zeitbudget
der Zuschauer, b) technische Empfangsmöglichkeiten und c) Segmentierung des
gesamteuropäischen Fernsehmarkts in sprachregionale Fernsehmärkte betrachtet,
lassen sich für die Länder Europas drei idealtypische Konstellationen ausmachen.
Eine erste Fallgruppe bilden Staaten, in denen ungeachtet der europaweiten
Veränderungen in der TV-Landschaft langfristig stabile Konkurrenzverhältnisse unter den
dort veranstalteten Programmen bestehen. Hierunter fällt etwa Dänemark, wo die
Programme DR1 (öffentlich-rechtlich) und TV2 (seit 1988 als kommerzieller Anbieter zugelassen) traditionell sehr hohe Reichweiten erzielen.5 Daneben weisen ausländische, fremdsprachige Programme (terrestrisch empfangbar wie die deutschen
Programme im Süden Dänemarks oder über Satellit und/oder Kabel wie NBC, BBC
oder MTV) seit Jahren stabile Marktanteile von etwas über 12 Prozent auf.
Zu einer zweiten Fallgruppe gehören Länder, in denen sich die Konkurrenzsituation für bestehende Programme durch Markteintritte inländischer Anbieter dynamisch verändert hat, während dort empfangbare ausländische Programme vergleichsweise konstante Nutzungszahlen aufweisen. Hierzu zählen die meisten Länder im Norden
4
5
Vgl. Hasebrink, Uwe/Anja Herzig (2004): Mediennutzung im internationalen Vergleich. In: HansBredow-Institut (Hrsg.): Internationales Handbuch Medien 2004/2005. Baden-Baden, S. 136-158, hier
S. 140f.
Vgl. Prehn, Ole (2004): Medien in Dänemark. In: Hans-Bredow-Institut (Hrsg.): Internationales Handbuch Medien 2004/2005. Baden-Baden, S. 234-245, hier S. 240-242.
PROGRAMMFORSCHUNG • FERNSEHPROGRAMME IN DER KONKURRENZ
102
Europas und Länder wie Deutschland, Frankreich oder Italien6 sowie einige der
neuen EU-Mitgliedstaaten in Süd- und Osteuropa.
In Schweden ist die Abnahme der Marktanteile der öffentlich-rechtlichen Sender SVT1 und SVT2 von 37 bzw. 46 Prozent im Jahr 1990 auf 22 bzw. 26 Prozent
im Jahr 1997 im Wesentlichen auf Gewinne der privaten Anbieter TV3 (Marktanteil
1990: 5 Prozent, 1997: 10 Prozent) und TV4 (1991: 5 Prozent, 1997: 27 Prozent)
zurückzuführen. Gleiches gilt für Finnland, wo der öffentlich-rechtliche Sender TV1
zwischen 1990 und 1997 knapp 10 Prozent Marktanteil verlor, während der kommerzielle Anbieter TV3/MTV3 mehr als 30 Prozent hinzugewann.7
In Deutschland verloren die beiden öffentlich-rechtlichen Programme
ARD/Das Erste und ZDF – einst alleinige Anbieter mit Marktanteilen von über 40
Prozent – in der ersten Phase der Dualisierung Mitte der 1980er Jahre (Sendestarts
von RTL und Sat.1) erheblich und erreichten Anfang der 1990er Jahre Marktanteile
von nur noch um die 20–25 Prozent. Mit dem Start der privaten Programme der
zweiten Generation (ProSieben, kabel eins, RTL II, VOX) verloren sie erneut deutlich Marktanteile und kämpfen seitdem mit RTL um die Marktführerschaft mit Anteilen zwischen 13 und 15 Prozent.8 Die schon zuvor bzw. Ende der 1980er Jahre
empfangbaren ausländischen Programme (Fernsehen der DDR, Eurosport, MTV
etc.) wiesen vergleichsweise konstante Nutzungszahlen auf. Programme wie jene des
ORF aus Österreich oder von SF1 aus der Schweiz waren in Deutschland aufgrund
lizenzrechtlicher Regelungen anfangs nur in den Grenzregionen, spätestens seit der
Etablierung privater Anbieter aber selbst dort fast gar nicht mehr empfangbar.
Der nach der Transformation der Gesellschaftssysteme in Ost- und Südosteuropa entstandene Wettbewerb um Zuschauer führte in vielen dieser Länder zu einer
Programmkonkurrenz zwischen den früher staatlich und nunmehr öffentlichrechtlich organisierten Programmen und den neuen inländischen privaten Programmveranstaltern. Beispielhaft ist die Situation in Ungarn, wo die privaten Programme seit dem Sendestart im Jahr 1997 sehr hohe Reichweiten erzielten (1997:
TV2/25 Prozent, RTLClub/20 Prozent; 2000: TV2/41 Prozent, RTLClub/30 Prozent). Die öffentlich-rechtlichen Sender (Reichweiten MTV1 1996: 50 Prozent, 1997:
29 Prozent, 2000: 11 Prozent) wurden dadurch wirtschaftlich so weit zurückgedrängt, dass sie unter den aktuellen gesetzlichen Bedingungen kaum in der Lage sind,
ihre öffentlich-rechtlichen Aufgaben zu erfüllen.9
6
7
8
9
In Südtirol hat die RAI zudem Konkurrenz durch die deutschsprachigen Programme des ORF. Vgl.
Hitthaler, Carolin (2007): Jenseits der Grenzen. Die Bedeutung des ORF-Fernsehens für die Region
Südtirol. In: Steininger, Christian/Jens Woelke (Hrsg.): Fernsehen in Österreich. Konstanz, S. 335-345,
hier S. 341.
Vgl. Hujanen 2004, S. 82.
Vgl. Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich/KEK (2007): Zehnter Jahresbericht. Berichtszeitraum 1. Juli 2006 bis 30. Juni 2007. Potsdam, S. 288.
Vgl. Szekfü, Andras (2002): Das Mediensystem Ungarns. In: Hans-Bredow-Institut (Hrsg.): Internationales Handbuch Medien 2002/2003. Baden-Baden, S. 632-642, hier S. 635.
PROGRAMMFORSCHUNG • FERNSEHPROGRAMME IN DER KONKURRENZ
103
Eine dritte Fallgruppe bilden Länder in einem gemeinsamen Sprachraum. Dies
sind z.B. Irland als Nachbar von Großbritannien, Belgien und die Schweiz mit ihren
französischsprachigen Teilen oder im deutschen Sprachraum Österreich und die
Schweiz. Zwar hat die Dualisierung verbunden mit dem Sendestart inländischer
privater Anbieter die Programmkonkurrenz in diesen Ländern bereits erhöht, wesentliche Konkurrenz entstand den dort etablierten öffentlich-rechtlichen Sendern
jedoch vor allem durch öffentlich-rechtliche und erheblicher noch durch private Programme
aus den Nachbarländern.
Das öffentlich-rechtliche Fernsehen in Irland etwa erhält massive Konkurrenz
durch die gleichsprachigen fünf Hauptprogramme aus Großbritannien BBC one und
BBC TWO, die ITV-Programme sowie Channel 4 und Channel Five, die sämtlich
terrestrisch empfangbar sind. Hinzu kommt in Multichannelhaushalten noch die
Konkurrenz durch gebührenpflichtige wie frei empfangbare Satellitenprogramme
aus Großbritannien oder anderen Ländern. In Großbritannien selbst erhielten die
öffentlich-rechtlichen Programme BBC one und BBC TWO und auch die bereits
1954 gestarteten Programme des privaten ITV-Networks in den vergangenen zehn
Jahren weniger Konkurrenz durch inländische Sender wie das kommerziell finanzierte, jedoch öffentliche Programm Channel 4 (Sendestart 1982) oder das private Programm Channel Five (Sendestart 1997)10 als durch ausländische, englischsprachige
Programme aus Asien, USA und anderen Ländern (vgl. Tab. 1). Ursache dafür waren
und sind die zunehmende Verbreitung von Kabel und Satellit als Verteilplattform
für diese Programme,11 die deutlicheren Reichweitengewinne der ausländischen
Programme in den Kabel- und Satellitenhaushalten gegenüber neuen inländischen
Kabel- und Satellitenprogrammen sowie die Programmstrukturen von BBC one und
BBC TWO. Beide Sender waren bis zur Reform von BBC one im Jahre 2000/200112
eher komplementär statt parallel programmiert: Während BBC one eher Unterhaltungsangebote ausstrahlte, hatte BBC TWO vorwiegend Nachrichten, Dokumentationen und Sport im Programm.
Die Typologie zeigt deutlich, dass das Ausmaß der länderspezifischen Fernsehnutzung, die Entwicklung der technischen Empfangsmöglichkeiten und die Segmentierung des europäischen Fernsehmarkts nach Sprachregionen zur Ausbildung
unterschiedlicher Konkurrenzkonstellationen geführt hat. Verschieden starke Regulierungsbemühungen der nationalen Gesetzgeber, die Größe der nationalen Zuschauer- und Werbemärkte und der Zeitpunkt der Einführung dualer Systeme sind
10
11
12
Channel 4 hat seit 1988 nahezu konstante Marktanteile um 10 Prozent, Channel Five ab dem zweiten
Jahr nach Sendestart 1997 konstant um die 5 Prozent. Vgl. Broadcasters Audience Research Board
(2007a): TV Facts. Annual % Shares of Viewing (Individuals) 1981-2006. URL:
http://www.barb.co.uk/tvfacts.cfm?fullstory=true&includepage=share&flag=tvfacts [18.10.2007].
Von 1992 bis Januar 2007 hat sich die Zahl der Kabel- und Satellitenhaushalte von 2,3 Millionen auf
11,7 Millionen erhöht. Vgl. Broadcasters Audience Research Board (2007b): TV Facts. Multi-Channel
Development 2002-2007. URL: http://www.barb.co.uk/tvfacts.cfm?fullstory=true&includepage=
multichannel&flag=tvfacts [18.10.2007].
Vgl. Humphreys, Peter (2002): Das Mediensystem Großbritanniens. In: Hans-Bredow-Institut (Hrsg.):
Internationales Handbuch Medien 2002/2003. Baden-Baden, S. 330-341, hier S. 337.
PROGRAMMFORSCHUNG • FERNSEHPROGRAMME IN DER KONKURRENZ
104
weitere Gründe dafür, dass öffentlich-rechtliche Anbieter in den einzelnen Ländern
jeweils spezifischen Konkurrenzkonstellationen ausgesetzt sind.
MARKTANTEILE DER SENDER IN GROSSBRITANNIEN (1981–2006)
Tab. 1
(in Prozent)1
PROGRAMM
ALLE EMPFANGSHAUSHALTE
1981 1986 1991 1996 2001 2003 2005 2006
2
BBC one
BBC TWO
ITV
Channel 4
Channel Five
andere
39
12
49
-
37
11
44
8
-
34
10
42
10
4
33,5
11,5
35,1
10,7
9,2
26,9
11,1
26,7
10,0
5,8
19,5
25,6
11,0
23,7
9,6
6,5
23,6
23,3
9,4
21,5
9,7
6,4
29,7
22,8
8,8
19,6
9,8
5,7
33,3
NUR HAUSHALTE MIT KABEL-, SATELLITEN- ODER DVB-T-EMPFANG3
Sky (Movies, Sports, Travel, Arts)
UK (u.a. Bright Ideas, Documentary,
Drama, Food, Gold, G2, Gardens, E 4)
Discovery, Disney, Eurosport
-
-
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
12,6
3,2
11,2
5,6
9,8
4,9
8,8
4,7
-
-
k.A.
k.A.
1,6
2,5
2,5
2,6
1 Quelle: Broadcasters Audience Research Board 2007a und 2007c.
2 Marktanteile im Jahresdurchschnitt.
3 Marktanteile für den Monat Mai der jeweiligen Jahre – Werte liegen erst seit 1998 vor.
3.
Situation und Umfeld des öffentlich-rechtlichen Fernsehens in Österreich
Der ORF zählt zur Fallgruppe derjenigen öffentlich-rechtlichen Sender, die unter
einem besonders starken Konkurrenzdruck durch ausländische Fernsehprogramme
stehen. Dabei handelt es sich in Vorarlberg um die öffentlich konzessionierten Programme der Schweiz, SF1 und SFzwei, sowie landesweit um die öffentlich-rechtlichen Programme ARD/Das Erste und ZDF bzw. die privaten Programme der
ProSieben-/Sat.1- und der RTL-Gruppe aus Deutschland. Ferner steht der ORF in
einem Spannungsverhältnis zwischen optimaler Programmgestaltung im Hinblick
auf Maximierung von Zuschauerquoten einerseits und der Einhaltung des ORFGesetzes andererseits, das diesen an einen öffentlich-rechtlichen Programmauftrag
zusammen mit strengeren Programmrichtlinien als für private Anbieter bindet.
Zum Verständnis der spezifischen Rahmenbedingungen der ORF-Fernsehprogramme werden im Folgenden zunächst die Entwicklung des Fernsehens in Österreich, die Bedingungen am österreichischen Werbemarkt, die Programmstrukturen
der einstrahlenden deutschsprachigen Programme aus Deutschland und die Finanzierungsgrundlagen des ORF kurz dargestellt. Danach wird die Marktanteilsentwicklung des ORF-Fernsehens nachgezeichnet.
PROGRAMMFORSCHUNG • FERNSEHPROGRAMME IN DER KONKURRENZ
105
3.1 Entwicklung des Fernsehens in Österreich
Die Liberalisierung des Fernsehmarkts erfolgte in Österreich vergleichsweise spät.
Bis zum Erlass des Privatfernsehgesetzes im Jahr 2001 war Fernsehen in Österreich
weitgehend mit dem Namen ORF verbunden. Als alleiniger Fernsehveranstalter
strahlte der ORF zwei terrestrische TV-Programme (ORF 1 und ORF 2) aus und
behauptete über Jahrzehnte die Marktführerschaft.
Seit 1997 betreibt der ORF zusätzlich das Fernsehspartenprogramm TW1 mit
Informationen für Freizeit, Wetter und Tourismus, das aufgrund seiner Produktionscharakteristik (keine Lizenzübernahmen ausländischer Programme) unverschlüsselt auch über Satellit und in deutschen Kabelnetzen empfangbar ist. Hinzu kam im
Mai 2006 das Spartenprogramm ORF Sport plus, das als Fensterprogramm auf TW1
ausgestrahlt wird. Erst im Juni 2003 startete mit ATVplus (heute ATV) das erste
österreichweit empfangbare terrestrische Privatfernsehprogramm und erweiterte
zusammen mit den privaten Ballungsraumsendern Salzburg TV (Start 2002), LT1 für
Linz (Start 2003) und Puls City TV für Wien (Start 2004) das österreichische Fernsehangebot. Auch wenn im Vergleich zu den größeren, weil bevölkerungsreicheren
Fernsehmärkten in Europa vor allem die nationale Konkurrenz eher schwach ausgeprägt ist, wird man Österreich wegen seiner Sparten- und Regionalprogrammangebote eher nicht zu den Ländern mit einer eingeschränkten Sendervielfalt zählen
können.
3.2 Aus dem Ausland einstrahlende deutschsprachige Programme
Bereits vor der Zulassung inländischer privater Fernsehprogramme konnte das österreichische Fernsehpublikum landesweit andere deutschsprachige Programme als
ORF 1 und ORF 2 empfangen. Denn mit der großflächigen Einführung von Kabelanschlüssen Ende der 1980er Jahre waren nicht nur in den Grenzregionen zu Bayern, Baden-Württemberg, Südtirol, St. Gallen oder Graubünden Alternativen gegeben, sondern Programme wie ARD/Das Erste, ZDF, Sat.1, RTL, ProSieben, RTL II
oder KI.KA auch in ganz Österreich verfügbar.
Aus Sicht der privaten deutschen Veranstalter war Österreich anfänglich nur
ein Zusatzmarkt oder, rein betriebswirtschaftlich gesehen, ein Teilmarkt innerhalb
einer Gesamtstrategie, die unabhängig von nationalen Überlegungen strukturiert war.
Zunächst nur mit eigenen Werbefenstern und Werbezeitenvermarktung bedient,
erfuhr der österreichische Fernsehmarkt in letzter Zeit vor allem seitens der ProSieben-/Sat.1-Gruppe erhöhte Aufmerksamkeit. Deren Programme in Österreich unterscheiden sich nicht nur in den Werbefenstern von den Ausstrahlungen in
Deutschland, sondern umfassen eigenständige Programmangebote wie Frühstücksfernsehen („Cafe Puls“ auf Sat.1 und ProSieben), Talkshows („Austria Top Talk“)
oder Nachrichtensendungen („AustriaNews“ auf ProSieben).
Mit der Digitalisierung haben sich die Empfangsbedingungen der Haushalte in
Österreich erneut verändert: Viele Haushalte wechseln mit der Umstellung von
analogem auf digitales Antennenfernsehen gleich auf digitales Satellitenfernsehen
PROGRAMMFORSCHUNG • FERNSEHPROGRAMME IN DER KONKURRENZ
106
oder bestellen ihr Kabel ab, was die Programmauswahlmöglichkeit noch einmal
nachhaltig verändert und weitere deutsch- und fremdsprachige Programme verfügbar macht. Das dürfte – so auch die aktuellen Marktanteilsentwicklungen – Auswirkungen auf die Konkurrenzsituation des ORF haben.
3.3 Finanzierungsrahmen des ORF: Gebühren und Werbemarkt
Der ORF steht als öffentlich-rechtliche Anstalt eines bevölkerungsmäßig kleinen
Landes vor dem Problem, mit einem vergleichsweise geringen Gebührenaufkommen
Sendungen produzieren zu müssen, die hinsichtlich ihrer Qualität an Sendungen von
öffentlich-rechtlichen Anbietern mit einer deutlich besseren Finanzierungsstruktur
gemessen werden. Zudem kann der ORF nur knapp die Hälfte seines Budgets aus
Gebühren bestreiten, die andere Hälfte muss er über Werbung und Sonstiges (Programmkooperationen, Batering etc.) erwirtschaften.13 Er ist also stärker von Reichweitenentwicklungen und vom Werbemarkt abhängig als andere öffentlich-rechtliche
Programme in Europa.
Zudem bestehen auf dem Programm- und Werbemarkt Besonderheiten, die
den ORF von öffentlich-rechtlichen Anbietern anderer Länder unterscheiden. Nicht
nur, dass der Werbemarkt in Österreich ein deutlich geringeres Volumen aufweist als
in Deutschland.14 Die unterschiedliche Größe der Fernsehmärkte Österreichs und
Deutschlands bringt die in Deutschland veranstalteten und nach Österreich einstrahlenden Programme auch in eine vorteilhaftere Position, da diese die notwendigen
Lizenzrechte für die Ausstrahlung von Kauf- und Fremdproduktionen in ihren Programmen im Nachbarland Österreich quasi im Paket mit den Lizenzrechten für
Deutschland erwerben bzw. die zusätzlichen Lizenzgebühren günstig refinanzieren
können. Diese Option hat der ORF nicht, dessen Programme umgekehrt zwar
durchaus interessant für die Zuschauer in Deutschland wären, dort aber nicht empfangbar sind.
Verglichen mit den Budgets anderer öffentlich-rechtlicher TV-Anstalten scheinen die Möglichkeiten des ORF für eine konkurrenzfähige Programmgestaltung
begrenzt: Das Programm mit Kaufproduktionen zu bestreiten, kann ökonomisch
sinnvoller sein, als Eigenproduktionen zu finanzieren, mit der Folge, dass dann die
Gebührenerhebung wegen fraglicher Erfüllung des nationalen Programmauftrags
zunehmend zur Disposition gestellt wird.
13
14
Vgl. Ring, Wolf-Dieter (2001): Entwicklung eines dualen Fernsehsystems in Österreich. Gutachterliche
Stellungnahme erarbeitet im Auftrag des Verbands Österreichischer Zeitungen (VÖZ). München/Wien. URL: www.voez.at/download.php?id=153 [20.10.2007], S. 31, sowie ORF (Hrsg.) (2006):
Das Geschäftsjahr 2005. Wien. URL: http://derneue.orf.at/service/publikationen/gb_2005.pdf
[18.10.2007].
Vgl. Trappel, Josef (2001): Fernsehen in Österreich und der Schweiz: Wenig Licht im deutschen Marktschatten. In: Media Perspektiven, Heft 6, S. 306-314, hier S. 314.
PROGRAMMFORSCHUNG • FERNSEHPROGRAMME IN DER KONKURRENZ
107
3.4 Marktanteilsentwicklung des ORF
Die Marktanteilsentwicklungen des Fernsehens in Österreich und die Tatsache, dass
die beiden öffentlich-rechtlichen Programme ORF 1 und ORF 2 nicht nur in Konkurrenz zum inländischen Anbieter ATV, sondern vor allem in Konkurrenz zu Programmen aus Deutschland und der Schweiz stehen, sind nicht nur der Zugehörigkeit
zum selben Sprachraum geschuldet – sie sind wesentliche Folge der Entwicklung der
technischen Empfangsbedingungen in Österreich.
Erst mit der Einführung von Kabelanschlüssen in den österreichischen Haushalten – deren Anteil lag gleich nach dem Start bei etwa 13 Prozent und stieg in den
1990er Jahren rasch an15 – verdoppelten die ausländischen deutschsprachigen Programme ihre Marktanteile von 1991 bis 2005, während sich die Marktanteile der
beiden öffentlich-rechtlichen Programme kontinuierlich verringerten (vgl. Abb. 1).
Abb. 1
ÖSTERREICH: MARKTANTEILSENTWICKLUNG DER SENDER VOR DEM
HINTERGRUND DES VERBREITUNGSGRADS VON KABEL UND SATELLIT1
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005
ORF 1
Ausländische Programme
ORF 2
ATV/ATV+
Haushalte mit Kabel- und/oder Satellitenempfang
1 Eigene Darstellung nach ORF-Medienforschung (2006).
Die Marktanteilsverluste betrafen vor allem ORF 1, was im Übrigen kein Sonderfall
ist, sondern eine Entwicklung wie in Großbritannien, wo das ähnlich formatierte
Programm BBC one deutlicher verlor als BBC TWO (vgl. Tab. 1). Zeitgleich mit
dem Sendestart von ATV sanken die Marktanteile der ORF-Programme zwar noch
15
Vgl. Statistik Austria (2007): Ausstattungsgrad der Haushalte – Zeitvergleich. Wien. URL:
http://www.statistik.at/web_de/static/ergebnisse_im_ueberblick_021850.pdf [18.10.2007].
PROGRAMMFORSCHUNG • FERNSEHPROGRAMME IN DER KONKURRENZ
108
einmal ein wenig, gleiches gilt aber auch für die ausländischen Programme. Wegen
der insgesamt geringen Reichweiten von ATV waren die Verluste allerdings nicht so
dramatisch wie bei der Einführung des Kabelfernsehens.
4. Konkurrenzkonstellationen des öffentlich-rechtlichen Fernsehens in Österreich
4.1 Binnenkonkurrenz zwischen ORF 1 und ORF 2
Im Vergleich der Programmprofile von ORF 1 und ORF 2 (vgl. Abb. 2 und 3) fällt
zunächst eine Besonderheit der beiden öffentlich-rechtlichen Programme auf. Wie
bei der BBC sind ORF 1 und ORF 2 Programme mit deutlich unterschiedlicher
Programmstruktur: Während ORF 2 unzweifelhaft ein Vollprogramm mit vielfältigem Angebot unterschiedlichster Programmformate und Programmbereiche (Beiträge zu Kontroversen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, Sach-, Lebenswelt- und
Servicebeiträge, fiktionale und nonfiktionale Unterhaltung) darstellt, ist ORF 1 ein
Unterhaltungssender (Verhältnis von Unterhaltung zu Information 2006: 86 zu 7
bzw. 88 zu 5 Prozent; 2007: 81 zu 12 bzw. 86 zu 7 Prozent16), der aktuelle Kinospielfilme, viele Serien aus den USA und Deutschland und einige aufwendig gemachte
österreichische bzw. europäische Fernsehfilmproduktionen zeigt. Was bedeutet das
für die Konkurrenzkonstellation zwischen den beiden österreichischen Programmen?
UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE VON ORF 1 IM APRIL 2007
Abb. 2
(Sendezeit 3–3 Uhr in Prozent)
4% 3%
7%
5%
Unterhaltung
74% Fiktionale Unterhaltung
7% Nonfiktionale Unterhaltung
Information und Unterhaltung
4% Sportsendungen
0% Zusätzliche Sportpublizistik
1% Unterhaltungspublizistik
Information
6% Sach-, Lebensweltpubl./Service
1% Polit. Publizistik/Kontr. Themen
81%
Sonstiges
0% Restliches Programm
4% Programmtrailer/-überbrückungen
Werbung, Teleshopping, Sponsoring
16
Je nach dem, ob man die Angebote der Unterhaltungspublizistik dem Programmbereich Information
oder dem Bereich Unterhaltung zurechnet.
PROGRAMMFORSCHUNG • FERNSEHPROGRAMME IN DER KONKURRENZ
109
ORF 2 vermittelt die Kompetenz des ORF in Sachen österreichspezifischer Informationen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft (Nachrichten- und Magazinsendungen) und bei Berichten über Sach- und Lebensweltthemen (Reportagen
und Dokumentationen). Zudem bietet ORF 2 aufwendige Unterhaltungsproduktionen mit österreichischem Kulturbezug (Fernsehfilme, Fernsehserien und Shows).
ORF 1 fehlen dagegen relevante Informationsanteile. Im Vergleich zum Vorjahr ist
der Anteil fernsehpublizistischer Sendungen im Frühjahr 2007 zwar um zwei Prozentpunkte gestiegen, mit 6 Prozent am Gesamtprogramm ist er aber nach wie vor
minimal. Zudem fehlen einige Formate der Fernsehpublizistik bzw. kommen nur in
sehr geringem Umfang vor (etwa Interview- oder Talksendungen, Reportagen, Dokumentationen).
UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE VON ORF 2 IM APRIL 2007
Abb. 3
(Sendezeit 3–3 Uhr in Prozent)
3%
17%
40%
Unterhaltung
35% Fiktionale Unterhaltung
5% Nonfiktionale Unterhaltung
Information und Unterhaltung
- Sportsendungen
1% Zusätzliche Sportpublizistik
11% Unterhaltungspublizistik
Information
16% Sach-, Lebensweltpubl./Service
12% Polit. Publizistik/Kontr. Themen
28%
12%
Sonstiges
2% Restliches Programm
15% Programmtrailer/-überbrückungen
Werbung, Teleshopping, Sponsoring
Dagegen präsentiert ORF 1 neben den internationalen Kinospielfilmen, TV-Movies
und Serien ein umfangreiches Kinderprogramm und qualitativ hochwertige sowie
selbstproduzierte Unterhaltungsformate, die zum einen massenkompatibel sind
(Shows wie „Dancing Stars“, „Musical“), zum anderen aber auch hochwertige Unterhaltung jenseits des Mainstreams („Die Sendung ohne Namen“, „Willkommen
Österreich auf ORF 1“) bieten. Aus der Rezipientenperspektive ist eine Nutzung
von ORF 1 zusätzlich zu ORF 2 eine sinnvolle Option, da durch komplementäre
Inhalte eine höhere Angebotsvielfalt entsteht, die durch die ausschließliche Nutzung
eines der beiden Programme nicht gegeben wäre.
PROGRAMMFORSCHUNG • FERNSEHPROGRAMME IN DER KONKURRENZ
110
4.2 Binnenkonkurrenz durch inländische Fernsehanbieter: ORF-Fernsehen und ATV
Mit der Einführung des privaten österreichischen Programms ATV im Jahr 2003 hat
das ORF-Fernsehen zwar erneut an Reichweite verloren, das betraf aber auch andere, nämlich die außerhalb Österreichs veranstalteten deutschsprachigen Programme.
Insgesamt waren die Verluste jedoch eher minimal. Ursache dafür war zunächst, dass
ATV wie vorausgesagt aufgrund der Dominanz des ORF bei österreichischen Themen und im Marktschatten der deutschen Programme bis dato keine sehr hohen
Reichweiten aufbauen konnte.17 Doch geben beide Beobachtungen – geringe Verluste für ORF 1 und ORF 2 einerseits und höhere Verluste für die deutschen privaten
Programme der dritten Generation (RTL II, kabel eins, VOX) andererseits – erste
Hinweise auf die spezifische Programmstruktur von ATV (vgl. Abb. 4).
UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE VON ATV IM APRIL 2007
Abb. 4
(Sendezeit 3–3 Uhr in Prozent)
25%
Unterhaltung
36% Fiktionale Unterhaltung
13% Nonfiktionale Unterhaltung
49%
Information und Unterhaltung
1% Sportsendungen
0% Zusätzliche Sportpublizistik
7% Unterhaltungspublizistik
Information
5% Sach-, Lebensweltpubl./Service
0% Polit. Publizistik/Kontr. Themen
13%
5%
8%
Sonstiges
1% Restliches Programm
12% Programmtrailer/-überbrückungen
Werbung, Teleshopping, Sponsoring
ATV ist wie ORF 1 ein weitgehend in Richtung Unterhaltung formatiertes Programm und setzt auch in seinen wenigen fernsehpublizistischen Angeboten (Anteil
am Gesamtprogramm 2006: 5 Prozent, 2007: 13 Prozent) eher auf Human-Touchund Unterhaltungsthemen statt auf kritische Berichterstattung aus Politik und Wirtschaft (Anteil der kontroversen Themen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft
2006: 2,3 Prozent, 2007: 2,5 Prozent). Der deutliche Anstieg der Fernsehpublizistik
2007 im Vergleich zu 2006 ist im Wesentlichen Ergebnis der Zunahme des Anteils
an Reportagen und Dokumentationen (2006: 2,4 Prozent, 2007: 4,1 Prozent), von
Human-Touch- und Lebenswelt-Berichten (2006: 1,9 Prozent, 2007: 5,3 Prozent)
17
Vgl. Trappel 2001, S. 314.
PROGRAMMFORSCHUNG • FERNSEHPROGRAMME IN DER KONKURRENZ
111
sowie des Anstiegs kurzfristiger Wiederholungen (von 0,2 auf 4,4 Prozent) und hat
keine substanzielle Erhöhung der publizistischen Vielfalt bewirkt. Zudem fehlt ATV
ein ebenso umfassender, aktueller wie aufwendig produzierter Bereich an fiktionaler
Unterhaltung, wie ihn ORF 1 aufweist: Gezeigt werden einige weniger erfolgreiche
Kinospielfilme, Serien älteren Datums und wie bei ORF 1 ältere Sitcoms aus den
USA. Stattdessen hat ATV hohe Anteile an nonfiktionaler Unterhaltung im Programm, einige Comedy- oder Reality-Shows und mit 10 Prozent der täglichen Sendezeit noch immer sehr viele Call-In- und Quizsendungen, wenngleich diese, auf den
Vorjahreszeitraum bezogen (2006: 15 Prozent), insgesamt weniger Gewicht bekommen.
Alles in allem betrachtet spricht ATV Zuschauerbedürfnisse an, die von keinem der beiden ORF-Programme bisher bedient wurden. So gesehen dürften
Reichweitengewinne von ATV Verluste sowohl für ORF 1 als auch für ORF 2 mit
sich bringen. Da der ORF als einstiger Monopolist seine Standortvorteile ausspielen
kann, sind die Verluste für ihn noch gering. Der Grund für die Verluste ist auch
darin zu suchen, dass neue Sender in einem gesättigten Markt nahezu automatisch
geringere Quoten für bestehende Angebote bedeuten. Ausnahmen betreffen schon
heute ganz spezifische Zielgruppeninteressen, aber auch jüngere Zuschauerinnen
und Zuschauer, deren mediale Dispositionen sich gerade erst ausbilden bzw. Änderungspotenziale aufweisen. Die im Vergleich zu ORF 2 schon heute beachtlichen
Reichweiten von ATV in diesem Alterssegment geben Ausblick auf künftige Entwicklungen.18
4.3 Außenkonkurrenz: ORF-Fernsehen im Kontext der Programme aus Deutschland
In Medienrecht und Fernsehpraxis gern angeführt wird die Idee, dass im Wettbewerb mit den kommerziellen Sendern auf die Unverwechselbarkeit der öffentlichrechtlichen Programme zu achten sei. Was die Präsentationsformen und formale
Qualität betrifft, mag das für das öffentlich-rechtliche Fernsehen in Österreich auch
aus grenzüberschreitender Perspektive zutreffen – aus struktureller und inhaltlicher
Perspektive lässt sich dies jedoch nicht zweifelsfrei feststellen.
ORF 2 reiht sich vom Programmprofil eindeutig in den Kanon öffentlichrechtlicher Programme wie ARD/Das Erste, ZDF oder SF1 ein und bietet ein differenziertes Vollprogramm (vgl. Tab. 2), das den Sender sowohl vom privaten Konkurrenten ATV als auch von den deutschen privaten Sendern klar unterscheidet.
Aufgrund ähnlicher Zuschauerstrukturen besteht Konkurrenz denn auch eher zu
den öffentlich-rechtlichen Programmen Deutschlands. Aus verschiedenen Gründen
ist die tatsächliche Konkurrenz aber gering, sodass Reichweitensteigerungen dieser
Programme – anders als bei ORF 1 – relativ folgenlos für die Marktanteile von ORF
2 waren (vgl. Abb. 1). Zu den Gründen zählen aus programmstruktureller Sicht:
18
Vgl. Woelke 2007a, S. 21.
PROGRAMMFORSCHUNG • FERNSEHPROGRAMME IN DER KONKURRENZ
112
-
-
-
ein mit ARD und ZDF vergleichbarer Anteil an Kaufproduktionen (26 Prozent) und von außerhalb Europas produzierten Sendungen (11 Prozent),
viele Koproduktionen mit deutschen Sendern bei populären Genres (Serien
und Telenovelas 2007: „Ein Fall für Zwei“, „Julia – Eine ungewöhnliche Frau“,
„Wege zum Glück“) und Formaten (Fernsehfilm 2007: „Die Frauen der Parkallee“),
ein hoher Österreichbezug bei den selbstproduzierten Tagesmagazinen („Seitenblicke“, „Heute in Österreich“), bei sonstigen Magazinen („Alpen-DonauAdria“, „Heimat fremde Heimat“, „Land und Leute“) und in Reportagen („Am
Schauplatz“, „Erlebnis Österreich“, „Österreich-Bild“) sowie
Kaufproduktionen aus dem Ausland, die in Österreich spielen (2006: „Mein
Schatz ist aus Tirol“, 2007: „Schlemmerreise Alpen“) bzw. österreichaffine Motive behandeln (2007: „Tanz auf dem Regenbogen“).
FERNSEHUNTERHALTUNG UND FERNSEHINFORMATION IM APRIL 2007
Tab. 2
(Sendungs- und Beitragsanalyse, Zeitumfang pro Tag in Prozent)1
PROGRAMMCHARAKTERISTIK
ORF 1 ORF 2 ATV SF1 ARD ZDF RTL Sat.1 VOX RTLII
UNTERHALTUNG
81
Fiktionale Unterhaltung 74
Nonfiktion. Unterhaltung 7
Pro- kabel
Sieben eins
40
35
5
49
36
13
30
19
11
46
43
3
35
30
5
34
29
5
39
26
13
43
36
7
57
43
14
52
31
21
62
55
7
5
12
8
6
9
12
25
23
5
4
15
1
4
0
1
1
11
1
0
7
1
0
5
1
3
5
1
4
7
1
24
0
23
0
5
0
4
0
15
1
7
28
5
38
37
46
13
11
23
11
10
11
6
16
5
25
22
32
11
9
22
10
9
11
1
12
0
13
15
14
2
2
1
1
1
0
SONSTIGES
Restliches Programm
Programmtrailer etc.
4
0
4
17
2
15
13
1
12
21
3
18
6
2
4
6
3
3
7
2
5
8
3
5
7
2
5
6
1
5
7
1
6
6
0
6
WERBUNG, TELESHOPPING, SPONSORING
3
3
25
5
2
1
21
19
22
22
16
20
INFORMATION UND
UNTERHALTUNG
Sportsendungen
Zusätzl. Sportpublizistik
Unterhaltungspublizistik
INFORMATION
Sach-, Lebensweltpublizistik/Service
Politische Publizistik/
Kontroverse Themen
GESAMT
100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100
1 Stichprobe: 16. – 22. April 2007.
Vorausgesetzt, die Sendungspräferenzen der jüngeren Kohorten bleiben vergleichbar
mit denen der gegenwärtigen Zielgruppen, dürfte sich an dieser Konkurrenzkonstellation für ORF 2 kurzfristig wenig ändern.
PROGRAMMFORSCHUNG • FERNSEHPROGRAMME IN DER KONKURRENZ
113
Anders die Situation bei ORF 1: Es ähnelt vom Gesamtlayout am ehesten einem privaten Programm, wenngleich keines der privaten Vollprogramme aus
Deutschland einen so geringen Informationsanteil aufweist. ORF 1 ist de facto ein
Spartensender, dem wesentlich das fehlt, was ein nationales Fernsehvollprogramm
ausmacht – ein hoher Anteil landesspezifischer Programmangebote. Im Frühjahr
2006 machten Sendungen, die in Österreich oder unter österreichischer Beteiligung
produziert wurden, nur 13 Prozent eines durchschnittlichen 24-Stunden-Sendetags
aus. Auch wenn deren Anteil mit der Programmreform 2007 auf fast 19 Prozent
gesteigert werden konnte, dominieren amerikanische Kaufproduktionen noch immer
ganze Format- und Genrestrecken: Alle zehn Sitcoms, zehn von 14 Spielfilmen, 24
der 30 Serien(folgen) und nahezu die Hälfte der gezeigten Zeichentrick- und Animationssendungen in der 2007 untersuchten Kalenderwoche stammten von dort. Lediglich im Bereich der non-fiktionalen Unterhaltung überwogen österreichische
Produktionen (sechs von acht Sendungen). So viel Internationalität bringt ein Programm in eine erhebliche Problemlage: Es wird austauschbar gegen andere Programme mit ähnlichen Strukturen und Angeboten. Deshalb verwundert es kaum,
dass vor allem ORF 1 unter der zunehmenden Verbreitung von Kabel und Satellit
und damit der landesweiten Empfangbarkeit deutschsprachiger (privater) Vollprogramme aus dem Ausland litt und seit 1991 etwa 50 Prozent seines Marktanteils
verloren hat.
Gerade bei der Programmierung von ORF 1 sind erhebliche Planungsüberlegungen und „Kunstgriffe“ notwendig, um ein hinsichtlich der Zuschauerreichweiten
gegenüber den deutschen öffentlich-rechtlichen und privaten Programmen (vor
allem ARD/Das Erste, ProSieben, RTL, VOX, RTL II) konkurrenzfähiges Fernsehangebot anbieten zu können.
5.
Programmstrategien des ORF
Programmstrategien lassen sich immer nur bis zu einem gewissen Grad an Programmdaten herausarbeiten, da sie Handlungsoptionen der beteiligten Akteure abbilden, die es zu befragen gälte. Die Reichweitendaten der Programme in Österreich19 und die analytisch-deskriptive Betrachtung der konkreten Sendungen in der
länderübergreifenden Programmstudie erlauben jedoch Einblicke in Programmierungsweisen, die als sichtbare Folgen dieser Strategien zu verstehen sind. Abschließend werden diese nunmehr exemplarisch beleuchtet.
Alterszielgruppenspezifische Programmierung. In der Beschreibung der Konkurrenzsituation des ORF (vgl. Abschnitt 4) wurden einige zentrale Programmstrategien des
ORF-Fernsehens bereits angesprochen: Bei ORF 2 sind das ein gemessen am Gesamtprogramm geringer Anteil an Kaufproduktionen (mit Ausnahme solcher, die in
Österreich spielen oder österreichaffine Themen behandeln), ein hoher Österreichbezug bei den selbstproduzierten Tagesmagazinen, bei sonstigen Magazinen und in
Reportagen. Bei ORF 1 ist es das umfassende Unterhaltungsangebot bestehend aus
19
Vgl. Woelke 2007a, S. 20f.
PROGRAMMFORSCHUNG • FERNSEHPROGRAMME IN DER KONKURRENZ
114
im Kino sehr erfolgreichen oder aktuellen Spielfilmen, aus vielen aktuellen Serien aus
den USA und Deutschland sowie einigen aufwendig gemachten österreichischen
bzw. europäischen Fernsehfilmproduktionen. Aus der Analyse dieser Programmstrukturen (siehe Abb. 2 und 3) und aufgrund der Folgen der Markteintritte anderer
Sender für die Reichweitenentwicklung insbesondere von ORF 1 wird deutlich, dass
öffentlich-rechtliches Fernsehen in Österreich konsequent altersgruppenspezifisch
programmiert ist und ein eventuell angedachtes Konzept von Vielfalt durch Außenpluralität nur noch eingeschränkt funktionieren dürfte.
Das Konzept eines Vollprogramms auf eine ältere Zielgruppe abzustimmen
und in einem der beiden öffentlich-rechtlichen Programme (ORF 2) zu verwirklichen, macht die Situation für das andere öffentlich-rechtliche Programm (ORF 1)
problematisch: Zwar kann die Umgestaltung des Informationsangebots aufgrund der
Programmreform 2007 durchaus als Erfolg gewertet werden. Was den Bereich Unterhaltungssendungen betrifft – in der nonfiktionalen Unterhaltung kann ORF 2 mit
seiner starken Österreich-Orientierung noch punkten –, sind die (jüngeren) ORF 1Zuschauer aber bereits so weit internationalisiert, dass der gerne bemühte Heimatbezug nicht mehr fehlerfrei funktioniert. So wurde das mit großem Aufwand gestartete fiktionale Unterhaltungsformat „Mitten im Achten“, eine Serie, die im 8. Wiener
Gemeindebezirk Josefstadt spielt, nach nur wenigen Folgen mangels Quote aus dem
Programm genommen.
Informationsoffensive in der Prime Time. Auch wenn dieser Umstand im Hinblick
auf den Public-Value des öffentlich-rechtlichen Fernsehens in Österreich bisher
wenig beachtet wurde, ist es eine Besonderheit, dass beide Programme des ORFFernsehens – wie SF1 und anders als die meisten anderen deutschsprachigen Programme20 – in der Prime Time den Anteil ihrer fernsehpublizistischen Sendungen
erhöht haben und noch weiter erhöhen. Dies war für die Stichprobe 200621 zu beobachten und gilt auch für die Untersuchung 2007 (Anteile der fernsehpublizistischen
Sendungen im Vergleich Gesamtsendezeit zur Prime Time: 6 Prozent zu 14 Prozent
bei ORF 1 und 41 Prozent zu 55 Prozent bei ORF 2). ORF 1 und ORF 2 bieten
dort selbstproduzierte Informationssendungen (mit österreichspezifischem Schwerpunkt) an, wo die meisten Zuschauer Fernsehprogramme nutzen, statt dieses Zeitsegment mit Unterhaltungs- oder Werbeangeboten zu füllen.22 Ob diese Informationsoffensive als Nachweis der öffentlich-rechtlichen Programmauftragserfüllung
ausreicht, wird sich in der zukünftigen medienpolitischen Diskussion zeigen, denn
schließlich fällt das ORF-Fernsehen durch eine weitere Besonderheit seiner Programme auf.
20
21
22
Vgl. Weiß, Hans-Jürgen (2007): Programmkonkurrenz in der Prime Time. In: ALM Programmbericht
2006, S. 43-59.
Vgl. Woelke, Jens (2007b): Fernsehen in Österreich. Befunde einer TV-Programmanalyse von ORF1,
ORF2 und ATV. In: Steininger, Christian/Jens Woelke (Hrsg.): Fernsehen in Österreich 2007. Konstanz, S. 49-96, hier S. 73.
Bei den deutschen öffentlich-rechtlichen Programmen spielt hier natürlich das Werbeverbot nach 20
Uhr eine entscheidende Rolle.
PROGRAMMFORSCHUNG • FERNSEHPROGRAMME IN DER KONKURRENZ
115
Abb. 5
PARALLELE PROGRAMMIERUNGEN IN KW 14 / 2006 UND KW 16 / 2007
ORF 1
ORF 2
Parallele Ausstrahlung bei
2006 (Kalenderwoche 14)
MO-FR (VOR- UND NACHMITTAGSPROGRAMM)
10:15 Uhr Julia-Wege zum Glück1
15:10 Uhr Julia-Wege zum Glück
ZDF (10:30 Uhr)1
ZDF (16:15 Uhr)
MONTAG, 03.04.
20:15 Uhr Märchenstunde
20:15 Uhr Millionenshow
ProSieben
RTL2
MITTWOCH, 05.04.
20:15 Uhr Wetten Dass? –
25 Jahre
ZDF
DONNERSTAG, 06.04.
20:15 Uhr Scharf wie Chili
ProSieben
FREITAG, 07.04.
RTL2
20:15 Uhr Millionenshow
SONNTAG, 09.04.
20:15 Uhr Bruce Allmächtig
20:15 Uhr Ferienarzt in der Toskana
RTL
ZDF
2007 (Kalenderwoche 16)
MO-FR (VOR- UND NACHMITTAGSPROGRAMM)
10:15 Uhr Wege zum Glück1
15:10 Uhr Sturm der Liebe
16:25 Uhr Charmed
18:30 Uhr Die Simpsons
ZDF (10:30 Uhr)1
ARD
ProSieben (16:00 Uhr)
ProSieben
MONTAG, 16.04.
20:15 Uhr Millionenshow
RTL2
SONNTAG, 22.04.
20:15 Uhr Hellboy
20:15 Uhr Die Frauen der Parkallee
ProSieben
ZDF
1 Wiederholungen vom Vortag.
2 Als „Wer wird Millionär“ mit anderem Moderator, Kandidaten und Fragen.
Parallele Programmierung. Schon in der programmstrukturellen Analyse 200623 war
diese Besonderheit des österreichischen Fernsehens erkennbar. Sie wird jedoch in
der Betrachtung der konkreten Programmschemata der untersuchten Kalenderwochen 2006 und 2007 besonders augenfällig (vgl. Abb. 5): die Ausstrahlung von Sen23
Vgl. Woelke 2007a, S. 107.
PROGRAMMFORSCHUNG • FERNSEHPROGRAMME IN DER KONKURRENZ
116
dungen, die zeitgleich oder nur um wenige Minuten versetzt ebenfalls in den öffentlich-rechtlichen oder privaten Programmen Deutschlands gesendet werden bzw. die
zeitgleiche Ausstrahlung von Sendungen, die formatgleich zu dort gezeigten Angeboten sind (z.B. „Millionenshow“ zeitgleich zu „Wer wird Millionär“ auf RTL).
Im Jahr 2006 betrug der Anteil der am gleichen Sendetag auch bei ARD/Das
Erste, ZDF und den deutschen privaten Programmen gezeigten Sendungen 10 Prozent bei ORF 1 und 13 Prozent bei ORF 2,24 2007 liegt er bei 14 Prozent für ORF 1
und erneut bei 13 Prozent für ORF 2. Während 2006 eher Sendungen in der Prime
Time parallel geschaltet wurden, findet die Parallelisierung 2007 zunehmend auch in
den Vor- und Nachmittagsprogrammen statt. Zusätzlich zur zeitgleichen Ausstrahlung von „Wege zum Glück“ (2006: „Julia – Wege zum Glück“) zum ZDF werden
„Sturm der Liebe“ zeitgleich zu ARD/Das Erste sowie „Charmed“ und später „Die
Simpsons“ zeitgleich zu ProSieben gesendet. Die Vorteile dieser Programmierungsweise liegen auf der Hand: Der ORF darf seine Sendungen nicht durch Werbung
unterbrechen, was dazu führt, dass die in den privaten deutschen Programmen parallel, jedoch mit Werbeunterbrechung ausgestrahlten Sendungen erhebliche Reichweitenverluste erleiden. Als ORF 1 z.B. am 6. April 2006 um 20.15 Uhr den Film
„Scharf wie Chili“ zeitgleich zu ProSieben sendete, sanken dort die Reichweiten im
Zeitintervall 20 Uhr bis 23 Uhr bei den Erwachsenen 12 Jahre und älter (25.000
Personen) im Vergleich zur durchschnittlichen Jahresreichweite 2006 (44.000 Personen) um ca. 43 Prozent – Werbeeinnahmen flossen vermehrt dem ORF zu.
6.
Fazit
Die theoretische Diskussion hat gezeigt, dass für die Beurteilung der derzeitigen
Konkurrenzkonstellationen zwischen Fernsehprogrammen in Europa nicht nur die
Programmstrukturen selbst, sondern mindestens drei weitere Kriterien von Bedeutung sind: a) die Anteile der Fernsehnutzung am gesamten Zeitbudget der Zuschauer, b) die technischen Empfangsmöglichkeiten in den Haushalten und c) die Segmentierung des gesamteuropäischen Fernsehmarkts in sprachregionale und lokale
Fernsehmärkte. Unterschiedliche Regulierungsbemühungen der nationalen Gesetzgeber, die Größe des nationalen Fernsehmarkts und der Zeitpunkt der Einführung
dualer Systeme wurden ferner als Gründe dafür identifiziert, dass sich öffentlichrechtliche Anbieter in den einzelnen Ländern jeweils unterschiedlichen Konkurrenzkonstellationen ausgesetzt sahen und sehen.
Der ORF ist zur Fallgruppe derjenigen Sender zu zählen, die in einem Konkurrenzverhältnis sowohl zu inländischen privaten TV-Vollprogramm (ATV) stehen, als
auch in Konkurrenz zu ausländischen Programmen: Regional sind dies etwa in Vorarlberg die öffentlich-rechtlichen Programme der Schweiz SF1 und SFzwei, landesweit die öffentlich-rechtlichen Programme von ARD/Das Erste und ZDF bzw. die
privaten Programme der ProSieben-/Sat.1- und der RTL-Gruppe. Darüber hinaus
steht der ORF in einem Spannungsverhältnis zwischen optimaler Programm24
Vgl. Woelke 2007b, S. 69.
PROGRAMMFORSCHUNG • FERNSEHPROGRAMME IN DER KONKURRENZ
117
gestaltung im Hinblick auf die Maximierung von Zuschauerquoten einerseits und der
Einhaltung des ORF-Gesetzes andererseits.
Auf diese Herausforderungen hat der ORF bisher mit unterschiedlichen Strategien zur Programmgestaltung reagiert, deren Wirksamkeit vor dem Hintergrund
veränderter Fernsehempfangsmöglichkeiten, rechtlicher Regelungen, einer veränderten Finanzierungsbasis, aber auch der Entwicklungen der Sendungspräferenzen der
verschiedenen Zuschaueraltersgruppen für ORF 1 und ORF 2 als sehr unterschiedlich einzustufen ist. Inwiefern sich Strategien wie ein (abgesehen von Ausnahmen)
geringer Anteil an Kaufproduktionen bei ORF 2 und umgekehrt ein sehr hoher
Kaufproduktionsanteil bei ORF 1-Unterhaltungssendungen, ein starker Österreichbezug bei fernsehpublizistischen Sendungen, die altersgruppenspezifische Programmierung, d.h. die Trennung in ein Vollprogramm für ältere Zuschauer (ORF 2) und
ein Unterhaltungs(sparten)programm für jüngere Zuschauer (ORF 1), die Informationsoffensive in der Prime Time und eine auffallend häufige parallele Programmierung in Zukunft als erfolgreich im Hinblick auf die Konkurrenzkonstellationen
erweisen, darf abgewartet werden.
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EINZELSTUDIEN DER
LANDESMEDIENANSTALTEN
PROGRAMMFORSCHUNG • AUF DER SUCHE NACH DEM ZUSCHAUER
121
Auf der Suche nach dem Zuschauer
Die Zukunft der TV-Programmplanung vor dem
Hintergrund des demografischen Wandels
Julia Flasdick und Günter Clobes1
Ungeachtet der fortschreitenden Überalterung der Gesellschaft sind ältere Zuschauer für die Gestaltung des Fernsehprogramms immer noch von geringer Relevanz.
Dies ist ein zentraler Befund einer aktuellen Studie zum Einfluss des demografischen
Wandels auf die zukünftigen Programmstrategien der Medienunternehmen. Mittels
eines Mehrmethodenansatzes, in dessen Mittelpunkt eine Expertenbefragung mit 33
Medienvertretern stand, wurden die Konsequenzen eines wachsenden, demografiebedingten Zuschauerschwunds für die Entwicklung des Fernsehprogramms und
seiner Nutzung erörtert. Der vorliegende Beitrag stellt die Ergebnisse der Studie
ausführlich dar.
1.
Leitfragen, Ziele und Methode der Studie
Welche Auswirkungen hat die demografische Entwicklung auf das Fernsehprogramm und seine Nutzung? Welchen entscheidenden Fragen muss sich die Fernsehbranche im Hinblick auf die programmliche Zukunft stellen? Was müssen Programmplaner und -macher zukünftig bedenken, welche Anhaltspunkte haben sie für
die Projektierung ihrer Programme und Formate? Was müssen sie mittel- und langfristig berücksichtigen, um den Publikumsgeschmack zu treffen, der von dieser demografischen Entwicklung direkt abhängig ist?
Diese und weitere Fragen zum Themenkomplex „Demografiewandel und
Fernsehnutzung“ standen im Fokus des gleichnamigen Forschungsprojekts, das im
April 2007 abgeschlossen wurde. Ziel der Studie war es, geeignete Programmszenarien für Sender und Produzenten zu entwickeln und somit eine Planungsgrundlage
für eine „demografie-sensible“ Programmentwicklung zur Verfügung zu stellen.
Dementsprechend wurden vor allem die Veränderungen der Produktion und Rezeption audiovisueller Medien analysiert und die daraus resultierenden Konsequenzen
für Programmverantwortliche aufgezeigt. Dabei stand das Fernsehen im Mittelpunkt; Online-Medien wurden ebenfalls berücksichtigt.
1
Grundlage des Beitrags ist eine Studie, die im Auftrag der Hessischen Landesanstalt für privaten Rundfunk (LPR Hessen), der Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland-Pfalz (LMK) und
der Thüringer Landesmedienanstalt (TLM) vom Adolf Grimme Institut und MMB-Institut für Medienund Kompetenzforschung durchgeführt wurde. Vgl. Clobes, Günter/Lutz P. Michel/Julia Flasdick
(2007): Ein Blick in die Zukunft. Demografischer Wandel und Fernsehnutzung. Marl/Essen. URL:
http://www.lpr-hessen.de/files/Studie_DemografischerWandelundFernsehnutzung.pdf [23.8.2007].
PROGRAMMFORSCHUNG • AUF DER SUCHE NACH DEM ZUSCHAUER
122
Das Kernstück des qualitativen Mehrmethodendesigns bildete eine Expertenbefragung, die in der Zeit von September 2006 bis Januar 2007 mit insgesamt 33
Vertretern von Fernsehsendern, Produktionsfirmen, Werbezeitenvermarktern sowie
mit freien Autoren und Wissenschaftlern durchgeführt wurde. Die Leitfragen der
rund dreiviertelstündigen, mündlich-persönlichen Interviews wurden zuvor auf Basis
einer umfangreichen Sekundäranalyse zu den Themen Demografieentwicklung,
Mediennutzung und Medienfunktionen im Alter, Senioren als Werbezielgruppe und
Medienangebote für die Zielgruppe 50plus generiert. Die ersten Ergebnisse der
Expertenbefragung wurden im Rahmen eines Validierungsworkshops mit ausgewählten Branchenvertretern zur Diskussion gestellt. Die Statements und Anregungen der Teilnehmer wurden bei der Durchführung weiterer Interviews berücksichtigt. Auf Basis der Befunde wurde schließlich ein Prognosekonzept erstellt, um die
medienbezogenen Bedürfnisse älterer Mediennutzer zu ermitteln und mittelfristige
Programmstrategien entwickeln zu können.
2.
Ergebnisse der Expertenbefragung
Die im Rahmen der leitfadengestützten Experteninterviews erhobenen Äußerungen
wurden mittels qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet. Dort, wo dies möglich war,
wurde neben der zusammenfassenden Analyse sämtlicher Aussagen zusätzlich eine
separate Auswertung nach den verschiedenen Stufen der Fernseh-Wertschöpfungskette vorgenommen. Dies erlaubt eine differenzierte Darstellung der Einschätzungen unterschiedlicher Branchenvertreter und beleuchtet so die Forschungsproblematik aus unterschiedlichen Perspektiven.
2.1 Implikationen des demografischen Wandels
Der Einstieg in die Experteninterviews erfolgte über die Frage nach den generellen
Konsequenzen sowie den wichtigsten gesellschaftlichen Trends angesichts des Demografiewandels für das Jahr 2015. Für das Gros der befragten Experten stellen die
Aufrechterhaltung und Finanzierung des Gesundheitssystems die größten Herausforderungen des Demografiewandels dar – trotz steigenden Renteneintrittsalters und
der vielfach erwarteten Arbeitszeitausdehnung für Höherqualifizierte. Viele der
Befragten befürchten zudem, dass sich die Gesellschaft im Zuge einer generell negativen Wirtschaftsentwicklung zunehmend in Ober- und Unterschicht aufspalten
könnte. Insbesondere die älteren Menschen, so die Vermutung, könnten in steigendem Maße von Armut betroffen sein. Jedoch werden diesen mittellosen Senioren
dann auch wohlhabende Altersgenossen gegenüberstehen, die weltoffen sind und ein
offensiveres Konsumverhalten an den Tag legen als ihre heutigen Altersgenossen.
Mit dem steigenden Bevölkerungsanteil älterer Menschen, so eine mehrfach geäußerte These, werde sich Deutschland zukünftig auch vom „Jugendwahn“ verabschieden
müssen – eine Problematik, die nach Ansicht eines Film- und Fernsehproduzenten
schließlich auch von den Werbetreibenden beachtet werden müsse.
PROGRAMMFORSCHUNG • AUF DER SUCHE NACH DEM ZUSCHAUER
123
2.2 Auswirkungen auf Zeitbudgets und Freizeitverhalten
Um die Konsequenzen des Demografiewandels für die Zeitbudgets und das Freizeitverhalten zu ergründen, wurden den Befragten in einem nächsten Schritt fünf
entsprechende Statements zur Beurteilung vorgelegt. Die Antworten der Gesamtstichprobe sind in Abbildung 1 dargestellt. Diese zeigt, dass eine stärkere Angleichung
des Freizeitverhaltens von Alt und Jung von den Experten mehrheitlich für möglich gehalten wird (Zustimmung: n=27); entsprechend kann sich das Gros von ihnen auch
eine Schwerpunktverlagerung der Freizeitindustrie zugunsten der älteren Konsumenten
vorstellen (Zustimmung: n=21). Häufig werden diese beiden Einschätzungen damit
begründet, dass sich die ältere Generation zukünftig stärker an der jüngeren orientieren wird. Auch die Beobachtung, dass die „neuen Alten“ gesünder, leistungsfähiger
und wohlhabender sind als ihre Vorgängergeneration, spielt für dieses Urteil eine
wichtige Rolle. Insgesamt äußern sich die befragten Sendervertreter in dieser Frage
jedoch deutlich skeptischer als die übrigen Studienteilnehmer (vgl. Abb. 1).
EINFLUSS DES DEMOGRAFIEWANDELS AUF ZEITBUDGETS UND
FREIZEITVERHALTEN
Abb. 1
(Zahl der Nennungen, n=33)
27
Freizeitverhalten von Jung und
Alt gleicht sich immer mehr an
6
23
Zeitbudgets für Mediennutzung
dehnen sich deutlich aus
10
Freizeitindustrie verlagert
Angebotsschwerpunkt
allmählich auf Ältere
21
12
Intergenerationelle Kontakte
nehmen wieder zu
17
16
Gesamtgesellschaftliche
Freizeitbudgets steigen
17
16
0
10
Trifft zu
20
30
Trifft nicht zu
Darüber hinaus halten die Befragten, insbesondere die Medienplaner, eine deutliche
Ausdehnung des für die Mediennutzung aufgewendeten Zeitbudgets überwiegend für wahrscheinlich (Zustimmung: n=23), weisen jedoch auch auf die zielgruppenspezifischen
Unterschiede bei dieser Entwicklung hin. Ihre Einschätzung schreiben sie unter
anderem dem generell wachsenden Freizeitbudget zu; auch die spezifischen Muster
jugendlicher Mediennutzung, der selbstverständliche Umgang der jüngeren Generation mit dem Internet („Digital Natives“) sowie die wachsende Beliebtheit von „mo-
PROGRAMMFORSCHUNG • AUF DER SUCHE NACH DEM ZUSCHAUER
124
bile media“ spielen dabei eine zentrale Rolle. Uneinig sind sich die Experten aller
Wertschöpfungsstufen indes in ihrer Bewertung der Statements über das Ansteigen des
gesamtgesellschaftlichen Freizeitbudgets und über die Zunahme intergenerationeller Kontakte –
eine Divergenz, die sich auch in den vorab offen abgefragten Folgen des Demografiewandels widerspiegelt. Begründet wird der Zweifel an wachsenden Freizeitbudgets
mit der Annahme, dass bei allgemein sinkenden Einkommen auch der gegenläufige
Trend denkbar ist: dass nämlich die verfügbare Zeit stärker für existenzsichernde
Aktivitäten wie zum Beispiel Nebentätigkeiten aufgewendet wird.
2.3 Auswirkungen auf die Mediennutzung
Die meisten Befragten teilen die Auffassung, dass sich auch die Mediennutzung in
den kommenden Jahren deutlich verändern wird – obschon sie dies nicht zwingend
der gesellschaftlichen Überalterung zuschreiben, sondern vielmehr gewandelten
Produktions- und Rezeptionsbedingungen. Insbesondere die fortschreitende Digitalisierung der Verbreitungs- und Empfangswege ermöglicht eine (inter-)aktivere, selbstbestimmtere und selektivere Mediennutzung – ein Trend, der sich in den Augen der befragten Experten zukünftig weiter verstärken wird. Entsprechend, so die Ansicht vieler,
werde sich die Mediennutzung in den kommenden Jahren deutlich individueller und
zeitlich flexibler gestalten. Dies könne auch für die ältere Generation gelten – vorausgesetzt, technologische Hürden würden überwunden und die dafür notwendige
Medienkompetenz würde erworben. Der „Programmdirektor Zuschauer“, so ein
Experte aus der Stichprobe, sei unter diesen Bedingungen auch verstärkt in der
Zielgruppe 50plus anzutreffen.
Neben dem Trend zur parallelen Nutzung verschiedener Medien beobachten
die befragten Experten eine zunehmende Verdrängung von Printprodukten durch das
Internet. Besonders in den jüngeren Altersgruppen wird der Fernsehkonsum zugunsten einer extensiveren Internetnutzung etwas reduziert, während sich die Bedeutung des Fernsehens für Ältere nach Expertenmeinung in den kommenden Jahren
nicht gravierend verändern wird. Insgesamt wird die große Bedeutung des Fernsehens auch zukünftig bestehen bleiben, weil dieses Medium nach wie vor auch gemeinsame Erlebnisse verschafft. Dieser Bewertung steht jedoch die von einigen
Experten prognostizierte stärkere Verspartung des Fernsehprogramms entgegen. In
allen Zielgruppen, so eine verbreitete Einschätzung, werden sich außerdem die Zeitbudgets für die Mediennutzung gegenüber früher deutlich ausdehnen.
Doch obwohl die Jugendlichen weiterhin als Trendsetter gelten und die Mediensozialisation in ihren Grundzügen das entsprechende Verhalten im Alter bestimmt,
geht die veränderte Medienwelt auch an den älteren Konsumenten nicht spurlos
vorbei: Moderne Kommunikationsmedien, so glauben einige Experten, werden zukünftig
auch für Ältere mehr und mehr zu einem selbstverständlichen Alltagsbegleiter. Zu
den wichtigsten Trends, die nach Meinung von Branchenkennern zunehmend auch
von Vertretern der Zielgruppe 50plus genutzt werden, zählen insbesondere mobile
Medien sowie On-Demand-Inhalte, deren Attraktivität dank wachsender Ausdiffe-
PROGRAMMFORSCHUNG • AUF DER SUCHE NACH DEM ZUSCHAUER
125
renzierung der Verbreitungswege und steigender Benutzerfreundlichkeit der benötigten Technologien auch für Senioren immer größer werden wird.
2.4 Die Zielgruppe 50plus in der Medien- und Werbewirtschaft
Ihr Anteil an der deutschen Fernsehzuschauerschaft ist überdurchschnittlich, im
Zuge des Demografiewandels wächst ihr Bevölkerungsanteil zusehends. Doch sind
die Älteren auch für die Medien- und Werbewirtschaft von Relevanz? Welche Bedeutung hat diese Zielgruppe für die Programmveranstalter, und wie wird sie von
Fernsehproduzenten, Mediaplanern und Werbezeitenvermarktern eingeschätzt?
Aktuelle Relevanz der Zielgruppe
In der Beantwortung dieser Fragen zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den
befragten Experten der drei Gruppen: So monieren beispielsweise die Fernsehproduzenten, dass die Generation 50plus heute noch viel zu sehr vernachlässigt wird, obwohl sie über hohes Eigenkapital und somit über große Kaufkraft verfügt. Vor allem
die Privatsender, so die häufig geäußerte Kritik, konzentrierten sich immer noch auf
die Gruppe der 14- bis 49-Jährigen, die jedoch eigentlich eher eine Verrechnungseinheit denn eine Zielgruppe darstelle, denn bei der Mediaplanung würden die höheren Altersklassen sehr wohl berücksichtigt.
Allerdings weisen einige Experten aus der TV-Produktionsbranche darauf hin,
dass sich diese Altersgruppe nur sehr schlecht „kapitalisieren“ lässt, da die werbetreibende Industrie diese Gruppe nicht in Tausenderkontaktpreisen berechnet,
sprich: Mit der Zielgruppe 50plus lässt sich kein Geld verdienen, womit sich das
Dilemma der Werbefinanzierung in seiner vollen Tragweite zeigt (vgl. Kasten).
Auch die befragten Fernsehanbieter sind mehrheitlich der Auffassung, dass die
Relevanz der älteren Zuschauer unterschätzt wird, haben dabei jedoch nicht nur die
Strategien der Werbezeitenvermarktung, sondern auch ihren Grundversorgungsauftrag im Blick. Das Problem einer altersorientierten Programmgestaltung, so der
Hinweis eines Experten, seien jedoch zu große Einbußen in den jüngeren Zielgruppen. Umgekehrt habe man bei einer eher jugendlichen Ausrichtung nicht den Verlust älterer Zuschauer zu befürchten, da sich diese normalerweise auch für „junge“
Programme wie beispielsweise Daily Soaps interessierten.2 Folglich sehen besonders
die privaten TV-Anbieter keine Notwendigkeit, anlässlich des Demografiewandels
mehr bzw. überhaupt seniorengerechte Programme anzubieten. Die Mediaagenturen, so eine mehrfach geäußerte Einschätzung, gäben in dieser Hinsicht klar die
Regeln vor, die bei Programmentscheidungen dann auch in Betracht gezogen werden müssten.
2
Durchschnittliches Zuschaueralter von Daily Soaps im Jahr 2006, z.B.: „Verliebt in Berlin“ (Sat.1) = 45
Jahre, „Verbotene Liebe“ (ARD) = 55 Jahre. Vgl. SevenOneMedia (2006): Altersstruktur des deutschen
Fernsehens. Online-Publikation; URL: http://www.prosiebensat1.com/imperia/md/imported/
pressezentrum/sevenonemedia/2006/04/18/21763/21763.pdf [20.8.2007].
PROGRAMMFORSCHUNG • AUF DER SUCHE NACH DEM ZUSCHAUER
126
Das Dilemma der Werbefinanzierung
Besonders für die privatwirtschaftlichen Fernsehsender, die sich komplett
aus Werbeeinnahmen finanzieren, ist es wichtig, ein für Markenartikler attraktives Programmumfeld mit möglichst vielen, kaufkräftigen Zuschauern
zu schaffen. Diese werden von den produzierenden Unternehmen zumeist
in der Kategorie „14 bis 49“ verortet, wo man eine höhere Markenwechselbereitschaft und somit eine größere Effektivität bei der Werbeansprache als bei den älteren Zuschauern vermutet.
Der Garant für eine gute Quote – sprich: hohe Zuschauerzahlen – ist indes häufig nicht in den niedrigeren, sondern in den höheren Altersklassen
zu suchen, da diese den größten Anteil der deutschen TV-Seherschaft stellen, die längsten Fernsehnutzungszeiten aufweisen und zudem über ein
hohes Wachstumspotenzial verfügen. Somit sind die Fernsehsender einerseits auf Ältere angewiesen, um einen hohen Zuschauermarktanteil zu erzielen, adressieren andererseits jedoch bewusst an die jüngeren Seher, um
ihre Werbekunden zu befriedigen. Trotz dieser Fixierung erreichen Kampagnen für das Standardzielpublikum auch 80 Prozent der Über-50Jährigen – die ältere Zielgruppe gibt es für die Werbekunden sozusagen
kostenlos dazu.
Dass sich diese Haltung einmal ändern könnte, glauben einige der befragten Filmund Fernsehproduzenten und verweisen dabei auf die immer größer werdende Gruppe
der Über-50-Jährigen. Irgendwann, so die Argumentation, könne dieses Bevölkerungssegment allein aufgrund seiner Größe nicht mehr ignoriert werden; bereits
heute werde die tatsächliche Relevanz dieser Zielgruppe heruntergespielt. Um jedoch
eine Veränderung herbeizuführen und die Kernzielgruppe „14 bis 49“ den tatsächlichen Gegebenheiten anzupassen – also sie nach oben zu erweitern –, müssten die
Verantwortlichen in den Fernsehsendern ein deutliches Signal setzen, meinen die
Experten aus Film- und TV-Produktion. In spätestens acht bis zehn Jahren, so ihre
Prognose, würde die aktuelle „Währung“ der Werbetreibenden ihre Gültigkeit verlieren und umformuliert werden müssen.
Den Zeithorizont für einen deutlichen Relevanzzuwachs der Zielgruppe 50plus
für die Fernsehanbieter veranschlagen die befragten Mediaplaner und Werbezeitenvermarkter jedoch deutlich großzügiger: Für eine durchgreifende Veränderung kalkulieren sie zwischen 15 und 20 Jahren. Bis dahin stünden weiterhin die Jüngeren im
Fokus der Programmgestaltung, während die Über-50-Jährigen weiterhin implizit
adressiert würden.
PROGRAMMFORSCHUNG • AUF DER SUCHE NACH DEM ZUSCHAUER
127
Relevanz der Zielgruppe für die Fernsehanbieter im Jahr 2015
Im Anschluss an diese offen abgefragte Beurteilung wurde die Relevanz der älteren
Fernsehzuschauer für die Programmveranstalter zusätzlich anhand von Statements
erhoben. Dabei wurden die Experten aufgefordert, ihren Blick auf das Jahr 2015 zu
richten.
ROLLE DER ZIELGRUPPE 50PLUS FÜR DIE FERNSEHANBIETER IM JAHR 2015
Abb. 2
(Zahl der Nennungen, n=33)
Für Publikumskategorisierung
werden altersunabhängige
Kategorien wichtiger
30
3
29
Zielgruppe 50plus differenziert
sich zunehmend aus
4
10
Fernsehangebot für Jung und Alt
nivelliert sich inhaltlich
23
11
Segment 50plus gewinnt nicht
nennenswert an Bedeutung
22
0
10
Trifft zu
20
30
Trifft nicht zu
Wie Abbildung 2 zeigt, erfuhren zwei der vier Statements eine deutliche Zustimmung, während die anderen beiden stark polarisierten: So erwartet das Gros der
Befragten eine spürbare Ausdifferenzierung der Zielgruppe 50plus in heterogene Nutzerprofile mit unterschiedlicher TV- und Internetnutzung (Zustimmung: n=29). Als
ursächlich dafür wurden die unterschiedlichen Mediensozialisationsprofile einer
„Zwittergeneration“ benannt, die verschiedene Erfahrungen mit Medien gemacht
hat und Grundzüge ihrer Mediensozialisation auch im höheren Alter beibehält.
Entsprechend werden in den Augen der meisten Experten dann auch andere
als altersbezogene Kriterien für die Publikumsklassifikation eine wichtige Rolle spielen
(Zustimmung: n=30). Eine adäquate Einteilung könnte beispielsweise mittels MilieuAnsätzen oder Typologien vorgenommen werden, aber auch Einkommen, Bildung,
Themeninteresse sowie individueller Lebensstil werden nach Ansicht einiger Befragter in diesem Zusammenhang an Relevanz gewinnen.
Die Annahme einer verstärkten Segmentierung des Fernsehpublikums 50plus
bildet vermutlich auch den Hintergrund für die tendenzielle Ablehnung (n=23) des
Statements, dass sich das Fernsehangebot für Jung und Alt inhaltlich immer stärker nivellieren
werde. Im Gegenteil: Mehrheitlich erwarten die befragten Experten eine fortschrei-
PROGRAMMFORSCHUNG • AUF DER SUCHE NACH DEM ZUSCHAUER
128
tende Diversifizierung des bestehenden Angebots, da junge und alte Zuschauer ihrer
Meinung nach auch zukünftig unterschiedliche Programmerwartungen hegen und
sich die Generationen auch weiterhin bewusst voneinander abgrenzen werden. Hiervon sind vor allem die Mediaplaner und Werbezeitenvermarkter überzeugt, während
sich die Gruppe der Vertreter von Fernsehproduktionsfirmen und Sendern in diesem Punkt eher heterogen präsentiert.
Neben zielgruppenspezifischen Angeboten, insbesondere zusätzlich für die
Zielgruppe 50plus, erwarten die Befragten jedoch auch das parallele Fortbestehen
sogenannter „Fernseh-Events“3, die Zuschauer jeglicher Altersgruppen vor dem
Bildschirm versammeln. Und obwohl die Zielgruppe 50plus in den wirtschaftlichen
Überlegungen der Fernsehanbieter noch häufig vernachlässigt wird, prognostiziert
das Gros der befragten Experten (n=22) für diese Zuschauergruppe einen Bedeutungszuwachs innerhalb der kommenden Jahre. Von diesem Trend sind besonders die
Programmproduzenten überzeugt.
Einfluss der Fernsehwerbung auf Senderstrategien
Im Zuge des demografischen Wandels verändert sich auch in der Fernsehwerbung
allmählich die Darstellung der älteren Zielgruppe: Ältere Menschen werden nicht
mehr zwangsläufig mit Gebrechlichkeit und mangelnder Aktivität, sondern zunehmend auch mit Genuss und Lebensfreude assoziiert. So sorgt beispielsweise bei
„Media Markt“ die „Mutter aller Schnäppchen“ für niedrige Preise oder bei „Nivea“
eine attraktive, grauhaarige Dame für steigende Umsätze mit Anti-Falten-Creme.
Noch einen Schritt weiter wagt sich die neue „Dove“-Kampagne, die mit nackten,
älteren Models für eine Pflegeserie namens „pro age“ wirbt – und dabei nicht nur
visuell, sondern auch sprachlich ungewohnte Wege der Konsumentenansprache
einschlägt. Doch welche Konsequenzen hat die sich wandelnde Darstellung Älterer
in der Werbung für die Programmstrategien der Fernsehsender?
Die Einschätzungen der Experten zu diesem Thema sind recht heterogen und
lassen sich gut nach ihrer jeweiligen Position in der TV-Wertschöpfungskette differenzieren. So glauben die Mediaplaner und Werbezeitenvermarkter nicht, dass durch die
veränderte Werbeansprache signifikante Veränderungen des Programmangebots
indiziert werden: Nur wenige Unternehmen, so ein in diesem Zusammenhang geäußertes Argument, schalteten derzeit Spots mit „jugendlichen Alten“; außerdem erlaube die aktuelle Seherstruktur bereits heute die problemlose Platzierung von Werbung für die Zielgruppe 50plus.
Demgegenüber erkennen die Programmverantwortlichen in den Fernsehsendern
durchaus die Notwendigkeit, die wachsende Gruppe der älteren Zuschauer bei der
Gestaltung des Angebots zu berücksichtigen, sei es nun aus Gründen der Grundversorgung (öffentlich-rechtliche Anbieter) oder angesichts ökonomischer Zwänge
(private Anbieter). Das Hauptsignal in diesem Wandlungsprozess, so ein Befragter
aus dieser Gruppe, müsse jedoch vom Dialog mit den Mediaagenturen ausgehen.
3
Dies können sowohl Quiz- oder Samstagabend-Shows als auch Fernsehfilme oder sogar Soap Operas
sein.
PROGRAMMFORSCHUNG • AUF DER SUCHE NACH DEM ZUSCHAUER
129
Dieses Dilemma haben auch die befragten Film- und Fernsehproduzenten im Blick,
sind jedoch dessen ungeachtet mehrheitlich der Überzeugung, dass die Sender mittelfristig ein anderes Programmumfeld etablieren müssen, in dem ältere Zuschauer
eine stärkere Berücksichtigung und deutlichere Anknüpfungspunkte an ihre Lebenswelt finden. Die Zielgruppe „14 bis 49“, so glauben Vertreter dieser Gruppe, werde
irgendwann zugunsten einer erweiterten Altersgrenze „bis 60“ fallen. Gleichzeitig
dürften die Sender jedoch ihr jüngeres Publikum auf diese Weise nicht vernachlässigen – vielmehr erwartet man eine zunehmende Profilierung bzw. Verspartung der
Sender in „jung“ und „alt“. Die hier beschriebenen Veränderungen werden sich
nach Ansicht der Experten recht langsam vollziehen. Herbeigeführt werden sie indes
nicht durch gesellschaftliche Umbrüche, sondern durch die Bedingungen der Fernsehwerbung.
2.5 Medienangebote für Ältere
Insbesondere die Printmedien haben die besonderen Bedürfnisse der älteren Zielgruppe schon länger erkannt und dementsprechende Publikationen auf den Markt
gebracht. Findet sich dieses Phänomen auch im Fernsehangebot? Gefragt nach
ihnen eventuell bekannten seniorenspezifischen TV-Programmen konnten die interviewten Experten keine expliziten Beispiele benennen. Sendungen mit „alter“ Anmutung bzw. Adressierung wie Volksmusiksendungen, Ratgeber, Gesundheitsmagazine oder auch die Regionalprogramme der ARD wurden hingegen recht häufig in
diesem Zusammenhang erwähnt. Blickt man über die Landesgrenzen hinaus, sind
spezielle TV-Angebote für Senioren andernorts längst Realität – so beispielsweise in
den USA, wo nach Expertenkenntnis Spartenkanäle wie „Life Time“ ihr Programm
bewusst auf die grauhaarigen Rezipienten zuschneiden.4
Auf die Frage, ob das ältere Publikum spezifische TV-Angebote ihrer Ansicht nach
wünsche, reagieren die befragten Experten mehrheitlich mit Ablehnung, da sie in
diesem Fall eine Stigmatisierung und Ausgrenzung der älteren Zielgruppe befürchten. Alte, so ein häufig angeführtes Argument, wollten sich nicht alt fühlen. Daher
müsse es vielmehr darum gehen, auch altersspezifische Themen so aufzubereiten,
dass sich die Senioren dort angemessen repräsentiert und vor allem ernst genommen
fühlten. Aus diesem Grund plädiert die Mehrheit der Befragten für eine Platzierung
von TV-Angeboten, die sich an Ältere wenden, im Mainstream-Programm. Sie sollten außerdem eine ansprechende Anmutung besitzen und ihre Rezipienten eher von
ihrer aktuellen Lebenssituation ablenken, anstatt sie permanent mit ihrem Alter zu
konfrontieren. Auch die Auswahl passender Moderatoren halten die Befragten für
ein wichtiges Erfolgskriterium von Sendungen, die ältere Rezipienten gewinnen
möchten. Dies müssten jedoch nicht unbedingt „Best Ager“ sein.
Neben der allgemeinen Einschätzung, dass die meisten gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Themen auch für ältere Zuschauer interessant sind, vertritt
4
Diesem Muster folgt die Initiative von Max Schautzer, der mit dem Spartenkanal „Bono TV“ demnächst gezielt älteres Publikum ansprechen will.
PROGRAMMFORSCHUNG • AUF DER SUCHE NACH DEM ZUSCHAUER
130
das Gros der Experten die Ansicht, dass ein adäquates Fernsehangebot einen Bezug
zum Alltag der Zielgruppe besitzen und deren Lebenswelt in den Blick nehmen
sollte. Insbesondere Ratgeber- und Servicebeiträge, die konkrete Hinweise zur Lebensgestaltung im Alter geben, werden – neben den stets stark nachgefragten Gesundheitsthemen – in den Augen einiger Befragter zukünftig weiter an Relevanz
gewinnen. Auch eher „junge“ Themen in entsprechender Aufbereitung könnten bei
den Senioren auf Interesse stoßen. Ebenso könnten – insbesondere vor dem Hintergrund zunehmender Singularisierung – Eskapismusformate bei Älteren immer beliebter werden. Grundsätzlich ist also ein breites Themenspektrum denkbar, um
explizit ältere Zuschauer zu adressieren. Auch hinsichtlich der zu bedienenden Genres sehen die Befragten praktisch keine Einschränkung – solange die Verpackung
stimmt.
2.6 Demografiewandel und Programmplanung
Nachdem das Thema „Demografiewandel und Fernsehnutzung“ in den ersten Abschnitten des Leitfadeninterviews vorwiegend aus einer Metaperspektive erörtert
wurde, beschäftigt sich der nachfolgende Teil mit Aspekten der konkreten Planung
und Realisierung von Programmangeboten. Doch zunächst steht die Frage im Vordergrund, welche Relevanz das Themenfeld „Demografische Entwicklung und Mediennutzung“ für die Arbeit der Befragten bzw. deren Unternehmen überhaupt
besitzt.5
Relevanz des Demografiewandels für die Arbeit der Befragten
Insgesamt messen die Befragten diesem Thema eine durchschnittliche Relevanz für
die eigene Arbeit bei: Auf einer Skala von eins („gar keine Relevanz“) bis sechs
(„sehr hohe Relevanz“) wurde ein Mittelwert von 3,9 erzielt, wobei mehr als die
Hälfte der Befragten die Einstufung am oberen Skalenende (5 bzw. 6) vornahm. Die
getrennte Analyse der Relevanzeinstufungen nach Gruppen offenbart kaum Abweichungen: Für die TV-Sender besitzt das Thema „Demografiewandel und Fernsehnutzung“ mit einem Durchschnittswert von 4,0 praktisch keine höhere Bedeutung
als für die Film- und Fernsehproduzenten (Mittelwert=3,9) und für die Mediaplaner/Werbezeitenvermarkter (Mittelwert=3,9).6
Insbesondere für die Werbetreibenden ist die Zielgruppe 50plus immer noch
von untergeordnetem Interesse – der Fokus liegt nach wie vor auf der jüngeren
Zielgruppe, deren geändertes Mediennutzungsverhalten die Branche nun zu neuen
Werbestrategien zwingt. Die Verantwortlichen in den öffentlich-rechtlichen TVSendern stehen den älteren Rezipienten jedoch aufgeschlossener gegenüber, da sie
verpflichtet sind, diese Klientel aufgrund ihres Grundversorgungsauftrags anzusprechen. Doch das vergleichsweise hohe Durchschnittsalter öffentlich-rechtlicher Fern5
6
Diese Frage wurde den Meta-Experten nicht gestellt, weshalb die Abschnitte in diesem Kapitel auf
einer etwas geringeren Fallzahl beruhen (n=30).
Dies mag jedoch auch den unterschiedlichen Größen der Teilstichproben geschuldet sein. Bei etwa
gleich großen Subgruppen hätte man eventuell eine stärker differenzierte Bewertung erhalten.
PROGRAMMFORSCHUNG • AUF DER SUCHE NACH DEM ZUSCHAUER
131
sehzuschauer gibt auch Anlass zu Maßnahmen der Programmverjüngung, um ein
„Nachwachsen“ des Publikums zu gewährleisten. Indes konzentriert man sich bei
den Privatsendern nach wie vor stark auf die Rezipienten der unteren Altersklassen.
Aus diesem Grund sehen sich die Film- und Fernsehproduzenten auch oft
nicht in der Lage, ihre altersorientierten Programmideen umzusetzen. Die Sender, so
ein mehrfach geäußertes Argument, seien an solchen Konzepten nicht interessiert,
sie verkauften sich nicht – weshalb die wachsende Gruppe der älteren Zuschauer
aktuell auch für die Arbeit vieler Programmproduzenten keine große Rolle spielt.
Contententwicklung für die Zielgruppe 50plus
Ungeachtet ihrer Zugehörigkeit zu verschiedenen Unternehmenstypen, die auf unterschiedlichen Stufen der TV-Wertschöpfungskette angesiedelt sind, stimmen die
befragten Experten in der Ansicht überein, dass es für die Contententwicklung
50plus keine festen, verallgemeinerbaren Regeln gibt. Vielmehr müssten Ideen direkt
aus der Lebenswelt älterer Menschen aufgegriffen werden, die durch Alltagsbeobachtung evident wird. Und da die Marktforschung allein keine Trends liefern könne,
müsse außerdem das Nutzerverhalten der Zielgruppe kontinuierlich beobachtet und
deren Bedürfnisse analysiert werden. Wichtig für den Erfolg zielgruppenspezifischer
Programme ist einigen Experten zufolge außerdem der Einsatz von Medienpersonen
(beispielsweise als Schauspieler oder Moderatoren) mit einem hohen Identifikationspotenzial.
Entsprechend dieser Einschätzung benötigen Programmmacher vor allem Interesse an Menschen und ihren Lebenswelten, Wissen über Alltag und eventuelle
Probleme der Zielgruppe sowie generell eine hohe Sensibilität für adäquate Themen.
Auch die Kenntnis der einschlägigen Statistiken und des Mediennutzungsverhaltens,
der Konsum- und Freizeitgewohnheiten ist nach Meinung der Experten hilfreich,
um erfolgreiche Programmangebote für die Zielgruppe 50plus zu konzipieren. Von
Nutzen sein könnte es in den Augen einiger Befragten zudem, wenn Produzenten
selbst über ein höheres Alter verfügten, um sich besser in das von ihnen adressierte
Publikum hineinversetzen zu können. Eine spezielle Qualifikation halten die meisten
Experten in diesem Zusammenhang nicht für erforderlich.
Geeignete Programmformen für seniorenspezifische Angebote
Zwar ist nach Ansicht der meisten Experten keine Programmform gänzlich ungeeignet, um sie mit seniorenspezifischen Inhalten zu füllen. Dennoch folgt die von
den Experten vorgenommene Bewertung der „Alterstauglichkeit“ verschiedener
Programmformen7 einer immanenten Logik: So führen informierende, nonfiktionale
TV-Angebote wie Nachrichten, Magazine oder Dokumentationen/Reportagen die
Liste an, gefolgt von fiktionalen Programmformen wie TV-Movies und Serien (vgl.
Abb. 3). Den Schluss bilden Talkshows und Shows, also jeweils nonfiktionale Un-
7
Zur Erörterung dieser Frage wurde den Befragten eine Liste mit verschiedenen Programmformen
vorgelegt.
PROGRAMMFORSCHUNG • AUF DER SUCHE NACH DEM ZUSCHAUER
132
terhaltungsangebote, die von den Befragten ebenfalls als geeignet erachtet werden,
die Programminteressen von älteren Zuschauern adäquat zu bedienen.
Als weitere bzw. spezifisch geeignete Programmformen wurden insbesondere
Sport und Comedy, aber auch Real Life-Formate, Weekly, Sitcom, Krimi, LateNight- und Kochsendungen sowie TV-Events („große Abendunterhaltung“) benannt. Einige Experten beobachten zudem einen wachsenden Trend zu HybridFormaten wie beispielsweise Doku-Soaps oder Infotainment.
EIGNUNG VON PROGRAMMFORMEN FÜR DIE ZIELGRUPPE 50PLUS
Abb. 3
(Arithmetisches Mittel, n=33)
5.5
Nachrichten
5.1
Magazine
5.0
Dokumentationen / Reportagen
4.7
TV-Movies
4.6
Serien
4.5
Talkshows
4.4
Shows
1
überhaupt nicht geeignet
2
3
4
5
6
sehr geeignet
Wichtig sei, so betonen mehrere Befragte, bei der Produktion seniorengerechter Programme einen generationenverbindenden Ansatz zu verfolgen und dabei die verschiedenen Lebensgefühle der älteren Zielgruppe widerzuspiegeln.
Vorschläge für ein seniorenspezifisches TV-Programm
Wenn man den Befragten die Möglichkeit geben würde, ein seniorenspezifisches
Fernsehprogramm zu entwerfen – wie würde dieses aussehen?8 Obwohl die Programmideen der Befragten sehr unterschiedlich ausfallen, haben sie eines gemeinsam: Sie nehmen die Lebenswirklichkeit der älteren Zuschauer in den Blick und
orientieren sich sowohl bei der thematischen Auswahl als auch bei der konkreten
Ausgestaltung ihrer Vorschläge stark am Alltag der Über-50-Jährigen. Insbesondere
Vertreter von Fernsehsendern sowie Film- und Fernsehproduzenten möchten ein
8
Diese Frage wurde allen Experten gestellt, die in der Erhebungsphase nach dem Validierungsworkshop
befragt wurden, auch denjenigen, die normalerweise in ihrem Beruf nicht mit der Konzeption von
Fernsehprogrammen befasst sind (wie z.B. Mediaplaner und Werbezeitenvermarkter).
PROGRAMMFORSCHUNG • AUF DER SUCHE NACH DEM ZUSCHAUER
133
Stück „Lebenswirklichkeit“ ihres älteren Publikums dokumentieren, indem sie etwa
Orientierung durch zielgruppengerechte Service-Magazine bieten oder außergewöhnliche Freizeitaktivitäten (z.B. bestimmte Sportarten oder Abenteuerreisen)
dokumentieren.
Überhaupt scheint das Außergewöhnliche auch bei der Adressierung von Zuschauern höheren Alters im Trend zu liegen und sich dabei auf kein bestimmtes
Genre zu konzentrieren – sei es in Reise-, Ratgeber- oder auch in Comedy-Formaten, die sich speziell an Ältere richten. Gleichzeitig griffen einige der befragten Experten bei der Frage nach seniorentypischen Programmkonzepten jedoch auch auf
Bewährtes zurück und schlugen klassische Formate wie Spielsendungen oder auch
Fernsehshows vor, deren Vorbild aufgrund der monothematischen Ausrichtung und
der ansprechenden Moderation beispielsweise „Wetten, dass… ?!“ sein könnte.
3.
Ein Blick in die Zukunft: Das Prognosemodell
Die vorgestellten Ergebnisse verdeutlichen die Komplexität des Themas „Fernsehen
und demografischer Wandel“ und zeigen gleichzeitig, dass noch keine umfassenden
Rezepte für eine adäquate Programmplanung existieren. Um eine entsprechende
Diskussion zu befördern und die im Rahmen der empirischen Studie gewonnenen
Erkenntnisse für die künftige Programmentwicklung handhabbar zu machen, wurde
auf Basis der Befunde ein multifaktorielles Prognosemodell entwickelt.
3.1 Möglichkeiten und Grenzen von Prognosen
Im Gegensatz zu statistikbasierten Prognosen, die häufig in ökonomischen Zusammenhängen erstellt werden, sind die Vorhersagen für soziale Systeme überwiegend
qualitativer Natur. Sie basieren zumeist auf Expertenurteilen, konzentrieren sich auf
ausgewählte Faktoren und verwenden Szenario-Techniken. Mit welcher Wahrscheinlichkeit diese Szenarien in der Zukunft tatsächlich vorzufinden sein werden, vermag
man auf Basis eines solch qualitativen Verfahrens nicht exakt vorauszusagen. Vielmehr ermöglicht das im Rahmen der vorliegenden Studie etablierte Prognosemodell,
relevante Faktoren zukünftiger Rezeption und Produktion medialer Inhalte zu identifizieren und somit verschiedene Schlaglichter auf diesen Themenkomplex zu werfen. Die auf diese Weise entwickelten Szenarien sollen TV-Programmverantwortlichen einen Überblick über das Spektrum von Einflussfaktoren geben, die für ihre
weiteren Aktivitäten maßgeblich sein können.
3.2 Szenarien zukünftiger Medienrezeption
Für das Prognosemodell wurden aufgrund der Komplexität des Themas „Fernsehen
und demografischer Wandel“ zunächst diejenigen Variablen identifiziert, denen auf
Basis der gewonnenen Studienbefunde der größte Einfluss auf die künftige Entwicklung der Mediennutzung unterstellt werden konnte. Diese wurden in die Kategorien
„Individualfaktoren“ und „Mediale Rahmenbedingungen“ unterteilt, wobei der Faktor „Demografie“ stets als Hintergrundfolie fungierte. Zu den Individualfaktoren
PROGRAMMFORSCHUNG • AUF DER SUCHE NACH DEM ZUSCHAUER
134
zählen Milieus, Sozialisation, Einkommen, Genre- und Senderpräferenzen und die
Fernsehnutzung 50plus. Unter der Überschrift „Mediale Rahmenbedingungen“
wurden Kosten der Mediennutzung, Distributionsplattformen, Programmschemata,
Senderimages, der TV-Markt sowie Mediapläne und Werbezielgruppen subsumiert.
In den nachfolgenden Abschnitten werden zwei ausgewählte der insgesamt vier
Szenarien präsentiert.
Szenario A: Demografische Entwicklung
Der Blick auf die Bevölkerungsprognosen für die kommenden Jahrzehnte lässt keinen Zweifel an einschneidenden demografischen Entwicklungen: Bereits im Jahr
2020 wird ein Drittel der deutschen Bevölkerung 60 Jahre und älter sein, während
der Anteil der Unter-40-Jährigen beständig sinkt. Für die Fernsehwirtschaft bedeutet
dies, dass sich das werberelevante Segment der 14- bis 49-Jährigen in den kommenden Jahren um geschätzte 15 Prozent reduzieren wird. Mit den zwischen 1958 und
1969 geborenen „Babyboomern“ gerät dann die erste konsumkräftige Kohorte nach
dem Krieg sukzessive aus der Kernzielgruppe: Im kommenden Jahr werden die
ältesten Vertreter dieser Kohorte die werberelevante Altersgrenze überschreiten, und
bis zum Jahr 2020 wird ihnen der letzte Babyboomer gefolgt sein.
Doch schon heute korrespondiert die mediaplanerische Grundlage einer Kernzielgruppendefinition „14 bis 49“ immer weniger mit den demografischen Realitäten.
Sie muss daher aus Sicht von Experten neu definiert bzw. begründet werden. Dies
stellt eine Herausforderung für alle Akteure in der TV-Wertschöpfungskette dar –
von den Stoffentwicklern bis zu den Media-Agenturen sowie den Werbetreibenden,
die letztendlich die Spielregeln für werbefinanzierte Programme definieren.
Szenario B: Genrepräferenzen und Plattformen
Zu den wichtigen Einflussfaktoren zukünftiger Fernsehnutzung gehören auch die
unterschiedlichen Genrepräferenzen in den verschiedenen Altersgruppen und Milieus. Schreibt man die heute bekannten Vorlieben älterer Zuschauer für informierende, dokumentierende und serviceorientierte Programme fort, so wird sich diese
Präferenz im Prognosezeitraum – mit Blick auf die gesamte Zuschauerschaft – weiter festigen und ausdehnen.
Mit dem Stichwort „Interaktivität“ lässt sich ein weiteres Phänomen bezeichnen, das bei der Mediennutzung und Programmgestaltung an Relevanz gewinnt.
Denn die wachsende Zahl und Ausdifferenzierung von Distributionsplattformen
treibt nicht nur die Segmentierung des Publikums voran, sie stellt auch erhöhte Anforderungen an die Rezipienten: Der beim Fernsehen gewohnte „Lean Back“-Modus
wird durch die Nutzung von interaktiven Programmangeboten9 zunehmend durch
die – bisher computerspezifische – „Lean Forward“-Haltung ersetzt. Berücksichtigt
man außerdem die wachsende Medienkompetenz älterer Menschen, so kann man
9
So fokussierte beispielsweise der WDR im Rahmen seiner auf Publikumsverjüngung zielenden Programmoffensive (2006) auf Internet und Handy-TV. Außerdem wurden die jugendlichen Zuschauer
dazu aufgerufen, eigene Beiträge zur Verfügung zu stellen.
PROGRAMMFORSCHUNG • AUF DER SUCHE NACH DEM ZUSCHAUER
135
davon ausgehen, dass auch in der Altersgruppe 50plus „Interaktivität“ kein Fremdwort bleiben wird. Ob gleichzeitig die klassische „Lean Back“-Haltung komplett an
Bedeutung verlieren wird, darf hingegen angezweifelt werden: Insbesondere bei der
Fernsehrezeption, die häufig von der Suche nach Entspannung und Unterhaltung
geprägt ist, wird sie vermutlich auch weiterhin eine wichtige Rolle spielen.
3.3 Fazit
Anhand der durch das Prognosemodell ermittelten Zukunftsszenarien ist deutlich
geworden, wie vielfältig das Spektrum potenzieller Einflussfaktoren der zukünftigen
Rezeption und Produktion von Medien ist. Verschiedene Faktorenkombinationen
führen zu unterschiedlichen Zukunftsvisionen, die maßgeblich auf folgende Themen
zurückzuführen sind:
Mediensozialisation: Auch im Alter bestimmt die Mediensozialisation weitgehend das
Mediennutzungsverhalten und die Senderpräferenzen. Dies bedeutet, dass der Anteil
„werbefinanziert-sozialisierter“ Fernsehzuschauer an der Gesamtzuschauerschaft in
den kommenden Jahren kontinuierlich steigen wird.
Milieus: Analog zu den gesellschaftlichen Veränderungen werden sozialwissenschaftliche Milieu-Klassifikationen regelmäßig neu berechnet. Mit ihrer Hilfe lassen sich
wandelnde Rezipientenbedürfnisse antizipieren. Das im Rahmen der Studie unterstellte Wachstum von etabliertem und „prekärem“ Milieu lässt für die Zukunft auch
bei den älteren Rezipienten zunehmend heterogene Nutzerprofile erwarten.
Plattformen: Vor dem Hintergrund des technologischen Fortschritts differenzieren
sich die Distributionsplattformen für mediale Inhalte zunehmend aus. Die wachsende Plattformvielfalt fördert die Segmentierung des Publikums (Kosten, Rezeptionsmodus, Programmpräferenz, zeitliche Verfügbarkeit etc.) Aufgrund wachsender Medien- und Technikkompetenz profitieren auch Senioren von den neuen Angeboten.
4.
Ausblick
Insgesamt hat die Studie deutlich gezeigt, dass die Relevanz der älteren Zuschauer in
der Fernsehbranche aktuell unterschätzt wird. Zwar wird der durch den demografischen Wandel induzierte Handlungsbedarf von den befragten Medienexperten erkannt, spielt für ihre konkrete Arbeit jedoch (noch) keine herausragende Rolle. Entsprechend mangelt es aktuell noch an umfassenden Konzepten für die zukünftige
Programmplanung. Die Strategiediskussion über den richtigen Umgang mit der sich
verändernden Zuschauerstruktur, so ein wichtiger Studienbefund, befindet sich
offenbar erst am Anfang. Die Autoren hoffen, mit den Ergebnissen des Forschungsprojekts „Ein Blick in die Zukunft. Demografischer Wandel und Fernsehnutzung“ hilfreiche Impulse und Anregungen für eine „demografie-sensible“ Programmgestaltung gegeben zu haben.
PROGRAMMFORSCHUNG • AUF DER SUCHE NACH DEM ZUSCHAUER
136
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(unveröff. Diplomarbeit).
PROGRAMMFORSCHUNG • DIE REGIONALFENSTER VON RTL UND SAT.1 IM JAHR 2006
137
Die Regionalfenster von RTL und Sat.1
im Jahr 2006
Ergebnisse einer kontinuierlichen Programmanalyse
Helmut Volpers, Christian Salwiczek und Detlef Schnier1
Der Gesetzgeber hat auch im Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrag daran festgehalten, dass in „den beiden bundesweit verbreiteten reichweitenstärksten Fernsehvollprogrammen [...] Fensterprogramme zur aktuellen und authentischen Darstellung
der Ereignisse des politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Lebens“2
aufzunehmen sind. RTL und Sat.1 sind somit zur Ausstrahlung von Regionalfenstern „im zeitlichen und regional differenzierten Umfang der Programmaktivitäten
zum 1. Juli 2002“3 verpflichtet. Entsprechend werden nach wie vor in den folgenden
Bundesländern auf den Kabelfrequenzen von RTL und Sat.1 montags bis freitags im
Vorabendprogramm halbstündige Regionalfenster gesendet: Hamburg, SchleswigHolstein, Niedersachsen, Bremen, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz,
Baden-Württemberg und Bayern.
In den Teilen Deutschlands, für die keine Regionalfensterangebote im Kabel
bestehen, sowie über die jeweiligen Satellitenkanäle von RTL und Sat.1 wird ein
Alternativprogramm ausgestrahlt. Bis zur Programmumstrukturierung am 16. Juli
2007 handelte es sich bei Sat.1 um das Magazin „Sat.1 am Abend“, welches – vergleichbar mit der Vorgänger-Sendung „17:30 – Der Deutschlandreport“ – u.a. Berichte aus verschiedenen Regionen beinhaltete. Seitdem werden auf diesem Sendeplatz TV-Serien ausgestrahlt. Bei RTL wird seit dem 4. September 2006 parallel zu
den Regionalfenstern das Boulevardmagazin „Explosiv – Das Magazin“ gesendet.
Ein Sonderfall ist das Bundesland Bayern. Dort wird lediglich auf Sat.1 mit
„17:30 live für Bayern“ ein landesweites Fenster ausgestrahlt. Auf den RTL-Kanälen
in den bayerischen Kabelnetzen werden stattdessen insgesamt 17 lokale Fensterprogramme verbreitet. Hierbei handelt es sich um halbstündige lokale Informationsmagazine der bayerischen Lokalfernsehanbieter. Am Wochenende wird zusätzlich noch
1
2
3
Grundlage des Beitrags ist eine Inhaltsanalyse landesweit ausgestrahlter Regionalfenster im Programm
privater Fernsehveranstalter, die – nach mehreren Vorstudien – seit 2005 kontinuierlich durchgeführt
wird. Auftraggeber: Gemeinsame Stelle Programm, Werbung und Medienkompetenz (GSPWM) der
Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM); Auftragnehmer: Institut für Medienforschung
Göttingen&Köln (IM•GÖ); Projektleitung: Prof. Dr. Helmut Volpers.
§ 25 Abs. 4 Satz 1 RStV 2007 (Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien in der Fassung des Neunten
Staatsvertrages zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge, in Kraft seit dem 1. März 2007).
§ 25 Abs. 4 Satz 1 RStV 2007.
PROGRAMMFORSCHUNG • DIE REGIONALFENSTER VON RTL UND SAT.1 IM JAHR 2006
138
die Sendung „Bayern Journal“ auf RTL (So. 17.45–18.45 Uhr) und Sat.1 (Sa. 17.30–
18.30 Uhr) ausgestrahlt.
Die Fensterprogrammveranstalter haben eine gesonderte Zulassung und sollen
vom Hauptprogrammveranstalter redaktionell unabhängig sein.4 Der medienpolitische und medienrechtliche Hintergrund für die inhaltlichen Anforderungen an die
regionalen Fensterprogramme ist komplex und unter dem Aspekt der „Sicherung
der Meinungsvielfalt“ zu sehen. So werden die Regionalfenster den Hauptprogrammveranstaltern auf ihre „Drittsendezeit“ angerechnet, die sie aufgrund ihres
Zuschaueranteils zur Verfügung stellen müssen.5 Ferner werden ihnen 2 Prozent
Zuschaueranteil vom tatsächlichen Wert in Abzug gebracht, sodass unter Umständen hierdurch die kritische Grenze von 30 Prozent, die laut Rundfunkstaatsvertrag
eine vorherrschende Meinungsmacht begründen würde, nicht erreicht wird.6 Vor
diesem Hintergrund ist die Ausstrahlung der Regionalfenster für die Hauptprogrammveranstalter konzentrationsrechtlich von erheblicher Bedeutung.
Die im Rundfunkstaatsvertrag formulierten Anforderungen an die Regionalfensterprogramme lassen im Hinblick auf die Gestaltung der Sendungen nur einen
Schluss zu: Sie müssen das Profil tagesaktueller Informationssendungen mit einer
landesspezifischen Berichterstattungsregion haben. Selbstverständlich sind an Informationssendungen, die über das politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle
Leben regionaler Sendegebiete tagesaktuell berichten sollen, bestimmte Anforderungen hinsichtlich der Berichterstattungsbreite und -tiefe, der Aktualität, der Rechercheleistungen und der Präsentation zu stellen, sonst bliebe der eingangs formulierte
Programmauftrag der Regionalfenster eine Leerformel. Die Landesmedienanstalten
haben in der Vergangenheit mehrere Inhaltsanalysen durchführen lassen, in denen
untersucht werden sollte, ob und in welchem Umfang diesen Anforderungen Rechnung getragen wird.7 Diese Form der wissenschaftlich gestützten Programmbeobachtung wurde im Jahr 2005 verstetigt. Seitdem werden die Regionalfenster kontinuierlich untersucht. Der vorliegende Beitrag gibt die zentralen Ergebnisse für den
Erhebungszeitraum 2006, z.T. im Vergleich zu den Vorjahresdaten, wieder.
1.
Medienpolitischer Hintergrund, Zielsetzung und Methode der kontinuierlichen
Inhaltsanalyse
Trotz der erheblichen medienpolitischen und medienrechtlichen Bedeutung der
Regionalfenster sehen die Hauptprogrammveranstalter diesen Programmbestandteil
als Störfaktor für ihre Einschaltquote und den Audience Flow an. Entsprechend hat
es in der Vergangenheit zahlreiche Versuche gegeben, sich von diesem Ballast zu
4
5
6
7
Vgl. § 25 Abs. 4 Satz 2 RStV 2007.
Vgl. § 31 Abs. 2 Satz 2 RStV 2007.
Vgl. § 26 Abs. 2 Satz 3 RStV 2007.
Vgl. hierzu Vogelsang, Jens (2007): Studien der Landesmedienanstalten zum Lokal- und Regionalfernsehen in Deutschland – Eine Synopse. In: ALM Programmbericht 2006, S. 150ff.
PROGRAMMFORSCHUNG • DIE REGIONALFENSTER VON RTL UND SAT.1 IM JAHR 2006
139
befreien8 oder zumindest den Regionalfensterprogrammen die Anmutung von Unterhaltungsmagazinen zu verleihen.
Der jüngste Versuch einer Modifikation des Status Quo besteht in dem Vorschlag des Hauptveranstalters RTL, seine Regionalfensterprogramme in einen digitalen Spartenkanal auszulagern. Anders als bisher würden die Fenster in diesem Fall
nicht mehr zeitgleich zwischen 18.00 und 18.30 Uhr ausgestrahlt, sondern nacheinander in einer Kernzeit zwischen 17 und 20 Uhr mit anschließenden Wiederholungen (in Form einer Sendeschleife) – vergleichbar dem Repeat-TV-Konzept lokaler
Fernsehsender. Das jetzige RTL-Budget für die Regionalfenster soll in seiner Höhe
von rd. 30 Mio. Euro unangetastet bleiben. RTL erhofft sich durch eine derartige
Auslagerung der Regionalfenster mehr Freiheiten in der Programmierung der Vorabendsendezeit und einen entsprechenden „ökonomischen Mehrwert“. Einer größeren Öffentlichkeit wurden entsprechende Überlegungen und Pläne erstmalig bei den
Medientagen Nord am 22. November 2006 in Kiel vorgestellt.9 Inwieweit eine solche Auslagerung der Regionalfenster in einen digitalen Spartenkanal von der Medienpolitik tatsächlich akzeptiert und als gleichwertige Regelung angesehen wird, ist
momentan noch nicht absehbar.
Festzuhalten bleibt, dass sowohl die Frage nach der Notwendigkeit als auch
nach dem publizistischen Gehalt der Regionalfensterprogramme zu einem gewissen
Dauerkonflikt zwischen den beaufsichtigenden Landesmedienanstalten und den Veranstaltern geführt hat. Insbesondere waren immer wieder der Umfang der Regionalberichterstattung und die thematische Fokussierung strittig.
Zur Normkonkretisierung der im Rundfunkstaatsvertrag formulierten programmlichen Anforderungen hat daher die Direktorenkonferenz im Jahr 2005 die
„Gemeinsamen Richtlinien der Landesmedienanstalten zur Sicherung der Meinungsvielfalt durch regionale Fenster in Fernsehvollprogrammen nach § 25 RStV (Fernsehfensterrichtlinie – FFR)“ formuliert. Die FFR bildet seitdem den definitorischen
Rahmen, an dem sich die kontinuierliche Inhaltsanalyse orientiert. Im Kontext der
ersten Erhebung nach dem Vorliegen der FFR wurden im Jahr 2005 die Anforderungen der FFR im Hinblick auf die Inhaltsanalyse operationalisiert und mit den
beteiligten Landesmedienanstalten sowie der GSPWM abgestimmt.
Die Untersuchung des Jahres 2006, deren Ergebnisse nachfolgend vorgestellt
werden, orientiert sich in ihrer methodischen Vorgehensweise an derjenigen der
8
9
Vgl. hierzu Volpers, Helmut/Christian Salwiczek/Detlef Schnier (2000): Regionalfenster im Programm
von RTL und SAT.1. Eine vergleichende Inhaltsanalyse von Programmangeboten und journalistischer
Qualität. Opladen (Schriftenreihe Medienforschung der LfR Nordrhein-Westfalen; Bd. 35), S. 11, sowie
Vogelsang 2007, S. 153.
Bei einer Zustimmung für die Auslagerung der Regionalfenster, d.h. inklusive sämtlicher Bonusregelungen für den Sender, bietet RTL – nach Aussage des RTL-Bereichsleiters für Medienpolitik Tobias
Schmid – die Produktion eines zusätzlichen regionalen Fensters an. Entsprechende Wünsche existieren
u.a. im Saarland, das sich dadurch eine umfangreichere Berichterstattung in den privaten Programmen
erhofft, und auch aus dem Bereich der neuen Bundesländer, in denen bis dato noch keine Regionalfenster ausgestrahlt werden. Die Produktion des fünften Fensters soll jedoch kostenneutral, d.h. ohne Budgeterhöhung erfolgen.
PROGRAMMFORSCHUNG • DIE REGIONALFENSTER VON RTL UND SAT.1 IM JAHR 2006
140
Vorgängerstudie. Die Programmanalyse erfolgte auf der Grundlage einer insgesamt
vierwöchigen Stichprobe mit zwei Erhebungszeiträumen: 6.–17. Februar 2006 und
4.–15. September 2006. Für die Sendegebiete Niedersachsen/Bremen und Bayern
gab es im Herbst abweichende Stichprobenzeiträume. Aufgrund der Kommunalwahlen in Niedersachsen am 10. September 2006 wurde von den dortigen Regionalfenstern eine Ersatzstichprobe vom 18.–29. September 2006 aufgezeichnet. In Bayern
war die Ereignislage durch den Besuch des Papstes in diesem Bundesland vom
9.–14. September 2006 verzerrt. Hier wurde stattdessen die Erhebungswoche vom
18.–22. September 2006 aufgezeichnet und ausgewertet.
Untersuchungsgegenstand sind die in Abbildung 1 dargestellten zehn Regionalfenster, die in den Programmen von RTL und Sat.1 ausgestrahlt werden.
Abb. 1
UNTERSUCHTE REGIONALFENSTER
SENDER1
Hamburg/
Schleswig-Holstein
Niedersachsen/Bremen
Nordrhein-Westfalen
Hessen
RTL
Sat.1
Guten Abend RTL
Hamburg/Schleswig-Holstein
Guten Abend RTL
Niedersachsen/Bremen
Guten Abend RTL
Nordrhein-Westfalen
Guten Abend RTL
Hessen
17:30 live
Hamburg/Schleswig-Holstein
17:30 live
Niedersachsen/Bremen
17:30 live
Nordrhein-Westfalen
–
Rheinland-Pfalz/Hessen
–
17:30 live
Rheinland-Pfalz/Hessen
Rheinland-Pfalz/
Baden-Württemberg
RNF Life 2
–
Bayern
–
17:30 live
Bayern
1 RTL sendet sein Magazin montags bis freitags von 18.00 bis 18.30 Uhr und Sat.1 von 17.30 bis 18.00 Uhr.
2 Bei RNF Life handelt es sich um ein Ballungsraumangebot, das auf der Frequenz von RTL in Baden-Württemberg und in
Teilen von Rheinland-Pfalz verbreitet wird
In der kontinuierlichen Inhaltsanalyse wird zunächst geprüft, ob die Regionalfenster
die folgenden zeitlichen und inhaltlichen Anforderungen nach § 25 Abs. 4 Satz 1
RStV im Sinne der FFR Punkt 1 Abs. 2 Satz 2–6 erfüllen:
-
Eine Bruttosendezeit von 30 Minuten,
20 Minuten Nettosendezeit mit „redaktionell gestalteten Inhalten [...] aus der
Region, für die das Regionalprogramm bestimmt ist“,
im Durchschnitt einer Woche mindestens 10 Minuten regionale und aktuelle
und ereignisbezogene Inhalte.
Da die Veranstalter im Kontext der Regionalfenster Werbung und Trailer für das
Hauptprogramm ausstrahlen, reduziert sich der Umfang der redaktionell gestalteten
PROGRAMMFORSCHUNG • DIE REGIONALFENSTER VON RTL UND SAT.1 IM JAHR 2006
141
Sendezeit. Die FFR begrenzt die Sendezeit der nichtredaktionellen Elemente auf 10
Minuten. Zugleich wird als Bezugsraum der Berichterstattung das Ausstrahlungsgebiet festgelegt. Mindestens 20 Minuten des redaktionellen Programms jeder einzelnen Sendung müssen sich hier verorten lassen. Der Punkt 3 fordert, allerdings lediglich im Wochendurchschnitt (also nicht für jede Sendung), eine Berichterstattung,
die sich auf aktuelle und tatsächliche Ereignisse des Sendegebiets bezieht. Hiermit
soll ein Mindestmaß an journalistischem Rekurs auf die Ereignisagenda gewährleistet
werden. Den Hintergrund für diese Konkretisierung bietet die Produktionspraxis
früherer Jahre, ganz allgemeine Themen mit Daueraktualität ohne erkennbaren Regionalbezug (vorrangig Human Touch, persönliche Schicksale, Erotik etc.) in den
Regionalfenstern zu platzieren, und die entsprechenden Filmberichte zwischen den
Regionalfenstern auszutauschen.
Mit dem Erbringen dieser formalen Bedingungen sind die Anforderungen der
FFR noch nicht hinlänglich erfüllt. Vielmehr ist auch zu fragen, ob die Regionalfenster tatsächlich eine „authentische Darstellung des politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Lebens“ der Region leisten, wie in Punkt 1 der FFR gefordert.
Die kontinuierliche Inhaltsanalyse untersucht daher neben den formalen Anforderungen auch die publizistischen, die ungleich schwerer zu operationalisieren sind als
die formalen. Im Kern geht es hierbei darum, die Berichterstattungsgegenstände den
o.g. Kategorien zuzuordnen, um zu prüfen, ob eine thematische Vielfalt gegeben ist.
Der Hintergrund für diese Forderung ist wiederum in der früheren Programmpraxis
zu sehen, in der eine starke Fokussierung auf Human-Touch-Themen bzw. Unterhaltungspublizistik – bei gleichzeitiger Vernachlässigung seriöser Berichterstattungsgegenstände – festzustellen war. Die Operationalisierung bzw. Zuordnung einzelner
Beiträge zu einem Themenbereich war zwischen dem Forschungsteam und den
betroffenen Redaktionen immer wieder Gegenstand von Kontroversen. Wenngleich
sich das Kategorienschema an die Standarduntersuchung zur kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten anlehnt und bereits in der Regionalfensterstudie des Jahres 2000 ausführlich expliziert wurde, haben die Veranstalter die Zuordnungskompetenz der Forschungsgruppe immer wieder infrage gestellt.
Inzwischen wird allerdings nach einigen Workshops, in denen Fallbeispiele diskutiert
wurden, und durch die Anschlusskommunikation nach der Präsentation der Ergebnisse das Zuordnungsprinzip von den Veranstaltern weitgehend akzeptiert. Die
Durchführung der kontinuierlichen Inhaltsanalyse wird von etlichen Redaktionen
der Regionalfenster sogar begrüßt, da sie zur Durchsetzung einer publizistischen
Qualitätssteigerung in der Diskussion mit dem Hauptprogrammveranstalter genutzt
werden kann.10
Nachfolgend werden zunächst die allgemeine Programmstruktur der Regionalfenster erläutert und im Anschluss daran die Ergebnisse der Inhaltsanalyse in Bezug
auf die formalen und publizistischen Merkmale der Sendungen dargestellt.
10
Entsprechende Äußerungen wurden von einigen Redaktionsleitern an das Forscherteam herangetragen.
PROGRAMMFORSCHUNG • DIE REGIONALFENSTER VON RTL UND SAT.1 IM JAHR 2006
142
2. Sendungsübergreifende Strukturmerkmale der Regionalfenster
2.1 Die Struktur der Regionalfenster auf der Frequenz von RTL
Die Struktur der auf RTL montags bis freitags von 18.00 bis 18.30 Uhr ausgestrahlten Regionalfenster ist weniger einheitlich, als dies bei den Sat.1-Regionalfenstern
der Fall ist (s.u.). Die RTL-Regionalfenster in Hamburg/Schleswig-Holstein und in
Niedersachsen/Bremen beginnen ohne Trailer mit der Themenvorschau, die RTLRegionalfenster in Nordrhein-Westfalen und Hessen teasern zwei Themen in Form
von Filmausschnitten mit Ton aus dem Off an. Die Moderatorin/der Moderator
begrüßt dann das Publikum zu „Guten Abend RTL“, verbunden mit der Nennung
des jeweiligen Bundeslands. Anschließend gibt es zwei Varianten des Sendungsbeginns: Entweder wird der erste Beitrag anmoderiert oder aber es erfolgt eine zweite
kurze Themenvorschau (hierbei werden zwei Themen angeteasert im Film mit OffTon, verbunden mit dem Insert „Gleich“ oder „Jetzt“); dann schließt sich der Werbeblock an.
Während drei RTL-Regionalfenster einen Nachrichtenblock haben, verzichtet
das Regionalfenster in Niedersachsen/Bremen auf einen geschlossenen Nachrichtenblock und streut stattdessen einzelne Sprechermeldungen in das Programm ein.
Das RTL-Regionalfenster in Hessen hat zwei Nachrichtenblöcke, wobei der zweite
Block ein Serviceblock mit Verbrauchermeldungen ist. Sämtliche RTL-Regionalfenster enthalten pro Sendung im Durchschnitt sechs Filmbeiträge, die jeweils mit
einer Anmoderation präsentiert werden. Die Gestaltung der Wetterberichte ist uneinheitlich. Bemerkenswert sind jedoch die überlangen Wetterberichte mit (wetterfremden) Filmeinspielungen bei drei Regionalfenstern; eine Ausnahme bilden die
Sendungen in Nordrhein-Westfalen mit einem nur 30-sekündigen Wetterbericht.
Von den drei bis fünf Minuten langen Wetterberichten der anderen drei Fenster
macht die eigentliche Vorhersage nur einen Bruchteil aus (max. eine Minute). Gewinnspiele sind bei den RTL-Regionalfenstern kein tragendes Programmelement. In
Hessen und Niedersachsen/Bremen gibt es überhaupt keine Gewinnspiele, in Hamburg/Schleswig-Holstein treten sie eher sporadisch in Erscheinung. Lediglich in
Nordrhein-Westfalen ist das „NRW-Glücksbaby“ wesentlicher Programmbestandteil.
RNF Life (Rhein-Neckar Fernsehen)
Das auf der Frequenz von RTL ausgestrahlte Programm RNF Life (RheinlandPfalz/Baden-Württemberg) ist als Ballungsraumfernsehen für das Rhein-NeckarDreieck ein Sonderfall im Kontext der Regionalfenster.
Die Sendungen beginnen jeweils mit einem Trailer, allerdings ohne Themenübersicht. Nach der Begrüßung leitet der Moderator direkt zum ersten Beitrag über.
Pro Sendung werden drei bis fünf Filmbeiträge ausgestrahlt, deren Platzierung im
Sendungsablauf variabel ist. Das Magazin enthält zwei Nachrichtenblöcke: Der erste
Block umfasst fünf bis sieben Meldungen, der zweite drei bis fünf. Die Nachrichten
werden in erster Linie als Sprechermeldungen präsentiert, seltener als Nachrichtenfilme (Filmeinspielung mit Off-Ton). Der Umfang beider Nachrichtenblöcke beträgt
zusammen durchschnittlich fünfeinhalb Minuten pro Sendung.
PROGRAMMFORSCHUNG • DIE REGIONALFENSTER VON RTL UND SAT.1 IM JAHR 2006
143
Der Wetterbericht befindet sich am Sendungsende, ist eingerahmt von Sponsorhinweisen und dauert nur 20 Sekunden. Die eigentliche Vorhersage umfasst lediglich
fünf Sekunden, die restliche Zeit wird mit kurzen Filmeinspielungen aufgefüllt (Passanten, Naturimpressionen). Bei RNF Life gibt es keine klassischen Gewinnspiele,
allerdings werden gelegentlich Karten für regionale Veranstaltungen, Konzerte,
Sportereignisse etc. verlost. Pro Sendung gibt es zwei Werbeblöcke, deren Umfänge
jeweils zwei bis vier Minuten betragen. Im Sendungsabspann findet eine kurze Verabschiedung durch den Moderator statt; im Splitscreen werden dabei in der anderen
Bildhälfte die Moderatoren- und Studioausstatter genannt. Des Öfteren wird auf
Sendungen des Folgetags hingewiesen; Trailer für anschließende Sendungen kommen nicht vor.
RNF Life hat eine völlig andere Anmutung als die sonstigen auf der RTLFrequenz ausgestrahlten Regionalfenster. Dies resultiert einerseits aus der Anwesenheit eines Studiopublikums, das in die Sendung einbezogen wird, sowie häufig auch
von Studiogästen aus der Region. Andererseits werden oftmals Künstler (manchmal
auch Sportler) im Studio präsentiert, teilweise mit längeren Liveauftritten.
2.2 Die Struktur der Regionalfenster auf der Frequenz von Sat.1
Die fünf auf der Frequenz von Sat.1 montags bis freitags von 17.30 bis 18.00 Uhr
ausgestrahlten Regionalfenster haben im Sendungsaufbau eine weitgehend identische
Struktur. Sie beginnen immer mit der Themenübersicht, in der drei Themen (im
Sat.1-Regionalfenster Nordrhein-Westfalen nur zwei) mit einem kurzen Filmausschnitt und einem Sprecher aus dem Off angeteasert werden. Anschließend erfolgt
die offizielle Bezeichnung des Sat.1-Regionalfensters mit „17:30 live ...“ und der
Nennung des jeweiligen Bundeslands. Erst dann erscheint der Moderator/die Moderatorin mit der Begrüßung und Anmoderation des ersten Beitrags im Bild.
In der Regel enthalten die Sat.1-Regionalfenster einen Nachrichtenblock mit
überwiegend regionalen Informationen. Eine Ausnahme bildet das Fenster von
Hamburg/Schleswig-Holstein, in dem zwei Nachrichtenblöcke enthalten sind. Die
Gestaltung und Dauer der Nachrichtenblöcke ist jedoch von Veranstalter zu Veranstalter unterschiedlich. Neben den Nachrichtenblöcken erfolgt die regionale Berichterstattung in durchschnittlich jeweils sechs anmoderierten Filmbeiträgen pro Sendung. Die Wetterberichte beschränken sich bei allen Sat.1-Regionalfenstern auf die
eigentliche Vorhersage, ohne dass auf umfangreiche Filmeinspieler mit Wetterreportern zurückgegriffen wird, wie dies bei drei RTL-Fenstern der Fall ist. Der Umfang
der Wetterberichte ist entsprechend gering und beträgt jeweils nur eine Minute.
Gewinnspiele kommen in vier der fünf Regionalfenster von Sat.1 vor (Ausnahme:
Rheinland-Pfalz/Hessen). Durch die mehrfachen Hinweise in den Sendungen sowie
das eigentliche Gewinnspiel nimmt dieses Programmelement einen nicht unerheblichen Raum ein, wobei auch hier fensterspezifisch deutliche Unterschiede feststellbar
sind.
PROGRAMMFORSCHUNG • DIE REGIONALFENSTER VON RTL UND SAT.1 IM JAHR 2006
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Die Abmoderation der Sendungen ist als Splitscreen gestaltet: Der Moderator
wird in der linken Bildschirmhälfte, die Sponsoren bzw. Ausstatter werden in der
rechten Hälfte gezeigt. Es folgt ein Trailer für das nichtregionale Folgeprogramm
(z.B. „Schmetterlinge im Bauch“, „Schillerstraße“), dann der Werbeblock und
schließlich ein weiterer Trailer für eine nachfolgende nichtregionale Sendung (z.B.
„Blitz“, „Sat.1 News“). Der Umfang des Scharnier-Werbeblocks nach dem Ende der
redaktionellen Programmfläche beträgt im Durchschnitt fünf Minuten.
3.
Die Umsetzung der formalen Anforderungen der FFR in der Programmpraxis
Bezogen auf die zentralen Anforderungen der FFR nach einem Regionalbezug von
20 Minuten einerseits und nach aktueller regional- und ereignisbezogener Berichterstattung von jeweils 10 Minuten andererseits sind folgende Befunde zu konstatieren:
-
-
-
Im Untersuchungszeitraum haben alle Veranstalter die Verpflichtung erfüllt,
werktäglich außer samstags ein Regionalfenster mit einer Bruttosendezeit von
30 Minuten auszustrahlen.
In den untersuchten Regionalfenstersendungen wurde der Anforderung, redaktionell gestaltete Inhalte mit Regionalbezug im Umfang von 20 Minuten auszustrahlen, weitgehend nachgekommen: Die Regionalfenster auf der Frequenz
von Sat.1 erfüllen an allen 20 Untersuchungstagen diese Anforderung, mit
Ausnahme einer Sendung bei „Sat.1 17:30 live für Bayern“. Bei den auf RTL
ausgestrahlten Regionalfenstern erfüllt lediglich das für Niedersachsen/Bremen
mit einer Sendung diese Anforderung nicht.
Die weitere Anforderung der FFR, im Durchschnitt einer Woche mindestens
10 Minuten aktuelle, ereignis- und regionalbezogene Inhalte zu senden, ist von
allen untersuchten Regionalfenstern erfüllt worden.
Für die landesweit ausgestrahlten Regionalfenster von Sat.1 und RTL kann also
zusammenfassend festgestellt werden, dass sie die formalen Anforderungen der FFR
– von zu vernachlässigenden minimalen zeitlichen Unterschreitungen abgesehen –
erfüllen. Bei der Mittelwertbetrachtung über alle Regionalfenster ist im Vergleich
zum Jahr 2005 ein leichter Anstieg um 1,4 Prozent im Umfang des publizistischen
Kerns der Regionalprogramme festzustellen (vgl. Abb. 2). Die Dauer von Gewinnspielen und Trailern ist hingegen leicht zurückgegangen. Dies ist notabene eine Mittelwertbetrachtung, die den allgemeinen Trend beschreibt.
4.
Die Umsetzung der publizistischen Anforderungen der FFR in der Programmpraxis
Ausgangspunkt für die nachfolgend dargestellten Ergebnisse der Analyse sind diejenigen Sendestrecken der Fensterprogramme, die bei der formalen Prüfung als regionale Programmelemente definiert wurden. Durchschnittlich sind dies – im Mittelwert aller
Regionalfenster – mehr als 20 Minuten der Bruttosendezeit. Dieser regionale Bestandteil des Programms lässt sich allerdings nicht vollständig als themenbezogene
Berichterstattung erfassen. Er enthält daneben Gewinnspiele, Moderationsstrecken
PROGRAMMFORSCHUNG • DIE REGIONALFENSTER VON RTL UND SAT.1 IM JAHR 2006
145
ohne Bezug zu Einzelthemen (z.B. Abmoderation der Sendung) und Trailer. Der
nach Abzug dieser Programmelemente verbleibende publizistische Kern bildet die Basis
für die Betrachtung der Themenvarianz der jeweiligen Regionalfensterberichterstattung. Die Abbildungen 3 und 4 geben die Themenagenda aller Regionalfenster jeweils für 2005 und 2006 zusammengefasst wieder.
ANTEILE REGIONALER PROGRAMMELEMENTE IN PROZENT
Abb. 2
(Vergleich der Mittelwerte von 2006 vs. 2005)1
100
91,8
90,4
90
80
70
60
50
40
30
20
10
1,1
1,1
4,8
5,1
2,3
3,5
0
Publizistischer Kern
des Regionalprog.
Sendungsbezogene
Moderationen
Gewinnspiele
2006
Trailer für regionale
Programmelemente
2005
1 Basis: Regionale Programmelemente aller untersuchten Regionalfenster insgesamt.
Für die Darstellungen in Abbildung 3 und 4 gilt, dass diese Betrachtung lediglich
eine heuristische Funktion erfüllt, insofern sie einen möglichen Trend bei der Entwicklung der Regionalfenster insgesamt aufzeigt. Im Vergleich zum Erhebungsjahr
2005 sind leichte Unterschiede erkennbar: Die Berichterstattung im Themenfeld der
regionalen Politik ist minimal um 1,4 Prozent auf nunmehr 16,8 Prozent angestiegen. Hier ist also eine Stabilisierung feststellbar – wenngleich auf niedrigem Niveau.
Das breite Feld der unpolitischen gesellschaftsbezogenen Themen ist um ca. 5 Prozent auf 32,8 Prozent gesunken. Dies ist überwiegend auf den Rückgang der Berichterstattung über wirtschaftliche Themen von 10,3 im Jahr 2005 auf nunmehr
lediglich 4,7 Prozent zurückzuführen. Zudem hat die Berichterstattung über kulturelle Themen um 1,8 Prozent zugenommen. Die Human-Touch-Berichterstattung ist
nochmals um 2,8 Prozent auf 32,3 Prozent angestiegen. Bei den Themenbereichen
Private Lebenswelt und Wetter sind jeweils leichte Rückgänge zu verzeichnen. Deutlich umfangreicher geworden ist hingegen die Sportberichterstattung.
PROGRAMMFORSCHUNG • DIE REGIONALFENSTER VON RTL UND SAT.1 IM JAHR 2006
146
THEMENAGENDA DER BERICHTERSTATTUNG 2006
Abb. 3
(Mittelwerte der Sendezeit in Prozent)1
50
45
40
32,8
35
30
25
20
32,3
7,6
Kultur
16,8
15
20,5
Soziales
Leben
10
5
4,7
Wirtschaft
0
Politik
Gesellschaft
19,2
Kriminalität
13,1
Zerstreuung
Human
Touch
4,9
6,8
6,3
0,3
Private
Lebenswelt
Sport
Wetter
Sonstige
Themen
1 Basis: Publizistischer Kern des Regionalprogramms aller Regionalfenster.
THEMENAGENDA DER BERICHTERSTATTUNG 2005
Abb. 4
(Mittelwerte der Sendezeit in Prozent)1
50
45
40
35
30
32,7
5,8
Kultur
25
20
15
15,4
29,5
21,6
Soziales
Leben
10
9,3
Kriminalität
20,2
Zerstreuung
6,3
10,3
Wirtschaft
5
7,1
3,9
0,1
0
Politik
Gesellschaft
Human
Touch
Private
Lebenswelt
1 Basis: Publizistischer Kern des Regionalprogramms aller Regionalfenster.
Sport
Wetter
Sonstige
Themen
PROGRAMMFORSCHUNG • DIE REGIONALFENSTER VON RTL UND SAT.1 IM JAHR 2006
147
POLITIKBERICHTERSTATTUNG
Abb. 5
(Abweichungen vom Mittelwert in Prozent)1
-15
-10
-5
Mittelwert
0
5
16,8
10
6.1
17:30 live Hamburg/Schleswig-Holstein
-3.6
Guten Abend RTL Hamburg/Schleswig-Holstein
10.4
17:30 live Niedersachsen/Bremen
-5.2
Guten Abend RTL Niedersachsen/Bremen
1.0
17:30 live Nordrhein-Westfalen
-7.7
Guten Abend RTL Nordrhein-Westfalen
Guten Abend RTL Hessen
15
-10.2
13.5
17:30 live Rheinland-Pfalz/Hessen
-0.1
RNF Life
-3.4
17:30 live Bayern
1 Basis: Publizistischer Kern des Regionalprogramms jedes Fensters.
Erläuterung: Dargestellt werden jeweils die Unterschiede gegenüber dem Mittelwert aller Regionalfenster.
BERICHTERSTATTUNG ÜBER HUMAN-TOUCH-THEMEN
Abb. 6
(Abweichungen vom Mittelwert in Prozent)1
-15
17:30 live Hamburg/Schleswig-Holstein
-10
-5
Mittelwert
0
5
32,8
-9,5
9,9
Guten Abend RTL Hamburg/Schleswig-Holstein
17:30 live Niedersachsen/Bremen
3,6
-3,3
Guten Abend RTL Niedersachsen/Bremen
17:30 live Nordrhein-Westfalen
1,6
9,2
Guten Abend RTL Nordrhein-Westfalen
Guten Abend RTL Hessen
17:30 live Rheinland-Pfalz/Hessen
RNF life
17:30 live Bayern
10
-0,5
-10,5
-9,2
3,2
1 Basis: Publizistischer Kern des Regionalprogramms jedes Fensters.
Erläuterung: Dargestellt werden jeweils die Unterschiede gegenüber dem Mittelwert aller Regionalfenster.
15
PROGRAMMFORSCHUNG • DIE REGIONALFENSTER VON RTL UND SAT.1 IM JAHR 2006
148
Dieser generelle Befund ermöglicht es nun, die fensterspezifischen Abweichungen zu beschreiben und hierbei die jeweiligen publizistischen Profile genauer in
den Blick zu nehmen. Die Abbildungen 5 und 6 zeigen exemplarisch für die Themenbereiche Politik und Human Touch, dass eine generalisierende Betrachtung der
Regionalfensterprogramme schnell an ihre Grenzen stößt, da die Programmprofile
durchaus variieren. Zugleich wird deutlich, dass die Regionalfenster entsprechend
ihrer jeweiligen Hauptveranstalter Ähnlichkeiten aufweisen (vgl. hierzu das Fazit).
5.
Exemplarische Betrachtung der räumlichen Dimension der Berichterstattung
In der FFR werden Anforderungen an die räumliche Dimension der Berichterstattung in Punkt 1 Abs. 2 nur implizit formuliert: Es soll eine authentische Darstellung
der Ereignisse „aus der Region, für die das Regionalfenster bestimmt ist“, stattfinden. Es liegt nahe, dass hiermit das Sendegebiet insgesamt und nicht lediglich einzelGUTEN ABEND RTL NORDRHEIN-WESTFALEN
REGIONALE VERTEILUNG DER SENDEGEBIETSBEZOGENEN BEITRÄGE
Abb. 7
(Fälle in Prozent)1
Weniger als 1 Prozent
1 bis 2,5 Prozent
2,5 bis 5 Prozent
1 Basis: Sendegebietsbezogene Berichterstattung nach Kreisen (=201 Fälle).
Über 5 Prozent
PROGRAMMFORSCHUNG • DIE REGIONALFENSTER VON RTL UND SAT.1 IM JAHR 2006
149
ne Städte bzw. die Ballungsräume gemeint sind. Von der Berichterstattung eines
Regionalmagazins ist eine publizistische Abdeckung des gesamten Sendegebiets zu
erwarten. In der kontinuierlichen Inhaltsanalyse werden daher die Ereignisorte der
Berichterstattung erfasst, um die räumliche Abdeckung der Sendegebiete nachzeichnen zu können.
SAT.1 – 17:30 LIVE NORDRHEIN-WESTFALEN
REGIONALE VERTEILUNG DER SENDEGEBIETSBEZOGENEN BEITRÄGE
Abb. 8
(Fälle in Prozent)1
Weniger als 1 Prozent
1 bis 2,5 Prozent
2,5 bis 5 Prozent
Über 5 Prozent
1 Basis: Sendegebietsbezogene Berichterstattung nach Kreisen (=180 Fälle).
Generalisierend lässt sich für alle Regionalfenster feststellen, dass die Berichterstattung stark auf einzelne Städte oder Ballungsräume fokussiert ist. Dieser weitgehende
Verzicht auf eine flächendeckende Berichterstattung ist sicherlich ein Reflex auf die
personelle und ökonomische Ausstattung der Redaktionen, die studionahe Filmberichte erzwingt. Andererseits ist sie mit der Ereignislage und der Themenagenda
verknüpft. Ohne Zweifel bieten die Landeshauptstädte und -metropolen eine umfangreichere Ereignislage, auf die es journalistisch zu reagieren gilt, als ländliche
Regionen. Dass jedoch in weiten Teilen einzelner Sendegebiete keinerlei für ein
PROGRAMMFORSCHUNG • DIE REGIONALFENSTER VON RTL UND SAT.1 IM JAHR 2006
150
Regionalfenster publizistisch relevantes Ereignis vorliegt, ist mehr als unwahrscheinlich. Vielmehr spiegelt sich in der mangelnden Raumabdeckung die Engführung in
der Themenagenda wider, die von Boulevardthemen dominiert wird. Die Akteure
entsprechender Beiträge können problemlos aus beliebigen Orten des Sendegebiets
stammen. Bei einer Berichterstattung, die auf die seriöse Ereignisagenda rekurriert,
erzwingt hingegen das Ereignis den Drehort. Insbesondere in den großräumigen
Flächenländern ist eine entsprechende Themenselektion für die Redaktionen jedoch
personell kaum leistbar.
SAT.1 – 17:30 LIVE BAYERN
REGIONALE VERTEILUNG DER SENDEGEBIETSBEZOGENEN BEITRÄGE
Abb. 9
(Fälle in Prozent)1
Weniger als 1 Prozent
1 bis 2,5 Prozent
2,5 bis 5 Prozent
Über 5 Prozent
1 Basis: Sendegebietsbezogene Berichterstattung nach Kreisen (=273 Fälle).
Die beschriebene regionale Engführung in der Berichterstattung ist allerdings in den
einzelnen Regionalfenstern unterschiedlich. Im Hauptbericht der kontinuierlichen
PROGRAMMFORSCHUNG • DIE REGIONALFENSTER VON RTL UND SAT.1 IM JAHR 2006
151
Inhaltsanalyse wird daher für jedes Sendegebiet eine auf Kreise bezogene Auswertung des Raumbezugs der Berichterstattung vorgenommen (nach Fällen und nach
Sendezeit). Nachfolgend wird dies exemplarisch für die Regionalfenster NordrheinWestfalen und Bayern (nach Fällen) beschrieben. Die Abbildungen 7 und 8 stellen
kartographisch die Berichterstattungsschwerpunkte und -lücken der Regionalfenster
in Nordrhein-Westfalen dar. Es zeigen sich in der Raumabdeckung beider Regionalfenster etliche weiße Flecken und eine deutliche Fokussierung auf die Rhein- und
Ruhrmetropolen. Dieser Befund deckt sich mit den Ergebnissen sämtlicher vorhergehenden Inhaltsanalysen. Allerdings ist beim Sat.1-Regionalfenster (im Vergleich
zum Erhebungszeitraum 2005) die Streuung der räumlichen Berichterstattung breiter
geworden. Das Sat.1-Regionalfenster hat insgesamt auch eine größere Raumabdeckung als das RTL-Fenster. In diesem entfallen nahezu 20 Prozent aller ortsbezogenen Berichte auf Köln und über 15 Prozent auf Düsseldorf, im Sat.1-Fenster sind es
dagegen 11 Prozent für Köln und 8 Prozent für Düsseldorf. Im großen Flächenland
Bayern wird die Problematik der schwachen Raumabdeckung besonders deutlich
(vgl. Abb. 9). Hier wurden viele Regionen des Bundeslands – trotz der im Vergleich
zu Nordrhein-Westfalen höheren Fallzahl – im Erhebungszeitraum von immerhin
vier Wochen kaum von der Berichterstattung wahrgenommen. Besonders stark ist
mit fast 30 Prozent der Fälle die Konzentration auf München.
6.
Fazit
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Steuerungsfunktion der FFR Wirkung in der
Programmpraxis zeigt: Die Veranstalter der Regionalmagazine richten – offenbar in
Kenntnis der kontinuierlichen Programmanalyse – ihre redaktionellen Konzepte an
den Anforderungen der FFR aus. Auf der formalen Ebene sind daher für den Berichtszeitraum kaum Abweichungen von den Sollwerten festzustellen. Auch hat es
gegenüber dem Erhebungszeitraum 2005 keine Ausweitung der Gewinnspiele und
Trailer gegeben. Die in 2005 feststellbaren ausufernden Wetterberichte sind im Mittelwert über alle Regionalfenster zwar leicht zurückgegangen, haben aber bei einigen
RTL-Regionalfenstern einen Umfang, der nicht weiter überschritten werden sollte.
Ansonsten wäre der hohe Anteil der Wetterberichte an der Erfüllung der zehnminütigen regionalbezogenen Berichterstattung mit Ereignisbezug und Aktualität im
Wochendurchschnitt kaum noch zu tolerieren.
Weitaus differenzierter ist die Entwicklung der eigentlichen publizistischen
Leistung zu betrachten. Vereinfacht man die im Hauptbericht für jedes Regionalfensterprogramm vorgenommene Detailbetrachtung auf die zentralen Befunde, ergibt sich folgendes Bild:
-
Die Regionalfenster auf RTL haben sich in publizistischer Hinsicht nahezu gegenläufig zu denjenigen auf Sat.1 entwickelt. Die Berichterstattung über das Themenfeld Politik bewegt sich auf niedrigem Niveau und ist bei einigen Regionalfenstern erheblich reduziert worden. Innerhalb der Regionalberichterstattung
werden Hard-News-Themenfelder zumeist äußerst knapp behandelt. Die Regi-
PROGRAMMFORSCHUNG • DIE REGIONALFENSTER VON RTL UND SAT.1 IM JAHR 2006
152
-
-
onalität wird häufig durch lange Filmberichte in Form von Doku-Soaps oder
überlangen Wetterberichten erbracht. Die RTL-Regionalfenster sind ohne
Zweifel im Vergleich zum Jahr 2003 – vor dem Vorliegen der FFR – regionaler
geworden und tauschen auch (zumindest im Erhebungszeitraum) keine Beiträge zwischen den Regionalfenstern mehr aus. Insofern greift offenbar auch hier
die Steuerungsfunktion der FFR. Insgesamt bewegen sich die RTL-Regionalfenster allerdings in publizistischer Hinsicht eher im Grenzbereich dessen, was
die FFR vorgibt. Hierbei gilt es nochmals zu differenzieren: Im RTLRegionalfenster Hamburg/Schleswig-Holstein ist die skizzierte negative Entwicklung schwächer ausgeprägt als in den anderen drei Regionalfenstern.
Das Programmangebot von RNF Life hat als Ballungsraum-TV eine grundlegend andere Struktur als die sonstigen auf der RTL-Frequenz ausgestrahlten
Magazine. Auch hier zeigt sich auf der formalen Ebene eine Verbesserung gegenüber dem Erhebungszeitraum 2005. Deutlich ausgewogener und breiter als
bei den o.g. RTL-Regionalfenstern ist hier die publizistische Abdeckung der
Themenagenda.
Die Regionalfenster auf Sat.1 sind in ihrer publizistischen Leistung bezogen auf
die Regionalberichterstattung stabil geblieben oder haben diese sogar deutlich
gesteigert. Ihre Themenagenda ist ausgewogen und umfasst auch landesspezifische politische Ereignisse. Mit Ausnahme des bayerischen Magazins haben alle
Regionalfenster den Umfang ihrer politischen Berichterstattung – teilweise gravierend – erhöht. Rückläufig ist allerdings die Wirtschaftsberichterstattung. Da
die Ursache dafür nicht in der Ereignislage begründet sein kann, sollte dieser
Sachverhalt weiter im Blick behalten werden. Insgesamt ist die Entwicklung der
Sat.1-Regionalfenster vor dem Hintergrund der Anforderungen der FFR jedoch als positiv zu bezeichnen.
Trotz einiger positiver Entwicklungen scheint es erforderlich zu sein, die Programmpraxis der Regionalfenster, insbesondere im Hinblick auf ihre publizistische
Leistung, auch in Zukunft regelmäßig zu beobachten und ggf. im Einzelfall auf die
Veranstalter aufsichtlich einzuwirken.
Literatur
Vogelsang, Jens (2007): Studien der Landesmedienanstalten zum Lokal- und Regionalfernsehen in Deutschland – Eine Synopse. In: ALM Programmbericht 2006,
S. 145-168.
Volpers, Helmut/Christian Salwiczek/Detlef Schnier (2000): Regionalfenster im
Programm von RTL und SAT.1. Eine vergleichende Inhaltsanalyse von Programmangeboten und journalistischer Qualität. Opladen (Schriftenreihe Medienforschung der LfR Nordrhein-Westfalen; Bd. 35).
STREITPUNKTE – STANDPUNKTE
PROGRAMMDISKURS • PRIVATE FERNSEHVOLLPROGRAMME – EIN AUSLAUFMODELL?
157
Private Fernsehvollprogramme –
Ein Auslaufmodell?
Wenn man normale Fernsehzuschauer – also Menschen, für die „Fernsehen“ nichts
anderes ist als eine von vielen Möglichkeiten, sich die Zeit zu vertreiben bzw. sie zu
nutzen, um sich zu unterhalten oder zu informieren – mit dem Begriff des Fernsehvollprogramms konfrontiert, wird man nur Unverständnis ernten. Wenn man ihnen
jedoch die Frage stellt, welche Programme sie tagtäglich einschalten, werden sie vor
allem die Namen von Vollprogrammen nennen, ohne sich dessen bewusst zu sein.
Die Zahlen der Fernsehzuschauerforschung sprechen eine eindeutige Sprache. Acht
Vollprogramme – zwei öffentlich-rechtliche (ARD/Das Erste und ZDF) und sechs
private (RTL, VOX und RTL II; Sat.1, ProSieben und kabel eins) – stehen auf den
ersten Rangplätzen des deutschen Zuschauermarkts.1
Die sechs privaten Vollprogramme teilen 40 Prozent dieses Markts unter sich
auf. „Relevanz“ kann man ihnen daher mit Sicherheit nicht absprechen. Sie sind ein
prägender Bestandteil eines zentralen Bereichs in unserer Gesellschaft, in dem starke
wirtschaftliche und kulturelle Interessen aufeinanderstoßen, sich durchdringen und
abstoßen. Wir sprechen vom Rundfunk bzw. – enger gefasst – vom Fernsehen in
Deutschland.
Die Kategorie des Vollprogramms ist ein Produkt der rechtlichen Neuordnung
des Rundfunks Ende der 1980er, Anfang der 1990er Jahre. Mit ihr wird für einen
einzelnen, aus der Sicht der Gesetzgeber besonders herauszuhebenden Programmtyp gefordert, was man auch grundsätzlich als „Philosophie“ der Rundfunkordnung
in der Bundesrepublik Deutschland bezeichnen kann: Rundfunk nicht nur als privates
Geschäft zu realisieren, sondern auch im öffentlichen Auftrag der Gesellschaft.
Auf den ersten Blick scheint die Geschäfts- und Auftragsverteilung unter dem
Dach der dualen Rundfunkordnung klar geregelt zu sein. Die öffentlich-rechtlichen
Programmveranstalter verzichten auf das Geschäft und widmen sich dem öffentlichen Auftrag. Dafür werden sie mit Gebühren alimentiert. Die private Seite ist für
das Geschäft verantwortlich. Aber, was gerne übersehen wird: nicht unter Wegfall
des öffentlichen Auftrags. Sie soll und darf ihn vielmehr so realisieren, dass er nicht
geschäftsschädigend ist – d.h. weniger in die „Tiefe“ und „Breite“ gehend, als dies
von der öffentlich-rechtlichen Konkurrenz erwartet wird.
1
Vgl. dazu den Beitrag „Verspartung und Entgrenzung – Fernsehen in Deutschland 2006/2007“ in
diesem Band.
PROGRAMMDISKURS • PRIVATE FERNSEHVOLLPROGRAMME – EIN AUSLAUFMODELL?
158
Das ist nun genau die Stelle, an der sich die medienpolitische Debatte über die
Leistungserwartungen gegenüber dem Privatfernsehen in Deutschland und über die
Qualität privater Fernsehprogramme immer wieder entzündet. Die privaten Fernsehvollprogramme stehen aus zwei Gründen im Mittelpunkt dieser Debatte. Erstens,
weil der Gesetzgeber von ihnen mehr erwartet als z.B. von Spartenprogrammen.
Das betrifft vor allem ihren Beitrag zur individuellen und öffentlichen Information
und Meinungsbildung und damit nicht zuletzt Quantität, thematische Struktur und
Qualität ihrer Informationsangebote. Zweitens, weil sie (bzw. ein Teil von ihnen2)
eben, wie schon gesagt, von so vielen Menschen eingeschaltet werden.
Umstritten ist, welche konkreten Programmleistungen von ihnen legitimerweise, abgesichert durch das Rundfunkprogrammrecht, zu erwarten sind. Welche Erwartungen sind hingegen überzogen, zu konkret und im Rundfunkprogrammrecht
nicht hinreichend begründet? Gefragt wird, ob die Landesmedienanstalten bei der
Lizenzierung und Beaufsichtigung der privaten Fernsehvollprogramme ihre Gestaltungs- und Interventionsmöglichkeiten angemessen ausschöpfen. Außerdem wird
bezweifelt, dass die Dynamik der Programmrealität des privaten Fernsehens mit den
Normen des deutschen Programmrechts überhaupt noch in Einklang zu bringen ist.
Heißt das dann, dass man grundsätzlich über strukturelle Veränderungen dieser
Rechtsvorschriften nachdenken muss? Letztlich auch über die Aufgabe der Rechtskonstruktion des privaten Fernsehvollprogramms?
Wenn man sich dieses breite Spektrum möglicher Problematisierungen vergegenwärtigt, verlief die öffentliche Debatte über den „Fall Sat.1“ im Sommer 2007
relativ konventionell. Weil Defizite im Informationsangebot von Sat.1, speziell im
Bereich der politischen Berichterstattung und der Nachrichtengebung, als Konsequenz von Programmänderungen befürchtet wurden, wurde der VollprogrammStatus von Sat.1 öffentlich infrage gestellt. Die Programmveranstalter, aber auch die
zuständige Landesmedienanstalt wiesen diese Argumentation mit Hinweisen auf den
Umfang des (verbleibenden) Informationsangebots von Sat.1 zurück.
In den folgenden zwei Beiträgen wird diese Debatte aufgegriffen und aus der
Sicht des Programmveranstalters sowie der aufsichtführenden Landesmedienanstalt
fortgesetzt. Dabei geht es um die grundsätzliche Frage, ob das Konstrukt des Fernsehvollprogramms unter den aktuellen und zukünftigen Bedingungen der Rundfunkentwicklung beibehalten werden kann bzw. beibehalten werden soll – oder nicht.
Die Frage ist allerdings, ob diese Kontroverse, die die Entwicklung der privaten Fernsehvollprogramme von Anfang an begleitet hat, heute noch als Hintergrundfolie zur Beurteilung und Gestaltung der Realität des Fernsehens aus normativer Sicht geeignet ist. Im Prinzip kann und muss man an die Beantwortung dieser
2
Wirklich reichweitestark sind nur die sechs Vollprogramme der RTL Group und der ProSiebenSat.1
Media AG. Daneben gibt es aktuell zehn weitere, mit einer Ausnahme erst in den letzten Jahren lizenzierte Vollprogramme, die sich auf dem deutschen Fernsehmarkt nicht nachhaltig etabliert haben und
vermutlich auch in Zukunft keine großen Reichweiten erzielen werden. Vgl. http://www.alm.de →
Fernsehen → TV-Sender-Datenbank (Stand: 31. Oktober 2007).
PROGRAMMDISKURS • PRIVATE FERNSEHVOLLPROGRAMME – EIN AUSLAUFMODELL?
159
Frage von zwei Seiten herangehen: aus der Perspektive der Norm und aus der Perspektive der Realität. Hierzu eine kurze Gedankenskizze.
Die Realität der privaten Fernsehvollprogramme ist nicht „eine“ Realität, auch wenn
der öffentliche Diskurs sie so konstruiert. Man sagt Vollprogramm und meint RTL
oder Sat.1, allenfalls noch ProSieben, d.h. die Marktführer der beiden führenden
privaten Senderfamilien, RTL Group und ProSiebenSat.1 Media AG. Zehn Jahre
Fernsehprogrammforschung der ALM belegen, dass sich die ersten beiden Programme in ihren Strukturen und Leistungen einigermaßen ähnlich sind und (mit der
– allerdings schwerwiegenden – Ausnahme defizitärer Leistungen im Bereich der
gesellschaftlich und politisch relevanten Information) gut in das Idealprofil privater
Fernsehvollprogramme passen.3 Für ProSieben und auch VOX gilt das schon nicht
mehr so eindeutig. Und wenn man die Vollprogramme der beiden Senderfamilien
mit der geringsten Zuschauerreichweite, RTL II und kabel eins, betrachtet, dann
sieht es noch ganz anders aus. Sie ähneln eher Spartenprogrammen im Bereich der
Unterhaltung als dem Idealtyp eines Fernsehvollprogramms. Über die restlichen
Vollprogramme redet man in diesem Zusammenhang am besten gar nicht.
Diese Realität hat eine lange Geschichte, aber sie hat sich durchgesetzt – wie
immer man das bewerten mag. Sie hat vorwiegend rundfunkökonomische Ursachen
und wird sich aus anderen als rundfunkökonomischen Gründen auch nicht substanziell ändern. Die Zuschauer haben sich in dieser Realität auf ihre Weise eingerichtet,
sie sind lernfähiger als mancher glaubt.4 Bei RTL II und kabel eins werden sie nicht
mehr das suchen, was sie bisher dort auch nicht gefunden haben – z.B. eine solide
politische Nachrichtengebung. Die Zuschauerzahlen der „K1 Nachrichten“ sprechen Bände. Kleinere, regulativ erzwungene Programm-Remeduren werden ihr
eigentliches Ziel, eine vielfältigere Informationsdistribution, nicht erreichen. Schon
allein aus dieser Perspektive stellt sich die Frage, welchen gesellschaftspolitischen
Nutzen eine Regulierungsstrategie hat, die jedes Vollprogramm gleich behandelt
(bzw. im Prinzip gleich behandeln muss!). Aber es kommt ein weiterer, möglicherweise noch wichtigerer Gesichtspunkt dazu.
Mein Eindruck ist, dass der derzeitige Rechtsstatus der privaten Fernsehvollprogramme viel mit einer Vorstellung von Außenpluralismus zu tun hat, die dem
Pressesektor entlehnt ist. Das einzelne Programm wird (zumindest im Hinblick auf
seine publizistischen Leistungen) als unabhängiger Akteur betrachtet, der einen
selbstständigen Beitrag zur Vielfalt der Information und Meinungsbildung in unserer
Gesellschaft leistet. Abgesehen davon, dass das Prinzip der publizistischen Vielfalt
auch in der Presse durch die Bildung von Redaktionspools zunehmend an Bedeutung verliert: Als Leitbild für das private Fernsehen war es schon immer untauglich.5
3
4
5
Vgl. dazu den Beitrag „Private Fernsehvollprogramme 1998-2007. Eine 10-Jahres-Bilanz der kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten“ in diesem Band.
Vgl. Zubayr, Camille/Heinz Gerhard (2007): Tendenzen im Zuschauerverhalten. Fernsehgewohnheiten
und Fernsehreichweiten im Jahr 2006. In: Media Perspektiven, Heft 4, S. 187-199.
Vgl. Schütz, Walter J. (2007): Redaktionelle und verlegerische Struktur der deutschen Tagespresse.
Übersicht über den Stand 2006. In: Media Perspektiven, Heft 11, S. 589-598.
PROGRAMMDISKURS • PRIVATE FERNSEHVOLLPROGRAMME – EIN AUSLAUFMODELL?
160
Besonders gut lässt sich das an der – gar nicht mehr so neuen6 – „Informationsökonomie“ der ProSiebenSat.1 Media AG belegen. Der Nachrichtenkanal N24
ist die Nachrichtenzentrale für alle Programme der Senderfamilie und wird als solche
weiter ausgebaut. „Rund zehn Millionen Euro will man für die Technik ausgeben.
Profitieren soll davon nicht nur das Programm von N24. Auch die Nachrichten von
Sat.1, Pro 7 und Kabel eins werden hier produziert.“7 Konkret heißt das schon heute, dass ein in der N24-Zentrale produzierter Beitrag vertikal durch die einzelnen
und horizontal durch die verschiedenen Programme des Konzerns wandert – vom
Frühstücksfernsehen auf Sat.1 über „taff“ auf ProSieben bis zu den Hauptnachrichten von kabel eins. Wenn man von den unterschiedlichen Logos absieht, sind z.B.
die Spätnachrichten von ProSieben und kabel eins schon längere Zeit identisch.
Wie ist mit solchen Entwicklungen umzugehen, wenn man auf einem öffentlichen Auftrag des privaten Fernsehens beharrt? Es gibt gute Gründe, die aktuelle, in
Großbritannien angestoßene Debatte um „den öffentlichen Wert“ des Rundfunks
auf Deutschland zu übertragen und dabei nicht nur den öffentlich-rechtlichen, sondern – ganz in der Tradition der deutschen Rundfunkordnung – auch den privaten
Sektor einzubeziehen.8 Allerdings gibt es auch gute Gründe für das Argument, dass
die Kategorie des Vollprogramms in ihrer derzeitigen rechtlichen Fassung und ohne
weitere Spezifizierung nicht das geeignete Instrument ist, um auf dem freien privaten
Fernsehmarkt ein „Public-Value-Konzept“ durchzusetzen. Auszuhandeln ist diese
Forderung auf der Ebene der marktbeherrschenden Fernsehunternehmen und in diesem
Zusammenhang sollten primär die leistungsstärksten Fernsehvollprogramme dieser
Unternehmen in den Blick genommen werden.
Dieses Argument orientiert sich an den Bestimmungen des Rundfunkstaatsvertrags, die der Sicherung der Meinungsvielfalt bzw. der Abwehr vorherrschender
Meinungsmacht im Bereich des privaten Fernsehens gelten. Denn auch diese Regelungen beziehen sich strukturell auf die marktbeherrschenden Unternehmen und
inhaltlich auf die relevantesten (= reichweitestärksten) Programme. Es spricht alles
dafür, dieser Systematik zu folgen, wenn man ein modernes „Public-Value-Konzept“
für das private Fernsehen in Deutschland auf der Ebene des Programmrechts entwickeln will, das mit den Mitteln der Programmaufsicht durchsetzbar ist.
Hans-Jürgen Weiß
6
7
8
Vgl. dazu den Streitpunkt „Nachrichtensynergie vs. Nachrichtenvielfalt“ im ALM Programmbericht 2005, S. 161-168.
O.V.: Sichtbare News: N24 produziert am Potsdamer Platz. In: Der Tagesspiegel vom 29. Januar 2008.
Vgl. Woldt, Runar (2006): Der Wert des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der digitalen Ära. Neue
Royal Charter für die BBC. In: Media Perspektiven, Heft 12, S. 598-606.
PROGRAMMDISKURS • PRIVATE FERNSEHVOLLPROGRAMME – EIN AUSLAUFMODELL?
161
Private Vollprogramme zwischen Anspruch
und Wirklichkeit
Annette Kümmel
Ein Vollprogramm ist gemäß Rundfunkstaatsvertrag ein Programm mit vielfältigen
Inhalten, wobei Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung einen wesentlichen Teil des Gesamtprogramms bilden. Der Kommentar zum Staatsvertrag1 geht
davon aus, dass es bei unterschiedlich denkbaren Wortlautauslegungen gemäß Sinn
und Zweck der Regelung notwendig sei, dass die in der Definition genannten Genres kumuliert mindestens einen Anteil von 50 Prozent am Gesamtprogramm ausmachen und dass innerhalb der vier Genres unterschiedliche Themen gewählt werden
können und sich die Themenauswahl an keinem inhaltlichen Schwerpunkt orientieren muss.
Außerhalb der Legaldefinition gibt es eine Reihe von inhaltlichen Vorgaben
und Verpflichtungen, die Vollprogrammen auferlegt werden. Die Sendeverpflichtungen wie Regionalfenster und Drittsendezeiten einmal außer Acht gelassen, statuiert § 25 Rundfunkstaatsvertrag, dass die bedeutsamen politischen, weltanschaulichen und gesellschaftlichen Kräfte und Gruppen zu Wort kommen müssen und
Auffassungen von Minderheiten zu berücksichtigen sind, und fordert § 41 einen
angemessenen Anteil an Information, Kultur und Bildung als Beitrag zur Vielfalt im
europäischen Raum ein. Diese ergänzenden Vorgaben zu Meinungsvielfalt und europäischer Vielfalt helfen bei der Begriffsbestimmung als solcher allerdings nicht
weiter. Sie können nicht selbst zum Bestandteil der Definition werden, da sie erst
dann greifen, wenn der Status des Vollprogramms bereits erreicht ist, da dies die
Voraussetzung für die Wirkung dieser Vorgaben ist.2
Was macht die Unterscheidung zwischen Voll- und Spartenprogramm eigentlich noch aus?
Vielfältige Anteile, angemessene Anteile, inhaltliche Schwerpunkte – nicht erst heute,
im Jahre 2008, sondern bereits seit Jahren, seitdem die Anzahl der TV-Sender sowie
die Vielfalt anderer fernsehähnlicher Medienangebote, wie z.B. Streaming Video
oder Video-on-Demand oder einfach „nur“ die Verlängerung der Markenwelten der
Sender (zu denen auch Information gehört) online, eine Vielzahl von multimedialen
Unterhaltungs- und Informationsformaten geschaffen haben, fällt es immer schwerer, die trockene Theorie mit der sich immer schneller verändernden Praxis in einen
Zusammenhang zu bringen. Der Umgang mit dem Konstrukt „Vollprogramm“
erinnert dabei ein wenig an das Prädikat „mit guter Butter“ aus den Nachkriegsjah1
2
Hartstein, Reinhard/Wolf-Dieter Ring/Johannes Kreile/Dieter Dörr/Rupert Stettner (2007): Rundfunkstaatsvertrag. Kommentar. Teil B5 Einzelkommentierung § 2 RStV Rz. 27.
Vgl. Stellungnahme nach § 38 Abs. 3 S. 2 RStV der Landeszentrale für Medien und Kommunikation
(LMK) zur Beanstandung der Landesmedienanstalt Saarland (LMS) nach § 38 Abs. 3 Satz 1 RStV vom
30. Juli 2007. Ludwigshafen, 13. August 2007. URL: http://www.lmk-online.de/fileadmin/
webdateien/PDF/ Presse/Stellungnahme_LMK_LMS.pdf [28.1.2008].
PROGRAMMDISKURS • PRIVATE FERNSEHVOLLPROGRAMME – EIN AUSLAUFMODELL?
162
ren – wobei später Geborenen nicht auf Anhieb ersichtlich ist, was damit eigentlich
ausgedrückt werden soll bzw. durch welche Kriterien sich das eine von welchem
anderen abgrenzt.
Zielrichtung der Unterscheidung ist – dies zeigt sich auch in den inhaltlichen
Vorgaben – immer der von den Programmen geleistete Beitrag zur Meinungsbildung, der bei einem Vollprogramm per se als höher angesehen wird. Daraus folgte,
dass Vollprogrammen ein bevorrechtigter Zugang zu Verbreitungswegen bei Belegungsentscheidungen aus Gründen der Kapazitätsknappheit gewährt wurde. Im
Zuge der Anpassung der Belegungsvorgaben an die Vorgaben der Europäischen
Universaldiensterichtlinie wurde deutlich, dass eine Vorrangstellung eines Vollprogramms nicht mehr grundsätzlich gegeben sein muss. Die Diskussionen in Brüssel
im Zuge der Novellierung des Telekommunikationspakets zeigen, dass zukünftig
nicht nur Vollprogramme ohne bevorrechtigten Zugang dastehen können, sondern
dass sogar dem Rundfunk als solches kein zwangsläufiger Vorrang eingeräumt werden könnte.
Auch wenn die faktische Bedeutung des Vollprogramms dadurch inzwischen
erodiert ist, eignet sich der Begriff offensichtlich immer noch als rotes Tuch, wenn
es darum geht, Diskussionen um Programmqualität oder Programmansprüche zu
führen. Im übertragenen Sinne „am eigenen Leib“ konnten wir bei Sat.1 erleben, wie
im Sommer 2007 wegen der Entscheidung, die Nacht-News und zwei Boulevardmagazine nicht weiter auszustrahlen, die Wogen der Entrüstung hochschlugen. Auf
einmal stand die Forderung nach dem Wegfall des Status des Vollprogramms im
Raum, kam es sogar zu verfahrensrechtlich nicht unproblematischen Auseinandersetzungen zwischen Medienanstalten. Überrascht hatte mich diese Forderung schon.
Nicht zuletzt deshalb, weil wir die vorgenommene Programmentscheidung selbstverständlich vorab auf medienrechtliche Vertretbarkeit geprüft hatten.
Was soll bzw. was muss für die Zukunft eigentlich erreicht werden?
Die Statements und Diskussionsbeiträge dienen, so scheint mir, unterschiedlichen
Zielen: Einerseits stehen Forderungen nach mehr harten Nachrichten im Raum,
andererseits gibt es Forderungen nach einer relevanteren Programmqualität.
Bei der Bewertung des Informationsanteils der privaten Vollprogramme ist zunächst festzustellen, dass die Klassifizierung der Sendungen, die unter Information
subsumiert werden, sowohl für den öffentlich-rechtlichen als auch den privaten
Rundfunk in den inhaltsanalytischen Studien von Udo Michael Krüger und HansJürgen Weiß identisch ist, will heißen: Auch Boulevardmagazine u.Ä. werden dem
Genre Information zugeschrieben. Festzuhalten ist, dass der Anteil an Information
bzw. Fernsehpublizistik in unseren beiden Vollprogrammen der ersten Generation
im Vergleich der Jahre 1996/973 zu 20064 gestiegen ist.5 Berücksichtigt man zudem,
3
4
Vgl. Weiß, Hans-Jürgen (1997): Programmalltag in Deutschland. Eine Analyse von sieben Fernsehvollprogrammen im April 1997. In: ALM Programmbericht 1996/97, S. 158-204, hier S. 188 (Tab. 7).
Vgl. Weiß, Hans-Jürgen (2007): Konzeption, Methode und Basisdaten der ALM-Studie 2005/2006. In:
ALM Programmbericht 2006, S. 205-259, hier S. 233 (Tab. 11).
PROGRAMMDISKURS • PRIVATE FERNSEHVOLLPROGRAMME – EIN AUSLAUFMODELL?
163
dass zusätzliche Sender, z.B. N24, hinzugekommen sind und die Nutzer heute mehr
Möglichkeiten haben, Informationen bzw. Nachrichten schnell und aktuell in unterschiedlichen Medien abrufen zu können, muss dies den Eindruck verstärken, dass
die Fernsehpublizistik auch im privaten Fernsehen ernst genommen und ohne medienrechtlichen Zwang angeboten wird. Auch ein Vergleich des Anteils reiner Nachrichten zeigt keine Verschlechterung – zugegeben bei einem ohnehin geringen Anteil. Will man mit der Forderung nunmehr ein vermeintliches Versäumnis der letzten
zehn Jahre aufarbeiten? Oder steht nicht vielmehr generell ein anderes Thema im
Vordergrund?
Kern der Diskussion ist in allen Fällen das Spannungsfeld des privaten Rundfunks zwischen Kultur- und Wirtschaftsgut. Diese Diskussion ist seit jeher systemimmanent und hat durch den wirtschaftlichen Erfolg der privaten Veranstalter als
zum Teil börsennotierte Wirtschaftsunternehmen, die zudem den Gesetzmäßigkeiten der Finanzmärkte unterliegen, und durch von Finanzinvestoren geprägte Gesellschafterstrukturen erneut an Bedeutung gewonnen.
Ich fordere hier sehr deutlich eine differenzierte Betrachtung ein. Die Eigentümer eines börsennotierten Unternehmens werden im eigenen Interesse immer auf
die Unternehmenspolitik Einfluss nehmen. Diese Einflussnahme kann eine inhaltliche sein. Sie kann sich auf wirtschaftliche Aspekte wie Renditevorgaben beschränken. Diese sind Kern eines privatwirtschaftlich arbeitenden Unternehmens. Die
jetzigen Gesellschafter von ProSiebenSat.1 haben betont, dass sie ihre Aufgabe darin
sehen, das Unternehmen in seiner strategischen Ausrichtung zu unterstützen. Dies
darf nicht einseitig in Gegensatz gebracht werden zur Programmverantwortung des
Rundfunkveranstalters oder deren Gesellschafter.
Zudem ist zu hinterfragen, ob die politischen Forderungen nach Verschärfung
der rundfunkstaatsvertraglichen Regelungen erforderlich sind. Das in Auftrag gegebene DLM-Gutachten zu Finanzinvestoren überprüft erstmals explizit die Auswirkungen der finanzmarktgegebenen Renditeziele auf die Medienunternehmen und die
Programminhalte.6 Wir begrüßen dies. Es wird dazu beitragen, die Diskussion zu
versachlichen und nach meinem Dafürhalten zu entschärfen. Die Programmstrukturen, die Programminhalte, die Programminvestitionen werden eine deutliche Sprache
sprechen, wie dies bereits heute die inhaltsanalytischen Auswertungen des ALM
Programmberichts belegen.
Auch die strategischen Ziele der ProSiebenSat.1-Gruppe spiegeln dies wider.
Vor allem anderen steht Programm: die Entwicklung von neuen Inhalten und die
Stärkung des Kerngeschäfts Free TV. Deshalb hat ProSiebenSat.1 2007 rund 1,6
Milliarden Euro ins Programm investiert, 3 Prozent mehr als im Vorjahr, allein 1,1
Milliarden Euro im deutschsprachigen Kernmarkt. Fast 60 Prozent des Gesamtbudgets der deutschen Sender wurden 2007 für Eigen- und Auftragsproduktionen in
5
6
Sat.1, 1997: 30 Prozent; 2006: 35,2 Prozent. ProSieben, 1997: 15,2 Prozent; 2006: 30,8 Prozent.
Vgl. Ausschreibungsunterlagen zum Gutachten Finanzinvestoren. URL: http://www.alm.de/
fileadmin/ Dateien/AusschreibungsunterlagenFinanzinvestoren2.pdf [28.1.2008].
PROGRAMMDISKURS • PRIVATE FERNSEHVOLLPROGRAMME – EIN AUSLAUFMODELL?
164
Deutschland ausgegeben. Die Anzahl der Entwicklungsprojekte hat sich verdreifacht. In N24 werden zweistellige Millionenbeträge investiert, um N24 zu Europas
modernstem Nachrichtenkanal auszubauen, und das in einem sich abzeichnenden
kritischen Wettbewerbsumfeld durch den Markteintritt von ARD EinsExtra und
ZDFinfokanal. Der internationale Programmfokus liegt auf Qualitätsprogrammierung.
Wie sieht die Zukunft für Vollprogramme aus?
Die vorstehende Herleitung des Begriffs „Vollprogramm“ zeigt, dass die Kategorisierung nicht geeignet ist, die Vorstellungen der Politik in Bezug auf Programmgestaltung zu verwirklichen. Die Betrachtung des Gesamtprogramms der Sender zeigt
aber – und dies wird meines Erachtens auch das zitierte DLM-Gutachten deutlich
machen –, dass die Differenzierung des Rundfunks in Voll- und Spartenprogramme
oder die Verschärfung bzw. Konkretisierung von bestehenden Definitionen nicht
erforderlich und damit unangemessen wäre.
Die Gesetzmäßigkeiten und die Entscheidungsparameter der Programmverantwortlichen haben sich in den letzten 20 Jahren nicht nach den abstrakten medienrechtlichen Vorgaben gerichtet. Dennoch haben wir in Deutschland eine qualitativ
hochwertige Programmstruktur und Rundfunklandschaft. Positiv ausgedrückt: Die
Programme von Sat.1, ProSieben und kabel eins würden – lässt man die echten
Sendeverpflichtungen einmal ehrlicherweise außen vor – heute nicht anders aussehen, wenn es eine Unterscheidung zwischen Voll- und Spartenprogramm oder eine
Definition derselben nicht gäbe. Wir als private Veranstalter tragen unseren Anteil
zum Meinungsbildungsprozess in Deutschland bei, übernehmen diese Verantwortung und haben gezeigt, dass wir sie übernehmen können. Wir brauchen dafür keine
konkretisierten oder erweiterten Regelungen im Rundfunkstaatsvertrag, sondern
einen flexiblen Rechtsrahmen, der uns die Eigenverantwortung überlässt, die wir
wahrnehmen wollen. Einer sachgerechten gesellschaftlichen Debatte und Diskursen
über das Programm stellen wir uns dabei fraglos jeder Zeit gerne.
Privater Rundfunk und gesellschaftspolitische
Verantwortung
Manfred Helmes
Der Urzustand des deutschen Fernsehens war ein öffentlich-rechtliches Programm,
das rückblickend vielfach als „Volkshochschule der Nation“ abgetan wird. Es hat
jedoch ein Vorbild geschaffen, das in Breite und Tiefe des Angebots über alle Genres und Inhalte hinweg ein Muster umfassender Darstellung des Lebens in seiner
Zeit in allen seinen Facetten war. Diese Art von Programm ist ausgestorben wie der
Tyrannosaurus Rex.
PROGRAMMDISKURS • PRIVATE FERNSEHVOLLPROGRAMME – EIN AUSLAUFMODELL?
165
Ein Nukleus hat überlebt. Es ist die Vorgabe des Rundfunkstaatsvertrags, dass
nur ein Rundfunkprogramm „mit vielfältigen Inhalten, in welchem Information,
Bildung, Beratung und Unterhaltung einen wesentlichen Teil des Gesamtprogramms
bilden“, sich als Vollprogramm bezeichnen darf. Diese gesetzliche Definition ist
unter vielfachen Ansatzpunkten klärungsbedürftig: Was ist ein wesentlicher Teil? In
welchem Verhältnis müssen die vier Genres vertreten sein? Gibt es Mindestquoten?
Den schwierigsten Teil der Definition bildet die Information. Was lässt sich
noch unter diesen Begriff fassen, wenn die Information auch mit der Unterhaltung
zu Infotainment verheiratet werden kann? Welche Bastarde schlagen eher dem einen, welche dem anderen Elternteil nach? Und was ist Information überhaupt?
Dabei ist unzweifelhaft, dass es sich gerade bei diesem Bestandteil eines Vollprogramms um einen gesellschaftspolitisch zentralen Faktor handelt.
Die öffentlich-rechtlichen Programme kann man für eine Auslegung nicht heranziehen, weil nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
(BVerfGE 73, 118, 157f.; BVerfGE 74, 297, 324f.) „an die Breite des Programmangebots und die Sicherung gleichgewichtiger Vielfalt im privaten Rundfunk nicht
gleich hohe Anforderungen zu stellen [sind] wie im öffentlich-rechtlichen Rundfunk“. Diese abgesenkte Anforderung gegenüber dem privaten Rundfunk, solange
die erhöhten Anforderungen durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk erfüllt
werden, wird an anderer Stelle noch deutlicher. Dort wird gerade als Kennzeichen
des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hervorgehoben, dass er „dem dargelegten
Auftrag des Rundfunks nicht nur zu einem Teil, sondern voll entspricht“ (BVerfGE
74, 297, 326).
Die rechtstatsächlichen Grundlagen für diese Differenzierung hat das Bundesverfassungsgericht frühzeitig und treffend prognostiziert (BVerfGE 83, 238, 311):
Ein von Werbeeinnahmen abhängiger Rundfunkveranstalter muss darauf Rücksicht
nehmen und seine Programmplanung in starkem Maß an Einschaltquoten ausrichten. Damit sind aber gerade jene Ansprüche an die Programmgestaltung gefährdet,
die sich für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk aus der Grundversorgungsaufgabe
ergeben und dem System der Gebührenfinanzierung zugrunde liegen.
Angesichts dieser klar unterschiedenen Anforderungen an öffentlichrechtlichen und privaten Rundfunk verbietet es sich, aus dem Kernbereich des Auftrags für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk Schlussfolgerungen für entsprechende
Vorgaben für den privaten Rundfunk zu ziehen.
Ungeachtet dessen müssen private Vollprogramme auch inhaltlich der Funktion des Rundfunks in einer demokratischen Gesellschaft gerecht werden. Auch sie
sind „Medium und Faktor“ der Meinungsbildung und müssen dieser Anforderung
Rechnung tragen. Schon deshalb wäre es unzulässig, die aus dieser Funktion erwachsenden Verpflichtungen allein durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk erfüllen zu
wollen.
Insbesondere bedeutet dies, dass in Vollprogrammen Nachrichten ausgestrahlt
werden müssen. Der Nachrichtenbegriff ist enger als der der Information und setzt
relevante Themen der Gesellschaft voraus. Die Berichterstattung über die Eskapa-
PROGRAMMDISKURS • PRIVATE FERNSEHVOLLPROGRAMME – EIN AUSLAUFMODELL?
166
den von Britney Spears und Konsorten erfüllen die Voraussetzungen nicht. Angesichts der Diskussionen zum Informationsbegriff im Rahmen der VollprogrammDefinition könnte es sinnvoll sein, eine entsprechende Präzisierung im Rundfunkstaatsvertrag vorzunehmen.
Der Begriff des Vollprogramms kann aber die Anforderungen an das, was im
privaten Rundfunk inhaltlich zu leisten ist, nicht erschöpfen. Mindestens in den
großen Programmen gehören dazu auch regionale Informationen, so wie derzeit in
den Regionalfenstern von Sat.1 und RTL. Die Auslagerung dieser Regionalität in
einen Satellitenkanal, wie teilweise befürwortet, ist die Einrichtung eines Ghettos im
digitalen Nirwana, das letztlich zur Bedeutungslosigkeit führt. Nur die Einbindung in
den Programmablauf für große Publika gewährleistet die fortdauernde Wahrnehmbarkeit und damit Relevanz der Regionalinformationen.
Die zum Vollprogramm qualifizierenden Informationsinhalte kosten Rechercheaufwand und Personal und sind deshalb nicht billig. Zudem sind die Werbemöglichkeiten eingeschränkt. Die Sendungen sind nicht beliebig wiederholbar, also
schwer zu refinanzieren. Diese ausschließlich wirtschaftliche Betrachtungsweise ist
aber angesichts der gesellschaftlichen Anforderungen an den Rundfunk unzulässig.
Sie wird allerdings nicht nur durch Rendite-Denken von Investoren als Senderbetreiber, sondern auch durch die rein wirtschaftliche Betrachtungsweise des Rundfunks als Dienstleistung aus Brüssel gefährdet.
Gerade angesichts der Tatsache, dass die jungen Zuschauer weit überwiegend
die privaten Sender frequentieren, ist es erforderlich, dort auch Inhalte anzubieten,
die demokratie-politisch unverzichtbar sind. Wenn man bedenkt, dass eine Informationssendung wie „Galileo“ (ProSieben) die drittbeliebteste Sendung der Jungen
zwischen 13 und 19 Jahren ist, so ist es nur eine Frage der Machart, auch andere
Informationsinhalte so aufzubereiten, dass sie genutzt werden.
Zudem wäre zu überlegen, ob nicht private Vollprogramme, insbesondere solche mit hohem Nachrichtenanteil, in besonderer Weise weiterhin Privilegierungen
genießen sollten. Die bisherige bevorzugte Stellung bei der Nutzung der Kapazitäten
von Terrestrik und Kabel verliert an Attraktivität. Hier könnte eine Vorrangstellung
dadurch geschaffen werden, dass z.B. derartige Programme an vorderster Rangstelle
in EPGs (Elektronischen Programmführern) der digitalen Empfänger ausgewiesen
werden oder dass sie privilegierten Zugang zu Kapazitäten für mobile Empfangsgeräte erhalten.
Es gilt auch für die Zukunft sicherzustellen, dass im privaten Rundfunk nicht
nur Geld verdient, sondern auch gesellschaftliche Grundverpflichtungen relevanter
Kommunikation eingehalten werden.
PROGRAMMDISKURS • KIRCHE IM FERNSEHEN
167
Kirche im Fernsehen: Digitales
Experiment vs. integrative Tradition
In der säkularisierten Gesellschaft Deutschlands genießen die christlichen Kirchen
noch immer eine privilegierte Stellung, auch im Rundfunk. Der Gesetzgeber räumt
ihnen ein Verkündigungsrecht in Radio und Fernsehen, bei öffentlich-rechtlichen
wie auch privaten Programmveranstaltern ein. Auch das Judentum hat daran teil,
nicht aber Glaubensgemeinschaften wie der Islam, weil diese (noch) nicht öffentlichrechtlich verfasst sind. Gemäß einer Kann-Bestimmung werden sie allenfalls „angemessen“ berücksichtigt.
„Anspruch auf Sendezeit“ ist der betreffende § 11 (3) im ZDF-Staatsvertrag
überschrieben. Er lautet: „Den Evangelischen Kirchen, der Katholischen Kirche
und den Jüdischen Gemeinden sind auf Wunsch angemessene Sendezeiten für die
Übertragung gottesdienstlicher Handlungen und Feierlichkeiten sowie sonstiger
religiöser Sendungen, auch solcher über Fragen ihrer öffentlichen Verantwortung, zu
gewähren. Andere über das gesamte Bundesgebiet verbreitete Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts können angemessen berücksichtigt werden.“
Dieses sog. Drittsenderecht findet sich in allen Landesrundfunk- und Landesmediengesetzen. Alle öffentlich-rechtlichen Landesrundfunkanstalten und das Erste
Programm der ARD, das ZDF sowie die privaten Veranstalter haben es den Glaubensgemeinschaften zu gewähren. Privatsender können zum Ausgleich von Nachteilen die Erstattung ihrer Selbstkosten für Produktion und Ausstrahlung von den
Kirchen verlangen.
Der Gesetzgeber gewährt dieses Recht allerdings nicht für die mediale Selbstbehauptung und Selbstwerbung der verfassten Kirchen als Institutionen, sondern
aus Einsicht in die sozialintegrative Wirkung von Glaubensbotschaften, die naturgemäß zum sittlich-religiösen Fundament der christlich-abendländischen Gesellschaft gehören. Wenn die Kirchen ihr verbürgtes Senderecht wahrnehmen, so sind
sie idealerweise zu „Engagement ohne Eigennutz“ aufgefordert, um ein Wort des
ersten Fernsehbeauftragten der Evangelischen Kirche in Deutschland, Robert Geisendörfer, zu zitieren.1
Seit den 1950er Jahren nehmen die Kirchen ihr Senderecht wahr und richten
Fernsehgottesdienste eigens für die Bild-Bedürfnisse des Mediums aus. Die Belange
von Glauben und Kirche werden aber auch in informativ-reflektierenden Sendebei1
Vgl. Schulz, Otmar (2000): Engagement ohne Eigennutz. Robert Geisendörfer – Ein Leben für die
Publizistik, Frankfurt/M.
PROGRAMMDISKURS • KIRCHE IM FERNSEHEN
168
trägen und -reihen thematisiert. Die Kirchen haben eigens sog. Senderbeauftragte
zur Betreuung der Kirchensendungen ernannt. Im Bereich des öffentlich-rechtlichen
Rundfunks üben Kirchenfunkredakteure ihre Arbeit bewusst unabhängig aus, ohne
an amtskirchliche Rücksichtnahmen gebunden zu sein.
Zwei Internetportale, das evangelische www.tv-ev.de und das katholische
www.kirche.tv, demonstrieren die Vielfalt heutiger Kirchenpräsenz in Fernsehen und
Radio und dienen den Interessierten als elektronische Programmführer. Die Fülle
des Angebots nachzuzeichnen ist hier nicht der Platz. Hingewiesen sei nur auf neuere Gesprächsformate wie „Tacheles“ auf Phoenix (zwölf Folgen in zwei Jahren) oder
„Um Gottes Willen – N24-Ethik“, immer sonntagmorgens im privaten Nachrichtensender N24.
Bei allen diesen Angeboten handelt es sich um Zielgruppenangebote, die aber
in den Kontext von Vollprogrammen (bzw. Spartenprogrammen wie im Falle von
Phoenix und N24) eingebettet sind. Für die Kirchen hatte dieses Integrationsmodell
immer den unschätzbaren Vorteil relativ hoher Zuschauer- und Hörerreichweiten,
weil sie vom „audience flow“ der massenattraktiven Umfeldangebote profitierten
und vor allem auch kirchenferne Zufallsrezipienten für ihre Botschaften interessieren konnten.
Dieses Modell einer Partnerschaft zwischen Rundfunk und Kirche wird aber
zunehmend in Zweifel gezogen, seit die Kirchen eigenständige Medienaktivitäten
entfalten und seit jüngstem insbesondere ins digitale Spartenfernsehen streben. Die
drohende Entfremdung deutet sich seit etwa zehn Jahren an. Schon als 1997 einzelne Kräfte innerhalb der evangelischen Kirche das christliche Berliner Radio Paradiso
mitbegründeten, äußerten sich ARD-Verantwortliche wie der damalige NDRIntendant Jobst Plog, übrigens ein engagierter Protestant, ablehnend: „Abenteuer
wie Radio Paradiso sind kontraproduktiv.“2 Auch das vor fünf Jahren gegründete
Bibel TV, wiewohl kein Kirchensender, sondern eine private Initiative, stieß von
Anfang an auf Skepsis.
Seit nun die katholische Kirche die Gründung eines eigenen Satellitensenders
plant und Bibel TV mit [tru:] young television ein zweites Programm gestartet hat,
das über ASTRA 1G und Web-TV die Jugend erreichen will, formulieren RundfunkVerantwortliche offen ihr Unverständnis und sprechen sogar Warnungen aus. Der
ARD-Koordinator für kirchliche Sendungen, SWR-Fernsehdirektor Bernhard Nellessen, plädiert in diesem Band „wider den Weg in die Nische“. Nellessen ist keine
kritische Einzelstimme, er weiß Intendanten hinter sich. WDR-Intendantin Monika
Piel sagte dem katholischen Fachdienst „Funkkorrespondenz“ im August 2007:
„Wenn die Kirchen eigene Kanäle haben, wofür brauchen sie dann noch die Sendeplätze bei
ARD und ZDF? […] Ich meine, dass die Kirchen mit ihrem Drittsenderecht im öffentlichrechtlichen Fernsehen und im Radio wirklich die Chance haben, Menschen zu erreichen,
und zwar ein relatives Massenpublikum. Darunter sind sicher auch viele Menschen, die ansonsten oft nichts mit der Kirche zu tun haben, dann aber aus einer persönlichen Situation
oder anderen Gründen doch bei den kirchlichen Sendungen aufmerksam werden. Demge2
„Im Gespräch: Jobst Plog“, in: Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt vom 23. Mai 1997.
PROGRAMMDISKURS • KIRCHE IM FERNSEHEN
169
genüber erreicht man mit Spartenkanälen eigentlich nur die Leute, die man ohnehin schon
gewonnen hat und nicht mehr zu überzeugen braucht. […] Das Geld für solche Spartenprogramme wäre wahrscheinlich zum Fenster hinaus geworfen.“3
In die gleiche Richtung argumentierte RBB-Intendantin Dagmar Reim, nachdem sie
von der Deutschen Bischofskonferenz um eine Stellungnahme zu dem kirchlichen
Satellitenprojekt gebeten worden war. Die Kirchen liefen Gefahr, so Reim in einem
Interview mit dem evangelischen Fachdienst „epd medien“, ihre jetzige privilegierte
Stellung bei ARD und ZDF zu verlieren. Reim merkte ironisch an, die Kirchen
wären mit einem eigenen TV-Digitalsender „auf Platz 344 der Fernbedienung gut
auffindbar“.4
Offenbar wertet der öffentlich-rechtliche Rundfunk eigene kirchliche Spartenangebote in Hörfunk und Fernsehen als eine potenzielle Konkurrenz. Auch weil die
wettbewerbsorientierte Programmierung heute immer auch einen internen Verteilungskampf um die besten Sendezeiten – sei es für Unterhaltung, sei es für Information und Kultur – bedeutet, sehen manche Intendanten und Programmdirektoren
nicht mehr ein, wieso in diesem komplizierten Prozess des Austarierens von Angeboten und Interessen die Kirchen noch bevorzugt werden sollten. Zumal sich die
Sendeplätze für Religiöses tendenziell auch deshalb verknappen, weil in Wahrnehmung des Integrationsauftrags der Islam inzwischen medial ebenfalls berücksichtigt
wird. Bei reinen Internetangeboten für Muslime5 wird es auf Dauer nicht bleiben.
Zwar ist für die absehbare Zukunft nicht wahrscheinlich, dass insbesondere der
gemeinwohlverpflichtete öffentlich-rechtliche Rundfunk versuchen könnte, die
Kirchen ganz herauszudrängen. Der gesetzliche Auftrag steht dagegen, und in Zeiten
einer partiellen Renaissance des Religiösen6 wird sich der Wille des Gesetzgebers
nicht ändern. Aber: ARD und ZDF sowie die Privatsender sind gesetzlich nur zur
Bereitstellung „angemessener“ Sendezeiten verpflichtet. Über Art und Weise und
das zeitliche Ausmaß können sie in Wahrnehmung der Programmautonomie frei
entscheiden – und die bisherigen Qualitäten und Quantitäten revidieren.
Bernd Merz, der bisherige Rundfunkbeauftragte der EKD und jetzige Geschäftsführer des christlichen TV-Jugendkanals [tru:] young television, sucht die
Befürchtungen zu zerstreuen. Aus seiner Sicht sind Spartenangebote keine Konkurrenz, sondern eine Ergänzung zu den „nicht ausreichenden“ Kirchensendungen in
3
4
5
6
„Ich habe einen langen Atem“. Interview mit WDR-Intendantin Monika Piel, in: Funkkorrespondenz
Nr. 35/2007, S. 10f.
„Strahlkraft“. Ein epd-Interview mit RBB-Intendantin Dagmar Reim, in: epd medien Nr. 36/2008,
S. 8.
Vgl. das Internet-Video „Forum am Freitag“ (URL: http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/25/
0,1872,5555481,00.html [21.1.2008]) sowie die Internet-Hörreihe des SWR auf SWR con.tra (URL:
http://www.swr.de/contra/-/id=7612/nid=7612/did=1983650/mpdid=1983652/1cgjfqd/index.html
[21.1.2008]), beides auch als Podcasts abruf- und abonnierbar. Vgl. auch Merz’ teils befürwortende, teils
kritische Bewertung der neuen Islam-Angebote in einem epd-Interview Ende 2006 (URL: http://
www.epd.de/medien/medien_index_46826.html [21.1.2008]).
Vgl. den von der Bertelsmann-Stiftung 2007 erhobenen „Religionsmonitor“. URL: http://www.
bertelsmann-stiftung.de/cps/rde/xchg/SID-0A000F14-A710E277/bst/hs.xsl/nachrichten_84470.htm
[21.1.2008].
PROGRAMMDISKURS • KIRCHE IM FERNSEHEN
170
öffentlich-rechtlichen und privaten Programmen. Merz also will mehr. Für ihn bedeutet die Gründung eigenständiger Religionskanäle keine Abkehr vom bisherigen
Integrationsmodell, sie soll der Beginn einer Komplementärstrategie sein.
Aber auch sein Projekt wird sich letztlich am Markt bewähren müssen: Es
braucht hinreichend Zuschauer und eine verlässliche Finanzierung. Ob das zusammengeht, bleibt abzuwarten. Inhaltlich wird sich die Entwicklung religiös inspirierter
Spartenprogramme um die Frage der Kenntlichkeit des Religiösen drehen. Tendiert
die Programmmischung stark in Richtung Missionsfernsehen nach amerikanischem
Vorbild, wie beim projektierten Sender Trinita TV7 absehbar, wird die Zuschauerzahl extrem gering bleiben. Spartenfernsehen bleibt Minderheitenfernsehen. Zielen
die Programmmacher aber konsequent auf den Massenmarkt, wie es beispielsweise
Radio Paradiso in Berlin tut, so wird Religion im Programm trotz der SenderEtikettierung als „christlich“ doch wieder zu einer Schwundgröße. Laut einer Hörfunk-Programmanalyse der Medienanstalt Berlin-Brandenburg bringt Radio Paradiso
– bei insgesamt gesteigertem Wortanteil – pro Tag nur eine halbe Minute aus dem
Bereich Religion und Weltanschauung.8
Ist dies der Fall, so stellt sich die Frage nach dem Sinn der ganzen Unternehmung: Was eigentlich wird für die Verbreitung des Evangeliums erreicht? Die Skeptiker sagen: Wenig bis nichts. Die gläubigen Befürworter: Jeder Versuch lohnt.
Volker Lilienthal
Unabhängig und vielfältig: Neue Wege des
Religionsfernsehens
Bernd Merz
Grenzenlose Freiheit herrscht auf deutschen TV-Bildschirmen. Vieles kann man zu
Beginn des dritten Jahrtausends digitalisiert im deutschen Fernsehen sehen und alles
scheint erlaubt: Horoskop-Fernsehen mit dubiosen Ratschlägen in existenziell bedrohlichen Lebenssituationen, Gewinnspiele mit wenig Sinn, auf jeden Fall ohne
Verstand, dafür aber zur Gewinnmaximierung des Senders, Sex in allen Variationen.
Im Markt der bewegten Bilder, in dem der Wettbewerb herrscht und immer
mehr „Special-Interest“-Angebote auftauchen, ist die Aufregung über diese Inhalte
eher gering. Außer wenn es um Religion geht. Das Stichwort „Kirchenfernsehen“
7
8
Trinita TV wollte ursprünglich unter anderen Namen starten und hat seinen Sendestart trotz vorliegender rundfunkrechtlicher Genehmigung mehrfach verschoben. Auf der Homepage www.trinitatv.de
heißt es derzeit (21.1.2008): „Gutes Fernsehen für die ganze Familie… wie früher! Kommt in Kürze aus
Dresden…“.
Wichert, Lothar (2007): Radioprofile in Berlin und Brandenburg. Die privaten und öffentlichrechtlichen Programme im Vergleich. Berlin (Schriftenreihe der mabb; Bd. 21), S. 37f. und S. 72.
PROGRAMMDISKURS • KIRCHE IM FERNSEHEN
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führt zu Diskussionsveranstaltungen von Landesmedienanstalten und zu kritischen
Äußerungen von öffentlich-rechtlichen Intendantinnen und Intendanten.
Allerdings werden unter diesem Stichwort ganz unterschiedliche Dinge subsumiert. Die Landesmedienanstalten haben sich im Zusammenhang mit dem Lizenzantrag eines Senders, der nach Umbenennungen schließlich als Trinita TV christliche
Inhalte verbreiten wollte, in einer langen Debatte mit den Themen Kirche/Religion/
Missionierung beschäftigt. Inzwischen, so heißt es, will Trinita in einer anderen als
der angekündigten Form, nämlich als weltweiter Internetsender „Global Faith Television Network“ mit deutschen Anteilen sein Programm anbieten. Den Auslöser der
Debatte wird es in der ursprünglich geplanten Form also gar nicht geben. Das Experiment Trinita kann man aber genauso wenig als Kirchensender bezeichnen wie den
seit fünf Jahren mit Erfolg real existierenden Sender Bibel TV. Auch wenn Produktions- und Beteiligungsfirmen der evangelischen und katholischen Kirchen bzw.
Bistümer neben vielen anderen Gesellschafter der Bibel TV Stiftung gGmbH sind,
so ist der Sender Bibel TV absolut unabhängig. Neben Werbeeinnahmen wird er
durch die Spenden seiner Zuschauer finanziert, im Jahr 2007 waren das über 3 Millionen Euro. Unabhängig ist auch der zweite Sender, der unter dem Dach von Bibel
TV gestartet ist: [tru:] young television. Dieser christliche Jugendkanal ist ohne Probleme von der Medienanstalt Hamburg / Schleswig-Holstein lizenziert worden und
ging nach extrem kurzer Planungszeit bereits am 26. Dezember 2007 erfolgreich an
den Start.
Beide Sender sind kein Kirchenfernsehen, beide sind unabhängig und werden
auch weiterhin ökumenisch ausgerichtet sein, selbst wenn die katholische Deutsche
Bischofskonferenz die Möglichkeiten erörtert, einen eigenen katholischen Sender zu
etablieren. Dahinter steckt die nicht unberechtigte Sorge des Vorkommens christlicher, in diesem Fall katholischer, Inhalte in einer durch die Digitalisierung vielfältig
gewordenen Medienwelt. Dies aber wäre dann in der Tat ein „Kirchenkanal“. Dem
kann ich allerdings nur ablehnend gegenüberstehen und ich würde es auch tun, wenn
er ein Sender der Evangelischen Kirche wäre. Institutionen können und sollten keine
Fernsehsender betreiben. Unabhängigkeit und Freiheit sind in der Welt der Medien
und in meinem Glauben ein so hohes Gut, dass sie nicht den Interessen einer Organisationsform des christlichen Glaubens untergeordnet werden dürfen. Die Gefahr,
dass nicht das Interesse des Zuschauers, sondern der Absender die Inhalte bestimmt,
ist enorm hoch.
In der Diskussion sollte also zwischen religiösen Programmen und Kirchenprogrammen differenziert werden. Religiöse Programme wird es vermehrt geben,
Bibel TV wird nicht der einzige christliche Sender bleiben bzw. ist es jetzt schon
nicht, wenn man sich die Satellitenprogramme vergegenwärtigt. Grundsätzlich freue
ich mich über jeden, der Geschichten des Glaubens medial weitergeben will. Und
Konkurrenz ist immer anregend. Ob Christen sich gemeinsam nicht deutlicher und
überzeugender durchsetzen würden, ist eine andere Frage. Oder vielleicht auch nur
eine Vision.
PROGRAMMDISKURS • KIRCHE IM FERNSEHEN
172
Warum aber soll es überhaupt christliche Fernsehkanäle in einem Land geben,
in dem das Vorkommen christlicher Inhalte bei den öffentlich-rechtlichen Sendern
staatsvertraglich geregelt ist und bei den großen kommerziellen Sendern, bedingt
durch Lizenzierungsauflagen, doch ebenfalls vorgesehen ist? Und wo in beiden
Systemen partnerschaftlich miteinander gearbeitet wird. Wo aufwendige Gottesdienstübertragungen ebenso möglich sind wie christliche Talkshows. Wo direkte
Verkündigung ebenso stattfindet wie Reportagen über Themen von Ethik und
Nächstenliebe gesendet werden. Da ist die Glaubenswelt doch in Ordnung und man
könnte sagen: Es ist gut so.
Das alles ist auch nicht schlecht. Das alles ist auch wichtig. Das alles soll und
muss in den massenattraktiven Programmen auch zu sehen sein. Aber es kann doch
noch mehr davon bzw. die Inhalte christlichen Glaubens zu sehen geben, die es
woanders gar nicht gibt. Der christliche Glaube gehört mitten in unsere säkular
gewordene Welt. Dabei ist ein Weg, ihn zu vermitteln, der bestehende in den säkularen Programmen, die von vielen geschaut werden.
Ein zweiter, durch die Digitalisierung möglich gewordener Weg ist das Angebot für die Zuschauer, die mehr erwarten. Und die in der Masse gar nicht so ungläubig sind wie – gerne auch in den Medien – immer behauptet wird. Zumindest belegt
dies eine neue Bertelsmann-Studie, in der sich 70 Prozent der Bundesbürger als
religiös und jeder fünfte sich als hochreligiös bezeichnet. Bibel TV zeigt, dass Menschen dezidiert christliche Programme schauen, wenn man sie ihnen anbietet. Und
sie zahlen – freiwillig(!) – dafür.
Dass bei der Lizenzierung von neuen, rein religiösen Sendern immer ausführlich und präzise überlegt wird, hängt neben allen rechtlichen Grundlagen auch damit
zusammen, dass diese Anbieter mit ihren Sendungen eine Deutungshoheit für das
Transzendente beanspruchen. Das ist nicht so einfach fassbar, das kann, wie wir
leider wissen, ideologisch missbraucht werden. Und Vorsicht ist deshalb durchaus
angebracht. Aber wenn die Programminhalte unseren freiheitlichen Demokratiebedingungen unterliegen (was sie bisher in allen bekannten Sendern auch tun müssen),
ist die Gefahr relativ gering. Gefährlich ist es, Menschen Geschichten des Glaubens,
die zum Leben helfen, vorzuenthalten.
Gut, dass christlicher Glaube in Verkündigung wie kritischer Betrachtung in
den großen Sendern vorkommt. So ist er auf dem Marktplatz, wo er hingehört. Wer
sich aber die Programmplanung von ARD oder ZDF für eine Woche anschaut, sieht
viele bunte Flächen, mit Farben für Sport, Show und Unterhaltung. Die Religionsflächen sind in einem schematisierten Wochenprogramm nicht leicht erkennbar.
Bei der ARD kommt Glauben einige wenige Male im Jahr am Mittwochabend
vor, jede Woche hingegen am Sonntagnachmittag in einem kleinen 30-MinutenKästchen, wenn es nicht wegen Sport ausfällt. Auch sind diese „Gott und die Welt“Sendungen nicht durchgängig dezidiert christliches Programm. Aufgrund der vielen
Redaktionen wird sehr individuell der Bezug zu Glaubensgrundlagen hergestellt.
Zudem ist dies ein die Religionen und nicht die christliche Religion allein betreffender Sendeplatz. Am Samstagabend dann der kleine Balken mit dem „Wort zum
PROGRAMMDISKURS • KIRCHE IM FERNSEHEN
173
Sonntag“. Und an den großen Feiertagen – und nur an denen – gibt es in der ARD
einen 60-Minuten-Gottesdienst. Am 1. Advent ist Eröffnung von „Brot für die
Welt“. Dieser Gottesdienst wird dann aber auch schon mal in seiner Anfangszeit
durch eine geplante Biathlon-Übertragung bedroht. Allerdings verzichtete die ARD
nach Briefwechsel auf diese christlich unbekannte Tradition des Adventsschießens
zur Gottesdienstzeit. Betonen möchte ich, dass die im Gesamtprogramm äußerst
wenigen Sendeplätze mit christlichen Inhalten aufgrund eines übermächtigen Quotendrucks im Einzelnen immer wieder zur Disposition stehen.
Im ZDF ist es nicht viel anders. Die Verantwortung für die Reihe „37°“ und
damit die Auswahl der Inhalte teilt sich die Redaktion Kirche und Leben mit anderen Fachredaktionen, ein genuin christlicher Hintergrund ist nicht Wesensmerkmal
dieser Reihe. Jeden Sonntag gibt es einen 45-minütigen Gottesdienst und davor die
15-minütige redaktionelle Sendung „sonntags“, sodass auch dort immerhin jeden
Sonntag eine Stunde in der Programmzusammenschau vorkommt. Dokumentationen wie z.B. über Dietrich Bonhoeffer laufen im ZDF nach Mitternacht.
Bei RTL, ProSieben, Sat.1 und N24 sind die Balken im Programmschema noch
dünner und erfordern eine gewisse Sehschärfe, um sie im Wochenablauf zu erkennen.
Natürlich gibt es Themen des Glaubens auch in anderen Formaten, mal in der
Unterhaltung, mal im Fiktionalen, jedoch immer nur punktuell und eher zufällig.
Serien wie Pfarrer Braun kann man ernsthaft jedoch nicht dazu zählen, selbst wenn
ein katholischer Kollege als Berater im Abspann auftaucht. Doch ist dies nur eine
Bestandsaufnahme und keine Klage. Es ist alles richtig und gut, auch wenn es besser
sein könnte.
Nur: Warum sollten Veranstalter christlicher Programme nicht mehr anbieten,
wenn doch wie bei Bibel TV die Zuschauer da sind, die diese Programme ansehen.
Es gibt immer mehr Kanäle, dabei sehr viel „more of the same“. Sowohl Bibel TV
als auch der neue, erfolgreich gestartete werteorientierte und christlich basierte Sender [tru:] young television sind dagegen „something special“. Letzterer versucht mit
jugendaffinen Programmformaten das einzulösen, was in Talkshows immer wieder
gefordert wird: jungen Menschen nachvollziehbar Werte und Lebensgrundlagen zu
vermitteln. Er tut das nicht nur mit christlicher Rock- und Popmusik, sondern beispielsweise auch mit Reportagen über junge Menschen, die mithilfe des Glaubens
den Ausstieg aus ihrer Drogenabhängigkeit schafften. Oder er tut das wie in dem
einzigartigen Interview mit einer jungen christlichen Musikerin, die das Massaker in
der Bibliothek der Columbine High School überlebt hat. In der Sendung hat sie über
ihre Vergebungshaltung erzählt, die sie gegenüber den Eltern des Todesschützen an
der Virginia High Tech in Blacksburg Anfang dieses Jahres einnehmen würde. Kurze
Beispiele von vielen Programmelementen, die zeigen, dass ein christliches Jugendprogramm qualitativ gut sein kann, seine Berechtigung hat und medienpolitisch
stärker unterstützt werden sollte.
Das Vorkommen religiös-christlicher Programme bei den großen Sendern ist
gut und richtig, aber es ist nicht ausreichend. Das ist nicht tragisch, nur sollte es
PROGRAMMDISKURS • KIRCHE IM FERNSEHEN
174
zugegeben werden, statt gegen ergänzende christliche Kanäle zu argumentieren. In
meiner Zeit als Rundfunkbeauftragter des Rates der EKD haben wir von kirchlicher
Seite zahlreiche Programmvorschläge gemacht, die überzeugend waren, aber aus
unterschiedlichen Gründen nicht realisiert wurden. Da muss man doch froh sein,
wenn es Senderalternativen gibt.
Religiöse Menschen wollen sich auch im Fernsehen ihres Glaubens vergewissern. Menschen, die auf der Suche nach Antworten auf existenzielle oder auf sozialgesellschaftliche Fragen sind, wollen diese Antworten auch im Fernsehen angeboten
bekommen. Biblische Geschichten sind prägende Grundlagen für das Miteinander in
diesem Land, Eltern möchten sie ihren Kindern auch mithilfe des Fernsehens weitergeben.
Wenn man den Zuschauer nicht nur als Quotenbringer, sondern auch als religiöses Wesen sieht, dann haben religiöse Sender ihre Berechtigung. Und wenn
christlich geprägte Formate, was schon mal vorkommt, nach der Ausstrahlung im
KI.KA, bei RTL oder N24 auch bei den Bibel TV-Sendern laufen, ist der Kontroverse die Spitze und das Interesse der Zuschauer ernst genommen.
Wider den Weg in die Nische: Religion im öffentlichrechtlichen Fernsehen
Bernhard Nellessen
Religion im Fernsehen hat Tradition. In der ARD begleiten seit 1954 Sprecherinnen und
Sprecher der beiden großen Kirchen in Deutschland mit ihrem ganz persönlichen
„Wort zum Sonntag“ ihre Zuschauer in den beginnenden Sonntag. Selbst angesichts
starker Konkurrenz im Spielfilm- und Sportbereich finden diese Kurzpredigten am
späten Samstagabend noch immer regelmäßig ein Publikum knapp unter der ZweiMillionen-Marke.
Religion im Fernsehen hat Erfolg. Im Jahr 2006 lag der Marktanteil für die Ostermesse und den Ostersegen aus Rom bei 18,4 Prozent. Ein Jahr später – der deutsche
Papst war nun schon ein wenig länger im Amt – hatten dennoch 13,7 Prozent der
Zuschauer den Knopf für das Erste gedrückt. Auch die sonntäglichen Fernsehgottesdienste im ZDF erreichen durchschnittliche Marktanteile zwischen 11 und 15
Prozent. In absoluten Zahlen bedeutet das bis zu eine Million Zuschauer, eine Gemeinde von nicht zu übersehenden Dimensionen.
Religion im Fernsehen hat die Zuschauer auf ihrer Seite. Während sich in den meisten
Sendungen aller Kanäle eine hektische Kultur des Zappens entwickelt hat, bleibt das
Publikum, das sich für Religion im Fernsehen entschieden hat, weitgehend seiner
Wahl treu: Die Verweildauer bei Gottesdienstübertragungen liegt weit über dem
Durchschnitt. Etwa jeder zweite Zuschauer, der am Beginn einer Übertragung eingeschaltet hat, verfolgt die Liturgie auch bis zum Schluss.
PROGRAMMDISKURS • KIRCHE IM FERNSEHEN
175
Drei Pluspunkte für das Thema „Religion“ im deutschen Fernsehen. Sowohl die Verkündigungssendungen als auch die redaktionellen Beiträge zu religiösen und kirchlichen Fragen sind aus dem Gesamtbouquet der ARD nicht mehr wegzudenken. Was
spräche also dafür, diese Erfolgsgeschichte zu beenden und Gottesdienstübertragungen, das „Wort zum Sonntag“ sowie etwa die erfolgreiche dokumentarische Reihe
„Gott und die Welt“ zum freudlosen Dasein in der digitalen Nische eines reichweitenarmen Spartenkanals zu verurteilen? Ganz einfach: Nichts.
Denn eines muss allen Teilnehmern der Diskussion auf kirchlicher Seite klar
sein: Sobald es einen eigenen Kirchenkanal gibt, würden die kirchlichen Sendungen
im Ersten und in den Dritten Programmen der ARD so kaum noch zu halten sein.
Selbst den überzeugtesten Verfechtern kirchlicher Angebote im öffentlichrechtlichen Fernsehen, zu denen ich mich zähle, würde damit das wichtigste Argument aus der Hand genommen. Warum sollte einer gesellschaftlichen Gruppierung,
die selbst als Programmveranstalter auf dem TV-Markt auftritt, im gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Fernsehen weiter eine so prominente Fläche eingeräumt werden? Kirchenvertreter, die einen eigenen Spartenkanal anstreben, würden
damit ohne Not den Kontakt zu Millionen von Zuschauerinnen und Zuschauern
aufs Spiel setzen. Denn die Wahrscheinlichkeit ist sehr gering, dass diejenigen, die
das „Wort zum Sonntag“ im Ersten schauen, die Sendung auch im unüberschaubaren Dickicht der Spartenkanäle zwischen Kanal 450 und 452 auf der Fernbedienung
noch finden. Die kirchlichen Sendungen profitieren davon, dass das Erste das meistgesehene deutsche Fernsehprogramm ist. Hier haben Kirchen die Chance, die Menschen dort abzuholen, wo sie sind. Wer in der ARD einen spannenden Fernsehfilm
sieht, bleibt vielleicht auch bei der folgenden Dokumentation zu religiösen Fragen
„dran“, und wer die „Tagesthemen“ eingeschaltet hat, wird möglicherweise neugierig
gemacht auf das „Wort zum Sonntag“. Den Spartenkanal jedoch finden nur die
ohnehin religiös interessierten Zuschauer, die ihn bewusst suchen.
Es gibt keinen Anlass, am Willen und Engagement von ARD und ZDF zur Integration religiöser oder religionskundlicher Sendungen ins Programm zu zweifeln –
dazu genügt schon ein Blick in die gesetzlichen Grundlagen und die Erklärungen des
öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland. So heißt es beispielsweise in den
derzeit gültigen „Leitlinien für die Programmgestaltung“ der ARD unmissverständlich: „Zum Kulturauftrag der ARD gehört auch ein vielfältiges Sendeangebot zu
allen Themen des Glaubens.“1 Wer sich so deutlich in der Öffentlichkeit äußert und
wer ein solches Papier auch intern breit und mit verpflichtendem Charakter diskutiert, der dokumentiert mit diesem Vorgehen wohl kaum die Absicht, in seinen Programmen Sendungen mit religiösen Inhalten an den Rand drängen oder gar ganz
eliminieren zu wollen. Zumindest für die ARD – nicht weniger aber natürlich auch
für das ebenfalls öffentlich-rechtliche ZDF – wird mit diesen Papieren von Sat1
Bericht der ARD über die Erfüllung ihres Auftrags, über die Qualität und Quantität ihrer Angebote
2005/2006 sowie über die geplanten Schwerpunkte 2007/2008, hrsg. v. d. Programmdirektion Erstes
Deutsches Fernsehen, Ismaning 2006, S. 57.
PROGRAMMDISKURS • KIRCHE IM FERNSEHEN
176
zungsrang die Relevanz des Themas „Religion“ in den eigenen Programmen eindeutig und nahezu unverrückbar festgeschrieben.
Ausschließlich eine Folge gesetzgeberischer Vorgaben ist dieses Handeln indes
nicht, denn vorrangig orientiert es sich an den Interessen – immer noch – breiter
Schichten des Publikums. So können nach den jüngsten Ergebnissen des „Religionsmonitors“ der Bertelsmann-Stiftung 70 Prozent der Deutschen als religiös eingestuft werden, jeder fünfte Deutsche gilt nach den Kriterien der Untersuchung sogar
als „tiefreligiös“.
Sich mit Motiven und Inhalten des Glaubens zu beschäftigen – sowohl in der
eher affirmativen Form der Übertragung gottesdienstlicher Handlungen wie in dokumentierenden Sendungen kritisch-journalistischen Zuschnitts – erwartet auch laut
dem in den Anstalten eingehenden Publikumsecho nach wie vor eine Vielzahl der
Zuschauer von ihren Rundfunkanstalten; sie fordert dies teilweise sogar mit Nachdruck ein. Diese Erwartungen zu enttäuschen wäre kontraproduktiv und geradezu
sträflich.
Ein öffentlich-rechtliches Vollprogramm kann sich daher in seinen Sendungen
nicht auf ein bloßes Ablichten der empirisch vorfindlichen Realität beschränken. Es
muss gleichzeitig versuchen, mit seiner Arbeit zumindest einen Widerschein dessen
einzufangen, was Menschen zu ihren Handlungen bewegt, was sie motiviert, woran
sie glauben und was sie erhoffen.
Vor diesem Hintergrund erscheint es dann schon fast symptomatisch, dass die
beiden Sendungen mit der längsten Tradition auf deutschen Bildschirmen nur auf
den ersten Blick sehr unterschiedlich sind. Bischof Wolfgang Huber, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland, fasst dieses Faktum in die Worte: „Es
ist kein Zufall, dass ausgerechnet die ‚Tagesschau’ und das ‚Wort zum Sonntag’ die
ältesten Sendungen im deutschen Fernsehen sind: der berichtende Blick auf die Welt
und der kommentierende, deutende, persönliche und suchende Blick.“2
ARD und ZDF gehorchen bei unzweifelhaft hoher professioneller Ethik einer
notwendigerweise journalistischen Logik, die im eigenen wie im Interesse des Publikums immer wieder neu ihre Unabhängigkeit behaupten muss. Dies bedingt selbstverständlich und unverzichtbar auch die Freiheit, sich religiösen oder kirchlichen
Themen ohne vorheriges „Imprimatur“ der Kirchen zu widmen und über Skandale
oder Fehlentwicklungen vor und hinter den Kirchenportalen kritisch zu berichten.
Wer wie jede Religionsgemeinschaft den Anspruch erhebt, ewige Wahrheiten
zu verkünden, dem mag das fremd bleiben, es ist indes der Preis der Glaubwürdigkeit. Der niederländische Journalist Leo Fijen, der in seinem Heimatland selbst bei
einem katholischen Fernsehsender beschäftigt ist, fand für diesen Zwiespalt die
prägnanten Worte: „Die Zuschauer glauben die guten Nachrichten nur, wenn auch
den schlechten ein Platz eingeräumt wird.“3
2
3
Huber, Wolfgang: „50 Jahre Wort zum Sonntag – Wie sieht die Zukunft aus?“, Rede am 6. Mai 2004.
URL: http://www.ekd.de/vortraege/huber/040506_huber_wort_zum_sonntag.html [21.1.2008].
Fijen, Leo: Referat auf der Jahrestagung des Europäischen Bischöflichen Komitees für die Medien,
Luxemburg 2007 (unveröff. Redemanuskript).
PROGRAMMDISKURS • KIRCHE IM FERNSEHEN
177
Doch selbst wenn sie schlechte Nachrichten aus dem kirchlichen Leben
verbreiten, steht für ARD und ZDF außer Zweifel, dass sie denselben Werten verbunden sind wie die großen Kirchen im Land. Wie diese sind sie dem Gemeinwohl
verpflichtet, sie teilen die Einschätzung ethischer Postulate und die daraus abgeleiteten Ziele. Entsprechend verantwortungsvoll gehen die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Deutschland mit ihren durch gesellschaftliche Übereinkunft eingeräumten besonderen Rechten und Pflichten um.
Diese Tatsache wird selbst von den Gegnern auf den gegenüberliegenden Bänken des dualen Systems eingeräumt. Bei den kommerziellen Konkurrenten kann ein
solcher Umgang leider nicht immer vorausgesetzt werden. Wenn religiöse Themen
in den Programmen privater Anbieter, die ja vorrangig den Verwertungsinteressen
ihrer Kapitalgeber gehorchen müssen, überhaupt einen nennenswerten Raum finden,
werden die Kirchen darauf zu achten haben, hier nicht in Zusammenhänge zu geraten, die ihrem eigenen Anspruch und ihren Aufgaben zuwiderlaufen.
In seiner Ansprache zum „Welttag der sozialen Kommunikationsmittel“ sah
sich Papst Benedikt XVI. im Jahr 2006 zu deutlichen Worten veranlasst. Unter dem
Titel „Die Medien – ein Netzwerk für Kommunikation, Gemeinschaft und Kooperation“ warnte er vor „Verzerrungen, die sich ergeben, wenn die Medien-Industrie
zum Selbstzweck wird oder nur gewinnorientiert arbeitet und den Sinn für die Verantwortlichkeit gegenüber dem Gemeinwohl verliert“.4
Weder die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten noch die Kirchen können
also ein Interesse daran haben, das Thema „Religion“ aus den Vollprogrammen zu
verbannen. Ganz im Gegenteil: Vor allem die Zuschauer, aber auch die Kirchen und
die Sender profitieren davon, wenn ARD und ZDF ihre Aufgaben und ihre Verantwortung ernst nehmen, wenn sie das Leben in seiner ganzen Vielfalt und nicht nur
in seinen publikumsträchtigsten Ausschnitten darstellen und wenn sie selbst zu „guten“ Sendezeiten Raum und Gelegenheit für spirituelle Erfahrungen zur Verfügung
stellen.
Religion nur noch in Spartenkanälen? Die Antwort ist ebenso eindeutig wie
einfach. Zwar stammt der Ausspruch „Wo zwei oder drei in meinem Namen zusammen sind, da bin ich mitten unter ihnen“5 von Jesus selbst, der christliche Messias dürfte andererseits aber auch nichts dagegen gehabt haben, mit seiner Botschaft
eine etwas größere Anzahl von Menschen zu erreichen. ARD und ZDF bieten dafür
Gewähr.
4
5
Papst Benedikt XVI.: Botschaft zum 40. Welttag der sozialen Kommunikationsmittel, Vatikan,
24.1.2006.
Mt 18,20.
QUALITÄTSSTANDARDS – QUALITÄTSFORSCHUNG
PROGRAMMDISKURS • PROBLEME UND STANDARDS DER WIRTSCHAFTSBERICHTERSTATTUNG
179
Probleme und Standards der
Wirtschaftsberichterstattung
Eine Analyse der Investment-Tipps von n-tv, N24
und Bloomberg TV
Klaus Beck und Rolf Amann1
Umfang und Bedeutung der Wirtschaftsberichterstattung in den Medien haben in
den letzten beiden Jahrzehnten merklich zugenommen. Dies gilt für die Entwicklung
spezialisierter Printmedien wie der „Financial Times Deutschland“ oder „Brand
eins“ ebenso wie für Web-Angebote und für die Fernsehberichterstattung. Spätestens seit der Ausgabe von sog. Volksaktien (Telekom) und der jäh zerplatzten NewEconomy-Blase können auch kommerzielle Fernsehprogrammveranstalter auf ein
weiter verbreitetes Interesse an Themen rechnen, die zuvor überwiegend der Fachpresse vorbehalten waren: Von Publikumsinteresse dürften nicht nur allgemeine
Konjunktur- und Arbeitsmarktdaten sein, sondern zunehmend auch Unternehmensinformationen und Berichte über den sich diversifizierenden Markt von Finanzdienstleistungen und Kapitalanlagen. In dem Maße, wie einerseits das Kapital der
Erbengeneration für Investitionen zur Verfügung steht und andererseits private
Altersvorsorge jenseits der gesetzlichen Rente immer bedeutsamer wird, dürfte der
Bedarf an Berichterstattung, aber auch an Beratung in den Medien wachsen.
Nun gehören Magazin- und Ratgebersendungen zu Wirtschaft- und Finanzfragen schon lange zum Programmangebot öffentlich-rechtlicher Anstalten, doch in
den letzten Jahren sind im dualen Fernsehsystem vor allem die NachrichtenSpartensender n-tv, N24 sowie der Wirtschaftskanal Bloomberg TV mit einschlägigen Angeboten in Erscheinung getreten.
Aus kommunikationswissenschaftlicher Sicht interessieren zunächst einmal die
Grundstrukturen der Wirtschaftsberichterstattung in diesen drei Fernsehprogrammen, etwa der Anteil von Wirtschaftsthemen an der Gesamtberichterstattung, die
journalistische Aufbereitung, die genutzten Quellen, das Verhältnis von Nachricht
1
Grundlage des Beitrags ist eine Studie, die im Auftrag der Gemeinsamen Stelle Programm, Werbung
und Medienkompetenz (GSPWM) der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) durchgeführt wurde. Vgl. Beck, Klaus u.a. (2006): Wirtschaftsberichterstattung in den Programmen von n-tv,
N24 und Bloomberg TV. Eine Analyse der Programmgestaltung von Wirtschaftsinformationen im
Hinblick auf die Einhaltung der Regelungen des Rundfunkstaatsvertrages. Berlin/Greifswald. ULR:
http://www.alm.de/fileadmin/forschungsprojekte/GSPWM/Wirtschaftsber._Teil_I.pdf [20.8.2007].
An dem Forschungsprojekt haben außer den Autoren maßgeblich Dr. Ute Nawratil (München/ Greifswald) und Sebastian Breßler M.A. (House of Research, Berlin) mitgewirkt. Ihnen sowie Herrn Dipl.Pol. Dirk Martens (House of Research, Berlin) und den zahlreichen CodiererInnen gilt unser ausdrücklicher Dank.
PROGRAMMDISKURS • PROBLEME UND STANDARDS DER WIRTSCHAFTSBERICHTERSTATTUNG
180
und Bericht einerseits zu Kommentar und Beratung andererseits. Bislang kaum
empirisch erforscht ist aber auch, welche Rolle Werbung und Sponsoring im Programm – und damit letztlich für dessen Finanzierung – spielen.
Aus kommunikationspolitischer und -ethischer Sicht und insbesondere aus der
Perspektive der Medienaufsicht treten spezielle Fragen auf. Die Landesmedienanstalten sind bei ihren kontinuierlichen Programmbeobachtungen im Zusammenhang
mit der Berichterstattung über Börsen und Kapitalmärkte auf eine Reihe von Einzelfällen gestoßen, die medienrechtlichen Diskussionsstoff bieten. Ein besonders spektakulärer Fall ging jüngst durch die Presse und zeigt, wo die Probleme der Börsenund Kapitalmarktberichterstattung sowie -ratgebung liegen: N24 setzte am 16. Juni
2007 die Ausstrahlung der „Make Money“-Show mit dem „Börsenguru“ Markus
Frick ab. Die Sendung wurde vom Deutschen Anleger Fernsehen (DAF) produziert
und durch den Online-Broker Flatex gesponsert. Umstritten ist aber nicht nur, ob
die Hinweise auf den Sponsor den medienrechtlichen Bestimmungen zum Trennungsgebot (Schleichwerbung) genügen, sondern ob es sich bei der gesamten Konstruktion nicht um einen Fall von unerlaubter Schleichwerbung handelt. Markus
Frick unterhält nicht nur eine kommerzielle Website, auf die in der N24-Sendung
wiederholt hingewiesen wurde, er bietet auch einen E-Mail-Newsletter zum Abonnementpreis von rund 900 Euro an, in dem unter anderem die Investition in drei
zweifelhafte und mittlerweile „abgestürzte Kleinunternehmen“ empfohlen wurde.
Die Empfehlung gab er zwar nicht im Fernsehen, aber dort wurde auf die Website
und damit indirekt auf den Newsletter verwiesen – ein zweifelhafter Medienverbund,
der auf ein grundlegendes Problem verweist.2
Es stellt sich nämlich die Frage, wie Programmveranstalter und Redaktionen
sicherstellen können, dass Beratung in sensiblen Finanzfragen nicht nur mit der
gebotenen Fachkompetenz, sondern tatsächlich unabhängig und neutral erfolgt.
Besonders groß ist hierbei die Gefahr von Interessenkonflikten, d.h. befragte Experten, Finanz- und Börsenanalysten oder gar sog. Börsengurus vertreten hauptberuflich entweder (a) die wirtschaftlichen Interessen von Anbietern auf dem Markt der
Kapitalanlagen und Finanzdienstleistungen, also die Sell-Side. Oder sie vertreten (b)
die wirtschaftlichen Interessen anderer privater oder institutioneller Anleger, also die
Buy-Side, beispielsweise als Vermögensverwalter. Auch hier gilt, dass ein Anlagetipp
im Fernsehen, wenn er denn massenhaft befolgt wird, zu einer Kurssteigerung führt,
von der wiederum diejenigen Anlieger profitieren, die – auf Anraten des Buy-SideAnalysten – frühzeitig investiert haben. Vergleichbares gilt schließlich (c) für die
wirtschaftlichen Eigeninteressen der Experten und Gurus: Ihr persönlicher Marktwert als Experte und damit auch Preise für ihre Dienstleistungen, Newsletter, Börsenbriefe usw. steigen in dem Maße, wie sie Erfolge nachweisen können. Werden
zunächst der zahlenden Klientel entsprechende Tipps gegeben und anschließend die
2
Vgl. Hock, Martin (2007): Verspekuliert. N24 nimmt den „Börsenguru“ Markus Frick vom Sender. In:
Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 145, 26.6.2007, S. 38, sowie: Balzli, Beat/Isabell Hülsen (2007):
Bezahlte Fenster. In: Der Spiegel, Nr. 26, 25.6.2007, S. 98.
PROGRAMMDISKURS • PROBLEME UND STANDARDS DER WIRTSCHAFTSBERICHTERSTATTUNG
181
gleichen Aktien, Wertpapiere, Rohstoffe, Zertifikate usw. im Fernsehen einem unverhältnismäßig größeren Publikum empfohlen, so kann sich der Anlagetipp zur
Self-fullfilling-Prophecy entwickeln – zum Nutzen der zahlenden Klientel und des
Gurus, aber mit allenfalls beschränktem Nutzen für die Kleinanleger vor dem Fernsehschirm, die letztlich die medial erzeugte Hausse finanzieren.
Im Auftrag der Gemeinsamen Stelle Programm, Werbung und Medienkompetenz (GSPWM) der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) haben
die Berliner Medienforscher von House of Research und der Lehrstuhl für Kommunikationswissenschaft der Universität Greifswald vor diesem Hintergrund erstmals
die Börsen- und Kapitalmarktberichterstattung der drei Fernsehprogramme Bloomberg TV, N24 und n-tv empirisch vergleichend untersucht, um sowohl Aufschluss
über die Grundstrukturen von Wirtschafts- und Finanzberichterstattung sowie -ratgebung als auch eine vertiefende analytische Einsicht in die konkrete Programmpraxis zu erhalten. Zu diesem Zweck wurde eine quantifizierende Inhaltsanalyse mit
qualitativ-hermeneutischen Einzelfallstudien kombiniert.
Im Folgenden werden ausgewählte Ergebnisse zu beiden Untersuchungsbereichen vorgestellt, nachdem zuvor kurz das methodische Vorgehen skizziert wurde.
1.
Methode
Mithilfe der quantitativen Inhaltsanalyse wurden zunächst die allgemeinen Strukturen der im Beobachtungszeitraum 12. bis 18. Juli 2006 zwischen 6 und 24 Uhr von
n-tv, N24 und Bloomberg TV ausgestrahlten und komplett aufgezeichneten Programme untersucht.3 Nur so konnten die relevanten Programmbestandteile bestimmt werden. Um später ggf. Rückschlüsse auf eine unzureichende Trennung von
werblichen und redaktionellen Programmen ziehen zu können, wurden auch alle
Werbe- und Sponsorkunden anhand der Kennzeichnungen im Programm identifiziert. Erfasst wurden auch die Aussageträger, also die Urheber einer Aussage, auch
wenn es sich lediglich um zitierte Quellen handelte und nicht um O-Töne von Interviewpartnern usw. Jeder Wechsel des Aussageträgers markierte eine der über 22.000
Untersuchungseinheiten. Und die Herkunft bzw. Zuordnung des Aussageträgers
entschied bei diesem Verfahren auch darüber, ob es sich um Wirtschaftsberichterstattung bzw. -ratgebung handelt, die weiter analysiert wurde. Besonders interessierte
dabei die Frage, ob und ggf. welchen Einfluss Werbekunden und Sponsoren auf die
journalistische Berichterstattung und Beratung nehmen.
Um die zweite Forschungsfrage nach dem redaktionellen Umgang mit Interessenkonflikten beantworten zu können, war im Weiteren ein qualitatives Vorgehen
notwendig. Die als relevant ermittelten Programmbestandteile wurden explorativen
Fallstudien unterzogen, d.h. mithilfe von bild- und textinterpretierenden hermeneutischen Verfahren wurden die Tendenz der Berichterstattung und die Art und Weise
3
Im Gegensatz zu einigen anderen Studien im Rahmen der Konvergenzdebatte wurde also die reale
Struktur des gesendeten Programms und nicht lediglich das angekündigte Programm erfasst. Die beobachteten Abweichungen bestätigen, dass sich dieses Verfahren trotz des hohen Aufwands lohnt.
PROGRAMMDISKURS • PROBLEME UND STANDARDS DER WIRTSCHAFTSBERICHTERSTATTUNG
182
der Gesprächs- bzw. Interviewführung untersucht. Die Interpretation erfolgte dann
im Kontext der Erkenntnisse über Werbekunden und Sponsoren sowie von Hintergrundinformationen über die Aussageträger, wozu aufwendige Webrecherchen notwendig waren. Nur auf diese Weise kann man potenziellen Interessenkonflikten auf
die Spur kommen und typische redaktionelle bzw. journalistische Problemfälle verstehen.
2. Ergebnisse
2.1 Profile und Strukturen der Programme von n-tv, N24 und Bloomberg TV
Themenschwerpunkte und -profile der Programme
Die drei untersuchten Programme unterscheiden sich deutlich im Hinblick auf ihre
Themenschwerpunkte4: Während bei Bloomberg TV 82,5 Prozent der redaktionellen Sendezeit (6 bis 24 Uhr, ohne Werbe- und Sponsorenspots) über Wirtschaft
berichtet wird, sind es bei n-tv 16,3 Prozent und bei N24 lediglich 6,5 Prozent. Im
Wochenverlauf schwankt der Themenmix erheblich. So sendet n-tv werktags mit 21
Prozent Zeitanteil deutlich mehr Wirtschaftsberichterstattung als am Wochenende
(3,9 Prozent), bei N24 sind es 8,4 Prozent zu 1,9 Prozent, bei Bloomberg TV hingegen liegt der Wirtschaftsanteil auch am Sonntag noch bei 77,3 Prozent (vgl. Tab. 1).
THEMENSCHWERPUNKTE DER PROGRAMME
Tab. 1
(Sendedauer redaktionelles Programm in Prozent)
Bloomberg TV
n-tv
N24
Wirtschaft
Politik
Kultur
Sport
Gesellschaft
Sonstiges
82,5
3,4
0,5
0,0
0,8
12,8
16,3
31,8
0,1
17,4
13,8
20,6
6,5
21,4
1,2
7,1
33,9
29,9
GESAMT
100
100
100
Werbung und Sponsoring
Auch hinsichtlich der Werbung lassen sich markante Unterschiede zwischen den drei
Programmen feststellen: Bei n-tv beträgt der Werbeanteil 10,5 Prozent, bei N24 7,4
Prozent und bei Bloomberg TV nur 2 Prozent – ein deutlicher Hinweis auf unterschiedliche Geschäfts- und Finanzierungsmodelle. Bei n-tv und N24 nimmt die
Werbung werktags ab 18 Uhr sowie am Wochenende deutlich zu.
4
Die Themenschwerpunkte wurden von uns detailliert auf der Ebene der Präsentationsformen (z.B.
Interview, Studiogespräch, Bildnachricht, Infografik usw.), also deutlich unterhalb der Beitragsebenen,
codiert.
PROGRAMMDISKURS • PROBLEME UND STANDARDS DER WIRTSCHAFTSBERICHTERSTATTUNG
183
Mehr als ein Fünftel der Werbung auf n-tv stammt von Finanzdienstleistern,
bei N24 sind es 15,3 Prozent (vgl. Tab. 2). An Werk- und Börsentagen zwischen 9
und 12 Uhr stammen sogar 48,1 Prozent der Werbung bei n-tv von Finanzdienstleistern. Die größten Werbekunden im Untersuchungszeitraum sind jedoch
Anbieter von Telefondiensten, eine Fluglinie sowie – bei Bloomberg TV klar dominierend – Wohlfahrtsorganisationen. Auch wenn die potenzielle Abhängigkeit der
drei Anbieter von Werbekunden aus dem Banken- und Finanzsektor damit wohl
begrenzt ist, befinden sich unter den zehn wichtigsten Inserenten immerhin vier
Banken und Vermögensverwaltungen.
HERKUNFT DER WERBUNG/WERBEKUNDEN NACH BRANCHE
Tab. 2
(Werbedauer in Prozent)
Bloomberg TV
n-tv
N24
Finanzdienstleistungen
Versicherungen
Sonstige Dienstleistungen
Konsumgüter
Sonstige
6,1
0,0
20,4
4,1
69,4
20,9
6,9
27,1
40,7
4,4
15,3
3,2
36,0
35,5
10,0
GESAMT
100
100
100
Beim Sponsoring ergibt sich ein ähnliches Bild: Nur 1,8 Prozent der Sendezeit von
Bloomberg TV sind gesponsert, bei N24 jedoch 18,3 Prozent und bei n-tv über ein
Viertel (26,3 Prozent). Noch bedeutsamer ist das Sponsoring von Wirtschaftssendungen bzw. -beiträgen: Bei n-tv werden 53,9 Prozent dieser Programme gesponsert,
bei N24 immerhin noch 22,8 Prozent (vgl. Tab. 3). Die finanzielle Abhängigkeit von
Programmsponsoren dürfte also gerade bei n-tv durchaus gegeben sein. Allerdings
ANTEIL GESPONSERTER PRÄSENTATIONSFORMEN
Tab. 3
(Zeitanteil in Prozent)
Gespons. Präsentationsformen gesamt
Gespons. Präsentationsformen Wirtschaft
Bloomberg TV
n-tv
N24
1,8
1,8
26,3
53,9
18,3
22,8
handelt es sich bei den Hauptsponsoren der drei Programme um Fluglinien, einen
Garagentorhersteller und eine Versicherung. Wenngleich sich darunter auch börsennotierte Unternehmen befinden, ergibt sich hier hinsichtlich des Trennungsgebots
bei Wirtschaftsberichterstattung und Anlageberatung insgesamt kein Bild starker
Abhängigkeit oder potenzieller Einflussnahme auf redaktionelle Tendenzen. Im
Untersuchungszeitraum treten „Börse Frankfurt Smart Trading“ (elf Sponsorships
bei Bloomberg TV), Credit Suisse sowie CMC-Markets (zwölf- bzw. neunmal bei
PROGRAMMDISKURS • PROBLEME UND STANDARDS DER WIRTSCHAFTSBERICHTERSTATTUNG
184
n-tv, insbesondere der „telebörse“) als Sponsoren von thematisch einschlägigen
Programmbestandteilen auf. Die Großbank ABN Amro sponsert zehnmal Wirtschaftsprogramme bei n-tv, viermal bei N24 und einmal bei Bloomberg TV.
2.2 Anlagetipps im Umfeld gesponserter und werbefinanzierter Programme
Börsen- und Anlagetipps im Fernsehen
Im Zentrum der Untersuchung steht die Ratgeberfunktion des Wirtschaftsjournalismus im Fernsehen, insbesondere die expliziten Anlageempfehlungen in den Wirtschaftssendungen der drei untersuchten Fernsehangebote. Zunächst muss zwischen
impliziten und expliziten Empfehlungen unterschieden werden. Grundsätzlich kann
nicht nur jede Wirtschaftsnachricht, sondern auch eine Meldung aus Politik (etwa
über internationale Konflikte, die staatliche Beschaffung von Kriegswaffen usw.),
Kultur (Verleihung des Literaturnobelpreises oder des „Oscar“) und sogar Sport
(Erfolg eines Werbeträgers usw.) von wirtschaftlicher Relevanz sein und von einzelnen Rezipienten als Hinweis auf eine lohnende Investition verstanden werden. Die
Lancierung falscher Nachrichten oder deren instrumentelle Aktualisierung kann
sicherlich auch genutzt werden, um Einfluss auf das Börsen- und Kapitalmarktgeschehen zu nehmen. Es handelt sich dabei aber um implizite Empfehlungen und nicht
um explizite Anlagetipps mit einer klaren, manifesten Botschaft. Nur solche expliziten
Empfehlungen, kurz: konkrete Anlagetipps, haben wir in unserer Analyse berücksichtigt. Auch durchaus kursrelevante Unternehmensnachrichten, etwa über die geplante
Entlassung von Mitarbeitern, haben wir nicht als redaktionell zu verantwortende
explizite Anlagetipps eingeordnet. Jedes andere Vorgehen hätte eine sinnvolle Begrenzung der Untersuchung unmöglich gemacht und der Spekulation über Ursachen
und Urheber Tür und Tor geöffnet. Aufgrund dieser vergleichsweise engen, eher
formal als funktional gefassten Definition5 konnten im Untersuchungszeitraum
insgesamt 141 explizite Anlagetipps identifiziert werden. Die große Mehrzahl (104)
wurde auf Bloomberg TV ausgestrahlt, 34 auf n-tv, N24 war diesbezüglich nahezu
bedeutungslos.
Um nun die Qualität der Fernseh-Anlagetipps beschreiben zu können, sind wir
zunächst den folgenden Fragen nachgegangen: Wie werden in den drei Fernsehprogrammen Börsen- und Anlagetipps konkret gestaltet? Wer kommt zu Wort und ins
Bild (Aussageträger) und wie wird die Empfehlung journalistisch aufbereitet und
präsentiert? Werden auch abweichende Meinungen oder Empfehlungen präsentiert
und wie ist der Tenor insgesamt, d.h. gibt es nur Empfehlungen oder auch zurückhaltende und warnende Hinweise? Werden die Anlageprodukte von Sponsoren und
Werbekunden im redaktionellen Programm bevorzugt und wird auf Interessenkonflikte, die aus der Auswahl der befragten Ratgeber und Analysten resultieren, in
geeigneter journalistischer Form hingewiesen?
5
Wir gehen also vom manifesten Medieninhalt aus und können keine Aussagen über Art und Ausmaß
von Medienwirkungen machen. Die Ergänzung der hier geschilderten Studie durch eine rezipientenzentrierte Sicht wäre sicherlich lohnend.
PROGRAMMDISKURS • PROBLEME UND STANDARDS DER WIRTSCHAFTSBERICHTERSTATTUNG
185
Bei den expliziten Anlagetipps von Bloomberg TV dominiert die dialogische
Form (92 Prozent), vor allem das Interview mit senderexternen Analysten und Experten (71 Prozent). Bei n-tv verhält es sich ähnlich: 75 Prozent der Anlagetipps
erfolgen in Dialogform, 55 Prozent werden im Interview durch Experten geäußert.
Diese Experten stammen überwiegend aus Banken, die bekanntermaßen auch massive eigene wirtschaftliche Interessen verfolgen: So sind bei n-tv zwei Drittel der
Aussageträger bei Banken beschäftigt, bei Bloomberg TV vier Fünftel. Es überwiegt
damit ganz eindeutig die Sell-Side, die im Zweifel ganz andere Interessen vertritt als
die der privaten Anleger. Neutrale Experten, etwa Wirtschafts- und Finanzwissenschaftler, aber auch Anlageberater und Vermögensverwalter (Buy-Side) kommen
hingegen nur sehr selten zu Wort: Bei n-tv sind 10 Prozent der Ratgeber Steueroder Finanzberater bzw. Wirtschaftswissenschaftler, letztere äußern sich dabei eher
zu makroökonomischen Themen.
Negative Bewertungen von Aktien, Zertifikaten und anderen Anlageprodukten
finden sich im Untersuchungszeitraum nur bei Bloomberg TV, und auch dort nur
vereinzelt. Auch die von Journalisten ausgesprochenen Bewertungen auf Bloomberg
TV sind durchgehend positive Empfehlungen, während sich die Journalisten bei n-tv
mit Tipps und Kommentaren völlig zurückhalten und diese ganz den Gesprächspartnern überlassen.
Weil Interviews mit externen Finanzanalysten und Anlageexperten so eine
zentrale Stellung bei der medialen Anlageberatung im Fernsehen einnehmen, lohnt
ihre genauere qualitative Untersuchung. Wir haben inhaltsanalytisch drei Formen der
Gesprächsführung unterschieden: (a) Das kritische Interview stellt das vom Gesprächspartner Gesagte infrage und konfrontiert auch einen Experten mit Zweifeln,
Einwänden, Nachfragen, aufgetretenen Widersprüchen usw. (b) Das affirmative
Interview ist ein harmonisches und durchweg harmloses Gespräch, bei dem sich
Journalist und Analyst wechselseitig die Bälle zuspielen. Journalisten und Moderatoren fungieren zumindest phasenweise als reine Stichwortgeber oder sie tragen das
nach, was der Befragte vergessen hat. Es besteht reichlich Gelegenheit, vorgefertigte
Statements zu verkünden – notfalls auch völlig ohne Zusammenhang zur Ausgangsfrage. Beantwortet werden auch gerne selbstgestellte Fragen oder die – vermutlich
zuvor abgesprochenen – Suggestivfragen der Journalisten. (c) Das neutrale Interview
schließlich vermeidet die beiden Extreme, es wird sachlich und informationsorientiert geführt. Die Rollen von Interviewer und Interviewtem sind klar erkennbar,
sodass sich ein ehrliches Frage- und Antwortverhalten entwickeln kann.
Bei der Wirtschafts- und Finanzberichterstattung aller drei Veranstalter dominiert eindeutig und erwartungsgemäß die neutrale Interviewführung (vgl. Tab. 4).
Die affirmative Gesprächsführung nimmt vor allem bei N24 und bei n-tv einen
erheblichen Anteil ein, und – vielleicht noch auffälliger – eine kritische Gesprächsführung ist auf n-tv bei Wirtschaftsthemen nicht feststellbar, bei Bloomberg TV ist
sie allenfalls marginal vertreten und auch bei N24 ist der Wert von gut 6 Prozent
nicht gerade beeindruckend.
PROGRAMMDISKURS • PROBLEME UND STANDARDS DER WIRTSCHAFTSBERICHTERSTATTUNG
186
Als Zwischenfazit lässt sich also festhalten, dass nicht-journalistische Experten
und Analysten der Sell-Side eine dominierende Rolle bei den Fernseh-Anlagetipps
spielen, die durchweg positiv ausfallen und meist in Interviews mit Journalisten
geäußert werden. Kritische Stellungnahmen und neutrale bzw. Buy-Side-Analysten
sind Mangelware. Vielleicht, weil sie das konsumfreundliche Klima sowie das sponsor- und werberelevante Umfeld beeinträchtigen könnten.
STIL DER GESPRÄCHSFÜHRUNG BEI WIRTSCHAFTSRELEVANTEN INHALTEN
Tab. 4
(Zeitanteil in Prozent)
Bloomberg TV
n-tv
N24
Kritische Gesprächsführung
Neutrale Gesprächsführung
Affirmative Gesprächsführung
1,7
90,7
7,6
0,0
87,1
12,9
6,2
76,9
16,9
GESAMT
100
100
100
Das Kernproblem: Interessenkonflikte
Wenn die Verkäufer, Händler oder Broker von Aktien, Zertifikaten und andere
Anlageprodukten zugleich auch die Ratgeber im Fernsehen spielen, dann sind Interessenkonflikte vorprogrammiert: Das öffentliche Interesse an möglichst objektiver
und ausgewogener Information sowie das private Interesse individueller Anleger aus
dem Fernsehpublikum kann leicht in Konflikt geraten mit dem wirtschaftlichen
Interesse der Sell-Side, aber auch der institutionellen Großanleger auf der Buy-Side.
Es ist also sicherlich auch objektiv schwierig, neutrale Experten und unabhängige
Analysten für Anlagetipps im Fernsehen zu gewinnen. Die klassische Lösung des
Qualitätsjournalismus, die wir ganz selbstverständlich von Politikredakteuren erwarten, ist bei den Wirtschaftsjournalisten im Fernsehen offenbar weithin unbekannt:
Wir haben unter den 141 analysierten Anlagetipps kein Beispiel dafür gefunden, dass
zwei widersprüchliche Expertenmeinungen miteinander konfrontiert werden. Selbst
kritische Nachfragen und Widersprüche durch die Wirtschaftsjournalisten und Moderatoren bleiben – wie oben gezeigt – Ausnahmen.
Wenn sich also Interessenkonflikte nicht vermeiden lassen, aber die Programmveranstalter aufgrund der Publikumsnachfrage nach eindeutigen Tipps auf
diese Art von Ratgeberpublizistik nicht gänzlich verzichten möchten, dann stellt sich
die Frage, wie man das Publikum auf diese bestehenden Konflikte zumindest hinweist. In der untersuchten Programmwoche wurde bei 14 ausgestrahlten Anlagetipps
(davon neun Wiederholungsausstrahlungen) explizit auf Interessenkonflikte hingewiesen: Auf n-tv wurde ein Insert mit dem Verweis auf die Website „www.bhfbank.com/interessenkonflikte“ eingeblendet, zusätzlich wies der Moderator auf das
Problem hin. Ruft man die Website auf, dann erscheint ein längerer, juristisch formulierter Disclaimer zur Abwehr von Haftungsansprüchen.
PROGRAMMDISKURS • PROBLEME UND STANDARDS DER WIRTSCHAFTSBERICHTERSTATTUNG
187
Auch Bloomberg TV setzt Inserts im Splitscreen-Verfahren ein. Zudem wird
auf den Unterschied zwischen journalistischer Meinungsäußerung und reportierter
Meinung hingewiesen, wenn der Text „Analystenmeinungen geben nicht die Meinung von Bloomberg wieder“ erscheint. Außerdem wurden von Bloomberg TV
vereinzelt auch generelle Warnhinweise eingeblendet, wie „Investoren handeln auf
eigenes Risiko. Aktienkurse können steigen oder fallen“.
Obgleich also das Problem der Interessenkonflikte zumindest bei zwei Anbietern grundsätzlich durchaus bekannt ist und sogar publizistisch thematisiert wird,
lohnt eine weiterführende Detailanalyse (vgl. den Abschnitt „Eine Fallstudie“).
Zur Einflussnahme von Sponsoren und Werbekunden auf den Ratgeberjournalismus
Bevor wir uns konkrete Fälle detaillierter ansehen, geht es darum, mögliche Zusammenhänge zwischen Werbung oder Sponsoring auf der einen Seite und redaktioneller Berichterstattung und Ratgebung auf der anderen Seite zu rekonstruieren, soweit
dies inhaltsanalytisch überhaupt möglich ist. Verdeckte Einflussnahmen auf redaktionelle Inhalte – etwa durch Unternehmen, die im betreffenden Programm gar nicht
offen als Werbetreibende oder Sponsoren in Erscheinung treten – können inhaltsanalytisch nicht nachgewiesen werden. Feststellen lassen sich allenfalls eine auffallend einseitige positive Berichterstattung oder Anlageempfehlungen. Wir haben
jedoch nicht alle expliziten Anlageempfehlungen inhaltsanalytisch untersucht, um
dann über mögliche verdeckte Einflussnahmen zu spekulieren. Stattdessen haben
wir einige evidente Fälle von möglichen Interessenkonflikten einer Detailuntersuchung unterzogen. Hierfür kamen insbesondere die Fälle infrage, in denen über
Finanzdienstleistungen oder Produkte berichtet wurde, die von Werbekunden oder
Sponsoren angeboten werden, oder wo solche Produkte Gegenstand von Empfehlungen waren.
So wurden beispielsweise drei Produkte der Deutschen Bank (DWS) im redaktionellen Programm von n-tv empfohlen, wobei DWS auch als n-tv-Sponsor aktiv ist
und 45 Werbespots schaltete. In derselben Woche wurden aber auch zwei Produkte
der Deutschen Bank auf Bloomberg TV besprochen, und hier sponserte und warb
DWS nicht. Für eine systematische Einflussnahme von Werbekunden und Sponsoren
auf die Thematisierung ihrer Produkte oder gar die Tendenz ihrer Bewertung geben
auch unsere Fallstudien keine Hinweise.
Kriterien für den redaktionellen Umgang mit Interessenkonflikten und
zur Trennung von Werbung und Programm im Fernsehen
Um konkrete Fallbeispiele hinsichtlich der Frage beurteilen zu können, ob und in
welchem Maße sie gegen das Trennungsgebot verstoßen, bedarf es bei einer qualitativen Analyse (ebenso wie bei einer quantitativen) möglichst klarer Kriterien und
Maßstäbe. Im Rundfunkstaatsvertrag (§§ 7 u. 8) als grundlegendem medienrechtlichen Dokument ist zwar ein klares Verbot der inhaltlichen Einflussnahme durch
Werbetreibende und Sponsoren ebenso verankert wie das Verbot, in gesponserten
Sendungen zum Kauf, Verkauf usw. von Erzeugnissen und Dienstleistungen des
Sponsors, aber auch von Dritten, aufzurufen. Der Rundfunkstaatsvertrag und die
PROGRAMMDISKURS • PROBLEME UND STANDARDS DER WIRTSCHAFTSBERICHTERSTATTUNG
188
Richtlinien der Landesmedienanstalten liefern aber keine konkreten Indikatoren für
die Programmbeobachtung. Solche Analyse- und Bewertungskriterien mussten für
unsere Analyse erst einmal aus der kommunikationswissenschaftlichen und medienrechtlichen Fachliteratur extrahiert werden.
Das Trennungsgebot ist auch in den Landespressegesetzen (§ 10) und im Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG, §§ 1 u. 3) verankert, aber es fehlen die
medien- bzw. fernsehspezifischen Konkretisierungen. Nach Dommermuth, die den
Stand der Rechtsprechung analysiert hat, wird das Trennungsgebot so lange nicht
verletzt, wie die sachliche Information des Rezipienten über Waren und Dienstleistungen im Vordergrund steht und „die damit einhergehende Werbewirkung sich nur
als unabweisliche Folge darstellt“. Entscheidend ist „das Ausmaß der einseitig lobenden Erwähnung“ und wie für die Rechtsprechung dürfte auch für die wissenschaftliche Inhaltsanalyse „die Gesamtwürdigung von Anlass und Inhalt des einzelnen Berichtes“6 empfehlenswert sein, was ein qualitativ-interpretatives Verfahren
nahelegt. Neben dem Tatbestand der Bezahlung für eine Publikation gelten als inhaltsanalytisch operationalisierbare Indikatoren bei den Printmedien die übermäßige
Herausstellung von Unternehmen und Produkten durch optische Akzentsetzung,
Nennung von Produktnamen, wo dies für Informationszwecke nicht notwendig
erscheint, oder eine „für Prospekte typische Darstellungsweise“ ohne kritische Distanz.7 Auch der Bundesgerichtshof hat in seinen Entscheidungen auf die äußere
Gestaltung und formale Unterscheidbarkeit Bezug genommen, damit nicht der „unrichtige Eindruck geweckt“ wird, „es handele sich um eine fachkundige Äußerung
eines unbeteiligten Dritten“8, wo es tatsächlich um die Bemäntelung eigener ökonomischer Interessen geht. Dabei meint „eigene Interessen“ nicht allein die Interessen
von Journalisten, die möglicherweise als sog. Sekundär-Insider einen wirtschaftlichen
Privatnutzen aus ihrem Informationsvorsprung ziehen (vgl. hierzu auch die im Jahr
2000 neu gefasste Ziffer 7 der Publizistischen Grundsätze des Deutschen Presserats)
oder gar durch gezielt tendenziöse Berichterstattung strafbares „Scalping“ betreiben,
also zum eigenen Nutzen Einfluss auf die Kursentwicklung von Anlagen nehmen,
die sie privat besitzen. Rechtlich und medienethisch problematisch ist es auch, wenn
Redaktionen Dritten solche Verhaltensweisen ermöglichen.
Auch für die Börsen- und Finanzberichterstattung gilt selbstverständlich die
journalistische Sorgfaltspflicht, d.h. Wahrheit, Inhalt und Herkunft von Nachrichten
müssen geprüft werden, wobei mit Dommermuth gilt, dass alle Angaben von Marktteilnehmern, „insbesondere aus Wirtschaftsunternehmen [...] grundsätzlich Zweifeln
unterworfen“9 werden sollten.
6
7
8
9
Dommermuth, Stefanie (2003): Publizistische Sorgfaltspflichten und haftungsfreies Ermessen bei
redaktionellen Presseäußerungen im Rahmen der Wirtschaftsberichterstattung. Berlin, S. 74.
Dommermuth 2003, S. 74-75.
Bornkamm, Joachim (2004): Redaktionelle Werbung? Zur Trennung von Werbung und Programm. In:
Baerns, Barbara (Hrsg.): Leitbilder von gestern? Zur Trennung von Werbung und Programm. Wiesbaden, S. 47-49.
Dommermuth 2003, S. 85.
PROGRAMMDISKURS • PROBLEME UND STANDARDS DER WIRTSCHAFTSBERICHTERSTATTUNG
189
Gesetzlichen und ethischen Normen unterliegen übrigens nicht nur Journalisten, sondern auch Public-Relations- und Investor-Relations-Manager: Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat auf der Grundlage des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) einen Emittentenleitfaden10 publiziert, der auch für
„etwaige externe Personen, die mit der Außendarstellung des Unternehmens betraut
sind“, gilt und diese u.a. auf wahrheitsgemäße Aussagen verpflichtet. Allerdings
können sich Journalisten nicht unbedingt darauf verlassen, dass alle Unternehmenssprecher und Broker sich an diese Bestimmungen halten. Vielmehr müssen Interessenkonflikte, wo sie nicht durch die Auswahl anderer oder zusätzlicher Analysten
verhindert werden können, zumindest kenntlich gemacht werden. Hierfür ist das
Einblenden des Namens dann nicht ausreichend, wenn der Rezipient nicht auch
erfährt, welche Funktion der Sprecher hat und welches potenzielle Interesse er somit
vertritt.
Publizistische Sorgfalt bei der Auswahl und beim Umgang mit Analysten ist
grundsätzlich auch deshalb geboten, weil ihre Prognoseleistung insgesamt umstritten
ist. Rolke und Wolff beschreiben auf der Grundlage empirischer Befunde, dass die
Verlautbarungen von Analysten noch einmal deutlich positiver ausfallen als die ohnehin schon positive Grundtendenz der Wirtschaftsberichterstattung,11 bei der offenbar nicht mit dem aus der Politikberichterstattung bekannten NegativismusFaktor zu rechnen ist. Zum Teil sind die Erfolgsquoten verschiedener Analysten
sogar statistisch erfasst, d.h. Redakteure hätten die Möglichkeit, sich besonders um
die Experten mit guter Performance zu bemühen, und sie könnten – zum Beispiel
auf den Websites der Sender – ihre Rezipienten auf das Ranking der Analysten und
ihre allemal begrenzte Prognosefähigkeit hinweisen.12 Hidding, Gerke und Wolff
stellen an Wirtschaftsjournalisten hinsichtlich ihrer Beratungs- und Aufklärungsfunktion höhere Ansprüche als an Fachjournalisten in den Spezialmedien. Neben sorgfältiger Recherche und Gegenrecherche schlagen sie auch allgemeine und allgemeinverständliche Warnhinweise über „Risiken und Nebenwirkungen“ der verschiedenen
Geldanlageformen vor.13
10
11
12
13
BaFin Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Hrsg.) (2005): Emittentenleitfaden der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Frankfurt/M. URL: http://www.bafin.de/schreiben/89_2005/
emittentenleitfaden.pdf [20.8.2007].
Vgl. Rolke, Lothar/Volker Wolff (2000): Kurspflege durch Meinungspflege – Das Geschäft mit dem
Vertrauen. In: Dies. (Hrsg.): Finanzkommunikation. Kurspflege durch Meinungspflege. Die neuen
Spielregeln am Aktienmarkt. Frankfurt/M., S. 15.
Vgl. Wolff, Volker (2000): Garanten des Vertrauens? Die besondere Verantwortung von Finanzjournalisten. In: Rolke/Wolff (Hrsg.), S. 103, und Döring, Claus (2000): Finanzpresse und Finanzanalysten.
In: Rolke/Wolff (Hrsg.), S. 127.
Vgl. Hidding, Bruno (2000): Journalisten und Analysten – zum Nutzen der Anleger. In: Mittler der
Märkte. Wirtschaftsjournalismus zwischen Anspruch und Alltag. Festschrift für Hans K. Herdt. Frankfurt/M., S. 107; Gerke, Wolfgang (2000): Mißbrauch der Medien zur Aktienbeeinflussung. Ehrenkodex
für Analysten und Journalisten. In: Rolke/Wolff (Hrsg.), S. 153 u. 169, sowie Wolff 2000, S. 103.
PROGRAMMDISKURS • PROBLEME UND STANDARDS DER WIRTSCHAFTSBERICHTERSTATTUNG
190
Eine Fallstudie
Beim inhaltsanalytischen Abgleich zwischen Werbetreibenden und Sponsoren auf
der einen Seite und Anbietern von im redaktionellen Teil thematisierten Finanzprodukten14 auf der anderen Seite fällt die niederländische Großbank ABN Amro auf,
die bei n-tv sehr aktiv als Sponsor (von insgesamt sieben Präsentationsformen) ist
und im Untersuchungszeitraum auch 29 Werbespots schalten ließ. Im gleichen Zeitraum sind im Programm von n-tv vier Anlageprodukte von ABN Gegenstand von
Berichterstattung und Beratung, was zunächst schon aufgrund der Kongruenz von
Werbezielgruppe und Themenöffentlichkeit sowie der Größe der Bank nicht ungewöhnlich erscheinen muss.15 Zumindest die Tatsache, dass ein ABN-Amro-Produkt
in einer Sendung auf n-tv empfohlen wird, die durch dasselbe Unternehmen gesponsert ist, lässt eine tiefergehende Analyse aber lohnend erscheinen.
An der n-tv-Sendung „Investment-Check“ am 12. Juli 2006 nehmen Sell- und
Buy-Side-Analysten als Experten an einem neutral geführten Interview teil. Neben
dem Produkt des Sponsors wird auch ein Produkt einer anderen Bank empfohlen,
deren Vertreter als (Sell-Side-)Analyst zu Wort kommt, ohne dass auf den zweifellos
bestehenden Interessenkonflikt hingewiesen wird – was übrigens auch nicht hinsichtlich des Sponsors der Sendung geschieht. In der insgesamt zwanzigminütigen
Sendung werden zwar acht unterschiedliche Experten, darunter auch ein neutraler
Wirtschaftswissenschaftler, befragt, doch kommt es keineswegs zu einer wechselseitigen Bezugnahme auf Argumente und ggf. abweichende Einschätzungen und Bewertungen. Neben einem Buy-Side-Analysten (Vermögensberater) und dem Wirtschaftswissenschaftler vom Kieler Institut für Weltwirtschaft zählen auch Vertreter
der Handelskammer und eines internationalen Softwareunternehmens zu den Experten, genauso wie ein indischer Filmproduzent und ein Bankenvertreter, der das eigene Produkt empfiehlt. Die durchaus fachkundigen Äußerungen dieser bunten Schar
bleiben jedoch weitgehend unvermittelt nebeneinander stehen. Verbunden (oder
eben: getrennt) werden sie lediglich durch eher pitoreske denn informative Filmbeiträge aus den BRIC-Märkten Brasilien, Russland, Indien und China. Eine Debatte
oder gar ein Diskurs kommt nicht zustande, kritische Nachfragen seitens der qualifizierten Wirtschaftsjournalisten bleiben aus, Hintergründe, Interessen und Interessenkonflikte im Dunkeln.
3.
Zusammenfassung und Fazit
Die Programmprofile von Bloomberg TV, n-tv und N24 unterscheiden sich erheblich:
lediglich Bloomberg TV ist ein ausgesprochener Wirtschaftssender, während Wirtschaft, Börse und Finanzen bei n-tv und vor allem bei N24 weitaus geringere Bedeu14
15
Durch relativ aufwendige Hintergrundrecherchen musste zunächst ermittelt werden, welche Produkte
von wem angeboten werden. Eine eindeutige Zuordnung ist meist aufgrund der Wertpapierkennnummer (WKN) möglich.
Für eine quantitative, die Signifikanz prüfende Analyse sind Untersuchungszeitraum und Samplegröße
zu gering.
PROGRAMMDISKURS • PROBLEME UND STANDARDS DER WIRTSCHAFTSBERICHTERSTATTUNG
191
tung haben. Auch hinsichtlich Werbung und Sponsoring fallen die Unterschiede ins
Auge: Bloomberg TV ist nahezu werbefrei und auch Sponsoring spielt keine große
Rolle, beides ist bei N24 und vor allem bei n-tv deutlich anders.
In der Wirtschaftsberichterstattung insgesamt, aber auch bei den hier besonders interessierenden Börsen- und Anlagetipps, dominieren dialogische Präsentationsformen, also Interviews und Studiogespräche usw., die vor allem mit senderexternen
Experten und Analysten geführt werden. Dabei dominieren Sell-Side-Analysten oder
kommerzielle Experten, die andere (oder gar eigene) wirtschaftliche Interessen vertreten als diejenigen der fernsehenden Kleinanleger vor dem Bildschirm. Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass es wirklich neutrale Analysten zwar kaum geben kann,
dass aber in allen drei Programmen wissenschaftliche Experten oder Buy-SideAnalysten kaum zu Wort kommen, womit grundsätzlich Interessenkonflikte vorprogrammiert sind. Daher stellt sich die Frage, wie diese publizistisch bewältigt werden.
Auch wenn eine systematische Einflussnahme von Werbekunden und Sponsoren
auf die Finanzberichterstattung und mediale Anlageberatung in den Programmen
nicht nachgewiesen werden kann, bedeutet dies keineswegs, die gängige Programmpraxis sei unproblematisch. Zum einen wird auf Interessenkonflikte nur hin und
wieder explizit hingewiesen und im Einzelfall lässt sich sogar nachweisen, dass tatsächlich Produkte von Sponsoren und Werbekunden in der gesponserten Sendung
thematisiert und positiv kommentiert wurden, und zwar von Unternehmensvertretern (Sell-Side). Zum anderen fallen aber grundlegende Qualitätsmängel, die für den Wirtschaftsjournalismus immer wieder konstatiert wurden, auch bei den Börsen- und
Anlagetipps ins Auge: So dominiert ein unkritischer, bisweilen sogar sorgloser Umgang mit den befragten Experten. Dies betrifft sowohl die bevorzugte Auswahl von SellSide-Analysten und die mangelnde Gegenrecherche bzw. das Versäumnis, auch weitere Analysten mit abweichenden Einschätzungen zu Wort kommen zu lassen. Das
betrifft aber auch die durchweg unkritische, zuweilen sogar affirmative Gesprächsführung,
bei der sich Journalisten und Moderatoren zu bloßen Stichwortgebern von InvestorRelations-Managern degradieren, die vorgefertigte Werbetexte verbreiten. Vergleicht
man dieses Vorgehen mit den Standards des politischen Journalismus (sogar im
Fernsehen), bieten alle Programme hier ein eher unprofessionelles Bild. Zu untersuchen wäre daher nicht zuletzt, welche Glaubwürdigkeit den TV-Börsentipps von den
Rezipienten beigemessen wird und ob sie den befragten bzw. lediglich präsentierten
Analysten wirklich vertrauen.
Seit einigen Jahren bereits fordern verantwortungsvolle Medienpraktiker und
-kritiker einen reflektierteren Umgang der Fernsehredaktionen mit Börsentipps und
den Äußerungen von Finanz- und Kapitalmarktexperten insgesamt. Die Programmveranstalter könnten hier mehr tun, um über die grundsätzlichen Unzulänglichkeiten
von Prognosen, die unterschiedliche Qualität von Analysen und schwankende Performance von Analysten sowie vorhandene Interessenkonflikte aufzuklären. Die
namentliche Kennzeichnung von Gesprächspartnern ist dafür dann nicht ausreichend, wenn für den durchschnittlichen Rezipienten nicht ersichtlich wird, mit welchem potenziellen Interesse der Experte über ein Anlageprodukt spricht oder ob er
PROGRAMMDISKURS • PROBLEME UND STANDARDS DER WIRTSCHAFTSBERICHTERSTATTUNG
192
nicht möglicherweise gerade die Investition in eines der eigenen Produkte empfiehlt.
Um mehr Transparenz zu schaffen, bieten sich Inserts und verbale Hinweise im
Programm an, die auf den Websites der Programmveranstalter dann weiter erläutert
und vertieft werden können.
Publizistische Sorgfaltspflichten gelten auch für den Wirtschaftsjournalismus und
besitzen besondere Bedeutung, wenn es um die Ratgeberfunktion zumal im sensiblen Bereich von Finanzen und privater Altersvorsorge geht. Wie bei der politischen
Berichterstattung dürfte es auch hier im Interesse des Publikums liegen, mehr als nur
eine Expertenmeinung zu hören und vor allem auch neutrale und Buy-Side-Analysten
befragt zu sehen. In allen drei untersuchten Programmen mangelt es nicht an wirtschaftskompetenten Journalisten, wohl aber an kritischer Nachfrage und kontroversem Austausch von Argumenten. Insgesamt wird ein konsumfreundliches Klima
erzeugt, in dem fast nur Kauf- und Anlageempfehlungen ausgesprochen werden –
Metabotschaft und Tenor der TV-Finanzratgeber erscheinen noch positiver als die
Wirtschaftsberichterstattung im Allgemeinen.
Literatur
BaFin Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Hrsg.) (2005): Emittentenleitfaden der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Frankfurt/M.
URL: http://www.bafin.de/schreiben/89_2005/emittentenleitfaden.pdf [20.8.2007].
Balzli, Beat/Isabell Hülsen (2007): Bezahlte Fenster. In: Der Spiegel, Nr. 26,
25.6.2007, S. 98.
Beck, Klaus u.a. (2006): Wirtschaftsberichterstattung in den Programmen von n-tv,
N24 und Bloomberg TV. Eine Analyse der Programmgestaltung von Wirtschaftsinformationen im Hinblick auf die Einhaltung der Regelungen des Rundfunkstaatsvertrages. Berlin/Greifswald. ULR: http://www.alm.de/fileadmin/
forschungsprojekte/GSPWM/Wirtschaftsber._Teil_I.pdf [20.8.2007].
Bornkamm, Joachim (2004): Redaktionelle Werbung? Zur Trennung von Werbung
und Programm. In: Baerns, Barbara (Hrsg.): Leitbilder von gestern? Zur Trennung von Werbung und Programm. Wiesbaden, S. 43-58.
Dommermuth, Stefanie (2003): Publizistische Sorgfaltspflichten und haftungsfreies
Ermessen bei redaktionellen Presseäußerungen im Rahmen der Wirtschaftsberichterstattung. Berlin.
Döring, Claus (2000): Finanzpresse und Finanzanalysten. In: Rolke/Wolff (Hrsg.),
S. 118-127.
Gerke, Wolfgang (2000): Mißbrauch der Medien zur Aktienbeeinflussung. Ehrenkodex für Analysten und Journalisten. In: Rolke/Wolff (Hrsg.), S. 151-170.
Hidding, Bruno (2000): Journalisten und Analysten – zum Nutzen der Anleger. In:
Mittler der Märkte. Wirtschaftsjournalismus zwischen Anspruch und Alltag.
Festschrift für Hans K. Herdt. Frankfurt/M., S. 97-108.
Hock, Martin (2007): Verspekuliert. N24 nimmt den „Börsenguru“ Markus Frick
vom Sender. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 145, 26.6.2007, S. 38.
PROGRAMMDISKURS • PROBLEME UND STANDARDS DER WIRTSCHAFTSBERICHTERSTATTUNG
193
Rolke, Lothar/Volker Wolff (Hrsg.) (2000): Finanzkommunikation. Kurspflege
durch Meinungspflege. Die neuen Spielregeln am Aktienmarkt. Frankfurt/M.
Rolke, Lothar/Volker Wolff (2000): Kurspflege durch Meinungspflege – Das Geschäft mit dem Vertrauen. In: Dies. (Hrsg.), S. 10-18.
Wolff, Volker (2000): Garanten des Vertrauens? Die besondere Verantwortung von
Finanzjournalisten. In: Rolke/Wolff (Hrsg.), S. 96-106.
PROGRAMMDISKURS • FLIMMO – FERNSEHEN MIT KINDERAUGEN
194
FLIMMO – Fernsehen mit Kinderaugen
Michael Gurt und Bidjan Vakili
FLIMMO berät seit über zehn Jahren Eltern und professionell Erziehende bei der
alltäglichen Fernseherziehung. Herausgeber ist der gemeinnützige Verein „Programmberatung für Eltern e.V.“. Der Verein wurde am 25. November 1996 auf
Initiative der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) in München gegründet, um zusammen mit anderen Landesmedienanstalten und weiteren fachlich
kompetenten Partnern medienpädagogische Hilfestellung zu leisten. Mitglieder des
Vereins sind Institutionen, die ihre Erfahrung in der Vermittlung von Medienkompetenz einbringen. Dies sind zunächst 13 Landesmedienanstalten, die mit dem
FLIMMO ihr größtes gemeinsames medienpädagogisches Projekt realisieren.1 Außerdem zählen die Karl Kübel Stiftung für Kind und Familie in Bensheim sowie das
Internationale Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI) beim
Bayerischen Rundfunk zu den Mitgliedern des Vereins. Mit der Durchführung des
Projekts FLIMMO wurde das „JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung
und Praxis“ aus München betraut, das seine jahrzehntelange Forschungserfahrung
im Bereich Kinder und Fernsehen einbringt.
Das positive Feedback und die stetig steigende Nachfrage zeigen, dass mit dem
FLIMMO eine tragfähige und alltagstaugliche Beratungsinstanz geschaffen wurde,
die dem Anspruch gerecht wird, ein Angebot mit „Breitenwirkung“ zu sein. Für eine
effektive Fernseherziehung brauchen Eltern Unterstützung, die ihr Wissen über den
kindlichen Umgang mit dem Fernsehen mehrt und die ihr Bewusstsein für die Probleme schärft, die Kindern aus dem Fernsehen erwachsen können, und die schließlich
ihr Repertoire an sinnvollen Erziehungsstrategien erweitert. Damit nicht genug,
muss sich ein Ratgeber zur Fernseherziehung zugleich an professionelle Erziehungsinstanzen wie an Kindergarten und Schule wenden, um medienpädagogische Kompetenzvermittlung sinnvoll zu verzahnen.
1.
Die Voraussetzungen
Um einen Ratgeber zur Fernseherziehung pädagogisch sinnvoll zu gestalten, muss
eine Reihe von Voraussetzungen berücksichtigt werden: zum einen auf Seiten des
Mediums – in diesem Fall des Fernsehens –, zum anderen auf Seiten der Zielgruppen Eltern und professionell Erziehende. Bezogen auf das Medium Fernsehen sind
zwei Punkte zentral:
Untersuchungen zum Fernsehumgang von Kindern zeigen, dass Kinder nicht
nur Kinderprogramme sehen, sondern mit zunehmendem Alter und je nach familiä1
Nicht beteiligt ist die Landesrundfunkzentrale Mecklenburg-Vorpommern (LRZ).
PROGRAMMDISKURS • FLIMMO – FERNSEHEN MIT KINDERAUGEN
195
rer Situation auch Erwachsenenprogramme. Demzufolge kann sich ein Ratgeber wie
der FLIMMO nicht auf das Kinderprogramm beschränken, er muss vielmehr das
komplette Programm berücksichtigen, mit dem Kinder zwischen drei und 13 Jahren
in Berührung kommen.
Das Fernsehen als dynamisches Medium ist einem stetigen Wandel unterworfen. Neue Formate werden entwickelt, Themen kommen in Mode, neue Programmschienen oder Sender tauchen auf usw. In dieser unübersichtlichen Landschaft ist es
für Laien nicht immer leicht, den Überblick zu bewahren. Umso wichtiger ist es, mit
einem Fernsehratgeber Orientierungspunkte zu setzen und sich veränderten Gegebenheiten des Programms anzupassen.
Bezogen auf die Zielgruppen der Fernseherziehung gilt es, folgende Punkte in Rechnung zu stellen:
Die zentrale Instanz für die Fernseherziehung sind die Eltern. Sie müssen im
Prinzip täglich entscheiden, was ihre Kinder sehen dürfen und was nicht, und sich
mit ihnen darüber auseinandersetzen. Kinder werden mit dem Medium Fernsehen
als „Familienmitglied“ von klein auf konfrontiert. Der Fernsehumgang der Bezugspersonen hat in hohem Maße Vorbildcharakter. Dabei gilt die Regel: je niedriger das
Bildungsmilieu, umso größer das Ausmaß des Fernsehkonsums, umso untauglicher
die familiären Vorbilder und umso problematischer das bevorzugte Programm.
Erziehende und Lehrkräfte können Korrektive für die familiäre Fernseherziehung bieten und die Entwicklung von Medienkompetenz bei Kindern unterstützen.
Leider sind Pädagoginnen und Pädagogen oft nicht auf dem Laufenden, was die
Medienwelt von Kindern angeht. Die eigene Distanz zu populären Medieninhalten
spielt hier ebenso eine Rolle wie Defizite in der Ausbildung des pädagogischen
Fachpersonals. Deshalb ist gerade im Kontext professioneller Erziehung Beratung
und Know-how zum Thema Fernseherziehung dringend erforderlich.
2.
Zwei Wege zu den Zielgruppen
FLIMMO erreicht die Zielgruppen auf zwei Wegen:
FLIMMO-Broschüre
Die FLIMMO-Broschüre ist ein niedrigschwelliges Angebot „zum Mitnehmen“ für
interessierte Personen und Institutionen, die auf das Thema Kinder und Fernsehen
aufmerksam gemacht werden, und für Eltern aus eher niedrigeren Bildungsmilieus.
Die Vorteile dieses Verbreitungswegs sind:
-
vielfältiger Zugang z.B. über Kontaktstellen wie Schulen, Kinderärzte usw.;
schneller Überblick über regelmäßige, für Kinder relevante Angebote;
kompakte Orientierung zum Thema Kinder und Fernsehen.
FLIMMO-Online
Die Online-Version des FLIMMO bietet eine umfassende, aktuelle Programmberatung. Aus unserer Erfahrung sind die Zielgruppen der Online-Version primär pro-
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fessionell Erziehende sowie interessierte und versierte Eltern die v.a. in höheren
Bildungsmilieus zu finden sind. Die Vorteile dieses Verbreitungswegs sind:
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3.
Aktualität: Das Online-Angebot ist immer aktuell bestückt mit Sendungsbesprechungen aller kinderrelevanten Angebote (also auch Spielfilme, Shows
usw.), und zwar zwei Wochen im Voraus. Außerdem können aktuelle Ereignisse thematisiert werden, die bei Eltern Fragen aufwerfen (z.B. Berichterstattung
zum Irakkrieg).
Individuelle Handhabung: Die Nutzerinnen und Nutzer können sich die Informationen selbst zusammenstellen, speichern, ausdrucken usw.
Zugang zu Hintergrundinformationen: Das Online-Angebot umfasst zusätzliches Material wie z.B. Textarchive, Berichte der Kinderbefragungen, ein Filmlexikon usw.
Das inhaltliche Fundament
Grundlagen des FLIMMO sind:
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4.
Ergebnisse empirischer Studien mit medienpädagogischer Orientierung. Neben
der Berücksichtigung von Untersuchungen zum Thema Kinder und Fernsehen
werden andere Studien ausgewertet und für den FLIMMO nutzbar gemacht,
z.B. regelmäßig die Ergebnisse der KIM-Studien. Darüber hinaus werden einschlägige Nachbardisziplinen beobachtet wie die Entwicklungspsychologie, die
Frühpädagogik, die Familiensoziologie usw.
Erfahrungen aus der medienpädagogischen Arbeit mit Kindern, Eltern und
pädagogischem Fachpersonal, die das JFF seit Jahrzehnten durchführt.
Ergebnisse der Beobachtung des Fernsehmarkts. Dies wird gewährleistet durch
eine systematische Programmbeobachtung, durch die Auswertung von GFKDaten, die Aufbereitung einschlägiger Quellen wie Fachzeitschriften sowie die
Sichtung von Tageszeitungen, Fernsehzeitschriften usw.
Eigene Kinderbefragungen. Zweimal im Jahr führt das JFF im Auftrag des
Vereins „Programmberatung für Eltern e.V.“ Kinderbefragungen durch, die
sich unterschiedlichen Themen widmen. Dabei werden – je nach anvisierter
Zielgruppe – entsprechende Methoden gewählt: Bei älteren Kindern kommen
teilstandardisierte Fragebögen zum Einsatz, bei Vorschulkindern wird mit
Spielanreizen und Gestaltungsanregungen gearbeitet.
Die pädagogischen Leitlinien
Das übergreifende Ziel des FLIMMO ist es, Fernseherziehungskompetenz von
Eltern und pädagogisch Tätigen zu fördern. Durch die Kompetenzsteigerung der
Bezugspersonen soll zugleich den Kindern die Chance auf einen sinnvollen, kritischen und selbstbestimmten Umgang mit dem Medium Fernsehen eröffnet werden.
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Zur Erreichung dieses Ziels wird
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5.
die Kindersicht auf Fernsehen vermittelt, um nachvollziehbar zu machen, was
Kinder am Fernsehen fasziniert, aber auch, an welchen Stellen mit Problemen
zu rechnen ist;
pädagogische Orientierung gegeben, um Erziehenden Anregungen zu liefern,
die entsprechend eigener Vorstellungen von Erziehung und Medienumgang
modifiziert werden können;
medienpädagogisches Know-how vermittelt, das speziell aufs aktuelle Programm bezogen ist oder grundsätzlichere und umfassendere Informationen
zum Thema Kinder und Fernsehen enthält.
Das FLIMMO-Konzept
FLIMMO will Eltern und Erziehende in die Lage versetzen, aufgrund eigener fundierter Einschätzungen den Fernsehumgang von Kindern kompetent zu begleiten.
Aus diesem Grund werden keine Patentrezepte geboten, sondern Kenntnisse über
den kindlichen Fernsehumgang vermittelt, und es wird darauf hingewiesen, welche
Problemfelder es in Bezug auf das Fernsehen gibt. Dies geschieht durch die Einordnung des Programms in drei Rubriken:
„Kinder finden’s prima“
Diese Rubrik enthält, was in den Augen von Kindern „gutes Fernsehen“ ist und
wogegen es aus pädagogischer Sicht keine ernsthaften Einwände gibt. Die Kindersicht
kommt in der Beschreibung des Sendungsinhalts zum Tragen. Sie konzentriert sich
nämlich auf die Elemente, die für Kinder besonders interessant sind, z.B. turbulente
Verwicklungen, tapfere Helden, humorvolles Familienleben. Die pädagogische Orientierung wird in den Besprechungstext integriert: Der Altersverlauf zeigt, welches Alter
sich von der Sendung besonders angesprochen fühlen kann. Kenntlich gemacht wird
dies durch eine farbliche Abstufung für drei Altersgruppen (3–5, 6–10 und 11–13
Jahre). Darüber hinaus verweist ein hervorgehobener Zusatz auf eine eventuelle
Überforderung für jüngere Kinder. Zuordnungskriterien für diese Rubrik sind u.a.:
-
inhaltliche Elemente, die das jeweilige Unterhaltungsbedürfnis von Kindern
bedienen, ihre Sinne und Emotionen angemessen anregen;
Figuren, an denen Kinder sich orientieren können, die Identifikationsangebote
machen und Anregung für tragfähige Handlungsmuster bieten;
Geschichten, Handlungsstrukturen usw., die den jeweiligen Verstehensfähigkeiten und Sichtweisen entgegenkommen;
Informationen, die die Erweiterung des Blickwinkels von Kindern auf ihre
nahe und weitere Umwelt ermöglichen;
verständliche und anschauliche Aufbereitung von Wissen und Informationen.
PROGRAMMDISKURS • FLIMMO – FERNSEHEN MIT KINDERAUGEN
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„Mit Ecken und Kanten“
Sendungen dieser Rubrik werden zwar von Kindern ebenfalls als reizvoll betrachtet,
enthalten aber auch Elemente, die ihnen aus pädagogischer Warte auf Dauer nicht zuträglich sind. Auch hier werden im Besprechungstext die für Kinder attraktiven
Elemente herausgestellt, seien es Beziehungsaspekte, besondere Attribute von Helden, deren Kampfgeschick oder technische Ausstattung, die action- und temporeiche Handlung usw. Die pädagogische Orientierung wird explizit deutlich gemacht durch
einen entsprechenden Hinweis darauf, welche Aspekte der Sendung Ecken und
Kanten bergen. Zuordnungskriterien sind u.a.:
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problematischer Umgang mit Gewalt als legitime und erfolgversprechende Art
der Konfliktlösung;
einseitiger und diskriminierender Umgang mit Geschlechterrollen;
das Zur-Schau-Stellen von Personen in ihrer Privatsphäre oder in Extremsituationen;
Darstellungsweisen, die gezielt Realität und Fiktion vermischen.
„Für Kinder schwer verdaulich“
Sendungen in dieser Rubrik enthalten Bestandteile, die Kinder überfordern, ängstigen oder verunsichern können. Die Zuordnung in diese Rubrik sagt nichts über die
Qualität der jeweiligen Sendung aus, denn auch qualitätsvolles Programm kann Kinder überfordern. Die Kindersicht wird in dieser Rubrik mit der pädagogischen Orientierung
gekoppelt. Die Beschreibung der Sendung konzentriert sich auf inhaltliche Elemente, die für Kinder „schwer verdaulich“ sein können. Unter anderem sind das drastische Gewaltdarstellungen, unheimliches Geschehen usw. Zuordnungskriterien sind u.a.:
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drastische und reißerische Darstellung von Gewalt und deren Folgen;
Darstellung von Gewalt, die sich in für Kinder realitätsnahen Kontexten abspielt;
Welt- und Menschenbilder, die stark verzerrend oder diskriminierend sind;
Proklamierung einer gewalttätigen und gefahrvollen Welt.
Zusätzlich bietet FLIMMO medienpädagogisches Wissen und Handlungsanregungen im
redaktionellen Teil. Dabei ist es das Ziel, Eltern und Erziehenden medienpädagogisches Know-how in kurzen, verständlichen Texten nahezubringen. Behandelt werden u.a.:
-
Grundsätzliches zum Thema Kinder und Fernsehen in Form von ausführlichen Titelthemen;
Sendungen, die Kindern Besonderes zu bieten haben und die aus pädagogischer Sicht aus dem Programm herausragen;
Hinweise und Erklärungen zu problematischen Angeboten;
aktuelles Geschehen, das mit dem Thema Kinder und Fernsehen in Verbindung steht (z.B. Kriegsberichterstattung, Terrorakte usw.);
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Erklärungen zur Einordnung bestimmter Sendungen oder Genres in die einzelnen Rubriken;
Tipps zur Fernseherziehung;
Hintergrundinformationen zum Fernsehen, zu Genres, Inhaltsaspekten oder
Gestaltungselementen;
Informationen über Anschlussmedien zum Fernsehen.
Im FLIMMO-Online finden sich über die Besprechungen und die redaktionellen
Texte hinaus vertiefende Angebote, die den Nutzerinnen und Nutzern weitere Zugangsweisen eröffnen:
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6.
Das Archiv der Titelthemen und redaktionellen Texte ermöglicht die gezielte
Suche nach Informationen und Themen (z.B. zum Unterschied im Fernsehumgang von Mädchen und Jungen).
Es werden sämtliche Berichte zu den Kinderbefragungen als PDF-Dateien
eingestellt. Hier können interessierte Nutzerinnen und Nutzer mehr über Fragestellungen und Erhebungsmethoden sowie die detaillierten Ergebnisse nachlesen.
Ein Filmlexikon bündelt alle Daten zu den bisher besprochenen Spiel- und
Zeichentrickfilmen.
Die Verbreitung
FLIMMO hat sich zum Ziel gesetzt, einer möglichst großen Zahl von Eltern Orientierungshilfen bei der Fernseherziehung ihrer Kinder zu bieten. Um dieses Ziel zu
erreichen, wird zum einen inhaltlich auf eine kurze und verständliche Formulierung
der Beiträge und Sendungsbesprechungen geachtet. Zum anderen soll bei der
Verbreitung sichergestellt werden, dass die FLIMMO-Broschüre an möglichst vielen
Orten ausliegt, die von Eltern frequentiert werden. Zudem wird das Beratungsangebot kostenlos zur Verfügung gestellt, um die Bereitschaft zur Nutzung weiter zu
erhöhen. Da der gemeinnützige Verein „Programmberatung für Eltern e.V.“ als
Herausgeber nur über ein begrenztes Budget zur Realisierung des Projekts verfügt,
war auf einen möglichst kostengünstigen Verbreitungsweg zu achten. Daher wurde
der Weg über Multiplikatoren gewählt. Institutionen, die den FLIMMO an Eltern
weitergeben oder die Broschüre öffentlich auslegen, können das Heft kostenlos
bestellen. Der FLIMMO wird den Bestellern jeweils nach Neuerscheinen in der
gewünschten Menge zugesandt.
Bei der konkreten Auswahl von Multiplikatorengruppen wurden solche Institutionen berücksichtigt, bei denen von einer großen Kontaktwahrscheinlichkeit mit
Eltern auszugehen war. Dieser Kontakt kann entstehen, indem der FLIMMO von
professionell Erziehenden an Eltern weitergegeben wird oder indem die Broschüre
von Eltern selbstständig entdeckt wird. Beim Aufbau des Verteilers wurde darauf
geachtet, dass beide Möglichkeiten realisiert werden können. Zunächst wurde die
Broschüre daher an Schulen und Kindertageseinrichtungen bekannt gemacht.
PROGRAMMDISKURS • FLIMMO – FERNSEHEN MIT KINDERAUGEN
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Gleichzeitig wurden Institutionen gesucht, die eher im beiläufigen Sinne als Multiplikatoren fungieren. Dabei hat sich der Weg über Wartezimmer in Arztpraxen und die
Auslage in Apotheken als sinnvoll erwiesen. Im Zeitablauf sind weitere öffentlich
zugängliche Bezugsstellen wie etwa Bibliotheken hinzugekommen, über die die
FLIMMO-Broschüre kostenlos erhältlich ist. Für Interessierte besteht die Möglichkeit, über die Eingabe ihrer Postleitzahl solche öffentlichen Bezugsstellen in ihrer
näheren Umgebung zu suchen. Auf Wunsch kann der FLIMMO jedoch auch direkt
über ein Abonnement bezogen werden. Da die Einzelversendung mit deutlich höheren Kosten verbunden ist, fällt für Abonnements ein geringer Kostenbeitrag an.
Dieses Verbreitungssystem hat sich in der Praxis als sehr erfolgreich erwiesen.
Das Interesse an dem Beratungsangebot nahm in einem Maße zu, dass die zulässige
Höchstbestellmenge zeitweise begrenzt werden musste, um sämtliche Besteller berücksichtigen zu können. Versendet wird der FLIMMO ausschließlich aufgrund
konkreter Bestellungen. Zudem wird mit jeder Ausgabe das weitere Interesse am
Erhalt der Broschüre abgefragt und ggf. um die Anpassung der Bestellmenge gebeten. Damit soll die Gefahr einer nicht bedarfsgerechten Verteilung möglichst gering
gehalten werden.
Inzwischen wird der FLIMMO bundesweit an rund 22.000 Besteller versendet.
Dabei geht fast jede zweite Broschüre an Bildungseinrichtungen wie Schulen und
Kindertagesstätten. Weitere knapp 40 Prozent der Broschüren werden von medizinischen Einrichtungen wie Arztpraxen, Apotheken und therapeutischen Einrichtungen z.B. von Logopäden und Ergotherapeuten bestellt. Eine weitere bedeutende
Multiplikatorengruppe stellen öffentliche Bibliotheken dar. Seit einigen Jahren wird
die FLIMMO-Broschüre zudem in vielen Bundesländern an die Eltern aller Erstklässler ausgegeben. Solche Aktionen haben sich als überaus sinnvoll erwiesen, da
Eltern gerade in den ersten drei Schuljahren ihrer Kinder besonders interessiert an
medienpädagogischen Fragen sind. Solche Erstklässler-Aktionen bieten die Möglichkeit, einen gesamten Jahrgang von Eltern für das Thema Medienerziehung zu sensibilisieren und auf den FLIMMO hinzuweisen.
Die erste Ausgabe von FLIMMO erschien im Jahr 1997 mit einer Auflage von
100.000 Exemplaren. Inzwischen hat sich die Auflage auf rund 400.000 Hefte pro
Ausgabe vervierfacht. Pro Jahr erscheinen drei reguläre Ausgaben, seit 2003 zusätzlich eine Sonderausgabe zu Weihnachten, die sich ausschließlich mit dem erweiterten
Fernsehprogrammangebot während der Weihnachtsferien beschäftigt.
Ebenfalls im ersten Halbjahr 1997 startete fast zeitgleich zur Printausgabe das
Online-Angebot von FLIMMO, das von den Nutzern sehr gut angenommen wird.
Inzwischen wurden die Seiten bereits zweimal gründlich überarbeitet und erweitert.
Im Vergleich zur Broschüre ist das Angebot im Internet deutlich umfangreicher und
aktueller. So wird dort das komplette Fernsehprogramm besprochen, also auch
einmalige Angebote wie Spielfilme und Dokumentationen. Neben einem Archiv aller
bisher erschienenen Beiträge können zudem auch die Ergebnisse der bisherigen
Kinderbefragungen abgerufen werden. Umfangreiche Recherchemöglichkeiten und
ein Filmlexikon mit allen bisher von FLIMMO besprochenen Spiel- und Zeichen-
PROGRAMMDISKURS • FLIMMO – FERNSEHEN MIT KINDERAUGEN
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trickfilmen runden das Angebot ab. Darüber hinaus bestehen im Bereich „Mein
FLIMMO“ zahlreiche Möglichkeiten für die Zusammenstellung einer persönlichen
Auswahl an Sendungen, Texten und Links sowie von Suchprofilen.
PROGRAMMAUFSICHT
PROGRAMMDISKURS • GEMEINSAME STELLE PROGRAMM, WERBUNG UND MEDIENKOMPETENZ
203
Gemeinsame Stelle Programm,
Werbung und Medienkompetenz
Auf Beschluss der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) wurde
im Jahr 2003 die Gemeinsame Stelle Programm, Werbung und Medienkompetenz
(GSPWM) gegründet. Sie ist die zuständige Stelle für aktuelle Fälle und Grundsatzfragen zu Zulassungen, Programm, Werbung und Medienkompetenz.
Vorsitzender:
Mitglieder:
Geschäftsstelle:
Prof. Dr. Norbert Schneider (LfM)
Dr. Gerd Bauer (LMS), Manfred Helmes (LMK), Dr. Victor Henle
(TLM, bis Mai 2007), Jochen Fasco (TLM, ab Juni 2007), Thomas
Langheinrich (LFK), Wolfgang Schneider (brema), Prof. Dr. Wolfgang Thaenert (LPR Hessen)
c/o Landesanstalt für Medien NRW, Zollhof 2, 40221 Düsseldorf,
Tel.: 0211 / 77007-135, www.gspwm.de, [email protected]
Einen großen Aufgabenbereich der GSPWM stellen die bundesweiten Zulassungsangelegenheiten im Fernsehbereich dar. Hier hat die GSPWM zum einen den Auftrag, Empfehlungen über eine Zulassung für die Lizenzanstalten vorzubereiten. Zum
anderen befindet sie über die Abgrenzung von Rundfunkangeboten und Mediendiensten. Dieser Aufgabenbereich wird stetig umfangreicher. So gab es 2006 insgesamt 59 neue Anträge, von denen 37 den Rundfunk betrafen mit insgesamt 51 Programmen sowie 22 Mediendienste mit 24 Angeboten (zum Vergleich: 2005 gab es 40
Anträge, davon 25 TV-Programme und 15 Mediendienste). Oftmals handelt es sich
bei den neuen Angeboten um Spartenangebote, also um Rundfunkprogramme mit
im Wesentlichen gleichartigen Inhalten, wie beispielsweise Unterhaltung oder Information.
Die Entscheidungen über die Zulassung sind zumeist komplex. So ergeben
sich häufig Nachfragen u.a. in Bezug auf die Einhaltung der Jugendschutz- und
Werberegelungen. Die diesbezüglich getroffenen Schutzvorkehrungen mussten des
Öfteren seitens der Antragsteller nachgebessert, das Programmschema geändert
werden. 2006 betrafen solche Nachfragen insbesondere den Lizenzantrag von Trinity TV, jetzt Trinita TV, dessen Annahme von der Gemeinsamen Stelle zunächst
nicht empfohlen wurde. Zu einer positiven Entscheidung kam es erst, nachdem
deutliche Korrekturen, vor allem im Programmbereich, vorgenommen worden waren. Da Religion und damit die Frage religiöser Werbung im Fernsehen an Bedeu-
PROGRAMMDISKURS • GEMEINSAME STELLE PROGRAMM, WERBUNG UND MEDIENKOMPETENZ
204
tung gewinnt, hat die GSPWM das Thema aufgegriffen und im Rahmen der Fachtagung „Message im Medium – Zur Zulässigkeit religiöser Fernsehprogramme“ im
Herbst 2006 eingehend diskutiert.
Zudem beschäftigt sich die GSPWM zunehmend mit fremdsprachigen Programmen, wie etwa türkischen oder persischen Programmen, die in Deutschland
produziert und speziell für Migranten ausgestrahlt werden. Gelegentliche Bewertungen sollen sicherstellen, dass diese Programme den Programmgrundsätzen des
Rundfunkstaatsvertrags entsprechen.
Problematischer als die in Deutschland produzierten Programme sind allerdings die Programme, die im Ausland produziert werden und per Satellit nach
Deutschland einstrahlen. Geschieht dies aus dem europäischen Ausland, unterliegt
das Programm zunächst der Aufsicht durch den Sendestaat. Das Programm darf
insoweit auch nicht von der deutschen Medienaufsicht kontrolliert und beanstandet
werden. Programme, die über Satelliten nach Deutschland gelangen, auf die das EURecht keine Anwendung findet, bleiben auch dann unbehelligt, wenn sie gegen deutsches Recht verstoßen. Dieser Problematik widmete sich ein weiterer Workshop der
GSPWM im Frühjahr 2007 mit dem Titel „Fremde Welten – Ausländisches Fernsehen in Deutschland“. Die GSPWM hat sich in dieser Sache auch an die EU gewendet, um auf eine Lösung gegen die Verbreitung antiisraelischer und antisemitischer
Propaganda über Drittstaaten-Satelliten hinzuwirken.
Aber nicht nur in diesem Kontext hat die GSPWM den Kontakt zur EU gesucht. So wurde die Arbeit der Gemeinsamen Stelle in den Jahren 2006 und 2007
erneut durch die Diskussion um die Europäische Fernsehrichtlinie geprägt. Im Mittelpunkt stand hier das Thema Produktplatzierungen. Die GSPWM stand dem ersten Entwurf der Europäischen Kommission – in dem Produktplatzierungen generell
zugelassen wurden – kritisch gegenüber. Hierzu führte sie 2006 zahlreiche Gespräche, u.a. mit Vertretern privater Rundfunkveranstalter und Mitgliedern des Europäischen Parlaments. Die GSPWM setzte sich dafür ein, Produktplatzierungen generell
zu verbieten und nur in sehr engen Grenzen Ausnahmen zuzulassen. So sprach sie
sich für zahlreiche Konkretisierungen des zunächst veröffentlichten Entwurfs der
EU aus, vor allem im Hinblick auf die mögliche Verpflichtung der Veranstalter, auf
Produktplatzierungen deutlich hinzuweisen. Als klar wurde, dass innerhalb der EU
die Zulassung von Produktplatzierungen möglich sein würde, suchte die GSPWM
Ende 2006 das Gespräch mit Programmveranstaltern, um Details zu klären, wie z.B.
Hinweise auf Produktplatzierungen aussehen müssen, um den Zuschauer hinreichend zu informieren.
In den Jahren 2006/2007 führte die GSPWM außerdem mehrere Gespräche
mit Experten und Veranstaltern zu neuen technischen Entwicklungen im Rundfunk,
um hier auf künftige Zulassungsproblematiken vorbereitet zu sein. So hat sie sich
2007 insbesondere mit den Themen IPTV und Internet Radio beschäftigt und dazu
festgestellt, dass Rundfunkangebote, die im Internet übertragen bzw. per Internetprotokoll in anderen Übertragungswegen verbreitet werden, grundsätzlich Rundfunk
sind. Im Einzelfall können allerdings die Art der technischen Verbreitung, die Zahl
PROGRAMMDISKURS • GEMEINSAME STELLE PROGRAMM, WERBUNG UND MEDIENKOMPETENZ
205
der gleichzeitigen Zugriffe oder der Sendeumfang Gründe dafür sein, solche Angebote zumindest vorerst nicht als Rundfunk einzustufen. Da das Internet sich zunehmend als Übertragungsweg für Rundfunkangebote durchsetzt, hat die Gemeinsame Stelle auf die Zuständigkeit und Aufsichtstätigkeit der Landesmedienanstalten
in der Öffentlichkeit noch einmal besonders hingewiesen.
Zudem oblag der GSPWM die Federführung bei der Vorbereitung länderübergreifender DVB-H-Erprobungsprojekte. DVB-H steht für Digital Video Broadcasting Handheld und ist ein international standardisiertes Übertragungsverfahren,
das Fernsehen, Hörfunk und Telemedien auf mobilen Empfangsgeräten ermöglicht.
Mit dem DVB-H-Standard können ca. 16 Programmplätze mit TV-, Hörfunk- und
Telemedienangeboten verbreitet werden. Die GSPWM hat dafür zusammen mit der
Gemeinsamen Stelle Digitaler Zugang (GSDZ) die Ausschreibung vorbereitet und
ist seit Abschluss der Ausschreibungsfrist dabei, für die DLM das Konzept auszuwählen, das am besten geeignet erscheint, die Projektziele zu verwirklichen. Start des
Projekts soll im Frühjahr 2008 sein.
Schließlich hat sich die Gemeinsame Stelle 2007 auch mit dem interaktiven
Fernsehen befasst, der Möglichkeit, fortlaufend zwischen linearen Angeboten und
Video-on-Demand-Diensten zu wechseln.
Neben den Zulassungsfragen und der Beschäftigung mit neuen technischen
Entwicklungen im Fernsehbereich lag ein weiterer Schwerpunkt der Tätigkeit der
GSPWM auf der Programmkontrolle – zum einen mit Blick auf die Einhaltung
allgemeiner Programmgrundsätze, zum anderen hinsichtlich der Regulierung von
Werbung in Rundfunkangeboten. Zu dieser Aufsichtstätigkeit gehört die jährliche
Programmanalyse der sog. Regionalfenster in den Programmen von Sat.1 und RTL.
Dabei ergab die Untersuchung für 2006, dass die Regionalfenster insgesamt die
formalen Anforderungen der Fernsehfensterrichtlinie (FFR) erfüllen. Die inhaltliche
Ausgestaltung verschiedener Fensterprogramme lag jedoch teilweise im Grenzbereich. So waren vor allem wirtschaftliche und politische Themen in einigen Programmen unterrepräsentiert. Dies ist mit den Veranstaltern erörtert worden.
Einen Schwerpunkt der Programmaufsicht bildete daneben 2007 die Kontrolle
der Call-In-Formate, der Gewinnspielsendungen. Zu diesen Programmen gab es
zahlreiche Zuschauerbeschwerden. So wurde u.a. moniert, dass Lösungswörter nicht
gefunden werden können und über lange Strecken kein Teilnehmer durchgestellt
wird, bis die Gewinnsumme wieder abgesenkt wird. Aufgrund dessen hat die
GSPWM zunächst die im Herbst 2005 verabschiedeten Anwendungs- und Auslegungsregeln der Landesmedienanstalten für die Aufsicht über Fernsehgewinnspiele
(GewinnSpielReg) aktualisiert. Über Änderungen dieser Normen hat sie mit den
Veranstaltern und dem Verband Privater Rundfunk und Telemedien e.V. (VPRT)
intensive Diskussionen geführt, die darin mündeten, dass die Veranstalter selbst
Maßnahmenkataloge mit spezifischen Regeln für ihre Gewinnspiele entwarfen. Die
Auslegungsregeln wurden im Ergebnis konkreter gefasst und beinhalten auch neue
Regelungen bezüglich des Jugendschutzes. Zudem wurde ein ständiger Austausch
über neue technische Entwicklungen vereinbart und beschlossen, mit dem Gesetz-
PROGRAMMDISKURS • GEMEINSAME STELLE PROGRAMM, WERBUNG UND MEDIENKOMPETENZ
206
geber in Gespräche über eine konkretisierende Ermächtigungsgrundlage im Rundfunkstaatsvertrag einzutreten, die den Gesichtspunkten des Verbraucherschutzes
Rechnung trägt und auf deren Grundlage künftig Richtlinien erlassen und Beanstandungen in Bezug auf Call-In-Formate erfolgen können.
Auch das Thema Gewinnspiele im Hörfunk nahm in der GSPWM in den Jahren 2006/2007 einen breiten Raum ein. So wurde von dem für Hörfunk zuständigen
Direktor der LMS, Gerd Bauer, eine Handreichung der Landesmedienanstalten für
die Handhabung von Hörfunkgewinnspielen entwickelt. Ziel dieser Handreichung
ist – ebenso wie bei den Regeln für Gewinnspiele im Fernsehen – die größere
Transparenz für Zuschauer und Hörer sowie ein stärkerer Schutz der Minderjährigen. Hierfür hat auch die Kommission für Jugendschutz (KJM) neue Regelungen
entwickelt.
In Werbeangelegenheiten führte die Gemeinsame Stelle im Jahr 2006 Programmanalysen zu Themen wie Schleichwerbung und Klingeltönen durch. Im Frühjahr 2007 nahm sie eine detaillierte Analyse der Spartensender vor.
Darüber hinaus bearbeitete die GSPWM zahlreiche Verstöße gegen die Werbeund Sponsorregelungen des Rundfunkstaatsvertrags. Dabei wurde sie 2006 in insgesamt 45 Fällen tätig. In 41 Fällen empfahl sie der jeweiligen Lizenz gebenden Medienanstalt rechtsaufsichtlich tätig zu werden bzw. ein Verfahren einzuleiten. Alle
Feststellungen wurden zwischenzeitlich durch eine Beanstandung oder durch einen
rechtsförmlichen Hinweis an die Veranstalter abgeschlossen. Bei zwei Fällen von
Schleichwerbung führte die Beanstandungsempfehlung der Gemeinsamen Stelle zur
Einleitung eines sog. Ordnungswidrigkeitenverfahrens, das mit der Verhängung
eines Bußgelds verbunden ist. So wurde Super RTL aufgrund von Schleichwerbung
in der Unterhaltungssendung „Das große Barbie-ABC“ von der LfM mit einem
Bußgeld in Höhe von 12.000 Euro belegt. Sat.1 wurde aufgrund der Promi-Ostershow „Jetzt geht’s um die Eier“ ein Bußgeld angedroht, das daraufhin eingeleitete
Gerichtsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.
Auch 2007 hat die GSPWM mehrere Beanstandungen durch die zuständigen
Lizenzanstalten angeregt. Hervorzuheben sind Werbeverstöße bei der Sendung
„WOK WM“ im Programm von ProSieben sowie in der Sendung „Doppelpass“ im
Programm von DSF. Die Beanstandungsverfahren sind zum Zeitpunkt der Drucklegung dieses Berichts noch nicht abgeschlossen.
Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit der GSPWM war die Überprüfung der
Rechtmäßigkeit von Sportwettenwerbung im Privatfernsehen. Auslöser war ein
Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 zum Glücksspielmonopol.
Aus dieser Entscheidung zogen zahlreiche Länder als zuständige Aufsichtsbehörden
für das Glücksspielwesen u.a. den Schluss, dass die Werbung für Sportwetten verboten werden müsse. Zur Überprüfung dieser Annahme hat die Gemeinsame Stelle
zahlreiche Gespräche mit Vertretern der Länder und der privaten Rundfunkveranstalter geführt, mit dem Ergebnis, dass die Werbespots seither einen begleitenden
Hinweis auf die möglichen Suchtgefahren von Sportwettangeboten und auf die
Altersgrenze zur Teilnahme enthalten.
PROGRAMMDISKURS • GEMEINSAME STELLE PROGRAMM, WERBUNG UND MEDIENKOMPETENZ
207
Schließlich hat sich die GSPWM eingehend mit dem Thema Wirtschaftsberichterstattung beschäftigt. Hierzu vergab sie 2006 eine Analyse zur Überprüfung der
Programme von n-tv, N24 und Bloomberg TV im Hinblick auf die Einhaltung der
Regelungen des Rundfunkstaatsvertrags. Die Sendungen wurden insbesondere auf
das Trennungsgebot von Werbung und Programm, auf die journalistische Sorgfaltspflicht sowie die Auswahl der Analysten untersucht. Im Ergebnis bewegten sich die
untersuchten Anbieter im Rahmen des Zulässigen. Allerdings stellte die GSPWM
auch fest, dass die Verantwortlichen weiterhin sehr sorgfältig bei der Programmproduktion agieren müssen. Im Interesse der Zuschauer ist dabei nach Auffassung der
Gemeinsamen Stelle ein Maximum an Transparenz nötig. Die Ergebnisse der Studie
wurden im Frühjahr 2007 eingehend mit den Veranstaltern besprochen. Zudem
wurde zu diesem Themenkomplex ein Gespräch mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) geführt. Die Studie wurde im Internet publiziert.
Im Bereich der „Förderung von Medienkompetenz“ übernimmt die GSPWM
koordinierende Aufgaben, um die unterschiedlichen, insbesondere bundesweiten
Aktivitäten der einzelnen Landesmedienanstalten einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen. Hierzu zählte 2007 u.a. die Präsentation der Angebote bei Fachmessen wie der Bildungsmesse „Didacta“ in Köln, um Erziehenden, Pädagogen und
Lehrkräften die vielfältigen Medienkompetenz fördernden Angebote der Landesmedienanstalten vorzustellen. Zum zweiten Mal waren die Landesmedienanstalten bei
der „Games Convention“, der Messe für Computer- und Videospiele, in Leipzig vor
Ort. Kinder, Jugendliche und ihre Eltern wurden hier von den vier Gemeinschaftsprojekten Flimmo, Internet ABC, Klicksafe und Handysektor über einen kompetenten und sicheren Umgang mit den Medien Fernsehen, Internet und Handy informiert.
DIE ALM-STUDIE
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
211
Konzeption, Methode und Basisdaten
der ALM-Studie 2006/2007
Hans-Jürgen Weiß
Seit dem Start der kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten im Jahr 1998 werden die konzeptionellen und methodischen Grundlagen
dieser Studie1 in Publikationen der Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten
(ALM) sowie in wissenschaftlichen Veröffentlichungen dargestellt, diskutiert und
dokumentiert.2 Im Folgenden werden die allgemeinen konzeptionellen Grundlagen
dieser Forschung zusammengefasst; außerdem werden die spezifischen methodischen Bedingungen der Datenerhebung im Berichterstattungszeitraum des ALM
Programmberichts 2007 (Frühjahr 2006 bis Frühjahr 2007) erläutert.
1.
Forschungskonzeption
Im Rahmen der kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten werden seit 1998 acht bundesweit verbreitete Fernsehprogramme analysiert,
die mit einem Zuschaueranteil von derzeit knapp 70 Prozent im Zentrum des deutschen Fernsehmarkts stehen.3 Untersucht werden
-
drei Programme der RTL Group (RTL, RTL II und VOX),
drei Programme der ProSiebenSat.1 Media AG (Sat.1, ProSieben und kabel
eins)
sowie die beiden öffentlich-rechtlichen Programme ARD/Das Erste und ZDF.
Diese Programme werden in der Terminologie des deutschen Rundfunkprogrammrechts als Fernsehvollprogramme bezeichnet; an sie stellt der Gesetzgeber besondere
Anforderungen. Sie betreffen zum einen die strukturelle Vielfalt der ausgestrahlten
Programmsparten. Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung sollen „einen
wesentlichen Teil des Gesamtprogramms bilden“.4 Zum anderen wird von Fernsehvollprogrammen ein substanzieller inhaltlicher Beitrag zur individuellen und gesell1
2
3
4
Die kontinuierliche Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten, im Folgenden kurz:
ALM-Studie, wird im Auftrag der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) unter Federführung der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM NRW) durchgeführt.
Vgl. dazu die Publikationsliste in diesem Beitrag.
Zu den Marktanteilen der einzelnen Programme und Programmgruppen vgl. den Beitrag „Verspartung
und Entgrenzung: Fernsehen in Deutschland 2006/2007“ von Bertil Schwotzer und Hans-Jürgen Weiß
in diesem Band.
§ 2 Abs. 2 Satz 1 RStV 2007 (Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien in der Fassung des Neunten
Staatsvertrages zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge, in Kraft seit dem 1. März 2007).
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
212
schaftlichen Meinungsbildung erwartet. „Die bedeutsamen politischen, weltanschaulichen und gesellschaftlichen Kräfte und Gruppen müssen in den Vollprogrammen
angemessen zu Wort kommen“.5
Diese normativen Vorgaben sind der theoretische Ausgangspunkt der ALMStudie, deren praktische Aufgabe es ist, die Landesmedienanstalten in ihrer Aufsichtsfunktion über den privaten Rundfunk zu unterstützen. Aus ihnen wurden drei
Qualitätsdimensionen von Fernsehprogrammangeboten abgeleitet, zu denen kontinuierlich empirische Programmdaten im Sinne von Qualitätsindikatoren erhoben werden (vgl. Abb.1):
Abb. 1
QUALITÄTSDIMENSIONEN UND QUALITÄTSINDIKATOREN DER ALM-STUDIE
Qualitätsdimensionen
Qualitätsindikatoren
Strukturelle
Programmvielfalt
Programmspartenanalyse
(Sendungen)
Gesamtprogramm
Programmgattungen
Inhaltliche
Programmvielfalt
Programminhaltsanalyse
(Beiträge)
Fernsehpublizistik
Themenstruktur
Gesellschaftliche
Programmrelevanz
Programminhaltsanalyse
(Beiträge)
Politische Fernsehpublizistik
Gesellschaftlich relevante
und kontroverse Themen
1. Die Analyse der strukturellen Programmvielfalt geht von den Definitionsmerkmalen
von Vollprogrammen aus und untersucht die Relation zwischen im weitesten Sinne
informierenden (d.h. ggf. auch bildenden oder beratenden) Programmangeboten auf
der einen und unterhaltenden Programmsparten auf der anderen Seite.
2. Die Analyse der inhaltlichen Programmvielfalt schließt an das Gebot politischer, weltanschaulicher und gesellschaftlicher Meinungsvielfalt an. Sie wird nicht auf alle Programmsparten, sondern ausschließlich auf die informierenden Programmangebote
bezogen. Dabei wird insbesondere die Themenstruktur dieser Programmangebote
ermittelt.
3. Die Analyse der gesellschaftlichen Relevanz der Programmangebote betrifft ebenfalls
den informierenden Programmsektor. Gefragt wird nach dem relativen Anteil der
öffentlich bzw. gesellschaftlich relevanten – und hier wiederum der politischen –
Informationsangebote in den untersuchten Fernsehprogrammen.
5
§ 25 Abs. 1 Satz 2 RStV 2007.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
213
2.
Analysekonzept
Die auf diese drei Qualitätsindikatoren bezogenen Programmanalysen sind als ein
zweistufiges Verfahren konzipiert. Die erste Untersuchungsstufe umfasst das gesamte Aufzeichnungsmaterial. Das Ziel dieser Teilanalyse ist es, einen systematischen
Überblick über die jeweilige Gesamtstruktur der acht Fernsehprogramme zu erhalten. Auf der zweiten Untersuchungsstufe wird dann ein Teilsegment des Programmangebots – die fernsehjournalistischen (bzw. in der Begrifflichkeit der ALM-Studie:
„fernsehpublizistischen“) Sendungen – unter inhaltlichen Gesichtspunkten analysiert. Ermittelt wird vor allem die Themenstruktur der in diesen Programmformaten
ausgestrahlten Beiträge (vgl. Abb. 2).
Abb. 2
ANALYSEMODELL UND UNTERSUCHUNGSKATEGORIEN DER ALM-STUDIE
Erste Teilerhebung: Sendungsanalyse
Spartenanalyse des Gesamtprogramms
Zweite Teilerhebung: Beitragsanalyse
Inhaltsanalyse der Fernsehpublizistik
Öffentlich relevante Themen:
Politische Themen
Information und
Meinungsbildung
I
Spielhandlungen
(=Fiktionale Unterhaltung)
IV
Fernsehpublizistik
(Informations- und/oder
Unterhaltungsangebote)
II
Shows und Spiele
(=Nonfiktionale
Unterhaltung)
III
Sportsendungen
Sachthemen
Information und
Bildung
Privat relevante Themen:
Lebensweltthemen
Information und
Beratung
Human-Touch-Themen
Information und
Unterhaltung
2.1 Erste Untersuchungsstufe: Spartenanalyse des Gesamtprogramms
Die auf dieser Untersuchungsstufe durchgeführte Programmstrukturanalyse dient
der Ermittlung der strukturellen Programmvielfalt der untersuchten Fernsehvollprogramme. Hierzu werden alle in der Stichprobenwoche ausgestrahlten Programmangebote erfasst und kategorisiert. Untersuchungseinheiten sind Sendungen bzw. Sendungsteile, Werbeblöcke, Programmtrailer etc., daher auch die Bezeichnung dieser
Untersuchungsstufe als Sendungsanalyse. Abgesehen von der Kategorisierung werblicher Angebote sowie der On-Air-Promotion wird im Grundsatz zwischen vier
redaktionellen Programmsparten unterschieden:
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
214
-
fiktionale Unterhaltung (Filme, Serien etc.),
nonfiktionale Unterhaltung (Shows, Musik, Spiele etc.),
Sportsendungen und Sportübertragungen und
Fernsehpublizistik (Nachrichten- und Magazinsendungen, Reportagen etc.).6
Die Sendungen des Aufzeichnungsmaterials werden diesen Programmsparten zugewiesen und dann im Detail unter inhaltlichen und formalen Gesichtspunkten beschrieben bzw. – im Fachjargon der empirischen Sozialforschung – „codiert“.7
2.2 Zweite Untersuchungsstufe: Inhaltsanalyse der Fernsehpublizistik
Im Mittelpunkt der auf dieser Untersuchungsstufe durchgeführten Teilerhebung
stehen Analysen zur inhaltlichen Vielfalt und gesellschaftlichen Relevanz der Fernsehpublizistik, die von den acht Vollprogrammen ausgestrahlt wird. Als Hauptindikatoren für
die inhaltliche Vielfalt und gesellschaftliche Relevanz fernsehpublizistischer Programmangebote werden die Themen der in dieser Programmsparte ausgestrahlten
Sendungen erfasst.
Es handelt sich dabei vor allem um Nachrichten-, Magazin-, Reportage-, Dokumentations- und Gesprächssendungen, d.h. häufig um Sendungen, in denen mehrere, nach formalen und inhaltlichen Gesichtspunkten unterscheidbare Beiträge
ausgestrahlt werden. Eine hierauf bezogene Themenanalyse muss an diesen Beiträgen ansetzen. Als Untersuchungseinheiten für diese Teilerhebung der ALM-Studie
wurden daher thematisch unterscheidbare Beiträge festgelegt.
Zur Ermittlung der Themenstruktur der fernsehpublizistischen Programmangebote wurde ein Codierschema entwickelt, mit dessen Hilfe diese in vier inhaltlich
unterscheidbare Programmsegmente unterteilt werden:
-
6
7
8
im weitesten Sinne politische Publizistik8 (Funktionsbereich: Information und
Meinungsbildung),
Sachpublizistik (Funktionsbereich: Information und Bildung),
Lebensweltpublizistik (Funktionsbereich: Information und Beratung) und
Unterhaltungspublizistik (Funktionsbereich: Information und Unterhaltung).9
Ebenfalls erfasst werden die nur in geringem Umfang ausgestrahlten religiösen Sendungen, Gottesdienstübertragungen etc. Das Kinderprogramm wird so codiert, dass es sowohl separat ausgewiesen als
auch den Basiskategorien (fiktionale Unterhaltung etc.) zugeordnet werden kann.
Zu den Variablen und Codes der Sendungsanalyse vgl. zuletzt GöfaK Medienforschung GmbH (2007):
ALM-Fernsehprogrammanalyse. Stichprobenbericht Frühjahr 2007. Potsdam, Dokumentation Teil V:
Codebuch zu den Programmanalysen. URL: http://www.alm.de/fileadmin/Medienforschung/Programmbericht2007/Fruehjahr2007/Daten/Codebuch.pdf [2.10.2007].
Politische Publizistik ist im Kategoriensystem der ALM-Studie eine Unterkategorie der sog. „kontroversen Themen“, mit denen im Rundfunkgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen der gesellschaftlich und
politisch relevante Teilbereich der Fernsehberichterstattung umschrieben wird (vgl. § 12 Abs. 3 Satz 3
LRG NW). Zur Begründung vgl. Weiß, Hans-Jürgen/Joachim Trebbe (1994): Öffentliche Streitfragen
in privaten Fernsehprogrammen. Zur Informationsleistung von RTL, SAT 1 und PRO 7. Opladen
(Schriftenreihe Medienforschung der LfR Nordrhein-Westfalen; Bd. 15).
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
215
Hinter dieser Systematik steht die Zielsetzung, die empirisch ermittelten Angebote der untersuchten Programme im Bereich der Fernsehpublizistik den normativen Kategorien des Rundfunkprogrammrechts (insbesondere im Hinblick auf im
weitesten Sinne informierende Angebote auf der einen und unterhaltende Angebote
auf der anderen Seite) zuordnen zu können. In diesem Zusammenhang wurde gerade auch die Kategorie der „Unterhaltungspublizistik“ bewusst gewählt, da diese je
nach Analyseperspektive sowohl der Sparte der Fernsehunterhaltung als auch den
Informationsleistungen eines Programms zugerechnet werden kann.10
Die beiden Teilerhebungen der Studie können nicht nur separat ausgewertet
und dargestellt werden. Wenn es um einen Gesamtüberblick über das unterhaltende
und informierende Angebot der untersuchten Programme geht, werden die Daten
der beiden Untersuchungsstufen zusammengeführt (vgl. dazu Abschnitt 5.2).
3. Programmstichproben 2006/2007
3.1 Stichprobenkonzept
Die ALM-Studie bezieht sich ausschließlich auf den Markt der in Deutschland ausgestrahlten Fernsehvollprogramme. Formal besteht dieser Markt im Jahr 2007 aus
insgesamt 17 Programmen. Für den Wettbewerb auf dem nationalen Zuschauermarkt sind jedoch nur acht Vollprogramme von Bedeutung, die im ersten Halbjahr
2007 zusammen 68 Prozent des gesamten Fernsehzuschauermarkts in Deutschland
auf sich vereinigten: RTL, RTL II und VOX, Sat.1, ProSieben und kabel eins sowie
ARD/Das Erste und ZDF.11
Diese acht Programme sind die Grundgesamtheit der kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten. Die Stichprobenlogik der ALMStudie wurde im ALM Programmbericht 2005 ausführlich erörtert.12 Sie wird daher
an dieser Stelle nur noch zusammenfassend skizziert. Grundlage der Programmbeobachtung sind Stichprobenerhebungen, die seit 1998 zweimal pro Jahr durchgeführt
werden (vgl. Abb. 3).
Jede Teilstichprobe besteht aus einer bewusst ausgewählten, zusammenhängenden („natürlichen“) Programmwoche. Im Regelfall wird hierfür im Frühjahr und
Herbst jedes Jahres eine Kalenderwoche von Montag bis Sonntag aufgezeichnet.
9
10
11
12
Ergänzend dazu werden die Sportbeiträge und Serviceangebote erfasst, die zum Standardangebot von
Nachrichtensendungen und Tageszeitmagazinen (wie z.B. des Frühstücksfernsehens) zählen.
Vgl. Weiß, Hans-Jürgen/Joachim Trebbe (2001): Fernsehinformation. Zur Methode kontinuierlicher
Programmanalysen in einem medienpolitisch aufgeladenen Forschungsfeld. In: Wirth, Werner/Edmund Lauf (Hrsg.): Inhaltsanalyse – Perspektiven, Probleme, Potentiale. Köln, S. 49-71.
Die restlichen neun Lizenzen wurden für private Fernsehvollprogramme vergeben, die sich bisher auf
dem deutschen Fernsehmarkt nicht nachhaltig etabliert haben. Neben drei deutschen Programmen [bw
familiy.tv, DMAX (als Nachfolgeprogramm von XXP) und NBC Europe] handelt es sich dabei um
fünf Programme für in Deutschland lebende Türken [DTTV, FOX Türk (vormals TGRT-Europe),
Kanal 7 INT, TD 1 und TürkShow] sowie ein persischsprachiges Programm (MITV).
Vgl. Weiß, Hans-Jürgen (2005): Konzeption und Methode der ALM-Studie. In: ALM Programmbericht
2005, S. 213-228 (insbesondere S. 218-224).
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
216
Publikationen zur kontinuierlichen
Fernsehprogrammforschung der
Landesmedienanstalten
Programmberichte und Jahrbücher der Landesmedienanstalten
Maurer, Torsten (2007): Das Nachrichtenangebot deutscher Fernsehvollprogramme im Tagesverlauf. In: ALM Programmbericht 2006, S. 6081.
Trebbe, Joachim/Jens Woelke (2007): Fernsehen in der Schweiz und in
Österreich. Auf dem Weg zu einer ländervergleichenden Programmforschung. In: ALM Programmbericht 2006, S. 82-105.
Weiß, Hans-Jürgen (2007): Programmkonkurrenz in der Prime Time. In:
ALM Programmbericht 2006, S. 43-59.
Weiß, Hans-Jürgen (2007): Konzeption, Methode und Basisdaten der
ALM-Studie 2005/2006. In: ALM Programmbericht 2006, S. 205-259.
Maurer, Torsten (2005): Marktversagen: Politische Information im privaten
und öffentlich-rechtlichen Fernsehen. In: ALM Programmbericht 2005,
S. 62-78.
Trebbe, Joachim (2005): Cross-Media Links: Internetverweise im Fernsehen. In: ALM Programmbericht 2005, S. 79-89.
Weiß, Hans-Jürgen (2005): Konkurrenz: Programmwettbewerb auf dem
deutschen Fernsehmarkt. In: ALM Programmbericht 2005, S. 43-61.
Weiß, Hans-Jürgen (2005): Konzeption und Methode der ALM-Studie. In:
ALM Programmbericht 2005, S. 213-228.
Trebbe, Joachim (2005): Programmliche Entwicklung der TV-Vollprogramme. In: ALM Jahrbuch 2004, S. 202-208.
Weiß, Hans-Jürgen (2003): Fernsehvollprogramme 2001-2002. Mit einem
Blick auf das Programmangebot zu Beginn des Irakkriegs 2003. In:
ALM Jahrbuch 2003, S. 182-227.
Weiß, Hans-Jürgen (2001): Programmalltag in Deutschland. Das Informations- und Unterhaltungsangebot der deutschen Fernsehvollprogramme 1999-2001. In: ALM Programmbericht 2000/2001, S. 115-174.
Weiß, Hans-Jürgen (1999): Programmalltag in Deutschland. Ein Werkstattbericht aus der kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten. In: ALM Programmbericht 1998/99, S. 69-126.
Weiß, Hans-Jürgen (1997): Programmalltag in Deutschland. Eine Analyse
von sieben Fernsehvollprogrammen im April 1997. In: ALM Programmbericht 1996/97, S. 158-204.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
217
Stichprobenberichte auf der Homepage der ALM
zuletzt GöfaK Medienforschung GmbH (2007): ALM-Fernsehprogrammanalyse. Stichprobenbericht Frühjahr 2007. Potsdam (abrufbar unter
http://www.alm.de → Medienforschung → TV-Programmforschung).
Schriftenreihe der Landesmedienanstalten
Trebbe, Joachim (2004): Fernsehen in Deutschland 2003-2004. Programmstrukturen – Programminhalte – Programmentwicklungen. Berlin (Bd. 31).
Weiß, Hans-Jürgen/Joachim Trebbe (2000): Fernsehen in Deutschland
1998-1999. Programmstrukturen – Programminhalte – Programmentwicklungen. Berlin (Bd. 18).
Weiß, Hans-Jürgen (1998): Auf dem Weg zu einer kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung der Landesmedienanstalten. Eine Evaluationsund Machbarkeitsstudie. Berlin (Bd. 12).
Sonstige Publikationen
Trebbe, Joachim/Torsten Maurer (2007): „Unterhaltungspublizistik“ –
Journalistische Gratwanderungen zwischen Fernsehinformation und
Fernsehunterhaltung. In: Scholl, Armin/Rudi Renger/Bernd Blöbaum
(Hrsg.): Journalismus und Unterhaltung. Theoretische Ansätze und
empirische Befunde. Wiesbaden, S. 211-231.
Maurer, Torsten/Joachim Trebbe (2006): Fernsehqualität aus der Perspektive des Rundfunkprogrammrechts. In: Weischenberg, Siegfried/
Wiebke Loosen/Michael Beuthner (Hrsg.): Medien-Qualitäten. Öffentliche Kommunikation zwischen ökonomischem Kalkül und Sozialverantwortung. Konstanz (Schriftenreihe der Deutschen Gesellschaft für
Publizistik- und Kommunikationswissenschaft; Bd. 33), S. 37-52.
Maurer, Torsten (2005): Fernsehnachrichten und Nachrichtenqualität. Eine
Längsschnittstudie zur Nachrichtenentwicklung in Deutschland. München (Schriftenreihe Angewandte Medienforschung; Bd. 32).
Trebbe, Joachim (2005): Stichprobenkonzepte der kontinuierlichen Fernsehprogrammforschung in Deutschland. Forschungslogische Probleme
und forschungspraktische Lösungen. In: Gehrau, Volker/Benjamin
Fretwurst/Birgit Krause/Gregor Daschmann (Hrsg.): Auswahlverfahren der Kommunikationswissenschaft. Köln, S. 117-137.
Park, Joo-Yeun (2004): Programm-Promotion im Fernsehen. Konstanz
(Medien und Märkte; Bd. 13).
Weiß, Hans-Jürgen/Joachim Trebbe (2001): Fernsehinformation. Zur Methode kontinuierlicher Programmanalysen in einem medienpolitisch aufgeladenen Forschungsfeld. In: Wirth, Werner/Edmund Lauf (Hrsg.): Inhaltsanalyse – Perspektiven, Probleme, Potentiale. Köln, S. 49-71.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
218
Bei der Definition von Sendetagen wird die Konvention der kontinuierlichen
Fernsehzuschauerforschung in Deutschland übernommen. Das heißt, die Sendetage
der ALM-Studie beginnen jeweils um 3 Uhr und enden um 3 Uhr des Folgetags.
Abb. 3
STICHPROBEN DER ALM-STUDIE 1998-20071
Laufende Nr.
Zeitraum
Kalenderwoche
Datum
01
Frühjahr 1998
19. KW
04.05. – 10.05.1998
02
Herbst 1998
46. KW
09.11. – 15.11.1998
03
Frühjahr 1999
15. KW
12.04. – 18.04.1999
04
Herbst 1999
42. KW
18.10. – 24.10.1999
05
Frühjahr 2000
11. KW
13.03. – 19.03.2000
06
Herbst 2000
42. KW
16.10. – 22.10.2000
07
Frühjahr 2001
14. KW
02.04. – 08.04.2001
08
Herbst 2001
45. KW
05.11. – 11.11.2001
09
Frühjahr 2002
15. KW
08.04. – 14.04.2002
10
Herbst 2002
42. KW
14.10. – 20.10.2002
11
Frühjahr 2003
13./14. KW
27.03. – 02.04.2003
12
Herbst 2003
43. KW
20.10. – 26.10.2003
13
Frühjahr 2004
12. KW
15.03. – 21.03.2004
14
Herbst 2004
43. KW
18.10. – 24.10.2004
15
Frühjahr 2005
15. KW
11.04. – 17.04.2005
16
Herbst 2005
42. KW
17.10. – 23.10.2005
17
Frühjahr 2006
14. KW
03.04. – 09.04.2006
18
Herbst 2006
41. KW
09.10. – 15.10.2006
19
Frühjahr 2007
13. KW
26.03. – 01.04.2007
1 Untersuchte Programme: RTL, RTL II und VOX, Sat.1, ProSieben und kabel eins sowie ARD/Das Erste und ZDF.
Die aufgezeichnete Programmstichprobe wird im Rahmen einer Stichprobenkorrektur an die Standardformate der untersuchten Programme angepasst. Hierzu werden
Abweichungen der Programmaufzeichnungen von den Standardformaten – in der
Regel handelt es sich dabei um Sportsondersendungen, die in den Programmschemata nicht fest verankert sind – durch Ersatzaufzeichnungen (normalerweise vom
gleichen Wochentag der Folgewoche) ersetzt.
Aus diesem Stichprobenkonzept resultiert eine „kontrollierte Unterschätzung“
des Sportanteils in denjenigen Programmen, in denen Sportübertragungen einen
hohen Stellenwert haben (für das Jahr 2006 vgl. Tab. 1). Sie wird allerdings durch ein
Gewichtungsverfahren in Analysen aufgehoben, die einen Jahresüberblick über das
gesamte Informations- und Unterhaltungsangebot dieser Programme geben.13
13
Als Ausgangsparameter für die Gewichtung werden die Programmdaten der GfK-Fernsehforschung
herangezogen. In diese Vollerhebung von Programmprotokollen gehen alle innerhalb eines Jahres ausgestrahlten Sportsendungen ein, auch die Übertragungen.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
219
SPORTSENDUNGEN BEI ARD/DAS ERSTE, ZDF, RTL UND SAT.1:
JAHRESDURCHSCHNITTSWERTE 2006
Tab. 1
(in Prozent)1
Stichprobe2
Vollerhebung3
Differenz
ARD
ZDF
RTL
Sat.1
1,1
7,9
1,2
7,5
–
2,3
–
0,2
–6,8
–6,3
–2,3
–0,2
1 Prozentuierungsbasis: 24 Std./Tag.
2 Daten der ALM-Studie.
3 Daten der GfK-Fernsehforschung.
3.2 Ereigniskontext
Keine der drei Programmstichproben, die zwischen Frühjahr 2006 und Frühjahr
2007 aufgezeichnet und für die ALM-Studie ausgewertet wurden, wurde massiv von
einem einzelnen, national oder international herausragenden Ereignis überschattet.14
Im Frühjahr 2006 war der erstmalige Ausbruch der Vogelgrippe in einem deutschen Nutztierbetrieb ein zentrales Medienthema. Innenpolitisch ging es dabei um
die Einrichtung eines Krisenstabs von Bund und Ländern, außenpolitisch um ein
Exportverbot der EU. Im Vordergrund der Medienberichterstattung im Herbst 2006
standen zwei Themen: ein in Nordkorea durchgeführter Atombombentest und der
Fall eines zweijährigen Kindes, das in Bremen tot in der Kühltruhe seines drogensüchtigen Vaters aufgefunden wurde. Dabei ging es um das Versagen der zuständigen Behörden sowie um ein Frühwarnsystem zur Verhinderung solcher Fälle. Und
das zentrale Thema der Stichprobenwoche im Frühjahr 2007 war eine internationale
Krise, die durch die Festnahme von fünfzehn britischen Marinesoldaten durch den
Iran ausgelöst wurde.
Insgesamt gesehen sind es jedoch – im Sinne von Jens Wolling15 – eher Normal- als Spezialzeiten, auf die sich die Programmdaten der ALM-Studie im Untersuchungszeitraum zwischen dem Frühjahr 2006 und dem Frühjahr 2007 beziehen.
14
15
Vgl. dazu im Detail die Ereignisübersichten in den Stichprobenberichten der ALM-Studie
(http://www.alm.de → Medienforschung/Publikationen → TV-Programmforschung).
Vgl. Wolling, Jens (2005): Normalzeit vs. Spezialzeit. Besondere Ereignisse als Problem der Stichprobenziehung bei Inhaltsanalysen von Medienangeboten. In: Gehrau, Volker/Benjamin Fretwurst/ Birgit
Krause/Gregor Daschmann (Hrsg.): Auswahlverfahren der Kommunikationswissenschaft. Köln,
S. 138-157.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
220
4. Programmcodierung 2006/2007
4.1 Praxis der Programmcodierung
Die Codierung der aufgezeichneten Fernsehprogramme wird von einer – in der
Regel – siebenköpfigen Forschungsgruppe durchgeführt, auf die das Untersuchungsmaterial nach Wochentagen aufgeteilt wird. Die Programmaufzeichnungen
sind mit einem Datums- und Zeitcode versehen, der eine sekundengenaue Vermessung der untersuchten Sendungen und Beiträge erlaubt.
Zusätzlich zu den Programmaufzeichnungen werden den Codierern weitere
Materialien zur Unterstützung der Programmauswertung zur Verfügung gestellt.
Neben den Programmprotokollen von „Media Control“ und Programmankündigungen der Sender sind das vor allem zwei Fernsehprogrammzeitschriften („HÖRZU“, „TV Hören und Sehen“) für die Untersuchungswoche und die Wochen vor
und nach diesem Zeitraum. Die Anknüpfung an die Codierung früherer Programmstichproben wird durch eine detaillierte Übersicht über die Codierungsdaten für jede
bisher analysierte Sendung sichergestellt.
4.2 Reliabilität der Programmcodierung
Eine der wichtigsten Voraussetzungen für die methodische Qualität einer als Langzeitstudie angelegten Programmanalyse ist es, die Reliabilität bzw. Zuverlässigkeit
der Programmcodierung – im Vergleich der Codierer und im Vergleich der Stichproben – zu gewährleisten. Dieser Zielsetzung dienen umfangreiche Schulungen der
Codierer zu Beginn der Analyse (pro Stichprobe und Untersuchungsstufe im Umfang von jeweils ca. 14 Tagen) sowie standardisierte Reliabilitätstests zu Beginn und
im Verlauf der Programmcodierung.
Die Intercoder-Reliabilität wird durch gesonderte Analysen von Programmaufzeichnungen überprüft, die pro Test ca. 50–70 Untersuchungseinheiten umfassen.
Es handelt sich dabei um vier unterschiedliche Tests, die getrennt voneinander
durchgeführt und ausgewertet werden. Zwei beziehen sich auf die Festlegung der Untersuchungseinheiten der Sendungs- und der Beitragsanalyse. Die beiden anderen Tests
haben die Codierung der Variablen der Sendungs- und der Beitragsanalyse zum Gegenstand. Bei der Auswertung der Tests wird zwischen mehrheitlicher und vollständiger Übereinstimmung der Codierer unterschieden.
Die Ergebnisse dieser Tests sind über die Jahre hinweg relativ konstant. Die
Ausnahmesituation im Frühjahr 2006 zeigt allerdings, dass die Reliabilität der Codierung mit der Zahl der Codierer variiert. Mit elf Codierern wurden schlechtere Werte
erreicht als mit sieben. Verallgemeinert heißt das: Mit der Zahl der Codierer steigt
die Zahl potenzieller Abweichungen.16
Im Anschluss an die Frühjahrsstichprobe 2006 wurde wieder zur Standardlösung mit sieben Codierern zurückgekehrt. Es gibt jedoch zwei weitere für die Relia16
Im Frühjahr 2006 wurden in einem größeren Projektverbund elf, anstatt – wie sonst üblich – sieben
Codierer/innen für die ALM-Studie eingesetzt. Vgl. dazu Weiß, Hans-Jürgen (2006): Konzeption, Methode und Basisdaten der ALM-Studie 2005/2006. In: ALM Programmbericht 2006, S. 217.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
221
bilität der Codierung relevante Gesetzmäßigkeiten, die besondere Erwähnung (und
Beachtung bei der Codiererschulung) verdienen:
Erstens sind die Reliabilitätskoeffizienten für die Sendungsanalyse durchgängig
höher als diejenigen der Beitragsanalyse. Das ist insofern nicht verwunderlich, als
formale Programmstrukturen (= Sendungsanalyse) mit Sicherheit leichter zu kategorisieren sind als thematisch definierte bzw. zu definierende Programminhalte
(= Beitragsanalyse). Für die Praxis der Programmcodierung bedeutet das, dass der
Schulungsaufwand für die Beitragscodierung deutlich höher ausfallen muss als für
die Sendungsanalyse, wenn man eine zufriedenstellende Reliabilität der Codierung
erreichen will.
Zweitens ist die Übereinstimmung der Codierer bei der Codierung der Variablen der Sendungs- und Beitragsanalyse stets größer als bei der Festlegung der Untersuchungseinheiten für diese beiden Teilanalysen. Die Festlegung der Untersuchungseinheiten ist bei jeder Teilanalyse dem eigentlichen Codierprozess vorgelagert; sie
muss aber mithilfe des Codierinstruments (durch sog. „Filtervariablen“) vorgenommen werden.
Im Blick auf die Reliabilitätskoeffizienten, die in den letzten Jahren erreicht
wurden, ist das im Fall der Sendungsanalyse methodisch unproblematisch. Die übereinstimmende Festlegung der Untersuchungseinheiten ist ausgesprochen hoch. Im
Fall der Beitragsanalyse ist diese Übereinstimmung allerdings deutlich schwerer zu
erreichen. Tatsächlich sind die Codierregeln, die hierbei zu beachten sind (Wann
beginnt, wann endet eine „thematisch definierte Untersuchungseinheit“? Unter
welchen Bedingungen ist ein Themenwechsel zu konstatieren, der zur Festlegung
einer neuen Untersuchungseinheit führt?), relativ „konstruktivistisch“ und damit für
die Codierer mit einem hohen Interpretationsaufwand verbunden. Dementsprechend hoch ist auch hier die Schulung anzusetzen, um einen zufriedenstellenden
Reliabilitätskoeffizienten zu erreichen. Dass sich dieser Aufwand lohnt, zeigen –
nach dem Sonderfall der Frühjahrsstichprobe 2006 – die Werte für die Stichproben
im Herbst 2006 und Frühjahr 2007. Hier nun die Ergebnisse der Reliabilitätstests im
Einzelnen (vgl. Tab. 2):
-
-
Bei der Sendungscodierung wurden in den letzten drei Stichproben Reliabilitätskoeffizienten ermittelt, die – in Bezug auf die vollständige Übereinstimmung aller Codierer – zwischen .87 und .95 liegen. Die vollständige Übereinstimmung aller Codierer bei der Beitragscodierung lag zwischen 76 und 89
Prozent. Auf beiden Analyseebenen nahm die Übereinstimmung der Codierer
von der Frühjahrsstichprobe 2006 bis zur Frühjahrsstichprobe 2007 schrittweise zu.
Für die Festlegung der Untersuchungseinheiten der Sendungsanalyse wurden
Reliabilitätskoeffizienten zwischen .82 und .93 ermittelt (ebenfalls in Bezug auf
die vollständige Übereinstimmung aller Codierer). Im Fall der Beitragsanalyse
konnte die Quote der vollständigen Übereinstimmung aller Codierer in den
beiden letzten Stichproben auf 78 Prozent gesteigert werden.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
222
Zusätzlich zu den Reliabilitätstests wird für die Programmstrukturanalyse ein
Einzelfallabgleich aller codierten Sendungen, die zu den mehrfach pro Woche ausgestrahlten Sendungsformaten (Tagesformate, Serien, Reihen etc.) zählen, vorgenommen. Dadurch wird sichergestellt, dass diese Sendungen sowohl innerhalb einzelner
Stichproben als auch über alle Stichproben hinweg identisch codiert werden.
Tab. 2
RELIABILITÄTSKOEFFIZIENTEN DER ALM-STUDIE 2006/2007
Mehrheitliche Übereinstimmung
Fj. 061
He. 062
Fj. 072
Vollständige Übereinstimmung
Fj. 061
He. 062
Fj. 072
FESTLEGUNG DER
UNTERSUCHUNGSEINHEITEN
Sendungsanalyse
Beitragsanalyse
.94
.73
.95
.93
.97
.86
.82
.53
.89
.78
.93
.78
CODIERUNG DER
UNTERSUCHUNGSEINHEITEN
Sendungsanalyse
Beitragsanalyse
.99
.96
1.00
.99
1.00
.99
.87
.76
.93
.84
.95
.89
1 Bezogen auf elf Codierer/innen.
2 Bezogen auf sieben Codierer/innen.
5. Auswertungsroutinen und Ergebnispräsentation
5.1 Die dynamische Perspektive: Zeitreihendaten
Im Mittelpunkt der Datenanalysen der ALM-Studie und der Berichterstattung über
ihre Ergebnisse steht eine „dynamische“ Untersuchungsperspektive. In dieser Perspektive werden die Daten der seit 1998 aufgezeichneten Programmstichproben –
bis zum Frühjahr 2007 sind das 19 Messzeitpunkte – als Zeitreihe ausgewertet. Typische Darstellungsform für die Ergebnisse dieser Analysen sind Liniendiagramme.
Ihre empirische Grundlage sind die Einzelstichproben, aus denen, wie in Abschnitt
3.1 erläutert, Sportübertragungen extrahiert und durch formatgerechte Sendungen
ersetzt wurden. Das gilt auch dann, wenn diese Liniendiagramme geglättet und die
jeweilige Frühjahrs- und Herbststichprobe zu Jahresdurchschnittswerten zusammengefasst werden.
Dieselbe empirische Grundlage haben die Tabellen im Anhang zu diesem Beitrag, in denen die aktuelle Programmentwicklung im Berichterstattungszeitraum
2006/2007 dokumentiert wird. Hierzu werden die Daten der Frühjahrsstichprobe
2007 den Durchschnittswerten aus der Frühjahrs- und Herbststichprobe 2006 gegenübergestellt.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
223
5.2 Die statische Perspektive: Integrierte Modellierung von Jahresdaten
Zusätzlich zur separaten Darstellung programmstruktureller Entwicklungen auf der
einen Seite (= Ergebnisse der Sendungsanalyse) und inhaltlicher Entwicklungen der
Fernsehpublizistik auf der anderen Seite (= Ergebnisse der Beitragsanalyse) ist es
möglich, die Daten beider Teilanalysen zusammenzuführen und im Rahmen eines
integrierten Analysemodells auszuwerten. In diesem Modell werden die Kategorien
der Sendungs- und Beitragsanalyse so miteinander verknüpft, dass die jeweiligen
Proportionen der Unterhaltungs- und Informationsangebote der untersuchten Programme in Form von „Spektraldiagrammen“ sichtbar gemacht werden können.
Der zeitliche Bezugsrahmen für die Zusammenführung der Ergebnisse der
beiden Teilanalysen der ALM-Studie sind Kalenderjahre. Da sich Programmstatistiken in der Regel auf Kalenderjahre beziehen, kann man in diesem Bezugsrahmen,
wie in Abschnitt 3.1 dargestellt, externe Daten von Programmvollerhebungen als
Gewichtungsparameter zur Korrektur von Stichprobenfehlern der ALM-Studie
nutzen.
Bezogen auf das Jahr 2006 werden diese Diagramme im Anhang zu diesem
Beitrag dokumentiert.
5.3 Die Stichprobenberichte
Eine wichtige Plattform für die kontinuierliche Dokumentation der methodischen
Grundlagen und Ergebnisse der ALM-Studie sind die Stichprobenberichte, die in
den vorstehenden Abschnitten mehrfach erwähnt wurden. Sobald die Auswertung
einer Stichprobenerhebung abgeschlossen ist, wird ein Bericht auf die Homepage der
ALM gestellt; ältere Berichte werden im Archiv der ALM-Homepage gespeichert.17
Neben der Dokumentation der Untersuchungsergebnisse in Form von Tabellen, Abbildungen und Übersichten sind den Berichten alle zentralen Informationen
zur Methode der ALM-Studie (u.a. zu den Ereigniskontexten der Stichproben und
den Ergebnissen der Reliabilitätstests) sowie die Codepläne für die beiden Teilanalysen zu entnehmen.
Literatur
GöfaK Medienforschung GmbH (2007): ALM-Fernsehprogrammanalyse. Stichprobenbericht Frühjahr 2007. Potsdam, Dokumentation Teil V: Codebuch zu den
Programmanalysen. URL: http://www.alm.de/fileadmin/Medienforschung/
Programmbericht2007/Fruehjahr2007/Daten/Codebuch.pdf [2.10.2007].
Weiß, Hans-Jürgen (2005): Konzeption und Methode der ALM-Studie. In: ALM
Programmbericht 2005, S. 213-228.
17
Vgl. http://www.alm.de → Medienforschung/Publikationen → TV-Programmforschung.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
224
Weiß, Hans-Jürgen (2006): Konzeption, Methode und Basisdaten der ALM-Studie
2005/2006. In: ALM Programmbericht 2006, S. 205-259.
Weiß, Hans-Jürgen/Joachim Trebbe (1994): Öffentliche Streitfragen in privaten
Fernsehprogrammen. Zur Informationsleistung von RTL, SAT 1 und PRO 7.
Opladen (Schriftenreihe Medienforschung der LfR Nordrhein-Westfalen;
Bd. 15).
Weiß, Hans-Jürgen/Joachim Trebbe (2001): Fernsehinformation. Zur Methode
kontinuierlicher Programmanalysen in einem medienpolitisch aufgeladenen Forschungsfeld. In: Wirth, Werner/Edmund Lauf (Hrsg.): Inhaltsanalyse – Perspektiven, Probleme, Potentiale. Köln, S. 49-71.
Wolling, Jens (2005): Normalzeit vs. Spezialzeit. Besondere Ereignisse als Problem
der Stichprobenziehung bei Inhaltsanalysen von Medienangeboten. In: Gehrau,
Volker/Benjamin Fretwurst/Birgit Krause/Gregor Daschmann (Hrsg.): Auswahlverfahren der Kommunikationswissenschaft. Köln, S. 138-157.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
225
ANHANG
Basisdaten der ALM-Studie
2006/2007
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
226
ANHANG – Teil 1
Vergleichstabellen zur Entwicklung deutscher
Fernsehvollprogramme 2006/2007
ERGEBNISSE DER SENDUNGSANALYSE 2006/2007
Tabelle
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
Zeitumfang der Basiselemente der Sendungsanalyse
Basiselemente der Sendungsanalyse / Gesamtsendezeit
Basiselemente der Sendungsanalyse / Prime Time
Anzahl der Programmelemente: TV-Sendungen und TV-Clutter
Zeitumfang der Programmelemente: TV-Sendungen und TV-Clutter
Lizenzprogramme, Regionalfenster, Programmkooperationen
Kurzfristige Programmwiederholungen
Zeitformate der Erstsendungen
Produktionsformen
Produktionsländer
Programmstruktur / Gesamtsendezeit
Programmstruktur / Prime Time
Programmstruktur ohne kurzfristige Wiederholungen
Formate des Kinderprogramms
Genres des fiktionalen Kinderprogramms
Formate der gesamten fiktionalen Fernsehunterhaltung
Genres der gesamten fiktionalen Fernsehunterhaltung
Formate der nonfiktionalen Fernsehunterhaltung
Formate der Fernsehpublizistik
Nachrichtenformate
ERGEBNISSE DER BEITRAGSANALYSE 2006/2007
Tabelle
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
Zeitumfang der Basiselemente der Beitragsanalyse
Basiselemente der Beitragsanalyse / Gesamtsendezeit
Basiselemente der Beitragsanalyse / Prime Time
Themenstruktur der Fernsehpublizistik / Gesamtsendezeit
Themenstruktur der Fernsehpublizistik / Prime Time
Themenstruktur der Fernsehpublizistik ohne kurzfristige Wiederholungen
Themenstruktur der Nachrichtensendungen
Themenstruktur der Magazinsendungen und Reportagen
Themenstruktur der Interview- und Talkformate
Aktualität der Themenbereiche der Fernsehpublizistik
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
227
ZEITUMFANG DER BASISELEMENTE DER SENDUNGSANALYSE
Sendungsanalyse 2006 / Frühjahr 2007 (in Std.:Min. pro Sendetag)1
Tabelle 1.1
RTL
BASISELEMENTE
Sat.1
ARD
ZDF
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
17:25
17:45
17:42
18:16
22:39
22:35
22:49
22:55
1:15
1:15
-
1:15
1:15
-
1:14
1:11
0:03
1:17
1:16
0:01
0:57
0:33
0:24
1:01
0:31
0:30
0:51
0:33
0:18
0:46
0:34
0:12
WERBUNG3
Spotwerbung
Teleshopping
Dauerwerbesendungen4
5:16
3:44
1:32
-
4:56
3:22
1:34
-
5:00
3:34
1:25
0:01
4:24
3:39
0:44
0:01
0:20
0:20
-
0:21
0:21
-
0:17
0:17
-
0:17
0:17
-
SPONSORING5
Sendungssponsoring
Sonstiges Sponsoring
0:04
0:03
0:01
0:04
0:03
0:01
0:04
0:03
0:01
0:03
0:02
0:01
0:04
0:04
0:00
0:03
0:03
0:00
0:03
0:03
0:00
0:02
0:02
-
24:00
24:00
24:00
24:00
24:00
24:00
24:00
24:00
SENDUNGEN
PROGRAMMTRAILER ETC.
Programmverbindungen
Programmüberbrückungen
2
GESAMT
Tabelle 1.2
ProSieben
BASISELEMENTE
VOX
RTL II
kabel eins
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
18:59
18:43
17:08
17:27
17:24
17:32
17:56
17:52
1:22
1:16
0:06
1:24
1:20
0:04
1:30
1:00
0:30
1:19
1:01
0:18
1:10
1:07
0:03
1:13
1:12
0:01
1:16
1:10
0:06
1:18
1:11
0:07
WERBUNG3
Spotwerbung
Teleshopping
Dauerwerbesendungen4
3:37
3:14
0:23
-
3:50
3:07
0:43
0:00
5:19
2:59
2:20
-
5:12
2:48
2:24
-
5:22
3:55
1:26
0:01
5:10
3:44
1:26
-
4:47
3:22
1:25
-
4:48
3:23
1:25
-
SPONSORING5
Sendungssponsoring
Sonstiges Sponsoring
0:02
0:01
0:01
0:03
0:02
0:01
0:03
0:03
0:00
0:02
0:02
0:00
0:04
0:04
0:00
0:05
0:04
0:01
0:01
0:01
0:00
0:02
0:02
0:00
24:00
24:00
24:00
24:00
24:00
24:00
24:00
24:00
SENDUNGEN
PROGRAMMTRAILER ETC.
Programmverbindungen
Programmüberbrückungen
GESAMT
2
1 Berechnungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr). Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2006, eine Kalenderwoche im Frühjahr
2007.
2 Als Programmverbindungen werden Programmtrailer, Programmhinweise etc., als Programmüberbrückungen Videoschleifen, WebCams, Wetterbilder etc. zusammengefasst.
3 Vgl. §§ 2, 7, 15, 16, 18 und 44–45a RStV (2007).
4 Ab Tabelle 4 werden die Dauerwerbesendungen den übrigen, nichtwerblichen Sendungen zugeordnet.
5 Vgl. §§ 2 und 8 RStV (2007).
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
228
BASISELEMENTE DER SENDUNGSANALYSE / GESAMTSENDEZEIT
Sendungsanalyse 2006 / Frühjahr 2007 (in Prozent)1
Tabelle 2.1
RTL
BASISELEMENTE
SENDUNGEN
PROGRAMMTRAILER ETC.
Programmverbindungen
Programmüberbrückungen
2
WERBUNG3
Spotwerbung
Teleshopping
Dauerwerbesendungen4
SPONSORING5
Sendungssponsoring
Sonstiges Sponsoring
GESAMT
Tabelle 2.2
SENDUNGEN
WERBUNG3
Spotwerbung
Teleshopping
Dauerwerbesendungen4
SPONSORING5
Sendungssponsoring
Sonstiges Sponsoring
GESAMT
2
ARD
ZDF
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
72,6
74,0
73,7
76,1
94,4
94,1
95,1
95,5
5,2
5,2
-
5,2
5,2
-
5,2
5,0
0,2
5,3
5,2
0,1
4,0
2,3
1,7
4,2
2,2
2,0
3,5
2,2
1,3
3,2
2,4
0,8
21,9
15,5
6,4
-
20,5
14,0
6,5
-
20,8
14,8
5,9
0,1
18,4
15,2
3,1
0,1
1,3
1,3
-
1,5
1,5
-
1,2
1,2
-
1,2
1,2
-
0,3
0,2
0,1
0,3
0,2
0,1
0,3
0,2
0,1
0,2
0,2
0,0
0,3
0,3
0,0
0,2
0,2
0,0
0,2
0,2
0,0
0,1
0,1
-
100
100
100
100
100
100
100
100
ProSieben
BASISELEMENTE
PROGRAMMTRAILER ETC.
Programmverbindungen
Programmüberbrückungen
Sat.1
VOX
RTL II
kabel eins
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
79,1
77,9
71,4
72,7
72,5
73,0
74,7
74,4
5,7
5,3
0,4
5,9
5,6
0,3
6,3
4,2
2,1
5,5
4,2
1,3
4,8
4,6
0,2
5,1
5,0
0,1
5,2
4,8
0,4
5,4
4,9
0,5
15,0
13,5
1,5
-
16,0
13,0
2,9
0,1
22,1
12,4
9,7
-
21,7
11,7
10,0
-
22,4
16,3
6,0
0,1
21,6
15,6
6,0
-
20,0
14,0
6,0
-
20,1
14,1
6,0
-
0,2
0,1
0,1
0,2
0,1
0,1
0,2
0,2
0,0
0,1
0,1
0,0
0,3
0,3
0,0
0,3
0,3
0,0
0,1
0,1
0,0
0,1
0,1
0,0
100
100
100
100
100
100
100
100
1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr). Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2006, eine Kalenderwoche im
Frühjahr 2007.
2 Als Programmverbindungen werden Programmtrailer, Programmhinweise etc., als Programmüberbrückungen Videoschleifen, WebCams, Wetterbilder etc. zusammengefasst.
3 Vgl. §§ 2, 7, 15, 16, 18 und 44–45a RStV (2007).
4 Ab Tabelle 4 werden die Dauerwerbesendungen den übrigen, nichtwerblichen Sendungen zugeordnet.
5 Vgl. §§ 2 und 8 RStV (2007).
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
229
BASISELEMENTE DER SENDUNGSANALYSE / PRIME TIME
Sendungsanalyse 2006 / Frühjahr 2007 (in Prozent)1
Tabelle 3.1
RTL
BASISELEMENTE
SENDUNGEN
PROGRAMMTRAILER ETC.
Programmverbindungen
Programmüberbrückungen
2
WERBUNG3
Spotwerbung
Teleshopping
Dauerwerbesendungen4
SPONSORING5
Sendungssponsoring
Sonstiges Sponsoring
GESAMT
Tabelle 3.2
SENDUNGEN
WERBUNG3
Spotwerbung
Teleshopping
Dauerwerbesendungen4
SPONSORING5
Sendungssponsoring
Sonstiges Sponsoring
GESAMT
2
ARD
ZDF
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
75,5
77,1
76,2
74,6
91,9
91,5
92,0
92,0
5,2
5,2
-
5,0
5,0
-
4,8
4,8
-
5,6
5,6
-
2,9
2,9
-
2,8
2,8
-
3,0
3,0
-
3,2
3,2
-
18,8
18,8
-
17,6
17,6
-
18,7
18,6
0,1
19,6
19,5
0,1
4,7
4,7
-
5,1
5,1
-
4,7
4,7
-
4,6
4,6
-
0,5
0,4
0,1
0,3
0,2
0,1
0,3
0,3
0,0
0,2
0,2
0,0
0,5
0,5
0,0
0,6
0,6
0,0
0,3
0,3
-
0,2
0,2
-
100
100
100
100
100
100
100
100
ProSieben
BASISELEMENTE
PROGRAMMTRAILER ETC.
Programmverbindungen
Programmüberbrückungen
Sat.1
VOX
RTL II
kabel eins
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
76,0
76,8
78,0
81,1
74,3
75,4
74,2
74,2
6,4
6,4
-
6,1
6,1
-
5,2
5,2
-
4,9
4,9
-
6,2
6,2
-
6,9
6,9
-
6,4
6,4
-
6,5
6,5
-
17,3
17,2
0,1
-
16,8
16,7
0,1
16,4
16,4
-
13,6
13,6
-
19,0
19,0
-
17,2
17,2
-
19,3
19,3
-
19,2
19,2
-
0,3
0,3
0,0
0,3
0,3
0,0
0,4
0,4
0,0
0,4
0,4
0,0
0,5
0,5
0,0
0,5
0,4
0,1
0,1
0,1
0,0
0,1
0,1
0,0
100
100
100
100
100
100
100
100
1 Prozentuierungsbasis: 5 Stunden pro Tag (18–23 Uhr). Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2006, eine Kalenderwoche im
Frühjahr 2007.
2 Als Programmverbindungen werden Programmtrailer, Programmhinweise etc., als Programmüberbrückungen Videoschleifen, WebCams, Wetterbilder etc. zusammengefasst.
3 Vgl. §§ 2, 7, 15, 16, 18 und 44–45a RStV (2007).
4 Ab Tabelle 4 werden die Dauerwerbesendungen den übrigen, nichtwerblichen Sendungen zugeordnet.
5 Vgl. §§ 2 und 8 RStV (2007).
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
230
ANZAHL DER PROGRAMMELEMENTE: TV-SENDUNGEN UND TV-CLUTTER
Sendungsanalyse 2006 / Frühjahr 2007 (Fallzahlen in Prozent)1
Tabelle 4.1
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
SENDUNGEN2
31,2
29,7
36,1
35,3
45,5
45,1
43,5
44,4
PROGRAMMTRAILER ETC.
Sendungspromotion
Senderpromotion
Crosspromotion
Merchandising
Glücksspiele/Lotterien
Social Advertising
Programmüberbrückungen
33,3
24,0
5,7
3,1
0,5
-
40,2
30,7
5,0
4,4
0,1
-
32,6
25,0
3,4
2,3
1,1
0,8
32,7
26,3
3,7
0,8
1,4
0,5
27,2
19,4
3,8
0,9
1,4
0,3
0,3
1,1
27,4
19,7
3,4
0,9
1,8
0,3
1,3
33,7
27,3
4,2
0,6
0,9
0,1
0,6
38,5
32,5
3,0
0,7
1,6
0,7
WERBUNG UND SPONSORING
Spotwerbung
Teleshopping
Sendungssponsoring
Sonstiges Sponsoring
35,5
22,1
2,3
8,6
2,5
30,1
18,9
1,9
7,1
2,2
31,3
19,8
1,5
8,6
1,4
32,0
21,6
1,0
8,2
1,2
27,3
8,5
18,7
0,1
27,5
11,2
16,2
0,1
22,8
6,6
16,1
0,1
17,1
7,6
9,5
-
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
PROGRAMMELEMENTE
Tabelle 4.2
n=4046 n=2012 n=3639 n=1828 n=2346 n=1082 n=2233 n=951
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
SENDUNGEN2
30,7
28,8
27,4
28,3
29,6
27,4
31,6
28,7
PROGRAMMTRAILER ETC.
Sendungspromotion
Senderpromotion
Crosspromotion
Merchandising
Glücksspiele/Lotterien
Social Advertising
Programmüberbrückungen
41,8
26,3
9,3
2,1
3,1
1,0
43,4
26,2
10,2
4,0
2,3
0,7
42,4
35,9
4,0
1,7
0,0
0,8
40,3
33,0
3,8
2,7
0,8
34,6
21,4
5,2
7,2
0,5
0,3
38,2
19,4
9,1
8,8
0,8
0,1
43,5
35,7
4,4
1,9
0,7
0,0
0,8
47,3
29,7
9,0
4,7
3,1
0,0
0,8
WERBUNG UND SPONSORING
Spotwerbung
Teleshopping
Sendungssponsoring
Sonstiges Sponsoring
27,5
19,5
0,3
5,2
2,5
27,8
19,4
0,3
5,4
2,7
30,2
19,8
1,6
7,8
1,0
31,4
20,4
3,9
6,1
1,0
35,8
20,6
1,4
13,2
0,6
34,4
17,8
2,3
13,5
0,8
24,9
20,3
1,1
2,7
0,8
24,0
17,1
1,4
5,3
0,2
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
PROGRAMMELEMENTE
n=3640 n=1852 n=3378 n=1613 n=3403 n=1848 n=3160 n=1694
1 Prozentuierungsbasis: Anzahl der in den Stichproben ermittelten Programmelemente.
2 Ab Tabelle 4 werden die Dauerwerbesendungen den übrigen, nichtwerblichen Sendungen zugeordnet.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
231
ZEITUMFANG DER PROGRAMMELEMENTE: TV-SENDUNGEN UND TV-CLUTTER
Sendungsanalyse 2006 / Frühjahr 2007 (in Prozent)1
Tabelle 5.1
RTL
PROGRAMMELEMENTE
Sat.1
ARD
ZDF
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
72,6
74,0
73,8
76,2
94,4
94,1
95,1
95,5
5,2
4,1
0,8
0,2
0,1
-
5,2
4,0
0,8
0,4
0,0
-
5,2
4,1
0,6
0,2
0,1
0,2
5,3
4,5
0,5
0,1
0,1
0,1
4,0
1,9
0,2
0,1
0,1
0,0
0,0
1,7
4,2
1,9
0,2
0,0
0,1
0,0
2,0
3,5
2,0
0,2
0,0
0,0
0,0
1,3
3,2
2,2
0,1
0,0
0,1
0,8
WERBUNG UND SPONSORING
Spotwerbung
Teleshopping
Sendungssponsoring
Sonstiges Sponsoring
22,2
15,5
6,4
0,2
0,1
20,8
14,0
6,5
0,2
0,1
21,0
14,8
5,9
0,2
0,1
18,5
15,2
3,1
0,2
0,0
1,6
1,3
0,3
0,0
1,7
1,5
0,2
0,0
1,4
1,2
0,2
0,0
1,3
1,2
0,1
-
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
SENDUNGEN
2
PROGRAMMTRAILER ETC.
Sendungspromotion
Senderpromotion
Crosspromotion
Merchandising
Glücksspiele/Lotterien
Social Advertising
Programmüberbrückungen
Tabelle 5.2
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
PROGRAMMELEMENTE
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
SENDUNGEN2
79,1
78,0
71,4
72,7
72,6
73,0
74,7
74,4
5,7
3,9
1,0
0,2
0,2
0,4
5,9
4,1
1,2
0,2
0,1
0,3
6,3
3,5
0,6
0,1
0,0
2,1
5,5
3,4
0,7
0,1
1,3
4,8
3,4
0,8
0,4
0,0
0,2
5,1
2,8
1,5
0,6
0,1
0,1
5,2
4,2
0,5
0,1
0,0
0,0
0,4
5,4
3,7
0,8
0,2
0,2
0,0
0,5
WERBUNG UND SPONSORING
Spotwerbung
Teleshopping
Sendungssponsoring
Sonstiges Sponsoring
15,2
13,5
1,5
0,1
0,1
16,1
13,0
2,9
0,1
0,1
22,3
12,4
9,7
0,2
0,0
21,8
11,7
10,0
0,1
0,0
22,6
16,3
6,0
0,3
0,0
21,9
15,6
6,0
0,3
0,0
20,1
14,0
6,0
0,1
0,0
20,2
14,1
6,0
0,1
0,0
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
PROGRAMMTRAILER ETC.
Sendungspromotion
Senderpromotion
Crosspromotion
Merchandising
Glücksspiele/Lotterien
Social Advertising
Programmüberbrückungen
1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr). Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2006, eine Kalenderwoche im
Frühjahr 2007.
2 Ab Tabelle 4 werden die Dauerwerbesendungen den übrigen, nichtwerblichen Sendungen zugeordnet.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
232
LIZENZPROGRAMME, REGIONALFENSTER, PROGRAMMKOOPERATIONEN
Sendungsanalyse 2006 / Frühjahr 2007 (in Prozent)1
Tabelle 6.1
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
PRODUKTIONSCHARAKTERISTIK
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
SENDUNGEN
Eigenprogramm
Lizenzprogramme2
Regionalfenster3
ARD/ZDF-Gemeinschaftsprogramm
72,6
68,1
3,4
1,1
-
74,0
69,4
3,5
1,1
-
73,8
70,8
1,8
1,2
-
76,2
72,6
2,4
1,2
-
94,4
80,1
14,3
94,1
79,7
14,4
95,1
80,8
14,3
95,5
81,1
14,4
-
-
-
-
7,1
7,2
14,4
7,1
7,2
14,4
In Verantwortung der ARD
In Verantwortung des ZDF
5,2
5,2
5,2
5,3
4,0
4,2
3,5
3,2
WERBUNG UND SPONSORING
PROGRAMMTRAILER ETC.
22,2
20,8
21,0
18,5
1,6
1,7
1,4
1,3
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
Tabelle 6.2
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
PRODUKTIONSCHARAKTERISTIK
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
SENDUNGEN
Eigenprogramm
Lizenzprogramme2
79,1
79,1
-
78,0
78,0
-
71,4
58,8
12,6
72,7
62,7
10,0
72,6
72,6
-
73,0
73,0
-
74,7
74,7
-
74,4
74,4
-
PROGRAMMTRAILER ETC.
5,7
5,9
6,3
5,5
4,8
5,1
5,2
5,4
WERBUNG UND SPONSORING
15,2
16,1
22,3
21,8
22,6
21,9
20,1
20,2
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr). Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2006, eine Kalenderwoche im
Frühjahr 2007.
2 Gesondert lizenzierte Programme, die wie z.B. dctp auf den Frequenzen von RTL, Sat.1 und VOX ausgestrahlt werden.
3 Gesondert lizenzierte Regionalfenster auf den Frequenzen von RTL und Sat.1 (Auseinanderschaltung, werktäglich 30 Minuten). Pro
Programm wird eine Fensterversion erfasst.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
233
KURZFRISTIGE PROGRAMMWIEDERHOLUNGEN
Sendungsanalyse 2006 / Frühjahr 2007 (in Prozent)1
Tabelle 7.1
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
PRODUKTIONSCHARAKTERISTIK
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
SENDUNGEN
Erstsendungen
Kurzfristige Wiederholungen
72,6
48,7
23,9
74,0
49,6
24,4
73,8
60,2
13,6
76,2
68,9
7,3
94,4
83,4
11,0
94,1
80,7
13,4
95,1
83,1
12,0
95,5
83,7
11,8
16,7
7,2
15,8
8,6
8,6
5,0
4,2
3,1
7,9
3,1
9,9
3,5
8,1
3,9
7,7
4,1
Wiederholungen im Tagesintervall
Wiederholungen im Wochenintervall
5,2
5,2
5,2
5,3
4,0
4,2
3,5
3,2
WERBUNG UND SPONSORING
PROGRAMMTRAILER ETC.
22,2
20,8
21,0
18,5
1,6
1,7
1,4
1,3
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
Tabelle 7.2
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
PRODUKTIONSCHARAKTERISTIK
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
SENDUNGEN
Erstsendungen
Kurzfristige Wiederholungen
79,1
53,0
26,1
78,0
59,0
19,0
71,4
42,6
28,8
72,7
52,9
19,8
72,6
56,6
16,0
73,0
57,6
15,4
74,7
64,1
10,6
74,4
65,0
9,4
14,7
11,4
10,6
8,4
18,6
10,2
11,3
8,5
12,6
3,4
10,8
4,6
5,8
4,8
3,1
6,3
Wiederholungen im Tagesintervall
Wiederholungen im Wochenintervall
5,7
5,9
6,3
5,5
4,8
5,1
5,2
5,4
WERBUNG UND SPONSORING
PROGRAMMTRAILER ETC.
15,2
16,1
22,3
21,8
22,6
21,9
20,1
20,2
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr). Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2006, eine Kalenderwoche im
Frühjahr 2007.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
234
ZEITFORMATE DER ERSTSENDUNGEN
Sendungsanalyse 2006 / Frühjahr 2007 (in Prozent)1
Tabelle 8.1
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
PRODUKTIONSCHARAKTERISTIK
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
ERSTSENDUNGEN
Tagesformat2
48,7
27,3
49,6
27,1
60,2
39,3
68,9
45,6
83,4
41,5
80,7
37,2
83,1
39,2
83,7
38,8
23,3
4,0
20,9
6,2
31,3
8,0
37,1
8,5
31,1
10,4
29,1
8,1
34,3
4,9
34,7
4,1
17,6
15,6
14,6
17,2
18,0
19,8
24,8
24,3
10,1
7,5
9,9
5,7
8,5
6,1
8,4
8,8
12,5
5,5
14,5
5,3
15,3
9,5
16,1
8,2
1,1
2,7
6,9
1,2
5,1
0,3
5,8
2,8
21,1
2,3
21,4
5,5
13,6
0,7
19,9
23,9
24,4
13,6
7,3
11,0
13,4
12,0
11,8
5,2
5,2
5,2
5,3
4,0
4,2
3,5
3,2
WERBUNG UND SPONSORING
22,2
20,8
21,0
18,5
1,6
1,7
1,4
1,3
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
Regelmäßige Ausstrahlung/Reihe
Serie
Wochenformat3
Regelmäßige Ausstrahlung/Reihe
Serie
Andere Zeitformate
Einzelsendungen
KURZFRISTIGE WIEDERHOLUNGEN
PROGRAMMTRAILER ETC.
Tabelle 8.2
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
PRODUKTIONSCHARAKTERISTIK
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
ERSTSENDUNGEN
Tagesformat2
53,0
28,8
59,0
32,1
42,6
15,9
52,9
27,0
56,6
24,4
57,6
25,0
64,1
30,7
65,0
35,5
24,5
4,3
27,9
4,2
7,3
8,6
11,7
15,3
10,8
13,6
10,2
14,8
7,0
23,7
10,4
25,1
10,8
11,7
17,3
20,4
23,8
20,6
18,3
17,2
6,2
4,6
6,6
5,1
13,3
4,0
15,7
4,7
15,2
8,6
13,4
7,2
6,8
11,5
5,4
11,8
Andere Zeitformate
Einzelsendungen
1,4
12,0
5,0
10,2
0,5
8,9
5,5
1,2
7,2
3,6
8,4
0,9
14,2
3,4
8,9
KURZFRISTIGE WIEDERHOLUNGEN
26,1
19,0
28,8
19,8
16,0
15,4
10,6
9,4
5,7
5,9
6,3
5,5
4,8
5,1
5,2
5,4
WERBUNG UND SPONSORING
15,2
16,1
22,3
21,8
22,6
21,9
20,1
20,2
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
Regelmäßige Ausstrahlung/Reihe
Serie
Wochenformat3
Regelmäßige Ausstrahlung/Reihe
Serie
PROGRAMMTRAILER ETC.
1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr). Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2006, eine Kalenderwoche im
Frühjahr 2007.
2 In der Regel tägliche oder werktägliche Ausstrahlung; in wenigen Ausnahmefällen vier Sendetage pro Woche.
3 In der Regel wöchentliche Ausstrahlung; in wenigen Ausnahmefällen zwei oder drei Sendetage pro Woche.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
235
PRODUKTIONSFORMEN
Sendungsanalyse 2006 / Frühjahr 2007 (in Prozent)1
Tabelle 9.1
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
PRODUKTIONSCHARAKTERISTIK
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
ERSTSENDUNGEN
Eigen-, Auftrags-, Koproduktionen
Kaufproduktionen
48,7
40,1
8,6
49,6
39,3
10,3
60,2
52,3
7,9
68,9
60,3
8,6
83,4
69,2
14,2
80,7
65,1
15,6
83,1
70,2
12,9
83,7
70,4
13,3
KURZFRISTIGE WIEDERHOLUNGEN
Eigen-, Auftrags-, Koproduktionen
Kaufproduktionen
23,9
19,9
4,0
24,4
21,2
3,2
13,6
12,5
1,1
7,3
6,9
0,4
11,0
10,9
0,1
13,4
13,2
0,2
12,0
10,6
1,4
11,8
10,1
1,7
PROGRAMMTRAILER ETC.
5,2
5,2
5,2
5,3
4,0
4,2
3,5
3,2
WERBUNG UND SPONSORING
22,2
20,8
21,0
18,5
1,6
1,7
1,4
1,3
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
Tabelle 9.2
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
PRODUKTIONSCHARAKTERISTIK
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
ERSTSENDUNGEN
Eigen-, Auftrags-, Koproduktionen
Kaufproduktionen
53,0
32,8
20,2
59,0
36,0
23,0
42,6
17,4
25,2
52,9
25,0
27,9
56,6
18,8
37,8
57,6
18,9
38,7
64,1
12,6
51,5
65,0
15,7
49,3
KURZFRISTIGE WIEDERHOLUNGEN
Eigen-, Auftrags-, Koproduktionen
Kaufproduktionen
26,1
19,2
6,9
19,0
13,2
5,8
28,8
11,3
17,5
19,8
9,6
10,2
16,0
3,9
12,1
15,4
4,2
11,2
10,6
5,5
5,1
9,4
2,7
6,7
PROGRAMMTRAILER ETC.
5,7
5,9
6,3
5,5
4,8
5,1
5,2
5,4
WERBUNG UND SPONSORING
15,2
16,1
22,3
21,8
22,6
21,9
20,1
20,2
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr). Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2006, eine Kalenderwoche im
Frühjahr 2007.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
236
PRODUKTIONSLÄNDER
Sendungsanalyse 2006 / Frühjahr 2007 (in Prozent)1
Tabelle 10.1
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
PRODUKTIONSCHARAKTERISTIK
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
ERSTSENDUNGEN
Europäische Produktionen
48,7
40,7
49,6
39,3
60,2
53,2
68,9
60,3
83,4
73,0
80,7
71,4
83,1
76,1
83,7
74,2
40,1
0,6
39,3
-
53,2
-
60,3
-
70,0
3,0
66,8
4,6
71,2
4,9
71,7
2,5
8,0
10,3
7,0
8,6
10,4
9,3
7,0
9,5
8,0
-
10,3
-
7,0
-
8,6
-
9,7
0,7
9,0
0,3
6,7
0,3
9,3
0,2
23,9
19,9
4,0
24,4
21,2
3,2
13,6
12,6
1,0
7,3
6,9
0,4
11,0
10,9
0,1
13,4
13,2
0,2
12,0
11,5
0,5
11,8
10,7
1,1
Deutschland 2
Sonstige europäische Länder 3
Produktionen außerhalb Europas
USA 4
Sonstige Länder
KURZFRISTIGE WIEDERHOLUNGEN
Europäische Produktionen
Produktionen außerhalb Europas
PROGRAMMTRAILER ETC.
5,2
5,2
5,2
5,3
4,0
4,2
3,5
3,2
WERBUNG UND SPONSORING
22,2
20,8
21,0
18,5
1,6
1,7
1,4
1,3
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
Tabelle 10.2
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
PRODUKTIONSCHARAKTERISTIK
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
ERSTSENDUNGEN
Europäische Produktionen
53,0
33,9
59,0
36,7
42,6
21,4
52,9
28,4
56,6
20,5
57,6
20,2
64,1
16,7
65,0
21,0
32,8
1,1
36,7
-
17,0
4,4
24,6
3,8
18,8
1,7
19,7
0,5
13,1
3,6
17,0
4,0
19,1
22,3
21,2
24,5
36,1
37,4
47,4
44,0
19,1
-
21,6
0,7
19,0
2,2
17,3
7,2
26,9
9,2
29,3
8,1
46,3
1,1
43,5
0,5
26,1
19,2
6,9
19,0
14,0
5,0
28,8
13,2
15,6
19,8
10,5
9,3
16,0
4,7
11,3
15,4
4,2
11,2
10,6
6,1
4,5
9,4
4,8
4,6
Deutschland 2
Sonstige europäische Länder 3
Produktionen außerhalb Europas
USA 4
Sonstige Länder
KURZFRISTIGE WIEDERHOLUNGEN
Europäische Produktionen
Produktionen außerhalb Europas
5,7
5,9
6,3
5,5
4,8
5,1
5,2
5,4
WERBUNG UND SPONSORING
15,2
16,1
22,3
21,8
22,6
21,9
20,1
20,2
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
PROGRAMMTRAILER ETC.
1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr). Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2006, eine Kalenderwoche im
Frühjahr 2007.
2 Alle Produktions- und Kooperationsformen mit deutscher Beteiligung (inkl. DDR).
3 Alle Produktions- und Kooperationsformen mit Beteiligung eines europäischen Landes – unter Ausschluss der Produktions- und
Kooperationsformen mit deutscher Beteiligung.
4 Alle Produktions- und Kooperationsformen mit Beteiligung der USA – unter Ausschluss der Produktions- und Kooperationsformen mit
Beteiligung Deutschlands oder eines anderen europäischen Landes.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
237
PROGRAMMSTRUKTUR / GESAMTSENDEZEIT
Sendungsanalyse 2006 / Frühjahr 2007 (in Prozent)1
Tabelle 11.1
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
PROGRAMMCHARAKTERISTIK
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
SENDUNGEN
Fernsehpublizistik
72,6
40,0
74,0
39,6
73,8
34,3
76,2
37,9
94,4
43,6
94,1
44,2
95,1
54,3
95,5
57,1
4,2
12,0
8,0
6,0
9,8
4,4
12,6
9,2
6,3
7,1
3,8
12,2
1,5
5,7
11,1
3,9
14,2
2,0
8,3
9,5
11,7
17,9
7,8
3,2
3,0
9,8
21,5
7,6
2,8
2,5
11,6
23,3
7,6
5,4
6,4
9,6
24,3
10,6
5,7
6,9
22,6
8,8
1,2
28,2
5,0
1,2
24,5
14,9
-
24,8
12,4
0,9
38,0
3,9
1,1
7,8
39,6
2,0
1,2
7,1
28,2
4,5
1,2
6,4
26,8
4,1
1,1
5,8
1,2
-
1,2
-
-
0,9
-
4,9
2,9
3,6
3,5
3,5
2,9
2,6
3,2
Nachrichtensendungen
Magazinsendungen
Reportagen, Dokumentationen
Interview- und Talkformate
Sonstige Formate
Fiktionale Unterhaltung
Nonfiktionale Unterhaltung
Sportsendungen
Kindersendungen
Fiktionale Unterhaltung
Sonstiges
Religiöse Sendungen
-
-
0,1
0,2
0,0
0,0
0,5
0,6
PROGRAMMTRAILER ETC.
5,2
5,2
5,2
5,3
4,0
4,2
3,5
3,2
WERBUNG UND SPONSORING
22,2
20,8
21,0
18,5
1,6
1,7
1,4
1,3
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
Tabelle 11.2
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
PROGRAMMCHARAKTERISTIK
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
SENDUNGEN
Fernsehpublizistik
79,1
31,6
78,0
25,8
71,4
27,7
72,7
29,1
72,6
23,3
73,0
14,8
74,7
12,4
74,4
12,2
1,0
16,8
13,3
0,5
0,7
10,9
13,6
0,6
1,5
5,3
18,3
0,2
2,4
1,2
5,6
21,2
1,1
1,6
2,4
18,5
0,8
1,5
2,4
10,4
0,5
0,8
5,6
6,0
-
0,8
4,9
6,5
-
29,9
15,8
1,8
28,7
20,7
2,8
38,6
4,5
-
36,3
6,7
-
32,1
8,3
8,9
35,7
14,2
8,3
49,8
6,1
6,4
49,2
7,3
5,7
1,8
-
2,8
-
-
-
8,2
0,7
7,8
0,5
6,2
0,2
5,5
0,2
-
-
0,6
0,6
-
-
-
-
Nachrichtensendungen
Magazinsendungen
Reportagen, Dokumentationen
Interview- und Talkformate
Sonstige Formate
Fiktionale Unterhaltung
Nonfiktionale Unterhaltung
Sportsendungen
Kindersendungen
Fiktionale Unterhaltung
Sonstiges
Religiöse Sendungen
PROGRAMMTRAILER ETC.
5,7
5,9
6,3
5,5
4,8
5,1
5,2
5,4
WERBUNG UND SPONSORING
15,2
16,1
22,3
21,8
22,6
21,9
20,1
20,2
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr). Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2006, eine Kalenderwoche im
Frühjahr 2007.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
238
PROGRAMMSTRUKTUR / PRIME TIME
Sendungsanalyse 2006 / Frühjahr 2007 (in Prozent)1
Tabelle 12.1
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
PROGRAMMCHARAKTERISTIK
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
SENDUNGEN
Fernsehpublizistik
75,5
30,7
77,1
33,9
76,3
16,1
74,7
16,5
91,9
28,2
91,5
30,2
92,0
37,0
92,0
41,7
6,8
16,8
5,3
1,7
0,1
7,4
19,2
4,2
1,7
1,4
5,7
8,9
1,3
0,2
6,0
7,5
2,9
0,1
13,8
5,9
3,4
4,3
0,8
13,9
6,6
5,5
3,9
0,3
15,1
11,0
7,1
1,8
2,0
13,2
10,5
10,9
3,6
3,5
27,8
17,0
-
33,7
9,5
-
39,6
20,6
-
45,5
12,7
-
44,3
13,9
5,4
0,1
49,6
6,0
5,5
0,2
45,8
6,4
2,8
-
43,1
7,2
-
Nachrichtensendungen
Magazinsendungen
Reportagen, Dokumentationen
Interview- und Talkformate
Sonstige Formate
Fiktionale Unterhaltung
Nonfiktionale Unterhaltung
Sportsendungen
Kindersendungen
Religiöse Sendungen
PROGRAMMTRAILER ETC.
5,2
5,0
4,8
5,6
2,9
2,8
3,0
3,2
WERBUNG UND SPONSORING
19,3
17,9
18,9
19,7
5,2
5,7
5,0
4,8
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
Tabelle 12.2
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
PROGRAMMCHARAKTERISTIK
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
SENDUNGEN
Fernsehpublizistik
76,0
22,0
76,9
21,7
78,0
32,9
81,1
36,7
74,3
29,7
75,4
16,8
74,2
19,8
74,2
19,5
4,1
15,2
2,7
-
1,8
18,5
1,4
-
0,1
8,6
19,1
5,1
8,8
22,6
5,3
4,5
4,2
21,0
-
4,6
4,1
8,1
-
12,2
7,6
-
6,9
12,6
-
36,7
9,1
8,2
-
31,8
12,9
10,5
-
33,6
11,5
-
28,3
16,1
-
37,3
7,3
-
39,2
19,4
-
46,8
7,6
-
41,9
12,8
-
Nachrichtensendungen
Magazinsendungen
Reportagen, Dokumentationen
Interview- und Talkformate
Sonstige Formate
Fiktionale Unterhaltung
Nonfiktionale Unterhaltung
Sportsendungen
Kindersendungen
Religiöse Sendungen
6,4
6,1
5,2
4,9
6,2
6,9
6,4
6,5
WERBUNG UND SPONSORING
17,6
17,0
16,8
14,0
19,5
17,7
19,4
19,3
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
PROGRAMMTRAILER ETC.
1 Prozentuierungsbasis: 5 Stunden pro Tag (18–23 Uhr). Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2006, eine Kalenderwoche im
Frühjahr 2007.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
239
PROGRAMMSTRUKTUR OHNE KURZFRISTIGE WIEDERHOLUNGEN
Sendungsanalyse 2006 / Frühjahr 2007 (in Prozent)1
Tabelle 13.1
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
PROGRAMMCHARAKTERISTIK
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
ERSTSENDUNGEN
Fernsehpublizistik
48,7
29,4
49,6
27,6
60,2
29,4
68,9
36,4
83,4
38,5
80,7
39,1
83,1
47,0
83,7
51,5
2,9
9,8
5,7
3,2
7,8
3,1
10,1
6,6
3,4
4,4
3,8
11,6
1,0
5,7
7,3
3,9
14,2
1,8
8,3
8,2
11,6
15,3
6,0
2,8
2,8
9,8
17,8
6,5
2,5
2,5
11,5
19,6
6,6
3,7
5,6
9,6
21,4
9,9
4,3
6,3
12,6
5,5
1,2
17,5
3,3
1,2
19,2
11,5
-
21,8
9,7
0,9
33,4
3,4
1,1
7,0
32,2
2,0
1,1
6,3
24,9
4,0
1,2
5,5
23,1
2,4
1,1
5,0
1,2
-
1,2
-
-
0,9
-
4,5
2,5
3,2
3,1
3,3
2,2
2,2
2,8
Nachrichtensendungen
Magazinsendungen
Reportagen, Dokumentationen
Interview- und Talkformate
Sonstige Formate
Fiktionale Unterhaltung
Nonfiktionale Unterhaltung
Sportsendungen
Kindersendungen
Fiktionale Unterhaltung
Sonstiges
Religiöse Sendungen
KURZFRISTIGE WIEDERHOLUNGEN
-
-
0,1
0,1
0,0
0,0
0,5
0,6
23,9
24,4
13,6
7,3
11,0
13,4
12,0
11,8
5,2
5,2
5,2
5,3
4,0
4,2
3,5
3,2
WERBUNG UND SPONSORING
22,2
20,8
21,0
18,5
1,6
1,7
1,4
1,3
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
PROGRAMMTRAILER ETC.
Tabelle 13.2
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
PROGRAMMCHARAKTERISTIK
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
ERSTSENDUNGEN
Fernsehpublizistik
53,0
20,1
59,0
20,1
42,6
17,2
52,9
21,3
56,6
19,1
57,6
12,9
64,1
8,1
65,0
10,2
1,0
10,6
8,2
0,3
0,7
9,0
10,1
0,3
1,5
2,7
11,5
0,2
1,3
1,2
3,3
15,7
1,1
1,5
1,8
15,0
0,8
1,5
2,0
8,9
0,5
0,8
3,1
4,2
-
0,8
3,8
5,6
-
20,2
10,9
1,8
21,7
14,4
2,8
22,2
2,6
-
26,5
4,6
-
22,1
6,7
8,7
24,4
12,2
8,1
44,7
4,9
6,4
42,9
6,2
5,7
1,8
-
2,8
-
-
-
8,2
0,5
7,8
0,3
6,2
0,2
5,5
0,2
Nachrichtensendungen
Magazinsendungen
Reportagen, Dokumentationen
Interview- und Talkformate
Sonstige Formate
Fiktionale Unterhaltung
Nonfiktionale Unterhaltung
Sportsendungen
Kindersendungen
Fiktionale Unterhaltung
Sonstiges
Religiöse Sendungen
KURZFRISTIGE WIEDERHOLUNGEN
-
-
0,6
0,5
-
-
-
-
26,1
19,0
28,8
19,8
16,0
15,4
10,6
9,4
5,7
5,9
6,3
5,5
4,8
5,1
5,2
5,4
WERBUNG UND SPONSORING
15,2
16,1
22,3
21,8
22,6
21,9
20,1
20,2
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
PROGRAMMTRAILER ETC.
1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr). Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2006, eine Kalenderwoche im
Frühjahr 2007.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
240
FORMATE DES KINDERPROGRAMMS
Sendungsanalyse 2006 / Frühjahr 2007 (in Prozent)1
Tabelle 14.1
PROGRAMMCHARAKTERISTIK
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
1,2
1,2
1,2
1,2
-
0,9
0,9
7,8
4,9
7,1
3,6
6,4
3,5
5,8
2,6
0,5
0,7
0,8
0,4
-
0,9
-
2,4
2,5
1,5
2,1
0,9
2,6
0,2
2,4
-
-
-
-
0,7
2,2
1,2
2,3
1,1
1,8
1,1
2,1
71,4
72,8
73,8
75,3
86,6
87,0
88,7
89,7
5,2
5,2
5,2
5,3
4,0
4,2
3,5
3,2
WERBUNG UND SPONSORING
22,2
20,8
21,0
18,5
1,6
1,7
1,4
1,3
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
KINDERPROGRAMM
Fiktionale Unterhaltung
Fernsehfilme und Fernsehserien
Zeichentrick- und Animationsformate
Nonfiktionale Unterhaltung
Information und Infotainment
SONSTIGE SENDUNGEN
PROGRAMMTRAILER ETC.
Tabelle 14.2
PROGRAMMCHARAKTERISTIK
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
1,8
1,8
2,8
2,8
-
-
8,9
8,2
8,3
7,8
6,4
6,2
5,7
5,5
1,8
2,8
-
-
8,2
7,8
0,3
5,9
5,5
-
-
-
-
0,7
0,5
0,0
0,2
0,0
0,2
77,3
75,2
71,4
72,7
63,7
64,7
68,3
68,7
5,7
5,9
6,3
5,5
4,8
5,1
5,2
5,4
WERBUNG UND SPONSORING
15,2
16,1
22,3
21,8
22,6
21,9
20,1
20,2
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
KINDERPROGRAMM
Fiktionale Unterhaltung
Fernsehfilme und Fernsehserien
Zeichentrick- und Animationsformate
Nonfiktionale Unterhaltung
Information und Infotainment
SONSTIGE SENDUNGEN
PROGRAMMTRAILER ETC.
1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr). Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2006, eine Kalenderwoche im
Frühjahr 2007.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
241
GENRES DES FIKTIONALEN KINDERPROGRAMMS
Sendungsanalyse 2006 / Frühjahr 2007 (in Prozent)1
Tabelle 15.1
PROGRAMMCHARAKTERISTIK
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
1,2
1,0
0,2
-
1,2
1,0
0,2
-
-
0,9
0,9
-
4,9
1,4
1,2
1,3
1,0
3,6
1,2
0,5
0,9
1,0
3,5
0,8
0,6
1,1
1,0
2,6
0,1
0,7
0,7
1,1
71,4
72,8
73,8
75,3
89,5
90,5
91,6
92,9
5,2
5,2
5,2
5,3
4,0
4,2
3,5
3,2
WERBUNG UND SPONSORING
22,2
20,8
21,0
18,5
1,6
1,7
1,4
1,3
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
FIKTIONALES KINDERPROGRAMM
Spannung, Action
Spaß, Unterhaltung
Kindheit, Jugend, Familie, Alltag
Fantasy, Märchen
SONSTIGE SENDUNGEN
PROGRAMMTRAILER ETC.
Tabelle 15.2
PROGRAMMCHARAKTERISTIK
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
1,8
1,8
-
2,8
2,8
-
-
-
8,2
7,8
0,4
-
7,8
7,3
0,3
0,2
6,2
3,0
2,0
0,9
0,3
5,5
2,9
1,7
0,7
0,2
77,3
75,2
71,4
72,7
64,4
65,2
68,5
68,9
5,7
5,9
6,3
5,5
4,8
5,1
5,2
5,4
WERBUNG UND SPONSORING
15,2
16,1
22,3
21,8
22,6
21,9
20,1
20,2
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
FIKTIONALES KINDERPROGRAMM
Spannung, Action
Spaß, Unterhaltung
Kindheit, Jugend, Familie, Alltag
Fantasy, Märchen
SONSTIGE SENDUNGEN
PROGRAMMTRAILER ETC.
1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr). Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2006, eine Kalenderwoche im
Frühjahr 2007.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
242
FORMATE DER GESAMTEN FIKTIONALEN FERNSEHUNTERHALTUNG1
Sendungsanalyse 2006 / Frühjahr 2007 (in Prozent)2
Tabelle 16.1
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
PROGRAMMCHARAKTERISTIK
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
FIKTIONALE UNTERHALTUNG
Kinospielfilme
Fernsehfilme, TV-Movies
Fernsehserien
Telenovelas
Sitcom-Serien
Zeichentrickserien und -filme
Sonstige Animationsformate
23,8
2,9
16,0
3,8
1,1
-
29,4
3,7
3,3
19,3
1,1
2,0
-
24,5
2,8
2,3
13,8
4,9
0,7
-
25,7
0,9
4,5
16,9
2,1
1,3
-
42,9
12,8
10,4
11,9
5,3
2,2
0,3
43,2
11,5
12,2
7,8
9,6
2,1
-
31,7
9,5
5,6
8,6
5,4
2,6
-
29,4
9,8
5,3
7,7
4,2
2,4
-
SONSTIGE SENDUNGEN
48,8
44,6
49,3
50,5
51,5
50,9
63,4
66,1
5,2
5,2
5,2
5,3
4,0
4,2
3,5
3,2
WERBUNG UND SPONSORING
22,2
20,8
21,0
18,5
1,6
1,7
1,4
1,3
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
PROGRAMMTRAILER ETC.
Tabelle 16.2
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
PROGRAMMCHARAKTERISTIK
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
FIKTIONALE UNTERHALTUNG
Kinospielfilme
Fernsehfilme, TV-Movies
Fernsehserien
Telenovelas
Sitcom-Serien
Zeichentrickserien und -filme
Sonstige Animationsformate
31,7
13,9
4,8
7,9
1,9
0,9
2,3
-
31,5
18,1
0,9
7,8
0,2
0,6
3,9
-
38,6
13,3
1,2
19,6
4,5
-
36,3
9,3
23,5
2,6
0,9
-
40,3
10,4
1,7
11,3
0,4
7,3
9,2
-
43,5
11,5
1,8
10,7
10,9
8,6
-
56,0
14,8
2,0
17,8
15,5
5,8
0,1
54,7
12,7
2,6
14,5
19,4
5,1
0,4
SONSTIGE SENDUNGEN
47,4
46,5
32,8
36,4
32,3
29,5
18,7
19,7
5,7
5,9
6,3
5,5
4,8
5,1
5,2
5,4
WERBUNG UND SPONSORING
15,2
16,1
22,3
21,8
22,6
21,9
20,1
20,2
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
PROGRAMMTRAILER ETC.
1 Einschließlich fiktionaler Programmangebote für Kinder (vgl. Tabelle 11).
2 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr). Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2006, eine Kalenderwoche im
Frühjahr 2007.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
243
1
GENRES DER GESAMTEN FIKTIONALEN FERNSEHUNTERHALTUNG
Sendungsanalyse 2006 / Frühjahr 2007 (in Prozent)2
Tabelle 17.1
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
PROGRAMMCHARAKTERISTIK
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
FIKTIONALE UNTERHALTUNG
Spannungsgenres
Komödien
Unterhaltungsgenres
23,8
8,0
6,6
9,2
29,4
12,6
4,0
12,8
24,5
12,4
4,2
7,9
25,7
14,3
5,0
6,4
42,9
11,8
3,5
27,6
43,2
7,5
9,9
25,8
31,7
13,2
2,7
15,8
29,4
14,2
2,5
12,7
SONSTIGE SENDUNGEN
48,8
44,6
49,3
50,5
51,5
50,9
63,4
66,1
5,2
5,2
5,2
5,3
4,0
4,2
3,5
3,2
WERBUNG UND SPONSORING
22,2
20,8
21,0
18,5
1,6
1,7
1,4
1,3
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
PROGRAMMTRAILER ETC.
Tabelle 17.2
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
PROGRAMMCHARAKTERISTIK
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
FIKTIONALE UNTERHALTUNG
Spannungsgenres
Komödien
Unterhaltungsgenres
31,7
17,8
8,0
5,9
31,5
10,7
18,4
2,4
38,6
16,1
8,5
14,0
36,3
13,5
9,3
13,5
40,3
25,3
12,9
2,1
43,5
18,2
16,1
9,2
56,0
25,8
21,7
8,5
54,7
17,0
29,3
8,4
SONSTIGE SENDUNGEN
47,4
46,5
32,8
36,4
32,3
29,5
18,7
19,7
5,7
5,9
6,3
5,5
4,8
5,1
5,2
5,4
WERBUNG UND SPONSORING
15,2
16,1
22,3
21,8
22,6
21,9
20,1
20,2
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
PROGRAMMTRAILER ETC.
1 Einschließlich fiktionaler Programmangebote für Kinder (vgl. Tabelle 11).
2 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr). Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2006, eine Kalenderwoche im
Frühjahr 2007.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
244
FORMATE DER NONFIKTIONALEN FERNSEHUNTERHALTUNG
Sendungsanalyse 2006 / Frühjahr 2007 (in Prozent)1
Tabelle 18.1
PROGRAMMCHARAKTERISTIK
NONFIKTIONALE UNTERHALTUNG
Shows
Quiz-, Unterhaltungs-Shows
Call-In-Quiz, Astro-Shows
Late-Night-, Comedy-, Satire-Shows
”Versteckte Kamera“-, Pannen-Shows
Sonstige nonfiktionale Unterhaltung
Musiksendungen
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
8,8
7,0
5,0
2,6
14,9
14,3
12,4
11,4
3,9
3,3
2,0
1,6
4,5
3,0
4,1
4,1
4,7
1,5
0,7
0,1
0,8
1,2
0,1
0,5
2,1
5,0
6,0
1,2
-
2,2
5,1
3,6
0,5
-
2,8
0,5
-
1,0
0,6
-
2,3
0,7
-
3,2
0,9
-
0,5
2,4
0,6
1,0
0,4
0,1
1,3
-
Musik-Magazine
Musik-Shows
Musik-Übertragungen
Videoclip-Sendungen
0,5
-
2,4
-
0,6
-
1,0
-
0,4
-
0,1
1,3
-
-
Sonstige Wortgenres
1,3
-
-
-
0,2
0,3
0,2
-
0,1
1,2
-
-
-
0,2
-
0,3
-
0,2
-
-
63,8
69,0
58,9
63,8
90,5
92,1
90,6
91,4
5,2
5,2
5,2
5,3
4,0
4,2
3,5
3,2
WERBUNG UND SPONSORING
22,2
20,8
21,0
18,5
1,6
1,7
1,4
1,3
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
Kabarett, Satire
Preisverleihungen
SONSTIGE SENDUNGEN
PROGRAMMTRAILER ETC.
Tabelle 18.2
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
PROGRAMMCHARAKTERISTIK
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
NONFIKTIONALE UNTERHALTUNG
Shows
15,8
15,8
20,7
20,7
4,5
4,3
6,7
6,7
8,3
8,2
14,2
14,2
6,1
6,1
7,3
7,3
1,3
3,0
5,2
4,2
2,1
3,4
3,6
5,8
6,1
1,8
4,3
6,7
3,5
1,6
3,1
3,0
11,2
1,1
3,4
1,6
-
3,8
3,5
-
Quiz-, Unterhaltungs-Shows
Call-In-Quiz, Astro-Shows
Late-Night-, Comedy-, Satire-Shows
”Versteckte Kamera“-, Pannen-Shows
Reality-Shows
Musiksendungen
-
-
0,2
-
0,1
-
-
-
Musik-Übertragungen
Videoclip-Sendungen
-
-
0,2
-
-
0,1
-
-
-
Sonstige Wortgenres
-
-
-
-
-
-
-
-
63,3
57,3
66,9
66,0
64,3
58,8
68,6
67,1
5,7
5,9
6,3
5,5
4,8
5,1
5,2
5,4
WERBUNG UND SPONSORING
15,2
16,1
22,3
21,8
22,6
21,9
20,1
20,2
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
SONSTIGE SENDUNGEN
PROGRAMMTRAILER ETC.
1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr). Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2006, eine Kalenderwoche im
Frühjahr 2007.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
245
FORMATE DER FERNSEHPUBLIZISTIK
Sendungsanalyse 2006 / Frühjahr 2007 (in Prozent)1
Tabelle 19.1
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
PROGRAMMCHARAKTERISTIK
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
FERNSEHPUBLIZISTIK
Nachrichtensendungen
40,0
4,2
39,6
4,4
34,3
3,8
37,9
3,9
43,6
11,7
44,2
9,8
54,3
11,6
57,1
9,6
Universelle Nachrichten
Spezifische Nachrichten
4,0
0,2
4,2
0,2
3,5
0,3
3,5
0,4
9,4
2,3
9,2
0,6
8,3
3,3
8,0
1,6
10,2
9,4
10,8
13,1
13,2
15,1
16,4
18,5
5,7
0,5
4,0
5,6
3,8
5,5
2,3
1,2
1,8
8,3
2,4
1,2
1,2
7,5
2,8
2,9
9,2
2,8
3,1
7,5
2,8
2,2
3,9
9,2
2,8
2,2
4,3
1,8
8,0
4,1
1,9
0,0
9,8
3,2
9,2
4,2
2,1
7,1
1,4
1,5
5,3
0,4
0,0
11,1
1,1
2,0
7,4
0,9
9,5
4,7
7,8
0,0
3,2
0,3
2,7
6,4
7,6
2,8
2,5
6,9
7,6
5,4
0,2
6,2
5,8
10,6
5,7
6,9
32,6
34,4
39,5
38,3
50,8
49,9
40,8
38,4
5,2
5,2
5,2
5,3
4,0
4,2
3,5
3,2
WERBUNG UND SPONSORING
22,2
20,8
21,0
18,5
1,6
1,7
1,4
1,3
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
Tagesmagazine
Frühstücksfernsehen
Tageszeitmagazine
Regionalmagazine
Boulevardmagazine
Sonstige Magazine
Reportagen, Dokumentationen
Tägliche Interview- und Talkformate
Sonstige Interview- und Talkformate
Sondersendungen
Sonstige Formate
SONSTIGE SENDUNGEN
PROGRAMMTRAILER ETC.
Tabelle 19.2
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
PROGRAMMCHARAKTERISTIK
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
FERNSEHPUBLIZISTIK
Nachrichtensendungen
31,6
1,0
25,8
0,7
27,7
1,5
29,1
1,2
23,3
1,6
14,8
1,5
12,4
0,8
12,2
0,8
Universelle Nachrichten
Spezifische Nachrichten
1,0
0,0
0,7
0,0
1,5
0,0
1,2
0,0
1,6
0,0
1,5
0,0
0,8
0,0
0,8
0,0
14,3
9,4
1,0
1,1
0,2
-
2,3
2,2
7,4
6,9
6,5
2,9
1,0
1,1
0,2
-
2,3
2,2
Sonstige Magazine
Reportagen, Dokumentationen
Tägliche Interview- und Talkformate
Sonstige Interview- und Talkformate
Sondersendungen
Sonstige Formate
2,5
13,3
0,5
1,5
13,6
0,6
4,3
18,3
0,2
2,4
4,5
21,2
1,1
2,2
18,5
0,8
2,4
10,4
0,5
3,3
6,0
-
2,7
6,5
-
SONSTIGE SENDUNGEN
47,5
52,2
43,7
43,6
49,3
58,2
62,3
62,2
5,7
5,9
6,3
5,5
4,8
5,1
5,2
5,4
WERBUNG UND SPONSORING
15,2
16,1
22,3
21,8
22,6
21,9
20,1
20,2
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
Tagesmagazine
Boulevardmagazine
Sonstige Tagesmagazine
PROGRAMMTRAILER ETC.
1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr). Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2006, eine Kalenderwoche im
Frühjahr 2007.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
246
NACHRICHTENFORMATE
Sendungsanalyse 2006 / Frühjahr 2007 (in Prozent)1
Tabelle 20.1
PROGRAMMCHARAKTERISTIK
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
NACHRICHTENSENDUNGEN
Universelle Nachrichten
4,2
4,0
4,4
4,2
3,8
3,5
3,9
3,5
11,7
9,4
9,8
9,2
11,6
8,3
9,6
8,0
Nachrichten 2
Nachrichtenmagazine
Schlagzeilen/Kurznachrichten 3
1,3
2,5
0,2
1,4
2,6
0,2
1,2
1,0
1,3
1,1
1,0
1,4
4,2
2,6
2,6
4,0
2,6
2,6
3,5
2,5
2,3
3,6
1,9
2,5
0,2
0,2
0,3
0,4
2,3
0,6
3,3
1,6
0,2
-
0,2
-
0,3
-
0,4
-
1,3
0,2
0,8
-
0,5
0,1
-
1,0
0,1
0,8
0,7
0,7
0,1
0,8
0,7
68,4
69,6
70,0
72,3
82,7
84,3
83,5
85,9
5,2
5,2
5,2
5,3
4,0
4,2
3,5
3,2
WERBUNG UND SPONSORING
22,2
20,8
21,0
18,5
1,6
1,7
1,4
1,3
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
Spezifische Nachrichten
Wetternachrichten
Wirtschaftsnachrichten
Sportnachrichten
Regionalnachrichten
Themenspezifische Nachrichten
SONSTIGE SENDUNGEN
PROGRAMMTRAILER ETC.
Tabelle 20.2
PROGRAMMCHARAKTERISTIK
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
NACHRICHTENSENDUNGEN
Universelle Nachrichten
1,0
1,0
0,7
0,7
1,5
1,5
1,2
1,2
1,6
1,6
1,5
1,5
0,8
0,8
0,8
0,8
Nachrichten 2
Nachrichtenmagazine
Schlagzeilen/Kurznachrichten 3
0,8
0,2
0,5
0,2
1,0
0,5
0,7
0,5
1,6
-
1,5
-
0,6
0,2
0,6
0,2
0,0
0,0
0,0
0,0
0,0
0,0
0,0
0,0
0,0
-
0,0
-
0,0
-
0,0
-
0,0
-
0,0
-
0,0
-
0,0
-
78,1
77,3
69,9
71,5
71,0
71,5
73,9
73,6
5,7
5,9
6,3
5,5
4,8
5,1
5,2
5,4
WERBUNG UND SPONSORING
15,2
16,1
22,3
21,8
22,6
21,9
20,1
20,2
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
Spezifische Nachrichten
Wetternachrichten
Wirtschaftsnachrichten
Sportnachrichten
Regionalnachrichten
Themenspezifische Nachrichten
SONSTIGE SENDUNGEN
PROGRAMMTRAILER ETC.
1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr). Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2006, eine Kalenderwoche im
Frühjahr 2007.
2 Sendungsdauer: mindestens 6 Minuten.
3 Sendungsdauer: weniger als 6 Minuten.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
247
ZEITUMFANG DER BASISELEMENTE DER BEITRAGSANALYSE
Beitragsanalyse 2006 / Frühjahr 2007 (in Std.:Min. pro Sendetag)1
Tabelle 21.1
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
BASISELEMENTE
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
FERNSEHPUBLIZISTIK
Themenbeiträge2
Moderationen, Trailer etc.3
Unterhaltungsbeiträge4
9:36
9:08
0:18
0:10
9:30
9:05
0:21
0:04
8:14
7:30
0:20
0:24
9:06
8:24
0:25
0:17
10:28
10:02
0:19
0:07
10:37
10:11
0:19
0:07
13:02
12:30
0:24
0:08
13:42
13:10
0:26
0:06
SONSTIGE SENDUNGEN
7:49
8:15
9:29
9:11
12:11
11:58
9:47
9:13
PROGRAMMTRAILER ETC.
1:15
1:15
1:14
1:17
0:57
1:01
0:51
0:46
WERBUNG UND SPONSORING
5:20
5:00
5:03
4:26
0:24
0:24
0:20
0:19
24:00
24:00
24:00
24:00
24:00
24:00
24:00
24:00
GESAMT
Tabelle 21.2
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
BASISELEMENTE
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
FERNSEHPUBLIZISTIK
Themenbeiträge2
Moderationen, Trailer etc.3
Unterhaltungsbeiträge4
7:36
7:15
0:13
0:08
6:11
5:56
0:10
0:05
6:39
6:28
0:11
0:00
7:00
6:46
0:13
0:01
5:35
5:22
0:12
0:01
3:34
3:25
0:08
0:01
2:59
2:54
0:04
0:01
2:56
2:52
0:04
0:00
SONSTIGE SENDUNGEN
11:23
12:32
10:29
10:27
11:50
13:58
14:57
14:56
PROGRAMMTRAILER ETC.
1:22
1:24
1:30
1:19
1:10
1:13
1:16
1:18
WERBUNG UND SPONSORING
3:39
3:53
5:22
5:14
5:25
5:15
4:48
4:50
24:00
24:00
24:00
24:00
24:00
24:00
24:00
24:00
GESAMT
1 Berechnungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr). Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2006, eine Kalenderwoche im Frühjahr
2007.
2 Die Untersuchungseinheiten der Beitragsanalyse sind thematisch unterscheidbare Beiträge. Ihre Festlegung erfolgt anhand einer in elf
Themenbereiche gegliederten Klassifikationsvariablen.
3 In den untersuchten Sendungen integrierte Aussagen, Einspielungen etc., die eine Übersicht über die Sendung bzw. Teile der Sendung
geben.
4 In den untersuchten Sendungen integrierte Gewinnspiele, Filmausschnitte, Sketche, Musik etc.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
248
BASISELEMENTE DER BEITRAGSANALYSE / GESAMTSENDEZEIT
Beitragsanalyse 2006 / Frühjahr 2007 (in Prozent)1
Tabelle 22.1
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
BASISELEMENTE
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
FERNSEHPUBLIZISTIK
Themenbeiträge2
Moderationen, Trailer etc.3
Unterhaltungsbeiträge4
40,0
38,1
1,3
0,6
39,6
37,9
1,4
0,3
34,3
31,2
1,4
1,7
37,9
35,0
1,7
1,2
43,6
41,8
1,3
0,5
44,2
42,4
1,3
0,5
54,3
52,1
1,7
0,5
57,1
54,9
1,8
0,4
SONSTIGE SENDUNGEN
32,6
34,4
39,5
38,3
50,8
49,9
40,8
38,4
5,2
5,2
5,2
5,3
4,0
4,2
3,5
3,2
WERBUNG UND SPONSORING
22,2
20,8
21,0
18,5
1,6
1,7
1,4
1,3
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
PROGRAMMTRAILER ETC.
Tabelle 22.2
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
BASISELEMENTE
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
FERNSEHPUBLIZISTIK
Themenbeiträge2
Moderationen, Trailer etc.3
Unterhaltungsbeiträge4
31,6
30,2
0,9
0,5
25,8
24,7
0,7
0,4
27,7
26,9
0,8
0,0
29,1
28,2
0,9
0,0
23,3
22,4
0,8
0,1
14,8
14,2
0,5
0,1
12,4
12,0
0,3
0,1
12,2
11,9
0,3
0,0
SONSTIGE SENDUNGEN
47,5
52,2
43,7
43,6
49,3
58,2
62,3
62,2
5,7
5,9
6,3
5,5
4,8
5,1
5,2
5,4
WERBUNG UND SPONSORING
15,2
16,1
22,3
21,8
22,6
21,9
20,1
20,2
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
PROGRAMMTRAILER ETC.
1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr). Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2006, eine Kalenderwoche im
Frühjahr 2007.
2 Die Untersuchungseinheiten der Beitragsanalyse sind thematisch unterscheidbare Beiträge. Ihre Festlegung erfolgt anhand einer in elf
Themenbereiche gegliederten Klassifikationsvariablen.
3 In den untersuchten Sendungen integrierte Aussagen, Einspielungen etc., die eine Übersicht über die Sendung bzw. Teile der Sendung
geben.
4 In den untersuchten Sendungen integrierte Gewinnspiele, Filmausschnitte, Sketche, Musik etc.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
249
BASISELEMENTE DER BEITRAGSANALYSE / PRIME TIME
Beitragsanalyse 2006 / Frühjahr 2007 (in Prozent)1
Tabelle 23.1
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
BASISELEMENTE
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
FERNSEHPUBLIZISTIK
Themenbeiträge2
Moderationen, Trailer etc.3
Unterhaltungsbeiträge4
30,7
29,0
1,3
0,4
33,9
32,6
1,2
0,1
16,1
15,3
0,6
0,2
16,5
15,8
0,6
0,1
28,2
27,3
0,9
0,0
30,2
29,4
0,8
-
37,0
35,5
1,4
0,1
41,7
40,3
1,4
-
SONSTIGE SENDUNGEN
44,8
43,2
60,2
58,2
63,7
61,3
55,0
50,3
5,2
5,0
4,8
5,6
2,9
2,8
3,0
3,2
WERBUNG UND SPONSORING
19,3
17,9
18,9
19,7
5,2
5,7
5,0
4,8
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
PROGRAMMTRAILER ETC.
Tabelle 23.2
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
BASISELEMENTE
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
FERNSEHPUBLIZISTIK
Themenbeiträge2
Moderationen, Trailer etc.3
Unterhaltungsbeiträge4
22,0
20,9
0,8
0,3
21,7
21,1
0,5
0,1
32,9
31,9
1,0
-
36,7
35,5
1,0
0,2
29,7
28,7
0,9
0,1
16,8
15,6
0,9
0,3
19,8
18,9
0,6
0,3
19,5
19,0
0,4
0,1
SONSTIGE SENDUNGEN
54,0
55,2
45,1
44,4
44,6
58,6
54,4
54,7
6,4
6,1
5,2
4,9
6,2
6,9
6,4
6,5
WERBUNG UND SPONSORING
17,6
17,0
16,8
14,0
19,5
17,7
19,4
19,3
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
PROGRAMMTRAILER ETC.
1 Prozentuierungsbasis: 5 Stunden pro Tag (18–23 Uhr). Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2006, eine Kalenderwoche im
Frühjahr 2007.
2 Die Untersuchungseinheiten der Beitragsanalyse sind thematisch unterscheidbare Beiträge. Ihre Festlegung erfolgt anhand einer in elf
Themenbereiche gegliederten Klassifikationsvariablen.
3 In den untersuchten Sendungen integrierte Aussagen, Einspielungen etc., die eine Übersicht über die Sendung bzw. Teile der Sendung
geben.
4 In den untersuchten Sendungen integrierte Gewinnspiele, Filmausschnitte, Sketche, Musik etc.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
250
THEMENSTRUKTUR DER FERNSEHPUBLIZISTIK / GESAMTSENDEZEIT
Beitragsanalyse 2006 / Frühjahr 2007 (in Prozent)1
Tabelle 24.1
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
THEMENBEREICHE
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
FERNSEHPUBLIZISTIK
Kontroverse Themen
40,0
3,2
39,6
2,1
34,3
1,7
37,9
2,3
43,6
14,6
44,2
14,6
54,3
13,9
57,1
13,8
Politik
Wirtschaft und Gesellschaft
2,0
1,2
1,4
0,7
1,1
0,6
1,8
0,5
9,9
4,7
10,2
4,4
9,0
4,9
9,5
4,3
Nichtpolitische Sachthemen
4,1
6,2
5,1
6,1
13,2
14,4
19,1
22,1
4,0
0,1
5,8
0,4
5,0
0,1
6,0
0,1
12,8
0,4
13,7
0,7
18,7
0,4
21,6
0,5
26,0
24,1
21,7
23,3
5,9
4,9
10,5
7,3
17,9
8,1
19,8
4,3
10,3
11,4
14,1
9,2
2,7
3,2
2,5
2,4
6,4
4,1
3,5
3,8
3,5
3,9
1,9
2,6
4,2
3,5
4,7
6,1
3,1
0,4
2,9
1,0
1,4
0,5
1,9
0,7
2,6
1,6
2,8
0,7
3,4
1,3
5,7
0,4
0,7
0,6
1,9
1,0
0,6
1,7
0,4
0,4
3,1
0,2
0,5
2,9
2,0
1,9
1,8
3,1
1,9
1,8
2,2
1,7
2,2
4,0
1,6
2,2
RESTLICHES PROGRAMM
60,0
60,4
65,7
62,1
56,4
55,8
45,7
42,9
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
Gesellschaft
Mensch/Welt/Natur
Human-Touch-Themen
Zerstreuungsthemen (Personality etc.)
Angstthemen (Kriminalität etc.)
Lebensweltthemen
Verbraucherthemen
Physis- und Psychethemen
Sport
Servicethemen (Wetter etc.)
Thematisch nicht klassifizierbar2
Tabelle 24.2
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
THEMENBEREICHE
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
FERNSEHPUBLIZISTIK
Kontroverse Themen
31,6
0,7
25,8
0,5
27,7
0,5
29,1
1,0
23,3
0,8
14,8
0,6
12,4
0,4
12,2
0,3
Politik
Wirtschaft und Gesellschaft
0,4
0,3
0,4
0,1
0,4
0,1
0,2
0,8
0,4
0,4
0,5
0,1
0,3
0,1
0,3
0,0
Nichtpolitische Sachthemen
12,1
5,4
17,5
15,5
10,4
6,4
9,0
9,7
12,0
0,1
5,2
0,2
14,6
2,9
14,7
0,8
9,0
1,4
3,9
2,5
8,6
0,4
8,7
1,0
12,7
15,2
1,7
4,8
8,9
4,1
1,7
0,9
11,8
0,9
14,6
0,6
0,8
0,9
2,6
2,2
4,6
4,3
0,8
3,3
0,8
0,9
0,8
0,1
4,6
3,5
7,0
6,8
2,2
3,0
0,8
0,9
4,4
0,2
3,3
0,2
6,7
0,3
6,5
0,3
2,2
0,0
2,5
0,5
0,8
-
0,9
-
0,0
0,1
1,4
0,0
0,1
1,1
0,1
0,1
0,8
0,0
0,1
0,9
0,1
0,0
0,9
0,1
0,0
0,6
0,0
0,1
0,4
0,1
0,3
RESTLICHES PROGRAMM
68,4
74,2
72,3
70,9
76,7
85,2
87,6
87,8
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
Gesellschaft
Mensch/Welt/Natur
Human-Touch-Themen
Zerstreuungsthemen (Personality etc.)
Angstthemen (Kriminalität etc.)
Lebensweltthemen
Verbraucherthemen
Physis- und Psychethemen
Sport
Servicethemen (Wetter etc.)
Thematisch nicht klassifizierbar2
1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr). Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2006, eine Kalenderwoche im
Frühjahr 2007.
2 Summe der nicht themenspezifischen Moderations- und Unterhaltungsbeiträge (vgl. Tabelle 22, Anmerkungen 3 und 4).
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
251
THEMENSTRUKTUR DER FERNSEHPUBLIZISTIK / PRIME TIME
Beitragsanalyse 2006 / Frühjahr 2007 (in Prozent)1
Tabelle 25.1
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
THEMENBEREICHE
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
FERNSEHPUBLIZISTIK
Kontroverse Themen
30,7
3,2
33,9
2,5
16,1
2,7
16,5
2,9
28,2
16,0
30,2
16,0
37,0
15,0
41,7
16,6
Politik
Wirtschaft und Gesellschaft
2,1
1,1
1,3
1,2
2,0
0,7
2,1
0,8
11,5
4,5
12,0
4,0
10,8
4,2
10,9
5,7
Nichtpolitische Sachthemen
5,3
7,7
4,2
2,7
6,0
9,3
12,6
14,3
5,2
0,1
7,7
-
4,2
0,0
2,5
0,2
6,0
0,0
7,3
2,0
12,1
0,5
14,3
-
15,2
16,1
6,7
8,3
1,7
1,0
4,2
5,6
13,3
1,9
14,3
1,8
5,1
1,6
7,6
0,7
0,6
1,1
1,0
2,3
1,9
1,7
3,9
3,6
3,8
0,8
1,2
1,0
0,3
1,5
1,3
2,8
0,8
2,3
1,5
0,8
0,0
0,9
0,3
0,3
0,7
0,3
-
1,3
0,2
1,3
-
1,1
0,6
1,7
1,8
0,7
1,3
0,4
0,5
0,8
0,3
0,4
0,7
0,7
1,9
0,9
1,0
1,8
0,8
0,9
1,3
1,5
1,3
1,2
1,4
RESTLICHES PROGRAMM
69,3
66,1
83,9
83,5
71,8
69,8
63,0
58,3
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
Gesellschaft
Mensch/Welt/Natur
Human-Touch-Themen
Zerstreuungsthemen (Personality etc.)
Angstthemen (Kriminalität etc.)
Lebensweltthemen
Verbraucherthemen
Physis- und Psychethemen
Sport
Servicethemen (Wetter etc.)
Thematisch nicht klassifizierbar2
Tabelle 25.2
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
THEMENBEREICHE
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
FERNSEHPUBLIZISTIK
Kontroverse Themen
22,0
1,8
21,7
0,4
32,9
0,0
36,7
-
29,7
0,8
16,8
1,0
19,8
-
19,5
-
Politik
Wirtschaft und Gesellschaft
1,2
0,6
0,3
0,1
0,0,
0,0
-
0,6
0,2
0,8
0,2
-
-
Nichtpolitische Sachthemen
13,8
15,7
16,3
11,2
15,1
8,1
15,5
17,1
13,4
0,4
15,0
0,7
12,7
3,6
11,1
0,1
15,1
-
8,1
-
14,7
0,8
12,4
4,7
3,9
3,1
1,8
5,9
10,9
1,6
3,0
0,4
3,0
0,9
2,7
0,4
1,7
0,1
3,4
2,5
9,2
1,7
1,0
0,6
0,8
2,2
0,4
-
1,1
1,5
13,8
18,4
1,6
4,6
0,4
1,5
1,1
0,0
0,9
0,6
13,5
0,3
17,2
1,2
1,6
-
4,4
0,2
0,4
-
1,5
-
0,2
0,1
1,1
0,2
0,2
0,6
0,0
1,0
0,0
1,2
0,2
0,1
1,0
0,2
0,1
1,2
0,0
0,9
0,5
RESTLICHES PROGRAMM
78,0
78,3
67,1
63,3
70,3
83,2
80,2
80,5
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
Gesellschaft
Mensch/Welt/Natur
Human-Touch-Themen
Zerstreuungsthemen (Personality etc.)
Angstthemen (Kriminalität etc.)
Lebensweltthemen
Verbraucherthemen
Physis- und Psychethemen
Sport
Servicethemen (Wetter etc.)
Thematisch nicht klassifizierbar2
1 Prozentuierungsbasis: 5 Stunden pro Tag (18–23 Uhr). Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2006, eine Kalenderwoche im
Frühjahr 2007.
2 Summe der nicht themenspezifischen Moderations- und Unterhaltungsbeiträge (vgl. Tabelle 23, Anmerkungen 3 und 4).
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
252
THEMENSTRUKTUR DER FERNSEHPUBLIZISTIK OHNE KURZFRISTIGE WIEDERHOLUNGEN
Beitragsanalyse 2006 / Frühjahr 2007 (in Prozent)1
Tabelle 26.1
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
THEMENBEREICHE
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
FERNSEHPUBLIZISTIK: ERSTSENDUNGEN
Kontroverse Themen
29,4
2,2
27,6
1,5
29,4
1,7
36,4
2,3
38,5
13,3
39,1
13,2
47,0
12,5
51,5
12,9
Politik
Wirtschaft und Gesellschaft
1,5
0,7
1,0
0,5
1,1
0,6
1,8
0,5
8,9
4,4
9,3
3,9
8,5
4,0
8,8
4,1
Nichtpolitische Sachthemen
3,2
4,4
4,5
5,9
11,1
12,0
16,6
20,0
3,1
0,1
4,2
0,2
4,5
0,0
5,8
0,1
10,8
0,3
11,3
0,7
16,3
0,3
19,7
0,3
19,1
16,0
17,5
22,0
4,8
4,0
8,3
6,0
11,9
7,2
12,4
3,6
9,9
7,6
14,1
7,9
1,9
2,9
1,9
2,1
4,7
3,6
2,8
3,2
2,3
2,9
1,9
2,6
3,8
3,2
3,8
4,9
2,0
0,3
2,3
0,6
1,4
0,5
1,9
0,7
2,3
1,5
2,8
0,4
2,5
1,3
4,5
0,4
0,6
0,5
1,5
0,9
0,5
1,4
0,4
0,4
3,0
0,2
0,5
2,9
2,0
1,9
1,6
3,1
1,9
1,7
2,2
1,6
2,0
4,0
1,6
2,1
FERNSEHPUBL.: WIEDERHOLUNGEN
10,6
12,0
4,9
1,5
5,1
5,1
7,3
5,6
RESTLICHES PROGRAMM
60,0
60,4
65,7
62,1
56,4
55,8
45,7
42,9
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
Gesellschaft
Mensch/Welt/Natur
Human-Touch-Themen
Zerstreuungsthemen (Personality etc.)
Angstthemen (Kriminalität etc.)
Lebensweltthemen
Verbraucherthemen
Physis- und Psychethemen
Sport
Servicethemen (Wetter etc.)
Thematisch nicht klassifizierbar2
Tabelle 26.2
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
THEMENBEREICHE
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
FERNSEHPUBLIZISTIK: ERSTSENDUNGEN
Kontroverse Themen
20,1
0,6
20,1
0,5
17,2
0,5
21,3
0,7
19,1
0,8
12,9
0,6
8,1
0,3
10,2
0,3
Politik
Wirtschaft und Gesellschaft
0,4
0,2
0,4
0,1
0,4
0,1
0,2
0,5
0,4
0,4
0,5
0,1
0,2
0,1
0,3
0,0
Nichtpolitische Sachthemen
7,5
4,5
11,0
12,0
8,0
6,3
5,7
8,1
7,4
0,1
4,3
0,2
9,2
1,8
11,8
0,2
6,6
1,4
3,8
2,5
5,5
0,2
7,1
1,0
7,9
11,1
1,2
2,7
7,2
2,8
1,4
0,9
7,2
0,7
10,6
0,5
0,6
0,6
1,5
1,2
4,4
2,8
0,8
2,0
0,6
0,8
0,8
0,1
3,1
3,1
3,9
5,1
2,2
2,6
0,4
0,5
2,9
0,2
2,9
0,2
3,8
0,1
4,8
0,3
2,2
0,0
2,5
0,1
0,4
-
0,5
-
0,0
0,1
0,9
0,0
0,1
0,8
0,1
0,1
0,4
0,0
0,1
0,7
0,1
0,0
0,8
0,1
0,0
0,5
0,0
0,1
0,2
0,1
0,3
Gesellschaft
Mensch/Welt/Natur
Human-Touch-Themen
Zerstreuungsthemen (Personality etc.)
Angstthemen (Kriminalität etc.)
Lebensweltthemen
Verbraucherthemen
Physis- und Psychethemen
Sport
Servicethemen (Wetter etc.)
Thematisch nicht klassifizierbar2
FERNSEHPUBL.: WIEDERHOLUNGEN
11,5
5,7
10,5
7,8
4,2
1,9
4,3
2,0
RESTLICHES PROGRAMM
68,4
74,2
72,3
70,9
76,7
85,2
87,6
87,8
GESAMT
100
100
100
100
100
100
100
100
1 Prozentuierungsbasis: 24 Stunden pro Tag (3–3 Uhr). Stichproben: Zwei Kalenderwochen im Jahr 2006, eine im Frühjahr 2007.
2 Summe der nicht themenspezifischen Moderations- und Unterhaltungsbeiträge (vgl. Tabelle 22, Anmerkung 3 und 4).
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
253
THEMENSTRUKTUR DER NACHRICHTENSENDUNGEN
Beitragsanalyse 2006 / Frühjahr 2007 (in Prozent)1
Tabelle 27.1
THEMENBEREICHE
RTL
2006
Sat.1
Fj.07
2006
ARD
Fj.07
2006
ZDF
Fj.07
2006
Fj.07
t=1:01
t=1:04
t=0:55
t=0:57
t=2:48
t=2:22
t=2:47
t=2:18
KONTROVERSE THEMEN
Politik
Wirtschaft und Gesellschaft
40,4
29,7
10,7
33,2
21,1
12,1
35,1
27,7
7,4
38,3
31,6
6,7
49,2
38,3
10,9
63,3
48,3
15,0
46,9
36,6
10,3
54,0
45,9
8,1
NICHTPOLITISCHE SACHTHEMEN
Gesellschaft
Mensch/Welt/Natur
13,3
12,6
0,7
10,2
10,2
-
8,9
8,4
0,5
9,6
8,0
1,6
11,2
10,8
0,4
8,9
8,6
0,3
13,2
13,0
0,2
14,4
14,1
0,3
HUMAN-TOUCH-THEMEN
Zerstreuungsthemen (Personality etc.)
Angstthemen (Kriminalität etc.)
21,9
2,8
19,1
18,5
5,1
13,4
34,5
7,6
26,9
30,0
9,9
20,1
14,7
1,1
13,6
10,1
1,0
9,1
14,8
1,1
13,7
12,5
1,7
10,8
3,4
2,1
1,3
13,0
9,5
3,5
1,7
1,5
0,2
6,7
4,8
1,9
1,0
0,4
0,6
0,2
0,2
-
0,4
0,2
0,2
1,3
1,3
8,8
LEBENSWELTTHEMEN
Verbraucherthemen
Physis- und Psychethemen
11,1
15,4
8,2
3,5
8,2
6,1
10,9
SERVICETHEMEN (WETTER ETC.)
5,9
6,4
9,2
9,7
13,5
8,8
10,6
5,3
MODERATIONEN, TRAILER ETC.
4,0
3,3
2,4
2,2
2,2
2,6
3,2
3,7
UNTERHALTUNGSBEITRÄGE
-
-
-
-
-
-
-
-
100
100
100
100
100
100
100
100
SPORT
GESAMT
Tabelle 27.2
THEMENBEREICHE
ProSieben
2006
Fj.07
VOX
2006
RTL II
Fj.07
2006
kabel eins
Fj.07
2006
Fj.07
t=0:14
t=0:10
t=0:21
t=0:18
t=0:22
t=0:22
t=0:12
t=0:12
KONTROVERSE THEMEN
Politik
Wirtschaft und Gesellschaft
33,7
27,8
5,9
30,8
25,2
5,6
35,2
28,2
7,0
28,8
17,2
11,6
21,3
15,2
6,1
26,2
21,0
5,2
32,2
30,9
1,3
39,0
34,2
4,8
NICHTPOLITISCHE SACHTHEMEN
Gesellschaft
Mensch/Welt/Natur
18,2
18,2
-
8,6
8,6
-
16,6
16,6
-
7,9
7,6
0,3
31,9
31,5
0,4
26,2
26,2
-
11,7
11,7
-
9,4
9,4
-
HUMAN-TOUCH-THEMEN
Zerstreuungsthemen (Personality etc.)
Angstthemen (Kriminalität etc.)
27,5
5,1
22,4
36,1
20,6
15,5
33,4
4,2
29,2
38,6
16,0
22,6
33,2
13,1
20,1
33,8
19,5
14,3
31,9
5,4
26,5
34,1
19,8
14,3
LEBENSWELTTHEMEN
Verbraucherthemen
Physis- und Psychethemen
4,9
4,2
0,7
5,3
2,6
2,7
2,1
1,5
0,6
11,5
6,4
5,1
3,7
3,7
-
3,4
3,4
5,4
5,4
-
2,6
2,6
-
SPORT
4,1
6,3
3,7
1,8
4,1
4,9
4,2
-
SERVICETHEMEN (WETTER ETC.)
6,0
8,3
4,5
4,8
2,2
1,9
9,0
7,2
MODERATIONEN, TRAILER ETC.
5,6
4,6
4,5
6,6
3,6
3,6
5,6
7,7
UNTERHALTUNGSBEITRÄGE
-
-
-
-
-
-
-
-
100
100
100
100
100
100
100
100
GESAMT
1 Prozentuierungsbasis: Jeweiliger Zeitumfang der als Nachrichtensendungen klassifizierten Sendungen in Std.:Min. pro Sendetag.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
254
THEMENSTRUKTUR DER MAGAZINSENDUNGEN UND REPORTAGEN
Beitragsanalyse 2006 / Frühjahr 2007 (in Prozent)1
Tabelle 28.1
THEMENBEREICHE
KONTROVERSE THEMEN
Politik
Wirtschaft und Gesellschaft
RTL
2006
t=4:47
Sat.1
Fj.07
t=5:15
2006
t=3:17
ARD
Fj.07
t=3:53
2006
ZDF
Fj.07
2006
Fj.07
t=6:11
t=6:59
t=7:25
t=8:22
6,0
3,3
2,7
2,8
1,9
0,9
3,0
0,6
2,4
3,2
1,9
1,3
27,3
17,2
10,1
21,0
15,3
5,7
21,6
13,7
7,9
18,4
10,4
8,0
NICHTPOLITISCHE SACHTHEMEN
Gesellschaft
Mensch/Welt/Natur
14,2
14,0
0,2
20,3
20,3
-
29,5
29,3
0,2
27,9
27,6
0,3
41,3
40,7
0,6
44,2
42,1
2,1
45,9
44,7
1,2
47,1
46,7
0,4
HUMAN-TOUCH-THEMEN
Zerstreuungsthemen (Personality etc.)
Angstthemen (Kriminalität etc.)
55,5
50,3
5,2
54,2
49,5
4,7
37,4
33,4
4,0
39,3
37,9
1,4
15,5
9,2
6,3
12,4
7,3
5,1
17,2
9,3
7,9
12,9
6,6
6,3
LEBENSWELTTHEMEN
Verbraucherthemen
Physis- und Psychethemen
15,3
14,6
0,7
14,0
11,4
2,6
10,2
8,9
1,3
14,1
10,5
3,6
7,0
5,3
1,7
6,1
4,9
1,2
6,7
4,2
2,5
6,7
6,0
0,7
SPORT
1,2
1,6
0,5
-
3,9
8,8
3,2
7,7
SERVICETHEMEN (WETTER ETC.)
1,6
1,5
0,4
0,7
0,9
3,1
1,1
2,8
MODERATIONEN, TRAILER ETC.
3,7
4,2
7,3
8,4
3,0
3,2
3,2
3,3
UNTERHALTUNGSBEITRÄGE
2,5
1,4
11,7
6,4
1,1
1,2
1,1
1,1
100
100
100
100
100
100
100
100
GESAMT
Tabelle 28.2
THEMENBEREICHE
KONTROVERSE THEMEN
Politik
Wirtschaft und Gesellschaft
ProSieben
2006
t=7:14
Fj.07
t=5:53
VOX
2006
t=5:41
RTL II
Fj.07
t=6:26
2006
t=5:02
kabel eins
Fj.07
t=3:05
2006
t=2:47
Fj.07
t=2:44
1,3
0,5
0,8
1,3
1,1
0,2
-
2,2
2,2
2,0
0,7
1,3
1,4
1,1
0,3
0,8
0,8
-
NICHTPOLITISCHE SACHTHEMEN
Gesellschaft
Mensch/Welt/Natur
39,0
38,5
0,5
20,7
20,0
0,7
72,0
59,6
12,4
57,5
54,5
3,0
47,1
40,5
6,6
46,6
26,8
19,8
77,1
73,7
3,4
84,8
76,3
8,5
HUMAN-TOUCH-THEMEN
Zerstreuungsthemen (Personality etc.)
Angstthemen (Kriminalität etc.)
40,6
38,4
2,2
60,3
58,6
1,7
5,2
3,2
2,0
16,0
9,0
7,0
40,2
21,1
19,1
28,0
3,8
24,2
12,4
6,6
5,8
5,3
5,3
-
LEBENSWELTTHEMEN
Verbraucherthemen
Physis- und Psychethemen
14,6
14,0
0,6
13,7
12,7
1,0
19,6
18,2
1,4
21,1
20,2
0,9
6,6
6,6
0,0
19,3
15,9
3,4
6,8
6,8
-
7,7
7,7
-
SPORT
0,0
-
0,1
-
0,1
0,5
-
-
SERVICETHEMEN (WETTER ETC.)
0,0
0,0
0,0
0,1
0,0
0,1
0,1
0,1
MODERATIONEN, TRAILER ETC.
2,7
2,5
3,0
2,9
3,7
3,6
2,1
1,8
UNTERHALTUNGSBEITRÄGE
1,8
1,5
0,1
0,2
0,3
0,5
0,7
0,3
100
100
100
100
100
100
100
100
GESAMT
1 Prozentuierungsbasis: Jeweiliger Zeitumfang der als Magazinsendungen und als Reportagen/Dokumentationen klassifizierten Sendungen in Std.:Min pro Sendetag.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
255
THEMENSTRUKTUR DER INTERVIEW- UND TALKFORMATE
Beitragsanalyse 2006 / Frühjahr 2007 (in Prozent)1
Tabelle 29.1
THEMENBEREICHE
RTL
2006
Fj.07
2006
ARD
Fj.07
2006
ZDF
Fj.07
2006
Fj.07
t=1:30
t=1:22
t=1:59
t=0:46
t=0:40
t=1:18
t=1:22
4,6
2,0
2,6
-
-
-
54,3
28,7
25,6
82,0
35,6
46,4
27,2
4,4
22,8
32,0
20,9
11,1
NICHTPOLITISCHE SACHTHEMEN
Gesellschaft
Mensch/Welt/Natur
11,5
11,5
-
19,4
13,8
5,6
3,9
3,9
-
10,5
10,5
-
18,1
13,8
4,3
9,3
9,3
-
25,3
25,3
-
49,3
45,1
4,2
HUMAN-TOUCH-THEMEN
Zerstreuungsthemen (Personality etc.)
Angstthemen (Kriminalität etc.)
72,1
71,6
0,5
71,8
71,8
-
92,1
92,1
-
85,5
85,5
-
7,6
7,6
-
7,4
7,4
-
42,6
42,6
-
6,6
6,4
0,2
LEBENSWELTTHEMEN
Verbraucherthemen
Physis- und Psychethemen
4,9
2,1
2,8
3,9
3,9
-
-
17,5
17,5
-
3,0
2,5
0,5
10,2
10,2
-
SPORT
-
-
-
-
-
-
-
-
SERVICETHEMEN (WETTER ETC.)
-
0,3
-
0,1
0,0
-
-
0,1
MODERATIONEN, TRAILER ETC.
4,4
4,5
2,3
2,8
2,5
1,3
1,9
1,8
UNTERHALTUNGSBEITRÄGE
2,5
0,1
1,7
1,1
-
-
-
-
100
100
100
100
100
100
100
100
KONTROVERSE THEMEN
Politik
Wirtschaft und Gesellschaft
GESAMT
Tabelle 29.2
THEMENBEREICHE
t=1:26
Sat.1
ProSieben
2006
Fj.07
VOX
2006
RTL II
Fj.07
2006
kabel eins
Fj.07
2006
Fj.07
t=0:00
t=0:00
t=0:03
t=0:00
t=0:00
t=0:00
t=0:00
t=0:00
KONTROVERSE THEMEN
Politik
Wirtschaft und Gesellschaft
-
-
-
-
-
-
-
-
NICHTPOLITISCHE SACHTHEMEN
Gesellschaft
Mensch/Welt/Natur
-
-
100,0
100,0
-
-
-
-
-
-
HUMAN-TOUCH-THEMEN
Zerstreuungsthemen (Personality etc.)
Angstthemen (Kriminalität etc.)
-
-
-
-
-
-
-
-
LEBENSWELTTHEMEN
Verbraucherthemen
Physis- und Psychethemen
-
-
-
-
-
-
-
-
SPORT
-
-
-
-
-
-
-
-
SERVICETHEMEN (WETTER ETC.)
-
-
-
-
-
-
-
-
MODERATIONEN, TRAILER ETC.
-
-
-
-
-
-
-
-
UNTERHALTUNGSBEITRÄGE
-
-
-
-
-
-
-
-
GESAMT
-
-
100
-
-
-
-
-
1 Prozentuierungsbasis: Jeweiliger Zeitumfang der als Interview- und Talkformate klassifizierten Sendungen in Std.:Min pro Sendetag.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
256
AKTUALITÄT DER THEMENBEREICHE DER FERNSEHPUBLIZISTIK
Beitragsanalyse 2006 / Frühjahr 2007 (in Prozent)1
Tabelle 30.1
KONTROVERSE THEMEN
Tagesaktuell
Wochenaktuell
Nicht aktuell
GESAMT
NICHTPOLITISCHE SACHTHEMEN
Tagesaktuell
Wochenaktuell
Nicht aktuell
GESAMT
HUMAN-TOUCH-THEMEN
Tagesaktuell
Wochenaktuell
Nicht aktuell
GESAMT
LEBENSWELTTHEMEN
Tagesaktuell
Wochenaktuell
Nicht aktuell
GESAMT
ALLE VIER THEMENBEREICHE
Tagesaktuell
Wochenaktuell
Nicht aktuell
GESAMT
RTL
Sat.1
ARD
ZDF
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
t=0:46
t=0:30
t=0:25
t=0:33
t=3:30
t=3:31
t=3:20
t=3:18
72,0
10,4
17,6
83,0
17,0
83,1
5,7
11,2
77,2
22,8
66,5
11,4
22,1
66,6
8,4
25,0
68,9
6,9
24,2
65,4
3,6
31,0
100
100
100
100
100
100
100
100
t=0:59
t=1:29
t=1:13
t=1:28
t=3:10
t=3:27
t=4:35
t=5:18
35,2
9,0
55,8
35,5
3,5
61,0
12,7
12,6
74,7
21,7
13,3
65,0
21,6
4,1
74,3
33,9
4,4
61,7
21,5
11,7
66,8
22,9
5,4
71,7
100
100
100
100
100
100
100
100
t=6:15
t=5:46
t=5:12
t=5:36
t=1:25
t=1:10
t=2:32
t=1:46
13,2
4,0
82,8
19,3
4,1
76,6
11,5
2,0
86,5
14,6
2,8
82,6
65,0
3,4
31,6
59,9
2,8
37,3
49,1
7,2
43,7
55,6
5,2
39,2
100
100
100
100
100
100
100
100
t=0:50
t=0:56
t=0:28
t=0:37
t=1:01
t=0:51
t=1:07
t=1:27
5,6
0,8
93,6
9,1
7,1
83,8
9,5
9,2
81,3
15,0
9,4
75,6
8,8
91,2
27,1
11,6
61,3
15,1
1,4
83,5
15,0
11,4
73,6
100
100
100
100
100
100
100
100
t=8:50
t=8:41
t=7:18
t=8:14
t=9:06
20,0
4,8
75,2
24,7
4,1
71,2
15,7
4,5
79,8
20,2
4,9
74,9
44,2
6,4
49,4
49,5
6,4
44,1
40,6
8,3
51,1
38,7
5,6
55,7
100
100
100
100
100
100
100
100
t=8:59 t=11:34 t=11:49
1 Prozentuierungsbasis: Zeitumfang der Beiträge pro Sendetag, die dem jeweiligen Themenbereich zuzurechnen sind (ohne Service,
Sport, Moderations- und Unterhaltungsbeiträge).
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
257
Tabelle 30.2
KONTROVERSE THEMEN
Tagesaktuell
Wochenaktuell
Nicht aktuell
GESAMT
NICHTPOLITISCHE SACHTHEMEN
Tagesaktuell
Wochenaktuell
Nicht aktuell
GESAMT
HUMAN-TOUCH-THEMEN
Tagesaktuell
Wochenaktuell
Nicht aktuell
GESAMT
LEBENSWELTTHEMEN
Tagesaktuell
Wochenaktuell
Nicht aktuell
GESAMT
ALLE VIER THEMENBEREICHE
Tagesaktuell
Wochenaktuell
Nicht aktuell
GESAMT
ProSieben
VOX
RTL II
kabel eins
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
2006
Fj.07
t=0:10
t=0:08
t=0:07
t=0:14
t=0:11
t=0:08
t=0:05
t=0:05
76,7
9,8
13,5
64,6
35,4
90,7
9,3
-
37,2
62,8
41,2
22,3
36,5
72,7
27,3
-
71,9
3,4
24,7
100,0
-
100
100
100
100
100
100
100
100
t=2:55
t=1:17
t=4:13
t=3:44
t=2:29
t=1:32
t=2:10
t=2:20
5,7
6,2
88,1
11,1
4,6
84,3
1,4
0,8
97,8
0,7
2,3
97,0
3,5
2,9
93,6
4,8
5,7
89,5
4,7
2,2
93,1
2,4
1,5
96,1
100
100
100
100
100
100
100
100
t=3:02
t=3:38
t=0:25
t=1:09
t=2:08
t=0:59
t=0:25
t=0:13
12,4
3,2
84,4
8,5
1,8
89,7
26,2
7,6
66,2
15,0
1,8
83,2
5,1
1,6
93,3
11,6
2,7
85,7
15,2
84,8
32,0
68,0
100
100
100
100
100
100
100
100
t=1:06
t=0:51
t=1:41
t=1:38
t=0:32
t=0:43
t=0:12
t=0:13
0,5
0,2
99,3
0,7
99,3
0,2
0,1
99,7
1,1
0,1
98,8
0,1
0,3
99,6
1,3
0,6
98,1
2,4
97,6
2,5
97,5
100
100
100
100
100
100
100
100
t=7:13
t=5:54
t=6:26
t=6:45
t=5:20
t=3:22
t=2:52
t=2:51
9,4
4,1
86,5
9,2
2,1
88,7
4,4
1,2
94,4
4,5
1,6
93,9
5,1
2,8
92,1
8,9
4,7
86,4
8,1
1,7
90,2
7,4
1,3
91,3
100
100
100
100
100
100
100
100
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
258
ANHANG – Teil 2
Kuchendiagramme zum Spektrum der Unterhaltungs- und
Informationsangebote deutscher Fernsehvollprogramme
2006
BASISDATEN 2006
Tabelle
1 Fernsehunterhaltung und Fernsehinformation 2006
UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE 2006
Abbildung
1 ARD/Das Erste
2 ZDF
3 RTL
4 Sat.1
5 VOX
6 RTL II
7 ProSieben
8 kabel eins
Die Abbildungen in diesem Teil des Anhangs beruhen auf den fusionierten Daten
der beiden im Kalenderjahr 2006 aufgezeichneten und ausgewerteten Programmstichproben, die zum Teil – wie in Abschnitt 3.1 dieses Beitrags dargestellt – anhand
externer Gewichtungsparameter korrigiert wurden. Durch die Verknüpfung der
Kategorien der Sendungs- und der Beitragsanalyse werden die jeweiligen Proportionen der Unterhaltungs- und Informationsangebote der sechs privaten und zwei
öffentlich-rechtlichen Programme in Form von „Spektraldiagrammen“ sichtbar
gemacht. Den Abbildungen wird eine Vergleichstabelle mit den Basisdaten für die
grafische Einzeldarstellung der acht Programme vorangestellt.
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
259
FERNSEHUNTERHALTUNG UND FERNSEHINFORMATION 2006
Tab. 1
(Sendungs- und Beitragsanalyse, Zeitumfang pro Tag in Prozent, gewichtet)1
PROGRAMMCHARAKTERISTIK
ARD
ZDF
RTL
Sat.1
VOX
RTL II
ProSieben
kabel
eins
UNTERHALTUNG
Fiktionale Unterhaltung
Nonfiktionale Unterhaltung
44
40
4
35
30
5
32
23
9
40
25
15
43
39
4
48
40
8
48
32
16
62
56
6
INFORMATION UND
UNTERHALTUNG
Sportsendungen
Zusätzliche Sportpublizistik
Unterhaltungspublizistik
15
8
2
5
19
7
2
10
28
2
1
25
22
0
0
22
2
0
2
9
0
9
12
0
12
2
0
0
2
INFORMATION
33
38
11
9
26
14
18
10
20
25
8
7
25
13
17
10
13
13
3
2
1
1
1
0
SONSTIGES
Restliches Programm
Programmtrailer etc.
6
2
4
7
3
4
7
2
5
8
3
5
7
1
6
6
1
5
7
1
6
6
1
5
WERBUNG, SPONSORING
2
1
22
21
22
23
15
20
100
100
100
100
100
100
100
100
Sach-, Lebensweltpublizistik / Service
Politische Publizistik /
Kontroverse Themen
GESAMT
1 Ausgangsparameter für die Gewichtung sind die Jahresdurchschnittswerte der GfK-Fernsehforschung für das Angebot
an Sportsendungen (einschließlich Übertragungen).
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
260
Abb. 1
DAS SPEKTRUM DER UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE 2006
6%
ARD/Das Erste
2%
Unterhaltung
40% Fiktionale Unterhaltung
4% Nonfiktionale Unterhaltung
44%
33%
Information und Unterhaltung
8% Sportsendungen
2% Zusätzliche Sportpublizistik
5% Unterhaltungspublizistik
Information
20% Sach-,Lebensweltpubl./Service
13% Polit.Publizistik/Kontr. Themen
Sonstiges
2% Restliches Programm
4% Programmtrailer
15%
Abb. 2
Werbung, Teleshopping, Sponsoring
DAS SPEKTRUM DER UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE 2006
7%
ZDF
1%
Unterhaltung
35%
30% Fiktionale Unterhaltung
5% Nonfiktionale Unterhaltung
Information und Unterhaltung
7% Sportsendungen
2% Zusätzliche Sportpublizistik
10% Unterhaltungspublizistik
38%
Information
25% Sach-,Lebensweltpubl./Service
13% Polit.Publizistik/Kontr. Themen
Sonstiges
19%
3% Restliches Programm
4% Programmtrailer
Werbung, Teleshopping, Sponsoring
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
261
Abb. 3
DAS SPEKTRUM DER UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE 2006
RTL
22%
Unterhaltung
32%
23% Fiktionale Unterhaltung
9% Nonfiktionale Unterhaltung
Information und Unterhaltung
2% Sportsendungen
1% Zusätzliche Sportpublizistik
25% Unterhaltungspublizistik
7%
Information
8% Sach-,Lebensweltpubl./Service
3% Polit.Publizistik/Kontr. Themen
11%
Sonstiges
2% Restliches Programm
5% Programmtrailer
28%
Werbung, Teleshopping, Sponsoring
Abb. 4
DAS SPEKTRUM DER UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE 2006
Sat.1
21%
Unterhaltung
25% Fiktionale Unterhaltung
15% Nonfiktionale Unterhaltung
40%
Information und Unterhaltung
0% Sportsendungen
0% Zusätzliche Sportpublizistik
22% Unterhaltungspublizistik
8%
Information
7% Sach-,Lebensweltpubl./Service
2% Polit.Publizistik/Kontr. Themen
Sonstiges
9%
3% Restliches Programm
5% Programmtrailer
Werbung, Teleshopping, Sponsoring
22%
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
262
Abb. 5
DAS SPEKTRUM DER UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE 2006
VOX
22%
Unterhaltung
39% Fiktionale Unterhaltung
4% Nonfiktionale Unterhaltung
43%
7%
Information und Unterhaltung
- Sportsendungen
0% Zusätzliche Sportpublizistik
2% Unterhaltungspublizistik
Information
25% Sach-,Lebensweltpubl./Service
1% Polit.Publizistik/Kontr. Themen
Sonstiges
26%
Abb. 6
1% Restliches Programm
6% Programmtrailer
2%
Werbung, Teleshopping, Sponsoring
DAS SPEKTRUM DER UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE 2006
RTL II
23%
Unterhaltung
40% Fiktionale Unterhaltung
8% Nonfiktionale Unterhaltung
Information und Unterhaltung
48%
6%
- Sportsendungen
0% Zusätzliche Sportpublizistik
9% Unterhaltungspublizistik
Information
13% Sach-,Lebensweltpubl./Service
1% Polit.Publizistik/Kontr. Themen
Sonstiges
14%
1% Restliches Programm
5% Programmtrailer
9%
Werbung, Teleshopping, Sponsoring
DOKUMENTATION • KONZEPTION, METHODE UND BASISDATEN DER ALM-STUDIE
263
Abb. 7
DAS SPEKTRUM DER UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE 2006
ProSieben
15%
Unterhaltung
32% Fiktionale Unterhaltung
16% Nonfiktionale Unterhaltung
Information und Unterhaltung
7%
- Sportsendungen
0% Zusätzliche Sportpublizistik
12% Unterhaltungspublizistik
48%
Information
17% Sach-,Lebensweltpubl./Service
1% Polit.Publizistik/Kontr. Themen
18%
Sonstiges
1% Restliches Programm
6% Programmtrailer
12%
Werbung, Teleshopping, Sponsoring
Abb. 8
DAS SPEKTRUM DER UNTERHALTUNGS- UND INFORMATIONSANGEBOTE 2006
kabel eins
20%
Unterhaltung
56% Fiktionale Unterhaltung
6% Nonfiktionale Unterhaltung
Information und Unterhaltung
0% Sportsendungen
0% Zusätzliche Sportpublizistik
2% Unterhaltungspublizistik
6%
Information
10% Sach-,Lebensweltpubl./Service
0% Polit.Publizistik/Kontr. Themen
Sonstiges
1% Restliches Programm
5% Programmtrailer
Werbung, Teleshopping, Sponsoring
62%
10%
2%
FORSCHUNGSBIBLIOGRAPHIE
DOKUMENTATION • FERNSEHPROGRAMMFORSCHUNG IN DEUTSCHLAND 2006/2007
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Fernsehprogrammforschung in
Deutschland 2006/2007
Jens Vogelgesang
Dieses Kapitel schließt systematisch und chronologisch an die Bibliographien an, die
für die letzten beiden ALM Programmberichte erstellt wurden.1 Im ersten Abschnitt
werden die Studien dokumentiert, die 2006/2007 im Auftrag der Landesmedienanstalten zur Erforschung von Fernsehprogrammangeboten durchgeführt wurden.
Ergänzend dazu informiert der zweite Abschnitt über Publikationen der akademischen Fernsehprogrammforschung, die im selben Zeitraum erschienen sind.
1.
Studien der Landesmedienanstalten zur Fernsehprogrammforschung 2006/2007
Quellenbasis der in diesem Teil der Bibliographie dokumentierten Studien ist die
Forschungsdatenbank der Landesmedienanstalten, auf die über die Homepage der
ALM zugegriffen werden kann.2 Ausgewiesen werden alle Forschungsprojekte, die
sich ausschließlich oder partiell, direkt oder indirekt mit den Fernsehprogrammangeboten in Deutschland befassen – sofern sie (1) in den Jahren 2006/2007 abgeschlossen oder (2) zwischen 2006 und Juni 2007 in Auftrag gegeben wurden. Die
Dokumentation ist nach den Abschlussdaten der Studien geordnet; vorangestellt
sind zwei Projekte mit kontinuierlicher Datenerhebung.
Kontinuierliche Fernsehprogrammforschung
Forschungsziel: Langzeitanalyse der Programmleistungen von acht bundesweit ausgestrahlten Fernsehvollprogrammen: RTL, RTL II und VOX, Sat.1, ProSieben und
kabel eins sowie ARD/Das Erste und ZDF. Methode: Quantitative Programmstruktur- und Programminhaltsanalysen. Auftraggeber: Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) unter Federführung der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM). Auftragnehmer: GöfaK Medienforschung GmbH, Potsdam.
Projektleitung: Prof. Dr. Joachim Trebbe, Prof. Dr. Hans-Jürgen Weiß. Laufzeit: Seit
1998 fortlaufend. Publikation: Vgl. dazu die Publikationsliste auf der Homepage der
ALM.3
1
2
3
Vgl. Vogelgesang, Jens (2005): Fernsehprogrammforschung in Deutschland 2003-2005. In: ALM
Programmbericht 2005, S. 263-276; Ders. (2007): Fernsehprogrammforschung in Deutschland 2005/
2006. In: ALM Programmbericht 2006, S. 261-276.
Vgl. http://www.alm.de → Medienforschung/Publikationen → Forschungsprojekte. Der Beitrag basiert auf der Aktualisierung zum 30. Juni 2007.
URL: http://www.alm.de/fileadmin/Dateien/kontinuierliche_Fernsehprogrammforschung-Publikationen.pdf [28.8.2007].
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Inhaltsanalyse landesweit ausgestrahlter Regionalfenster im Programm privater
Fernsehveranstalter
Forschungsziel: Langzeitanalyse der Programmleistungen der auf den Frequenzen von
RTL und Sat.1 ausgestrahlten regionalen Programmfenster. Untersucht wird, ob die
Programmveranstalter das Gebot der vielfältigen Berichterstattung aus den jeweiligen Ländern angemessen umsetzen und mit welcher publizistischen und journalistischen Qualität die Regionalberichterstattung erfolgt. Methode: Quantitative Inhaltsanalyse. Auftraggeber: Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) unter
Federführung der Niedersächsischen Landesmedienanstalt (NLM). Auftragnehmer:
Institut für Medienforschung (IMGÖ), Göttingen/Köln. Projektleitung: Prof. Dr.
Helmut Volpers. Laufzeit: Seit 2005 fortlaufend. Publikation: Vgl. dazu den Beitrag
von Helmut Volpers in diesem Band.
Begleitung und Evaluation des Projekts „Vernetzung von Lokalfernsehen in Sachsen“
Forschungsziel: Projekt- und Verlaufsanalyse der satellitengestützten Vernetzung zum
Zweck des Programmaustausches und der Bestückung von Kabelkopfstationen mit
regelmäßigen Programmangeboten des sächsischen Lokalfernsehens. Methode: Projektanalyse, Verlaufsanalyse. Auftraggeber: Sächsische Landesanstalt für privaten
Rundfunk und neue Medien (SLM). Auftragnehmer: GoldMedia GmbH, Berlin. Projektleitung: Prof. Dr. Klaus Goldhammer, Dr. André Wiegand, Christian Veer. Laufzeit: Januar 2006 bis Dezember 2009.
Qualitative Inhaltsanalyse der in Rheinland-Pfalz zugelassenen persischsprachigen
Fernsehprogramme MI TV und Iran Music
Forschungsziel: Analyse der Thematisierung und Darstellung von Politik und Religion
in den beiden persischsprachigen Programmen (Mohajer International Television:
Vollprogramm, Iran Music: Musikspartenprogramm) sowie Einordnung und Bewertung dieser Programmleistungen vor dem Hintergrund der aktuellen politischen
Situation im Iran. Methode: Qualitative Inhaltsanalyse. Auftraggeber: Landeszentrale für
Medien und Kommunikation (LMK) Rheinland-Pfalz. Auftragnehmer: COMDAT
GmbH, Münster. Projektleitung: Prof. Dr. Klaus Merten. Laufzeit: April bis September
2007.
Typologisierung werbenaher Kommunikationsangebote im Fernsehen
Forschungsziel: Analyse von redaktionellen Hybridformen in Voll- und Spartenprogrammen, die im Grenzbereich zwischen Programm und Werbung liegen. Das qualitative Spektrum persuasiver Kommunikationsangebote im Fernsehen wird in seinen
aktuellen Erscheinungsformen eingeschätzt. Im Sinne des Nutzerschutzes sollen
werberechtlich problematische Angebote identifiziert werden. Methode: Programmanalyse („Input-Output-Analyse“) und Expertenbefragung. Auftraggeber: Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM). Auftragnehmer: Institut für Medienforschung (IMGÖ), Göttingen/Köln. Projektleitung: Prof. Dr. Helmut Volpers. Laufzeit:
Januar bis September 2007.
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Lokales Fernsehen in Thüringen 2006. Die Programme und ihre Reichweiten – Ergebnisse
einer Inhaltsanalyse aus dem November und Dezember 2006
Forschungsziel: Analyse der redaktionellen Berichterstattung (Umfang, Darstellungsformen, Themen, Akteure, Lokalbezüge) und der Werbung (Umfang, Regionalität)
in 17 Programmen lokaler Fernsehveranstalter in Thüringen. Methode: Quantitative
Inhaltsanalyse. Auftraggeber/Auftragnehmer: Eigenprojekt der Thüringer Landesmedienanstalt (TLM). Projektleitung: Angelika Heyen. Laufzeit: November 2006 bis September 2007.
Analyse der lokalen Fernsehsender in Mecklenburg-Vorpommern
(„Lokale Fernsehanalyse 2006/2007“)
Forschungsziel: Analyse programm- und marktrelevanter Daten der sechs größten
privaten, lokal und regional begrenzt ausstrahlenden Fernsehsender in MecklenburgVorpommern mit einer technischen Reichweite von mindestens 20.000 angeschlossenen Wohneinheiten. Methode: Quantitative Inhaltsanalyse der einzelnen und der
gemeinsamen Programme, Analyse der Zuschauerstruktur, des Zuschauermarkts,
der technischen Potenziale und deren Ausnutzung sowie des Umgangs der Veranstalter mit den neuen technischen Herausforderungen, Reichweiten- und Werbewirkungsanalyse. Auftraggeber: Landesrundfunkzentrale Mecklenburg-Vorpommern
(LRZ). Auftragnehmer: Ostseeinstitut für Marketing, Verkehr und Tourismus – Institut für Marketing & Dienstleistungsforschung an der Universität Rostock. Projektleitung: Prof. Dr. Martin Benkenstein. Laufzeit: Dezember 2006 bis April 2007.
Problematik von gewalthaltigen und pornographischen Videoclips auf Mobiltelefonen
von Jugendlichen
Forschungsziel: Untersuchung der in der Öffentlichkeit unter den Stichworten „Happy
Slapping“ und „E-Bullying“ verhandelten Problematik, die mit auf Mobiltelefonen
von Jugendlichen gespeicherten gewalthaltigen und pornografischen Videoclips verbunden ist, und die Entwicklung von Handlungsoptionen für Eltern, Pädagoginnen
und Pädagogen, Gesetzgeber und Medienaufsicht sowie weitere medienpädagogische Multiplikatoren. Methode: Rechtsgutachten, telefonische Befragung (800 Kinder
und Jugendliche im Alter von 12 bis 19 Jahren), qualitative Face-to-Face-Interviews
(30 bis 40 Jugendliche). Auftraggeber: Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein
(MA HSH, d.h. ursprünglich ULR). Auftragnehmer: Institut für Medienwissenschaft
und Content GmbH, München. Projektleitung: Prof. Dr. Petra Grimm. Laufzeit: September 2006 bis April 2007.
Gutachten über die Deutungshoheit und die Feldabhängigkeit der Fachdisziplinen
in der Debatte um die Wirkung von Mediengewalt
Forschungsziel: Klärung der Frage, in welchem Maße die Debatte über die Wirkung
von Mediengewalt durch die unterschiedlichen Fachdisziplinen – vor allem durch die
Medienpsychologie und die Kommunikationswissenschaft – bestimmt wird. Methode:
Literaturexpertise, qualitative und quantitative Inhaltsanalysen. Auftraggeber: Landeszentrale für Medien und Kommunikation (LMK) Rheinland-Pfalz. Auftragnehmer:
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Universität München, Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung. Projektleitung: Prof. Dr. Hans-Bernd Brosius. Laufzeit: Mai 2006 bis April
2007.
Ein Blick in die Zukunft. Demographischer Wandel und Fernsehnutzung
Forschungsziel: Forschungsleitende Fragestellung der Studie ist, wie sich Fernsehplaner
auf die gravierenden demographischen Veränderungen beim Fernsehpublikum einstellen. Programmveranstalter und -produzenten sollen über potenzielle Veränderungen in der Zuschauerschaft und über deren Programmpräferenzen informiert
werden. Außerdem sollen Kriterien für künftige Steuerungs- und Beurteilungsmöglichkeiten entwickelt werden. Methode: Sekundäranalyse, Expertenbefragung, Workshops. Auftraggeber: Hessische Landesanstalt für privaten Rundfunk (LPR Hessen,
federführend), Landeszentrale für Medien und Kommunikation (LMK) RheinlandPfalz, Thüringer Landesmedienanstalt (TLM). Auftragnehmer: Adolf Grimme Institut,
Marl; MMB-Institut für Medien- und Kompetenzforschung, Essen. Projektleitung:
Günter Clobes, Dr. Lutz P. Michel. Laufzeit: Juni 2006 bis Februar 2007. Publikation:
Vgl. dazu den Beitrag von Julia Flasdick und Günter Clobes in diesem Band.
Wirtschaftsberichterstattung in den Programmen von n-tv, N24 und Bloomberg TV
Forschungsziel: Analyse der Strukturen der Programmgestaltung sowie der Berichterstattung und Beratung über Börsen und Kapitalmärkte im Hinblick auf die Einhaltung der einschlägigen Regelungen des Rundfunkstaatsvertrags. Methode: Quantitative
und qualitative Inhaltsanalyse. Auftraggeber: Gemeinsame Stelle Programm, Werbung
und Medienkompetenz der DLM unter Federführung der Landesanstalt für Medien
Nordrhein-Westfalen (LfM). Auftragnehmer: House of Research GmbH Markt- und
Medienforschung, Berlin. Projektleitung: Dipl.-Soz. Rolf Amann. Laufzeit: Juli bis
November 2006. Publikation: Vgl. dazu den Beitrag von Klaus Beck und Rolf Amann
in diesem Band.
Evaluation des Bürgerfernsehens in Nordrhein-Westfalen
Forschungsziel: Evaluation von Leistungen und Funktionen des Bürgerfernsehens in
Nordrhein-Westfalen im Hinblick auf handelnde Akteure (Nutzerinnen und Nutzer
sowie die Arbeitsgemeinschaften, die sie bei der Produktion beraten und technischgestalterische und journalistisch-redaktionelle Qualifizierungen anbieten), auf zugrunde liegende Organisations- und Handlungsstrukturen, auf die produzierten
Inhalte und auf die von einigen Arbeitsgemeinschaften durchgeführten Schwerpunktprojekte. Methode: Programmanalyse, qualitative Leitfadeninterviews, schriftliche Befragung. Auftraggeber: Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM).
Auftragnehmer: Institut für Medienforschung (IMGÖ), Göttingen/Köln; Fachhochschule Köln, Institut für Informationswissenschaft. Projektleitung: Prof. Dr. Helmut
Volpers, Prof. Dr. Petra Werner. Laufzeit: Januar bis September 2006. Publikation:
Volpers, Helmut/Petra Werner (Hrsg.) (2007): Bürgerfernsehen in NordrheinWestfalen. Eine Organisations- und Programmanalyse. Berlin (Schriftenreihe Medienforschung der LfM Nordrhein-Westfalen; Bd. 56).
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2.
Publikationen zur Fernsehprogrammforschung 2006/2007
Im Folgenden werden Studien vorgestellt, die sich mit in Deutschland empfangbaren
Fernsehprogrammangeboten befassen. Dieser Teil der Bibliographie bezieht sich auf
Beiträge in deutschen Fachzeitschriften und Sammelbänden und auf Monographien,
die in den Jahren 2006/2007 publiziert worden sind.4 Die Dokumentation dieser
Studien ist in zwei Abschnitte gegliedert. Im ersten Abschnitt werden Studien annotiert, die sich mit politischen Programmangeboten (und in diesem Zusammenhang
insbesondere mit der Wahlkampfberichterstattung), der Islamberichterstattung und
der Behandlung der Migrationsproblematik im deutschen Fernsehen befassen. Die
übrigen Studien, die im Berichterstattungszeitraum zur Fernsehprogrammforschung
ermittelt worden sind, werden im zweiten Abschnitt lediglich bibliographisch dokumentiert.
2.1 Politik, Islam und Migration im deutschen Fernsehen
Bundestagswahl 2005
Böttcher, Karin (2007): „Säbel, Florett und Pistole“: Geschlechteraspekte im „Kanzlerduell“. In: Scholz, Sylka (Hrsg.): „Kann die das?“ Angela Merkels Kampf um die
Macht. Geschlechterbilder und Geschlechterpolitiken im Bundestagswahlkampf
2005. Berlin, S. 117-131.
Fragestellung: Die Autorin analysiert in ihrer Fallstudie die Reproduktion von Geschlechterrollen und -klischees im Rahmen des TV-Duells der Kanzlerkandidaten
Angela Merkel und Gerhard Schröder im Bundestagswahlkampf 2005. Methode: Mittels einer qualitativen Sequenzanalyse untersucht sie am Beispiel von drei Sendungsausschnitten Redebeiträge und sprachbegleitende Gestik und Mimik der Kanzlerkandidaten und Moderatoren. Ergebnisse: Die Autorin zeigt, dass Angela Merkel
während der Sendung verschiedene Frauenrollen einnahm. In der Auseinandersetzung um die Rolle von Doris Schröder im Wahlkampf hatte Angela Merkel eine eher
passiv-defensive Haltung. Auf die Geschlechterorientierung des designierten FDPKoalitionspartners Guido Westerwelle angesprochen, argumentierte sie hingegen in
nachdrücklichem Ton und begleitet von offensiver Gestik, dass in Deutschland die
Vorstellung einer Bundeskanzlerin inzwischen gesellschaftlich genauso akzeptiert sei
wie – hier führte sie den sich offen dazu bekennenden homosexuellen SPD-Politiker
Klaus Wowereit an – ein homosexueller Spitzenpolitiker.
4
Die Dokumentation beruht auf Recherchen in folgendem Quellenmaterial: (1) einschlägige wissenschaftliche Fachzeitschriften (Publizistik, Medien & Kommunikationswissenschaft, Media Perspektiven
usw.), (2) „Literaturdatenbank Massenkommunikation“ der Fachinformationsstelle Publizistik (IPM) an
der Freien Universität Berlin, (3) 31. Jahresband „Aufsatznachweis aus Zeitschriften und Sammelwerken“ des Westdeutschen Rundfunks, (4) überregionaler Online-Bibliothekskatalog des Karlsruher Virtuellen Katalogs (KVK), (5) Online-Verzeichnisse kommunikationswissenschaftlicher Fachverlage (Halem, KoPäd, Nomos, R. Fischer, UVK, Vistas, VS-Verlag usw.) sowie (6) LexisNexis®-Datenbank
„Wirtschaft“.
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Holtz-Bacha, Christina/Eva-Maria Lessinger (2006): Wie die Lustlosigkeit konterkariert wurde: Fernsehwahlwerbung 2005. In: Holtz-Bacha, Christina (Hrsg.): Die
Massenmedien im Wahlkampf. Die Bundestagswahl 2005. Wiesbaden, S. 164-182.
Fragestellung: Die Autorinnen untersuchen, wie sich die Parteien im Bundestagswahlkampf 2005 in ihrer Fernsehwahlwerbung selbst darstellen und wie sich ihre Kampagnenstile und Selbstdarstellungsstrategien im Wahlkampf entwickelt haben. Methode: Die Analyse von insgesamt 38 Wahlwerbespots, die zwischen dem 22. August
und dem 18. September 2005 ausgestrahlt wurden, erfolgt anhand einer quantitativen
Inhaltsanalyse. Die Wahlwerbung wird sowohl im Hinblick auf ihre formale Struktur
auf Spotebene als auch auf der Ebene einzelner Spotsequenzen analysiert, wobei die
Spotsequenzen aus einer oder mehreren Einstellungen bestehen und durch Schnitt
oder Überblendungen voneinander getrennt sind. Ergebnisse: Von den 38 untersuchten Spots wurden 31 Spots im öffentlich-rechtlichen Fernsehen gesendet.5 Im Gegensatz zum Bundestagswahlkampf 2002 haben die Parteien im Bundestagswahlkampf 2005 weniger Werbeaufwand im Fernsehen betrieben und nur eine kleinere
Zahl unterschiedlicher Spots produziert. Die Sequenzanalyse zeigt, dass in einem
Drittel aller Sequenzen ein Kandidat zu sehen ist. Bei den Spots der im Bundestag
vertretenen Parteien stehen Kandidaten stärker im Mittelpunkt als bei kleineren
Parteien, deren Wahlwerbung themenzentrierter konzipiert ist. Anders als in früheren Bundestagswahlkämpfen haben die beiden Volksparteien ihre Fernsehwerbung
erstmals teilweise als Negativkampagnen konzipiert – eine Strategie, die bislang vor
allem von kleineren Parteien genutzt worden ist.
Schulz, Winfried/Reimar Zeh (2006): Die Kampagne im Fernsehen – Agens und
Indikator des Wandels. Ein Vergleich der Kandidatendarstellung. In: Holtz-Bacha,
Christina (Hrsg.): Die Massenmedien im Wahlkampf. Die Bundestagswahl 2005.
Wiesbaden, S. 277-305.
Fragestellung: Die Autoren überprüfen, inwiefern sich die in zahlreichen empirischen
Studien seit 1990 nachgewiesenen Personalisierungs- und Dramatisierungstrends der
Berichterstattung über die Kanzlerkandidaten in Bundestagswahlkämpfen auch im
Jahr 2005 fortgesetzt haben. Zusätzlich interessieren sich die Forscher dafür, ob die
unterschiedlichen Geschlechter der Kandidaten im Bundestagswahlkampf 2005 die
Fernsehberichterstattung beeinflusst haben. Methode: Das Studiendesign ist methodisch an die Vorgängerstudie des einen Autors angeschlossen.6 Der Untersuchungszeitraum der quantitativen Inhaltsanalyse umfasst die letzten vier Wochen vor der
Bundestagswahl 2005. Untersuchungsgegenstand sind die Hauptnachrichtensendungen von ARD/Das Erste, ZDF, RTL und Sat.1, wobei die Detailcodierung auf alle
Nachrichtenbeiträge fokussiert ist, in denen die Kanzlerkandidaten von Union und
SPD im Text erwähnt und/oder im Bild gezeigt werden. Ergebnisse: Der Anteil der
5
6
Dieser Unterschied erklärt sich aus den gesetzlichen Rahmenbedingungen, wonach die Parteien – je
nach Größe – kostenfreie Sendeplätze in den öffentlich-rechtlichen Sendern erhalten. Werbezeit der
privat-kommerziellen Sender müssen die Parteien dagegen kaufen.
Vgl. Vogelgesang, Jens (2005): Fernsehprogrammforschung in Deutschland 2003-2005. In: ALM
Programmbericht 2005, S. 275-276.
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Nachrichtenbeiträge mit Wahlkampfbezug an allen politischen Sendungsbeiträgen ist
seit 1990 von Jahr zu Jahr größer geworden. Anders noch als in den neunziger Jahren liegt der Anteil der Nachrichtenbeiträge mit Kandidatenpräsenz an allen politischen Sendungsbeiträgen seit dem Wahljahr 2002 jeweils über 50 Prozent, worin die
Autoren ein Indiz für eine zunehmende Personalisierung sehen. Bezogen sich im
Wahljahr 1990 noch 77 Prozent der Nachrichtenbeiträge mit Kandidatenpräsenz auf
den damaligen Bundeskanzler, nimmt dieser Wert bis zum Wahljahr 2005 kontinuierlich ab – parallel dazu nimmt der Anteil der Nachrichtenbeiträge mit doppeltem
Kandidatenbezug stetig zu. Diese Zunahme setzen die Autoren in Bezug zu den
jeweiligen Berichterstattungsanlässen und können so zeigen, dass es sich dabei nicht
um eine im Verständnis von Qualitätsjournalismus besonders ausgewogene Berichterstattung handelt, sondern dass – im Sinne eines „horse race journalism“ – mehr
und mehr der Wettbewerb zwischen beiden Kanzlerkandidaten im Mittelpunkt der
Nachrichtenberichterstattung steht. Bei der Auswertung der Kandidatenbewertungen im Wahljahr 2005 beobachten die Autoren, dass beide Kanzlerkandidaten
durchweg eher positiv bewertet wurden, wobei im Vergleich Gerhard Schröder
tendenziell sogar noch besser bewertet wurde als seine Opponentin.
Tapper, Christoph/Thorsten Quandt (2006): „Trotzdem nochmal nachgefragt, Frau
Kirchhof…“. Eine dialoganalytische Untersuchung des Fernsehduells im Wahlkampf 2005. In: Holtz-Bacha, Christina (Hrsg.): Die Massenmedien im Wahlkampf.
Die Bundestagswahl 2005. Wiesbaden, S. 246-276.
Fragestellung: Die Autoren untersuchen das dialogische Verhalten der Kanzlerkandidaten und der Moderatoren beim einzigen Fernsehduell des Bundestagswahlkampfs
2005. Zentrale Untersuchungskategorien der Dialoganalyse sind die Redeanteile der
Kandidaten und Moderatoren, die Duellthemen sowie die Struktur der Diskussion
(z.B. Unterbrechungen, Störungen, erfolglose Sprechversuche usw.). Methode: Die
dialoganalytische Auswertung erfolgt mittels eines Transskripts des TV-Duells, das
anhand einer Videoaufzeichnung erstellt worden ist und das neben der reinen
Sprechakte auch gleichzeitiges Reden, Redeabbrüche, Pausen und Modulationen des
Tonfalls dokumentiert. Ergebnisse: Die Redeanteile der beiden Kanzlerkandidaten an
der Gesamtsendezeit waren gleich groß, wobei der SPD-Kandidat Gerhard Schröder
anteilig deutlich mehr einzelne Sprechakte vollzog als die CDU-Kandidatin Angela
Merkel. Gerhard Schröder präsentierte sich insgesamt nicht nur als aktiverer Gesprächsteilnehmer, sondern auch mit einem aggressiveren Gesprächsstil: Im Vergleich zu Angela Merkel reagierte er doppelt so häufig unaufgefordert auf seine
Gegnerin und begann rund drei Viertel seiner Sprechakte, während ein anderer Gesprächsteilnehmer – meistens Angela Merkel – noch sprach. Thematisch war das
Duell von der schwierigen wirtschaftlichen Lage Deutschland geprägt: Besonderen
Anteil an der Gesamtgesprächsdauer hatten die Themen Steuer- und Finanzpolitik
(18 Prozent), Arbeitsmarktpolitik (15 Prozent) und Energiepreise (13 Prozent).
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Wied, Kristina (2007): Der Wahlabend im deutschen Fernsehen. Wandel und Stabilität der Wahlberichterstattung. Wiesbaden.
Fragestellung: Im Rahmen ihrer historisch-deskriptiven Studie untersucht die Autorin
am Beispiel von ARD/Das Erste, ZDF, Sat.1 und RTL, wie sich die Berichterstattung der Sondersendungen am jeweiligen Wahlabend seit dem Wahljahr 1961 entwickelt hat.7 Zentrale Untersuchungskategorien der Studie sind Form und Inhalte der
Berichterstattung, die journalistischen Produktionsbedingungen und die Rolle einzelner Akteure (Politiker, Journalisten, Experten, Bürger usw.). Methode: Das Mehrmethodendesign der Studie umfasst neben einer Dokumentenanalyse und einer
Analyse der Sekundärliteratur auch Leitfadeninterviews mit Experten sowie eine
quantitative Inhaltsanalyse der Wahlsondersendungen. Letztere erfolgt sowohl auf
Beitrags- als auch auf (Kamera-)Einstellungsebene. Die Beitragsstichprobe umfasst
insgesamt rund 1.400 Untersuchungseinheiten, die Einstellungsstichprobe rund
1.200 Untersuchungseinheiten. Ergebnisse: Zeitübergreifend konstitutive Bestandteile
der Berichterstattung von Wahlsondersendungen sind die Präsentation von Wahlergebnissen und Stellungnahmen von Spitzenpolitikern dazu. Kennzeichnend für die
Sondersendungen am Wahlabend sind außerdem die Vermittlung der Wahlergebnisse anhand von Grafiken, das Führen von Einzelinterviews, zentrale Wahlstudios, das
Hinüberschalten zu den Wahlpartys der Parteien sowie redaktionelle Beiträge zur
Erläuterung der Wahlergebnisse und ihrer Konsequenzen. Obwohl seit 1987 mehr
und mehr Journalistinnen vor der Kamera zu beobachten sind, bezeichnet die Autorin die Wahlberichterstattung zwischen 1961 und 2002 dennoch als „Männerdomäne“ (S. 384).
Politik-, Kriegs- und Krisenberichterstattung
Gombert, Ute (2006): Tradition contra Show. Inhaltsanalyse der Politikberichterstattung in öffentlich-rechtlichen und privaten Nachrichtensendungen am Beispiel von
Tagesschau und RTL aktuell. Berlin.
Fragestellung: Die forschungsleitende Fragestellung der Inhaltsanalyse lautet, ob die
unterschiedlichen Systemlogiken – öffentlich-rechtlich versus privat-kommerziell –
der Fernsehsender mit einer unterschiedlichen Politikvermittlung in den Nachrichtensendungen einhergeht. Methode: Mittels quantitativer und qualitativer Inhaltsanalyse untersucht die Autorin die Hauptnachrichtensendungen von ARD/Das Erste und
RTL. Die Stichprobe umfasst alle Ausgaben von „tagesschau“ und „RTL aktuell“ in
der Zeit vom 16. bis 22. Januar 2006. Die Stichprobe beinhaltet – bis auf die Sport-,
Wetter- und Lottoberichterstattung – alle Nachrichtenbeiträge. Ergebnisse: In der
Hauptnachrichtensendung von ARD/Das Erste wurde insgesamt umfangreicher
über Politik berichtet als bei RTL. Die Marginalisierung von Politik bei RTL, so die
Autorin, spiegelt sich insbesondere im überdurchschnittlichen Anteil an Aufmachern
aus den Themenbereichen Unfälle und Kriminalität wider. Auch traten im Rahmen
7
Die Wahlsondersendungen von Sat.1 sind erst ab dem Wahljahr 1987, von RTL ab dem Wahljahr 1990
dokumentiert.
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der Politikvermittlung in „RTL aktuell“ im Vergleich zur „tagesschau“ mehr private
Einzelpersonen als staatliche Akteure auf.
Kuppertz, Nicole (2007): Die Konstruktion des Krieges. Eine Gegenüberstellung
verschiedener Nachrichtensendungen. Saarbrücken.
Fragestellung: Rekurrierend auf die Systemtheorie Niklas Luhmanns und dessen Position zum Realitätsgehalt in den Massenmedien untersucht die Autorin, inwiefern die
Hauptnachrichtensendungen von ARD/Das Erste und RTL eine eigene Realität des
Irakkriegs 2003 beschreiben. Konkret werden Umfang sowie Bilder, Töne und die
Sprache der Kriegsberichterstattung der „tagesschau“ und von „RTL aktuell“ untersucht. Methode: Für den Zeitraum vom 20. März bis 1. Mai 2003 ermittelt die Autorin
mittels quantitativer Inhaltsanalyse den thematischen Anteil der Kriegsberichterstattung an der Gesamtberichterstattung der beiden Hauptnachrichtensendungen. Einzelne Nachrichtenbeiträge werden zusätzlich einer qualitativen Sprach-, Ton- und
Bilderanalyse unterzogen. Ergebnisse: Der thematische Umfang der Kriegsberichterstattung war bei „tagesschau“ und „RTL aktuell“ im Jahr 2003 recht ähnlich: Zu
Beginn des Kriegs dominierte die Kriegsberichterstattung die Gesamtberichterstattung beider Hauptnachrichtensendungen, danach nahm sie kontinuierlich ab – lediglich zum Zeitpunkt der Einnahme Bagdads stieg der Umfang der Kriegsberichterstattung nochmals kurzfristig an.
Schultz, Tanjev (2006): Geschwätz oder Diskurs? Die Rationalität politischer Talkshows im Fernsehen. Köln.
Fragestellung: In der Studie wird das journalistische Handeln von Fernsehmoderatoren
im Hinblick auf deren Moderationsaktivität, die journalistische Kritik sowie die inhaltliche Substanz der Moderation untersucht. Methode: Untersuchungsbasis der
quantitativen Inhaltsanalyse sind jeweils zehn Ausgaben von „Sabine Christiansen“
(ARD), „Presseclub“ (ARD), „Berlin Mitte“ (ZDF) und „19zehn“ (3sat). Analysiert
werden sämtliche Sprechsequenzen von Moderatoren. Ergebnisse: Moderatoren nehmen trotz ihrer in der Regel im Vergleich zu ihren Gästen kürzer ausfallenden Beiträge in politischen Gesprächssendungen eine herausgehobene Sprecherposition ein.
Überwiegend zielt die Fragerichtung der Moderatoren auf sachbezogene Meinungen
und Rechtfertigungen, wobei jeweils rund ein Viertel der Moderationsfragen im
Sinne interpretierenden oder kritischen Nachhakens gestellt werden. Die Moderationsbeiträge in „19zehn“ und „Presseclub“ bringen überdurchschnittlich viel inhaltliche Substanz in die Sendung ein. Für die immer wieder von der Medienkritik behauptete Verflachung politischer Kommunikation findet sich in der Studie kein
Indiz.
Weichert, Stephan A. (2006): Die Krise als Medienereignis. Über den 11. September
im deutschen Fernsehen. Köln.
Fragestellung: Aus einer medienanthropologisch-interdisziplinären Forschungsperspektive untersucht der Autor die Berichterstattung der Fernsehsondersendungen
am und nach dem 11. September 2001 im Hinblick auf inhärente Ritualisierungs-
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merkmale. Methode: Die Ritualanalyse ist als dreistufige Mehrmethodenstudie angelegt: Untersuchungsgegenstand der quantitativen Programmstrukturanalyse sind
thematisch einschlägige Informationssendungen, die aus Anlass der Terroranschläge
zwischen dem 11. September und dem 25. Oktober 2001 von ARD/Das Erste,
ZDF, RTL und Sat.1 ausgestrahlt wurden.8 Zusätzlich führt der Autor eine qualitative Programminhaltsanalyse anhand von Sendungsmitschnitten der Terrorberichterstattung der vier Sender zwischen dem 11. und dem 13. September 2001 sowie eine
interpretative Textanalyse der Hauptnachrichtensendungen von ARD/Das Erste
und RTL für den genannten Zeitraum durch. Ergebnisse: Kennzeichnend für die
Krisenberichterstattung ist eine Abweichung aller untersuchten Sender vom ursprünglichen Sendeschema zugunsten einer umfassenden Sonderberichterstattung
infolge des Terroranschlags. Die qualitative Programminhaltsanalyse der drei detailliert analysierten Sendetage zeigt, wie sich die Krisenberichterstattung von einer
unschematisierten Live-Phase zu einer von journalistischen Rahmungen und Deutungen geprägten Phase der Ästhetisierung des Krisenereignisses wandelt, in der sich
bereits erste Erzählmuster eines Gut-Böse-Gegensatzes manifestieren. Die detaillierte Textanalyse der beiden Hauptnachrichtensendungen belegt eine Verschiebung des
Berichterstattungsschwerpunkts weg von einer reinen Ereignis- und Krisenbeschreibung am 11. September hin zu einer Täter- und Opferberichterstattung sowie einer
auf Sicherheitsmaßnahmen in Deutschland bezogenen Inlandsberichterstattung.
Islamberichterstattung und Migrationsproblematik
Hafez, Kai/Carola Richter (2007): Das Gewalt- und Konfliktbild des Islams bei
ARD und ZDF. Eine Untersuchung öffentlich-rechtlicher Magazin- und Talksendungen. Erfurt: Universität Erfurt.9
Fragestellung: In der Studie wird untersucht, in welchen Zusammenhängen der Islam
in Informationssendungen von ARD/Das Erste und ZDF thematisiert wird. Die
forschungsleitende Fragestellung lautet, inwiefern diese Informationssendungen zu
einer Vermittlung und Vertiefung der politischen Kenntnisse und zur Meinungsbildung der Bürger zu dieser Thematik beitragen. Methode: Für den Zeitraum zwischen
dem 1. Juli 2005 und dem 31. Dezember 2006 haben die Autoren für 37 ausgewählte
Magazin- und Reportagesendungen und Talkshows der beiden Sender (wie z.B.
„Beckmann“, „Bericht aus Berlin“, Presseclub“, „Aspekte“ oder „Länderspiegel“
usw.) insgesamt 133 Einzelsendungen mit Islambezug identifiziert. Ergebnisse: Den
größten Anteil an Islambezügen wiesen die Auslandsmagazine der Sender auf. Das
Islambild der Informationssendungen von ARD/Das Erste und ZDF, so die Autoren, vermittle den Eindruck, dass „der Islam weniger eine Religion als vielmehr eine
politische Ideologie und einen gesellschaftlichen Wertekodex darstellt, der mit den
Moralvorstellungen des Westens kollidiert“ (S. 5). Fast ein Viertel der identifizierten
8
9
Die Untersuchungseinheiten wurden anhand von Sendungsprotokollen und aktuellen Programmhinweisen einer Tageszeitung identifiziert.
URL: http://www2.kommunikationswissenschaft-erfurt.de/uploads/bericht_islam_in_ard_und_zdf_
2005_2006.pdf [20.8.2007].
DOKUMENTATION • FERNSEHPROGRAMMFORSCHUNG IN DEUTSCHLAND 2006/2007
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Informationssendungen mit Islambezug thematisierten die Aspekte Terrorismus und
Extremismus. Insgesamt waren die Agenden der untersuchten Informationssendungen mit Islambezug bei ARD/Das Erste und ZDF stark von konfliktgeladenen
Themen wie internationale Konflikte (17 Prozent), Integrationsprobleme (16 Prozent) und religiöser Intoleranz (10 Prozent) geprägt.
Ortner, Christina (2007): Tatort: Migration. Das Thema Einwanderung in der Krimireihe Tatort. In: Medien & Kommunikationswissenschaft, Jg. 55, Heft 1, S. 5-23.
Fragestellung: Die Autorin untersucht, wie häufig „Migration“ als Haupt- oder Nebenthema in der Krimireihe vorgekommen ist und wie die filmische Umsetzung von
Migration in ausgewählten Folgen erfolgte. Zentrale Untersuchungskategorien der
Inhaltsanalyse sind die Thematisierung von Vorurteilen und Fremdenhass, die Darstellung von Migrantenfiguren, die Gewichtung dieser Figuren in den Tatort-Filmen,
die erzählerisch vermittelten Vorstellungen von gesellschaftlicher Zugehörigkeit und
die Rollenmodelle des Umgangs zwischen Deutschen und Migranten. Methode: Aus
einer Grundgesamtheit von 566 Tatort-Filmen identifiziert die Autorin anhand von
Inhaltsangaben insgesamt 92 Filme, in denen mindestens eine Figur mit Migrationshintergrund aufgetreten ist. Von 32 dieser 92 Filme, bei denen das Einwanderungsthema im Mittelpunkt der Handlung steht, werden als „typische Fälle“ fünf einzelne
Filme anhand von Szenenprotokollen qualitativ genauer untersucht. Ergebnisse: Insbesondere in den neunziger Jahren wurden überdurchschnittlich viele Tatort-Filme
mit Migrationsbezug produziert, was nach Ansicht der Autorin auf die zahlreichen
Anschläge auf Migrantenwohnheime Anfang der neunziger Jahre zurückzuführen ist.
In den 32 Filmen, in denen das Einwanderungsthema zentral für die Handlung ist,
geht es am häufigsten um internationalen Frauen- und Kinderhandel, rechtsradikale
Übergriffe oder illegale Beschäftigung ausländischer Arbeiter – generell handelt es
sich immer um gesellschaftliche Problemkontexte. Die qualitatitve Szenenanalyse
zeigt zudem, dass die Filmfiguren in der Handlung gemeinhin explizit als In- und
Ausländer markiert werden. Im Gegensatz zu den eher eindimensional angelegten
Filmfiguren mit Migrationshintergrund spielen deutsche Filmfiguren dagegen häufiger die Hauptrolle, wodurch die Zuschauer auch mehr über deren fiktive Berufsund Alltagslebenswelt erfahren.
2.2 Sonstige Publikationen zur Fernsehprogrammforschung 2006/2007
Friedrich, Jasper A./Hans-Jörg Stiehler (2006): Fußball in Sportmagazinen des Fernsehens: Wieviel Spiel bekommen wir zu sehen? In: Müller, Eggo/Jürgen Schwier
(Hrsg.): Medienfußball im europäischen Vergleich. Köln, S. 186-201.
Gerhards, Maria/Walter Klingler (2006): Programmangebote und Spartennutzung
im Fernsehen 2005. Kontinuität oder Brüche durch den medialen Wettbewerb?
In: Media Perspektiven, Heft 11, S. 572-584.
Götz, Maja (2006): Die Hauptfiguren im deutschen Kinderfernsehen. In: Televizion,
Heft 19, S. 4-7.
Grimm, Jürgen (2006): Die Super Nannys. Ein TV-Format und sein Publikum. Konstanz.
DOKUMENTATION • FERNSEHPROGRAMMFORSCHUNG IN DEUTSCHLAND 2006/2007
276
Hannover, Irmela (2006): Alleinerziehende Powerfrauen und selbstbewusste Kinder:
Haben sich die Familienbilder im Fernsehen verändert? In: MedienConcret –
Magazin für die pädagogische Praxis, S. 18-21.
Hannover, Irmela/Arne Birkenstock (2006): Multitasking-begabte Powerfrauen und
einsame Wölfe. Familienbilder in fiktionalen und nicht-fiktionalen Fernsehformaten. In: merz. medien + erziehung. zeitschrift für medienpädagogik, Jg. 50,
Heft 2, S. 23-29.
Horky, Thomas (2006): Das schnelle Ende der Ehe von RTL und Beachvolleyball:
Zur Inszenierung von Sport im Fernsehen. In: merz. medien + erziehung. zeitschrift für medienpädagogik, Jg. 50, Heft 6, S. 29-40.
Jonas, Caroline (2006): Das sprachliche Verhalten von Moderatoren in Talk- und
Quizshows. Eine diskursanalytische Untersuchung zu Frageverhalten und Wortwahl. Frankfurt/M.
Keppler, Angela (2006): Mediale Gegenwart. Eine Theorie des Fernsehens am Beispiel der Darstellung von Gewalt. Frankfurt/M.
Knop, Karin (2007): Comedy in Serie. Medienwissenschaftliche Perspektiven auf ein
TV-Format. Bielefeld.
Krüger, Udo Michael (2006): Frühstücksfernsehen bei ARD/ZDF, RTL und SAT.1.
Formen und Inhalte öffentlich-rechtlicher und privater Frühmagazine. In: Media
Perspektiven, Heft 12, S. 607-621.
Krüger, Udo Michael (2007): InfoMonitor 2006: Fernsehnachrichten bei ARD,
ZDF, RTL und SAT.1. Strukturen, Themen und Politikerpräsenz. In: Media Perspektiven, Heft 2, S. 58-82.
Krüger, Udo Michael/Thomas Zapf-Schramm (2007): Sparten, Sendungsformen
und Inhalte im deutschen Fernsehangebot 2006. Programmanalyse von
ARD/Das Erste, ZDF, RTL, SAT.1 und ProSieben. In: Media Perspektiven,
Heft 4, S. 166-186.
Lücke, Stephanie (2007): Ernährung im Fernsehen. Eine Kultivierungsstudie zur
Darstellung und Wirkung. Wiesbaden.
Milde, Jutta/Georg Ruhrmann (2006): Molekulare Medizin in deutschen TVWissenschaftsmagazinen. Ergebnisse von Journalisteninterviews und Inhaltsanalysen. In: Medien & Kommunikationswissenschaft, Jg. 54, Heft 3, S. 430-456.
Mühlfeld, Emily (2006): Literaturkritik im Fernsehen. Wien u.a.
Pinseler, Jan (2006): Fahndungssendungen im deutschsprachigen Fernsehen. Köln.
Schütte, Christian (2006): Matchwinner und Pechvögel: Ergebniserklärung in der
Fußballberichterstattung in Hörfunk, Internet, Fernsehen und Printmedien.
Hamburg.
Senokozlieva, Maria/Oliver Fischer/Gary Bente/Nicole Krämer (2006): Of Frames
and Cultures – A Cross-Cultural Comparison of TV Newscasts. In: Zeitschrift
für Medienpsychologie, Heft 4, S. 160-173.
AUTORENVERZEICHNIS
AUTORENVERZEICHNIS
278
Rolf Amann, Dipl.-Soz.
Wissenschaftlicher Leiter der House of Research GmbH, Berlin
Prof. Dr. Klaus Beck
Professor am Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Freien
Universität Berlin
Günter Clobes
Leiter der Adolf-Grimme-Akademie am Adolf-Grimme-Institut, Marl
Julia Flasdick, M.A.
Projektleiterin am MMB-Institut für Medien- und Kompetenzforschung, Essen
Michael Gurt, M.A.
Verantwortlicher FLIMMO-Redakteur; Wissenschaftlicher Mitarbeiter am JFF –
Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis, München
Manfred Helmes
Direktor der Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland-Pfalz,
Ludwigshafen
Annette Kümmel
Direktorin Medienpolitik bei der ProSiebenSat.1 Medien AG, Unterföhring
Dr. Volker Lilienthal
Verantwortlicher Redakteur des Fachdienstes epd medien, Frankfurt/Main
Dr. Torsten Maurer
Wissenschaftlicher Assistent am Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Freien Universität Berlin
Bernd Merz
Pfarrer und Geschäftsführer von Bibel TV / [tru:] young television, Hamburg
Bernhard Nellessen
SWR-Fernsehdirektor und ARD-Koordinator für kirchliche Sendungen, Baden-Baden
Christian Salwiczek, Dipl.- Sozialwirt
Bereichsleiter Medienforschung bei forsa Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen mbH, Berlin, davor Projektleiter am Institut für Medienforschung
Göttingen & Köln (IM•GÖ)
Prof. Dr. Norbert Schneider
Direktor der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf; Vorsitzender der Gemeinsamen Stelle Programm, Werbung und Medienkompetenz
(GSPWM) der ALM
AUTORENVERZEICHNIS
279
Detlef Schnier, Dipl.-Sozialwirt
Freiberuflicher Kommunikationswissenschaftler, u.a. Projektleiter am Institut für
Medienforschung Göttingen & Köln (IM•GÖ)
Bertil Schwotzer, M.A.
Diplomassistent am Departement für Gesellschaftswissenschaften, Fachbereich
Medien- und Kommunikationswissenschaft, der Universität Fribourg/Schweiz
Prof. Dr. Joachim Trebbe
Professor am Departement für Gesellschaftswissenschaften, Fachbereich Medienund Kommunikationswissenschaft, der Universität Fribourg/Schweiz
Bidjan Vakili, Dipl.-Kfm.
Geschäftsführer des Vereins Programmberatung für Eltern e.V., München
Jens Vogelgesang, M.A.
Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Freien Universität Berlin
Prof. Dr. Helmut Volpers
Professor am Institut für Informationswissenschaft der Fachhochschule Köln; Wissenschaftlicher Leiter des Instituts für Medienforschung Göttingen & Köln (IM•GÖ)
Prof. Dr. Hans-Jürgen Weiß
Professor am Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Freien
Universität Berlin; Wissenschaftlicher Leiter der GöfaK Medienforschung GmbH,
Potsdam
Dr. Jens Woelke
Wissenschaftlicher Assistent am Fachbereich Kommunikationswissenschaft der Universität Salzburg/Österreich