münchen - Münchner Stadtmuseum
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2014 | Heft 26 münchen Kino der Perestroika Deutsche Filme 2013 Prager Filmarchiv Schätze des Filmmuseums Filme aus Bosnien Jochen Kuhn 3D-Filmfest Architekturfilmtage Federico Fellini Film & Licht Michael Snow Bayern in Babelsberg Kelly Reichardt Oskar Maria Graf Paris im Film Eintrittspreise 4 € (3 € für MFZ-Mitglieder). Ab 120 Minuten Filmlänge oder mit Gästen: 1 € Aufschlag. Ab 180 Minuten, mit Live-Musik oder bei 3D: 2 € Aufschlag. Die Kasse öffnet jeweils 60 Minuten vor und schließt 30 Minuten nach Beginn der Vorstellung. Bei allen öffentlichen Veranstaltungen verbleibt ein Kartenkontingent für den freien Verkauf an der Abendkasse. Kartenreservierung Kartenreservierungen sind bis zu vier Wochen im voraus möglich und können unter der Telefonnummer 089 / 233 96450 auf Band gesprochen werden. Vorbestellte Karten müssen bis 20 Minuten vor Vorstellungsbeginn an der Kasse abgeholt worden sein, ansonsten verfällt die Reservierung. Kartenvorverkauf Karten können bis zu vier Wochen im voraus gekauft werden. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass unmittelbar vor Vorstellungsbeginn bei starkem Besucherandrang kein Kartenvorverkauf erfolgt. Karten behalten ihre Gültigkeit nur bis Vorstellungsbeginn. An der Abendkasse können vorverkaufte Karten bis 20 Minuten vor Vorstellungsbeginn gegen Kostenerstattung wieder zurückgegeben werden. Programmabonnement Das Kinoprogrammheft und unseren Newsletter können Sie unter www.muenchner-stadtmuseum.de/film kostenlos abonnieren. Das Programmheft wird an Mitglieder des MFZ auf Wunsch kostenlos versandt. Ansonsten bitten wir um die Zusendung eines adres- sierten und mit 1,45 € frankierten DIN A5-Briefumschlages an die Adresse des Filmmuseums. Den täglich aktualisierten Spielplan finden Sie auch auf Twitter: @filmmuseummuc. Mitgliedschaft Wer sich für die Arbeit des Filmmuseums interessiert, kann Mitglied im Verein der Freunde des Filmmuseums München, dem Münchner Filmzentrum e.V. (MFZ) werden. Mitgliedsanträge sind an der Kinokasse erhältlich. Der Jahresbeitrag beträgt 20 € und berechtigt zum ermäßigten Eintritt ins Filmmuseum sowie zur Teilnahme an den Mitgliederversammlungen des MFZ, in denen die Programmplanungen des Filmmuseums diskutiert und Projekte entwickelt werden. Weitere Informationen erhalten Sie unter Tel. 0177 / 728 46 81 und www.muenchner-filmzentrum.de. Rollstuhlfahrer / Hörgeschädigte Der Kinosaal im Untergeschoss ist über einen Aufzug für Rollstuhlfahrer zugänglich. Die Behindertentoilette befindet sich im Untergeschoss neben dem Kinoeingang. Das Kino ist mit einer Induktionsschleife für Hörgerätebesitzer ausgestattet. Saalmikrofon Das Kino verfügt über ein Saalmikrofon zur Kontrolle des Kinotons durch die Filmvorführer. Verkehrsverbindung Sie erreichen das Filmmuseum in 5 Gehminuten vom U/S-Bahnhof Marienplatz oder in 7 Gehminuten vom U-Bahnhof und der Trambahnhaltestelle Sendlinger Tor. Mitgliederversammlungen des Münchner Filmzentrums e.V. (MFZ) Die für alle Interessierten öffentlichen Mitgliederversammlungen des Fördervereins des Filmmuseums finden einmal im Monat montags um 19 Uhr im Gotischen Zimmer des Ignaz-Günther-Hauses (St.-Jakobs-Platz 20, 80331 München, 1. Stock) statt. Termine: 17. Februar 2014, 10. März 2014, 14. April 2014, 12. Mai 2014, 16. Juni 2014 und 14. Juli 2014. Mehr Informationen: [email protected]. »Open Scene« am Donnerstag Die Termine am Donnerstag sind teilweise für aktuelle Sonderveranstaltungen reserviert. Das Programm wird spätestens acht Tage vorher festgelegt und in den Schaukästen an der Kinokasse, im E-Mail-Newsletter, unter www.muenchner-stadtmuseum.de/film/open-scene.html, auf Facebook, auf Twitter und durch Ankündigungen in der Tagespresse bekannt gegeben. Impressum Landeshauptstadt München. Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum, St.-Jakobs-Platz 1, 80331 München, 089/233 20538, Email: [email protected] · Redaktion: Stefan Drößler, Claudia Engelhardt, Christoph Michel, Klaus Volkmer · Gestaltung: Heiner Gassen, München · Druck: BluePrint AG, München 50 Jahre Filmmuseum, Erstaufführungen, Fellini Wir danken allen, die dem Filmmuseum zum 50. Geburtstag gratuliert und mit uns gefeiert haben. Es freut uns sehr, dass die Angebote des Filmmuseums weite Resonanz finden und geschätzt werden. Wie schrieb Chris Dercon, langjähriger Direktor des Haus der Kunst und jetzt Direktor der Tate Modern in der Süddeutschen Zeitung: »Bis heute schickt mir Klaus Volkmer, mein ›Ansprechpartner‹ im Filmmuseum, die vertrauten roten Hefte mit dem Filmprogramm am St.-Jakobs-Platz nach London. Ich lasse sie unter meinen Mitkuratoren zirkulieren und hebe sie alle auf.« Mit der Reihe »Schätze des Filmmuseums« knüpfen wir an das Jubiläum an. Hier kommen einige der Rekonstruktionen zur Aufführung, die das Filmmuseum weltweit bekannt gemacht haben, und besonders schöne, seltene Unikate, die man in dieser Form nur bei uns sehen kann. Und natürlich treten auch die Stummfilmmusiker auf, die viele Jahre lang die Aufführungen im Filmmuseum geprägt haben: Joachim Bärenz, Günter A. Buchwald, Sabrina Zimmermann, Mark Pogolski, Christian Roderburg und – als jüngster – Richard Siedhoff. Der 2009 verstorbene Aljoscha Zimmermann, der dem Filmmuseum besonders eng verbunden war, ist zumindest in Tonaufnahmen zu hören, die synchron zu Filmen eingespielt werden. Im neuen Programm finden sich auch einige ganz neue Filme, die in Münchner oder gar in Deutscher Erstaufführung zu sehen sind: Unser Überblick über das bosnische Kino wird beispielsweise mit Jasmila Žbaničs neuem Film FOR THOSE WHO CAN TELL NO TALES beendet, im 3D-Filmfest ist 3x3D zu sehen, in dem Jean-Luc Godard und Peter Greenaway die neue Technik auf ihre ganz eigene Art ausprobieren, die Architekturfilmtage eröffnen mit dem spanischen Dokumentarfilm THE COMPETITION von Angel Borrego Cubero, und unsere große Federico-Fellini-Retrospektive startet mit dem neuen Film von Ettore Scola CHE STRANO CHIAMARSI FEDERICO! Das Filmmuseum versteht sich als Ort, an dem nicht nur historische Filme in Retrospektiven und sorgfältig kuratierten Filmreihen zu sehen sind, sondern an dem diese auch zu neuen Filmen in Beziehung gesetzt und aktuelle Bezüge sichtbar gemacht werden. Mit der Fellini-Retrospektive schließt sich übrigens der Kreis zur eigenen Geschichte: Im Februar 1970 wurde im Filmmuseum die Ausstellung »Fellini oder Das Unbewußte wird sichtbar« eröffnet, zu der auch Federico Fellini und Giulietta Masina angereist kamen. Dem Empfang zu ihren Ehren wohnten laut Süddeutsche Zeitung auch »die Jungfilmer Roger Fritz, Dieter Geissler, Peter Fleischmann und Eckhart Schmidt« bei. Der Gründungsdirektor des Filmmuseums, Rudolph S. Joseph, kaufte für die begleitende Retrospektive mehrere Filmkopien von seltenen Fellini-Filmen in der Originalfassung an, auf die wir jetzt bei der vollständigen Werkschau zurückgreifen können. Wir wünschen allen Besuchern anregende Kinoabende und schöne Filmerlebnisse! Ihr Filmmuseum 3 Kino der Perestroika . . . . 10 Deutsche Filme 2013 . . . . 14 Erblast NS . . . . 16 Film und Psychoanalyse . . . . 18 Prager Filmarchiv . . . . 20 Schätze des Filmmuseums . . . . 29 Filme aus Bosnien . . . . 33 Jochen Kuhn . . . . 34 3D-Filmfest . . . . 39 Architekturfilmtage . . . . 43 Federico Fellini . . . . 54 Film & Licht . . . . 57 DOK.fest . . . . 58 Michael Snow . . . . 62 Bayern in Babelsberg . . . . 67 Zuschauerkino . . . . 68 Kelly Reichardt . . . . 72 Oskar Maria Graf . . . . 74 Paris im Film . . . . 82 Kalenderübersicht . . . . R = Regie · B = Drehbuch · K = Kamera · M = Musik · S = Schnitt · D = Darsteller · P = Produktion · OF = Originalfassung · OmU = Originalfassung mit deutschen Untertiteln · OmeU = Originalfassung mit englischen Untertiteln · OmfU = Originalfassung mit französischen Untertiteln · OmÜ = Originalfassung mit deutscher Übersetzung · dtF = deutsche Synchronfassung · © = Copyright · \ = Livemusikbegleitung Rückblick 17. Oktober 2013: Die Schauspielerin Luminiţa Gheorghiu erhält den Ehrenpreis des Rumänischen Filmfestivals vor der Vorführung ihres auf der Berlinale 2013 prämierten Films MUTTER & SOHN. 24. Oktober 2013: Jonas Mekas ist im Filmmuseum zu Gast und liest aus seinem Buch »Alt ist dieses, unser Sprechen« und stellt seinen Film REMINISZENZEN AUS DEUTSCHLAND vor. 30. November 2013: Kulturreferent Hans-Georg Küppers spricht sein Grußwort zum 50-jährigen Jubiläum des Filmmuseums und gibt einen Überblick über die Geschichte der Institution. 30. November 2013: Rainer Kölmel, Christian Doermer und Rob Houwer beim Empfang zum 50-jährigen Jubiläum nach der Vorführung des Film LES GARÇONS ET GUILLAUME, A TABLE! 30. November 2013: Christel Buschmann, Markus Zimmer, Michael Verhoeven und Margarethe von Trotta beim Empfang des Filmmuseums im Foyer vor dem Stadtcafé. 14. Dezember 2013: Christopher Buchholz stellt seinen Dokumentarfilm HORST BUCHHOLZ … MEIN PAPA im Rahmen der HorstBuchholz-Retrospektive im Filmmuseum vor. Kino der Perestroika Das Kino der Perestroika KUR’ER (DER BOTE) 3 Aufbruch und Niedergang Welch eine Karriere erlebte dieses Wort: Perestroika, der Umbau, die Umgestaltung. Binnen kürzester Zeit kannte es jeder, fast so wie Wodka, Taiga oder Matrjoschka. Als griffiger Slogan ging es um die Welt, zusammen mit Glasnost (Transparenz, Offenheit). Beide Begriffe standen für den Reformkurs des sowjetischen Generalsekretärs Michail Gorbačëv, seit seiner Amtsübernahme 1985. Ging es anfangs noch um den Kampf gegen Korruption und Alkoholismus sowie um die Ankurbelung der Wirtschaft, so führte das Programm ab 1987 auch zu außenpolitischer Entspannung, innenpolitischen Reformen und wirtschaftlicher Neuorientierung. Die Vormachtstellung der Kommunistischen Partei wollte Gorbačëv aber unbedingt erhalten, die herrschenden Eliten nicht brüskieren. Bis heute ist umstritten, ob der Umbau zu weit oder längst nicht weit genug ging. Aus dem Aufbruch wurde ein Niedergang. Die Folgen fünf Jahre später waren jedenfalls gewaltig: Der »Ostblock« löste sich auf, der Koloss Sowjetunion brach tosend unter dem eigenen Gewicht zusammen; irgendwie war plötzlich auch der Kalte Krieg zu Ende und die »Gorbi, Gorbi«-Rufe leiteten die deutsche Wiedervereinigung ein. Dann verschwand das Wort vom Umbau in den Schubladen der Geschichte. Morgenluft für die Kultur Das Kino der Perestroika spielte eine große Rolle als Multiplikator dieses weltgeschichtlichen Prozesses, denn es zeigte seine spektakuläre Entwicklung in allen Facetten. Es fand die Bilder, Worte und Klänge dafür, es trug die Begeisterung, sorgte für Ernüchterung und es drängte zur Wahrheit, wie immer schmerzhaft sie auch war. Neben den Filmen aus den kurzen Jahren der Avantgarde Ende der 1920er Jahre und denen der Tauwetter-Periode in den späten 1950ern gehören die Perestroika-Filme zu den interessantesten und bedeutendsten des reichen sowjetischen Filmschaffens. Als die Zensur gelockert wurde, vorher missliebige Literatur plötzlich in Millionenauflagen auftauchte, inoffizielle Kunst in Wohnungsausstellungen geduldet wurde, Emigranten keine Unmenschen mehr waren und Rockmusik kein Unwort, da befreite sich auch das Kino aus dem ideologischen Klammergriff. Jahrelang registrierte das sowjetische und bald auch das internationale Publikum gespannt, welche Worte, welche Motive, welche Realitäten nun erstmals gesagt und gezeigt werden durften – oder noch nicht. Künstlerische Möglichkeiten wurden neu ausgelotet, plötzlich gab es persönliche Stile und gewagte Szenen. Die Filmkünstler, ob Altmeister oder die einer neuen Generation, legten ihre Finger in die Wunden der Gesellschaft und stellten vieles in Frage. Kino der Perestroika Die Öffnung der Tresore Zu allererst drehte sich das Kino der Perestroika um die Filme, die nur gekürzt oder nie gezeigt werden durften. Die Filmemacher-Gewerkschaft als Gegenpol der Filmbürokratie führte unter ihrem neuen Präsidenten Ėlem Klimov eine »Konflikt-Kommission« ein, die sich um »einige strittige Fälle« kümmern sollte. Zu ihrem Erstaunen entdeckte sie über 100 verbotene und ähnlich viele verstümmelte Filme, unter anderen von Larissa Šepitko, Andrej Končalovskij, Aleksej German, Kira Muratova, Aleksandr Sokurov und Artavazd Pelešjan, und holte sie zügig aus den Tresoren. Geschickt nutzte man die Anwesenheit ausländischer Filmpresse und -kollegen während des Moskauer Filmfestes im Sommer 1987, um die Betonköpfe von Goskino zu überrumpeln: Plötzlich meldete sich ein Filmemacher namens Aleksandr Askol’dov bei einer Diskussion zu Wort; er forderte ein Ende seines Berufsverbots und die Premiere seines verbotenen Erstlingsfilms KOMISSAR (DIE KOMMISSARIN, 1967). Zwei Tage später lief dieser in einer bejubelten Sondervorstellung. Jetzt war auch die allererste Retrospektive Andrej Tarkovskijs (der 1986 gestorben war) möglich, inklusive des erstmals gezeigten Director’s Cut von STRASTI PO ANDREJU (ANDREI RUBLJOW) aus dem Jahr 1971. Fünf Jahre lang lag Aleksej Germans erster Film schon unter Verschluss, da wurde auch sein zweiter, der antiheroische Kriegsfilm DVADCAT’ DNEJ BEZ VOJNY (ZWANZIG TAGE OHNE KRIEG) als »Schande für Studio Lenfil’m« einige Zeit zurückgehalten, kam später in die sowjetischen Kinos und wurde 1984 erstmals ausländischen Gästen in Moskau gezeigt. TEMA (DAS THEMA) von Gleb Panfilov hatte KOMISSAR (DIE KOMMISSARIN) 4 1986 Premiere, sieben Jahre nach seiner Fertigstellung. MONANIEBA / POKAJANIE (REUE), Tengiz Abuladzes Abrechnung mit Stalin und Berija, war 1984 mit Erlaubnis des damaligen georgischen Kulturministers Ėdward Šewardnadze gedreht worden, durfte aber erst 1987 nach langen Debatten in die Kinos. Die entfesselten Russen Dann brach sich auch eine neue Produktion Bahn und aufzuarbeitende Themen gab es reichlich: Eine andere Sicht der eigenen Geschichte, etwa in Aleksandr Askol’dovs KOMISSAR (DIE KOMMISSARIN 1967/1987) oder Jurij Karas SAVTRA BYLA WOJNA (UND MORGEN WAR KRIEG, 1987) erschütterte die sowjetische Gesellschaft in ihren Grundfesten. Genauso wirkte eine völlig unheroische, tragische Darstellung des Großthemas Weltkrieg oder die schonungslose Darstellung der stalinistischen Repression in Tengiz Abuladzes MONANIEBA / POKAJANIE (REUE, 1984/1987) und des GulagSystems, bei Vitalij Kanevskij in ZAMRI, UMRI, VOSKRESNI! (HALTE STILL – STIRB – ERWACHE, 1989) oder in Marina Goldovskajas VLAST’ SOLOVECKAJA (DIE MACHT VON SOLOVKIJ, 1988). Unterdrückte Minderheiten oder eigene Kinematographien der Regionen kamen nun zu Wort, z. B. in Okeevs POTOMOK BELOGO BARSA (DER NACHKOMME DES SCHNEELEOPARDEN, 1985). Eine angeblich gar nicht existierende, westlich beeinflusste Jugendkultur in KUR’ER (DER BOTE,1987) von Karen Šachnazarov war zu sehen – oder die apokalyptische Vision der Zukunft als Endzeit, in der atomaren Katastrophe, etwa in Konstantin Lopušanskijs PIS’MA MËRTVOGO ČELOVEKA (BRIEFE EINES TOTEN, 1986) oder im ökologischen Desaster bei Lopušanskijs zweitem Film POSETITEL’ MUZEJA (DER MUSEUMSBESUCHER, 1989). Plötzlich konnten – vor Strasti po Andreju (Andrej Rubljow) | SU 1969/1987 | R: Andrej Tarkovskij | B: Andrej Končalovskij, Andrej Tarkovskij | K: Vadim Jusov | M: Vjačeslav Ovčinnikov | D: Anatolij Solonicyn, Ivan Lapikov, Nikolaj Grin’ko, Nikolaj Sergeev, Irina Tarkovskaja, Rolan Bykov | 205 min | OmeU – Eine große Saga des archaischen Russland, gespalten zwischen heidnischen Kulten und Orthodoxie, Sexualität und Sittenstrenge, roher Gewalt und feinsinniger Kunst. Bildgewaltig erzählt sie verschiedene Episoden aus dem Leben des berühmten Ikonenmalers zu Anfang des 15. Jahrhunderts – das »wohl tiefste visuelle Eindringen in die russische Geschichte« (Gleb Panfilov). Tarkovskijs frühes Monumentalwerk war in der Sowjetunion 1965 verboten, u. a. wegen »religiöser Propaganda«, wurde gekürzt und lief trotz sowjetischen Protests 1969 in Cannes, zwei Jahre vor der russischen Premiere. Erst 1987 konnte die vollständige Fassung gezeigt werden. ▶ Dienstag, 18. Februar 2014, 18.30 Uhr Komissar (Die Kommissarin) | SU 1967/1987 | R+B: Aleksandr Askol’dov, nach einer Erzählung von Vasilij Grossman | K: Valerij Ginsburg | M: Al’fred Šnitke | D: Nonna Mordjukova, Rolan Bykov, Raisa Nedaškovskaja, Ljudmila Volynskaja, Vasilij Šukšin | 110 min | OmU – Während des Bürgerkriegs wird Kommissarin Vavilova schwanger und sucht in einer Kampfpause verzweifelt einen Ort, an dem sie gebären kann. Sie findet Unterschlupf, Hilfe und Mitgefühl allein bei einer jüdischen Großfamilie und legt für eine Weile ihren Soldatenmantel ab, um Frau und Mutter sein zu können – bevor sie wieder an die Front zieht. Die unheroische, surreale Darstellung der Kriegszeit und die Verweise auf den offiziell nicht existierenden Antisemitismus widersprachen den traditionellen Erwartungen für einen Film zum 50. Jahrestag der Revolution. Zwanzig Jahre später erst konnte er durch die Gunst der Stunde aus den Tresoren geholt werden – und entwickelte sich dann zum Welterfolg. ▶ Dienstag, 25. Februar 2014, 21.00 Uhr Dvadcat’ dnej bez vojny (Zwanzig Tage ohne Krieg) | SU 1977 | R: Aleksej German | B: Konstantin Simonov, nach Motiven seines Buches »Aus Lopatins Notizen« | K: Valerij Fedosov | M: V. Lavrov | D: Jurij Nikulin, Ljudmila Gurčenko, Rašid Sadykov, Aleksej Petrenko, Angelina Stepanova | 101 min | OmU – Der Journalist Lopatin fährt Ende 1942 kurz an die »Heimatfront« in Taškent – und in eine andere Welt voller Flüchtlinge, beschäftigt mit seiner Scheidung, einer kurzen Liebesaffäre und dem Dreh eines Kriegsfilms nach seinen Frontberichten. Mit dem berühmten Komiker Nikulin und der Sängerin Gurčenko »gegen den Strich« besetzt, schuf German ein »anti-romantisches Melodrama« (German) und einen nachdenklichen Kriegsfilm, in dem Kino der Perestroika STRASTI PO ANDREJU (ANDREJ RUBLJOw) allem in Russland – in Filmen viele Tabus angesprochen und Fehlentwicklungen kritisiert werden, ehrlich und ungeschminkt, aber auch manchmal bleischwer, voller Gewalt und gesellschaftlicher Verrohung. Mit ungeheurer Dynamik entstanden dabei Nahaufnahmen, tiefe Einblicke in die sowjetische Gesellschaft, die kurz vorher undenkbar waren, auch von Problemkindern wie PLJUMBUM, ILI OPASNAJA IGRA (PLUMBUM ODER GEFÄHRLICHE SPIELE, 1986) von Vadim Abdrašitov und Aussteigern wie in Pavel Lungins TAKSI-BLJUZ (TAxIBLUES, 1990) … Das Ausland holte sehr viele dieser Filme sofort in die Festivals, es gab Anerkennung, Kontakte, Koproduktionen – dadurch war der Prozess auch unumkehrbar geworden. Das Kino der Perestroika hatte seine Fesseln abgelegt. Alexander Schwarz 5 Kino der Perestroika 6 der Krieg nicht direkt vorkommt, aber auch die Liebe als Gegenkraft fehlt. Im Zuge der Tresoröffnung wiederentdeckt, dann im Ausland auf Festivals ausgezeichnet. German verstarb 2013. ▶ Dienstag, 11. März 2014, 21.00 Uhr Tema (Das Thema) | SU 1979/1986 | R: Gleb Panfilov | B: Gleb Panfilov, Aleksandr Červinskij | K: Leonid Kalašnikov | M: Vadim Bibergan | D: Michail Ul’janov, Inna Čurikova, Evgenij Vesnik, Evgenija Nečaeva, Sergej Nikonenko | 99 min | OmU – Ein Moskauer Schriftsteller fährt auf der Suche nach »Themen« und neuen künstlerischen Impulsen aufs Land. Dort wird er mit dem wahren Leben, echten Konflikten, dem Urbild weiter russischer Landschaft und der Vanitas seines eigenen Tuns konfrontiert. Die Auseinandersetzung eines Paares über das heikle Thema der Emigration und den Verlust kultureller Wurzeln nimmt ihn sehr mit. Lösungen sind nirgends in Sicht. Insbesondere die Dialogzeile »Möge ich lieber in Amerika an Schwermut sterben als hier an Unaufrichtigkeit« wurde Panfilov angekreidet. Der Film kam erst sieben Jahre später in die Kinos und gewann 1987 den Goldenen Bären in Berlin. ▶ Dienstag, 18. März 2014, 21.00 Uhr I žizn’, i slëzy, i ljubov’… (Leben, Tränen, Liebe) | SU 1984 | R+B: Nikolaj Gubenko | K: Leonid Kalašnikov | M: Igor Nazaruk | D: Žanna Bolotova, Elena Fadeeva, Fëdor Nikitin, Pëtr Ščerbakov, Sergej Martinson | 103 min | OmU – Ein Film über das Altern und den Verlust des Glaubens an das Leben und das Zwischenmenschliche, neben all den körperlichen Defiziten. Die neue Oberärztin Varvara Dmitrievna bringt frischen Wind ins »Haus der Veteranen« – und ins Leben der ehemaligen Opernsängerin Sofia, deren 80. Geburtstag bevorsteht. Der kritische Theater- und Filmregisseur Gubenko widmete sich dem zu der Zeit in der Sowjetunion wenig beachteten Thema mit Wahrhaftigkeit und Mitgefühl. Als Exponent des damals so genannten »Neuen Denkens« wurde er 1988 sowjetischer Kulturminister. ▶ Dienstag, 25. März 2014, 21.00 Uhr Potomok belogo barsa (Der Nachkomme des Schneeleoparden) | SU 1985 | R: Tolomuš Okeev | B: Mar Bajdžiev, Tolomuš Okeev, nach kirgisischen Volksmärchen | K: Nurtaj Borbiev | M: Murat Begaliev | D: Dokdurbek Kydyraliev, Ašir Čokubaev, Aliman Džankorozova, Marat Džanteliev, Doskan Žolžaksynov, Žamal Sejdakmatova | 134 min | OmU – Hoch in den Bergen lebt eine Jägerfamilie nach den ehernen Gesetzen ihrer Vorfahren: Niemals dürfen sie Menschen angreifen und Tiere dürfen nur nach dem unmittelbaren Bedarf gejagt werden. In einem besonders strengen Winter treibt sie die Not zu einem Handel mit dem Khan, in dessen Folge diese Gesetze gebrochen werden. Die Natur rächt sich dafür an der Familie. Okeev hatte gemeinsam mit Panfilov und Askol’dov an der Moskauer Filmhochschule studiert. Er erlebte seinen größten Erfolg, als sein vom Kirgisstudio produziertes, bildgewaltiges Werk auf der Berlinale 1985 mit dem Silbernen Bären ausgezeichnet wurde. ▶ Dienstag, 1. April 2014, 21.00 Uhr Kak molody my byli (Wie jung wir waren) | SU 1985 | R: Michail Belikov | B: Michail Belikov, Vasilij Truškovskij | K: Vasilij Truškovskij | M: Jurij Vinnik | D: Taras Denisenko, Elena Škurpelo, Nina Šarolalova, Aleksandr Pašutin, Aleksandr Sviridovskij | 92 min | OmU – Eine ukrainische Geschichte von Liebe und Wahrhaftigkeit: Julja und Aleksandr kennen sich seit der Kindheit und haben den Krieg überlebt. Julja erfährt, dass sie an Leukämie leidet. Ein zufälliges Treffen mit Aleksandr bringt die Wende in ihrem Leben. Sie heiraten und geben die Hoffnung auf ein besseres Leben nicht auf. Michail Belikovs romantische Komödie entwirft ein realistisches Bild des studentischen Alltags der frühen 1960er Jahre, der Zeit des ersten Raumfluges von Jurij Gagarin und der Suche nach individuellen Lebenszielen. ▶ Dienstag, 8. April 2014, 21.00 Uhr Idi i smotri (Komm und siehe) | SU 1985 | R: Ėlem Klimov | B: Ales’ Adamovič, Ėlem Klimov, nach Adamovičs Roman »Erzählung von Chatyn« | K: Aleksej Rodionov | M: Oleg Jančenko | D: Aleksej Kravčenko, Ol’ga Mironova, Ljubomiras Laucjavičjus, Vladas Bagdonas, Juri Lumiste | 146 min | OmU – Mit kraftvollen Bildern einer gnadenlosen Kamera und mit unter die Haut gehender Musik erzählt der Film den Horror des Massakers der SS im weißrussischen Dorf Chatyn. Krieg nicht als Heldenstück, sondern als Apokalypse – das war für die Sowjetunion neu. Acht Jahre lang war die Produktion dieses Films blockiert worden. Der große Preis beim Moskauer Filmfestival 1985 und ein Millionenpublikum in der Sowjetunion waren die Belohnung für Klimovs Beharren. ▶ Dienstag, 15. April 2014, 21.00 Uhr Pis’ma mërtvogo čeloveka (Briefe eines Toten) | SU 1986 | R: Konstantin Lopušanskij | B: Konstantin Lopušanskij, Vjačeslav Rybakov, Boris Strugackij | K: Ni- Kino der Perestroika IDI I SMOTRI (KOMM UND SIEHE) 7 kolaj Pokupzev | M: Aleksandr Žurbin | D: Rolan Bykov, Iosif Ryklin, Viktor Michailov, Aleksandr Sabinin, Nora Grjakalova | 87 min | OmU – Die Folgen eines nuklearen Holocausts werden in einem Atombunker durchgespielt. Die Menschen leben ihrem nahen Ende durch Verstrahlung entgegen. Ein Wissenschaftler fühlt sich, nachdem ein Computerfehler die Erde mit Atomraketen weitgehend zerstört hat, mitverantwortlich für die Katastrophe. Gibt es eine Hoffnung, dass wenigstens der menschliche Geist überlebt? Der Film traf die Stimmung des Kalten Krieges und die Gefahren genau. Und er kam in der Sowjetunion zur rechten Zeit, als dieses Thema zum ersten Mal behandelt werden durfte, unmittelbar nach Černobyl. ▶ Dienstag, 22. April 2014, 21.00 Uhr Pljumbum, ili opasnaja igra (Plumbum oder Gefährliches Spiel) | SU 1987 | R: Vadim Abdrašitov | B: Aleksandr Mindadze | K: Georgij Rerberg | M: Vladimir Daškevič | D: Anton Androsov, Elena Dmitrieva, Elena Jakovleva, Soja Lirova, Aleksandr Feklistov | 97 min | OmU – Das verstörende Porträt eines 15-Jährigen, eines dostojewskihaften »Dämonen«, der unter dem Pseudonym Pljumbum in Selbstjustiz Schwarzhändler und Kleinkriminelle ans Messer liefert. Wie besessen, ohne Mitleid und Gnade, betreibt er das »Gefährliche Spiel« immer weiter, bis auch sein Vater verhaftet wird und seine Freudin stirbt. Eine harte Auseinandersetzung mit der Gegenwart der 1980er Jahre in der Sowjetunion. Der Verfall der moralischen Basis und ethischer Prinzipien als Filmthema wären vor der Perestroika dort undenkbar gewesen – und es warf bereits seine Schatten auf die folgenden Jahre voraus. ▶ Dienstag, 29. April 2014, 21.00 Uhr Kur’er (Der Bote) | SU 1987 | R: Karen Šachnazarov | B: Aleksandr Borodjanskij | K: Nikolaj Nemoljaev, Valerij Šuvalov | M: Ėduard Artëm’ev | D: Fëdor Dunaevskij, Anastasija Nemoljaeva, Oleg Basilašvili, Inna Čurikova, Svetlana Krjučkova | 90 min | OmU – Breakdance auf Russisch: Sogar das gab es in den letzten Jahren der Sowjetunion. Der Stoff kommt amüsant als Komödie daher, die es wagt, diverse Themen erstmals anzusprechen. Der Botenjunge Ivan lebt tagsüber ein normales, aufreizend passives Leben. Aber seinen Widerwillen gegen die elterlichen Werte, den allgegenwärtigen Konformismus und die Scheinheiligkeit einer angeblich klassenlosen Gesellschaft lebt er in exotischen Visio- Kino der Perestroika 8 nen und in den Straßen und Hinterhöfen aus, in denen eine jugendliche Gegenkultur heranwächst. Das System schlägt zurück: Er wird in die Armee eingezogen, kommt vielleicht nach Afghanistan … Der Film war zwar schon vor der Perestroika projektiert, kam aber wohl nur dadurch relativ glatt durch die Filmzensur, gewann beim Moskauer Filmfest 1987 und wurde zum Kassenschlager des Jahres. ▶ Dienstag, 6. Mai 2014, 21.00 Uhr Monanieba / Pokajanie (Reue) | SU 1984/1987 | R: Tengiz Abuladze | B: Nana Džanelidze, Tengiz Abuladze, Rezo Kveselava | K: Michail Agranovič | M: Nana Džanelidze | D: Avtandil Macharadze, Ija Ninidze, Merab Ninidze, Zejnab Bocvadze, Ketevan Abuladze | 153 min | OmU – Keti erfährt, dass der Diktator Aravidze gestorben ist, der Züge von Hitler, Stalin und Berija trägt. In ihr läuft ein Erinnerungsfilm ab, wie er ihre Familie zerstörte – und sie exhumiert die Leiche immer wieder. Das Böse kehrt ständig zurück. Ketis Albträume und Erinnerungen werden zu einer surrealen Phantasmagorie über Tyrannei, Macht und Religion. Ein relativ autonomes »georgisches Fenster« im Staatsfernsehen machte diese bissige Satire möglich. Die bis dahin entschiedenste Abrechnung mit dem Stalinismus brauchte jeweils drei Jahre, bis das Drehbuch von tal’ja Negoda | 89 min | OmU – Eine Atmosphäre der Verdächtigungen, Angst und Repression quält in der Sowjetunion 1940, nach dem Großen Terror und kurz vor dem Krieg, auch die jugendlichen Schüler. Das Deklamieren eines Liebesgedichts des verbotenen Sergej Essenin führt bei der 16-jährigen Vika zur Verhaftung ihres Vaters, ihrer eigenen Isolation und treibt sie schließlich in den Selbstmord. Karas Diplomfilm an der Moskauer Filmhochschule wurde zu einem Schlüsselfilm der Glasnost-Ära über die Verarbeitung der Sowjetgeschichte. Der Regisseur wollte »eine Generation zu Wort kommen lassen, die selbst nicht mehr sprechen kann«, weil sie entweder tot oder immer noch starr vor Angst sei. In der DDR wurde der Film zusammen mit einigen anderen kritischen sowjetischen Filmen 1989 verboten – wenige Monate bevor die Mauer fiel. ▶ Dienstag, 27. Mai 2014, 21.00 Uhr 1981 verfilmt und der fertige Film schließlich gezeigt werden durfte – mit enormem Erfolg, vor allem unter russischen Intellektuellen und im Ausland. Er erhielt unter anderem den Spezialpreis der Jury in Cannes 1987 und die Nika der russischen Filmakademie. ▶ Dienstag, 20. Mai 2014, 21.00 Uhr Zavtra byla vojna (… und morgen war Krieg) | SU 1987 | R: Jurij Kara | B: Boris Vasil’ev, nach seiner Erzählung | K: Vadim Semënovyč | D: Sergej Nikonenko, Nina Ruslanova, Vera Alëntova, Irina Čeričenko, Na- Vlast’ Soloveckaja (Die Macht von Solovkij) | SU 1988 | R+K: Marina Goldovskaja | B: Viktor Listov, Dmitrij Čukovskij | M: Nikolaj Karetnikov, Marianna Krutojarskaja | 91 min | OmU – Die Öffnung der Archive und verbotenen Stätten, die mit der Glasnost und Perestroika einherging, machte auch diesen berührenden Dokumentarfilm über das erste »Sonderlager« möglich, das die OGPU (später KGB) zur Verfolgung der »Feinde des Volkes« und politischer Oppositioneller eingerichtet hatte. Die Regisseurin verwendet unter anderem einen Propagandafilm von 1928, der die Umerziehung im Lager glorifiziert, das keineswegs geheim war. Auch fanden sich noch lebende Augenzeugen, die mit dem stummen Propagandafilm konfrontiert werden, sich an die dort tatsächlich herrschenden Zustände erinnern – und erstmals öffentlich zu Wort kommen. Goldovskaja ist in den 1970ern zur ersten großen Dokumentarfilmautorin und -kamerafrau der Sowjetunion geworden und arbeitet heute in Los Angeles. ▶ Dienstag, 3. Juni 2014, 21.00 Uhr ▶ Dienstag,10. Juni 2014, 21.00 Uhr Posetitel’ muzeja (Der Museumsbesucher) | SU 1989 | R+B: Konstantin Lopušanskij | K: Nikolaj Pokopzev | M: Viktor Kisin, Al’fred Šnitke | D: Viktor Michailov, Vera Majorova-Zemskaja, Vadim Lobanov, Irina Rakšina, Aleksandr Rasinskij | 136 min | OmU – Nach dem Erfolg seines Erstlingswerks PIS’MA MËRTVOGO ČELOVEKA (BRIEFE EINES TOTEN, 1986) gewann Lopušanskij mit diesem zweiten Film 1989 den Spezialpreis der Jury des Moskauer Filmfestivals. Hier wird die Zukunft statt als nukleare als ökologische Katastrophe der Zerstörung unseres Planeten thematisiert: Die letzten überlebenden Menschen mutieren und hausen in einer Müllkippen- und Ruinenunterwelt. Und das Leben über der Erde ist genauso die Hölle. Mit religiösen Untertönen diskutiert der Film Fragen von Schuld und Sühne sowie einen selbstzerstörerischen wissenschaftlich-industriellen Fortschrittsglauben. ▶ Dienstag, 17. Juni 2014, 21.00 Uhr Zamri, umri, voskresni! (Halte still – Stirb – Erwache) | SU 1989 | R+B: Vitalij Kanevskij | K: Vladimir Bryljakov | M: Sergej Banevič | D: Dinara Drukarova, Pavel Nazarov, Elena Popova, Valerij Ivčenko, Vjačeslav Bambušek | 105 min | OmU – Ein Gulag-Film der anderen Art, aus der Perspektive der jüngsten Opfer. Der Titel verweist auf ein Kinderspiel, und die Hauptfiguren des Films sind auch zwei Kinder – Valer’ka und Galja. Sie leben in einer Bergwerksstadt, einer tyrannischen und gesetzlosen Zone innerhalb des Lagersystems. Sie kommen mit dem Leben zurecht und sind sich nahe, bis Valer’ka die Stadt verlassen muss. Weit im Osten, in Vladivostok fällt er einer kriminellen Bande zum Opfer, Galja rettet ihn, aber die Bande verfolgt sie. Obwohl in diese Abenteuerhandlung verpackt, ist der Film in der Sowjetunion sofort als Metapher für die allgemeinen Lebensbedingungen verstanden worden und wurde 1990 in Cannes als bester Debütfilm ausgezeichnet. ▶ Dienstag, 24. Juni 2014, 21.00 Uhr Taksi-Bljuz (Taxi-Blues) | SU 1990 | R+B: Pavel Lungin | K: Denis Evstigneev | M: Jurij Kuznecov, Vladimir Čekasin | D: Petr Saičenko, Pëtr Mamonov, Vladimir Kašpur, Natal’ja Koljakanova, Elena Safonova | 110 min | OmU – Der Taxifahrer Ivan glaubt an Recht und die sowjetische Ordnung und beäugt misstrauisch die Reformen der Perestroika. Lëša hingegen ist ein dem Alkohol ergebener Saxophonist, der sich treiben lässt. Ihre Begegnung hat Folgen, ihre unterschiedlichen Lebensphilosophien prallen aufeinander, eine Hassliebe entsteht. Als sowjetische Reminiszenz an TAxI DRIVER angelegt, mit der Energie und dem Irrsinn der Metropole Moskau, als »Mischung von Grausamkeit und Humor« (Lungin). Der sowjetische Popstar Pëtr Mamonov spielte die Musiker-Hauptrolle; der Film war eine frühe Koproduktion mit dem Westen, so wie sie in der Folge durch gelockerte Regelungen häufiger zu finden waren. Lungin hatte schon länger als Drehbuchautor gearbeitet, bevor diese erste Regiearbeit 1990 in Cannes die Goldene Palme bekam und international großen Erfolg hatte. ▶ Freitag, 27. Juni 2014, 21.00 Uhr Kino der Perestroika Dni zatmenija (Tage der Finsternis) | SU 1988 | R: Aleksandr Sokurov | B: Jurij Arabov, Arkadij Strugackij, Boris Strugackij, nach der Strugackij-Erzählung »Eine Milliarde Jahre vor dem Ende der Welt« | K: Sergej Jurizdickij | M: Jurij Chanon | D: Aleksej Ananišnov, Ėskender Umarov, Irina Sokolova, Vladimir Zamanskij, Sojun Amangel’dyev | 135 min | OmU – Ein junger Arzt zieht sich freiwillig ins Exil einer kleinen turkmenischen Wüstenstadt zurück. Er erforscht den Zusammenhang zwischen körperlicher Gesundheit und seelischem Wohlbefinden. Der handlungsarme Film zielt eher auf Philosophisches, verwischt die Grenzen zwischen Realem und Surrealem – und das mit grandiosen filmischen Stilmitteln. Das ganze Dutzend von Sokurovs Spiel- und Dokumentarfilmen seit 1978 wurde auf Eis gelegt und war erst seit der Wende 1987 zu sehen. DNI ZATMENIJA war der erste, den er ohne Widerstände und sogar mit großem Wohlwollen der neuen Macht realisieren konnte. 9 Deutsche Filme 2013 Deutsche Filme 2013 10 Das Kinojahr 2013 war für die deutsche Filmwirtschaft sehr erfolgreich: Komödien mit Elyas M’Barek (FACK JU GÖHTE), Matthias Schweighöfer (SCHLUSSMACHER, FRAU ELLA) und Til Schweiger (KOKOWÄÄH 2), Kinderfilme nach erfolgreichen Buchvorlagen (FÜNF FREUNDE 2, HANNI & NANNI 3, DIE VAMPIRSCHWESTERN) und international vermarktete Bestsellerverfilmungen (FEUCHTGEBIETE, NACHTZUG NACH LISSABON, DER MEDICUS) trieben den Marktanteil des deutschen Films in unerwartete Höhen. Doch was waren die wirklich interessanten, innovativen und künstlerisch relevanten deutschen Filme des letzten Jahres? Wir haben wieder drei Filmkritiker gefragt, Rainer Gansera (Süddeutsche Zeitung), Ralf Schenk (DEFA-Stiftung) und Christiane Peitz (Tagesspiegel), ihre Favoriten zu benennen. Anders als im Vorjahr, als OH BOY zum Liebling der Kritiker und des Publikums avancierte und zahlreiche Preise gewann, gibt es 2013 keinen herausragenden Film, der alle hinter sich eint. Dies unterstreicht auch die Auswahl unserer Kritiker: Von den zwölf ausgewählten Filmen ist kein einziger von allen drei genannt worden, und nur drei der Filme haben zwei Stimmen erhalten. Erstmals finden sich in der Auswahl zwei österreichische Filme, die in deutscher Koproduktion entstanden sind und auf deutschen Filmfestivals uraufgeführt bzw. preisgekrönt wurden. Von den nachfolgend aufgelisteten vollständigen Top 10-Listen der Kritiker wurden jeweils die ersten vier Titel berücksichtigt, durch Überschneidungen kam dann jeweils meist noch ein fünfter Titel hinzu. Rainer Gansera: 1 Staub auf unseren Herzen, 2 Eltern, 3 Quellen des Lebens, 4 Hannah Arendt, 5 König von Deutschland, 6 Mansfeld, 7 Ich fühl mich Disco, 8 Houston, 9 Haialarm am Müggelsee, 10 Zwei Leben. Ralf Schenk: 1 Houston, 2 Der Glanz des Tages, 3 Die andere Heimat, 4 Master of the Universe, 5 Kohlhaas oder die Verhältnismäßigkeit der Mittel, 6 MansFeld, 7 Finsterworld, 8 Kopfüber, 9 Gold, 10 Naked Opera. Christiane Peitz: 1 Die andere Heimat, 2 Paradies: Glaube, 3 Paradies: Liebe, 4 Halbschatten, 5 Das merkwürdige Kätzchen, 6 Hannah Arendt, 7 Gold, 8 Schlussmacher, 9 Vaters Garten, 10 Die Frau des Polizisten. Quellen des Lebens | D 2013 | R+B: Oskar Roehler, nach seinem Roman »Herkunft« | K: Carl-Friedrich Koschnick | M: Marin Todsharow | D: Jürgen Vogel, Meret Becker, Moritz Bleibtreu, Lavinia Wilson, Sonja Kirchberger | 173 min – Das Familienepos, das Oskar Roehler ausgehend von seinem autobiografischen Roman »Herkunft« erzählt, durchquert drei Generationen, drei Liebesgeschichten und drei Tonarten: Groteske, Tragödie und Romanze. Westdeutsche Nachkriegsgeschichte 1949 bis 1979. Wie die Produktion von Gartenzwergen wieder in Gang kommt, wie Neureiche des Wirtschaftswunders ihren Luxus zur Schau stellen, und wie die Kinder des Wohlstands an der bürgerlichen Ordnung rütteln. Robert, Roehlers alter ego und Ich-Erzähler, liebt die Großeltern, hasst die Eltern – sie sind Schriftsteller und wahre Ego-Monster – und feiert seine Jugendliebe mit Hippiezauber. Tolles Kaleidoskop aus Erinnerung, deutscher Zeitgeschichte und Fantasie. Brillante Darsteller. Große erzählerische Geste. (Rainer Gansera) ▶ Mittwoch, 19. Februar 2014, 18.30 Uhr ▶ Freitag, 21. Februar 2014, 21.00 Uhr Eltern | D 2013 | R: Robert Thalheim | B: Robert Thalheim, Jane Ainscough | K: Henner Besuch | M: Uwe Bossenz, Anton Feist | D: Charly Hübner, Christiane Paul, Clara Lago, Paraschiva Dragus, Emilia Pieske | 96 min – So feinnervig und fulminant wurde im deutschen Kino die Krise der modernen Familie, in der die traditionellen Elternrollen vertauscht sind, noch nie gezeichnet. In jeder Erzählfaser ist spürbar, dass Robert Thalheim aus eigenen Erfahrungen schöpft. Mama Christine bringt als Oberärztin das Geld nach Hause. Vater Konrad hat seinen Beruf als Theaterregisseur an den Nagel gehängt, um sich ganz der Erziehung der Kinder (zwei Töchter) zu widmen. Jetzt aber erhält Kon- rad eine neue berufliche Chance und schon gerät das Familienkarussell ins Trudeln. Die Eltern streiten: Wer hat den wichtigeren Job? Wer bringt die »größeren Opfer«? Der Film fragt: Was sollte für Eltern das Wichtigste sein?, und antwortet, indem er sich komplizenhaft mit den Kindern verbündet. (Rainer Gansera) ▶ Samstag, 22. Februar 2014, 21.00 Uhr ▶▶ Dienstag, 25. Februar 2014, 18.30 Uhr Houston | D 2013 | R+B: Bastian Günther | K: Michael Kotschi | M: Michael Rother | D: Ulrich Tukur, Garret Dillahunt, Wolfram Koch, Jenny Schily, Jason Douglas | 107 min – Trunschka ist müde. Und besessen von seinem Job. Weil er Angst hat zu versagen, trinkt er zu viel. Doch mit glasigem Blick sieht seine Welt noch viel nüchterner aus als sie sowieso schon ist. Bastian Günthers Film HOUSTON folgt einem Headhunter auf dessen Reise nach Amerika. Dort soll er den Vorstandsvorsitzenden eines texanischen Ölkonzerns abwerben. Und läuft ins Leere. Landet im Straßengraben. Ulrich Tukur war im Kino selten so gut wie hier: die Psychostudie eines Ausgebrannten. Und fast beiläufig ein veritabler Wirtschafts-Thriller. Deutsches Kino, das die Bauchnabel-Perspektive verlässt und sich zum Weltund Gesellschaftsbild verdichtet. (Ralf Schenk) ▶ Sonntag, 23. Februar 2014, 21.00 Uhr Die andere Heimat – Chronik einer Sehnsucht | D 2013 | R: Edgar Reitz | B: Edgar Reitz, Gert Heidenreich | K: Gernot Roll | M: Michael Riessler | D: Jan Dieter Schneider, Antonia Bill, Maximilian Scheidt, Marita Breuer, Rüdiger Kriese, Philine Lembeck | 225 min – Jakob lernt Indianersprachen, will weg aus Schabbach. Im Hunsrück herrscht bittere Armut anno 1842, viele wandern aus, nach Brasilien. Die Trecks der Bauern Deutsche Filme 2013 Staub auf unseren Herzen | D 2012 | R+B: Hanna Doose | K: Markus Zucker | M: Florian Loycke | D: Susanne Lothar, Stephanie Stremler, Oskar Böckelmann, Michael Kind, Florian Loycke | 91 min – »Ich wollte von einem Mutter-Tochter-Konflikt erzählen, weil mir im Freundeskreis diese Mütter aufgefallen sind, die so herrisch sind und ihre eigenen Unsicherheiten auf die Kinder übertragen«, erklärte Hanna Doose zu ihrem auf zahlreichen Festivals prämierten Spielfilmdebüt. Die Rückhaltlosigkeit, mit der die DFFB-Absolventin das Peinigende des Konflikts erforscht, wird mit darstellerischem Witz ausbalanciert. Susanne Lothar, die 2012 verstarb, in einer ihrer letzten Rollen als eine kontrollsüchtige Mutter, die gleichwohl liebevoll gezeichnet wird. In faszinierend eigenwilliger Manier verkörpert Stephanie Stremler Tochter Kathi, die sich in Berlin als Möchtegern-Schauspielerin durchschlägt, durch kuriose Castings und Flirts schlingert und ihr Credo »Ich kann mich nicht verstellen« trotzköpfig behauptet. (Rainer Gansera) 11 Deutsche Filme 2013 am Horizont rhythmisieren diese »Chronik einer Sehnsucht«, eine Reise in jene Zeit, als Deutschland so arm war wie Anatolien heute: Jakob ist ein Vorfahre der Simons aus Edgar Reitz’ 30-teiliger HEIMAT-Trilogie. Kameramann Gernot Roll bettet die Figuren in eine weite, mythische Landschaft ein. Die Zeit wird zum Raum, in Cinemascope, schwarzweiß mit Farbeinsprengseln. Und der weitgereiste Werner Herzog trifft als Alexander von Humboldt einen Bauern am Feldrand: Reitz, der immer Daheimgebliebene, in einem Kurzauftritt. Ein großer, heiterer Moment der deutschen Filmgeschichte. (Christiane Peitz) globalen Finanzzirkus, gibt Auskunft über sein einstiges Banken-Universum. Wie kam es zur großen Krise? Woher rührt die skrupellose Gier? Warum flog uns das System (fast) um die Ohren? Und was machen Macht und Geld aus den Menschen? Marc Bauder regt seinen Helden zu Offenheit und Wahrheit an, und doch bleibt die Frage, wie viel gibt Voss wirklich von sich und den anderen preis? Kameramann Börres Weiffenbach fotografiert die Ein-Mann-Performance in einem leeren, kalten Bürohaus in Frankfurt am Main: Architektur als Seelenlandschaft. (Ralf Schenk) 12 ▶ Mittwoch, 26. Februar 2014, 18.30 Uhr | Zu Gast: 5. März 2014, 18.30 Uhr Edgar Reitz Der Glanz des Tages | Österreich/D 2012 | R: Tizza Covi, Rainer Frimmel | B: Tizza Covi, Rainer Frimmel, xaver Bayer | K: Rainer Frimmel | D: Philipp Hochmair, Walter Saabel, Vitali Leonti | 90 min – Der Artist Walter besucht seinen berühmten Neffen, den Schauspieler Philipp, in Hamburg. Und plötzlich reiben sich zwei Lebenshaltungen: Walter engagiert sich für die Menschen seiner Umgebung, Philipp ist ganz der Kunst verpflichtet, und seinem Ego, was sich in der grenzenlosen Sucht ausdrückt, perfekt zu sein. Ein Film, dessen grobe inhaltliche Strukturen zwar von den Regisseuren vorgegeben wurden, der dann aber bei frei improvisiertem Spiel entstand. Leicht, lebendig und mit leiser Heiterkeit. Berührend dicht und intensiv. (Ralf Schenk) ▶ Freitag, 28. Februar 2014, 21.00 Uhr Master of the Universe | D 2013 | R+B: Marc Bauder | K: Börres Weiffenbach | M: Bernhard Fleischmann | Mit Rainer Voss | 95 min – Rainer Voss, Investmentbanker im Ruhestand und ehemaliger Protagonist des ▶ Samstag, 1. März 2014, 21.00 Uhr ▶▶ Mittwoch, Kohlhaas oder die Verhältnismäßigkeit der Mittel | D 2012 | R+B: Aron Lehmann | K: Cristian Pirjol | M: Boris Bojadzhiev | D: Robert Gwisdek, Jan Messutat, Thorsten Merten, Rosalie Thomass, Michael Fuith | 90 min – Regisseur Lehmann will Kleists »Michael Kohlhaas« verfilmen. Doch im letzten Moment springen die meisten Förderer ab. Was bleibt, ist Improvisation. Aus diesem Insider-Stoff formt Aron Lehmann ein tragikomisches Abenteuer, eine Farce, in der die Grenzen zwischen Realität und Fiktion verschwimmen und plötzlich neue, tiefe Wahrheiten zum Vorschein kommen. Robert Gwisdek als junger »Spielleiter« im Kampf gegen die Filmbürokratie, die Tücken des Drehalltags und die Extravaganzen seiner Mannschaft. Insgesamt ein Kinodebüt, das neugierig macht auf die nächsten Filme des Regisseurs. (Ralf Schenk) ▶ Sonntag, 2. März 2014, 21.00 Uhr Paradies: Glaube | Österreich/D 2013 | R: Ulrich Seidl | B: Ulrich Seidl, Veronika Franz | K: Edward Lachman, Wolfgang Thaler | D: Maria Hofstätter, Nabil Saleh, Na- ▶ Freitag, 7. März 2014, 21.00 Uhr 11. März 2014, 18.30 Uhr ▶▶ Dienstag, Das merkwürdige Kätzchen | D 2013 | R+B: Ramon Zürcher | K: Alexander Haßkerl | D: Jenny Schily, Anjorka Strechel, Mia Kasalo, Luk Pfaff, Matthias Dittmer | 72 min – Sonnabend in einer Berliner Altbauwohnung. Die erwachsenen Kinder sind angereist, die Großmutter wird vom Bahnhof abgeholt, man bereitet das Essen vor, am Abend kommt die Verwandtschaft. Alle reden, keiner hört zu: Ramon Zürcher hat ein Familienkammerspiel mit Hund und Katze gedreht, in dem auch die Dingwelt eine stille Magie entwickelt. Das Spielfilmdebüt des DFFB-Absolventen ist unübersehbar vom Minimalismus der Berliner Schule geprägt. Aber der Regisseur entwickelt etwas eigenes daraus. Eine Bewegung löst die andere aus, wie Billardkugeln, sagt Zürcher. Gesichter, Geschichten, Gelächter, Gesten – eine Fingerübung. Und ein zauberhaftes Stück Kino, wie es selten vorkommt in Deutschland. (Christiane Peitz) ▶ Sonntag, 9. März 2014, 21.00 Uhr ▶▶ Dienstag, 18. März 2014, 18.30 Uhr Halbschatten | D 2013 | R+B: Nicolas Wackerbarth | K: Reinhold Vorschneider | M: Olivier Mellano | D: Anne Ratte-Polle, Leonard Proxauf, Emma Bading, Maren Kroymann, Lou Castel | 80 min – Merle, eine junge deutsche Schriftstellerin, kommt in eine Ferienvilla an der Côte d’Azur. Der Freund ist nicht da, nur dessen Kids, halbwüchsige, missmutige Gören. Merle wartet im milchigen Sonnenlicht, tagelang. Nicolas Wackerbarth, Mitherausgeber der Filmzeitschrift Revolver, nennt HALBSCHATTEN einen »Thriller über ereignislose Tage« und setzt mit dokumentarischem Feinsinn die Beziehungsdynamik in Szene, die Merles Aufkreuzen in Gang setzt. Mit stiller Identität spielt Anne Ratte-Polle diese Frau, die sich aus ihrem Ich davonstiehlt und sich Zeit lässt, ein neues zu formen. (Christiane Peitz) Hannah Arendt | D 2012 | R: Margarethe von Trotta | B: Pam Katz, Margarethe von Trotta | K: Caroline Champetier | M: André Margenthaler | D: Barbara Sukowa, Janet McTeer, Julia Jentsch, Axel Milberg | 113 min – Margarethe von Trotta konzentriert sich auf die dramatischste Epoche im Leben der philosophisch-politischen Denkerin, auf die Zeit um 1961, als ihr Bericht vom Eichmann-Prozess entstand und einen Sturm der Polemik entfachte. Die Streitgespräche bilden vibrierende Spannungsbögen und so gelingt, was im Kino selten gelingt: die packende Schilderung einer geistigen Auseinandersetzung in all ihren persönlichen und gesellschaftlichen Facetten. (Rainer Gansera) ▶ Samstag, 8. März 2014, 21.00 Uhr ▶▶ Mittwoch, ▶ Freitag, 14. März 2014, 21.00 Uhr ▶▶ Mittwoch, 12. März 2014, 18.30 Uhr 19. März 2014, 18.30 Uhr Deutsche Filme 2013 talya Baranova, Rene Rupnik, Daniel Hoesl | 114 min – Sex, sagt der österreichische Filmemacher Ulrich Seidl, ist intimer als Beten. PARADIES: GLAUBE, der mittlere Teil seiner Trilogie über Frauen auf der Suche nach Liebe, ist einer Missionarin gewidmet, einer erzkatholischen Wienerin, die mit »Wandermuttergottes« in Wiens Problembezirken unterwegs ist, um die Gottlosen zu bekehren. Eine Büßerin und Himmelsbraut: Zu Hause geißelt sie sich mit einem Martergürtel, nimmt ihr geliebtes Kruzifix mit unter die Bettdecke und trägt den Ehekrieg mit ihrem muslimischen Mann als Glaubenskrieg aus. Ein Kleinbürger-Stillleben in streng symmetrischen Tableaus: Großartig, mit welcher Hingabe Hauptdarstellerin Maria Hofstätter das bizarre Martyrium ihrer Figur zelebriert. (Christiane Peitz) 13 Erblast NS Erblast NS: Erinnerung & Gedächtnis AUS EINEM DEUTSCHEN LEBEN 14 In den letzten drei Jahrzehnten ist die deutsche Erinnerungskultur zum Nationalsozialismus, seinen Tätern und Opfern, mit einer Fülle von Initiativen, Gedenkstätten und Programmen aufgebaut worden. Doch wie kann das Erinnern angesichts des fortschreitenden Verstummens der Zeitzeugen lebendig gehalten werden? Diejenigen, die aus eigenem Erleben erzählen können, werden immer weniger, während die Erinnerungskultur mit ihrer eigenen Mediatisierung konfrontiert ist. Die medial gebrochene Vermittlung riskiert stets ihre Glaubwürdigkeit, weil der Eindruck der Unmittelbarkeit verloren geht. Das ist im Grunde kein neues Problem, denn auch als die Zeitzeugen noch zahlreicher waren, herrschte kein Mangel an Narrativierung und Mediatisierung. Es ist heute lediglich drängender geworden. Diesem Problem können sich Filmemacher auf ganz unterschiedliche Weise nähern. Eine Methode besteht darin, minutiöse historische Recherche zu betreiben, Quellen und Sekundärliteratur detailliert auszuwerten, und die Problematik des Narrativierens dann offensiv anzugehen, gewissermaßen frontal, indem man die Resultate in Form eines narrati- ven Spielfilms vorlegt. So ist in der Form selber die Auseinandersetzung mit der Erzählproblematik möglich. Diesen Weg wählte Theodor Kotulla mit seinem Film AUS EINEM DEUTSCHEN LEBEN, und dessen Protagonist mit seinem Sinn für »Ruhe, Ordnung und vor allem Sauberkeit« ist gleichsam »der Idealtyp eines totalen, Gefühl und Gewissen abtötenden Untertanen, eines im übrigen arbeitstüchtigen, ehrgeizigen, pflichtbewussten Nationalisten, dem in allzu vielen Fällen blinde Autoritätsgläubigkeit der erste und oberste Wert bedeutet.« (Leo Schönecker). Eine ganz andere Möglichkeit, die sich im Dokumentarfilm bietet, ist die, sich gerade dem Übergang des Erzählens von einer Generation auf die andere zu widmen, und zwar dort, wo dieser Übergang besonders belastend ist: unter den Nachkommen derjenigen, die zu den bekanntesten Tätern zählen. Chanoch Ze’evi, selber ein Enkel von Holocaust-Überlebenden, sprach für HITLER’S CHILDREN mit Kindern, Enkeln, Großnichten derjenigen, deren Namen gewissermaßen Chiffren für den Nationalsozialismus sind. Sie alle sind sich ihrer Verantwortung bewusst und setzen sich mit ihr ausei- Bei beiden Dokumentarfilmen werden Beteiligte und Historiker zur Diskussion anwesend sein. In Zusammenarbeit mit der evangelischen Stadtakademie München. Götz George, Elisabeth Schwarz, Kurt Hübner, Sigurd Fitzek, Hans Korte | 145 min – »Der Film schildert charakteristische Situationen und entscheidende Stationen aus dem Leben des KZ- Kommandanten Rudolf Höß (geb. 1900), der sich nach dem Zusammenbruch unter dem Namen Franz Lang versteckt hielt, 1946 von den Engländern in Schleswig-Holstein entdeckt, an Polen ausgeliefert und dort 1947 hingerichtet wurde. Man merkt dem Film eine außerordentlich sorgfältige und verantwortungsbewusste Vorarbeit an, so dass die oft kleinste Details beobachtende und überzeugend markierende Geschichtsstudie auch als Spielfilm ein zweifellos gültiges, ja allgemeintypisches Porträt eines Mannes ergeben hat, der kaum einmal wie ein anormaler Sonderling oder gar als psychopathischer Menschenverächter und Massenmörder wirkt, sondern ›nur‹ als konsequenter Gefolgsmann erscheint, als uneingeschränkter Befehlsempfänger, dem jedes Empfinden für Alternativen fehlt.« (Leo Schönecker) ▶ Samstag, 22. Februar 2014, 18.00 Uhr ▶ Freitag, 21. Februar 2014, 18.00 Uhr | Zu Gast: Niklas Anfang aus dem Ende. Die Flakhelfergeneration | D 2013 | R: Aleida Assmann | B: Aleida Assmann, David Assmann | K: Miriam Troescher | M: Jan Assmann | Mit Hermann Frech, Carl Heupel, Julika Jenkins, Jürgen Moltmann, Monelle Picard | 85 min – »Der Zweite Weltkrieg ist im Begriff, aus dem Zeitzeugengedächtnis zu verschwinden. Zu den noch Lebenden gehört die sogenannte ›Flakhelfergeneration‹. Sie umfasst die Jahrgänge 1926-29, die in den letzten Kriegsjahren von der Schulbank an die Flugabwehrkanonen abkommandiert wurden. Der Dokumentarfilm zeichnet ein Porträt dieser Generation und lässt sie aus ganz unterschiedlichen Perspektiven ihre Geschichte erzählen. In dieser sehr persönlichen Geschichtsstunde werden Lebensgeschichten und historische Zusammenhänge anschaulich.« (Jutta Höcht-Stöhr) Die Jahrgänge, die hier zu Wort kommen, wurden bislang kaum als Zeitzeugen befragt, da sie weder klassischen Täter- noch Opfergruppen angehören. Der Film profitiert von dem Entschluss, sich nur wenigen Personen intensiv zu widmen. Zugleich offenbaren die Befragten eine enorme Bandbreite an weltanschaulichen Haltungen und unterschiedlicher Reflexionsbereitschaft. Frank, Dirk Riedel ▶ Donnerstag, 20. März 2014, 19.00 Uhr | Zu Gast: Hitler’s Children (Meine Familie, die Nazis und ich) | Israel 2011 | R+B: Chanoch Ze’evi | K: Yoram Millo | M: Ophir Leibovitch | Mit Bettina Göring, Katrin Himmler, Monika Hertwig, Rainer Höß, Eldad Beck, Niklas Frank, Adi Piper | 80 min | OmeU – »Hermann Göring, Rudolf Höß, Heinrich Himmler und Amon Göth, ihre Namen stehen für die grauenhaften Verbrechen des Nationalsozialismus. ›Wie viel Mörder steckt in mir?‹ fragt sich nicht nur Monika Hertwig, Tochter des Plaszower KZ-Kommandanten Amon Göth. Katrin Himmler, Großnichte des ›Reichsführers-SS‹, ist mit einem Israeli verheiratet und setzt auf die bewusste Konfrontation, um die Scham zu überwinden. Chanoch Ze’evi holt zudem Bettina Göring, Großnichte des Reichsmarschalls, und Niklas Frank, Sohn des ›Schlächters von Polen‹, vor die Kamera. Mit Rainer Höß, Enkel des Kommandanten, reist er sogar nach Auschwitz und zeigt das Zusammentreffen mit den Nachkommen der jüdischen Opfer. Eine intensive, schmerzliche Auseinandersetzung.« (Andrea Naica-Loebell) Aleida Assmann, Bernhard Gotto Aus einem deutschen Leben | BRD 1977 | R+B: Theodor Kotulla, nach dem Roman »La mort est mon métier« von Robert Merle und den autobiografischen Aufzeichnungen »Kommandant in Auschwitz« von Rudolf Höß | K: Dieter Naujeck | M: Eberhard Weber | D: Erblast NS nander, doch jeder geht damit anders um – mal hoch reflektiert und analytisch, mal fast sentimental, mal verwundet und konfrontativ. Verschiebt sich damit der Fokus weg von den Eltern/Tätern hin zu den Nachkommen, und wenn ja, ist das etwas Schlechtes? Ein Weg, der direkt aus dem Verschwinden der Zeitzeugen erwächst, ist die Erweiterung des Kreises der Befragten. Könnte vielleicht gerade dort, wo man bisher nicht suchte, Neues, Aufschlussreiches, Repräsentatives zu finden sein? Die weniger spektakulären Schicksale in Aleida Assmanns ANFANG AUS DEM ENDE. DIE FLAKHELFERGENERATION erlangen eine eigene Form von Allgemeingültigkeit. Teils mit erstaunlicher Offenheit und Unbefangenheit erzählen die Befragten von ihrer Jugend am Ende des Krieges, und fast nebenbei zeigt sich, dass der Besuch einer »Hitlerschule« Persönlichkeiten stärker fürs Leben prägen kann als die späteren Kriegserlebnisse. Christoph Michel 15 Film und Psychoanalyse Film und Psychoanalyse: Girl Meets Boy BRINGING UP BABy 16 Von Billy Wilder soll die Anekdote stammen, dass er oft im Traum spannende Filmideen gehabt, sie aber am Morgen nicht mehr erinnert habe. Einmal notierte er in der Nacht so einen Traum – und als er ihn in der Früh las, stand da: »Boy meets girl«. Liebesfilme haben eine gute Publikumsresonanz, zumal die Zuschauer sich leicht mit den Protagonisten identifizieren und entsprechend intensive Gefühle miterleben: Verliebtheit, Verschmelzung mit dem oder der Geliebten, das Glück, wenn alles gut läuft und die Verzweiflung, wenn es schief geht. »Boy meets girl«, das impliziert, dass die aktive Rolle beim Mann liegt. Er wählt, und das Girl lässt sich wählen. Die Rollenverteilung ist klar. Um das ein bisschen unklarer zu machen, kehren wir in dieser Staffel unserer Reihe »Film und Psychoanalyse« den berühmten Satz um und zeigen Filme, in denen die Liebesbegegnung von der Frau ausgeht. Frauenfiguren, die selbstbewusst lieben und wählen, die für ihre Liebe kämpfen, gelten aber nicht nur als stark oder emanzipiert, sondern auch als irgendwie unheimlich oder verschroben, stiften Verwirrung oder leiten bestürzende Abenteuer ein. Vivian Pramataroff-Hamburger Bringing up Baby (Leoparden küsst man nicht) | USA 1938 | R: Howard Hawks | B: Dudley Nichols, Hagar Wilde | K: Russell Metty | M: Roy Webb | D: Katharine Hepburn, Cary Grant, Charles Ruggles, Walter Catlett, Barry Fitzgerald | 102 min | OmU – Dieser Film als die screwball comedy schlechthin, der Klassiker der »girl meets boy«-Filme, strotzt nur so vor lauter unkorrekten Anzüglichkeiten. Cary Grant als verschrobener Wissenschaftler muss für seine frevelhaft libidinöse Besetzung eines Dinosaurierknochens büßen, indem er vom »rich and crazy girl« Katharine Hepburn aus seinem seelischen Gleichgewicht, seiner Verlobung und seiner musealen Ordnung der Dinge gekippt wird. Der widerstrebende Mann trifft hier auf die Frau, die wie selbstverständlich über ihn verfügt, der Verlust der männlichen Würde entspricht der Kapitulation vor der Willensstärke der Frau. Das enorme Filmtempo steht für die ausgelebte Botschaft der stets quirliger als der Mann agierenden Frau: »Du, der du dir einbildest, mich nicht zu lieben – lass alle Hoffnung fahren!« ▶ Sonntag, 23. Februar 2014, 17.30 Uhr | Einführung: Salek Kutschinski, Mathias Lohmer ▶ Sonntag, 23. März 2014, 17.30 Uhr | Einführung: Irmgard Nagel, Katharina Leube-Sonnleitner I girasoli (Sonnenblumen) | Italien 1970 | R: Vittorio De Sica | B: Tonino Guerra, Cesare Zavattini | K: Giuseppe Rotunno | M: Henri Mancini | D: Marcello Mastroianni, Sophia Loren, Ljudmila Saveleva, Galina Andrejeva, Anna Carena | 107 min | OmeU – Giovanna verliebt sich stürmisch in Antonio und heiratet ihn vom Fleck weg, damit er nicht sofort zum Militär eingezogen wird. Nach zwölf Honeymoon-Tagen muss Antonio jedoch an die russische Front und kommt nie wieder zurück. Er gilt als verschollen. Giovanna wartet auf ihn, fest überzeugt, dass er am Leben ist. Nach vielen Jahren des Wartens reist sie in die Sowjetunion, um ihn dort zu suchen. Tatsächlich findet sie ihn – mit einer anderen Frau. Giovanna, die mit ihm nur den wilden Honeymoon, aber kein Leben hatte, will und kann nicht mit der fürsorglichen Frau, die auch Mutter ist, um ihren Mann kämpfen. Sie verzichtet auf ihre große Liebe. Aber nun wird Antonio zum Suchenden. Als er sie zuhause in Italien wiederfindet, ist Giovanna mit einem neuen Mann liiert und hat ein Kind. Der Film geht dem Wandel der »klassischen« Geschlechterrollen von Weiblichkeit und Männlichkeit nach und ihrer Dekonstruktion. ▶ Sonntag, 27. April 2014, 17.30 Uhr | Einführung : Vi- vian Pramataroff-Hamburger Something Wild (Gefährliche Freundin) | USA 1986 | R: Jonathan Demme | B: E. Max Frye | K: Tak Fujimoto | M: John Cale, Laurie Anderson | D: Melanie Griffith, Jeff Daniels, Ray Liotta, Leib Lensky, Tracey Walter | 114 min | OmU – Nach einem Besuch in einem Diner konfrontiert die faszinierend-irritierende, schwarzgekleidete und schmuckbehangene Lulu den biederen Steuerberater Charlie damit, dass er die Rechnung nicht bezahlt hat. Wir Zuschauer ahnen sofort, was Charlie bald erfährt: Dieser Frau geht es nicht um Gerechtigkeit. Ihr Verhältnis zu sozialen Konventionen jeder Art ist mehr als prekär. Sie verwickelt Charlie erst in Sexspiele, dann, im Rahmen eines turbulenten Roadmovies, in ihr Vexierspiel mit der Identität: Sie wechselt bei einem Besuch in ihrer provinziellen Heimatstadt Namen und Erscheinung. Aber auch Charlie ist nicht ganz der, der er zu sein scheint und entwickelt im Film ungeahnte Eigenschaften und Fähigkeiten, vor allem in der Auseinandersetzung mit dem Gangster Ray, der plötzlich aus Lulus Vergangenheit auftaucht. ▶ Sonntag, 25. Mai 2014, 17.30 Uhr | Einführung: Mat- thias Baumgart, Eva Friedrich Film und Psychoanalyse Un amor (Eine Liebe fürs Leben) | Argentinien 2011 | R: Paula Hernández | B: Leonel D’Agostino, Paula Hernández, nach der Kurzgeschichte von Sergio Bizzio | K: Guillermo Nieto | M: Axel Krygier | D: Diego Peretti, Elena Roger, Luis Zirmbrowski, Alan Dalca, Denise Groesman, Agustin Pardella, Santiago Rovito | 99 min | OmU – Argentinien in den 1970er Jahren: Bruno und Lalo sind 16 Jahre alt und dicke Freunde. In ihrem kleinen Dorf nahe Buenos Aires passiert nicht viel, bis Lisa, ein kapriziöses, selbstbewusst-freches Mädchen, in die Gemeinde zieht und die männliche Dorfjugend ganz schön durcheinander wirbelt. Die beiden jungen Männer verfallen dieser verspielten jungen Frau, die klar den Ton angibt. Dann verschwindet Lisa ohne Vorankündigung mit ihren Eltern. Dreißig Jahre später taucht sie völlig unerwartet wieder auf. Regisseurin Hernández springt in ihrer Erzählweise zwischen der Jugendzeit und dem Jetzt, in dem die erotische Spannung ungleich höher ist. Die beiden Männer sind daran, noch einmal den Verstand zu verlieren. Der zart und leichthändig komponierte Film porträtiert drei unterschiedliche Lebensentwürfe, die so fragil wie authentisch sind. 17 18 Zum Jahresende 2013 hin feierte eines der ältesten und größten Filmarchive der Welt seinen 70. Geburtstag: das Nationale Filmarchiv (NFA) in Prag. Es wurde während des Zweiten Weltkriegs im Jahre 1943 gegründet. Der Träger war die damalige Dachverbandsorganisation der tschechischen Filmindustrie, die Böhmisch-Mährische Filmzentrale (Českomoravské filmové ústředí), die direkt dem Amt des Reichsprotektors untergeordnet war und somit das gesamte Filmschaffen im »Protektorat Böhmen und Mähren« kontrollierte. Das Filmarchiv sollte Filmmaterial sammeln und vor möglichen Beschädigungen durch die Kriegsereignisse schützen. Nicht nur das Sammeln und Aufbewahren, sondern auch die Bewahrung des Filmmaterials vor der Willkür der jeweiligen Machthaber wurde in der Geschichte des NFA zu einer seiner wichtigsten Aufgaben. In den unübersichtlichen Regalen und Fluren der Filmlager konnten zum Beispiel die Aufnahmen aus einem der ersten kommunistischen Schauprozesse mit der zur Todesstrafe verurteilten sozialdemokratischen Politikerin Milada Horáková aus dem Jahr 1949 ebenso überleben wie die Dokumentation der Beerdigung von Jan Palach, der sich 1969 aus Protest gegen den Einmarsch der sowjetischen Armeen in die Tschechoslowakei angezündet hatte. Vor der Zerstörung bewahrt wurden im NFA in den 1970ern und 1980ern Jahren auch einige Verbotsfilme der Tschechoslowakischen Neuen Welle, die nie zur öffentlichen Aufführung freigegeben worden waren. Bereits 1946 wurde das NFA Mitglied im 1938 gegründeten Dachverband der Filmarchive, der FIAF (Fédération Internationale des Archives du Film). Die Organisation des Filmarchivs wurde nach dem kommunistischen Umsturz 1948 mehrfach geändert, die einzelnen Forschungsabteilungen zeitweise voneinander abgekoppelt, was die Tätigkeit immer wieder beeinträchtigte. Im Rahmen der sogenannten »Normalisierung« Ende der 1960er Jahre wurden dem NFA als vermeintlichem Zentrum der rechtsorientierten Politik die internationalen Kooperationen verboten. Trotz dieser Einschränkungen konnte das Filmarchiv seine Archivierungs- und Restaurierungsmethoden innovativ fortentwickeln und seinen Bestand von Nitrofilm auf Sicherheitsfilm umkopieren. Nach der Wende Ende der 1980er Jahre wurde das Filmarchiv zu einer staatlichen Kulturinstitution. Dem neu bestellten NFA-Direktor Vladimír Opěla gelang es, umfangreiches Film- und EROTIKON Prager Filmarchiv 70 Jahre Nationales Filmarchiv in Prag Schriftmaterial der in der Umbruchphase kollabierenden Filmindustrie und die Verwaltung der Rechte an den bis dato staatlich produzierten Filme zu übernehmen. Heute bewahrt das NFA mehr als 150 Millionen Meter Filmmaterial aller Art. Dazu gehören die bis 1990 hergestellten Wochenschauen, die das Leben und die Entwicklung der tschechischen Gesellschaft dokumentieren. Diese Kollektion wird regelmäßig ergänzt, da das NFA bis heute eigenständig wichtige gesellschaftliche Ereignisse und bedeutende Persönlichkeiten filmt. Zwei Drittel der gesamten tschechischen Stummfilmproduktion sind im NFA erhalten sowie nahezu alle tschechischen Tonfilme. Dazu gehören auch Amateur-, Experimental- und Trickfilme. Eine neu errichtete Abteilung widmet sich seit Mitte der 1990er Jahre der oral history und interviewt Persönlichkeiten des tschechischen Films. Das NFA sammelt nicht nur tschechische Filmproduktionen. In seinen Depots befindet sich eine umfangreiche Kollektion amerikanischer Filme, darunter viele Titel, von denen sich keine andere Kopie erhalten hat. Zu verdanken ist dies dem mutigen Einsatz der Mitarbeiter, die die angeordnete Vernichtung dieser Filme verhinderten, indem sie vor den Augen der kommunistischen Zensoren wertloses Filmmaterial verbrannten und die echten Kopien gut versteckt hielten. Besonders wertvoll ist im internationalen Kontext auch die Sammlung der vor dem Ersten Weltkrieg produzierten Filme und von Stummfilmkomödien der Jahre 1912–1929. In den Depots des NFA befinden sich zudem über 600.000 Fotografien, 50.000 Plakate, zahlreiche Drehbücher und andere filmbezogene Archivalien sowohl von Filmgesellschaften als auch von Privatpersonen. In Prag betreibt das NFA das Kunstkino Ponrepo und gibt seit 1989 die Vierteljahreszeitschrift für Theorie, Erotikon (Erotik) | CSSR 1929 | R+B: Gustav Machatý | K: Václav Vích | D: Ita Rina, Theodor Pištěk, Olaf Fjord, Luigi Serventi, Charlotte Susa | 103 min | dtF – Die melodramatische Geschichte eines jungen Mädchens, das von seinem Verführer im Stich gelassen wird, um später, als inzwischen verheiratete Frau, erneut von ihm umworben zu werden. Ein Meisterwerk des Stummfilms: Mit einem Minimum an Zwischentiteln fand Machatý zu einer subtilen Filmsprache, welche die Atmosphäre der Erotik, Verführung und Begierde durch eine Folge von symbolkräftigen Bildern und Überblendungen erzeugt. Der von der Zensur verstümmelte Film wurde 1994 vom NFA rekonstruiert und macht die erotische Subversion der Originalfassung wieder erfahrbar. »Eine Hommage an den Augenblick, an die Liebe im Vorübergehen und doch an die Sehnsucht.« (Daniel Kothenschulte) Daleká cesta (Der weite Weg) | CSSR 1949 | R: Alfréd Radok | B: Erik Kolár, Alfréd Radok | K: Josef Střecha | M: Jiří Sternwald | D: Blanka Waleská, Otomar Krejča, Viktor Očásek, Zdeňka Baldová, Eduard Kohout, Saša Rašilov, Rudolf Deyl | 108 min | OmeU – Nur vier Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs drehte Alfréd Radok – der selbst in den Konzentrationslagern Vater und Großvater verloren hatte – diesen Film über das Schicksal einer jüdischen Ärztin und ihres tschechischen Mannes während der Nazi-Okkupation. Die Kombination von Spielfilmelementen mit Dokumentaraufnahmen aus Theresienstadt und expressionistische Stilmittel verwandeln den Alptraum des Lagers in einen Danse macabre, der auch nach vielen Jahren seine suggestive Kraft nicht verloren hat. Der Film war in der Tschechoslowakei bis 1989 verboten. ▶ Sonntag, 2. März 2014, 18.30 Uhr Kdo chce zabít Jessii? (Wer will Jessie umbringen?) | CSSR 1966 | R: Václav Vorlíček | B: Miloš Macourek, Václav Vorlíček | K: Jan Němeček | M: Svatopluk Havelka | D: Dana Medřická, Jiří Sovák, Olga Schoberová, Juraj Višný, Karel Effa | 81 min | OmU – Am »Institut für Somnologie« arbeitet man an einem Serum, um alles Unliebsame aus den Träumen zu tilgen. Im Tierversuch gelingt der Durchbruch: Eine Kuh, die zu- ▶ Freitag, 28. Februar 2014, 18.30 Uhr | Live-Musik: Günter A. Buchwald | Einführung: Vladimír Opěla Řeka (Junge Liebe) | CSSR 1933 | R: Josef Rovenský | B: Jan Reiter, Josef Rovenský | K: Jan Stalich | M: Josef Dobeš | D: Jarmila Beránková, Václav Jalovec, Jaroslav Vojta, Hermína Vojtová, Jan Sviták, Josef Rovenský | 75 min | OmU – Inmitten einer unberührten Natur spielt dieser Film über die erwachenden Gefühle und romantischen Träume zweier Heranwachsender. Die Beziehung von Pavel, dem Bürgermeistersohn, und Pepička, der armen Bauerstochter, wird von Pavels Eltern nicht gerne gesehen. ŘEKA ist ein Meisterwerk, das der Tradition des tschechischen lyrischen Films zu internationalem Ruhm verhalf. »Im Wind wehende Weizenfelder, das sich kräuselnde Wasser des Flusses, die Liebenden im Gras, Wolken, die am Himmel ziehen: ŘEKA ist geprägt vom Rhythmus und den Stimmungen des Lebens auf dem Land und wirkt wie eine Spätsommerbrise.« (Jason Sanders) erst von lästigen Fliegen träumt, sieht sich nach der Injektion in einer Hängematte liegen. Doch was in den Träumen gelöscht wurde, wechselt in die Realität über. So kommen aus den Träumen eines Lehrers die ComicHeldin Jessie, ein Supermann und ein revolverschwingender Cowboy herüber. Mit ihren im Raum schwebenden Sprechblasen und ihrem Benehmen stören sie die Ordnung. Die irrwitzige Komödie über Zwangsbeglückung und Überwachungswahn ist tatsächlich ein Realfilm, auch die Kuh in der Hängematte ist echt. ▶ Samstag, 1. März 2014, 18.30 Uhr ▶ Mittwoch, 5. März 2014, 21.00 Uhr Prager Filmarchiv Ästhetik und Geschichte des Films Iluminace heraus. Regelmäßig werden Bücher zur tschechischen Filmgeschichte veröffentlicht sowie DVDs und Blu-rays von eigenen Filmrestaurierungen. Außerdem stellt das NFA Filmreihen zusammen und verleiht restaurierte Kopien der tschechischen Filme in die ganze Welt. Die in unverkennbaren, selbst entwickelten grünen Plastikbehälter versandten Filme aus dem NFA sind gerade in den letzten Jahren auch im Filmmuseum München bestens bekannt, da es in Zusammenarbeit mit dem Tschechischen Zentrum viele Programme realisiert hat. Zuzana Jürgens 19 Schätze des Filmmuseums Schätze des Filmmuseums München DER TOTENTANZ 20 Seit den 1970er Jahren sind im Filmmuseum mehr als 100 Filme rekonstruiert worden. Es begann, als Enno Patalas den Zustand vieler Filmklassiker beklagte, die unvollständig überliefert waren, und damit anfing, verschiedene Kopien desselben Films miteinander zu vergleichen und zu ergänzen. Mithilfe von Drehbüchern und Zensurakten wurden neue Schnittfassungen erstellt, Zwischentitel im originalen Wortlaut und, wenn bekannt, in der originalen Grafik wieder eingefügt, und die originalen Einfärbungen der Filme wieder nachempfunden. Spektakuläre Rekonstruktionen bekannter Klassiker nahmen von München aus ihren Weg in die Welt, viele davon wurden von den Rechtsinhabern, die anfangs die Notwendigkeit von Rekonstruktionen und Restaurierungen ablehnten, später übernommen und weitergeführt: METROPOLIS, DIE NIBELUNGEN und M von Fritz Lang, NOSFERATU, DER GANG IN DIE NACHT, DIE FINANZEN DES GROSSHERZOGS und DER LETZTE MANN von Friedrich Wilhelm Murnau, DAS WEIB DES PHARAO und DIE BERGKATZE von Ernst Lubitsch, DIE FREUDLOSE GASSE, GEHEIMNISSE EINER SEELE und ABWEGE von Georg Wilhelm Pabst, PANZERKREUZER POTEMKIN und GLUMOVS TAGEBUCH von Sergej Eisenstein zählen zu den bekanntesten Titeln. Seit 1999 werden verstärkt digitale Techniken bei der Restaurierung eingesetzt und der Schwerpunkt auf die Aufbereitung von Filmfragmenten und filmischen Gesamtwerken erweitert. So kümmert sich das Filmmuseum um die Werke von Filmemachern wie Manfred Noa, Walther Ruttmann, Orson Welles, Werner Schroeter, Thomas Harlan, Katrin Seybold und Vlado Kristl, die es auch auf DVD in der 2007 gegründeten Edition Filmmuseum zugänglich macht. Da das Budget für die Restaurierungsarbeiten sehr begrenzt ist, wird oft mit Fernsehsendern oder Sponsoren zusammengearbeitet. Die Filmreihe zum 50. Geburtstag des Filmmuseums präsentiert eine kleine Auswahl von Schätzen aus der eigenen Sammlung, die es noch zu entdecken gilt. Die meisten der ausgewählten Filme wurden vom Filmmuseum rekonstruiert, von anderen besitzt es die einzigen vollständigen oder neu gezogenen Filmkopien. Die folgenden Kurztexte gehen auf die spezifische Überlieferungssituation und die Arbeiten an den jeweiligen Titeln näher ein. Stefan Drößler Der Totentanz | D 1912 | R+B: Urban Gad | K: Guido Seeber | M: Günter Buchwald | D: Asta Nielsen, Oskar Fuchs, Fritz Weidemann, Fred Immler, Emil Albes | 33 min | viragiert – Der erste im neu errichteten Bioscop-Atelier in Neubabelsberg gedrehte Film: Eine junge Frau macht als Sängerin und Tänzerin Karriere, weckt damit aber die Eifersucht ihres Mannes. Der von der Zensur gekürzte, nur fragmentarisch erhaltene Film wurde mithilfe von zeitgenössischen Dokumenten und Standfotos 2012 rekonstruiert. – Der Student von Prag | D 1913 | R+B: Hanns Heinz Ewers | K: Guido Seeber | M: Josef Weiss | D: Paul Wegener, Grete Berger, Lyda Salmonova, John Gottowt, Lothar Körner, Fritz Weidemann | 81 min | viragiert – Im Prag von 1820 verkauft der Student Balduin sein Spiegelbild an einen geheimnisvollen Wucherer, der ihn dafür in die feine Gesellschaft einführt. Für den ersten deutschen »Kunstfilm« schrieb Liszt-Schüler Joseph Weiss die erste originale Filmmusik, die vom Orchester Jakobsplatz eingespielt wurde. Der über die Jahrzehnte immer wieder umgeschnittene Film wurde neu rekonstruiert. The Immigrant (Der Einwanderer) | USA 1917 | R+B: Charles Chaplin | K: Roland Totheroh | D: Charles Chaplin, Edna Purviance, Eric Campbell, Albert Austin, Henry Bergman | 31 min | OF – Eine der interessantesten frühen Chaplin-Filme: Der Tramp kommt auf einem Schiff in den USA an, muss sich mit den Einwanderungsbehörden herumschlagen und erkennen, dass der amerikanische Traum nur eine Illusion ist. Die Fassung des Filmmuseums wurde 2008 aus zwei verschiedenen Filmkopien zusammengesetzt und ist länger als alle anderen bekannten Versionen des Films. – Terje Vigen | Schweden 1917 | R: Victor Sjöström | B: Victor Sjöström, Gustav Molander, nach einem Gedicht von Henrik Ibsen | K: Julius Jaenzon | D: Victor Sjöström, Edith Erastoff, August Falck, Bergliot Husberg | 62 min | dtF | viragiert – Das erste große Meisterwerk des schwedischen Stummfilms basiert auf einer Ballade von Henrik Ibsen über Schuld und Vergebung. Das Film- 21 ▶ Freitag, 7. März 2014, 18.30 Uhr | Einführung: Stefan Drößler Die Wahrheit | D 1910 | R: Peter Ostermayr | B: Wilhelm Stücklein, nach einem Bühnenstück von ihm und Ferdinand Kahn | D: Ludwig Roth, Hilde Flotow, H. Hauschulz | 27 min | viragiert – Erster Spielfilm der Münchner Kunstfilm Produktion über das tragische Schicksal eines erblindenden Schauspielers. – Karl Valentins Hochzeit | D 1912 | R: Ansfelder | K: Palatz | D: Karl Valentin, Georg Rückert | 8 min – Der erste erhaltene Film mit Karl Valentin entstand in einem Freistudio in Sendling. – Der neue Schreibtisch | D 1914 | R: Peter Ostermayr | B+D: Karl Valentin | 12 min – Sketch aus einem Münchner Bilderbogen von Emil Reinicke. – Die Entdeckung Deutschlands | D 1917 | R: Georg Jacoby | B: Richard O. Frankfurter | D: Paul Heidemann, Edith Méller, Gustav Botz | 15 min | viragiert – Marsmenschen landen in München. – Der getäuschte Pierrot | D 1917 | R+B: Ludwig von Wich | 7 min | viragiert – Schattenspielfilm mit realen Schauspielern hinter einer durchscheinenden Leinwand. – Münchner Bilderbogen Nr. 1 | D 1920 | R+B: Louis Seel | D: Olivette Thomas | 6 min – Zeichentrickfilm mit Realteilen und leicht erotischem Inhalt. ▶ Samstag, 8. März 2014, 18.30 Uhr | Live-Musik: Joa- chim Bärenz Schätze des Filmmuseums Anfänge der Filmkunst museum restaurierte 2006 eine im schwedischen Filmarchiv aufbewahrte deutsche Filmkopie, die die schönste Bildqualität aller erhaltenen Filmmaterialien besitzt. ▶ Sonntag, 9. März 2014, 18.30 Uhr | Live-Musik: Joa- chim Bärenz Manfred Noa Nathan der Weise | D 1922 | R: Manfred Noa | B: Hans Kyser, nach dem Bühnenstück von Gotthold Ephraim Lessing | K: Hans Karl Gottschalk, Gustave Preiß | M: Aljoscha Zimmermann | D: Werner Krauß, Carl de Vogt, Fritz Greiner, Lia Eibenschütz, Ferdinand Martini, Max Schreck | 123 min | viragiert – Erich Wagowski versuchte als Direktor von Filmhaus Bavaria, Filme mit Anspruch zu produzieren. Als Starregisseur verpflichtete er Manfred Noa, der in Berlin als Kunstmaler und Ausstatter der Filme von Richard Oswald an- gefangen hatte. Die mit ungeheuerem Aufwand auf dem Gelände der Bavaria und am Isarufer gedrehte Lessing-Adaption NATHAN DER WEISE sah sich jedoch heftigen Angriffen der Nationalsozialisten ausgesetzt, die das Negativ zu zerstören versuchten und Aufführungen dieses in der ganzen Welt erfolgreichen Filmes in München bis 1930 zu verhindern wussten. Das Filmmuseum hat 1997 eine Kopie des Films im Moskauer Filmarchiv gefunden, den Film 2006 rekonstruiert und 2009 digital überarbeitet, wobei Einfärbungen nach den Konventionen der Zeit vorgenommen wurden. Schätze des Filmmuseums ▶ Freitag, 14. März 2014, 18.30 Uhr Helena. Der Untergang Trojas | D 1924 | R: Manfred Noa | B: Hans Kyser | K: Gustave Preiß, Ewald Daub | D: Edy Darclea, Albert Steinrück, Carl de Vogt, Hanna Ralph, Albert Bassermann, Carlo Aldini, Adele Sandrock, Carl Lamac, Ferdinand Martini | 215 min | viragiert – Einer der aufwendigsten deutschen Monu- 22 Friedrich Wilhelm Murnau Nosferatu. Eine Symphonie des Grauens | D 1921 | R: Friedrich Wilhelm Murnau | B: Henrik Galeen, frei nach Bram Stokers Roman »Dracula« | K: Fritz Arno Wagner | D: Max Schreck, Gustav von Wangenheim, Greta Schröder, Alexander Granach, John Gottowt | 102 min | viragiert – »Fieberschauer und Alpdruck, Nachtschatten und Todesahnung, Wahnsinn und Geisterspuk« gewoben in »Bilder düsterer Berglandschaften und stürmender See« (Béla Balázs): Murnaus VampirFilm, der poetische Naturbilder verwendet und auf künstliche Dekors verzichtete, gilt heute als Klassiker des phantastischen Films. Bereits 1976 arbeitete Enno Patalas daran, den nur in schwarzweißen Kopien von einstündiger Länge überlieferten Film Einstellung für Einstellung aus Material ausländischer Filmarchive wieder zusammenzusetzen. 1984 wurde dann erstmals wieder eine nahezu vollständige Fassung des Films mit Einfärbungen aufgeführt, die in den nächsten Jahren noch verbessert wurden: Der Vampir lief nun nicht mehr bei gleißendem Sonnenschein durchs Schwarzweißbild, sondern in blau eingefärbten Bildern, die Nacht signalisierten. ▶ Freitag, 21. März 2014, 18.30 Uhr | Live-Musik: Sabrina Zimmermann & Mark Pogolski mentalfilme entstand in der Ungererstraße in München, am Isarufer bei Wolfratshausen und am Wörthsee. Für die Geschichte der geraubten Helena und des Kampfs um Troja wurde ein Wagenrennen, eine Löwenjagd, eine Seeschlacht, bei der 50 Schiffe versenkt wurden, und die Zerstörung einer Stadt inszeniert, wobei hunderte von Statisten eingesetzt wurden. Das Ergebnis ist heute noch beeindruckend. Seinerzeit wurde Manfred Noa als »Meister der deutschen Schlachtenfilme« gerühmt, das amerikanische Branchenblatt Variety nannte HELENA »brillant« und das Spiel der Darsteller »bis in die kleinsten Rollen unübertrefflich«. Der nur in unvollständigen Fassungen ausländischer Versionen überlieferte Film wurde vom Filmmuseum 2001 rekonstruiert, 2013 digitalisiert und überarbeitet sowie um inzwischen neu aufgefundene Szenen ergänzt. Der brennende Acker | D 1922 | R: Friedrich Wilhelm Murnau | B: Thea von Harbou, Willy Haas, Arthur Rosen | K: Fritz Arno Wagner, Karl Freund | D: Werner Krauß, Eugen Klöpfer, Wladimir Gaidarow, Eduard von Winterstein, Lya de Putti, Alfred Abel | 100 min | viragiert – Der als Sekretär eines Grafen arbeitende Bauernsohn Johannes erfährt von einer Petroleumquelle unter dem sogenannten Teufelsacker, der seinem Arbeitgeber gehört. Als der Graf stirbt, heiratet Johannes aus Berechnung dessen Witwe. Direkt im Anschluss an NOSFERATU inszenierte Murnau in präzisen und beeindruckenden Bildern eine realistische Geschichte mit psychologischer Beobachtung und sozialen Details. Die Natur wird nicht dämonisiert, sondern sie reflektiert Seelenzustände: Jede der handelnden Figuren begegnet dem titelgebenden Ölfeld auf ganz individuelle Art. 1979 finanzierte das Filmmuseum die Umkopierung des in der Cineteca Italiana aufgefundenen Films, stellte neue deutsche Zwischentitel her, auf deren Basis das Bundesarchiv 1995 ein Negativ für die Herstellung einer eingefärbten Filmkopie anfertigen konnte. ▶ Samstag, 15. März 2014, 18.30 Uhr | Live-Musik: ▶ Samstag, 22. März 2014, 18.30 Uhr | Live-Musik: Joachim Bärenz & Christian Roderburg Sabrina Zimmermann & Mark Pogolski Der Hund von Baskerville | D 1914 | R: Rudolf Meinert | B: Richard Oswald, frei nach dem Roman von Arthur Conan Doyle | K: Karl Freund | M: Joachim Bärenz | D: Alwin Neuß, Friedrich Kühne, Hanni Weisse, Erwin Fichtner, Andreas von Horn | 70 min | viragiert – Richard Oswalds erstes Drehbuch entstand nach seinem Theaterstück, das wiederum auf Arthur Conan Doyles erfolgreichem Roman basierte. Der kolportagehafte Film war dank origineller Einfälle, aufwendiger Dekors und interessanter Figurenkonstellationen immens erfolgreich: Sherlock Holmes und sein Widersacher schlüpfen in die Maske des jeweils anderen und sitzen sich am Ende mit ihren vertauschten Identitäten gegenüber. Drei Fortsetzungen folgten, bei den letzten beiden führte Oswald dann auch Regie. Von dem ersten lange verloren geglaubten Film hat nur eine Fassung mit französischen Springtiteln überlebt, die die Szenen nach der Art ihrer Einfärbungen anordnete. Das Filmmuseum stellte die ursprüngliche Schnittfassung 2005 wieder her, wobei die Zwischentitel ins Deutsche zurückübersetzt wurden. Freitag, 28. März 2014, 18.30 Uhr Sein eigner Mörder | D 1914 | R: Max Mack | B: Richard Oswald, nach der Erzählung »The Strange Case of Dr. Jekyll and Mr. Hyde« von Robert Louis Stevenson | M: Joachim Bärenz | D: Alwin Neuß, Hanni Weisse, Lotte Neumann | 32 min | viragiert – Richard Oswalds Drehbuch ist eine freie Bearbeitung des Stoffes um Dr. Jekyll und Mr. Hyde. Ironischerweise weist das 2005 rekonstruierte Filmmaterial genau in den Szenen starke Nitrozersetzungen auf, in denen sich die Hauptfigur in ihrem Labor ihren »chemischen Experimenten« widmet. – Anders als die andern | D 1919 | R: Richard Oswald | B: Richard Oswald, Magnus Hirschfeld | K: Max Faßbender | M: Joachim Bärenz | D: Conrad Veidt, Reinhold Schünzel, Fritz Schulz, Leo Connard, Magnus Hirschfeld, Anita Berber | 51 min – Der erste deutsche Film über Homosexualität wurde seinerzeit von der Zensur vielerorts verboten und hat in einem völlig umgeschnittenen Fragment mit ukrainischen Zwischentiteln überlebt. Das Filmmuseum konnte 2004 die Urfassung des Films mit Hilfe von zeitgenössischen Protokollen, Rezensionen und Standfotos rekonstruieren. ▶ Samstag, 29. März 2014, 18.30 Uhr Nerven | D 1919 | R+B: Robert Reinert | K: Helmar Lerski | M: Joachim Bärenz | D: Eduard von Winterstein, Lia Borré, Erna Morena, Paul Bender, Lili Dominici, Rio Ellbon | 110 min | viragiert – In seinem 1919 gedrehten »Monumental-Film« NERVEN versucht Robert Reinert »den Zündstoff, den Krieg und Not im Menschen erzeugt« haben, als »nervöse Epidemie« zu beschreiben, »die die Menschen befallen hat und zu allerhand Taten und Schuld treibt«. Geschildert werden die Schicksale verschiedener Personen aus unterschiedlichen sozialen Schichten zwischen Wahnsinn und Revolution, Verzweiflung und Neuanfang. NERVEN bezieht sich deutlich auf die Ereignisse der unmittelbaren Nachkriegszeit wie die Auseinandersetzungen um die Räterepublik in München und wurde an Originalschauplätzen gedreht. Der vom Filmmuseum München 2008 aus verschiedenen Fragmenten aufwendig rekonstruierte Film ist ein einzigartiges Zeitdokument, das in seinen Traumsequenzen den expressionistischen Stummfilm der 1920er Jahre vorwegnimmt. ▶ Sonntag, 30. März 2014, 18.30 Uhr Hal-Roach-Comedies Why Girls Say No (Die unfolgsame Tochter) | USA 1927 | R: Leo McCarey | B: Hal Roach, Stan Laurel | K: Frank Young | M: Joachim Bärenz, Christian Roderburg | D: Max Davidson, Marjorie Daw, Creighton Hale, Spec O’Donnell, Oliver Hardy | 22 min | OF – Jewish Prudence (Es kommt immer anders, als …) | USA 1927 | R: Leo McCarey | B: Hal Roach, Stan Laurel, Leo McCarey | K: Len Powers | M: Günter A. Buchwald | D: Max Davidson, Johnny Fox, Martha Sleeper, Gaston Glass, Jess Devorska | 21 min | OF – Don’t Tell Everything (Kleine Geheimnisse) | USA 1927 | R: Leo McCarey | B: Hal Roach, Leo McCarey | M: Günter A. Buchwald | D: Max Davidson, Spec O’Donell, Jess Devorska, Lillian Elliott, James Finlayson | 22 min | OF – Pass the Gravy (Und ein stolzer Hahn dabei) | USA Schätze des Filmmuseums Richard Oswald 23 1927 | R: Fred Guiol | B: Hal Roach, Fred Guiol | K: George Stevens | M: Joachim Bärenz, Christian Roderburg | D: Max Davidson, Spec O’Donnell, Martha Sleeper, Bert Sprotte, Gene Morgan | 25 min | OF – Die vier schönsten Komödien aus der Serie um den jüdischen Komiker Max Davidson und seine nichtsnutzigen Söhne. Schätze des Filmmuseums ▶ Freitag, 11. April 2014, 18.30 Uhr 24 Feed ’em and Weep (Kellnern bis zum Umfallen) | USA 1928 | R: Fred Guiol | K: George Stevens | M: Günter A. Buchwald | D: Anita Garvin, Marion Byron, Max Davidson, Edgar Kennedy, Charles Hall | 19 min | OF – A Pair of Tights (Die geizigen Verehrer) | USA 1927 | R: Hal Yates | K: Art Lloyd | M: Joachim Bärenz, Christian Roderburg | D: Anita Garvin, Marion Byron, Edgar Kennedy, Stuart Erwin, Spec O’Donnell | 22 min | OF – On the Loose (Außer Rand und Band) | USA 1931 | R+B: Hal Roach | K: Len Powers | M: Leroy Shield | D: Thelma Todd, ZaSu Pitts, John Loder, Billy Gilbert, Stan Laurel, Oliver Hardy | 20 min | OF – Beauty and the Bus (Die Schöne und die Blechkiste) | USA 1933 | R: Gus Meins | K: Hep Depew | M: Leroy Shield | D: Thelma Todd, Patsy Kelly, Jack Barty, Arthur Houseman, Charles Hall | 17 min | OF – Nach dem riesigen Erfolg mit dem Komikerpaar Stan Laurel und Oliver Hardy versuchte das Hal-Roach-Studio, ein weibliches Pendant zu finden. Die vier Filme mit drei unterschiedlichen Paaren zeigen, welches Potential in dieser Idee steckte, obwohl es zu keiner langlebigen Kurzfilmserie kam. ▶ Samstag, 12. April 2014, 18.30 Uhr chen. 2004 hat das Filmmuseum den verschollenen Film im Moskauer Filmarchiv gefunden und restauriert. – Block-Heads (Die Klotzköpfe) | USA 1938 | R: John G. Blystone | B: Charles Rogers, Felix Adler, James Parrott, Harry Langdon, Arnold Belgard | K: Art Lloyd | M: Marvin Hatley | D: Stan Laurel, Oliver Hardy, Patricia Ellis, Minna Gombell, Billy Gilbert, James Finlayson | 57 min | OF – Einer der besten Spielfilme des Komikerpaares Stan Laurel und Oliver Hardy beginnt im Ersten Weltkrieg und endet im Chaos, als Oliver Hardy seinen alten Kriegskameraden zu sich nach Hause einlädt und damit seine Ehe ruiniert. Manche Gags besitzen surreale Qualitäten und eine gute Portion schwarzen Humors. Der Film wurde 2013 fürs Fernsehen digital restauriert, wobei die Originalfassung kurze Momente enthält, die in der deutschen Synchronfassung fehlen. ▶ Sonntag, 13. April 2014, 18.30 Uhr Stummfilmklassiker Das Weib des Pharao | D 1922 | R: Ernst Lubitsch | B: Norbert Falk, Hanns Kräly | Theodor Sparkuhl, Alfred Hansen | M: Eduard Künneke | D: Emil Jannings, Dagny Servaes, Harry Liedtke, Paul Wegener, Lyda Salmonova, Albert Bassermann, Paul Biensfeld | 100 min | viragiert – Der erste Film, den Lubitsch in eigener Produktion für die von der Paramount finanzierte Europäischen Film Allianz (EFA) drehte, war ein monumentaler Historienfilm, der Lubitsch das Tor nach Amerika öffnen sollte. Die Geschichte um einen Pharao, der sich in eine äthiopische Sklavin verliebt und damit Krieg, Volksaufstand und Zerstörung auslöst, protzt mit riesigen Bauten, Massenszenen mit bis zu 5.000 Statisten und einer eigens komponierten Premierenmusik des Operettenkomponisten Eduard Künneke. Dennoch konnten die hohen Produktionskosten nicht eingespielt werden, und der Film geriet in Vergessenheit. 2006 hat das Filmmuseum in Zusammenarbeit mit dem Bundesarchiv, Adoram und Alpha-Omega den Film aus verschiedenen Fragmenten rekonstruiert. Fehlende Szenen werden durch Standfotos überbrückt. ▶ Freitag, 18. April 2014, 18.30 Uhr | Einführung: Tho- mas Bakels Spuk um Mitternacht | D 1931 | R: James Parrott | K: Walter Lundin, George Stevens | M: Marvin Hatley | D: Stan Laurel, Oliver Hardy, Otto Fries, Lucien Prival, Dell Henderson | 40 min | Der einzige erhaltene Film, in dem Stan Laurel und Oliver Hardy selber deutsch spra- Lichtspiel Opus 1 | D 1921 | R+B+K: Walther Ruttmann | M: Max Butting | 12 min | viragiert – Opus II | D 1922 | R+B+K: Walther Ruttmann | M: Joachim Bärenz | 4 min | viragiert – Opus III | D 1924 | R+B+K: Walter Ruttmann | M: Hanns Eisler | 4 min | viragiert – Opus IV | D 1925 | R+B+K: Walther Ruttmann | M: St. Petersburg in zum Teil unvergesslichen Bildfolgen gebannt hat.« (Harald Eggebrecht) ▶ Sonntag, 20. April 2014, 18.30 Uhr Mutter Krausens Fahrt ins Glück | D 1929 | R+K: Piel Jutzi | B: Willy Döll, Jan Fethke, nach Erzählungen von Otto Nagel und Heinrich Zille | M: Joachim Bärenz | D: Alexandra Schmidt, Holmes Zimmermann, Ilse Traut- Schätze des Filmmuseums Helga Pogatschar | 5 min | viragiert – Berlin. Die Sinfonie der Großstadt | D 1927 | R: Walther Ruttmann | B: Walther Ruttmann, Karl Freund | K: Reimar Kuntze, Robert Baberske, László Schäffer | M: Edmund Meisel | 65 min – Walther Ruttmann kam als Maler zum Film und schuf die ersten abstrakten Animationsfilme, in denen er mit Farbe, Rhythmus und Musik experimentierte. Als Ruttmann seine Kompositionsprinzipien auf den Realfilm übertrug, zog er den Komponisten Edmund Meisel schon bei den Dreharbeiten hinzu und schuf mit BERLIN. DIE SINFONIE DER GROSSTADT sein Meisterwerk. Alle seine Filme wurden digital restauriert und werden mit synchronisierten Tonaufnahmen vorgeführt, die – bis auf zwei Ausnahmen – auf den neu eingespielten originalen Orchesterkompositionen beruhen. ▶ Samstag, 19. April 2014, 18.30 Uhr Oktober (Zehn Tage, die die Welt erschütterten) | SU 1928 | R+B: Sergej Eisenstein, Grigorij Aleksandrov | K: Eduard Tissé | M: Edmund Meisel | D: Nikolaj Popov, Vasilij Nikandrov, Nikolaj Padvojskij, Boris Livanov, Eduard Tissé | 119 min | OmU – Sergej Eisenstein arbeitete an seinem Jubiläumsfilm zum Jahrestag der Oktoberrevolution so intensiv, dass er erst mit fünf Monaten Verspätung aufgeführt werden konnte. Der Film hat in sehr unterschiedlichen Schnittfassungen überlebt, aus denen das Filmmuseum München 2012 die Urfassung rekonstruierte – inklusive einer später von Stalin entfernten Szene mit Trotzki. Edmund Meisel schrieb für den Film eine furiose Orchestermusik: »Frank Strobel, bewährter Dirigent bedeutender Filmmusik, leitete das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin bei diesem so fesselnden wie problematischen filmischen Parforceritt, mit dem Eisenstein in heftigen Montagesteigerungen und Schnittbeschleunigungen die Vorbedingungen und den Sturm auf das Winterpalais in schold, Friedrich Gnaß, Gerhard Bienert, Vera Sacharowa | 133 min – Das klassische Meisterwerk des realistischen Films der Weimarer Republik beschreibt das alltägliche Leben in einem Berliner Arbeiterviertel. In der engen Wohnung von Mutter Krausen leben sechs Personen, die sich mit Gelegenheitsjobs, Prostitution und Kleinkriminalität über Wasser halten. Piel Jutzis bewegliche Kamera fängt eindringliche Bilder und Situationen ein, die im Kino dieser Zeit so noch nicht zu sehen waren. Die digitale Rekonstruktion von 2012 korrigiert die in den 1950er Jahren veränderten Zwischentitel und Szenenfolgen. Außerdem dokumentiert sie die von der Zensur zugefügten Schnitte, die durch das Studium des Originaldrehbuchs und durch Unterlagen der Zensurbehörden ermittelt werden konnten. Das Originalnegativ wurde von den Nationalsozialisten vernichtet. ▶ Montag, 21. April 2014, 18.30 Uhr Paul Leni Alice Gets in Dutch (Alice hat geträumt) | USA 1924 | R+B: Walt Disney | K: Harry Forbes | D: Virginia Davis, Spec O’Donnell, Leon Holmes, Marjorie Sewell |10 min | dtF – Vom Filmmuseum 2003 restaurierter früher Trickfilm, in dem eine reale Schauspielerin mit Zeichentrickfiguren interagiert. – Das Wachsfigurenkabinett | D 1924 | R: Paul Leni | B: Henrik Galeen | K: Hel- 25 Schätze des Filmmuseums mar Lerski | D: Emil Jannings, Conrad Veidt, Werner Krauß, Wilhelm Dieterle, Olga Belajeff, John Gottowt | 75 min | viragiert – Ein junger Schriftsteller schreibt drei Geschichten für einen Schaubudenbesitzer: Eine spielt im Orient und handelt von Harun al Raschid und einer schönen Pastetenbäckersfrau, die zweite spielt in 26 Russland und beschreibt ein blutiges Abenteuer Iwan des Schrecklichen, und in der letzten tritt Jack the Ripper auf. Jede der drei Episoden ist in einem anderen visuellen Stil gehalten, mit prächtigen expressionistischen Bauten des ehemaligen Setdesigners Paul Leni. Die deutsche Originalfassung des Films wurde aus einer wunderschön eingefärbten englischen Kopie und einer russischen Schwarzweißkopie 1999 vom Filmmuseum zusammengesetzt und restauriert. in Zusammenarbeit mit Lobster Film aus verschiedenen Materialien wieder eine 35mm-Kopie her. ▶ Samstag, 26. April 2014, 18.30 Uhr | Live-Musik: Richard Siedhoff Jean-Marie Straub Chronik der Anna Magdalena Bach | BRD 1968 | R+B: Danièle Huillet & Jean-Marie Straub, nach dem Nekrolog von Carl Philipp Emmanuel Bach und Briefen von Johann Sebastian Bach | K: Ugo Piccone | M: Johann Sebastian Bach | D: Gustav Leonhardt, Christiane Lang-Drewanz, Nikolaus Harnoncourt, Joachim Wolf, Bernd Weikl | 94 min – »Ausgangspunkt war die Idee, einen Film zu versuchen, in dem man Musik nicht als Begleitung, nicht als Kommentar, sondern als ästhetische Materie benutzt.« (Jean-Marie Straub) »Eine Chronik der laufenden Ereignisse eines bürgerlichen Lebens, geschildert aus der Perspektive der Ehefrau, oft strikt berichtend (mit zitierten Briefen, Zeugnissen, Kantatentexten), von kurzen Spielszenen unterbrochen, der größte Teil jedoch lange Einstellungen vom Musizieren, karg und präzise.« (Christoph Huber) 2014 wurde eine von Straub autorisierte digitale Fassung des in München produzierten und an Originalschauplätzen gedrehten Films in die Sammlung des Filmmuseums aufgenommen, die alle Filme von Huillet & Straub umfasst. ▶ Freitag, 2. Mai 2014, 18.30 Uhr | Zu Gast: Barbara Ulrich ▶ Freitag, 25. April 2014, 18.30 Uhr | Live-Musik: Richard Siedhoff Alice’s Spooky Adventure (Alice im Spukhaus) | USA 1924 | R+B: Walt Disney | K: Roy Disney | D: Virginia Davis, Leon Holmes, Spec O’Donnell | 8 min | dtF – Alice gerät in ein Spukhaus, in dem sich Zeichentrick- und Realaufnahmen mischen. – The Cat and the Canary (Spuk im Schloss) | USA 1927 | R: Paul Leni | B: Alfred A. Cohn, nach dem Theaterstück von John Willard | K: Gilbert Warrenton | D: Laura La Plante, Creighton Hale, Forrest Stanley, Tully Marshall, Gertrude Astor, Lucien Littlefield | 114 min | OF – Paul Lenis erster Hollywood-Film ist ein Klassiker des Spukhausfilms. »Ein großer amerikanischer Film. Alles Technische, alles Dekorative, alles Graphische, alles Kunstgewerbliche von höchster Vollendung: Lichter, Schatten, Sturm, Mondlicht, Spinnengewebe, öde Säle und Galerien, Grauen und Angst darin; und die erstarrten Masken des zu Tode Erschreckten.« (Willy Haas) Da das Studio Universal in den 1930er Jahren alle seine Stummfilme vernichtete, stellte das Filmmuseum 2003 Un conte de Michel de Montaigne (Eine Erzählung von Michel de Montaigne) | F 2012 | | R+B: JeanMarie Straub, nach dem Essai II/6 »Von der Übung« von Michel de Montaigne | K: Christophe Clavert | Mit Barbara Ulrich | 35 min | OmU – Montaigne erzählt ein ganz persönliches Erlebnis, und er zeigt uns, wie man das, was schmerzlich und bedrohlich ist, in Erfahrung verwandeln kann, und die Gefahr in Rettung. – Dialogue d’ombres (Schattendialog) | F 1954–2013 | R+B: Danièle Huillet & Jean-Marie Straub, nach der Erzählung von Georges Bernanos | K: Renato Berta, Christophe Clavert | D: Cornelia Geiser, Bertrand Brouder | 28 min | OmU – Jacques und Françoise auf einer Bank am Seeufer: ein Dialog über Liebe, Stolz und Verdruss. – A propos de Venise (Über Venedig) | F 2013 | R+B: Jean-Marie Straub, nach »La mort de Venise« von Maurice Barrès | K: Christophe Clavert | Mit Barbara Ulrich | 23 min | OmU – Ruhm und Zusammenbruch der Großen Republik: Barrès zeichnet die Bewegungen nach, die in Venedig am Ende des 19. Jahrhunderts die klaren Linien verschwimmen ließen zwischen dem Schauplatz München Angst | BRD 1954 | R: Roberto Rossellini | B: Sergio Amidei, Franz Graf Treuberg, nach der Novelle von Stefan Zweig | K: Heinz Schnackertz, Carlo Carlini | M: Renzo Rossellini | D: Ingrid Bergman, Mathias Wieman, Renate Mannhardt, Kurt Kreuger, Elise Aulinger, Gabriele Seitz | 81 min – ANGST beginnt auf dem St.Jakobs-Platz nahe dem Eingang zum späteren Filmmuseum: Ingrid Bergman fährt mit ihrem Geliebten vor dem Eingangstor des Stadtmuseums vor. Es ist ein heimliches Verhältnis, das ihre Ehe nicht gefährden soll. Die letzte Zusammenarbeit von Ingrid Bergman und Roberto Rossellini verlegt Stefan Zweigs Geschichte in das München der Wirtschaftswunderzeit und zeigt in düsteren Bildern die Brüchigkeit der kleinbürgerlichen Fassade vom ungetrübten Familienglück. Der Film entstand damals in zwei Versionen: Einer deutschen und einer englischen, aus der dann für den italienischen Markt zwei unterschiedliche italienische Synchronfassungen hergestellt wurden. Die deutsche Originalfassung wurde 1980 vom Filmmuseum erworben und 2014 digital restauriert. ▶ Freitag, 16. Mai 2014, 18.30 Uhr Mr. Arkadin (Herr Satan persönlich) | F 1955 | R+B: Orson Welles, nach seinem Roman | K: Jean Bourgoin | M: Paul Misraki | D: Orson Welles, Robert Arden, Paola Mori, Akim Tamiroff, Michael Redgrave, Peter van Eyck, Katina Paxinou, Gert Fröbe | 101 min | engl. OF – Die Schätze des Filmmuseums ▶ Samstag, 3. Mai 2014, 18.30 Uhr | Zu Gast: Barbara Ulrich dem Film zugrundeliegende Idee war die Schaffung eines europäischen CITIZEN KANE: Reporter Van Stratten jagt durch das Europa der Nachkriegszeit, um den Lebensweg des von Mythen umrankten Mr. Arkadin zu recherchieren. Wie CITIZEN KANE beginnt der Film mit dem Tod der von Orson Welles verkörperten Titelfigur, anders als bei CITIZEN KANE krankte die Produktion an permanenter Unterfinanzierung, weshalb viele Szenen gestrichen und andere nachträglich verändert werden mussten. Welles hinterließ mehrere unterschiedliche Schnittfassungen des Films, die er allesamt als nicht authentisch klassifizierte. 2006 stellten Stefan Drößler und Claude Bertemes eine »Comprehensive Version« her, die allen von Welles hinterlassenen Vorgaben für die ideale Version des Films folgend die Szenen aus den verschiedenen Fassungen zusammenfügt. ▶ Samstag, 17. Mai 2014, 18.30 Uhr | Einführung: Ste- fan Drößler Lola Montez | BRD 1956 | R: Max Ophüls | B: Max Ophüls, Jacques Natanson, Annette Wademant, Franz Geiger | K: Christian Matras | M: Georges Auric | D: Martine Carole, Peter Ustinov, Adolf Wohlbrück, Ivan Desny, Will Quadflieg, Oskar Werner, Werner Finck | 116 min | OmU – Der letzte Film von Max Ophüls war 1955 die bis dahin teuerste europäische Filmproduktion, die mit einem Riesenaufwand hergestellt wurde: Ein Eastmancolor-Farbfilm in CinemaScope und Mehrkanal-Magnetton, gedreht mit international renommiertem Schauspielerensemble in drei Sprachversionen: Französisch, Deutsch und Englisch. Doch genauso abenteuerlich wie die Produktionsgeschichte gestaltete sich auch die Geschichte der Zerstörung des Films, der unmittelbar nach den erfolglosen Premieren bereits gekürzt, umgeschnitten und neu vertont wurde. 2002 gelang es dem Filmmuseum in Zusammenarbeit mit 27 LOLA MONTEZ Eigenen und dem Fremden, zwischen der inneren Macht und den Invasionen von Außen. Martina Müller, mit digitalen Mitteln die legendäre deutsche Premierenfassung zu rekonstruieren und wieder auf Film auszubelichten. ▶ Sonntag, 18. Mai 2014, 18.30 Uhr | Einführung: Stefan Drößler Schätze des Filmmuseums Münchner Filmemacher 28 Es muss ein Stück vom Hitler sein | BRD 1963 | R+B: Walter Krüttner | K: Fritz Schwennicke | M: Erich Ferstl | 12 min – Polemischer Kulturfilm über den Tourismusrummel auf dem Obersalzberg. – Die Grafen Pocci – Einige Kapitel aus der Geschichte einer Familie | BRD 1967 | R+B: Hans Jürgen Syberberg | K: Kurt Lorenz, Martin Lippl | Mit Konrad Albert Graf Pocci | 92 min – »Der Film zeigt eigentlich die Geschichte eines Hauses, des Schlosses Ammerland am Starnberger See. Wir steigen in die Geschichte ein und durch sein seltsames, für Deutschland außergewöhnliches Leben, und in die Psyche, Geschichte und Alltagsphilosophie dieser schönen Familie, deren bekanntester Ahne vor hundert Jahren die bayerische Kasperl-Figur für die Kinder erfand, viele Dinge in phantastisch-dilettantisch-liebevoller Weise ausführte, wie Musik, Märchen, Gedichte, Kinderzeichnungen, Gesellschaftskarikaturen und vieles mehr. Ein hoher Würdenträger des Bayerischen Hofes, undoktrinär und witzig, Zeitgenosse Richard Wagners und Ludwig II.« (Syberberg) ▶ Freitag, 30. Mai 2014, 18.30 Uhr La morte d’Isotta | BRD 1968 | R+B+K: Werner Schroeter, unter Verwendung von Lautréamonts »Les champs de Maldoro« | D: Rita Bauer, Knut Koch, Werner Schroeter | 37 min – 2012 digital restauriertes Frühwerk von Werner Schroeter, entstanden laut Vorspann »con la conoscienza di Lautréamont, Wagner, Markopoulos, Callas«. – Der Bomberpilot | BRD 1970 | R+B+K: Werner Schroeter | D: Carla Aulaulu, Mascha Rabben, Magdalena Montezuma, Werner Schroeter, Daniel Schmid | 65 min – 2012 digital restaurierter Film über drei Tänzerinnen, die sich durch die NS-Zeit und das Nachkriegsdeutschland schlagen. »Im BOMBERPILOTEN interessierte mich die Zerreißprobe zwischen ›Kraft durch Freude‹ und Nachkrieg mit amerikanischem Kultur- und Karriereverständnis. Unser Film war von absurder Komik, vielleicht auch inspiriert von den verflossenen Kunstträumen meiner Mutter und Großmutter.« (Werner Schroeter) ▶ Samstag, 31. Mai 2014, 18.30 Uhr Madeleine, Madeleine | BRD 1963 | R+B: Vlado Kristl | K: Wolf Wirth | M: Erich Ferstl | D: Madeleine Sommer, Rolf Huber, Elisabeth Holzner, Marika Silbernagl, Theo Rauch | 12 min – Ein junge Mann spaziert durch den Englischen Garten und beobachtet ein Tennisspiel. Als ein Gewitter aufzieht, laufen Bild und Ton wild durcheinander. – Das Andechser Gefühl | BRD 1975 | R+B: Herbert Achternbusch | K: Jörg Schmidt-Reitwein | D: Herbert Achternbusch, Margarethe von Trotta, Barbara Gass, Heinz Braun, Walter Sedlmayr, Reinhard Hauff | 65 min – 2014 digital restaurierter Debütfilm: Ein Dorfschullehrer sitzt in der Klosterwirtschaft und träumt davon, mit einer berühmten Filmschauspielerin seinem tristen Leben und seiner Ehe zu entfliehen. »Zur Erhaltung meines Lebens war immer das Kino nötig. Zuviel ist mir in die Träume abgewandert.« (Achternbusch) ▶ Sonntag, 1. Juni 2014, 18.30 Uhr Filme aus Bosnien-Herzegowina Filme aus Bosnien zu verstecken. Es entstand daraus eine eigene Poetik der Nuancen in der Verknüpfung von Geschichte, Alltag und (Alb-)Traum. Dazu kommen der schwarze Humor der seinerzeit in Bosnien populären Filme der Prager Schule und insbesondere, was Emir Kusturica (CRNA MACKA, BELI MACOR – SCHWARZE KATZE, WEISSER KATER) anbelangt, der Einfluss der surrealistischen Traumbilder von Federico Fellini. Es ist die Fähigkeit dieses Kinos, den Alltag genau zu beschreiben und ihn doch radikal zu überschreiten. An diesen Stil wieder anzuknüpfen, schien nach den traumatischen Erfahrungen des Krieges und nach dem Bruch mit der Kusturica-Linie fast unmöglich. Zunächst war es ein direkter und dokumentarischer Zugriff auf die historische Erfahrung, der eine neue Generation von bosnischen Filmemachern prägte, die den Krieg und die Belagerung der Stadt Sarajevo selbst erlebt hatten. Die bosnische Filmwissenschaftlerin Irma Duraković beschreibt diese Phase: »Im Krieg formiert sich eine neue Generation von Filmemachern, zu der Jasmila Žbanić, Danis Tanović, Aida Begić und andere zählen. In den Kriegsjahren stürzten sich alle auf die Dokumentarform, viele Dokumentarfilme zeigten Alltag im belagerten Sarajevo, ein objektiver Blick auf Leben und Tod. Einer der bekanntesten dieser Dokumentarfilme ist die Trilogie MGM SARAJEVO (MENSCH, GOTT UND DAS MONSTER) von 1994. Die Idee dahinter war, ein Warnzeichen des Krieges zu senden.« 29 GRBAVICA (ESMAS GEHEIMNIS) Wie kehrt man zur »Normalität« zurück in den Ländern nach dem Krieg? Es ist nicht nur die Vergangenheit, die schmerzt, etwa in Sarajevo. Die Gegenwart ist grau, der »Wiederaufbau« sorgfältig aufgeteilt zwischen globalem Kapital und regionaler religiöser Macht, und etliches geschieht dazwischen im Verborgenen. Es ist auch die Zukunft. Welche Zukunft? Und trotzdem. Es entwickelt sich etwas, was man die »Zivilgesellschaft« nennt. Ein Leben, in dem es um Verständigungen und Konstruktionen geht, in dem die Grundwerte von Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität eine Praxis suchen. Und dazu gehört Kultur. Und zur Kultur gehört das Kino vielleicht im Besonderen, weil es die größte Strahlkraft nach außen hat, und weil es mit dem größten inneren Reichtum auf Geschichte und Politik reagieren kann, für die es keine umfassend gültigen, rationalen Erklärungen gibt. Das Kino aus BosnienHerzegowina, so ökonomisch marginal es am finanziellen Tropf von Staat und internationalen Ko-Produktionen auch sein mag, hat in den letzten Jahren weltweit Beachtung gefunden. Weil es unter den Bedingungen des radikalen Neuanfangs junge Talente hervorgebracht hat, und weil es gelernt hat, die Geschicke des eigenen Landes aus einer besonderen Mischung von Nähe und Distanz zu sehen. Das, was nur hier geschehen ist, und das, was überall geschehen kann. Der realistische Minimalismus des bosnischen Kinos ist eine Möglichkeit, in satirischen Alltagsparabeln Kritik Filme aus Bosnien 30 Der erste Spielfilm nach dem Krieg war SAVRSENI KRUG (DER PERFEKTE KREIS, 1997) von Ademir Kenović: Ein Mann bleibt im belagerten Sarajevo zurück, die Familie ist ins Exil geflohen. Hier entwickelten sich entscheidende Motive des bosnischen Films über den Krieg, das Stadtleben im Zustand der Belagerung, traumatische Familientrennungen, das Exil. Kenovićs Film blieb lange der einzige Spielfilm der Nachkriegszeit. Der Dokumentarfilm dominierte bis 2002, als Danis Tanovićs NO MAN’S LAND mit dem Auslands-Oscar, einem Golden Globe und in Cannes für das beste Drehbuch ausgezeichnet wurde. Dieser Erfolg brachte neue Hoffnung für die junge, vergessene Generation von Regisseuren und Drehbuchautoren. Tatsächlich war NO MAN’S LAND jener Film, der für die grausame Absurdität des Kriegs die richtigen Bilder gefunden hatte. Der Film wurde mit Preisen ausgezeichnet und war bei Kritik und Publikum erfolgreich. Man wurde neugierig aufs bosnische Kino. Ein nächster Höhepunkt war GRBAVICA (ESMAS GEHEIMNIS) von Jasmila Žbanić, der den Goldenen Bären auf der Berlinale 2006 erhielt. Ein Film über das Schicksal im Krieg vergewaltigter Frauen, der schon mit seiner trostarmen Stimmung verstörte. Bosnische Filme konnten helfen, das Leiden der Bevölkerung in diesem Krieg zu zeigen, sie konnten gegen das Vergessen angehen, und in diesem Bemühen der filmischen Bewältigung fanden sie ihre spezifische Sprache. Aber sie hatten noch eine zweite Aufgabe, nämlich aus der Vergangenheit und der direkten Konfrontation mit den Problemen der Gegenwart Fragen zu stellen nach der Zukunft. Und da stößt das bosnische Kino schnell wieder an Grenzen. Zwischen den Landesteilen ebenso wie zwischen Generationen und religiösen und traditionellen Prägungen. »Bosnische Nachkriegsfilme«, sagt Filmwissenschaftlerin Irma Duraković, »werden im serbisch dominierten Landesteil abgelehnt. Besondere Kontroversen gab es im Zusammenhang mit Filmen, die für eine patriarchalisch dominierte Gesellschaft brisante Themen behandelten – wie zum Beispiel Homosexualität in GO WEST. Die homosexuelle Gemeinde in Sarajevo entwickelt sich dadurch, das erweitert die Diskursgrenze. Weiterhin gab es bei Jasmila Žbanićs NA PUTU (ZWISCHEN UNS DAS PARADIES) eine Kontroverse, wo radikale Religiosität, die in Konflikt mit Frauenemanzipation gerät, problematisiert wird und auf heftige Ablehnung radikalislamischer Kreise gestoßen ist.« Im Kino zeigen sich die Brüche der noch nicht überlebensfähigen bosnisch-herzegowinischen Zivilgesellschaft. Die Wahlen des Jahres 2010 fielen so prekär aus, dass nur mühsam über Manipulationsvorwürfe und Verweigerungen ein politisches Gleichgewicht erzielt wurde. Und das Kino der Zivilgesellschaft, ein Kino, das die Augen nicht schließen will, sich aber keineswegs auf die Produktion von Elendsbildern zu beschränken gedenkt, ein zögerndes und doch selbstbewusstes Kino, gerät an die Grenzen von Tabu, Zensur und Akzeptanz, wenn es um die fundamentalen Werte oder ernsthafte Selbstkritik geht. So bekam Danis Tanovićs vierter Film CIRKUS COLUMBIA, der vom einfachen Täter/Opfer-Narrativ abzuweichen beginnt, im Ausland viel Zuspruch. Tanović ist unter den jüngeren Regisseuren am ehesten so etwas wie ein Star. Dass sein Film in Bosnien dennoch eher auf Ablehnung stößt, hat auch damit zu tun, dass neben der Filmproduktion die anderen Teile einer Filmkultur noch gefördert werden müssen. In den Anfängen befindet sich die Entwicklung einer kritischen Filmtheorie im universitären Bereich, die die Filmwissenschaftler Irma Duraković und Vahidin Preljević vorantreiben; die Filmkritik scheint die Produktion des eigenen Landes, nach Durakovićs Worten, wie sportliche Ereignisse zu betrachten, bei denen die Anzahl der Preise zählt. »Es war dies«, sagt Tanović über die Zeit vor dem Krieg, in der CIRKUS COLUMBIA spielt, »die letzte Phase in meinem Leben, da ich glücklich war. Vielleicht, weil ich einfach naiv war, weil ich nicht glauben konnte, dass der Krieg kommt. Mit meinem Film will ich erreichen, In Zusammenarbeit mit dem Festival »Šta ima!? Literatur, Kunst und Kultur aus Sarajevo und Ex-Jugoslawien« der Münchner Volkshochschule und der Münchner Stadtbibliothek. No Man’s Land | BiH 2001 | R+B+M: Danis Tanović | K: Walther Vanden Ende | D: Branko Djurić, René Bitorajac, Filip Sovagović, Georges Siatidis, Simon Callow | 98 min | OmU – »Es ist in seiner Absurdität ein wenig voraussehbar, wie zu Beginn zwei verirrte, versprengte Soldaten, ein Serbe und ein Bosnier, sich in einem verlassenen Schützengraben zwischen den Fronten plötzlich gegenüberstehen – mitten in einem Krieg, mit dessen Wieso oder Wozu sie eigentlich nichts zu tun haben –, und wie nun, obwohl die beiden genauso gut Freunde sein könnten, jeder den anderen umbringen möchte, nur weil er nicht selbst umgebracht werden will. Doch dann betreten den Schauplatz jene Schiedsrichter, die Blauhelme des UNO-Friedenstrupps mit ihrem Tross von Kamerateams, Ü-Wagen und Antennentransportern all jener Medien, die sich ihrerseits als Schiedsrichter aufspielen möchten. Wie sich nun das kleine balkanesische Kasperlestück zu einem multimedialen Weltkriegstheater weitet: Das führt Tanović mit so mörderischer Logik wie filmisch-erfinderischer Bravour vor.« (Urs Jenny) ▶ Mittwoch, 12. März 2014, 21.00 Uhr Go West | BiH 2005 | R: Ahmed Imamović | B: Ahmed Imamović, Enver Puska | K: Mustafa Mustafic | M: Enes Zlatar | D: Mario Drmać, Tarik Filipović, Rade Serbedzija, Mirjana Karanović, Jeanne Moreau | 97 min | OmeU – Der Bosnier Kenan und der Serbe Milan leben als heimliches schwules Paar in Sarajevo. Als 1992 der Krieg ausbricht, versuchen sie die Stadt zu verlassen. Kenan verkleidet sich als Frau, als Ehepaar kommen die beiden durch die Linien und gehen in Milans Heimatdorf im serbisch dominierten Ostbosnien. Bald wird Milan eingezogen. »Ahmed Imamović präsentiert eine rustikale Mischung aus Sex, Politik und Gewalt in der besten Tradition des Balkan-Kinos. Die Geschichte wird mit einem erfrischenden Tempo erzählt. Das Porträt des vom Krieg zerrissenen Bosnien und der Wahnsinn, der sich seiner Bewohner bemächtigt, mag nicht so schrecklich oder komplex sein wie in anderen Filmen zum selben Thema, aber es ist in seiner populistischen Direktheit durchaus angemessen.« (Dan Fainaru) ▶ Mittwoch, 19. März 2014, 21.00 Uhr Grbavica (Esmas Geheimnis) | BiH 2006 | R+B: Jamila Žbanić | K: Christine A. Maier | M: Enes Zlatar | D: Mirjana Karanović, Luna Mijović, Leon Lučev, Kenan Catic, Ermin Bravo, Jasna Beri | 95 min | OmU – Grbavica ist das Viertel von Sarajevo, das im Krieg serbisch besetzt war. Hier wohnt Esma mit ihrer Tochter. Hier ist das Zentrum, in dem man den Kriegsopfern von damals eine kärgliche finanzielle Unterstützung und ein wenig psychologische Betreuung anbietet. Und hier muss sich auch Esmas Geheimnis offenbaren. »Der Erfolg von GRBAVICA hängt offenbar an Dingen, die mit bloßem Können nichts zu tun haben. Etwa an der Nähe des Films zu den Menschen, unter denen Jasmila Žbanić selbst aufgewachsen ist. An der Einfachheit und Geradlinigkeit der Geschichte, am Verzicht auf Symbolismen und Ballereien. Und an dem Blick, der das Geschehen begleitet, einem Blick, der die Personen nicht in Gute und Böse sortiert, sondern ihnen ihre Widersprüche lässt, die Risse und Sprünge in ihrer Biografie, die sie hinter der Fassade der Normalität verstecken.« (Andreas Kilb) ▶ Mittwoch, 26. März 2014, 21.00 Uhr Na Putu (Zwischen uns das Paradies) | BiH 2010 | R+B: Jasmila Žbanić | K: Christine A. Maier | M: Brano Jakubović | D: Zrinka Cvitesić, Leon Lučev, Ermin Bravo, Mirjana Karanović, Marija Kohn | 103 min | OmU Filme aus Bosnien dass die Menschen verstehen, wie wir uns gefühlt haben, eine Stunde vor dem Krieg.« In der Normalität. Markus Metz & Georg Seeßlen 31 Filme aus Bosnien 32 – Luna und Amar sind ein modernes Paar im heutigen Sarajevo. Sie arbeitet als Stewardess, er ist Fluglotse. Zum äußeren Glück fehlt nur noch ein Kind. Doch da ist Amars Hang zum Alkohol, in dem er seine Erinnerungen an den Krieg ertränken will. Als er eine Zwangspause samt Therapie machen muss, trifft er auf einen Armee-Kameraden von damals und kommt mit einer strenggläubigen muslimischen Wahhabiten-Gruppe in Kontakt. Luna wird damit konfrontiert, dass Amar sich verändert und den Koran streng konservativ auslegt. »Ein Film, der sich hineinbegibt in die Lager der radikalen Muslime, der die Tücher zeigt, die den Frauen- vom Männerbereich trennen, die Videos, die den Kindern den Koran eintrichtern, aber auch die Gemeinschaft abends am Lagerfeuer. Es sind Einblicke in eine geschlossene Gesellschaft, Einblicke aber auch in ein Bosnien von heute, in dem sich immer mehr Menschen der Religion zuwenden.« (Christina Tilmann) ▶ Mittwoch, 2. April 2014, 21.00 Uhr Cirkus Columbia | BiH 2010 | R+B: Danis Tanović, nach dem Roman von Ivica Djikic | K: Walther Vanden Ende | D: Miki Manojlović, Mira Furlan, Boris Ler, Jelena Stupljanin, Ermin Bravo | 113 min | OmU – Im Jahr 1991 kehrt der Gastarbeiter Divko zusammen mit einer jungen Geliebten aus Deutschland nach Bosnien-Herzegowina zurück. Hier trifft er seine ehemalige Frau wieder und lernt seinen Sohn kennen. Aber der Sohn begegnet ihm mit rebellischem Zorn, und die politische Situation wird immer angespannter. »Beschwingt, leichthändig mit einer fast väterlichen Zärtlichkeit schildert Tanović, wie sich seine Protagonisten durch ihr wegen der politischen Ereignisse zunehmend chaotischeres Beziehungs- und Gefühlsleben strampeln. In vielem erinnert der Film an die heiter bösen Filme des Prager Frühlings. Der neue Film von Danis Tanović ist eine Ode an das Leben und die Fähigkeit, zu lieben und sich in den absurdesten Situationen immer wieder neu einzurichten, erzählt als intime Kleinstadtgeschichte mit universellem Charakter und getragen von herausragenden Darstellern.« (Hanspeter Stalder) ▶ Mittwoch, 9. April 2014, 21.00 Uhr Epizoda u životu berača željeza (Aus dem Leben eines Schrottsammlers) | BiH 2013 | R+B: Danis Tanović | K: Erol Zubčević | D: Nazif Mujić, Senada Alimanović, Semsa Mujić, Sandra Mujić | 75 min | OmU – Eine ärmliche Roma-Familie in Bosnien-Herzegowina: Vater Nazif sammelt Schrott und bringt damit seine Familie gerade so über die Runden. Seine Frau Senada hat ein totes Kind im Bauch, sie müsste dringend ope- riert werden, um nicht an einer Blutvergiftung zu sterben. Doch die Familie ist nicht krankenversichert und Nazif kann die umgerechnet 500 Euro, die die Ärzte verlangen, nicht bezahlen. Der für 17 000 Euro gedrehte Film wurde auf der Berlinale 2013 mit dem Großen Preis der Jury ausgezeichnet, Hauptdarsteller Nazif Mujić erhielt einen Silbernen Bären als bester Darsteller. »Tanović arbeitet mit Laiendarstellern, die seinem Film natürlich Authentizität verleihen, aber darüber hinaus auch Dringlichkeit. Denn sie bezeugen ihre eigene Lebensrealität. Und das macht diesen nur 75 Minuten langen, ohne jede Dramatisierung oder Sentimentalisierung auskommenden Film zu einer Ohrfeige für alle Gleichgültigen.« (Anke Westphal) ▶ Mittwoch, 16. April 2014, 21.00 Uhr For Those Who Can Tell No Tales (Für die, die keine Märchen erzählen können) | BiH 2013 | R: Jasmila Žbanić | B: Zoran Solomun, Kym Vercoe, Jasmila Žbanić, nach dem Theaterstück »Sieben Kilometer nordöstlich« von Kym Vercoe | K: Christine A. Maier | D: Kym Vercoe, Branko Cvejić, Jasna Djuričić, Boris Isaković, Damir Kustura, Leon Lučev | 82 min | OmU – Eine junge Australierin reist als Touristin auf den Spuren des Literaturnobelpreisträgers Ivo Andrić nach Višegrad in Bosnien-Herzegowina. In dem scheinbar idyllischen Bergdorf kommt sie Gräueltaten der ethnischen Säuberungen während des Krieges auf die Spur. »Der Film wechselt zwischen den sehr persönlichen Tagebuchnotizen von Vercoe, die sie direkt in ihre Videokamera spricht, und ihren Erforschungen des Ortes und einer Landschaft, die über Hunderte von Jahren Zeuge von Blutvergießen war. Die Breitwandbilder von Christine A. Meier sind großes Kino und machen sich die Jahreszeiten zunutze um zu zeigen, wie dieselben Schauplätze von einer schrecklichen Vergangenheit durchtränkt ganz anders aussehen können.« (Alissa Simon) ▶ Mittwoch, 23. April 2014, 21.00 Uhr sammengestellt hat. Im Zentrum stehen die Filmreihen NEULICH und SONNTAG, in denen Kuhn alltägliche Begebenheiten, sonderbare Begegnungen und überraschende Erkenntnisse zu wunderbar poetischen Bildgeschichten verwebt. NEULICH 2 schildert den Besuch bei einer Ärztin, die über ein neuartiges Diagnosegerät verfügt, das die innere Befindlichkeit ihrer Patienten als Bilder aufzeichnet. Die erhoffte Auskunft über seinen Zustand bleibt sie dem Protagonisten der Geschichte jedoch schuldig. Auf sich selbst zurückgeworfen verlässt er nach der Untersuchung die Praxis. Ähnlich geht es dem Betrachter bei den Filmen von Jochen Kuhn. Sie werfen Fragen auf ohne sie zu beantworten. Durch Kuhns feinsinnigen Humor verlässt der Zuschauer jedoch niemals mutlos das Kino. Vielmehr vermittelt der Autor eine tröstende Perspektive auf das alltägliche Ungemach im menschlichen Leben. Cornelia Gockel Silvester | D 1993 | R+B+K+M: Jochen Kuhn | 14 min | Ein vorsichtiger Rückblick auf das vergangene Jahr. – Neulich 2 | D 2000 | R+B+K+M: Jochen Kuhn | 9 min – Ein sonderbarer Besuch bei einer Ärztin. – Neulich 3 | D 2002 | R+B+K+M: Jochen Kuhn | 6 min – Beim Warten an der Bushaltestelle wird der Erzähler unfreiwillig Zeuge einer Liebesgeschichte. – Sneak Preview | D 2013 | R+B+K+M: Jochen Kuhn | 10 min – Ein Blick auf das jüngste Werk von Jochen Kuhn. – Sonntag 1 | D 2005 | R+B+K+M: Jochen Kuhn | 6 min – Ein Mann flaniert durch die morgendliche Stadt. – Sonntag 2 | D 2010 | R+B+K+M: Jochen Kuhn | 12 min – Die letzte Vorstellung des KrauseTheaters. – Sonntag 3 | D 2012 | R+B+K+M: Jochen Kuhn | 14 min – Ein Blind Date mit der Kanzlerin. ▶ Donnerstag, 13. März 2014, 19.00 Uhr | Zu Gast: Jochen Kuhn und Christian Wagner Jochen Kuhn Es war eine große Überraschung für den Protagonisten in Jochen Kuhns Films SONNTAG 3, als er bei seinem Blind Date im Grand Café auf die Kanzlerin traf. Die beiden hatten sich über die Internetpartnervermittlung »Herzschrittmacher« kennen gelernt und zuvor einige warmherzige, aber doch anonyme Briefe miteinander ausgetauscht. Nach anfänglicher Scheu kamen sich die beiden rasch näher. Warum dann doch nichts aus der so hoffungsvoll begonnenen Verbindung wurde, schildert Jochen Kuhn psychologisch einfühlsam mit Witz und Ironie in seiner filmischen Bildergeschichte. Auf düsteren sepiafarbenen Bildgründen entwickelt sich die absurde Begegnung zunächst langsam, gewinnt dann aber rasch an Dramatik. Kuhn malt, klebt, collagiert, verwischt und übermalt die Inhalte der einzelnen Filmsequenzen. Der gestisch expressiven Bildsprache setzt er den nüchternen Tonfall seiner Erzählstimme gegenüber. Sie erscheint wie ein innerer Monolog, den der Autor mit sich selbst führt. In Interviews wird Jochen Kuhn gern gefragt, ob er sich denn eher als Maler oder als Filmemacher verstehe. Es fällt ihm jedes Mal schwer, eine befriedigende Antwort darauf zu finden. Denn für den Künstler bildet die Verwendung von gemalten Inhalten und flüchtigen Filmbildern kein Paradox. Die Verzahnung dieser beiden Medien macht vielmehr die Qualität seiner Filme aus. »Kuhn ist Künstler, das Kino ist sein Galerist! Und der muss viel erzählen, damit wir sehen, was Kuhn zeigt«, hat ihn Bazon Brock treffend charakterisiert. Ingvild Goetz, eine der weltweit wichtigen Sammlerinnen für Gegenwartskunst, ist auf einem Festival auf das Werk von Jochen Kuhn aufmerksam geworden und sammelt seitdem seine Arbeiten. Dabei interessiert sie sich nicht nur für seine Filme, sondern auch für die Zeichnungen, Collagen und Fotografien, die in diesem Zusammenhang entstehen. Denn Kuhn hat zunächst Malerei in Hamburg studiert, bevor er 1972 seine Laufbahn als Filmemacher begann. Bereits 1981 gewann er mit dem Animationsfilm DER LAUTLOSE MAKUBRA (1980) den Bundesfilmpreis. Es folgten weitere Ehrungen, Teilnahmen bei Ausstellungen und Filmfestivals. Kuhn macht vom Drehbuch über die Malerei bis hin zum Sprecher in seinen Filmen alles selbst. Nur Ton und Schnitt überlässt er seinem langjährigen Mitarbeiter Olaf Meltzer. 2013 wurde Jochen Kuhn für seinen Film SONNTAG 3 mit dem Deutschen Kurzfilmpreis in Gold ausgezeichnet. Aus diesem Anlass zeigt das Filmmuseum in Kooperation mit der Sammlung Goetz eine Auswahl seiner Kurzfilme, die der Künstler selbst zu- SONNTAG 3 Ein Abend mit Jochen Kuhn 33 34 3x3D 3D-Filmfest 5. Münchner 3D-Filmfest Mit GRAVITY hatte das Kinojahr 2013 endlich wieder einen Erfolg zu vermelden, bei dem der größte Teil des Publikums die 3D-Version des Films bevorzugte. Prompt wird der Film nun gerne zitiert als Beispiel für einen Film, der das 3D wirklich sinnvoll nutzt und dies auch dem Publikum vermitteln kann. Denn nach der anfänglichen 3D-Euphorie hatte sich schon bald Ernüchterung eingestellt: Die Fernsehsender haben ihre (sowieso schon nur spärlichen) regelmäßigen 3D-Sendeplätze und 3D-Spartenkanäle wieder eingestellt, im Kino werden parallel und meist mit größerem Erfolg 2DVersionen von neu gestarteten 3D-Filmen angeboten, und auch die 3D-Fernseher fürs Heimkino werden weit weniger genutzt als die Industrie das vorhergesagt hat. Wie bei den früheren 3D-Wellen gibt es kaum Filmemacher, die sich längerfristig mit der 3D-Technik beschäftigen: Meistens endet das Interesse bereits nach einer Produktion. Dennoch scheint die Herstellung von 3D-Filmen eine Nische zu sein, die nicht völlig verschwindet. Auch wenn die Technologie in den meisten Fällen nur für Kinder- und Actionfilme genutzt wird, gibt es immer wieder einzelne Beispiele gelungener Filme, die durch das 3D zu neuen Seherfahrungen werden. Das 5. 3D-Filmfest im Filmmuseum zeigt eine Auswahl von Klassikern und neuen Produktionen, zum Teil in Deutscher Erstaufführung. Sie zeigen, wie 3D auf ganz unterschiedliche Weise eingesetzt werden kann. Eröffnet wird das Programm mit einem auf den neuesten Stand gebrachten Vortrag zur Geschichte des 3D-Films, in dem die Technik erläutert, historische Entwicklungen dargelegt und die Möglichkeiten einer 3D-Ästhetik diskutiert werden. Stefan Drößler Geschichte des 3D-Films | Vortrag mit Filmbeispielen von Stefan Drößler | 180 min – Anhand von zahlreichen Fotos, Dokumenten und 3D-Filmausschnitten wird die Geschichte des 3D-Films aufgerollt, die bereits im 19. Jahrhundert mit Stereoskopen, Kaiserpanorama und 3D-Filmbetrachtern beginnt. Die Pioniere des Kinos, Max Skladanowsky, Louis Lumière und Georges Méliès haben mit 3D experimentiert, Erfinder wie Laurens Hammond, François Savoye, Semën Ivanov und Eduard Bankl in den 1920er, 1930er und 1940er Jahren an brillenlosen 3D-Systemen gearbeitet. Die verschiedenen 3D-Filmwellen, die seit den 1930er Jahren in regelmäßigem Abstand einsetzen und jedes Mal das Ende des zweidimensionalen Films verkünden, kulminieren im digitalen Kino der Gegenwart. Nachdem das Fernsehen weltweit seine 3D-Versuchsprogramme wieder eingestellt hat, scheint auch der 3D-Film im Kino seinen vorläufigen Höhepunkt bereits überschritten zu haben. Der unterhaltsame und informative Vortrag betrachtet die Entwicklungen in Europa, den USA und in Asien, und endet mit einem Ausblick in die Zukunft des Kinos, die in China und Korea liegt. ▶ Sonntag, 16. März 2014, 18.30 Uhr knick knack | USA 1989 | R+B: John Lasseter | M: Bobby McFerrin | 4 min | ohne Dialog | 3D – Der erste rein aus dem Computer erzeugte 3D-Film des PixarStudios erzählt die Geschichte eines Schneemanns in einer Schneekugel, der alles versucht, auszubrechen und mit anderen Spielzeugen in Kontakt zu treten. – U2 3D | USA 2008 | R+B: Catherine Owens, Mark Pellington | K: Peter Anderson, Tom Krueger | Mit Bono, Adam Clayton, Larry Mullen Jr., The Edge | 84 min | OF | 3D – Der erste 3D-Konzertfilm ist ein seitdem kaum wieder erreichter Meilenstein, der viele andere Filmemacher wie Wim Wenders begeisterte und für eigene ▶ Samstag, 22. März 2014, 21.00 Uhr Gravity | USA 2013 | R: Alfonso Cuarón | B: Alfonso Cuarón, Jonás Cuarón | K: Emmanuel Lubezki | M: Steven Price | D: Sandra Bullock, George Clooney | 91 min | OF | 3D – »GRAVITY ist kein gewöhnlicher ScienceFiction-Film, sondern erzählt nur von einem Mann und einer Frau, die in der denkbar unwirtlichsten Umgebung ums Überleben kämpfen. Doch die Geschichte ist gespickt mit Einlagen atemberaubender Spannung und verblüffenden Überraschungen. Es ist gleichzeitig ein realistischer und wunderbar choreographierter Film, der vom beispielhaften Einsatz des 3D profitiert: als hätte man Max Ophüls auf das Weltall losgelassen.« (Todd McCarthy) – Aningaaq | USA 2013 | R+B: Jonás Cuarón | K: Alexis Zabe | M: Steven Price | D: Orto Ignatiussen, Lajla Lange, Maligiaq Fredeik | 7 min | OF – In einer Szene von GRAVITY spricht Sandra Bullock über Funk mit jemandem auf der Erde, dessen Sprache sie nicht versteht. Jonás Cuarón, der zusammen mit seinem Vater das Drehbuch zu GRAVITY geschrieben hat, zeigt die andere Seite der Kommunikation: einen Eskimo in Grönland. 3D-Filmfest ▶ Freitag, 21. März 2014, 21.00 Uhr 3D-Filmprojekte inspirierte. Dabei zeichnet der Film die Live-Darbietungen von U2 vor großem Publikum nicht nur atemberaubend auf, sondern wagt eigene visuelle Experimente wie die Übereinanderblendungen verschiedener 3D-Aufnahmen zu noch nie gesehenen virtuellen Raumerfahrungen. U2 3D schafft eine Nähe zu den Musikern und ihrer Musik, die man als Besucher des Konzerts in dieser Intensität nicht erfahren kann. Konsequenterweise wurde der Film nie in 2D, auf DVD oder im Fernsehen veröffentlicht. 35 ▶ Sonntag, 23. März 2014, 21.00 Uhr ▶▶ Dienstag, 25. März 2014, 18.30 Uhr GRAVITY Programmänderung: Prometheus (Dunkle Zeichen) | USA 2012 | R: Ridley Scott | B: Jon Spaiths, Damon Lindelof | K: Dariusz Wolski | M: Marc Streitenfeld | D: Noomi Rapace, Michael Fassbender, Charlize Theron, Idris Elba, Guy Pearce | 124 min | OF | 3D – Ridley Scott nutzt die 3D-Technik sehr eindrucksvoll, um uns mit allen Sinnen in ein visuell betörendes, bedrohliches Universum hineinzuziehen und mit Fragen nach den Ursprungsmythen zu spielen. »Der PROMETHEUS-Film ist ganz bei sich, wenn er die raue Topografie des entlegenen Planeten betrachtet und in die Höhlenwelt unserer Ahnen abtaucht, wenn glühend rote Scannerlinien die mit Hieroglyphen übersäten Wände abmessen und die durchsichtigen Helme des Bodenteams wie Kaugummiblasen durch den Untergrund treiben. 3D sieht hier, im Verein mit echten, gebauten Sets, zur Abwechslung elegant aus, drängt sich nicht auf, sondern ›vertieft‹ die Einstellungen. Am Ende ist es dann egal, ob die Space Jockeys göttlich und weise sind oder auch nur eine militaristische, zu Tode zivilisierte Bande unter vielen: In der Space Opera ist der Weg das Ziel.« (Sabine Horst) 3D-Filmfest 36 Life of Pi (Schiffbruch mit Tiger) | USA 2012 | R: Ang Lee | B: David Magee, nach dem Roman von Yann Martel | K: Claudio Miranda | M: Mychael Danna | D: Suraj Sharma, Irrfan Khan, Adil Hussain, Tabu, Gérard Depardieu | 127 min | OF | 3D – Ein Schiffbrüchiger und ein Tiger müssen sich auf einer langen Irrfahrt auf dem Meer ein Rettungsboot teilen. »Während seine Kollegen die moderne 3D-Technik vor allem für fantastische und animierte Abenteuer und Fantasien einsetzen, benutzt Ang Lee sie, um eine nie gekannte Nähe zur Wirklichkeit herzustellen, um die Distanz zwischen seinem gebeutelten Helden und den Zuschauern nahezu aufzuheben. Statt die Bilder eines Tigers zu sehen, macht man die Erfahrung, in der Nähe des Tigers zu sein. Statt schöne Prospekte zu betrachten, erlebt man atemberaubende Naturschauspiele, im prasselnden Regen eines Unwetters, inmitten einer spiegelglatten goldfarbenen Wasserfläche, unter bizarren Wolkenformationen, Lichtspielen oder nachtschwarzem Sternenhimmel, in einem Schwarm fliegender Fische oder im Angesicht eines monströsen Wals.« (Anke Sterneborg) ▶ Mittwoch, 26. März 2014, 18.30 Uhr Looking for Trouble | USA 1953 | R: Lloyd Bacon | B: Mary Loos, Richard Sale | K: Harry J. Wild | M: Walter Scharf | D: Jane Russell | 10 min | OF | 3D – »J.R. in 3D. Need we say more?« warb das Plakat für den einzigen 3D-Film mit Jane Russell THE FRENCH LINE, der zum Skandal hochstilisiert wurde. Die von der Zensur entschärfte Schlussnummer »Looking for Trouble« wurde digital ungekürzt restauriert. – Miss Sadie Thompson (Fegefeuer) | USA 1953 | R: Curtis Bernhardt | B: Harry Kleiner, nach der Erzählung »Miss Thompson« von W. Somerset Maugham | K: Charles Lawton Jr. | M: George Duning | D: Rita Hayworth, José Ferrer, Aldo Ray, Russell Collins, Charles Bronson | 91 min | OF | 3D – Eine Barsängerin betört die Soldaten eines USMarinestützpunktes auf einer Südseeinsel und gerät in Konflikt mit einem sittenstrengen Missionsdirektor. Die Intensität des Rots der Kleider und der Haare von Hayworth reflektieren ihre Stimmungen, eine Großaufnahme ihres Gesichts, in der eine Träne aus dem Auge quillt, ist einer der intensivsten 3D-Effekte. Höhepunkt des Films ist Hayworths Performance »The Heat Is On«. ▶ Freitag, 28. März 2014, 21.00 Uhr Lumber Jack-Rabbit | USA 1953 | R: Chuck Jones | B: Michael Maltese | M: Carl W. Stalling | 7 min | OF | 3D – Bugs Bunnys einziger 3D-Film führt ihn ins Land eines Riesen. Die aberwitzigen Größenverhältnisse bieten Stoff für absurde Gags und schöne 3D-Effekte. – House of Wax (Das Kabinett des Professor Bondi) | USA 1953 | R: André de Toth | B: Crane Wilbur | K: Bert Glennon, Peverell Marley | M: David Buttolph | D: Vincent Price, Frank Lovejoy, Phyllis Kirk, Carolyn Jones, Roy Roberts, Charles Bronson | 88 min | OF | 3D – Der erfolgreichste 3D-Film der 1950er Jahre ist eine Großproduktion in Farbe und Mehrkanalton, die im viktorianischen London spielt, das von mysteriösen Morden heimgesucht wird. André de Toth, obwohl einäugig und somit nicht fähig, dreidimensional zu sehen, nutzt die neue Technologie dennoch (oder vielleicht auch gerade deshalb) besonders geschickt für Schauereffekte und andere Gimmicks. Berühmt wurde die Sequenz, in der ein Rummelplatzanimateur einen Paddle-Ball immer wieder ins Publikum schlägt. Deutsche Erstaufführung der neuen digital restaurierten Fassung. ▶ Samstag, 29. März 2014, 21.00 Uhr Bloodrop 3D | Russland 2011 | R+B: Aleksey Popogrebskiy | K: Peter Steuger | M: Dmitriy Katkhanov | D: Grigory Dobrygin, Ina Maria Jaich | 7 min | ohne Dialog | 3D – Ein furioses Spiel in 3D mit Perspektiven, Fotografie und imaginierten Welten von einem der talentiertesten jungen russischen Filmregisseure der Gegenwart, der momentan seinen ersten Spielfilm in 3D vor- ▶ Sonntag, 30. März 2014, 21.00 Uhr The Croods (Die Croods) | USA 2013 | R+B: Dirk De Micco, Chris Sanders, nach einer Idee von John Cleese | M: Alan Silvestri | 98 min | OmU | 3D – Der Aufbruch der Menschheit in die Zivilisation als erstaunlich unterhaltsamer Zeichentrickfilm mit subversiven Untertönen, die nicht von Ungefähr an Monty Python erinnern: Die Geschichte beruht auf einer Idee von John Cleese. Eine Steinzeitfamilie muss ihre Höhle verlassen und sich auf eine Odyssee durch eine Urwelt mit apokalyptischkargen Geröllgebieten, psychedelisch bunten 3D-Urwäldern und irrwitzigen Fantasie-Tieren begeben. »Durchweg lassen die Animatoren ihrer Fantasie freien Lauf; so wie das Disney-Studio in seiner freiesten, avantgardistischsten Zeit in den Vierzigerjahren. Man möchte ihre fantastische Welt gar nicht mehr verlassen; auch und gerade nicht, als in ihr das Licht der Zivilisation zaghaft zu leuchten beginnt. Was man auch als Metapher dafür betrachten kann, dass Bilderlust und Aufklärungswille einander nicht ausschließen müssen.« (Jens Balzer) ▶ Dienstag, 1. April 2014, 18.30 Uhr Pina | D 2011 | R+B: Wim Wenders | K: Hélène Louvart, Jörg Widmer | M: Thom Hanreich | Mit Azusa Seyama, Andrey Berezin, Ales Cucek, Anna Wehsarg, Dominique Mercy, Clémentine Deluy, Ruth Amarante, Nayoung Kim | 103 min | 3D – Mit sparsam eingesetzten Bildern und Tondokumenten aus dem Leben von Pina Bausch und mit für die 3D-Kamera getanzten persönlichen Erinnerungen der einzelnen Mitglieder ihres Ensembles entstand ein bildgewaltiger und sinnlicher Film, ein Werk der Bewunderung. »Das Kino hat den Raum nie wirklich gekannt, der war immer fiktiv, fand immer nur auf einer zweidimensionalen Leinwand statt, wie bei jedem Maler. Erst in 3D gibt es den Raum als Materie, als Grundstoff. Für den Tanz gibt es keine bessere mögliche Rezeption als 3D, und umgekehrt, auch 3D blüht durch den Tanz auf und zeigt, was es kann. Man bewegt die Kamera nicht im Raum, der Raum selbst wird bewegt. Durch unser dreidimensionales Sehen denkt man ja, die Kamera bewegt sich in den Raum, aber im dreidimensionalen Kino bewegt man den ganzen Raum mit.« (Wim Wenders) ▶ Mittwoch, 2. April 2014, 18.30 Uhr If Buildings Could Talk … | D 2010 | R+B: Wim Wenders | K: Jörg Widmer | M: Thom Hanreich | 26 min | engl. OF | 3D – Ein lange Kamerafahrt durch das Rolex Learning Center in Lausanne. »Gebäude, wie Menschen, sind der Zeit unterworfen und existieren in einer dreidimensionalen Welt. Darum ist unser Film in 3D. Er lädt ein umherzuwandern, Erfahrungen zu machen und, ausnahmsweise, zuzuhören.« (Wim Wenders) – 3x3D | Portugal 2013 | R+B: Peter Greenaway, Jean-Luc Godard, Edgar Pêra | K: Reinier van Brummelen, JeanLuc Godard, Luís Branquinto | M: Marco Robino, Jorge Prendas | D: Miguel Monteiro, Keith Davis, Leonor Keil, Angela Marques, Nuno Melo | 62 min | OmeU | 3D – Im Auftrag der portugiesischen Stadt Guimarães, die 2012 europäische Kulturhauptstadt war, entstand ein Episodenfilm, in dem drei Regisseure auf sehr unterschiedliche Weise mit den Möglichkeiten des 3D experimentieren. Während Greenaway Texte und Bilder zu räumlichen Collagen überlagert, setzt Pêra sich mit den Illusionen des Kinos auseinander und stellt Godard die Möglichkeiten des Kinos in Frage, echtes Leben abbilden zu können. ▶ Freitag, 11. April 2014, 21.00 Uhr ▶▶ Dienstag, 15. April 2014, 18.30 Uhr The Great Gatsby (Der große Gatsby) | USA 2013 | R: Baz Luhrmann | B: Baz Luhrmann, Craig Pearce, nach dem Roman von F. Scott Fitzgerald | K: Simon Duggan 3D-Filmfest bereitet. – Robinzon Kruzo (Robinson Crusoe) | SU 1947 | R: Aleksandr Andrievskij | B: Aleksandr Andrievskij, Fëdor Knorre, Sergej Ermolinskij, nach dem Roman von Daniel Defoe | K: Dmitrij Surenskij | M: Lëv Švarc | D: Pavel Kadočnikov, Jurij Ljubimov | 75 min | OmU | 3D – Der erste abendfüllende 3D-Film der Filmgeschichte wurde seinerzeit von Sergej Eisenstein hochgelobt und als Zukunft des Kinos gefeiert. Andrievskij nutzt die Robinson-Crusoe-Geschichte, um nahezu jede Szene auf Räumlichkeit zu inszenieren, mit langen Kamerafahrten, ungewöhnlichen Perspektiven und sorgfältig vorbereiteten Effekten. Erstaufführung der digital restaurierten Fassung mit im 3D-Raum eingefügten deutschen Untertiteln. 37 3D-Filmfest | M: Craig Armstrong | D: Leonardo DiCaprio, Tobey Maguire, Carey Mulligan, Joel Edgerton, Adelaide Clemens | 142 min | OF | 3D – Luhrmann beschwört in einer rauschhaften Farb- und Klangorgie das New York der »Roaring Twenties«, in der sich das Liebesdrama des Emporkömmlings Jay Gatsby abspielt. »Für mich ist Fitzgeralds Roman ziemlich voyeuristisch. Beim Lesen fühlt man sich wie die Fliege an der Wand: Man gehört eigentlich nicht in diese Räume, in denen Menschen sich so intim und offen miteinander austauschen. Das ist für mich die Wirkung von Fitzgeralds Prosa. Sie ist lebensnah, sie ist fühlbar. Und 3D kann die Intensität und Dramatik dieser Szenen noch erweitern. Man rückt den Leuten auf den Leib. Und genau das hat Baz Luhrmann mit 3D im Sinn. Was nicht heißt, dass es nicht auch in den opulenten Partyszenen wunderbar funktioniert, wo Hunderte von Komparsen wie verrückt tanzen.« (Leonardo DiCaprio) ▶ Samstag, 12. April 2014, 21.00 Uhr Falling in Love Again | Kanada 2003 | R+B: Munro Ferguson | ohne Dialog | 3 min | Auf einem Song von Marlene Dietrich basierender Zeichentrickfilm über eine schicksalhafte Liebesgeschichte, die Grenzen von Raum und Zeit überwindet. – Metallica Through the Never 3D | USA 2013 | R+B: Nimród Antal | K: Gyula Pados | Mit Dane DeHaan, James Hetfield, Lars Ulrich, Kirk Hammett, Robert Trujillo, Kyle Thomson | 93 min | OF | 3D – Ein aufwändig produzierter 3D-Konzertfilm mit eingearbeiteten apokalyptischen Spielszenen. »Auf einer Riesenplattform mit Flammenwerfern, Kränen und Seilzügen gibt das kalifornische Quartett ein donnerndes Hard-Rock-/Heavy-Metal-Konzert mit ShowHighlights und Hits aus seiner nunmehr 32-jährigen Karriere. Lars Ulrich trommelt wie ein Berserker und GET A HORSE! 38 Robert Trujillo traktiert seine fünfsaitige Bassgitarre zwischen gespreizten Beinen, sodass es aussieht, als würde er sein Gemächt kraulen. Visionäre Filmeinspielungen über albtraumhafte Abenteuer eines Laufburschen der Band sorgen für Abwechslung, bis das Geschehen im inszenierten Zusammenbruch der Bühnenkonstruktion gipfelt.« (Ralph Umard) ▶ Sonntag, 13. April 2014, 21.00 Uhr Get a Horse! | USA 2013 | R+B: Laura MacMullan | M: Mark Watters | 6 min | OF | 3D – Ein unbekannter schwarzweißer Mickey-Mouse-Film aus den späten 1920er Jahren läuft auf der Leinwand. Plötzlich fällt eine Figur aus der Leinwand heraus, und es entwickelt sich ein furioses Spiel in 3D und Farbe über Filmillusion und Kinorealität. – Frozen (Die Eiskönigin) | USA 2013 | R: Chris Buck, Jennifer Lee | B: Jennifer Lee, frei nach dem Märchen »Die Schneekönigin« von Hans Christian Andersen | K: Scott Beattie | M: Christophe Beck | 102 min | OF | 3D – Der erfolgreichste DisneyZeichentrickfilm seit vielen Jahren ist ein perfekt choreographiertes 3D-Märchen mit eingängigen Songs, stimmigen Charakteren und geradezu greifbaren Eisund Schneelandschaften. »Wie in einem Musical bewegen sich die Figuren durch die Räume und eignen sich diese an, etwa die quirlige Prinzessin, die sich mit dem zur Krönung angereisten Prinzen ein schmissiges Duett liefert. Überhaupt findet Die Eiskönigin zu Bildern, die mit den gut platzierten Songs buchstäblich in Einklang stehen.« (Michael Pekler) ▶ Mittwoch, 16. April 2014, 18.30 Uhr Nein, das geht nicht, dieses Gelb geht gar nicht. Da sind die Damen und Herren von der Uni Potsdam sich einig. Sind ganz entschieden. Diese hellgelben Verkleidungen, die die Architekten sich für die Fassaden ihres Instituts ausgedacht haben, gefallen ihnen nicht. Die Architekten vor der Fassade: ratlos. Viele Tage haben sie überlegt und probiert, verschiedene Variationen durchgespielt. Nun sind sie an einem Schnittpunkt, wo ihre Arbeit auf die Auftraggeber, auf die Gesellschaft trifft. Auf Konformität, Geld, Macht. Die Architekten sind die des Büros Sauerbruch Hutton in Berlin, beobachtet von Harun Farocki in seinem neuen Film. Es gibt verschiedene solche Schnittstellen im Programm der diesjährigen 14. Architekturfilmtage, an denen sich das Spielerische der Architekturarbeit, Kreativität und Imagination, mit der Wirklichkeit konfrontiert sieht. An denen sich Fragen über ihre Aufgaben, ihre Verantwortung, ihr Selbstverständnis stellen. »Living [In] Houses«: Muss ein Haus für ein ganzes Leben gebaut sein? Wie soll man die Mobilität der Bewohner berücksichtigen, wenn nach zwanzig Jahren einer der Lebenspartner ausziehen will, wird in ExHIBITION gefragt. Wie gehören die Visionen des Kinos, die frühen zumal, mit denen der Architektur zusammen? Wo sind die Grenzen zwischen filmischem Dekor und architektonischer Wirklichkeit? Das kann man in L’INHUMAINE studieren. Wie funktionieren living houses, Häuser als Performance, das Innere mit dem Außen vermittelnd, das Leben und die Blicke. Wie kommt Architektur zur Darstellung, welche Rolle spielen dabei Perspektive und Fotografie, und ist den Bauten womöglich heute von Anfang an der Blick der Kamera eingeschrieben? Und: Welche Rolle spielt die Rekonstruktion in der Architektur, der Zerfall und die Erneuerung? Die Inspiration, das zieht sich durch alle Filme, kann ein hartes Geschäft sein. Die berüchtigten knallharten Architekturwettbewerbe, denen sich die Stars des Gewerbes aussetzen müssen, zeigen: Professionalität hat ihren Preis. Inspiration ist teuer erkauft, immer belebt auch hier die Konkurrenz die Kreativität, bis hin zum Trauma: »We must beat Gehry. Beat Gehry!« Ein Programm der Bayerischen Architektenkammer in Zusammenarbeit mit dem Filmmuseum München. The Competition | Spanien 2013 | R+B: Angel Borrego Cubero | K: Gaël Urzáiz, Loreto García, Sara Verd, Simon Lund, Angel Borrego Cubero | M: Cesar Bartolomé | 100 min | engl. OF – Fünf Star-Architekten. Eine Regierung. Die besten Absichten. Und dann …? Frank Gehry, Jean Nouvel, Zaha Hadid, Dominique Perrault und Norman Foster beteiligen sich am Wettbewerb um den Bau des Nationalen Kunstmuseums in Andorra. Drei Monate zur Vorbereitung der Entwürfe – die Meister und ihre Büros plagen sich, entwerfen Strategien, kämpfen. Die Präsentation vor der Jury schließlich, an Architekturfilmtage SAUERBRUCH HUTTON ARCHITEKTEN Architektur – Perspektive und Arbeit 39 ▶ Freitag, 4. April 2014, 18.30 Uhr | Zu Gast: Angel Borrego Cubero Architekturfilmtage Sauerbruch Hutton Architekten | D 2013 | R+B: Harun Farocki | K: Ingo Kratisch | 73 min – Wie arbeitet ein internationales Architekturbüro, das sich in den höchsten Sphären ästhetischer Gestaltung bewegt? In Wettbewerbs-, Planungs- und Realisierungsphasen müssen Ideen immer wieder abgewogen, hinterfragt, modifiziert, präsentiert werden: Aushandlungsprozesse und Sprechhierarchien. Am Ende die Frage: Do we like it? »Die Bauwerke der Architekten Sauerbruch und Hutton gefallen mir. Sie sind auf ökologische Effizienz aus und gehen mit Einfällen verschwenderisch um. Sie sind spielerisch ohne jede Beliebigkeit. Sie sind ohne jede Dogmatik der Formensprache der Moderne verpflichtet. Das Büro von Matthias Sauerbruch und Louisa Hutton befindet sich in Berlin-Moabit in einem umgebauten Kasernengebäude. Etwa 60 Personen arbeiten in der Firma, und sie waren während der Dreharbeiten (Juli bis Oktober 2012) mit rund 20 Projekten befasst. Das größte Vorhaben war ein Wettbewerb um den Bau mehrerer Hochhäuser in Frankreich mit Büros und Wohnungen. Die kleinsten in der Entwurfsphase bearbeiteten Gegenstände waren Tür- und Fensterklinken.« (Harun Farocki) 40 ▶ Freitag, 4. April 2014, 21.00 Uhr LUCIEN HERVé Lucien Hervé - Photographe malgré lui | B 2012 | R+B: Gerrit Messiaen | K: Igor De Baecke, Gerrit Messiaen, Jan Weynants, Maarten Ameloot | M: Ward De Vleeschhouwer | 55 min | OmeU – Lucien Hervé (1910–2007) war einer der einflussreichsten Architekturfotografen, dessen Bilder Fotografen wie Architekten inspirierten. Er war Hausfotograf und Freund von Le Corbusier, und seine Aufnahmen strahlten mitunter eine größere Poesie aus als die Gebäude selbst. Mit Le Corbusier, der in Hervé die »Seele des Architekten« sah, reiste er um die Welt. Daneben fotografierte er für Architekten wie Marcel Breuer, Oscar Niemeyer, Alvar Aalto und Künstler wie Henri Matisse und Fernand Léger. Hervé gibt Einblicke in seine künstlerische Arbeitsweise und schaut auf ein bewegtes Leben zurück. – Architekturfotografie, Mies van der Rohe und Neues Bauen | D 2013 | R+B: Dieter Reifarth | K: Rainer Komers | 42 min – Ohne die Fotografie wäre die Geschichte der modernen Architektur anders verlaufen. Die wenigsten Menschen sehen die kanonischen Bauwerke in natura, die meisten kennen sie nur von Abbildungen. Die Fotografie steht zwischen dem Bau und dem Betrachter. Das Haus Tugendhat wurde durch die © Rudolf de Sandalo einem hektischen Tag mitten im Wahlkampf, ist ein großes Medienereignis in dem kleinen Land. Der Film verfolgt den Wettbewerb sehr detailliert, fast schmerzhaft rau und genau, und bietet faszinierende Studien zu Persönlichkeit, Charakter, Strategien und Unterhaltungsqualitäten der Architekten. Bilder von Rudolf de Sandalo kanonisiert. Er legte die Perspektiven fest, wie das Haus bis heute abgebildet wird, und suggerierte mit seiner Darstellung der Interieurs ein Wunschbild der Lebenswirklichkeit. Ausgehend von Überlegungen zu Spiritualität und Pragmatismus im Denken und im Werk Mies van der Rohes folgen dann einige Anmerkungen zum »Neuen Bauen«: der Weg vom Solitär zum Massenwohnungsbau, der historische Kontext und die sozialutopischen Ansprüche zwischen dem Vorschreiben einer neuen Lebensform und dem Respekt vor dem Subjekt. ▶ Samstag, 5. April 2014, 18.30 Uhr L’Inhumaine (Die Unmenschliche) | F 1924 | R: Marcel L’Herbier | B: Pierre Mac Orlan | K: Georges Specht | D: Georgette Leblanc, Jaque Catelain, Philippe Hériat, Léonid de Malte | 134 min | OmU – Eine phantastische Geschichte um eine berühmte Sängerin, die in einem ultramodernen Haus wohnt, und einen Erfinder, der in seinem futuristischen Labor in einem Turmhaus Tote wieder zum Leben erweckt. Marcel L’Herbier wollte einen Querschnitt des Schaffens der französischen Künstleravantgarde im Medium Film bieten, einen »Katalog« der neuesten Trends in Kunst und Architektur. ▶ Samstag, 5. April 2014, 21.00 Uhr | Live-Musik: Joachim Bärenz | Einführung: Hermann Barth Precise Poetry – Lina Bo Bardi’s Architecture | Österreich 2013 | R+B: Belinda Rukschcio | K: Benjamin Paya | 55 min | port. OmeU – Lina Bo Bardi (1914– Architekturfilmtage ▶ Sonntag, 6. April 2014, 18.30 Uhr | Zu Gast: Belinda Rukschcio 41 Haus Tugendhat – Die Restaurierung | D 2013 | R+B: Dieter Reifarth | K: Rainer Komers, Kurt Weber | Kommentar: Peter Nestler | 90 min | Das Haus Tugendhat im tschechischen Brno ist ein Solitär moderner Architektur. Es verkörpert den sozialutopischen Anspruch des Architekten Mies van der Rohe und den weltoffenen großbürgerlichen Lebensentwurf seiner Auftrag- PRECISE POETRy Die Dekors wurden von Alberto Cavalcanti, Fernand Léger und Claude Autant-Lara entworfen. Wichtigster Gestalter und »Szenenbildner« jedoch war Robert Mallet-Stevens, der hier – noch bevor er seine ersten »richtigen« Bauten (Villa Noailles, Villa Cavrois, die Häuser in der Rue Mallet-Stevens in Paris) realisieren konnte – die Häuser der Sängerin und des Erfinders imaginierte und dabei seiner Phantasie freien Lauf ließ. Adolf Loos schrieb: »Der Architekt – es ist Frankreichs modernster Baukünstler Mallet-Stevens – hat mit dem Filmkünstler atemraubende Bilder gestellt, ein hohes Lied auf die Monumentalität der modernen und utopistischen Technik … Die grenzenlose Tiefe des Raumes, das an Wahnsinn grenzende Treiben des Ingenieurs … Diese Augenwirkung grenzt ans Musikalische, und Tristans Ausruf wird wahr: ›Hör ich das Licht?‹« 1992) schuf Poesie durch architektonische Präzision. Enttäuscht über den Konservatismus in ihrer Heimat Italien nach dem faschistischen Regime, fand sie 1957 in Brasilien eine neue Heimat und etablierte sich dort als die wichtigste Architektin ihrer Zeit. Bo Bardis Kollegen und Freunde erzählen von den soziopolitischen Bedingungen und den persönlichen Ereignissen, die die Zeitlosigkeit ihres Werks bestimmen. Die filmische Reise zu den Bauten in São Paulo und Salvador da Bahia versucht die Frage zu beantworten, was von einer Person bleibt in dem Werk, das sie hinterlässt. – Eileen Gray – Einladung zur Reise | D 2006 | R+B: Jörg Bundschuh | K: Roland Wagner | 60 min | Eileen Gray (1878 – 1976) war ihrer Zeit immer weit voraus. Aus einer irisch-schottischen Adelsfamilie stammend, ging sie zum Studium nach London, dann nach Paris. Hier feierte sie ihre beruflichen Erfolge und führte seit 1902 das freie Leben einer unabhängigen Frau. Sie liebte Männer und Frauen, Autos, Flugzeuge, Schiffe und das Reisen – und sie revolutionierte unsere Vorstellung vom Wohnen. Als Architektin schuf sie eines der berühmtesten Privathäuser des 20. Jahrhunderts: ihr eigenes Domizil E1027. Der große Architekt Le Corbusier war von diesem Haus so fasziniert, dass es ihn bis zu seinem Lebensende nicht mehr losließ. 42 Fynbos | Südafrika 2012 | R: Harry Patramanis | B: Jonathan Kyle Glatzer, Harry Patramanis | K: Dieter Deventer | M: Constantino Kyriakos | D: Jessica Haines, Warrick Grier, Susan Danford, Sthandiwe Kgoroge, Cara Roberts | 96 min | OF – »Meryl wirft in einer südafrikanischen Township ihre offizielle Identität in den Abfall und gibt damit ein erstes Rätsel auf. Ihr Mann Richard ist Makler, auf der Suche nach Käufern für ein Traumhaus. Die Villa Fynbos (gebaut von Sarah Calburn Architects) fügt sich gläsern und transparent in die Hügel des Westkap, mit einer für das menschliche Auge kaum fassbaren Schönheit. Das Haus steht zwischen Himmel und Erde, fast wie der blinde Fleck der Wahrnehmung auf der Netzhaut, und übernimmt genau diese Funktion als Schauplatz des Dramas. Plötzlich verschwindet Meryl. Der blinde Fleck weitet sich aus und öffnet die immer rätselhafter werdende Geschichte für Deutungen, die sich von innen und außen in das Geschehen drängen.« (Dorothee Wenner) »Man sagt, dass Regisseure Geschichten erzählen. Ich würde eher sagen, dass sie Räume gestalten. Als Filmemacher schafft man Orte, die nicht existieren. Man kreiert Umstände, in denen sich die Seele einer Geschichte entfalten kann. FYNBOS kreist um Abwesenheit, Fortgehen, um leeren Raum; um das Gefühl, alles verloren zu haben, nichts mehr zu besitzen, nichts mehr zu fühlen. Das Haus ist selber eine Figur, die einen Wandel durchmacht – zuerst ein Wunschobjekt, später ein Käfig, ein Goldfischglas. Die Natur und der Himmel strahlen wie das Paradies, ehe sie sich verfinstern und verdüstern.« (Harry Patramanis) ▶ Dienstag, 8. April 2014, 18.30 Uhr Exhibition | GB 2013 | R+B: Joanna Hogg | K: Ed Rutherford | D: Viv Albertine, Liam Gillick, Tom Hiddleston | 104 min | OF – »Ein Künstlerehepaar und ihr Designerhaus in London (Entwurf und Bau 1969 von James Melvin, Neugestaltung 1995 von Sauerbruch Hutton Architekten) stehen im Zentrum des Films. Sie sind reich, ExHIBITION Architekturfilmtage ▶ Sonntag, 6. April 2014, 21.00 Uhr | Zu Gast: Dieter Reifarth, Ivo Hammer kinderlos und unabhängig. Er möchte nach 20 Jahren in dem Haus jetzt woanders wohnen, ihr fällt der Abschied vom Haus sehr schwer. Der Film balanciert brillant zwischen ›Szenen einer Ehe‹ und einer subtilen Künstlerparodie. Die Kamera vermittelt kongenial die formale Strenge des H House mit seinen raumhohen Fensterfronten, der stählernen Wendeltreppe, den Faltwänden und Einbauschränken. Momente der Verzweiflung und Sentimentalität: Die Frau erklärt einer Freundin, sie fühle sich geborgen in dem Haus, weil es imprägniert sei von der glücklichen Ehe des Architektenpaares, das es gebaut und bis ins hohe Alter darin gelebt hat. Die beiden führen keine glückliche Ehe, sie ist bestimmt von Gewohnheit und Abgrenzung. ExHIBITION ist als Titel ebenso clever und mehrdeutig wie der Film. Das Wort bedeutet einerseits ›Ausstellung‹, ist aber auch das Gegenteil von ›Inhibition, Gehemmtheit‹, und es umfasst neben den Zuständen der Frau und des Mannes auch die Zustände des Hauses, das mit seinen offenen Glasfronten und den vielen Jalousien und Zugvorhängen zugleich Schaufenster, Ausguck und Black- H House London © Hélène Binet geber Grete und Fritz Tugendhat. Das Haus, das zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört, wurde 2010 bis 2012 umfassend restauriert. Der Film begleitet die Arbeiten, beobachtet im Wechsel der Jahreszeiten die Stadien der Restaurierung und erzählt vom Ineinandergreifen der einzelnen Gewerke, von traditionellem Handwerk und moderner Bautechnik. Er beobachtet die Metamorphosen eines Bauwerkes zwischen Verfall und Wiederherstellung, Bewahren und Verändern. box sein kann. Ein sehr sorgfältig konzipierter, geschriebener und umgesetzter Film, ebenso sehr Kunstdiskurs wie Kunstobjekt.« (Michael Sennhauser) »Wie Architektur das Verhalten diktiert, die Beziehung der beiden formt. Der Film handelt auch davon, wie diese Beziehung jenseits des Hauses weiterleben könnte. Die Vorstellung, ein ganzes Leben in nur einem Raum zu verbringen, ist erschreckend.« (Joanna Hogg) ▶ Mittwoch, 9. April 2014, 18.30 Uhr INTERVISTA Federico Fellini Retrospektive Federico Fellini 43 Gauner, Engel und Dolce Vita Manche Filmemacher zeichnen sich durch einen derart prägnanten und eigenwilligen Stil aus, dass man sie relativ rasch identifizieren kann: Fassbinder, Hitchcock, Dreyer, Bresson, Bergman, Antonioni, und nicht zuletzt Fellini. Man zappt durchs TV-Programm, landet in einem Spielfilm und ist sich schon nach wenigen Bilderfolgen sicher: Das muss ein Fellini sein! Was ruft diese Gewissheit hervor? Was nennen wir felliniesk? Markante Gesichter in Großaufnahmen, die wie mit staunenden Kinderaugen gesehen sind. Eine Erzählmelodie, die unversehens von Melancholie ins Melodramatische moduliert und von dort ins Groteske. Die Stille nächtlicher Gassen, in denen Glockenläuten widerhallt, kontrastiert mit der Turbulenz von Feier, Fest, Party. Es dauert bei Fellini nie lang, bis jemand zu tanzen anfängt, am liebsten Cha-Cha-Cha oder Mambo. Pulsierendes Leben, dem der Puls gefühlt wird. Frauengestalten zwischen mädchenhafter, engelsgleicher Unschuld und exzentrischer Attraktion. Und immer schwingt eine Sehnsucht nach Verwandlung, Erlösung oder Wunder mit. Motive und Themen, die sich früh ankündigen, schon in Roberto Rossellinis IL MIRACOLO. Fellini schrieb dafür die Story und stellte sich sogar als Darsteller zur Verfügung. Er spielt – die Haare blondiert und hübsch gewellt – einen Wanderer, der die naive Nanni (Anna Magnani), Ziegenhirtin in einem süditalienischen Bergdörfchen, mit einer Flasche Chianti trunken macht und schwängert. 1948 gedreht, der zweite Teil von Rossellinis Diptychon L’AMORE, das »der Kunst Anna Magnanis« gewidmet ist. Der erste Teil, UNA VOCE HUMANA, bietet ein fulminantes Magnani-Solo nach einem Einakter von Jean Cocteau. Zentrale Figur von IL MIRACOLO ist Nanni, eine geistig zurückgebliebene junge Frau, eine Verrückte, eine Art »heilige Närrin« aus der Familie jener Figuren, die Fellini in seinem Œuvre – von der Gelsomina (Giulietta Masina) in LA STRADA bis zur Narrenfigur Ivo (Roberto Benigni) in seinem letzten Film LA VOCE DELLA LUNA – besonders liebt und mit einer Poesie der Verrücktheit ausmalt. Nanni fällt deshalb auf den fremden Wanderer herein, weil er genau so aussieht wie der Heilige Josef am Josefs-Altar der Dorfkirche. Eine Wundererscheinung! Federico Fellini Für Nanni ist er der leibhaftige Heilige Josef, und das Kind, das sie unter ihrem Herzen trägt, muss das Erlöserkind sein. Als sie das lautstark verkündet, wird sie von den Dorfbewohnern grausam verspottet und davongejagt. Einsam und allein bringt sie das Kind zur Welt, und hier ereignet sich dann das eigentliche Wunder, wenn Nanni plötzlich ruhig wird, alle Verrücktheit abstreift, mit der schlichten Fürsorge einer Mutter das Neugeborene an ihre Brust legt, und also ikonographisch ein Marienbild darbietet. Wunder ereignen sich bei Fellini nicht als übernatürliche Spektakel, sondern als schlicht-natürliche Momente des menschlichen Zusich-selbst-Findens. Wenn Fellini in einer Episode von LA DOLCE VITA das Riesenspektakel einer Marienerscheinung in Szene setzt, dann durchaus mit Lust an satirischer Überzeichnung und Aufblähung, »seinen Gongorismus pflegend« (Ennio Flaiano). Aber die Gläubigen nimmt er in Schutz. Deren Ergriffenheit wird nicht diffamiert, auch wenn die erflehten Wunder nicht eintreffen. In LE NOTTI DI CABIRIA nimmt die Titelheldin, eine Prostituierte vom Stadtrand Roms, an einer Marienwallfahrt teil. Inständig bittet sie die Mutter Gottes um das Wunder, dass sich ihr mühseliges, von bitteren Demütigungen gezeichnetes Leben doch mit einem Schlag zum Guten wenden möge. Dieses Wunder bleibt aus und es folgt ein herzzerreißender Moment der Enttäuschtheit, den Giulietta Masina in ihrer komödiantischen Kindfrau-Manier unvergesslich macht. Der schreckliche Augenblick, in dem sich Cabiria auch noch von der Gottesmutter im Stich gelassen fühlt. Wie ein Wunder aber erscheint dann das Finale, wenn Cabiria nach ihrer schlimmsten Erniedrigung durch den Wald stolpert und auf eine Gruppe singender und tanzender junger Leute trifft. Sie reiht sich in deren Reigen ein und lächelt in die Kamera. Sie lässt sich vom festlichen Strom des Lebens tragen, und dass sie dazu die innere Kraft findet, ist das Wun- Federico Fellini bei Dreharbeiten zu LA STRADA 44 der. Auch in OTTO E MEZZO, der Geschichte einer künstlerischen Schaffenskrise, wird zum Schluss Ringelreihen getanzt. Der Rundtanz als Mandala der Versöhnung mit dem Leben. *** Federico Fellini (1920–1993) wuchs in Rimini auf, »eingezwängt zwischen Faschismus und Katholizismus« (Tullio Kezich). Zeichnerisch begabt verschaffte er sich Luft mit Karikaturen und Comicstrips. Als er 18jährig nach Rom übersiedelte, reüssierte er mit seinen Zeichenkünsten bei Satire-Journalen und Tageszeitungen. Er verfasste tagebuchartige Kolumnen, arbeitete fürs Radio, lernte dort die junge Schauspielerin Giulietta Masina kennen und heiratete sie 1943. Er entwarf Varieté-Shows, schrieb Drehbücher, war Assistent Rossellinis bei dessen Neorealismus-Klassikern ROMA CITTÀ APERTA und PAISÀ. Fellini war also dabei, als das italienische Kino nach 1945 wie Phoenix aus der Asche erstand, ein Kino, das sich programmatisch gegen das Heldenpathos und den Romanzen-Zuckerguss des Kinos der Mussolini-Ära absetzte. Er fasste seinen Wirklichkeitsbegriff allerdings weiter als die strengen Neorealismus-Theoretiker: »Nicht nur die gesellschaftliche Realität soll vorurteilsfrei geschildert werden, auch die geistige Realität, die metaphysische Realität, alles, was in einem Menschen vorkommt.« Seine ersten beiden Filme – die Varieté-Hommage LUCI DEL VARIETÀ (in Co-Regie mit Alberto Lattuada), und die Komödie einer Desillusionierung LO SCEICCO BIANCO – fanden wenig Publikumsresonanz. Aber die nächsten beiden, in denen er Giulietta Masina groß herausbrachte, LA STRADA und LE NOTTI DI CABIRIA, wurden glänzenden Erfolge bei Publikum und Kritik, übertroffen nur noch vom internationalen Siegeszug von LA DOLCE VITA. Mit dem autobiographischen I VITELLONI fand er zu seiner Handschrift, mit LA DOLCE VITA formte er sie meisterlich aus: Fellinis Geniestreich, der mit seiner Lebendigkeit und erzählerischen Freiheit aus allen Nähten zu platzen scheint. Ein Füllhorn an funkelnden Charakterporträts und prophetischen Schilderungen einer dekadenten, aus den Fugen geratenden Gesellschaft im Übergang von der Nachkriegszeit zur Wirtschaftswunder-Ära. Marcello Mastroianni als Marcello Rubini: römischer Boulevard-Journalist und Weiberheld, der seine schriftstellerischen Ambitionen aufgesteckt hat und sich im Milieu der MöchtegernPromis, der abgewrackten Adligen und zwielichtigen Neureichen tummelt. An seiner Seite der Fotograf Paparazzo, der zum Namensgeber aller sensationslüsternen Boulevard-Fotografen werden sollte. An LA DOLCE VITA lässt sich beispielhaft studieren, Filmregisseurs Guido, der wieder von Marcello Mastroianni – hier als offensichtliches alter ego Fellinis – verkörpert wird. Mit OTTO E MEZZO beginnt eine Schaffensphase, in der sich Fellini – inspiriert von der Begegnung mit C. G. Jungs Traumtheorie und Archetypenlehre – den inneren Welten von Kindheitserinnerung, Traum und der Erkundung des Unterbewusstseins zuwendet. Dabei entwirft er in Studioproduktionen mächtig ausgreifende surreale Bilderwelten und die Projektionen magischer Phantasmen. So in GIULIETTA DEGLI SPIRITI, wo sich alles um die Identitätskrise einer Frau mittleren Alters dreht, oder in SATYRICON, einer sehr freien, traumnahen Interpretation des antiken Schelmenstücks von Petronius. In LA CITTÀ DELLE DONNE und CASANOVA widmet er sich dabei auch der radikalsten Demontage traditioneller Männerbilder. *** Noch eine andere Demontage findet in Fellinis späteren Filmen statt, die der Orte. Seine frühen Filme faszinieren auch deshalb, weil sie ein Bild der Orte – ob Provinzstadt oder Rom – mit ihren kontrastierenden Milieus und pulsierenden Lebensrhythmen ergeben. Spä- Federico Fellini Wesen. Innerstes Thema aller Fellini-Filme ist die Suche nach Inspiration und Schöpfertum, nach Erfindungskraft und gestalterischer Lebendigkeit. Das männliche Potenz-Thema in künstlerischem Zusammenhang. Wenn die Inspiration ausbleibt, versiegt das Schöpferische und der Künstler stürzt in die Krise. Davon erzählt OTTO E MEZZO: Krise des renommierten Giulietta Masina und Federico Fellini mit dem Oscar für LE NOTTI DI CABIRIA was man Fellinis ekstatische Erzählform nennen könnte. Nicht nur, dass hier – wie bei allen Fellini-Filmen – fortwährend Partys, Volksfeste, religiöse Feiern oder auch private Orgien stattfinden, die Episoden folgen prinzipiell einer Rausch-Ernüchterung-Logik und zeichnen eine feierdramaturgische Wellenbewegung: zuerst die Ansammlung von Personen und Energien, sodass sich das Geschehen aus der Prosa des Alltags erhebt, sich dann auftürmt, aufgipfelt, und schließlich abbricht in einen Augenblick der Ernüchterung und Desillusionierung. Wenn Sylvia (Anita Ekberg), ein US-Starlet vom Typus Sexbombe, in Rom eintrifft, dann gibt es zuerst einige nächtliche Partyszenen in antikem Ambiente mit ChaCha-Cha und Rock’n’Roll (der junge Adriano Celentano), dann entführt Marcello Sylvia in seinem Sportwagen. Sylvia, berauscht von Rom, Wein und Tanz, antwortet dem Hundegebell am Stadtrand mit Wolfsgeheul, streift mit Marcello durch Altstadtgassen und findet ein kleines, schneeweißes Kätzchen, das sie sich auf den Kopf setzt. Fellini kostet alle Situationen bis zur Neige aus. Und dann – man hört den Stundenschlag der Kirchenglocken – die berühmteste aller Szenen: das Bad im Trevi-Brunnen. Marcello will Sylvia küssen, sie tupft ihm Wasser wie bei einer Taufe aufs Haar, und an dieser Stelle wird plötzlich die Wasserzufuhr des Brunnens abgestellt. Der Tag bricht an. Ernüchterung. Fellini der Nacht-Mensch. Er liebte das Geheimnis der Nacht. Erstaunlich, wie er in dieser DOLCE-VITA-Nacht einer eigentlich banalen Starlet-Erscheinung nahezu naturdämonische Züge verleihen kann. Tatsächlich erscheint Sylvia vor der Brunnenkulisse mit Felsenlandschaft, Götterstatuen und Wasserfall in ihrem langen Abendkleid wie eine Meeresnixe. Eine der berühmtesten Szenen der Filmgeschichte, auch eine Szene, an die Fellini sich selbst immer wieder erinnern wird, zum Beispiel in seinem INTERVISTA, wo sich Marcello Mastroianni und Anita Ekberg – dreißig Jahre nach dem Dreh zu LA DOLCE VITA – noch einmal treffen und Japanern das Trevi-Brunnen-Mirakel vorführen. *** Das Verhältnis von Mann und Frau ist bei Fellini unter moralischer Perspektive eindeutig: Der Mann ist der Betrüger, die Frau die Betrogene. Der Mann ist auch Repräsentant der gesellschaftlichen Dimensionen von Lüge, Korruption und Verrat. Die Frau aber ist in ihrem Wesenskern der moralischen und gesellschaftlichen Sphäre entrückt und erscheint als Naturereignis. Vornehmlich zeigt sie sich in den drei Erscheinungsformen, die dem Künstler-Mann am besten zur Inspiration dienen können: als Engel, Muse oder dämonisches 45 Federico Fellini 46 ter zerfasern die Ortsbilder ins Alptraumhafte. Und das nicht nur, weil sich die meisten Filme ab OTTO E MEZZO vor allem in Traumprojektionen und Phantasmen ergehen, auch weil nun die realen Orte als lärmendes, von der Vulgarität der TV- und Werbebilder – siehe GINGER E FRED – dominiertes Chaos erscheinen. Man vergleiche die Intros von LA DOLCE VITA und ROMA. Ersterer gibt zu Beginn vom Hubschrauber aus (an dem eine Statue des segnenden Erlösers hängt) eine Stadtübersicht: von Außen nach Innen, von den Neubausiedlungen der Außenbezirke bis zum Petersplatz. In ROMA aber wird die Einfahrt in die Stadt zur Reise durch eine Vorhölle: Sturm, Regen, Unfälle, Feuersbrünste, bizarre Szenerien am laufenden Band. Rom als Riesenbaustelle und Lärmhölle. Die Welt ist aus den Fugen geraten. Fellini empfand Sympathie mit der Protestbewegung der Jugend in den späten 1960er Jahren. Hoffnungen auf gesellschaftliche Erneuerungen keimten, verflogen aber rasch wieder, als die Revolte in Dogmatismus und Terrorismus abdriftete. Im Drehbuch von PROVA D’ORCHESTRA (die Geschichte eines chaotischen Orchesteraufstands) notierte er: »Ist das Musik, was jeder aus sich herausholt, indem er mit den anderen zusammen ein eigenes Leben lebt, oder gibt es mit dem Leben der anderen nur rasenden Lärm?« In seinem letzten Spielfilm, LA VOCE DELLA LUNA, wendet sich der Held – die Symbolfigur poetischer Narrheit und Dissidenz – von den Menschen und ihren nur noch lärmenden Festen ab. Er flieht das GnocchiFest und den Krawall der Diskothek, um den leisen Stimmen, die er aus dem vom Licht des Mondes erhellten Brunnen hört, zu lauschen. Fellinis Œuvre ist eine Schatzkammer magischer Bilder und grandios gezeichneter Figuren. Seine 24 Filme verweben auf eigenwilligste Weise Realität und Fantasie, Antike und Moderne, das persönliche Bekenntnis und die Diagnose der Zeit. Im Gruppenbild der italienischen Filmemacher, die aus dem Neorealismus hervorgingen – Rossellini, Visconti, Antonioni, de Sica, Pasolini – war Fellini der populärste und der »italienischste«. Bei seiner Beerdigung 1993 in Rom säumten Tausende die Straßen. Rainer Gansera Che strano chiamarsi Federico! (Wie seltsam, Federico zu heißen!) | Italien 2013 | R: Ettore Scola | B: Ettore, Paola und Silvia Scola | K: Luciano Tovoli | M: Andrea Guerra | D: Tommaso Lazotti, Maurizio De Santis, Giacomo Lazotti, Giulio Forges Davanzati, Ernesto d’Argenio | 93 min | OmeU – Deutsche Erstaufführung eines sehr persönlichen und bewegenden Porträts von Federico Fellini. »Zum 20. Todestag von Federico Fellini beschwört sein Kollege und Freund Ettore Scola aufs Wunderbarste den Kosmos des großen KinoMagiers. Eine mitreißende Montage von Spielszenen, Dokumentarmaterial und Ausschnitten aus alten Filmen holt Fellinis wohl bis heute einmalig zu nennende Kunst des Erzählens für das Kino in die Gegenwart. Tatsächlich rührt dieser Film Leute, die Fellinis Filme noch zur Zeit ihrer Entstehung gesehen haben, ungemein.« (Peter Claus) «Scolas geschickte Kombination von Spielszenen mit Archivmaterial ist weder ein biopic noch eine kritische Analyse, sondern eine filmische Reminiszenz und einfallsreiche Hommage an Fellinis innere Welt durch einen Freund, der selbst ein meisterhafter Filmemacher ist.« (Deborah Young) ▶ Donnerstag, 17. April 2014, 19.00 Uhr Il miracolo (Das Wunder) | Italien 1948 | R: Roberto Rossellini | B: Federico Fellini, Tullio Pinelli, Roberto Rossellini, nach der Novelle »Flor de Santidad« von Ramón Maria Del Valle Inclán | K: Aldo Tonti | M: Renzo Rossellini | D: Anna Magnani, Federico Fellini, Peparuole | 34 min | OmU – Eine Episode aus L’AMORE, in der der junge Fellini als Schauspieler auftritt: Als Fremder, der sich als der heilige Josef ausgibt, missbraucht er eine einfache Ziegenhirtin. – Francesco, giullare di Dio (Franziskus, der Gaukler Gottes) | Italien 1950 | ▶ Freitag, 18. April 2014, 21.00 Uhr Luci del varietà (Lichter des Varieté) | Italien 1950 | R: Federico Fellini, Alberto Lattuada | B: Federico Fellini, Alberto Lattuada, Tullio Pinelli, Ennio Flaiano | K: Otello Martelli | M: Felice Lattuada | D: Peppino De Filippo, Carla del Poggio, Giulietta Masina, John Kitzmiller, Giulio Cali | 93 min | OmU – Fellinis erster Film als Co-Regisseur ist die mit viel Sympathie erzählte komödiantische Geschichte einer Wandertruppe aus dem Varieté. Eine der Hauptrollen spielt seine Frau Giulietta Masina, die den moralischen Mittelpunkt des Films bildet, da sie sich und den anderen treu bleibt – eine Funktion, die sie in Fellinis Filmen noch häufiger einnehmen wird. »Der Film weist bereits Aspekte auf, die später für Fellini wichtig werden sollen. Er hat eine bittere Süße, blickt auf gesellschaftliche Randfiguren, die nicht sesshaft werden und enthält musikalische Einlagen. Wie viele Protagonisten seiner späteren Filme kommen auch diese aus der Provinz, zeigen Widerstandskraft in ausweglosen Situationen und bewundern, wie ihr Schöpfer, die gesellschaftliche Oberschicht.« (Chris Wiegand) Während Wanda aus Scham ins Wasser gehen will, lässt sich der grotesk pedantische Ehemann, der in den nächtlich Gassen Roms vergeblich nach ihr sucht, von einer Prostituierten trösten. Fellinis Regiedebüt. Nach einer Idee von Michelangelo Antonioni. Kurzer Auftritt von Giulietta Masina als Prostituierte Cabiria, die sie fünf Jahre später in einer Titelrolle verkörpern wird. ▶ Sonntag, 20. April 2014, 21.00 Uhr L’Amore in città (Liebe in der Stadt) | Italien 1953 | R: Dino Risi, Michelangelo Antonioni, Federico Fellini, Francesco Maselli, Cesare Zavattini, Alberto Lattuada | B: Aldo Buzzi, Tullio Pinelli, Luigi Chiarini, Luigi Malerba, Vittorio Veltroni, Cesare Zavattini | K: Gianni di Venanzo | M: Mario Nascimbene | D: Antonio Cifariello, Livia Venturini, Maresa Gallo, Angela Pierro, Rita Andreana | 96 min | OmU – Ein Episodenfilm im Stil des Neorealismus, der überwiegend mit Laiendarstellern besetzt einfache Vorfälle aus dem Leben der Römer zeigt. Im Format einer gefilmten Zeitung, »Lo spettatore«, werden in unterschiedlichen Stilen mehrere Geschichten erzählt. Fellinis Episode UN’AGENZIA MATRIMONIALE (HEIRATSVERMITTLUNG) zeigt einen Journalisten, der bei dem Versuch, hinter die Machenschaften einer Agentur für Heiratsvermittlung zu kommen, ein naives Mädchen vom Land kennenlernt. Dabei treffen zwei Erfahrungswelten aufeinander, und der Zynismus des Journalisten gerät ins Wanken. ▶ Montag, 21. April 2014, 21.00 Uhr I vitelloni (Die Müßiggänger) | Italien 1953 | R: Federico Fellini | B: Federico Fellini, Ennio Flaiano, Tullio Pinelli | K: Otello Martelli, Luciano Trasatti, Carlo Carlini | ▶ Samstag, 19. April 2014, 21.00 Uhr ▶▶ Dienstag, 22. April 2014, 18.30 Uhr Lo sceicco bianco (Die bittere Liebe) | Italien 1952 | R: Federico Fellini | B: Federico Fellini, Ennio Flaiano, Tullio Pinelli | K: Arturo Gallea | M: Nino Rota | D: Alberto Sordi, Brunella Bovo, Leopoldo Trieste, Giulietta Masina, Lilia Landi, Ernesto Almirante | 85 min | OmeU – Bissige Satire, die von einer beschämenden Desillusionierung erzählt. Der »Scheich« ist Held einer der populären Fotoromane und hat in der schönen Wanda eine große Verehrerin. Wanda lebt in der Provinz, und als sie mit ihrem frisch angetrauten Ehemann auf Hochzeitsreise nach Rom kommt, verschafft der Zufall ihr ein Date mit ihrem Idol. Die Entdeckung, dass der »Scheich«-Darsteller vom Edelmut seiner Rolle nichts abbekommen hat, lässt nicht lange auf sich warten. M: Nino Rota | D: Franco Interlenghi, Alberto Sordi, Franco Fabrizi, Leopoldo Trieste, Riccardo Fellini | 103 min | OmU – Eine am Meer gelegene Kleinstadt nach dem Vorbild von Fellinis Geburtsort Rimini. Schauplatz Federico Fellini R: Roberto Rossellini | B: Roberto Rossellini, Federico Fellini, Antonio Lisandrini, Félix Moulion | K: Otello Martelli | M: Renzo Rossellini | D: Aldo Fabrizi, Arabella Lemaître, Nazario Gerardi, Roberto Sorrentino, Peparuolo | 85 min | OmeU – Elf kleine anekdotische Episoden voll Heiterkeit und Demut um den Heiligen Franz von Assisi. Die Utopie kindlicher Unschuld und Hingabe im Spiegel eines Heiligenbildes. Von Mönchen, die eifrig durch die Gegend laufen, mit Vögeln und Bäumen reden, ihr letztes Kleidungsstück verschenken und dabei so fröhlich sind wie spielende Kinder. 47 der autobiografisch fundierten Geschichte einer Clique von fünf ziellos driftenden jungen Männern. Nur einer der Fünf wird dem Treibsand der Provinz entkommen und sich Richtung Rom davonmachen. Der erste Film, in dem Fellini seine Themen und seinen Stil nachdrücklich, mit Ernst und Virtuosität ausprägen kann: der Mann als haltloser Charakter und die Welt aus Zynismus und Korruption, die ihn umgibt. Im Kontrast dazu der Zauber mädchenhafter, engelsgleicher Unschuld. Das Erwachsenwerden als Parcours der Enttäuschungen. Kontrast von Provinz und Großstadt. Die Poesie einsamer Gassen in der Nacht. Fellini kann das pulsierende Leben eines Ortes im Rhythmus von Fest und Feier spürbar machen und zeichnet mit einer Geste, die satirische Schärfe und Zartheit vereint. Federico Fellini ▶ Freitag, 25. April 2014, 18.30 Uhr La strada (Das Lied der Straße) | Italien 1954 | R: Federico Fellini | B: Federico Fellini, Tullio Pinelli, Ennio Flaiano | K: Otello Martelli | M: Nino Rota | D: Giulietta Masina, Anthony Quinn, Richard Basehart, Aldo Silvani, Macella Rovere | 108 min | OmU – Fellini erzählt in seinem poetischen Roadmovie die Geschichte von Gelsomina, einem einfachen Bauernmädchen, das von sei- 48 ner Mutter an Zampanò, einen Kraftprotz aus dem Zirkus, verkauft wird. Sie wird die Helferin des gefühllosen Artisten, der durch das Aufblähen seiner Lungen Ketten sprengen kann und reist mit ihm durch das ländliche Italien. Dabei entdeckt sie ihr Talent zum Clown. »Alle meine Filme drehen sich um diese Idee. Eine Welt ohne Liebe zu zeigen, Figuren voller Selbstsucht, Menschen, die sich gegenseitig ausnutzen, und mittendrin gibt es immer – insbesondere in den Filmen mit Giulietta – ein kleines Geschöpf, das Liebe geben möchte und für die Liebe lebt.« (Federico Fellini) ▶ Mittwoch, 23. April 2014, 18.30 Uhr ▶▶ Samstag, 26. April 2014, 21.00 Uhr Il bidone (Die Schwindler) | Italien 1955 | R: Federico Fellini | B: Federico Fellini, Ennio Flaiano, Tullio Pinelli | K: Otello Martelli | M: Nino Rota | D: Broderick Crawford, Richard Basehart, Franco Fabrizi, Giulietta Masina, Giacomo Gabrielli | 113 min | OmeU – Es beginnt wie eine Gaunerkomödie, wenn die drei Betrüger, verkleidet als Priester, arglose Bauern übers Ohr hauen. Der Trick des Trios hat Witz und theatralischen Elan. Dann aber wenden sich die Gaunereien immer mehr ins Gemeine und Schäbige und werden peinigend wie ein Abstieg in die Vorhölle des Daseins. Wenn Fellini schließlich die Unschuld in der Gestalt eines engelsgleichen Mädchens, das zudem noch gelähmt ist, auftauchen lässt, nahen unweigerlich Verdammnis und tragisches Finale. François Truffaut in seinem Cannes-Bericht 1955: »Fellinis Film beginnt mit Flunkerei und endet im Ernst: eine explosive Mischung, die manchen Festivalbesucher nervös machte und zum Ausgang trieb. Ich aber nahm mir alle Zeit der Welt und wäre noch Stunden länger geblieben, um Broderick Crawford sterben zu sehen.« ▶ Sonntag, 27. April 2014, 21.00 Uhr ▶▶ Dienstag, 29. April 2014, 18.30 Uhr Le notti di Cabiria (Die Nächte der Cabiria) | Italien 1957 | R: Federico Fellini | B: Ennio Flaiano, Tullio Pinelli, Pier Paolo Pasolini, Federico Fellini | K: Aldo Tonti | M: Nino Rota | D: Giulietta Masina, François Périer, Amedo Nazzari, Aldo Silvani, France Mazi | 110 min | OmU – Nach dem Erfolg von LA STRADA ist dies der zweite mit Preisen überhäufte Fellini-Film (ausgezeichnet unter anderem mit dem Oscar als bester ausländischer Film, den Fellini auch für LA STRADA, OTTO E MEZZO und AMARCORD erhielt), in dem er seine Ehefrau und Muse Giulietta Masina ins Zentrum stellt. Sie spielt – »ausgesprochen chaplinesk«, wie Truffaut notierte – die kleine, verrückte römische Prostituierte Cabiria, die von den Männern gedemütigt und schamlos ausgenutzt wird, und dabei doch immerzu arglos und vertrauensselig bleibt. Sie tanzt Mambo mit derselben Inbrunst wie sie auf einer Marien-Wallfahrt um ein Wunder betet. Sie logiert in ihrer Rohbauhütte irgendwo im Stadtrand-Niemandsland und ist in Fellinis Galerie der betrogenen Unschuld die ergreifendste Figur. ▶ Mittwoch, 30. April 2014, 18.30 Uhr ▶▶ Freitag, 2. Mai 2014, 21.00 Uhr La dolce vita (Das süße Leben) | Italien 1960 | R: Federico Fellini | B: Ennio Flaiano, Tullio Pinelli, Federico Fellini | K: Otello Martelli | M: Nino Rota | D: Marcello Mastroianni, Walter Santesso, Anouk Aimée, Anita Ek- LA DOLCE VITA ▶ Samstag, 3. Mai 2014, 21.00 Uhr Boccaccio ’70 | Italien 1962 | R: Mario Monicelli, Federico Fellini, Luchino Visconti, Vittorio De Sica | B: Giovanni Arpino, Italo Calvino, Suso Cecchi d’Amico, Federico Fellini, Ennio Flaiano, Tullio Pinelli, Luchino Visconti, Cesare Zavattini | K: Armando Nannuzzi, Otello Martelli, Giuseppe Rotunno | M: Nino Rota, Armando Trovaioli, Piero Umiliani | D: Marisa Solinas, Germano Gilioli, Anita Ekberg, Peppino De Filippo, Romy Schneider, Thomas Milian, Sophia Loren | 205 min | OmeU – Fellini inszenierte in dieser Anthologie die Episode LE TENTAZIONI DEL DOTTOR ANTONIO (DIE VERSUCHUNGEN DES DR. ANTONIO), eine Satire um eine Reklametafel mit einer aufreizenden Frau (Anita Ekberg), die heftige Auswirkungen auf einen sehr moralischen Doktor hat und überlebensgroß in sein Leben hineintritt. In den anderen Episoden geht es um eine heimliche Heirat in der Mittagspause, um den ersten Preis in einer Lotterie, der die Nacht mit einer schönen Frau verspricht und um eine wohlhabende Ehefrau, die von ihrem untreuen Ehemann in den Wahnsinn getrieben wird. BOCCACCIO ’70 war ursprünglich als aktualisierte Version des DECAMERONE angelegt und als AntiZensur-Pamphlet gedacht. ▶ Sonntag, 4. Mai 2014, 18.30 Uhr Otto e mezzo (Achteinhalb) | Italien 1963 | R: Federico Fellini | B: Ennio Flaiano, Tullio Pinelli, Brunello Rondi, Federico Fellini | K: Gianni Di Venanzo | M: Nino Rota | D: Marcello Mastroianni, Anouk Aimée, Sandra Milo, Claudia Cardinale, Rossella Falk | 138 min | OmeU – Schaffenskrise des Star-Regisseurs Guido Anselmi, der nicht mehr weiß, ob und wie und warum überhaupt er seinen nächsten Film drehen will. In einem Kurort sucht er Erholung, trifft seine Geliebte, die misstrauische Ehefrau, Kollegen und Mitarbeiter, und versinkt in Träumen. Zu Beginn der berühmte Angsttraum: Guido entkommt einem schrecklichen Verkehrsstau und fliegt durch die Wolken, bis ihn ein Seil, befestigt an seinem Fußgelenk, auf die Erde zurückholt. Fellinis erste ausdrückliche Hinwendung zu Traum, Imagination, Erinnerung, inspiriert von C. G. Jungs Traumtheorie. Auch die erste große Entfaltung seiner visionären Bildschöpfungen. Reale Begegnungen werden imaginär fortgesponnen, verweben sich mit Kindheitserinnerungen und Wunschfantasien, aber doch so, dass sich die erstaunlich präzise Beschreibung einer Impotenz-Neurose ergibt. ▶ Dienstag, 6. Mai 2014, 18.30 Uhr ▶▶ Freitag, 16. Mai 2014, 21.00 Uhr Giulietta degli spiriti (Julia und die Geister) | Italien 1965 | R: Federico Fellini | B: Federico Fellini, Ennio Flaiano, Tullio Pinelli, Brunello Rondi | K: Gianni Di Ven- Federico Fellini berg, Lex Barker, Adriano Celentano | 172 min | OmU – Fellinis Megaerfolg, sein internationaler Durchbruch, der auch seinem Hauptdarsteller Marcello Mastroianni zu Weltruhm verhalf. Ähnlich wie in LE NOTTI DI CABIRIA, aber noch freier und entschiedener formt Fellini seinen episodischen Erzählstil im Rhythmus von Rausch und Ernüchterung. Mastroianni als Marcello Rubini: ein smarter Klatschreporter und Weiberheld, der einst als ambitionierter Schriftsteller der kulturellen Erneuerung des Landes nach Krieg und Faschismus dienen wollte. Nun aber, im gesellschaftlichen Wandel zur Wirtschaftswunder-Ära, lässt er sich von dem Milieu, das er früher verachtete, vereinnahmen. An der Via Veneto mischt er sich unter Möchtegern-Promis, durchfeiert Partynächte mit halbseidenen Adeligen und gelangweilten Neureichen. Exzesse, Affären, grell ausgemalte existentielle Ödnis und Dekadenz. 49 anzo | M: Nino Rota | D: Giulietta Masina, Mario Pisu, Sandra Milo, Valentina Cortese, Valeska Gert | 137 min | OmU – Giulietta ist eine bürgerliche Dame mittleren Alters, die in ihrer luxuriösen Villa in Fregene den Sommer verbringt. Aufgebracht von der Untreue ihres Gatten und dem Dreinreden ihrer bigotten Verwandtschaft begibt sie sich auf den Weg einer komplexen Selbstfindung. Dabei durchquert sie eine Fülle esoterischer Lehren, beschwört Geister und lauscht Psychoanalytikern. Die sexuelle Freizügigkeit ihrer Nachbarin inspiriert sie ebenso wie die spirituelle Unterweisung durch den spanischen Aristokraten José, der ihr die Philosophie des Stierkampfs erklärt: »Der gute Torero muss ein reines Herz haben, einen klaren Kopf und klare Gedanken, wie ein Mönch oder ein Tänzer!« So besteht sie den Kampf gegen Traumata und böse Geister. In Fellinis Universum heißt das: Sie erobert sich eine neue Unschuld und darf im weißen Kleid am Meeresstrand erscheinen. Federico Fellini ▶ Mittwoch, 7. Mai 2014, 18.30 Uhr ▶▶ Samstag, 17. Mai 2014, 21.00 Uhr 50 Histoires extraordinaires (Außergewöhnliche Geschichten) | F 1968 | R: Roger Vadim, Louis Malle, Federico Fellini | B: Roger Vadim, Pascal Cousin, Louis Malle, Clement Biddle Wood, Ferdrico Fellni, Bernardino Zapponi, nach Erzählungen von Edgar Allan Poe | K: Claude Renoir, Tonino Delli Colli, Giuseppe Rotunno | M: Jean Prodromidès, Diego Mason, Nino Rota | D: Jane Fonda, Peter Fonda, Françoise Prévost, Brigitte Bardot, Alain Delon, Terence Stamp, Salvo Randone | 121 min | OmU – Episodenfilm nach drei fantastischen Geschichten von Edgar Allan Poe. Roger Vadims Episode METZENGERSTEIN handelt vom ausschweifenden Leben einer Gräfin, Louis Malles Verfilmung der Geschichte WILLIAM WILSON von der Selbstanklage eines Mörders zur Zeit des 19. Jahrhunderts, als Norditalien von österreichischen Truppen besetzt war. Fellinis Episode TOBY DAMMIT dreht sich um einen drogenund alkoholabhängigen Schauspieler, der in Italien einen Spaghetti-Western drehen soll und dort von alptraumhaften Visionen geplagt wird. ▶ Sonntag, 18. Mai 2014, 21.00 Uhr Satyricon (Fellinis Satyricon) | Italien 1969 | R: Federico Fellini | B: Federico Fellini, Bernardino Zapponi, nach der Vorlage von Titus Petronius | K: Giuseppe Rotunno | M: Nino Rota | D: Martin Potter, Hiram Keller, Max Born, Mario Romagnoli, Capucine, Alain Cuny | 128 min | OmU – Eine phantastische Reise durch eine absolut dekadente Gesellschaft, die in das derbe, erotisch ausschweifende und hedonistische Rom unter Kaiser Nero führt. Dort versuchen zwei Jünglinge, sich bei der Werbung um die Gunst eines Lustknaben gegenseitig auszustechen. »SATYRICON ist die surrealistische Sandalenfilmversion von DAS SÜSSE LEBEN. Der ebenso lasterhafte und glorreiche Film ist ein Exposé zum Thema Amoralität und Ausschweifung. Beide Filme zeigen das Kaleidoskop römischen Lebens, von den Ärmsten bis zu den Superreichen.« (Chris Wiegand). Visuell ist der Film stark von der Hippiebewegung sowie von Fellinis Interesse für bewusstseinserweiternde Drogen und Science Fiction geprägt. ▶ Dienstag, 20. Mai 2014, 18.30 Uhr ▶▶ Samstag, 24. Mai 2014, 21.00 Uhr Federico Fellini – Mit den Augen der Anderen | D 2003 | R+B: Eckhart Schmidt | K: Cristiano Samassa, Frank Barbian, Steve Elkins, Jens Thiele, Timothy Ruhstorfer, Joe Walsh | M: Toti Basso | Mit Anita Ekberg, Anouk Aimée, Sandra Milo, Dino de Laurentiis, Alberto Grimaldi, Giuseppe Rotunno, Gore Vidal, Tullio Pinelli, Friedrich von Thun, Balduin Baas | 90 min | Der Film entstand in Fellinis Geburtsort Rimini, in Rom, in Paris und in Los Angeles. Aus den Extrakten von Interviews – nicht nur mit den großen Stars und Fellinimitarbeitern, sondern u. a. auch mit dem Kellner in Fellinis Lieblingsrestaurant – montierte Eckhart Schmidt ein intimes Dokument, eine Collage über den Filmemacher und seine Kunst, aber auch über den privaten Fellini. »Es ist mir gelungen, alle wichtigen Mitarbeiter, Autoren und Schauspieler Fellinis vor die Kamera zu bekommen. Es war faszinierend zu sehen, welche große, oft entscheidende Rolle Fellini in ihrem Leben gespielt hat. Ich denke, die Magie Fellinis lässt sich in meinem Film authentisch und oft auch bewegend nachvollziehen.« (Eckhart Schmidt) ▶ Freitag, 23. Mai 2014, 21.00 Uhr (Zu Gast: Eckhart Schmidt) Fellini: A Director’s Notebook | Italien 1969 | R: Federico Fellini | B: Federico Fellini, Bernardino Zapponi | K: Pasquale De Santis | M: Nino Rota | Mit Federico Fellini, Giulietta Masina, Marcello Mastroianni, Caterina Boratto, Marina Boratto | 54 min | engl. OF – Ein wenig bekannter Fernsehfilm von Fellini über Fellini, der sein Filmprojekt »Il viaggo di G. Mastorna« aufgeben muss und am Film SATYRICON arbeitet. »Fellini präsentiert seine ganz eigene Art der Arbeit als Regisseur: Er trifft sich mit Hippies auf der Straße, nimmt ein spirtistisches Medium mit in die Katakomben der Metro von Rom, besucht seinen Lieblingsschauspieler Marcello Mastroinanni und empfängt eine ganze Reihe von I Clowns (Die Clowns) | Italien 1970 | R: Federico Fellini | B: Federico Fellini, Bernardino Zapponi | K: Dario di Palma | M: Nino Rota | Mit Federico Fellini, Liana Orfei, Charlie Rivel, Pierre Étaix, Anita Ekberg, Victoria Chaplin | 92 min | OmeU – Fellinis Liebeserklärung an die Welt des Zirkus ist eine sehr persönliche Auseinandersetzung des Autors mit der Situation des Künstlers. DIE CLOWNS gibt vor, ein Dokumentarfilm über die Dreharbeiten zu einem Dokumentarfilm zu sein. Fellini und sein fiktives Filmteam spüren berühmte Clowns auf, die über ihre Arbeit erzählen. Zusammen mit ihnen organisiert Fellini eine gigantische Parade im Zirkuszelt, die allerdings wie ein Abgesang auf eine vergangene ▶ Freitag, 30. Mai 2014, 21.00 Uhr Roma (Fellinis Roma) | Italien 1972 | R: Federico Fellini | B: Federico Fellini, Bernardino Zapponi | K: Giuseppe Rotunno | M: Nino Rota | D: Peter Gonzales, Fiona Florence, Pia De Doses, Anna Magnani, Gore Vidal, Federico Fellini | 128 min | OmeU – Fellinis eigensinnige und autobiografische Sicht auf seine Stadt, üppig ausgestattet und voller praller, fantastischer Szenen. Der Regisseur erinnert sich in Rückblenden an das Rom aus den Erzählungen seiner Kindheit sowie an seine ersten skurrilen Eindrücke als junger Journalist zur Zeit des Faschismus. Später erkundet er mit seinem Filmteam das Rom von heute, eine Stadt, die von Hippies, vom lärmenden Autoverkehr und vom Umgang mit dem historischen Erbe geprägt ist, das z. B. einem U-Bahn-Bau im Wege steht. Rom ist für Fellini die Stadt von Papst und Kirche, »die Heimat des Federico Fellini ▶ Sonntag, 25. Mai 2014, 21.00 Uhr Zeit wirkt. »Ich habe diesen Rausch, diese Regung, diese Rührung, dieses Gefühl, hier heimisch zu sein, sofort verspürt, als ich das erste Mal ein Zirkuszelt betrat. Ich war hingerissen, ich fühlte mich schweben – wie ein auf dem Mond ausgesetzter Astronaut, der sein Raumschiff wiederfindet.« (Federico Fellini) 51 ROMA exzentrischen Figuren in seinem Büro. Es scheint, dass er nach dem Obskuren, dem Fremden, dem Bizarren sucht, das er für seine Atmosphäre braucht.« (Colin Marshall) – Ciao, Federico! | Italien 1970 | R+B: Gideon Bachmann | K: Gideon Bachmann, Mario Masini | Mit Federico Fellini, Gideon Bachmann, Martin Potter, Hiram Keller, Max Born, Magali Noël, Capucine, Giulietta Masina, Roman Polanski | 60 min | engl. OF – Beobachtungen bei den Dreharbeiten von Fellinis SATYRICON. Pomps, des Ornaments, der Schminke, des Barock.« Zum Schluss fasst ein Amerikaner treffend zusammen: »Rom ist die Stadt der Illusion. Es ist kein Zufall, dass sie die Stadt der Regierung, der Kirche, des Films ist. Sie alle produzieren Illusionen.« Federico Fellini ▶ Dienstag, 27. Mai 2014, 18.30 Uhr ▶▶ Samstag, 31. Mai 2014, 21.00 Uhr 52 Amarcord | Italien 1973 | R: Federico Fellini | B: Federico Fellini, Tonino Guerra | K: Giuseppe Rotunno | M: Nino Rota | D: Pupella Maggio, Armando Brancia, Magali Noel, Ciccio Ingrassia, Nando Orfei |123 min | OmeU – »Amarcord« heißt im Dialekt »Ich erinnere mich«. Der Film ist eine impressionistische und liebevolle Ode an die Leiden der Pubertät in einer kleinen Stadt am Meer. Schauplatz ist ein italienischer Urlaubsort namens Borgo in den 1930er Jahren, als die Faschisten bereits die Macht hatten. Das in festgelegten Bahnen ablaufende Leben in der Provinz gibt auch die Form des Films vor, der ein Jahr lang das Leben im Ort zeigt: die Alltagsprobleme, die Streiche pubertierender Teenager, Ehestreitigkeiten, die prägende Rolle der Kirche. Besonders wichtig ist das Dorfkino Fulgor, für Fellini eine »warme Kloake aller Laster«. AMARCORD entstand nach Karikaturen von Menschen, die Fellini als Kind gekannt hatte. Der Film wurde jedoch nicht in seiner Heimatstadt Rimini gedreht, sondern im Studio . ▶ Mittwoch, 28. Mai 2014, 18.30 Uhr ▶▶ Sonntag, 1. Juni 2014, 21.00 Uhr Il Casanova di Federico Fellini (Fellinis Casanova) | Italien 1976 | R: Federico Fellini | B: Federico Fellini, Bernardino Zapponi, frei nach Giacomo Casanovas »Storie della mia vita« | K: Giuseppe Rotunno | M: Nino Rota | D: Donald Sutherland, Tina Aumont, Cicely Browne, Carmen Scarpitta, Clara Algranti, Daniela Gatti | 154 min | engl. OF – Gedreht in den Studios von Cinecittà, wohin sich Fellini seit der Rekonstruktion der Via Veneto für LA DOLCE VITA zur Erforschung seiner Imaginationen und Phantasmen immer mehr zurückgezogen hat. Weder die historische Wirklichkeit, in der Casanova lebte, noch dessen »Image« als Abenteurer und Frauenheld interessieren Fellini. Sein Casanova ist eine seiner bizarren, gespenstischen und am Ende doch mitfühlend gezeichneten Traumprojektionen. Fellinis bildnerische Kunst verwandelt die Karikatur zur poetischen Vision und diese zum Alptraum einer Mechanik des Begehrens. Casanova absolviert ein Programm grotesk aufgespreizter Beischlaf-Performances. ▶ Freitag, 6. Juni 2014, 21.00 Uhr 11. Juni 2014, 19.00 Uhr ▶▶ Mittwoch, Prova d’orchestra (Orchesterprobe) | Italien 1978 | R: Federico Fellini | B: Federico Fellini, Brunello Rondi | K: Giuseppe Rotunno | M: Nino Rota | D: Balduin Baas, Clara Colosimo, Elizabeth Labi, Ronaldo Bonacchi, David Maunsell | 70 min | OmU – Während einer Orchesterprobe bricht eine Rebellion unter den Musikern aus; doch unter dem Eindruck drohender Gefahr ordnen sich alle wieder dem Diktat des Maestros unter. Der in nur sechzehn Tagen mit bescheidenem Budget gedrehte Film ist in der Gegenwart angesiedelt und spielt in nur einer Kulisse, dem Andachtsraum einer alten Kirche. »Die ironisch distanzierte Allegorie über die Übel totalitärer Herrschaft ist Fellinis erster Film mit eindeutig politischer Aussage, zumal der Regisseur sich zuvor stets geweigert hatte, diesen Aspekt seines Werkes zu diskutieren. Der Film erhält seine aktuelle Brisanz in einer Welt, die bis heute von terroristischen Anschlägen heimgesucht wird.« (Chris Wiegand) PROVA D’ORCHESTRA ist Nino Rota gewidmet, der kurz nach Fertigstellung der Filmmusik verstarb. ▶ Samstag, 7. Juni 2014, 21.00 Uhr La città delle donne (Fellinis Stadt der Frauen) | Italien 1980 | R: Federico Fellini | B: Federico Fellini, Bernardino Zapponi, Brunello Rondi | K: Giuseppe Rotunno | M: Luis Bacalov | D: Marcello Mastroianni, Anna Prucnal, Bernice Stegers, Ettore Manni, Donatella Damiani | 139 min | OmeU – Marcello Mastroianni stolpert als lüsternes Mannsbild namens Snaporaz auf der Suche nach seinem Frauenideal durch das Labyrinth seiner Träume und Phantasmen. So entfaltet sich ein surreales Bilderpanorama, das geheimnisvolle, mit Erosphantasien aufgeladene Wälder und hübsch chaotisch-theatralische Kongresse von Feministinnen durchstreift. Der Abgesang auf traditionelle Männerfantasien im Zeitalter der Frauenbewegung. Während Snaporaz den ängstlich verwirrten Aspekt des männliches Geschlechts repräsentiert, erscheint sein Gegenbild Katzone als grotesker »Macho«, der seine Eroberungen triumphierend zur Schau stellt. Fellini: »Träume haben mich schon immer angezogen, doch ist von allen meinen Filmen nur dieser fast vollständig ein Traum: Er ist die alptraumhafte Kehrseite von Guidos Traum in OTTO E MEZZO.« ▶ Dienstag, 3. Juni 2014, 18.30 Uhr ▶▶ Sonntag, 8. Juni 2014, 21.00 Uhr E la nave va (Fellinis Schiff der Träume) | Italien 1983 | R: Federico Fellini | B: Federico Fellini, Tonino Guerra | K: Giuseppe Rotunno | M: Gianfranco Plenizio | D: Freddie Jones, Barbara Jefford, Janet Suzman, ▶ Mittwoch, 4. Juni 2014, 18.30 Uhr ▶▶ Montag, 9. Juni 2014, 18.30 Uhr Ginger e Fred (Ginger und Fred) | Italien 1985 | R: Federico Fellini | B: Federico Fellini, Tonino Guerra, Tullio Pinelli | K: Tonino Delli Colli, Ennio Guarnieri | M: Nicola Piovani | D: Giulietta Masina, Marcello Mastroianni, Franco Fabrizi, Frederick Ledenburg, Augusto Pederosi, Friedrich von Thun | 125 min | OmeU – Noch einmal Glanzrollen für Fellinis Muse Giulietta Masina und sein filmisches alter ego Marcello Mastroianni. Die beiden spielen ein Stepptanz-Duo, das vor 30 Jahren in Varietés Erfolge mit Nummern von Ginger Rogers & Fred Astaire feierte. Längst haben sich ihre Lebenswege getrennt, aber nun sollen sie für eine aufgeplusterte TV-Weihnachtsshow noch einmal das Tanzbein schwingen. Der Bildermagier, Illusionist, Traumtänzer und Komödiant Fellini liebte das Varieté, den Zirkus, das Kino. Das Fernsehen mochte er nicht. War LA DOLCE VITA eine Satire auf das dekadente Getriebe der Boulevardpresse, so zeigt er nun, ein Vierteljahrhundert später, die Welt des Fernsehens mit ihren Megashows als Abgrund der Vulgarität, als Menetekel einer apokalyptischen Konsumgesellschaft unter Werbespot-Diktat. ▶ Dienstag, 10. Juni 2014, 18.30 Uhr ▶▶ Freitag, 13. Juni 2014, 21.00 Uhr Werbefilme | Italien 1984–92 | R: Federico Fellini | 8 min | OmfU – Werbespots für Campari, Barilla und die Banca di Roma. – Intervista (Fellinis Intervista) | Italien 1987 | R: Federico Fellini | B: Federico Fellini, Gianfranco Angelucci | K: Tonino Delli Colli | M: Nicola Piovani | D: Federico Fellini. Sergio Rubini, Paola Liguori, Maurizio Mein, Marcello Mastroianni, Anita Ekberg | 108 min | OmU – »Film im Film: Fellini, den Regisseur Fellini spielend, verfilmt Kafkas ›Amerika‹, kommt aber zunächst nicht dazu, weil ihm der junge Journalist Sergio über den Weg läuft, der ihn an seine Jugend, an seine frühen Jahre als Paradiesvogel zwischen Zirkus, Theater und Varieté erinnert. Doch statt biederer Rückblenden inszeniert Fellini, als Regisseur seiner eigenen Autobiografie, das Vergangene auf der Bühne der Gegenwart, solchermaßen Gestern und Heute zu turbulenter Gleichzeitigkeit vermischend. Man sieht einen Regisseur, der seine eigene Kunst des Inszenierens in Szene, aber auch dem scharfen Licht der Karikatur aussetzt, sie auseinandernimmt, nebenbei über sie philosophiert und dabei vor der Travestie seiner selbst und seines Handwerks nicht zurückschreckt.« (Klaus Kreimeier) ▶ Samstag, 14. Juni 2014, 21.00 Uhr La voce della luna (Die Stimme des Mondes) | Italien 1990 | R: Federico Fellini | B: Federico Fellini, Tullio Pinelli, Ermanno Cavazzoni, nach seinem Roman »Il poema dei lunatici« | K: Tonino Delli Colli | M: Nicola Piovani | D: Roberto Benigni, Paolo Villaggio, Marisa Tomasi, Nadia Ottaviani, Angelo Orlando | 120 min | OmU – Ivo, ein aus der Psychiatrie entlassener Einzelgänger, irrt durch eine kleine Stadt im Po-Delta und vernimmt geheimnisvolle Stimmen aus einem Brunnen, die ihm Botschaften vermitteln. Auf einem Friedhof schwelgt er in Erinnerungen an seine Kindheit. Zu ihm gesellt sich eine Gruppe von »Verrückten«, die in der lärmenden, hektischen Welt dem Wesen der Dinge auf den Grund gehen wollen. »Ein Essay über Stille und Lautstärke, über das Verstehen und das Beobachten, über das Reden und das Sprechen, über das Verschwinden der Provinz und über ihre Unsterblichkeit. Während er kleine Fußtritte an die Öl- und Medienkonzerne verteilt, den Berlusconis dieser Welt eine lange Nase dreht, schafft Fellini große Kunst: eine optimistische Komödie darüber, daß man Poesie nicht kaufen kann.« (Georg Seeßlen) ▶ Sonntag, 15. Juni 2014, 21.00 Uhr Federico Fellini Vittorio Poletti, Peter Cellier, Pina Bausch | 132 min | OmU – Sommer 1914: An Bord eines Luxusdampfers mit illustren Gästen – darunter ein preußischer Großherzog und eine Gruppe von Opernsängern – wird die Asche einer verstorbenen Operndiva transportiert, die bei der Insel Erimo verstreut werden soll. An Deck werden Intrigen gesponnen, bis eine Gruppe schiffbrüchiger Serben auftaucht, welche die feine Gesellschaft in Unruhe versetzt. Es kommt zur Katastrophe. Ein Erzähler, der Journalist Orlando, führt mit Charme und Ironie durch den Film. Fellini wählte erstmals die Welt der Oper als künstlerischen Hintergrund seines Films. Seine musikalisch opulente, groteske Vision persifliert sowohl die Selbstgefälligkeit der gehobenen Gesellschaft als auch ihre beharrliche Leugnung der Realität. 53 THE TRIAL Film & Licht Film & Licht: Zur Geschichte des Filmlichts 54 Ohne Licht kein Film. Licht für die Bilder einer Szenerie, die Belichtung des Filmmaterials, die Projektion auf die Leinwand. Dabei bleibt das Licht im Film ein Hintergrundphänomen. Wir achten auf Handlung und Personen, das Licht nehmen wir kaum wahr. Es gibt zahlreiche Bücher über die Regeln des Filmlichts. Über die Geschichte des Filmlichts aber gibt es – außer zwei kurzen Aufsätzen von Peter Baxter und Wolfgang Samlowski & Hans J. Wulff – nur mein 2009 erschienenes Buch »Film & Licht. Die Geschichte des Filmlichts ist die Geschichte des Films«. Zu den Regeln: Entscheidend ist eine natürliche Lichtquelle für das sogenannte Führungslicht. Bei Tag ist das die Sonne, in der Nacht der Mond oder zur Szenerie gehörende Lampen innen und außen. Schatten und Richtung der Schatten hängen ab vom Führungslicht. Das ist die Vorgabe für alle weiteren speziellen Lichter: vom Hintergrund- oder Raumlicht über das Füll-Licht, das Schatten aufhellt, das Spitzlicht, das den Kopf einer Person hervorhebt, bis zum Vorderlicht, Gegenlicht, Augenlicht, etc. Die Entstehung dieser Regeln hängt eng zusammen mit der Geschichte des Hollywoodfilms. Die ersten Studios waren aus Glas. Die Sonne war die einzige Lichtquelle. Um die Jahrhundertwende zogen die meisten Filmfirmen von der Ost- an die Westküste der USA, weil dort das intensivere Sonnenlicht war, die Arbeitszeiten sich verlängern ließen. Diffusoren oder Tücher über dem Glas garantierten ein gleichmäßiges Licht. Schatten wurden vermieden. Erst als man 1904 die Quecksilber-Dampflampe mit ihrem relativ weichen Licht erfand, wurde man zunehmend unabhängig vom Sonnenlicht, und das Scheinwerferlicht im Studio wurde mehr und mehr zum künstlerischen Ausdrucksmittel. Es war D.W. Griffith, der 1915 und 1916 in seinen Filmen THE BIRTH OF A NATION und INTOLERANCE zum ersten Mal in den USA das Licht als expressives künstlerisches Mittel einsetzte, vor allem durch starke Schwarz/Weiß-Kontraste, die mit dem natürlichen Licht der heutigen Regeln nichts zu tun haben. Neben ihm hatte Cecil B. DeMille großen Erfolg mit THE CHEAT (1915), JOAN THE WOMAN (1916), OLD WIVES FOR NEW (1918) oder MANSLAUGHTER (1922). Während bei Griffith Licht und Dramaturgie kompliziert Einmal wurde für etwa zehn Jahre das Regelwerk in Hollywood selbst gebrochen. Ende der 1960er Jahren war die finanzielle Situation der Studios miserabel, und man ließ junge Regisseure mit knapp bemessenem Etat »ihr Ding« machen. Zu den Protagonisten des »New Hollywood« gehörten Robert Altman z. B. mit M.A.S.H. (1969) und Martin Scorsese mit TAxI DRIVER (1976). Beide hielten sich nicht an die codifizierten Regeln. Als sich Ende der 1970er die Studios finanziell erholt hatten, unterlagen auch berühmte Regisseure wieder dem alten Licht-Codex. Der deutsche Kameramann Michael Ballhaus, der zahlreiche Filme in Hollywood u. a. mit Martin Scorsese gedreht hat, beklagte 2007 in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung, dass die Freiheiten heute noch geringer seien als zuvor, selbst für »Martin Scorsese oder Robert Redford. Wenn die bestimmte Vorgaben des Studios nicht erfüllen, bekommen sie ihre Filme einfach nicht mehr finanziert.« Es gibt Einzelgänger, die sich nie den »klassischen« Regeln unterworfen haben. Orson Welles etwa, der Hollywood nach TOUCH OF EVIL (1958) verließ, um – immer in Geldschwierigkeiten – in Europa seine Ideen zu realisieren. Sergej M. Eisenstein, dessen gigantische Schattenspiele in IWAN DER SCHRECKLICHE (1943–45) jedes Regelwerk missachten, im Gegensatz zu seinem Landsmann Vsevolod Pudovkin, dessen STURM ÜBER ASIEN (1928) dem hollywoodschen Regelwerk viel näher ist. Zu den Einzelgängern gehört Luis Buñuel ebenso wie Max Ophüls, der sich in Hollywood nicht angepasst hatte und seinem persönlichen Stil stets treu blieb. In jüngerer Zeit finden etwa Wong Kar-wai oder Lars von Trier vor allem durch das Licht zu einem eigenen, persönlichen Stil. Wir kennen das aus der modernen Malerei: Picasso, Klee, Miró – sie halten sich an kein Regelwerk, sondern entwickeln ihren eigenen Stil. Beim Filmlicht geht es nicht in erster Linie um technische Probleme, sondern um die Frage, in welchem Licht unsere Welt gesehen wird. Die »klassischen« Hollywoodregeln berufen sich auf »Realismus« und »Natürlichkeit«. Das Licht für eine Szene zu setzen ist ein langwieriger technischer Prozess. Von »Natürlichkeit« kann da in Wahrheit keine Rede sein. Wenn ein Schauspieler z. B. bei Tageslicht vor einem Fenster steht, muss er ein Licht von vorn bekommen, sonst bleibt er schwarz. Der weitgehende Bestand der Lichtregeln ist abhängig von der massenhaften Verbreitung des Hollywoodfilms. Für den »Realismus« des geregelten Lichts gilt das Wort von Vilém Flusser: »Was nicht kommuniziert wird, ist nicht, und je mehr es kommuniziert wird, ist es.« Schon DeMille setzte die »Natürlichkeit« seines Lichts Film & Licht waren, arbeitete DeMille mit einfachen Stories und einem weniger komplizierten, »natürlichen« Licht. DeMille setzte sich durch. Als die Hollywoodstudios sich Mitte der 1920er Jahre kapitalisierten und an die Börse gingen, wurde das Licht der Filme DeMilles in einem für alle Studios geltenden Regelwerk codifiziert, das bis heute gilt. Die Kapitalgeber sollten sicher sein, in welcher Art von Film sie ihr Geld investierten. Wichtig wurde der Supervisor, der auf die Einhaltung der Regeln achtete. In Europa, zumal in Deutschland, wurde bis weit in die 1930er Jahre ein Filmlicht gesetzt, das sich nicht an die »klassischen« Hollywoodregeln hielt, sondern allein dem Ausdruck der filmischen Szenerie diente. Von Robert Wienes DAS CABINET DES DR. CALIGARI (1920) über F.W. Murnaus DER LETZTE MANN (1924) oder FAUST (1926), Fritz Langs DIE NIBELUNGEN (1922– 24) oder M (1931) bis zu Robert Siodmaks TUMULTES (1931) und der LIEBELEI von Max Ophüls (1932) – man scherte sich nicht um vorgegebene Regeln, weckte nicht den Anschein von »Natürlichkeit«, sondern benutzte das Licht als expressives Gestaltungselement und entwickelte dabei den eigenen individuellen Stil. Was geschah, als zahlreiche deutsche Regisseure in die USA emigrierten? Murnau ging früh, scheiterte mit seinem wunderbaren Film SUNRISE (1927) und verstarb schon 1931. Fritz Lang passte sich völlig an, Robert Siodmak passte sich nur soweit wie nötig an. Max Ophüls aber hörte in den USA auf zu drehen und verarmte, bis er 1947 in Fairbanks jr. einen Produzenten fand, der ihn einen Film in seinem Stil, mit seinem Licht drehen ließ: THE ExILE. Die Regeln des »klassischen« Hollywoodfilms haben bis heute Bestand. Dabei gab es Zeiten, wo bewusst gegen dieses »natürliche« Licht angegangen wurde. Der italienische Neorealismus entstand in einer Notsituation. Roberto Rossellini drehte ROM OFFENE STADT Anfang 1945. Bei Kriegsende hatte er kaum Filmmaterial und wenig Lampen. Er drehte viel bei Tageslicht, und wenn er Scheinwerfer brauchte, scherte er sich nicht um Führungslicht und korrekte Schatten. In Vittorio De Sicas FAHRRADDIEBE (1948) wurde daraus ein spezieller Stil. Die französische »Nouvelle Vague« knüpfte mit Truffaut und Godard ab 1959 daran an. Bewusst wandten sie sich gegen des Hollywoodsche Regelwerk. Ohne hier ins Detail zu gehen: Es fällt auf, dass sowohl Truffaut in LES QUATRE CENTS COUPS als auch Godard in À BOUT DE SOUFFLE immer wieder auf vorhandenes Tageslicht setzen, ohne zusätzliche Scheinwerfer, d. h. die Personen bleiben dunkel, wenn das gegebene Licht nicht ausreicht. 55 ab gegen jeden individuellen Stil. Alles Moderne wurde von seinem Lehrmeister, dem in den USA bedeutenden Theaterregisseur David Belasco verachtet. Er sah darin »nur Bizarres, Geschmackloses und Unwirkliches«, das »der Wahrheit zuwiderläuft.« Für mich hat jeder Film seine eigene Realität. Im Film ist Realität, was im Bild erscheint. Unser Bild von der Welt sollte keinen starren Regeln unterliegen. Jeder Regisseur hat das Recht, wie die Maler der Moderne, seine Weltsicht zu realisieren. Richard Blank Geschichte des Filmlichts | Vortrag von Richard Blank | 90 min – Anhand von zahlreichen Filmausschnitten aus markanten Beispielen der Filmgeschichte wird die Entwicklung des Filmlichts beschrieben, werden die Regeln erläutert, die Hollywood Mitte der 1920er Jahre entwickelt hat, und wird auf Filme hingewiesen, die gegen diese Regeln verstoßen. Film & Licht ▶ Mittwoch, 30. April 2014, 21.00 Uhr 56 Der letzte Mann | D 1924 | R: Friedrich Wilhelm Murnau | B: Carl Mayer | K: Karl Freund | D: Emil Jannings, Maly Delschaft, Max W. Hiller, Emilie Kurz, Hans Unterkircher | 90 min – Während in Hollywood Mitte der 1920er Jahre die bis heute bestehenden Regeln fixiert wurden, arbeitete man im europäischen Film, zumal in Deutschland, mit einem Licht, das allein dem bildhaften Ausdruck diente. Licht als Gestaltungselement. Murnaus städtische Szenerien erwecken nicht die Illusion einer objektiven Realität, vielmehr zeigen sie Bilder einer Stadt, die als Bilder kenntlich bleiben, Murnaus Bilder. ▶ Mittwoch, 7. Mai 2014, 21.00 Uhr | Live-Musik: Gün- ter A. Buchwald | Einführung: Richard Blank M | D 1931| R: Fritz Lang | B: Thea von Harbou, Fritz Lang | K: Fritz Arno Wagner | D: Peter Lorre, Ellen Widmann, Inge Landgut, Gustaf Gründgens, Theo Lingen, Otto Wernicke | 111 min – Ein Film im Zwielicht. Gegen alle Regeln gibt es falsche Schatten, und bis zum Ende, wenn der Mörder verfolgt und gefasst wird, kann man nie eine eindeutige Tageszeit ausmachen – Zeichen von Angst und Unsicherheit. Ein Blinder überführt den Mörder. Der Inhalt des Films bestimmt das Licht. ▶ Mittwoch, 21. Mai 2014, 21.00 Uhr | Einführung: Rich- ard Blank La Ronde (Der Reigen) | F 1950 | R: Max Ophüls | B: Max Ophüls, Jacques Natanson, nach dem Stück von Arthur Schnitzler | K: Christian Matras | M: Oscar Strauss | D: Anton Walbrook, Simone Signoret, Serge Reggiani, Danielle Darrieux, Jean-Louis Barrault, Gérard Philipe | 109 min | OmU – Ophüls war der einzige der deutschsprachigen Emigranten, der lieber auf eine Hollywoodkarriere verzichtete als seine sehr persönliche Filmkunst aufzugeben. Immer machte er – mit verschiedenen Kameraleuten – sein ganz spezifisches Licht. Schon der Anfang von LA RONDE ist für die Regelverfechter ein Skandal: In einer einzigen langen Einstellung wechselt die Tageszeit von Nacht zu Tag zu Nacht. ▶ Mittwoch, 28. Mai 2014, 21.00 Uhr | Einführung: Rich- ard Blank The Trial (Der Prozess) | F 1962 | R+B: Orson Welles, nach dem Roman von Franz Kafka | K: Edmond Richard | M: Jean Ledrut | D: Anthony Perkins, Jeanne Moreau, Romy Schneider, Elsa Martinelli, Suzanne Flon, Orson Welles | 118 min | engl. OmU – Orson Welles konnte diesen Film nur machen, weil er Hollywood verlassen hatte. Seine Verachtung der »klassischen« Studionormen zeigt sich in einer ganz individuellen Behandlung des Lichts und der Szenenfolge. Doppelschatten und überraschende Lichtwechsel verstärken Angst und Unsicherheit vor dem Gesetz, das keiner kennt. ▶ Mittwoch, 4. Juni 2014, 21.00 Uhr | Einführung: Rich- ard Blank Fa yeung nin wa (In the Mood for Love) | Hongkong 2000 | R+B: Wong Kar-wai | K: Christopher Doyle, Mark Lee Ping-bin | M: Michael Galasso | D: Maggie Cheung, Tony Leung, Ping Lam Siu, Tung Cho Cheung, Rebecca Pan | 98 min | OmU – Häufig wird nach einer Szene die gleiche Szene wiederholt, mit leichten Änderungen im Dialog und Änderungen im Licht. Die Schatten sind mal länger, mal kürzer. Mal stehen die Personen im Dunkeln, und in der gleichen Szenerie sind sie hell beleuchtet. Das ist ein Liebesfilm ohne die Illusion von Sicherheit in der Liebe. ▶ Mittwoch, 18. Juni 2014, 21.00 Uhr | Einführung: Richard Blank Dogville | DK 2003 | R+B: Lars von Trier | K: Anthony Dod Mantle | D: Nicole Kidman, Harriet Andersson, Lauren Bacall, Jean-Marc Barr, James Caan, Ben Gazzara, John Hurt, Udo Kier | 140 min | OmU – Häuser ohne Mauern, die Straßen durch Striche am Boden gekennzeichnet. Natürliche Lichtquellen sucht man hier vergebens. Das Licht führt ein Eigenleben. Mehrmals wird von »Lichtveränderungen« gesprochen, und für den blinden Alten gibt es in der Nacht goldgelbes Sonnenlicht. ▶ Mittwoch, 25. Juni 2014, 21.00 Uhr | Einführung: Richard Blank DOK.fest Retrospektive: Kim Longinotto bis nach Indien. Gemein ist allen Filmen Longinottos unverkennbarer Stil, der sie zu einer Meisterin des beobachtenden Dokumentarfilms macht: Mit großem Gespür für den Kern jeder Szene und einem erstaunlichen Zugang zu ihren Protagonistinnen gelingen ihr gleichermaßen Charakterstudien und Stories von großer Tiefe und Komplexität – mal dramatisch, mal tragisch-komisch. Immer getragen von einem emphatischen Humanismus und großer künstlerischer Reife. Die Werkschau des DOK.fest präsentiert Filme über die verschiedenen Kulturkreise, in denen Kim Longinotto gearbeitet hat, und spiegelt ihre Entwicklung über beinahe drei Jahrzehnte: HIDDEN FACES (Ägypten 1990), THE GOOD WIFE OF TOKYO (Japan 1992), DIVORCE IRANIAN STYLE (Iran, 1998), GAEA GIRLS (Japan 2000), THE DAY I WILL NEVER FORGET (Kenia 2002), SISTERS IN LAW (Kamerun, 2005), SALMA (Indien, 2012). Kim Longinotto wird in München für Publikumsgespräche zu Gast sein. Begleitet wird sie von ihrem Cutter Ollie Huddleston, mit dem sie auch an ihrem neuen Film arbeitet. Andrea Kuhn / Daniel Sponsel DOK.fest ▶ Donnerstag, 8. Mai bis Mittwoch, 14. Mai 2014 57 Kim Longinotto, Protagonistin Najima und Tonfrau Sara Lima © Samyuktha PC Mit ihren engagierten und bewegenden Filmen gehört Kim Longinotto längst zu den renommiertesten Filmschaffenden Großbritanniens. Fast ist man versucht, den Begriff »grande dame des Dokumentarfilms« zu verwenden, wirkte er nicht viel zu distanziert angesichts der großen Intimität, die ihre Filme auszeichnet, und der spürbaren Begeisterung und Integrität, mit der sie jedes neue Projekt angeht. Schon in ihren frühen Filmen als Studentin der britischen National Film School ist das Grundthema angelegt, das die Arbeiten Kim Longinottos bis heute bestimmt: das Aufbegehren des Individuums gegen ein repressives System und erdrückende Traditionen. Da verwundert es kaum, dass sie in ihren Filmen fast ausnahmslos den Geschichten von starken Frauen folgt, die mit Charisma und Verve den Kampf gegen diese Systeme aufnehmen. Filmemachen ist für Longinotto ein solidarischer Akt mit den Underdogs dieser Welt, der sie bislang in die verschiedensten Kulturkreise geführt hat: von Japan, wo viele ihrer frühen Werke entstanden, über den Iran, den afrikanischen Kontinent und in den letzten Jahren Michael Snow Michael Snow und die Kamera für LA RÉGION CENTRALE Underdox Halbzeit: Michael Snow 58 Als Michael Snow 1967 seinen Film WAVELENGTH auf dem internationalen Experimentalfilmfestival EXPRMNTL 4 im belgischen Knokke-le Zoute präsentierte und den Großen Preis der Jury – der Shirley Clarke, Vera Chytilová, Walerian Borowczyk und Edgar Reitz angehörten – gewann, wurde er unwiderruflich in die erste Reihe der New Yorker Filmszene katapultiert, und WAVELENGTH ging als Meilenstein der Avantgarde in die Filmgeschichte ein. Dabei wusste kaum einer in New York, dass sich Snow dem Film zugewandt hatte. Seit Mitte der 1960er Jahre hatte sich der Bildende Künstler und Jazz-Musiker einen Namen als Maler gemacht und stellte in zahlreichen Galerien in seiner Heimat Kanada aus. Snow, 1929 in Toronto geboren, hatte am Ontario College Kunst und Design studiert. Daneben spielte er als Pianist in einer Jazz-Combo und entwickelte seinen Malstil frei von allen Lehren. Nach dem Studium arbeitete er für Graphic Films in Toronto. Hier enstand 1956 Snows erster Film, A-Z, eine Animation, die er selbst mit den Worten beschrieb: »Zwei Stühle küssen sich.« Zusammen mit der Künstlerin und Filmemacherin Joyce Wieland ging er wenig später in das pulsierende New York der frühen 1960er Jahre. Hier erlebte er in der von Jonas Mekas initiierten Film-Makers’ Cinematheque die Aufführung von Warhols Monumentalfilmen SLEEP (1963) und EMPIRE (1964) und die montierten Bilderfluten von Stan Brakhage. WAVELENGTH, das in seiner Zeitlichkeit gedehnt wirkt und das filmische Dispositiv selbst zu seinem Thema macht, sah man von den beiden großen New Yorker Experimentalfilmern beeinflusst; außerdem erhob ihn der amerikanische Filmtheoretiker P. Adams Sitney zu einem der größten Vertreter des strukturellen, nicht-narrativen Films. WAVELENGTH vollzieht sich in 45 Minuten in einer einzigen Einstellung und ohne vordergründige Handlung. Ein Zoom holt langsam und teilweise auch in erkennbaren Montage-Sprüngen in einem Apartment eine Wand immer näher an das Auge des Betrachters heran. Indem die Wand für den Blick des Betrachters enger gefaßt wird und die Dinge näher herangeholt werden, werden anfangs nicht erkennbare Details deutlich, eine Grafik, die die ausgeschnittene Silhouette der »Walking Woman« zeigt, mit der Snow von 1961 an die Prinzipien der Serialität erforschte und die zu seinem Markenzeichen geworden war, sowie eine Fotografie. Auch der strukturelle und vordergründig nicht-narrative Film Snows ist gesättigt von Spannungsmomenten und Michael Snow 1964 misch Dramatische auf der Repräsentationsebene des Bildes unterstreichen – und die den strengen Formalismus der Anordnung chaotisch unterwandern. So endet eine Stehparty unter Studenten (zu sehen sind hier u. a. der Aktionskünstler Allan Kaprow und der Klangkünstler Max Neuhaus) in einem Ringkampf. Als die Kamera vom horizontalen Schwenk in höchster Geschwindigkeit zum vertikalen Tilt übergeht und sich der Raum unter dem Einfluss der filmenden Apparatur in Lichtund Farbflecken auflöst, blickt ein Police Officer durch ein Fenster in das Klassenzimmer und bereitet dem schwindelerregenden Treiben ein Ende. Snows »strukturalistische« Filme sind so nie reine Struktur, konstruiertes Konzept oder angestrengter Minimalismus. Snow webt in all seine Filme Handlungsfragmente ein, die den Kriminalfilm (WAVELENGTH, <—> ), Science Fiction (LA RÉGION CENTRALE) oder das Melodram (PRESENTS) assoziieren. Im Zusammentreffen der Welt mit der Maschine und dem filmischen Medium unterliegt dabei oft die Welt der Objekte dem Zugriff durch das Medium und löst sich auf, wie als Bildwerdung der psychedelisch werdenden Welt am Ende der 1960er Jahre. Während WAVELENGTH und <—> mit Innenräumen und der Präsenz des Menschen spielen, ist der Schauplatz des dritten Kamerafilms LA RÉGION CENTRALE (1971) ein unberührtes Hochplateau im äußersten Norden von Sept-Îles in Québec. Ein komplexer Kameraroboter sollte die Region autonom filmen. Pierre Abeloos konstruierte ihn nach den Vorgaben Snows so, dass mehrere Schwenk- und Zoom-Bewegungen gleichzeitig um verschiedene Achsen in einem Winkel von 360° ausgeführt werden konnten. Der Roboter kam dabei selbst nicht ins Bild. Snow sah in LA RÉGION CENTRALE einen monumentalen Landschaftsfilm in der Tradition von Cézanne, Poussin, Monet oder Matisse: Wie ein Pinsel fährt die Roboterkamera in allen Richtungen über die Landschaft, um sie später an die Kinoleinwand zu malen. Das sich in alle Richtungen drehende, unwissende Auge des Roboters, das durch die starken Richtungswechsel die Schwerkraft gleichsam außer Kraft setzt, wird von abstrakten Signaltönen begleitet, alarmhaft und durchdringend. Die Landschaftsbilder werden so in eine irreale Sphäre entrückt und erzeugen ein Gefühl von der Unendlichkeit des Universums. Snow sah darin eine der irdischen Perspektive inhärente Tragik: »In LA RÉGION CENTRALE the frame emphasizes the cosmic continuity which is beautiful but tragic: it just goes on without us.« Zehn Jahre später drehte Snow die Versuchsanordnung um. In PRESENTS (1982) ist die Kamera fixiert, Michael Snow detektivischen Leerstellen, die sich durch kleine Ereignisse in dem Apartment andeuten und als Fragmente eines Verbrechens gesehen werden können. Die reale Welt der Objekte wird während des Films immer wieder einer Verunsicherung unterzogen, indem sich filmische Artefakte über die Gegenstände legen und sie gewissermaßen in das Medium hineinziehen. So invertiert sich das Apartment in sein Bild-Negativ, schieben sich Farbframes zwischen die Aufnahmen, und jedes Heranzoomen wird zum Mikro-Ereignis, in welchem die Kamera als stummer Protagonist auf sich aufmerksam macht. Auch auf der Tonebene vollzieht sich die mediale Durchdringung der Welt. Über den synchronen O-Ton wird das 1967 veröffentlichte Lied der Beatles »Strawberry Fields Forever« gespielt. Später setzt eine Sinus-Welle ein, die sich kontinuierlich von 50 auf 12.000 Hertz steigert. »I wanted something that was the ear equivalent of the film zoom. When the sine wave starts, it is very static and seems to be a kind of drone but you start to realise that it isn’t a drone as it’s always rising which causes a very particular kind of tension in the film.« WAVELENGTH ist der erste von insgesamt drei »Kamera-Filmen«. 1969 folgte der mit dem piktografischen Titel versehene <—> (BACK AND FORTH). Mittels horizontalem Hin-und Herschwenken der Kamera wird ein Klassenraum gefilmt. Die Kamera war mit einer maschinellen Vorrichtung verbunden, die extrem schnelle Schwenks zuließ, die durch ein Metronom vorgegeben wurden. Der Sound erzeugt auch hier wieder ein »Hör-Äquivalent« zur Bildebene, das nach dem Editieren des Films nachsynchronisiert wurde. Bevor sich im immer schneller werdenden Schwenk die Illusion einer Bilddehnung bis ins Cinemascope-Format ergibt, werden kurze Handlungsmomente erstellt, die das fil- 59 Michael Snow Michael Snow 60 während das Bühnenbild durch enorme Motoren hinund herbewegt wird. Eine Frau, die »Walking Woman«, geht auf der Drehbühne durch verschiedene Räume, während die Rotationsrichtung abrupt wechselt. Unter der mechanischen Einwirkung bricht das gebaute Filmset wie ein Kartenhaus zusammen; der Kreationsprozess verkehrt sich in lustvolle Destruktion. Snow behauptet mit PRESENTS, der in diesem Teil wie die Parodie auf seinen eigenen Film <—> wirkt, die Fragilität des künstlich und kunstvoll geschaffenen Arrangements eines »staged film« und des illusionären, fiktionalen Films. In dem sich anschließenden zweiten Teil filmt Snow mit einer bewegten Handkamera Objekte in einer dokumentarischen Außenwelt, die sich meist selbst in Bewegung befinden, und montiert die Aufnahmen zu einem kaleidoskopischen Universum. »Cameras can be static or can be moved«, bringt Snow seinen Film konzeptuell auf den Punkt, und darum ging es ihm auch: Um die Wirkung von Bewegung auf Objekte, einmal mechanisch und das andere Mal medial. Snow hatte bereits in PRESENTS eine Lust am Spiel und an den Worten gezeigt, die sich in der Mehrfachbedeutung des Titels verrät. Ein Jahr später realisiert er mit SO IS THIS (1983) einen »Lese-Film«, der ganz aus Wörtern besteht und einen stummen Dialog mit dem Zuschauer entfaltet. Die Worte analogisiert Snow mit dem Bildkader (frame) und beschleunigt, verlangsamt oder verundeutlicht sie, ohne jemals die Textbedeutung aufzugeben. Die dabei aufrecht erhaltene Selbstreferentialität auf das, was soeben passiert, erinnert nicht zufällig an den semiotischen Zirkelschluss von René Magrittes »La trahison des images« (Der Verrat der Bilder), in dem er mit den Worten »Ceci n’est pas une pipe« das Abgebildete gegen die Welt der realen Objekte ausspielt. Snow verweist in SO IS THIS direkt auf Magritte und schließt mit einem lakonischen Fazit: »C’est vrai ici aussi.« (Das ist wahr, auch hier.) Wie sehr sein filmisches Nachdenken über die Konstitution von Bildern durch Kadrierung, Kamera, Dauer, Raum, Dramatisierung und dem dazugehörigen Sound immer auch durchsetzt ist von spielerischem Bildhumor und Medienironie, beweist Snow zwanzig Jahre später noch einmal in *CORPUS CALLOSUM (2002). Snow versieht das virtuelle Bild mit einer grundsätzlichen Unsicherheit: In der digitalen Manipulation wird es fortwährender Transformation ausgesetzt und Gegenstände und Menschen der Metamorphose unterworfen. Gleichzeitig ergeben sich implizite Kommentare zur Mediengesellschaft, indem deren Dispositive wie Überwachungskameras oder Computer allgegenwärtig sind. Mittels eines medialen Möbiusbandes, das als digitaler Special Effect an das Intro von PRESENTS erinnert, in dem das Videobild horizontal und vertikal auf- und zugezogen wurde, transformiert sich die Techno-Welt in ein Wohnzimmer der 1960er Jahre. An der Wand hängt wieder »The Walking Woman«. Snow hat hier auf vielfältige Weise eine Mini-Retrospektive seines eigenen Werkes geschaffen und sich auf die Endlosschleife eines Möbiusbandes begeben, auf dem er sich nicht mehr entscheiden muss zwischen der Repräsentation der Welt und der Welt der Repräsentation. Die Welt ist jetzt ganz im Medium aufgegangen. Dunja Bialas “Telling a story is perhaps the best way to structure time but I’m interested in finding different ways for development to take place. If there are ‘narrative cinema’ elements in my films I don’t want them to take you ‘elsewhere’ but to keep you here watching the film, a construct, an artificiality.” (Michael Snow) Wavelength | Kanada 1967 | R+B+K: Michael Snow | M: Tom Wolff | D: Hollis Frampton, Lynne Grossman, Naoto Nakazawa, Amy Taubin, Joyce Wieland | 45 min | OF – This film is a continuous zoom which takes fortyfive minutes to go from its widest field to its smallest and final field. It was shot with a fixed camera from one end of an eighty-foot loft, shooting the other end, a row of windows and a street. Thus, the setting and the action which takes place there are cosmically equivalent. The room (and the zoom) are interrupted by four human events including a death. The sound on these occasions is sync sound — music and speech occurring simultaneously with an electronic sound, a sine wave, which goes from its lowest rate to its highest. It is a total glissando, while the film is a crescendo and a dis- ▶ Mittwoch, 21. Mai 2014, 18.30 Uhr *Corpus Callosum | Kanada 2002 | R+B: Michael Snow | K: Harald Bachmann, Robbi Hinds | D: Jacqueline Anderson, Greg Hermanovic, John Massey, Kim Plate, Tom Sherman | 92 min | OF – The corpus callosum is a central region of tissue in the human brain which passes “messages” between the two hemispheres. *CORPUS CALLOSUM, the film (or tape, or projected light work), is constructed of, depicts, creates, examines, presents, consists of, and is, “betweens”. Between beginning and ending, between “natural” and “artificial”, between fiction and fact, between hearing and seeing, between 1956 and 2002. It’s a tragi-comedy of the cinematic variables. *CORPUS CALLOSUM juxtaposes or counterpoints a realism of normal metamorphosis (two extreme examples: pregnancy, explosions) in believable, “real” interior spaces with “impossible” shape changes (some made possible with digital animation). (Michael Snow) ▶ Mittwoch, 21. Mai 2014, 18.30 Uhr La région centrale | Kanada 1971 | R+B: Michael Snow | K: Pierre Abbeloos | 180 min | OF – I started to think about exterior spaces and arrived at the idea of making a landscape film that would be a true film, not an imitation of painting. It seemed that what would be properly derived from the idea of doing something outside was camera movement in a totally 360-degree space. I spent almost a year looking for someone who could solve this and finally found Pierre Abbeloos. He built a machine to my specs in the sense that I told him what kind of motions and speeds it should be capable of and that it had to be operable through remote control. I didn’t want anything made by humans, because the peopling of space should occur in your mind. I didn’t want buildings, because that would be a human form and I wanted the camera to make the form. (Michael Snow) ▶ Donnerstag, 22. Mai 2014, 19.00 Uhr | Zu Gast: Michael Snow <—> (Back and Forth) | Kanada 1969 | R+B: Michael Snow | D: Allan Karpow, Emmett Williams, Max Neuhaus, Joyce Wieland, Luis Camnitzer | 54 min | OF – It’s a classroom, and it’s built first on left-to-right and right-to-left continuous pans with the camera on a tripod. It starts at a medium tempo, slows down, then gradually picks up speed to very fast; there’s a cut to an up and down pan in the same space at the same high speed then it gradually slows down to a stop. The gesture of BACK AND FORTH is a “yes” or “no” gesture and includes such relationships as teacher/student and male/female. The film is about reciprocities, balances, oscillations. BACK AND FORTH also features something I continue to be involved in which is themes and variations. That’s one of the things jazz has always done and, in another way, that’s what I’ve done in film. (Michael Snow) ▶ Freitag, 23. Mai 2014, 18.30 Uhr | Zu Gast: Michael Snow So Is This | Kanada 1983 | R+B+K: Michael Snow | 43 min | OF – A silent film of 45 minutes consisting of single words of this script or score placed on the screen one by one, one after another, for specific lengths of time. It’s just words; it’s a written text, but the style is conversational, as if you’re sort of blabbing to someone. I think it says that actually, “It’s just between you and me.” Several different strategies were employed on timing words/passages of the film. Image quality changes too, and the situation of an audience reading a film is a special one, not to be duplicated by reading this. I was trying to catch most of the “this” words as I filmed, trying to make new arrangements. Again, it’s a theme and variation thing; a new elaboration of what’s already been stated. (Michael Snow) ▶ Freitag, 23. Mai 2014, 18.30 Uhr | Zu Gast: Michael Snow Presents | Kanada 1981 | R+B: Michael Snow | K: Keith Lock, Michael Snow | D: Jane Fellowes | 98 min | OF – PRESENTS has something like three different modes in it. There is pushing and stretching, the tracking of the set, which because of convention you think of as camera movement, but you can see that the set is moving, then there is the smashing up of the set, followed by almost an hour of hand held pans which are from all over the world. Each one the pans is a different reaction to the scene with the camera. So that if the camera was moving in one way you might follow it or if the shape was round you would shoot it in a round way. One of the things I wanted to do was to cut each pan so that there would be no continuity from shot to shot, so they were isolated in time and space as these little instants taken from life. (Michael Snow) ▶ Samstag, 24. Mai 2014, 18.30 Uhr | Zu Gast: Michael Snow Michael Snow persed spectrum — so the film as a whole attempts to utilize the gifts of both prophecy and memory, which only film and music have to offer. (Michael Snow) 61 Bayern in Babelsberg DAS VERURTEILTE DORF DEFA-Filme: Bayern in Babelsberg 62 Mehr als vierzig Jahre lang war Bayern verdammt weit weg von Babelsberg. Wer aus dem Brandenburgischen ins Bayerische oder auch Fränkische wechseln wollte, hatte in den 1950er-Jahren die grüne Grenze, dann sogar eine noch viel schärfer bewachte Mauer zu überqueren. Was den Ostdeutschen blieb, die sich auch in tiefsten DDR-Zeiten stets mehr für den Westen, also auch für Bayern interessierten als umkehrt, war das westdeutsche Fernsehen. ARD und ZDF. Bayern präsentierte sich in den Wohnzimmern der Ostdeutschen mit Löwe Leo, dem Komödienstadel und Inspektor Wanninger. Dann auch mit Kir Royal. Wenig später fiel die Mauer, und Bayern war wieder mit eigenen Füßen zu betreten, mit eigenen Augen zu besichtigen. Manchmal, ziemlich selten, wagte sich auch die in Babelsberg ansässige Filmgesellschaft DEFA an Filmstoffe, die sie in Bayern verortete. DAS VERURTEILTE DORF (1951) beispielsweise. Oder DER PROZESS WIRD VERTAGT (1958), FREISPRUCH MANGELS BEWEISES (1962), FOR EYES ONLY – STRENG GEHEIM (1963) und CHRONIK EINES MORDES (1965). Hinter den reißerischen Titeln, die oft etwas Kriminalistisches, auch Tragisches assoziierten, verbargen sich fast immer ernst gemeinte Annäherungen an politische Entwicklungen und Tatbestände in der Bundesrepublik. Geschichten, wie es sie im westdeutschen Film nie oder fast nie zu sehen gab. Die solidarische Gegenwehr gegen US-amerikanische Besatzungsoffiziere beispielsweise, die ein fränkisches Dorf entvölkern wollen und an dessen Stelle einen Militärflugplatz bauen (DAS VERURTEILTE DORF). Das war eine andere Art Heimatfilm als der in der Bundesrepublik erfundene: kein fröhlicher Singsang à la GRÜN IST DIE HEIDE, nichts von Edelweiß und Almenrausch, sondern ein harter, existentieller Zusammenprall von Macht, Militär und Volk. Dass die DEFA dabei wider besseres Wissen eine revolutionäre Volksfrontstimmung in der Bundesrepublik behauptete, gegen die Amerikaner, aber auch gegen die eigene amerikahörige Obrigkeit, war der Zeit geschuldet: DAS VERURTEILTE DORF entstand, als der Kalte Krieg am heftigsten tobte und, angesichts des KoreaKrieges, weltweit in einen heißen umzukippen drohte. Was der DEFA in ihren Westdeutschland-Filmen vor allem am Herzen lag, war der überdeutliche Nachweis, Zivilcourage, politische Willkür, eine bloß behauptete Pressefreiheit, die politische Funktionalisierung von Polizei und Justiz, die Verlorenheit und zunehmende Einsamkeit desjenigen, der gegen den Strom schwimmt – all das, was hier für den Westen diagnostiziert wurde, existierte schließlich, oft in viel stärkerem Maße, auch im Osten. Doch es ist müßig, diese Filme gegen den Strich zu lesen. Groschopp, Hasler, Hellberg und andere beteiligte Regisseure meinten tatsächlich nur die Bundesrepublik, glaubten fest daran, was sie erzählten und hatten manchmal ja sogar Grund dafür. Denn dass diese Filme nicht nur Zerrspiegel waren, sondern durchaus auch Spiegel der westdeutschen Realität, hing mit dieser Realität selbst zusammen. Existentielle Bedrohung und politischer Opportunismus aus Angst vor dem gesellschaftlichen Absturz auf der einen, Mut und Zivilcourage auf der anderen Seite – dieses Gegensatzpaar wurde in DEFA-Filmen über den Westen gepflegt. So auch in einer Arbeit, die den Holocaust thematisierte: CHRONIK EINES MORDES (1965) von Joachim Hasler, frei nach Motiven des Romans »Die Jünger Jesu« von Leonhard Frank. Haslers Film beginnt mit der Amtseinführung eines neuen Bürgermeisters in einer westdeutschen Stadt: Schnittbilder assoziieren Würzburg. Ein Gesangsverein stimmt den »Wach auf!«-Chor aus Wagners »Meistersingern« an; währenddessen ziehen Sturm und Gewitter auf. Dann fällt ein Schuss: Eine junge Frau, Ruth (Angelica Domröse), tötet den soeben ins Amt eingeführten Bürgermeister im Foyer des Rathauses. Über ihre Gründe geben die folgenden Rückblenden Aufschluss: Einst war der jetzige Bürgermeister ein eingefleischter Nazi, der maßgeblich dazu beitrug, die Stadt »judenfrei« zu machen. So gab er auch den Befehl, Ruths Familie zu liquidieren. Bevor sich der Bogen schließt und der Film zu seiner Auftaktszene zurückkehrt, entwirft er das politische und moralische Psychogramm der städtischen Honoratioren. Auch hier hat sich das Vertuschen und Verdrängen wie Mehltau über die Gesellschaft gelegt. Doch unter dem Mantel des Schweigens erhebt der alte Anti- Bayern in Babelsberg dass die Bundesrepublik unter Kanzler Adenauer alles andere als ernsthaft mit der Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit befasst war. Dabei blendeten die Babelsberger Filmemacher alle Mühen um die bürgerliche Demokratie aus und konzentrierten sich vielmehr darauf, das verhängnisvolle Wirken von AltNazis in der westdeutschen Politik, Wirtschaft, Kultur und Justiz an den Pranger zu stellen. Vor allem im Militär. Früheren Nazis, die jetzt im Westen erneut das Sagen hatten, wurden im DEFA-Film keine Wandlungen in demokratische Richtung zugestanden. Das im DEFA-Film gepflegte Feindbild wies feste Konturen auf: Der Feind, das war der alte, unbelehrbare Wehrmachtsoffizier, nicht aber der kleine Soldat; der Konzernchef, nicht der Arbeiter; der Bischof, nicht der Dorfpfarrer; der korrupte Verlagsdirektor, nicht der um Aufklärung bemühte einzelne, durchaus aufrechte Journalist. Feinde waren immer diejenigen, die an der Macht saßen. Die entsprechenden Filme waren nie frei von Klischees, Verdrehungen, Verkürzungen, Kolportage-Effekten – im Gegenteil. Und sie hatten eine eindeutige politische Funktion, nämlich beim DDR-Publikum, für das sie vor allem inszeniert worden waren, Zweifel an der Läuterung der westdeutschen Eliten zu wecken und zu bestärken. Höchste Besorgnis galt Vertretern von Presse, Polizei und Justiz – also der viel beschworenen Garanten der Demokratie. In Richard Groschopps FREISPRUCH MANGELS BEWEISES ist es ein liberaler Münchner Chefredakteur, der Parteispendenaffären der CSU aufdeckt und danach durch eine Rufmordkampagne mundtot gemacht werden soll. Dieser Alexander Steinhorst – der Name deutet auf eine geistige Verwandtschaft zu »Spiegel«-Herausgeber Rudolf Augstein hin – war nach dem Willen der Filmautoren zwischen 1933 und 1945 im Exil. Aus der Emigration zurückgekehrt, sah er es als seine Pflicht an, »als politischer Publizist über unsere junge Demokratie zu wachen«. Von diesem Credo blendet der Film direkt in die CSU-Zentrale über, in der man gerade eifrig bestrebt ist, die Gesetze dieser Demokratie zu unterhöhlen und illegale Geldtransaktionen eines katholischen Bischofs an die Partei zu vertuschen. Franz Josef Strauß, der als Figur auftritt, wenn auch nur von hinten fotografiert, will das mit aller Macht geheim halten: Jeder Mann habe seinen Preis, regt er eine Bestechung Steinhorsts an, und, falls dieser nicht darauf eingehen sollte: »Unsere Toleranz hat ihre Grenzen.« Gerade ein DEFA-Film wie FREISPRUCH MANGELS BEWEISES könnte heute auch als Gleichnis auf die eigene, die DDR-Gesellschaft, gesehen werden. Mangelnde 63 Bayern in Babelsberg semitismus seine Fratze: Dem Gerichtspräsidenten, über die Frage der Rehabilitierung nachsinnend, fällt nichts anderes ein als ein schrecklicher Witz: »Wissen Sie, was Rehabilitierung ist? Aus einem Stück Seife einen Juden machen.« Aber in CHRONIK EINES MORDES, neben DER PROZESS WIRD VERTAGT (1958) der zweite DEFA-Film, der sich der spannenden Frage der Selbstjustiz jüdischer Opfer zuwendet, gibt es auch den anderen, den »besseren« Vertreter der westdeutschen Justiz: Ein Staatsanwalt legt – wie ein desillusionierter Sheriff im Western – am Schluss sein Amt nieder und bietet sich Ruth als Verteidiger an. Der publikumswirksamste Spielfilm, den die DEFA je über die Bundesrepublik – und über Schauplätze in Bayern – drehte, hieß FOR EYES ONLY – STRENG GEHEIM (1963) von Janos Veiczi. Seine Aufgabe war, die Notwendigkeit des zwei Jahre zuvor in Angriff genommenen Mauerbaus zu begründen. Dafür nutzte er die gefährlichen Abenteuer eines Stasi-Agenten (im Osten »Kundschafter« genannt) im Feindesland, genauer gesagt: im Quartier des US-amerikanischen Geheimdienstes in Würzburg. FOR EYES ONLY ließ keinen Zweifel, dass die DDR auch im Westen alles unter Kontrolle hat: Wenn US-amerikanische Militärmaschinen über die »Zone« nach West-Berlin fliegen, stehen am Boden selbstverständlich ostdeutsche Grenzpolizisten mit Ferngläsern Wache. Und wenn westliche Geheimdienste über einen Überraschungsangriff der NATO auf die DDR und das gesamte sozialistische Lager beratschlagen und dabei auf höchste Geheimhaltung pochen, weiß – Schnitt! – die Ost-Berliner Staatssicherheit längst Bescheid. Die Frage, ob Krieg oder Frieden in Mitteleuropa herrscht, entschied sich laut FOR EYES ONLY mit der Qualität der Arbeit der DDR-Stasi. Am Ende durchbricht Kundschafter Hansen mit den gehei- FOR EyES ONLy (STRENG GEHEIM) 64 men NATO-Aufmarschplänen die Grenzzäune zum Osten. Wie er hätten gern auch Tausende seiner Zuschauer die Grenze überwunden – allerdings in umgekehrter Richtung … Während in den 1960er-Jahren noch etwa ein Dutzend DEFA-Filme im Westen und ein paar davon auch in Bayern spielten, wurden es in den 1970er- und 1980er-Jahren immer weniger. Das hatte mehrere Gründe: Wichtig war zum Beispiel die Arbeitsteilung zwischen DEFA-Kinofilm und DDR-Fernsehen, das sich mit seiner Ausbreitung ab 1960 verstärkt kritischen Stoffen über die Bundesrepublik annahm und daraus mitunter aufwändige mehrteilige Prestigeprojekte machte: KRUPP UND KRAUSE etwa oder das Verleger-Porträt ICH – AxEL CÄSAR SPRINGER. Viele DEFA-Regisseure, vor allem die der jüngeren Generation, sahen die Entwicklungen des Westens nicht mehr als ihr Thema an; antiwestliche Propagandafilme waren vielen von ihnen suspekt: So etwas wollten sie nicht machen. Dazu kam das Wissen, die realen Verhältnisse »drüben« erstens nicht genau zu kennen, zweitens nicht realistisch widerspiegeln zu dürfen – und drittens im Studio drehen zu müssen, denn Devisen für Dreharbeiten waren knapp und Drehteams wurden aus Furcht vor Abgängen nur ungern in den Westen geschickt. Viertens schließlich wusste man sehr genau, wie das DDR-Publikum in der Regel auf Filme reagiert, die im Westen meist nur das moralisch Unerledigte, politisch Belastende, gesellschaftlich Verwerfliche, überhaupt das abgrundtief Schlechte sahen: genervt, bevormundet, abweisend. Ralf Schenk Freispruch mangels Beweises | DDR 1962 | Richard Groschopp | B: Carl Andrießen, Lothar Creutz, Richard Groschopp | K: Günter Haubold | M: Wolfgang Lesser | ▶ Freitag, 6. Juni 2014, 18.30 Uhr | Einführung: Ralf Schenk Der Prozess wird vertagt | DDR 1958 | R+B: Herbert Ballmann, nach der Novelle »Michaels Rückkehr« von Leonhard Frank | K: Ernst W. Fiedler, Otto Hanisch | M: Jean Kurt Forest | D: Gisela Uhlen, Raimund Schelcher, Gerhard Bienert, Gerry Wolf, Friedrich Richter | 97 min – Hauptfigur ist ein emigrierter deutscher Jude, der aus dem Ausland in die Bundesrepublik zurückkehrt, um die Verurteilung eines Mannes zu erwirken, der im NS-Reich seine Schwester an die Gestapo ausgeliefert hat. Während einer Auseinandersetzung tötet er den Denunzianten. Der Verfassungsschutz nimmt sich des Falles an und versucht, die Tat als politischen Racheakt in kommunistischem Auftrag darzustellen. Geschrieben aus einem Gefühl der Ernüchterung gegenüber den Entwicklungen in der jungen Bundesrepublik, thematisiert Leonhard Franks Novelle die spannende Frage der Selbstjustiz jüdischer Opfer. In einer der Hauptrollen spielt Gisela Uhlen, die 1956 in der DDR Unterschlupf gesucht hatte und sie 1959 gemeinsam mit Regisseur Herbert Ballmann wieder verließ. ▶ Samstag, 7. Juni 2014, 18.30 Uhr For eyes only (Streng geheim) | DDR 1963 | R+B: Janos Veiczi | K: Karl Plintzner | M: Günter Hauk | D: Alfred Müller, Helmut Schreiber, Ivan Palec, Hans Lucke, Eva-Maria Hagen | 103 min – James Bond made in Babelsberg: Hansen, Kundschafter der Ost-Berliner Staatssicherheit, wird in den Geheimdienst der USArmy eingeschleust, um ein finsteres Komplott gegen die DDR aufzudecken. Aus einer Dienststelle des MID in Würzburg entwendet er einen Safe, in dem jene Dokumente lagern, die Aufmarschpläne der NATO gegen den ostdeutschen Staat enthalten. »Westliches Schurkentum gegen östlichen Edelmut«, urteilte der Kritiker Ulrich Gregor und konstatierte »hanebüchene Span- nungsmomente«. Dennoch wurde FOR EYES ONLY zum erfolgreichsten Agentenfilm in der Geschichte der DEFA. ▶ Sonntag, 8. Juni 2014, 18.30 Uhr Tilman Riemenschneider | DDR 1958 | R: Helmut Spieß | B: Joachim Barckhausen, Alexander Graf Stenbock-Fermor | K: Eugen Klagemann | M: Joachim Werzlau | D: Emil Stöhr, Gerd Michael Henneberg, Annekathrin Bürger, Kurt Oligmüller, Johannes Curth | 98 min – Biografischer Film über den Holzbildhauer Tilman Riemenschneider. Angesehen als Künstler und auch gesellschaftlich etabliert, fühlt er sich sowohl in seinem Werk als auch in seiner Funktion als Ratsherr in Würzburg dem einfachen Volk verbunden. Doch als er sich 1525 für die Rechte der Bauern einsetzt, provoziert er die Gegnerschaft seines bisherigen Gönners, des Erzbischofs Konrad von Thüngen. Angereichert mit einer melodramatischen Liebesgeschichte, beschreibt der Film die dramaturgisch aufgeladene Konfrontation zwischen Kunst und Macht. Die Titelrolle wurde mit dem österreichischen Akteur Emil Stöhr besetzt, der 1956/57 mit rund zwei Dutzend Wiener Schauspielerkollegen nach Ost-Berlin übergesiedelt war. ▶ Montag, 9. Juni 2014, 18.30 Uhr Abschied | DDR 1968 | R: Egon Günther | B: Egon Günther, Günter Kunert, nach dem Roman von Johannes R. Becher | K: Günter Marczinkowsky | M: Paul Dessau | D: Rolf Ludwig, Katharina Lind, Jan Spitzer, Doris Thalmer, Annekathrin Bürger, Manfred Krug, Rolf Römer | 106 min – Im August 1914 trifft der Münchner Bürgersohn Hans Gastl eine folgenschwere Entscheidung: Er wird den Krieg nicht mitmachen. Schon als Kind rebellierte er gegen die Saturiertheit und Scheinmoral im Elternhaus. Nach dem autobiografischen Roman des expressionistischen Dichters und späteren DDR-Kulturministers Johannes R. Becher. Ein formal ambitioniertes Projekt: »Sinnsuche in gärenden Verhältnissen, Verstrickungen in Liebe, Wahn und Mord« (Klaus Wischnewski). Mit expressiven Traumsequenzen, freien erotischen Szenen, frechen metaphorischen Anspielungen auf rebellierende Jugendliche des Jahres 1968. Bei der Premiere rannte Walter Ulbricht verstört aus dem Kinosaal. ▶ Freitag, 13. Juni 2014, 18.30 Uhr | Einführung: Ralf Schenk Pankoff | DDR 1966 | R: Harry Hornig | B: Harry Hornig, Lothar Kusche | K: Hans Eberhard Leupold, Peter Hellmich | M: Wolfram Heicking | 21 min – In München werden Passanten befragt, was sie sich unter dem von Bayern in Babelsberg D: Erich Gerberding, Herwart Grosse, Lissy Tempelhof, Ivan Malré, Horst Schulze | 94 min – Ein angesehener Münchner Publizist und Chefredakteur wagt es, in seinem Blatt die dubiosen Quellen des CSU-Wahlfonds zu enthüllen. Daraufhin setzt die CSU einen Fotografen auf ihn an, um ihn mit Beweisen zu seinem anrüchigen Privatleben zu Fall zu bringen. Der politische Kriminalfilm basiert laut DEFA-Pressestelle auf dem realen Fall eines Chefredakteurs der Süddeutschen Zeitung, der 1959 eine Parteispenden-Affäre aufdeckte und einer Rufmordkampagne zum Opfer fiel. Erik S. Klein spielt, mit typisch hochgezogenen Schultern nur von hinten aufgenommen, den CSU-Vorsitzenden Franz Josef Strauß. 65 Kanzler Adenauer für die DDR benutzten, abwertenden Begriff »Pankoff« vorstellen. – Absolution? | DDR 1969 | R: Heinz Müller, Werner Heydn, Christel Heydn | B: Werner Heydn, Heinz Müller | M: Kurt Zander | 23 min – Die dunkle Vergangenheit des Münchner Weihbischofs Matthias Defregger als Wehrmachtsangehöriger. – Meiers Nachlaß | DDR 1975 | R+B: Gerhard Scheumann, Walter Heynowski | K: Peter Hellmich, Horst Donth | 21 min – Auf einer Auktion in München werden Besitztümer von Hermann Göring verkauft – zugunsten des bayerischen Landesvermögens. – F. J. Strauß | DDR 1976 | R+B: Dieter Raue | K: Werner Heydn, Siegfried Kaletka | M: Günther Fischer | 4 min – Ein »bayrisches Heimatlied« von Dieter Süverkrüp. – Kundschafter in München | DDR 1977 | R+B: Dieter Raue | K: Wolfgang Randel | 11 min – Das Radio Freies Europa in München und seine »entspannungsfeindliche Tätigkeit«. Bayern in Babelsberg ▶ Samstag, 14. Juni 2014, 18.30 Uhr. Einführung: Ralf Schenk 66 Der Ochse von Kulm | DDR 1955 | R: Martin Hellberg | B: W. K. Schweikert, nach seinem Roman | K: Eugen Klagemann | M: Günter Klück | D: Ferdinand Anton, Lore Frisch, Franz Loskarn, Thea Aichbichler, Theo Prosel | 88 min – Auf einer Weide im Bayerischen versetzt ein Ochse die US-amerikanische Besatzungsmacht in Angst und Schrecken. Für dieses politische Vergehen soll der Bauer Alois in Haft. Doch keiner der anderen Bauern will seinen Ochsen in Verwahrung nehmen. Was tun? Ein bayerischer Sturschädel foppt die GIs und ihre bundesdeutschen Verbündeten. Heimatfilm-Posse über die unüberwindliche Kraft des »gesunden Menschenverstands«, für die Regisseur Hellberg gleich eine ganze Garde bayerischer Schauspieler engagierte. ▶ Sonntag, 15. Juni 2014, 18.30 Uhr | Einführung: Ralf Schenk Chronik eines Mordes | DDR 1965 | R+K: Joachim Hasler | B: Angel Wagenstein, frei nach dem Roman »Die Jünger Jesu« von Leonhard Frank | M: Gerd Natschinski | D: Angelica Domröse, Ulrich Thein, Jiří Vrštála, Bohumil Šmída, Siegfried Weiß | 92 min – Nach DER PROZESS WIRD VERTAGT dreht die DEFA noch einen zweiten Film zum Thema jüdischer Selbstjustiz, wieder nach einer literarischen Vorlage von Leonhard Frank. Angelica Domröse spielt Ruth Bodenheim, die von den Nazis in ein Bordell nach Polen verschleppt worden war und nach dem Krieg in ihre fränkische Heimatstadt zurückkehrt. Der Peiniger von damals soll nun zum neuen Bürgermeister gekürt wer- den. Am Tag seiner Amtseinführung zückt Ruth die Pistole. Exzellente Schauspieler, optische Strenge, eine eindringliche Musik, die ein jüdisches Liedmotiv variiert: CHRONIK EINES MORDES ist trotz melodramatischer Elemente mehr als nur ein politisches Pamphlet. ▶ Freitag, 20. Juni 2014, 18.30 Uhr Das verurteilte Dorf | DDR 1952 | R: Martin Hellberg | B: Jeanne Stern, Kurt Stern | K: Karl Plintzner, Joachim Hasler | M: Ernst Roters | D: Helga Göring, Günther Simon, Eduard von Winterstein, Albert Garbe, Marga Legal | 107 min – Ein etwas anderer deutscher »Heimatfilm«: Ein friedliches fränkisches Dorf soll einem US-amerikanischen Militärflugplatz weichen. Die Bauern protestieren bei der Landesregierung, finden im Dorfpfarrer einen Verbündeten, hoffen auf die Hilfe des Bischofs. Als die Militärpolizei zur Räumung anrückt, eilen die Bewohner der Nachbargemeinden zu Hilfe. Frei nach einer Zeitungsmeldung von dem auch in München arbeitenden Theaterregisseur Martin Hellberg mit Pathos und großen Gesten inszeniert. Dabei behauptet der Film sogar das Entstehen einer revolutionären Situation in der Bundesrepublik. Dafür gab’s 1953 in Moskau den Weltfriedenspreis. ▶ Samstag, 21. Juni 2014, 18.30 Uhr Wir tragen die Gewehre | DDR 1955 | R: Karl-Heinz Bohm | B: Karl-Heinz Bohm, Harry Hornig | K: Erich Nitzschmann | 13 min – Inszenierter Dokumentarfilm über den Dienst bei der DDR-Grenzpolizei an der Grenze zwischen Sachsen und Bayern. – Den Rennsteig entlang | DDR 1955 | R: Walter Marten | B: Helmut Räther, Walter Marten | K: Wolfgang Randel | M: Walter Raatzke | 42 min – Der Film beschreibt den 170 km langen Wanderweg von Eisenach in Thüringen bis in den Frankenwald und beschwört die Einheit Deutschlands. – Ein Pfeiler im Strom | DDR 1983 | R+B: Walter Heynowski, Gerhard Scheumann | K: Peter Hellmich | M: Wolfgang Ziegler | 46 min – Der Kommunist Walter Zauner wird 1952 zu einer langjährigen Gefängnisstrafe verurteilt, weil er die Sprengkammer der Marienorter Brücke in Regensburg zumauerte. – Zum Beispiel: Regensburg | DDR 1983 | R+B: Walter Heynowski, Gerhard Scheumann | K: Horst Donth, Winfried Goldner, Peter Hellmich | 7 min – Regensburg wird zu Reagansburg und verglüht im Feuersturm eines Dritten Weltkrieges. – Lang mi ned o – Faß mich nicht an | DDR 1988 | R+B: Jörg Foth | K: Jürgen Hoffmann | 17 min – Konstantin Wecker beim Pressefest des Neuen Deutschland in Berlin-Friedrichshain. ▶ Sonntag, 22. Juni 2014, 18.30 Uhr Zuschauerkino ? Das Sichtungs- und Organisationsteam Brigitte Bruns, Christl Grunwald-Merz, Simon Hauck, Ralf Heinzlmeir, Monika Hemmer, Walter Kys, Christoph Michel, Matthias Mondon, Natalie Squire und viele weitere Helfer des MFZ e.V. freuen sich auf Einreichungen zum zehnjährigen Jubiläum. Kontakt: Post (Filmmuseum München, St.-Jakobs-Platz 1, 80331 München), E-Mail ([email protected]), Telefon (089-233 20538), Fax (089-233 23931). ▶ Donnerstag, 12. Juni 2014, 19.00 Uhr | Die Filme- macher sind anwesend Zuschauerkino tungen des Filmmuseums. Es wird vorausgesetzt, dass die Filmemacher über die Rechte an den von ihnen eingereichten Filmen verfügen und diese am Abend vor der Projektion kurz vorstellen. Matthias Mondon und Christoph Michel Seit zehn Jahren bietet das Zuschauerkino des Münchner Filmzentrums (MFZ) zweimal im Jahr allen, die Filme machen, die Gelegenheit, ihre Filme auf der Leinwand des Filmmuseums einem interessierten Publikum zu präsentieren und sich mit anderen Filmemachern zu vernetzen. Filme einreichen können alle, die einen Kurzfilm gedreht haben, unabhängig vom Inhalt oder Format des Films, ob Spielfilm oder Dokumentation, Real-, Kunstoder Animationsfilm. Das MFZ wählt unter den eingereichten Filmen ein etwa zweistündiges Programm für die Vorführung aus. Es können nur Filme gezeigt werden, die persönlich von Beteiligten vorgestellt werden. Im Anschluss an die Vorführung bietet das MFZ eine Begegnungsmöglichkeit, damit Teilnehmer und Zuschauer miteinander ins Gespräch kommen können (für Erfrischungen ist gesorgt). Die Filme müssen bis zum 29. Mai 2014 im Filmmuseum eingereicht werden, und zwar genau so, wie sie am Veranstaltungsabend laufen sollen (keine Downloadlinks oder Vorabfassungen). Möglich sind die Formate 35mm, 16mm, DigiBeta, BetaSP, MiniDV, VHS, DVD und Blu-ray. Zugelassen werden nur Filme bis zu 12 Minuten Länge. Alle Filmemacher, deren Filme im Programm gezeigt werden, können an der Kasse bis zu fünf Freikarten für den Zuschauerkino-Filmabend erhalten. Darüber hinaus bestehen keine weiteren Verpflich- 67 Kelly Reichardt RIVER OF GRASS Retrospektive Kelly Reichardt 68 Unterwegssein war einmal ein euphorisch besungener Bestandteil der amerikanischen Mythologie. Immer wieder konnte man aufbrechen, immer wieder das Land durchqueren und, wenn man Glück hatte, immer wieder einen neuen Horizont erreichen. In Kelly Reichardts Filmen hat sich diese Perspektive jedoch eingeengt. Wenn zu Beginn von WENDY AND LUCY Güterzüge durchs Bild fahren, löst das zwar Erinnerungen an Hobos aus, an jene Streuner und Tagelöhner, die einmal vogelfrei durchs Land zogen. Doch die jungen Obdachlosen, die wenig später am Lagerfeuer sitzen, leben nicht aus Freiheitsliebe so – sie sind Arbeitsmigranten, die stets dem nächsten Job hinterherreisen. Eine von ihnen ist Wendy, eine junge Frau, die mit ihrer Hündin Lucy auf dem Weg nach Alaska ist, um dort in einer Fischkonservenfabrik zu arbeiten. Sie hat eine lange Reise vor sich, und das knappe Budget gestattet ihr kaum Flexibilität. Deshalb kann die geringste Behinderung rasch zur großen Bedrohung anwachsen, und genau das geschieht, als sich eines Morgens auf dem Parkplatz einer Mall Wendys Wagen nicht mehr starten lässt. Da ein Problem stets weitere nach sich zieht, wird sie auch noch beim Diebstahl in einem Supermarkt ertappt und verhaftet. Lucy findet sie hernach nicht mehr dort vor, wo sie sie zurückgelassen hat. WENDY AND LUCY hatte 2009 in Cannes in der Sektion »Un certain regard« Premiere und war der Film, mit dem die US-Amerikanerin Kelly Reichardt international ihren Durchbruch feierte. Ihr Kino ist eines der Genauigkeit und Zurückhaltung, es ist zugleich regional und universell, politisch aufmerksam und von einer rauen visuellen Schönheit. Die ökonomischen Unwägbarkeiten der Bush-Ära und die innenpolitischen Verhärtungen in Folge der Terroranschläge von 2001 sind in Reichardts auf unscheinbare Weise hellhörigen Filmen präsent – sie müssen nicht ostentativ politisch werden. Ihre Figuren müssen sich stets zu ihrem Umfeld verhalten, sich gegenüber einer fehlenden oder zumindest mangelhaften Solidarität bewähren. Reichardt, schrieb der USFilmkritiker Dennis Lim treffend, »zeigt das Leben in einer Gesellschaft ohne Sicherheitsnetze, dessen Härte nur von Hoffnung und Menschlichkeit gemildert wird.« Bereits das Frühwerk der 1964 in Miami geborenen Filmemacherin ist von dieser Sensibilität für die politische In RIVER OF GRASS geht nur noch der erste Schuss, der sich versehentlich aus einer gefundenen Pistole löst und das Pärchen zu vermeintlichen Mördern macht, aus einer zärtlichen Bewegung hervor. Die Hände der beiden vereinen sich zu einer gemeinsamen, scheinbar fatalen Geste. Cozys und Lee Rays weitere Aktionen sind jedoch keineswegs heroisch, ihre Flucht gleicht einer Kreis- und Umkehrbewegung, die sie nirgendwohin führt, außer vielleicht in die Erkenntnis, dass sie für dieses Außenseitertum nicht gemacht sind. Aus der zunehmend kapitalistisch geprägten Landschaft Floridas führen keine Straßen heraus: Wie in Don DeLillos Roman »Americana« ist das Road Movie nur noch ein nostalgisch besetztes Zitat aus der Vergangenheit. Die Freeways, deren Cozy eines Tages plötzlich gewahr wird, sind kostenpflichtig – ein freundlich-bestimmter Polizist verordnet die Rückkehr. Das Thema der Utopie, sei es als Fluchtpunkt wie in MEEK’S CUTOFF oder als politische Tat wie in NIGHT MOVES, bleibt bei Kelly Reichardt bestimmend. OLD JOY, den sie erst zwölf Jahre nach ihrem ersten Langfilm realisieren kann und der zugleich Reichardts erste Zusammenarbeit mit dem Autor Jon Raymond markiert, verhandelt die Frage nach dem Status quo im Leben, den aufgegriffenen und ausgelassenen Möglichkeiten anhand zweier Freunde, die sich auseinandergelebt haben und nun eine gemeinsame Waldwanderung zu einer heißen Quelle unternehmen. OLD JOY ist, trotz seines minimalistisches Settings, ein Film, der sich auch konkret zu einem zeithistorischen Moment verhält, indem er die Frage, nach welchen Maßgaben man sein Leben entwirft, verallgemeinert. Das unbestimmbare Gefühl des Verlusts mag im Fall von Kurt (Will Oldham) mit seinem Marihuana-Konsum zusammenhängen; es ist aber auch Ausdruck einer Entfremdung zu Mark (Daniel London), der bald Vater werden wird und an der Weiche zu einem bürgerlicheren Dasein steht. Kelly Reichardt Kelly Reichardt Gegenwart definiert sowie von einer wiederkehrenden Bezugnahme auf klassische »Americana«. ODE, eine mittellange Arbeit, erzählt eine »Geschichte, so amerikanisch wie apple pie«, so der Off-Erzähler. Der Film, der ursprünglich auf einem Folk-Song basiert (die Musik steuert bereits der Alternative-Country-Musiker Will Oldham bei) folgt der tragisch endenden Schwärmerei des Mädchens Billie Joe für den Außenseiter Bobby Lee. Die impressionistischen Bilder betten das zentrale Paar, zwei Menschen, die von sich und der Welt noch keine rechte Vorstellung haben, in eine lichte Naturkulisse ein. Doch die repressiven familiären Verhältnisse, Billie Joes gläubige Eltern, tragen die Mitschuld daran, dass sich die unschuldige Beziehung des Mädchens zu dem Jungen nicht entwickeln kann. Experimenteller geht Reichardt in zwei zehnminütigen Super8-Miniaturen vor, die sie heute für Aufführungen nicht mehr freigibt: In TRAVIS tastet die Kamera die Großaufnahme eines Bildes ab, das nur in Farbintensitäten changiert, während auf der Tonebene eine Mutter karmahaft Fragmente der Sorge über ihren Sohn im Irak wiederholt; THEN A YEAR kombiniert zu disparaten (Natur-)Schauplätzen akustische Schnipsel über Gewalttaten mit Liebesbriefen einer Lehrerin, die in den 1990er-Jahren durch ihre Affäre mit einem minderjährigen Schüler Schlagzeilen machte. Reichardts Spielfilmdebüt RIVER OF GRASS erweitert das Bezugsfeld, es ist die Variation eines Film-noirSubgenres, des »romantic couple on the run«. Deutlichstes Vorbild ist Terrence Malicks BADLANDS, mit dem der Film nicht nur die teilnahmslose Erzählstimme der weiblichen Heldin teilt, sondern auch eine offene Montage, die wiederholt auch Bildartefakte aus dem erweiterten Umfeld des Paares einbezieht – Plattencover und Fotografien beispielsweise, in denen die Erzählung wie ein kulturelles Echo widerhallt. Anders als bei Malick und anderen Genrevorläufern wie Barbara Lodens WANDA wird das Pärchen in RIVER OF GRASS jedoch keineswegs mehr genuin »romantisch« besetzt. Cozy (Lisa Bowman) ist eine verheiratete Frau mit Kindern, die sich mit der Werteskala ihrer kleinbürgerlichen Lebenswelt nie angefreundet hat, während der von Larry Fessenden (später auch einer der Produzenten Reichardts) verkörperte, noch jüngere Lee Ray bei seiner Mutter lebt und ziellos durchs Dasein driftet. Als dieser bei seiner ersten Begegnung mit Cozy in einer Bar von Schicksal spricht, reagiert sie nicht einmal darauf: Dies zeigt bereits Reichardts ironische Perspektive auf die Versprechungen einer Erzählform, in der sich das Paar im Outlaw-Modus des Mythos von Freiheit und Liebe versichert. 69 MEEK’S CUTOFF Kelly Reichardt 70 Am Lagerfeuer in der Nacht – die Flammen züngeln aus dem unteren Bildrand hervor – gesteht Kurt seinem Freund, wie sehr er ihn vermisst. Seine Theorie, dass das Universum einem fallenden Tropfen gleicht, ist ein hübsch eingekifftes Bild für die Vergänglichkeit aller Dinge. Trotz dieses kleinen Geständnisses bleiben in OLD JOY die wesentlichen Gefühle, der Hintergrund des Unbehagens, unausgesprochen. Die Krise der Protagonisten findet ein indirektes Echo über eine Radiosendung, in der über den Stand des Liberalismus in den USA diskutiert wird. Aber auch Reichardts anti-idyllischer Blick auf die Natur (Jon Raymonds Drehbuch wurde von Fotografien Justine Kurlands inspiriert, auf denen nackte Menschen in Wäldern zu sehen sind) erzählt von der Unmöglichkeit, sich in der Zeit zurückzubewegen. Der wilde Campingplatz, auf dem sich die Freunde nach einigem Herumirren niederlassen, sieht in der Frühe wie eine Müllhalde aus. Das Bad in den Quellen gerät demgegenüber zu einem Augenblick des Innehaltens, bei dem die Körper in einen Zustand der Entspannung verfallen. Ein kleiner Trost, eine Geste freundschaftlicher Intimität – OLD JOY gelangt jedoch nicht in einen Zustand von Harmonie zurück, die Freunde finden nur kurz zu sich selbst. In Reichardts nächsten beiden Filmen, in WENDY AND LUCY und dem Western MEEK’S CUTOFF, jeweils mit Michelle Williams in der Hauptrolle besetzt, wird die Krise des Individuums innerhalb einer sozialen Ordnung noch umfassender zum Thema. Sie wollte Wendy ursprünglich in der Wildnis stranden lassen, erzählte Reichardt einmal, nur dass die Wildnis in diesem Fall eine dieser uniformen amerikanischen Kleinstädte Oregons ist, mit ihren Parkplätzen, Tankstellen und Einfamilienhäusern, die fast überall stehen könnten. Was passiert, wenn eine Einzelne auf eine Gesellschaft stößt, die an ihrem Schicksal keinen Anteil nimmt? Dies ist die zentrale Frage des Films: Ohne Adresse bekommt man keinen Job, und ohne Job keinen anderen Job, sagt der Parkwächter einmal, einer der wenigen, der sich der Gestrandeten als Helfer anbietet. Wie Wendy auf die ökonomische Not reagiert, ihre Beherrschtheit in der Krise, ihre Pragmatik in Handlungen, dann, phasenweise, auch ihre Selbstversunkenheit, wenn sie nur ein Lied vor sich her summt – allein dieses Gebaren bestimmt den losen Fortgang des Films. Wird sie Lucy wiederfinden? Und wie viel kostet eine Autoreparatur? In der Beharrlichkeit dieser Figur schimmern auch vergangene neorealistische Heldinnen des Kinos durch, mit noch weniger Rückhalt in der Welt, von Robert Bressons MOUCHETTE bis zur ROSETTA der Brüder Dardenne. MEEK’S CUTOFF zeigt die Auseinandersetzungen in einer Truppe Siedler, die sich mit ihrem Treck während des Oregon-Trails 1845 in einer ausgedörrten Steppenlandschaft verirrt hat. Die Siedler misstrauen ihrem Führer Stephen Meek, sie nehmen an, er habe sie mit Absicht in ein Niemandsland geführt. Unter dem Sternenhimmel flüstert man sich zu, ihn eventuell hängen zu wollen. Ob Meek tatsächlich so durchtrieben ist, lässt der Film offen. Er wirkt wie die Verkörperung eines Westernklischees, ein wuschelbärtiger Dampfplauderer, der gerne die Heldentaten von früher auspackt. Reichardt richtet ihren Blick auf den im Westerngenre oft übersehenen Alltag der Pionierinnen, sie protokolliert alltägliche Handgriffe, die Mühsal, die zu diesem Leben in der Wildnis gehört. In ihrem offensichtlichsten Genrefilm lässt sich besonders gut studieren, wie sie anhand von Bildern, die zur amerikanischen Ikonografie gehören, eine neue Empfindsamkeit herausarbeitet. MEEK’S CUTOFF weist diese Rolle vor allem den Frauen zu, tatkräftigen, duldsamen, aber auch resoluten Persönlichkeiten, die sich ihr eigenes Urteil bilden. Dies ist nicht die einzige Korrektur, die Reichardt vornimmt. Die Bildgröße, im traditionellen 4:3-Format, verweist auf eine Ära des klassischen Hollywood-Kinos, was den Landschaftsaufnahmen von Chris Blauvelt wENDy AND LUCy River of Grass | USA 1994 | R: Kelly Reichardt | B: Kelly Reichardt, Jesse Hartman | K: Jim Denault | M: John Hill | D: Lisa Bowman, Larry Fessenden, Dick Russell, Stan Kaplan, Michael Buscemi | 73 min | OF – Ode | USA 1999 | R+B+K: Kelly Reichardt, nach dem Roman »Ode to Billy Joe« von Herman Raucher | M: Will Oldham, Yo La Tengo | D: Heather Gottlieb, Kevin Poole, Jon Wurster | 46 min | OF ▶ Freitag, 20. Juni 2014, 21.00 Uhr 27. Juni 2014, 18.30 Uhr ▶▶ Freitag, Old Joy | USA 2006 | R: Kelly Reichardt | B: Kelly Reichardt, Jon Raymond, nach der Erzählung von Jon Raymond | K: Peter Sillen | M: Yo La Tengo | D: Daniel London, Will Oldham, Tanya Smith, Robin Rosenberg | 76 min | OmU ▶ Dienstag, 17. Juni 2014, 18.30 Uhr ▶▶ Samstag, 21. Juni 2014, 21.00 Uhr Wendy and Lucy | USA 2008 | R: Kelly Reichardt | B: Kelly Reichardt, Jon Raymond, nach der Erzählung »Train Choir« von Jon Raymond | K: Sam Levy | M: Will Oldham | D: Michelle Williams, Walter Dalton, Will Oldham, John Robinson, Will Patton | 80 min | OmU ▶ Mittwoch, 18. Juni 2014, 18.30 Uhr ▶▶ Sonntag, 22. Juni 2014, 21.00 Uhr Meek’s Cutoff | USA 2010 | R: Kelly Reichardt | B: Jon Raymond | K: Christopher Blauvelt | M: Jeff Grace | D: Michelle Williams, Bruce Greenwood, Will Patton, Zoe Kazan, Paul Dano, Shirley Henderson, Neil Huff | 104 min, OmU ▶ Dienstag, 24. Juni 2014, 18.30 Uhr ▶▶ Mittwoch, 25. Juni 2014, 18.30 Uhr Kelly Reichardt eine malerische Qualität verleiht. Eine Figur verdeutlicht Reichardts Abkehr vom romantisierenden Westernbild jedoch am trefflichsten: der Indianer vom Stamm der Cayuse, der die Siedler verfolgt, der gefangengenommen, dann aber verschont wird und sie schließlich als Lotse aus der Verirrung führen soll. Er verkörpert das Gegenteil des edlen Wilden, eine zutiefst ambivalente Figur. Der Konflikt, der den Anspruch des Films so schön zum Ausdruck bringt, führt durch diesen Fremden unter Fremden hindurch: Reichardt geht es um den Versuch, hinter Archetypen eine Realität aufzudecken, in der sich das Konzept Zivilisation erst erproben muss. NIGHT MOVES, Kelly Reichardts neuester Film, der voraussichtlich im Sommer 2014 in den deutschen Kinos anlaufen wird, fügt dieser Auseinandersetzung von Individuum und Gesellschaft eine in ihrem Œuvre neue Facette hinzu. Indem sich die Regisseurin dem Umweltaktivismus einer jüngeren Generation zuwendet, findet sie einerseits zu einer ungewöhnlichen Konkretisierung von politischem Handeln. Doch Kelly Reichardts Relativismus bleibt auch in diesem Film eine ihrer großen Stärken: Sie beschreibt ein postutopisches Amerika, in dem das Individuum auf sich selbst zurückgeworfen ist und das Fundament des gesellschaftlichen Miteinanders neu verhandelt werden muss. Dominik Kamalzadeh 71 Oskar Maria Graf Zum 120. Geburtstag von Oskar Maria Graf 72 Vor 120 Jahren wurde Bayerns größter Erzähler Oskar Maria Graf (1894–1967) geboren. Das ist Anlass genug, sein Werk zu feiern. Als er vor zwanzig Jahren zum Hundertsten auf vielen Bühnen und Podien präsent war, besann man sich zunehmend auf seine Erzählkunst, seine politischen Leiden- und Zeugenschaft. Im Literaturhaus München stieg er neben Thomas Mann zu einem »Hausheiligen« auf. Und auch das Münchner Filmmuseum schließt mit zwei Verfilmungen seiner so dicht erzählten Geschichten in diesem Jahr an den 1994 gezeigten Zyklus von vier Graf-Filmen an. Dass Oskar Maria Grafs Erzählen weiterhin eine Art lite- rarischen Maßstab vorgibt, bewies vor fünf Jahren die Reaktion auf Josef Bierbichlers Bestseller »Mittelreich«: Man verwies wiederholt auf seine keineswegs nur topographische Nähe zu dem in Berg geborenen Graf. Der Schlusssatz aus seiner Rede zu Grafs 100. Geburtstag – »Auch in der Lüge ist Leben« – wurde zum geflügelten Wort. Einer der nach Grafs »Kalendergeschichten« gedrehten Filme, die zum heurigen Oskar-Maria-Graf-Jubiläum gezeigt werden, nähert die beiden Anarchisten vom Ostufer des Starnberger Sees noch mehr aneinander an. Josef Bierbichler hat 1987 beim Internationalen schafft es doch ein aus dem Militär entlassener Knecht – bei Graf nach dem Ersten Weltkrieg, bei Baier nach dem Zweiten und nach russischer Gefangenschaft – sie zu heiraten. Er spielt Ziehharmonika und verstellt sich, bis er Herr auf dem Hof wird und seine Frau so tyrannisiert, dass diese einen Tagelöhner zum Mord anstiftet. Im Jahr seiner Erstaufführung 1995 wurde der Film als Heimatgeschichte hoch gefeiert, Hauptdarstellerin Maria Gedeck erhielt den Bayrischen Filmpreis. Die Änderungen gegenüber dem Graf-Text blieben weitgehend undiskutiert. Erhebliche Irritationen bereiteten allerdings dessen zwei Fassungen mit unterschiedlichen Titeln. Jo Baier baute auf der überarbeiteten Fassung des Textes auf, die 1973 unter dem Titel »Geschichte von der buckligen Hölleisengretl« erschienen war. Diesen Titel fand man aber nicht 1994 in der aktuellen Neuausgabe von Grafs Erstfassungen der »Kalendergeschichten« aus dem Jahre 1929, denn über der ersten Fassung steht: »Die Geschichte von der schiefen Matratze«. Graf knüpft damit an ein Stück aus dem elterlichen Haushalt an, das nur in dem ehemaligen Rahmen der Erzählung eine Rolle spielt: Grafs Vater hatte eine schiefe Matratze aus dem Besitz der für zehn Jahre im Gefängnis einsitzenden Gretl ersteigert. Oskar schläft darauf, wenn er heimkommt. Weder in der Zweitfassung noch im Film ist die Rede davon. Jo Baier lässt die Gretl mit Buckel und Besitz alleine auf ihrem Hof weiter leben. Mit dem ursprünglichen Titel der Erzählung verbindet sich nicht nur der Hinweis auf die enge Bindung der Geschichten an Grafs Lebenswirklichkeit, sondern auch ein Tip für Leser, sollten sie den Text in ihrer Ausgabe der »Kalendergeschichten« von 1929 oder 1973 nachschlagen wollen. Ulrich Dittmann Hölleisengretl | D 1995 | R+B: Jo Baier, nach einer Erzählung von Oskar Maria Graf | K: Jürgen Martin, Horst Zeidler | M: Stefan Melbinger | D: Martina Gedeck, Michael Lerchenberg, Hubert von Goisern, Josef Wierer, Jutta Schmuttermaier, Herbert Fux | 104 min ▶ Sonntag, 6. Juli 2014, 18.30 Uhr Triumph der Gerechten | BRD 1987 | R+B: Josef Bierbichler, nach einer Kalendergeschichte von Oskar Maria Graf | K: Jörg Schmidt-Reitwein | D: Josef Bierbichler, Rudi Klaffenböck, Alfons Scharf, Annamirl Bierbichler, Fritz Hitzer, August Kühn, Heinz Braun | 81 min ▶ Sonntag, 6. Juli 2014, 21.00 Uhr Oskar Maria Graf Forum des jungen Films in Berlin eine eigenständig freie Verfilmung von Grafs TRIUMPH DER GERECHTEN vorgestellt: »Vier Kapitel aus dem Dreißigjährigen Krieg«, die in lockerer Verknüpfung zeigen, wie die Bauern geschunden, ihr Vieh und ihre Familien regelrecht geschlachtet wurden: »Nimm dem Bauern seine Bleibe und er ist ein Stück Elend inmitten der verwirrenden Welt« – dieser Satz fasst den Inhalt der Episoden zusammen. So wie die Gattung der von Graf fürs 20. Jahrhundert wieder belebten Kalendergeschichten auf Aktualität, auf Aufklärung und Appell zielt, gestaltet Bierbichler seinen Film. Er verbindet Grafs historische Erzählung mit Visionen aus der Zeit des Kalten Krieges: Ebenso wie die Bauern einst der Kirche und dem Kurfürsten vertrauten, sahen die späteren Bürger in der atomaren Aufrüstung eine Sicherung des Friedens. Eine sehr aktuelle apokalyptische Vorstellung entwickelt sich aus Grafs düsterster und bitterster Kriegserzählung, die der Autor in seinen Sammlungen durch ihre Position betonte: 1929 ganz ans Ende der »Geschichten vom Land« gestellt, leitet sie nach dem Zweiten Weltkrieg die Ausgabe von 1957 ein: Sie sollte sich den Lesern beim Einstieg ins Buch einprägen beziehungsweise nach Schluss der Lektüre im Kopf bleiben. Die Gruppe der Darsteller, unter ihnen die Schriftsteller August Kühn und Friedrich Hitzer, öffnet nostalgische Rückblicke in die bewegte Zeit der freien Theater in München sowie auf eine heute vermisste Diskussionskultur. Es geht nicht nur um Literatur, sondern wie immer, wenn von Grafs Werken die Rede ist, auch um konkrete und aktuelle Politik. Wirtshäuser und vor allem Gerichtssäle zählen nach Oskar Maria Graf zu den inspirierendsten Lokalitäten, von ihnen bezog er immer wieder Stoffe für seine Geschichten; ein ganzer Bauernroman – »Der harte Handel« – handelt vom geschickt eingefädelten Betrug der Brandversicherung. Und am Schluss der Erzählung »Das Aderlassen« bringt ein Bauernsohn den zur Hofübergabe unwilligen Vater unter die Erde, ohne dafür belangt werden zu können; der Erzähler resümiert händereibend den Fall: »So saudumm sind die Richter«. Eine derartige Überlistung der Justiz mag Jo Baier bewogen haben, Grafs Geschichte von der buckligen Hölleisengretl nicht mit der Verurteilung der Titelfigur und ihres Mordgehilfen enden zu lassen, sondern mit der Solidarität eines Dorfes für die von ihrem brutalen Ehemann befreite Bäuerin, der man deswegen keinen Prozess macht. Die Hölleisengretl hat einen Buckel und ist hässlich, sie besitzt aber einen großen Hof, der Brautwerber anlockt. Diese weist sie ab, weil die sich nicht für sie, sondern ihren Besitz interessieren. Schließlich 73 Paris im Film HôTEL DU NORD Paris im Film 74 Die Kunst und die Konstruktion Das kennt jeder, diese Szenen hat jeder gesehen. Das Mädchen, das den New York Herald Tribune verkauft auf den Champs-Elysées, eine amerikanische Studentin. Der Junge, der sich an sie ranmacht und mit ihr ins Bett geht, ein einfacher Typ, er ist in die Stadt gekommen auf der Flucht, er hat ein Auto gestohlen und einen Polizisten erschossen. Patricia und Michel, Jean Seberg und Jean-Paul Belmondo in À BOUT DE SOUFFLE von Jean-Luc Godard. Wegweisend für das neue französische Kino, Anfang der Sechziger, die Nouvelle Vague, und für die Stadt Paris, wie das Kino sich ihr nähert, hingerissen von ihrer Jugend und unsicher zugleich, wie lang sie dauern mag. Durch die Fenster des kleinen Hotelzimmers, in dem das Paar seine Existenz reflektiert und seine Zukunft, ist die Stadt immer präsent. Die melancholische, die philosophische Stadt. Am Schluss hat das Mädchen den Jungen verraten und er stolpert tödlich angeschossen von den Flics die Rue Campagne Premiere entlang zum Friedhof Montparnasse, sinkt auf der Kreuzung mit der Rue Raspail zu Boden. Die Stadt der Moderne, so hat Walter Benjamin Paris in seinem Passagen-Werk dargestellt. Stadt der Eisenkonstruktionen, der Passagen, der Interieurs und der Boudoirs, der Flaneure, der Hurenhäuser. »Die Konstruktion nimmt die Rolle des Unterbewusstseins ein. Nichtsdestoweniger beginnt der Begriff des Ingenieurs, der aus den Revolutionskriegen stammt, sich durchzusetzen, und die Kämpfe zwischen Konstrukteur und Dekorateur, École Polytechnique und École des Beaux-Arts beginnen.« Der Kampf prägt auch das französische Kino von Anfang an, wenn Fantomas die Straßen der Stadt unsicher macht mit seinem Terror, in den surrealen Pirouetten der Zwanziger, im Phantastischen Realismus, den Marcel Carné baut mit seinen Mitstreitern Alexandre Trauner und Jacques Prévert, den Jean Cocteau beschwört nach dem Krieg und dem auch Jean-Pierre Melville nachtrauert in seinen Filmen. Paris, die imaginierte Stadt, in der das Wirkliche künstlich wird. Apotheosen Mit À BOUT DE SOUFFLE gibt es die große Zäsur im Parisfilm. Eine Reaktion auf das Fantasy-Paris der Fünfzi- Hier spielt das Volk Mit Melville beginnt die Amerikanisierung der Pariser Filme, die von der Nouvelle Vague dann vollendet werParis im Film Mobilisierung der Träume Sie machten mobil gegen das bürgerliche Paris, gegen ein Leben, das sich zurückzog und abschloss, Diskretion und Bürgerlichkeit, dunkle Treppenhäuser, weit- räumige Apartments, nur wenig Kontakt zu den Nachbarn und Spuren von Agoraphobie. Bei Roman Polanski ist das völlig traumatisiert, sein LOCATAIRE ist ein großer Pariser Horrorfilm, inspiriert von den gesamteuropäischen Schrecken des 20. Jahrhunderts. Ein subversives Spiel mit der Diskretion hat dagegen Luis Buñuel getrieben in BELLE DE JOUR, über die Heimeligkeit der Liebe am Nachmittag. Mit Catherine Deneuve als Gelegenheitsnutte hat er Vorstellungen der jungen Nouvelle-Vague-Cineasten aufgegriffen von der Frau im Paris der Sechziger. In den DREAMERS hat Bernardo Bertolucci dann den Rückzug noch einmal radikal ausgemalt, in die labyrinthischen Apartments der Eltern, wo man verrückte Sexspiele treibt – nur in die Cinémathèque Française zieht man los, und um für deren Erhalt zu kämpfen und für ihren Direktor Henri Langlois, auf den Straßen, im Mai 68. Die schöne Gegenfigur zu Deneuve ist Alain Delon als Samurai, als eiskalter Engel und und Auftragskiller, kreiert von Jean-Pierre Melville. Delon und Melville, zwei Archetypen, die jahrelang das französische Kino beherrschten und sein Bild von Paris. Es gibt keine größere Einsamkeit als die eines Samurai, außer vielleicht die eines Killers in der großen Stadt Paris, könnte man den berühmten Vorspruch des Films umwandeln. Paris, Stadt der Unsichtbarkeiten, der Einsamkeiten. Mit seinem Ford Galaxy hat Melville – er spielte den Schriftsteller, den Jean Seberg interviewt in À BOUT DE SOUFFLE – die Nächte der Stadt durchkreuzt, ironischerweise ist sein SAMOURAI dann auch der schönste Pariser Métro-Film geworden. 75 LES qUATRE CENTS COUPS ger, das Studio-Glamour-Objekt, die Impressionisten hatten da ganze Arbeit geleistet, man sieht es in Vincente Minnellis AN AMERICAN IN PARIS, der Apotheose des Hollywoodmusicals, und in Jean Renoirs FRENCH CANCAN, der Apotheose der Moulin Rouge Show. Bunter, bewegter, berauschender geht’s nimmer. Die Entwicklung des Farbfilms war entscheidend, die in den Fünfzigern den Realismus aus dem Kino schob, die Farbe hat die Erinnerungen an die dunkle, schwarzweiße Stadt, die cité noire, komplett verdrängt. Eine filmische Stadtrenovierung. Statt Unterdrückung und Kollaboration gibt es nun Freiheit und Teamwork. Das Buch von Donald Knox zum Minnelli-Film ist eine Orgie der Verherrlichung der klassischen Studioarbeit, zu schön, um bald noch wahr zu sein. Nicht, dass es nach Godards Film – er ist wieder schwarzweiß, wie auch zur gleichen Zeit die QUATRE CENTS COUPS von François Truffaut, aber ein kühleres, schmutzigeres, nicht filmnoireskes Schwarzweiß – Paris nicht mehr imaginiert gegeben hätte. Die Nouvelle Vague ist wohl auf die Straßen gegangen, aber sie hat ihre Filme mit dem Blick zurück auf die Filmgeschichte gemacht, in der Erinnerung an das Kino, das ihre Regisseure liebten und verteidigt hatten – Hollywood primär, Jean Renoir, und René Clair und Marcel Carné. Das Paris der kleinen Leute, der Arbeiter und auch der Gaukler, mit seinem poetischen Alltag. Das ist pures coming of age, aber in einer künstlichen Kindheit, die meisten der Jungs waren aus der Provinz in die Stadt gekommen. Paris im Film den wird, dabei lassen sie sich inspirieren von Jacques Becker, der bei Renoir Assistent war und den Jazz leidenschaftlich liebte. Sein RENDEZ-VOUS DE JUILLET ist ein Aufbruchsfilm von großer Melancholie und amerikanischem Drive. Dass sie Saint-Germain-des-Prés nicht kennen, sagt Becker, hat vielen Leuten geholfen, den Film auf einer Ebene zu lieben, wie ich das wollte. Der Mythos Paris ist divergent, je nachdem in welchem Viertel die Filme spielen. Paris, die dezentrierte Metropole, bei Hemingway taucht sie auf als the moveable feast. Ein Mythos der Zwanziger, noch Woody Allen ist ihm voll auf den Leim gegangen, als er MIDNIGHT IN PARIS drehte – und wurde schwer enttäuscht. Eric Rohmer, der Jahrzehnte lang an einem ganz persönlichen Langzeitprojekt »Paris im Kino« arbeitete: »Die Pariser lieben Paris nicht besonders, das interessiert sie nicht … Filme, die in Paris gedreht wurden, zeigen nicht notwendigerweise Paris.« Schon bei Jacques Tati sind die Amerikaner in Scharen nach Paris gekommen. PLAYTIME spielt den Kontrast, den Konflikt aus zwischen dem alten Paris und dem neuen. Asynchronität ist das Schicksal der modernen Stadt. Die Naivität von Monsieur Hulot vermittelt zwischen den Zeiten, man darf diesen Film nicht als einseitige Zivilisationskritik sehen. Es hat nichts mit Nostalgie zu tun, wenn Tati die Stadt zum Schunkeln bringt, das geht zurück bis zu Clair. »PLAYTIME ist gigantisch, der größte Film über die Moderne, der je gedreht wurde«, hat Marguerite Duras ironisch geschrieben: »Das ist Auf der Suche nach der verlorenen Zeit in der Dimension der Räume, und im Bereich der Civitas ist es das einzige Mal, dass man sagen kann: Hier spielt das Volk selbst.« 76 Es singt in der Stadt »Schauplatz Paris« hat eine Reihe im Filmmuseum 1984 geheißen, Paris vu par … Was nicht ganz korrekt war, ein Schau-Platz ist Paris nie gewesen. Nie nur Bühne, immer eher: Mitspieler, Konkurrent, Kollaborateur … Am schönsten ist das in ON CONNAIT LA CHANSON von Alain Resnais zu sehen, wo Paris einen magischen Bann über die Leute legt, der ihnen immer wieder populäre Lieder und Songs über die Lippen jagt – das Unbewusste singt. Resnais erforscht die Schichten der Stadt, das Steinerne und das Poröse, das Impulsive und das Melodiöse, sein Film ist auch ein schöner Diskurs über Architektur und Stadtpolitik, wie die moderne Stadt versucht, den Zerstörungen zu entgehen. Das ist das Entscheidende, erklärt Frieda Grafe zur Dialektik von Stadt und Kino, diese Kontamination, die im Städtischen passiert, wo alles ineinandergreift … »Mich interessiert die Verknüpfung von Stadt und Film. Die Stadt im Film ist nie Kulisse … Die Stadt als Bühne für den Film finde ich absolut uninteressant. Da wo Architektur im Film wirklich interessant ist (Lang, Antonioni, Rohmer, Scorsese, Carpenter) nimmt der Film Stücke vom Stadtgewebe und baut sie ein in seine Bilder, und da sind sie wieder so etwas wie Verteiler von Geschichte …« Natürlich haben die MGM-Leute, Arthur Freed, Gene Kelly, Vincente Minnelli, den AMERICAN IN PARIS auf den Straßen der Stadt selber drehen wollen, on the town, so wie man es kurz zuvor erfolgreich mit New York gemacht hatte. Es scheiterte nicht nur an den komplizierten Organisationsproblemen, die in Paris zu bewältigen gewesen wären. Sondern auch daran, dass sie durchaus eine Ahnung davon hatten, was die europäische Stadt von der amerikanischen unterscheidet, wo die rush hour immer auch showtime ist. Man liebt Paris als Zufluchtsort, gerade weil die Stadt keine falsche Sicherheit verspricht, weil sie wie eine femme fatale trügerisch und beunruhigend bleibt. Von allen Brian-De-Palma-Filmen ist FEMME FATALE die größte tour de force. Es ist, als steckte in all seinen früheren Filmen aus New York schon der Traum von einem solchen Showdown in Paris. Die Bilder, die man sich von der Stadt macht, werden nie ein ganzes Bild Kampfplatz Paris Mit Godard und der Nouvelle Vague ist Paris nochmal zum Markenzeichen geworden. Die Jugend, die sich ihre Stadt von den älteren Generationen holen muss, der Paris-nous-appartient-Effekt. Die Mysterien von Paris sind für sie – und für die fremden Nouvellevagueianer wie De Palma – die Geheimnisse der Frauen. Jean Seberg, Anna Karina, Catherine Deneuve, Bulle und Pascale Ogier, Rebecca Romijn-Stamos … Sie haben es leichter, die Einsamkeit zu bewältigen, die der Dschungel der Großstadt für sie bereit hält. In LE PONT DU NORD machen sie sich tatsächlich auf eine Expedition, mit Jacques Rivette und seinem Kameramann William Lubtchansky, der alles schnell und ohne künstliches Licht filmt. Pariser Kungfu. Kampfplatz Paris. Schnell ist die Nouvelle Vague natürlich selbst historisch geworden, in dem Spiel der Erwartungen und Erinnerungen, das die Stadt mit ihren Filmemachern trieb. Eric Rohmer hat das schön festgehalten, in einem kleinen Exkurs, seine eigene, sich über Jahrzehnte hinziehende Chronik von Paris ist darin enthalten, von LE SIGNE DU LION über LA FEMME DE L’AVIATEUR bis zu LES RENDEZ-VOUS DE PARIS: »In meinem ersten Spielfilm, in LE SIGNE DU LION, kommt Paris noch öfter vor als in LA FEMME DE L’AVIATEUR. Rivette zeigt in LE PONT DU NORD ein Paris der Zerstörung und der Katastrophe. Anfang der Siebziger hatte ich keine Lust, Paris zu zeigen; in den Sechzigern wurde das zu oft getan. Außerdem gab es nicht viel Interessantes. Die Stadt hatte sich nicht verändert, sie war nur abgenutzt. Jetzt, Anfang der Achtziger, gab es etwas Neues, und andererseits erschien mir Paris doch unverändert seit dem Anfang der Nouvelle Vague. Die Weise, wie die Kamera sich in den Straßen der Stadt bewegt, hat sich verändert. Die ersten Filme der Nouvelle Vague wurden nicht mit Originalton gedreht. Es gab noch keine leichten Handkameras und noch keine kleinen Mikrofone. Früher war alles fragmentarisch. Die Bilder in den Filmen der Nouvelle Vague sind zusammenhangloser als in heutigen Filmen, eins ist mehr vom anderen getrennt. In LA FEMME DE L’AVIATEUR gibt es eine wirkliche Einheit des Ortes. In den Buttes Chaumont konnte ich mit der größten Freiheit drehen. Ich musste nicht drehen wie ein Reporter, der mal hier und mal dort ein paar Bilder aufnimmt. Ich habe Paris zum Studio gemacht. Ich habe in der Stadt gefilmt wie im Studio.« Fritz Göttler Sous les toits de Paris (Unter den Dächern von Paris) | F 1930 | R+B: René Clair | K: Georges Périnal | M: Armand Bernard | D: Albert Préjean, Pola Illéry, Gaston Modot, Edmond T. Gréville, Bill Bocketts | 92 min | OmU – Ein Straßensänger verliebt sich in ein rumänisches Mädchen. »Eine schlichte und zugleich zärtliche Liebeserklärung an Clairs Heimatstadt Paris, an ihre skurrilen und verqueren, sentimentalen und aufbrausenden Typen, an die Mansardenwohnungen und die Bistros, die Hinterhöfe und Gassen, an ihr Flair und ihre Musik – eine verklärte Welt voll Charme und Eleganz, die er in den Filmstudios der französischen Kapitale kreieren ließ.« (Kay Weniger) ▶ Dienstag, 8. Juli 2014, 20.00 Uhr ▶▶ Freitag, 11. Juli 2014, 21.00 Uhr Hôtel du Nord | F 1938 | R: Marcel Carné | B: Jean Aurenche, Henri Jeanson, nach dem Roman von Eugène Dabit | K: Louis Née, Armand Thirard | M: Maurice Jaubert | D: Annabella, Jean-Pierre Aumont, Louis Jouvet, Arletty, Paulette Dubost, Bernard Blier | 95 min | OmU – Ein kleines Hotel am Kanal Saint-Martin als Brennpunkt des Lebens der »kleinen Leute« in Paris. Hier kreuzen sich die Lebenswege von einfachen Arbeitern und zwielichtigen Gestalten. Ein junges Liebespaar sucht hier Zuflucht, die Liebenden möchten ihrem Leben ein Ende setzen. Carnés Klassiker des »Poetischen Realismus« wird wegen seiner düsteren Szenen auch als Vorläufer des Film Noir gesehen. ▶ Mittwoch, 9. Juli 2014, 20.00 Uhr Ninotchka (Ninotschka) | USA 1939 | R: Ernst Lubitsch | B: Charles Brackett, Billy Wilder, Walter Reisch, nach einer Erzählung von Melchior Lengyel | K: William H. Daniels | M: Werner R. Heymann | D: Greta Garbo, Melvyn Douglas, Bela Lugosi, Felix Bressart, Alexander Granach | 110 min | OF – »Dieser Film spielt in der Lichterstadt Paris in jener sagenhaften Zeit, in der es nicht Stromknappheit bedeutete, wenn die Nachttischlampen ausgeknipst wurden, und wenn Vorhänge rauschten, verbargen sie süße Geheimnisse und waren auch nicht aus Eisen.« Eine politische Kommissarin aus der Sowjetunion erliegt den Verlockungen von Paris. ▶ Donnerstag, 10. Juli 2014, 20.00 Uhr ▶ ▶ Samstag, 12. Juli 2014, 21.00 Uhr | Einführung: David Bordwell Rendez-vous de juillet (Jugend von heute) | F 1949 | R: Jacques Becker | B: Jacques Becker, Maurice Griffe | K: Claude Renoir | M: Jean Wiener | D: Daniel Gélin, Brigitte Auber, Maurice Ronet, Nicole Courcel, Bernard Lajarrige | 112 min | OmeU – Das Studenten- Paris im Film ergeben, sie bleiben aneinander gesteckt, kaleidoskopisch, wie die Tatmotive einer filmischen Untersuchung. 77 leben im Quartier Latin nach dem Zweiten Weltkrieg. Im Zentrum stehen zwei Schauspielschülerinnen, ein Musiker und ein Volkskunde-Student. Eine fast dokumentarische Kamera begleitet die jungen Leute durch die Stadt, wenn sie im Amphibien-Jeep durch Paris kurven, sich in Jazzlokalen, neu gegründeten CinéClubs, Cafés und Theaterbühnen aufhalten, sich vergnügen und nach einer Lebensperspektive suchen. ▶ Freitag, 11. Juli 2014, 18.30 Uhr 13. Juli 2014, 21.00 Uhr ▶▶ Sonntag, An American in Paris (Ein Amerikaner in Paris) | USA 1951 | R: Vincente Minnelli | B: Alan Jay Lerner | K: Alfred Gilks | M: George Gershwin | D: Gene Kelly, Leslie Caron, Oscar Levant, Georges Guétary, Nina Foch | 113 min | OF – »Studieren kann man nur hier, malen kann man nur hier. Die Stadt ist so schön und so real. Niemals lässt sie dich etwas vergessen. Sie greift in dein Innerstes und öffnet dich weit.« So beschwört Gene Kelly als Maler das Flair von Paris. Er begegnet wenig später der aparten Lise. In Minnellis farbenfrohem Musical singen die Liebenden vor der Pappkulisse der Pont-Neuf und tanzen auf dem Brunnen des Place du Châtelet und des Place de la Concorde. Paris im Film ▶ Samstag, 12. Juli 2014, 18.30 Uhr 78 French Cancan | F 1954 | R: Jean Renoir | B: Jean Renoir, André-Paul Antoine | K: Michel Kelber | M: Georges Van Parys | D: Jean Gabin, Françoise Arnoul, Maria Félix, Anna Amendola, Gianni Esposito, Edith Piaf | 87 min | OmeU – Ein Revuefilm über die 1888 beginnende Erfolgsstory des Moulin Rouge in Paris. »Renoirs bunter Liebes- und Geschichtsreigen ist virtuos choreografiert und bietet, neben subtilen Seitenhieben gegen das Bürgertum auf den Caféterrassen, eine Tour d’Horizon über die ehemals berühmten Bühnen Alcazar d’Été, Cabaret du Chat Noir, Petit Casino Paulus und Eldorado.« (Rüdiger Dirk, Claudius Sowa) ▶ Sonntag, 13. Juli 2014, 18.30 Uhr Les quatre cents coups (Sie küssten und sie schlugen ihn) | F 1959 | R: François Truffaut | B: François Truffaut, Marcel Moussy | K: Henri Decaë | M: Jean Constantin | D: Jean-Pierre Léaud, Albert Rémy, Claire Maurier, Patrick Auffay, Guy Decomble | 99 min | OmeU – Der 14-jährige Antoine wohnt in einer kleinen Wohnung am Place de Clichy mit seinen Eltern, die wenig Zeit für ihn haben. Er schwänzt die Schule und treibt sich lieber in Kinos und in den Straßen von Paris herum – in der Rue Saint-Denis, am Place Pigalle oder in de Nähe von Sacré-Cœur. »François Truffauts erster Spielfilm ist eine Liebeserklärung an die Kraft des Kinos.« (Rüdiger Dirk, Claudius Sowa) ▶ Dienstag, 15. Juli 2014, 20.00 Uhr ▶▶ Freitag, 18. Juli 2014, 21.00 Uhr À bout de souffle (Außer Atem) | F 1960 | R+B: JeanLuc Godard, nach einer Vorlage von François Truffaut | K: Raoul Coutard | M: Martial Solal | D: Jean Seberg, Jean-Paul Belmondo, Van Doude, André S. Labarthe, Jean Douchet, Jean-Pierre Melville | 90 min | OmU – Auf den Champs-Élysées begegnet der Ganove Michel der burschikosen Amerikanerin Patricia, die dort die New York Herald Tribune verkauft. Auf den Straßen und nicht im Studio gefilmt, streift Coutards unkonventionelle Kamera über den Place St. Michel und NotreDame zum Place de la Concorde und folgt seinen Protagonisten, bis am Abend die letzte France-Soir erscheint und die Laternen angehen. ▶ Mittwoch, 16. Juli 2014, 20.00 Uhr ▶▶ Samstag, 19. Juli 2014, 21.00 Uhr Zazie dans le métro (Zazie) | F 1960 | R: Louis Malle | B: Louis Malle, Jean-Paul Rappeneau, nach dem Roman von Raymond Queneau | K: Henri Raichi | M: Fiorenzo Carpi | D: Catherine Demongeot, Philippe Noiret, Hubert Deschamps, Antoine Roblot, Annie Fratellini | 89 min | OmU – Die frühreife Göre Zazie besucht ihren Onkel in Paris und will unbedingt mit der Métro fahren. Doch die ist wegen eines Streiks geschlossen. Zazie nutzt die verbleibenden 36 Stunden für eigene Erkundungstouren durch die Stadt. Louis Malle versucht, den Sprachwitz und die Wortschöpfungen von Raymond Queneaus unkonventionellem Roman in filmische Bilder und Montagen zu übersetzen. ▶ Donnerstag, 17. Juli 2014, 20.00 Uhr ▶▶ Sonntag, 20. Juli 2014, 21.00 Uhr Belle de jour (Schöne des Tages) | F 1967 | R: Luis Buñuel | B: Luis Buñuel, Jean-Claude Carrière, nach dem Roman von Joseph Kessel | K: Sacha Vierny | D: Catherine Deneuve, Jean Sorel, Michel Piccoli, Geneviève Page, Pierre Clémenti, Francisco Rabal, Muni | 101 min | OmU – Eine junge Frau, die in Paris glücklich verheiratet ist, führt ein geheimes Doppelleben als Prostituierte. »Die Perversionen, die Buñuel beschreibt, dienen ihm dazu, den Masochismus der großbürgerlichen Séverine zu erklären. Sie charakterisieren ›Würdenträger‹ von herausgehobener Stellung: einen Professor mit begüterter Klientel und einen Herzog, der sicher Milliardär ist.« (Georges Sadoul) ▶ Freitag, 18. Juli 2014, 18.30 Uhr ZAZIE DANS LE MéTRO ▶ Samstag, 19. Juli 2014, 18.30 Uhr Playtime (Tatis herrliche Zeiten) | F 1967 | R: Jacques Tati | B: Jacques Tati, Jacques Lagrange, Art Buchwald | K: Jean Badal, Andréas Winding | M: Francis Lemarque | D: Jacques Tati, Barbara Dennek, Jacqueline Lecomte, Georges Montand, Reinhard Kolldehoff | 115 min | OmeU – Im Paris der Zukunft ist alles verbaut mit Hochhäusern, in deren Glasfassaden sich die alten Wahrzeichen der Stadt bestenfalls noch spiegeln. Eine Touristengruppe besucht die Stadt und erlebt einen Tag, der mit der Eröffnung eines Luxus- restaurants endet, bei der einiges schief läuft. Monsieur Hulot ist in diesem Film nur noch eine Figur unter vielen, deren unzeitgemäßes Verhalten für Komik sorgt. ▶ Sonntag, 20. Juli 2014, 18.30 Uhr Quatre nuits d’un rêveur (Vier Nächte eines Träumers) | F 1971 | R+B: Robert Bresson, nach der Erzählung »Weiße Nächte« von Fëdor M. Dostoevskij | K: Pierre Lhomme | D: Isabelle Weingarten, Guillaume des Forêts, Jean-Maurice Monnoyer, Girogio Maulini, Lidia Biondi | 87 min | OmU – »Ein schüchterner Künstler sucht nach Erfüllung und Leidenschaft; als er eine suizidale junge Frau trifft, entspinnt sich über vier Nächte hinweg ein Näherkommen, das im letzten Moment scheitert – und vom Protagonisten prompt in ein Kunstgebilde verwandelt wird. Einer von Bressons schönsten Filmen, nicht zuletzt wegen seines enigmatischen Porträts des nächtlichen Paris.« (Christoph Huber) ▶ Dienstag, 22. Juli 2014, 20.00 Uhr Le locataire (Der Mieter) | F 1976 | R: Roman Polanski | B: Roman Polanski, Gérard Brach, nach dem Roman von Roland Topor | K: Sven Nykvist | M: Philippe Sarde | D: Roman Polanski, Isabelle Adjani, Melvyn Paris im Film Le samouraï (Der eiskalte Engel) | F 1967 | R: JeanPierre Melville | B: Jean-Pierre Melville, Georges Pellegrin, nach dem Roman »The Ronin« von Joan McLeod | K: Henri Decaë | M: François de Roubaix | D: Alain Delon, Nathalie Delon, François Périer, Cathy Rosier, Michel Boisrond | 105 min | OmeU – »Es gibt keine größere Einsamkeit als die eines Samurai, außer vielleicht die eines Tigers im Dschungel.« Mit diesem fiktiven Zitat aus den Büchern des Bushido folgen wir dem Killer Jef Costello, der nach einem missglückten Mordanschlag von seinen Auftraggebern beseitigt werden soll und durch Paris und seine Métro-Stationen flüchtet. 79 Douglas, Lila Kedrova, Shelley Winters | 126 min | OmU – Der von Polanski selbst gespielte verklemmte Angestellte Trelkovsky zieht in eine Pariser Altbauwohnung, deren Vormieterin sich aus dem Fenster gestürzt hat. Diese Vorgeschichte scheint sich fortan wie ein Fluch auf sein Leben zu legen. Die anfangs noch mit subtiler Ironie gebrochene Spannung der bedrohlichen Atmosphäre steigert sich durch kafkaeske Momente zu einem grotesken, surrealen Finale. ▶ Mittwoch, 23. Juli 2014, 20.00 Uhr ▶▶ Freitag, 25. Juli 2014, 21.00 Uhr ▶ Freitag, 25. Juli 2014, 18.30 Uhr Le pont du Nord (An der Nordbrücke) | F 1981 | R: Jacques Rivette | B: Jacques Rivette, Suzanne Schiffman, Bulle & Pascale Ogier, Jérôme Prieur | K: William Lubtchansky, Caroline Champetier | M: Astor Piazzolla | D: Bulle Ogier, Pascale Ogier, Pierre Clémenti, JeanFrançois Stévenin, Matthieu Schiffman | 129 min | OmeU – »Zwei Frauen und Paris: Die eine ist gerade aus dem Gefängnis entlassen worden; sie trifft die andere, und gemeinsam finden sie einen rätselhaften Stadtplan, den sie zu entschlüsseln suchen. Dieses sogenannte ›Gänsespiel‹ führt sie immer weiter weg vom Stadtzentrum, in immer befremdlichere, mysteriösere Regionen, in ein geheimes Paris.« (Christoph Huber) The Moderns (Wilde Jahre in Paris) | USA 1988 | R: Alan Rudolph | B: Alan Rudolph, John Bradshaw | K: Toyomichi Kurita | M: Mark Isham | D: Keith Carradine, Linda Fiorentino, Wallace Shawn, Geneviève Bujold, Geraldine Chaplin | 126 min | OmeU – Die Pariser Künstlerszene Anfang des 20. Jahrhunderts: Ein amerikanischer Künstler wird in eine Kunstfälscher-Affäre hineingezogen. »Paris ist in diesem Film das Paradies der falschen Vögel, kein Fest fürs Leben. Der Film spielt in der amerikanischen Kolonie, die dort in den zwanziger Jahren die Errungenschaften der Moderne feierte. Sie frönten der Lust, lebten das Laster und dienten dem Vergnügen.« (Michael Althen) ▶ Donnerstag, 24. Juli 2014, 20.00 Uhr ▶▶ Samstag, 26. Juli 2014, 21.00 Uhr ▶ Samstag, 26. Juli 2014, 18.30 Uhr Paris im Film La femme de l’aviateur (Die Frau des Fliegers) | F 1981 | R+B: Eric Rohmer | K: Bernard Lutic | D: Philippe Marlaud, Marie Rivière, Anne Laure Meury, Ma- LE VOyAGE DU BALLON ROUGE 80 thieu Carrière, Fabrice Luchini | 104 min | OmeU – Eine Frau zwischen zwei Männern. »Ein Liebesfilm, der schönste seit langem. Aber kommt Liebe darin überhaupt vor? Und ist es überhaupt ein Film? Handfestes, Handgreifliches ist nicht zu sehen. Eine Omnibusfahrt durch Paris, ein Spaziergang durch einen Park: Das sind in Rohmers Film schon die äußersten Exzesse der Cinematographie. Zwei Leute reden – aus der so banalen, so unfilmischen Situation wird ständig das komplizierteste Kino.« (Benjamin Henrichs) Le ballon rouge (Der rote Ballon) | F 1956 | R+B: Albert Lamorisse | K: Edmond Séchan | M: Maurice Leroux | D: Pascal Lamorisse, Georges Sellier, Vladimir Popov, Sabine Lamorisse, Paul Perey | 36 min | OmeU ▶ Sonntag, 27. Juli 2014, 19.00 Uhr On connaît la chanson (Das Leben ist ein Chanson) | F 1997 | R: Alain Resnais | B: Agnès Jaoui, JeanPierre Bacri | K: Renato Berta | M: Bruno Fontaine | D: Sabine Azéma, Pierre Arditi, André Dussolier, Agnès Jaoui, Jean-Pierre Bacri, Lambert Wilson, Jane Birkin | 122 min | OmU – Die Geschichten von sechs Menschen in Paris, die im Leben nicht ganz so glänzend über die Runden kommen, wie sie den anderen und sich selbst weismachen möchten. Die Dialoge sind gespickt mit gesungenen Zitaten aus Schlagern und populären Chansons, also mit »verkitschten Trivialitäten«: »ein Sieg der filmischen Tricktontechnik, ein Sieg der erzählerischen Ironie.« (Urs Jenny) ▶ Dienstag, 29. Juli 2014, 20.00 Uhr ▶▶ Freitag, 1. August 2014, 21.00 Uhr Le fabuleux destin d’Amélie Poulain (Die fabelhafte Welt der Amélie) | F 2001 | R: Jean-Pierre Jeunet | B: Jean-Pierre Jeunet, Guillaume Laurant | K: Bruno Delbonnel | M: Yann Tiersen | D: Audrey Tautou, Mathieu Kassovitz, Rufus, Lorella Cravotta, Serge Merlin, Jamie Debbouze | 122 min | OmU – Amélie, tagträumende Kellnerin in einem Café in Montmartre, greift als gute Fee in das Leben ihrer Mitmenschen ein. »Das vor Ideen und Filmzitaten überlaufende Montmartre-Märchen verwandelt Paris in ein zeitloses, nostalgisches Eiland, befreit von Autolärm, Touristenströmen und jeglichen sozialen Problemen.« (Rüdiger Dirk, Claudius Sowa) ▶ Mittwoch, 30. Juli 2014, 20.00 Uhr ▶▶ Samstag, 2. August 2014, 21.00 Uhr Femme Fatale | USA 2002 | R+B: Brian De Palma | K: Thierry Arbogast | M: Ryuichi Sakamoto | D: Rebecca Romijn-Stamos, Antonio Banderas, Peter Coyote, Eric Ebouaney, Thierry Frémont | 114 min | OmU – Der Film beginnt in Cannes mit einem aberwitzigen Juwelenraub beim Filmfestival, aber sein Zentrum ist Paris, ein Platz in Ménilmontant, der von der Kirche Notre Dame de la Croix beherrscht wird. Der Paparazzo Antonio Banderas schwärmt seinem vermeintlichen »Opfer«, der Femme fatale Rebecca Romijn-Stamos davon vor: »Dieser Platz hier in Paris mit der Kirche, mit einem Café, mit wunderbaren Lichtreflexionen – da hab’ ich was gesehen, was mein Leben verändert hat.« ▶ Donnerstag, 31. Juli 2014, 20.00 Uhr The Dreamers (Die Träumer) | F 2003 | R: Bernardo Bertolucci | B: Gilbert Adair, nach seinem Roman | K: Fabio Cianchetti | D: Michael Pitt, Eva Green, Louis Garrel, Anna Chancellor, Robin Renucci, Jean-Pierre Kalfon, Jean-Pierre Léaud | 115 min | OmU – Matthew, ein junger Amerikaner, der 1968 in Paris studiert, lernt bei seinen Besuchen in der Cinémathèque Française Isabelle und ihren Zwillingsbruder Theo kennen. Die drei werden unzertrennliche Freunde. »Matthew, Theo und Isabelle denken in Bildern, für sie sind Film, Ideologie und Lebensform Ausdruck ein und derselben Sache. Film wird gelebt und Ideologie ist bewegtes Bild; die Parameter verschwimmen.« (Anja Marquardt) ▶ Freitag, 1. August 2014, 18.30 Uhr Midnight in Paris | USA 2011 | R+B: Woody Allen | K: Darius Khondji | D: Owen Wilson, Rachel McAdams, Michael Sheen, Adrien Brody, Marion Cotillard, Kathy Bates | 94 min | OmU – »Mit Witz, Eleganz und mit der erstaunlichsten Selbstverständlichkeit entwirft Allen sein künstlerisches Wunschweltszenario. Auf den Spuren seines alter ego Gil entführt er uns in jenes Paris der Zwanziger, das Hemingway als ›Fest fürs Leben‹ feierte. Zum Auftakt in der Jetztzeit blättert er ein ParisPanorama mit Postkartenbildern auf: Eiffelturm, Arc de Triomphe, Sacré-Cœur. Mit einer obstinaten Langsamkeit, die darauf wartet, dass sich Wiedererkennung in einem Ironie-Echo spiegeln kann.« (Rainer Gansera) ▶ Samstag, 2. August 2014, 18.30 Uhr ▶▶ Sonntag, 3. August 2014, 21.00 Uhr Le Week-End | GB 2013 | R: Roger Michell | B: Hanif Kureishi | K: Nathalie Durand | M: Jeremy Sams | D: Jim Broadbent, Lindsay Duncan, Jeff Goldblum, Olly Alexander, xavier De Guillebon | 93 min | OmU – Auf den Spuren ihrer Hochzeitsreise gönnt sich ein in die Jahre gekommenes Ehepaar eine Reise nach Paris. »LE WEEK-END ist eine Hommage an die Komödien der Nouvelle Vague mit ihrem Anarchismus und ihrer frechen Leichtigkeit. Jim Broadbent ist mit seinem Knittergesicht wie gemacht für diese Rolle, die ihn erneut kunstvoll Komik und Tragik ausloten lässt. Und Lindsay Duncan wirkt so schön und klug wie weiland Anna Karina in UNE FEMME EST UNE FEMME.« (Oliver Kaever) ▶ Sonntag, 3. August 2014, 18.30 Uhr Paris im Film – Ein kleiner Junge streift mit einem gefundenen roten Luftballon durch die Gassen von Belleville. – Le voyage du ballon rouge (Die Reise des roten Ballons) | F 2007 | R+B: Hou Hsiao Hsien | K: Yorick Lesaux, Lee Ping Bin | M: Camille | D: Juliette Binoche, Hippolyte Girardot, Song Fang, Simon Iteanu, Louise Margolin | 113 min | OmU – Kein simples Remake, sondern eine behutsame Hommage an die Stadt Paris, den Film von 1956 und die Kunst des Filmemachens. 81 f münchen Dienstag, 18. Februar 2014 18.30 Kino der Perestroika Strasti po Andreju (Andrej Rubljow) SU 1969/1987 | Andrej Tarkovskij | 205 min | OmeU Seite 5 Mittwoch, 19. Februar 2014 18.30 Deutsche Filme 2013 Quellen des Lebens D 2013 | Oskar Roehler | 173 min Seite 10 Donnerstag, 20. Februar 2014 19.00 Open Scene Freitag, 21. Februar 2014 18.00 Erblast NS Hitler’s Children (Meine Familie, die Nazis und ich) Seite 15 Israel 2011 | Chanoch Ze‘evi | 80 min | OmeU | Zu Gast: Niklas Frank, Dirk Riedel 21.00 Deutsche Filme 2013 Staub auf unseren Herzen D 2012 | Hanna Doose | 91 min Seite 11 Samstag, 22. Februar 2014 18.00 Erblast NS Aus einem deutschen Leben BRD 1977 | Theodor Kotulla | 145 min 21.00 Deutsche Filme 2013 Eltern D 2013 | Robert Thalheim | 96 min Seite 15 Seite 11 Sonntag, 23. Februar 2014 17.30 Film und Psychoanalyse Bringing Up Baby (Leoparden küsst man nicht) Seite 16 USA 1938 | Howard Hawks | 102 min | OmU | Einführung: Salek Kutschinski, Mathias Lohmer 21.00 Deutsche Filme 2013 Houston D 2013 | Bastian Günther | 107 min Seite 11 Dienstag, 25. Februar 2014 18.30 Deutsche Filme 2013 Eltern D 2013 | Robert Thalheim | 96 min Seite 11 Komissar (Die Kommissarin) SU 1967/1987 | Aleksandr Askol’dov | 110 min | OmU Seite 5 18.30 Deutsche Filme 2013 Die andere Heimat – Chronik einer Sehnsucht D 2013 | Edgar Reitz | 225 min | Zu Gast: Edgar Reitz Seite 11 21.00 Kino der Perestroika Kalenderübersicht Mittwoch, 26. Februar 2014 82 Donnerstag, 27. Februar 2014 19.00 Open Scene Freitag, 28. Februar 2014 18.30 Prager Filmarchiv Erotikon (Erotik) CSSR 1929 | Gustav Machatý | 103 min | dtF | \ Günter A. Buchwald | Einführung: Vladimír Opěla 21.00 Deutsche Filme 2013 Der Glanz des Tages Österreich/D 2012 | Tizza Covi, Rainer Frimmel | 90 min Seite 19 Seite 12 Samstag, 1. März 2014 18.30 Prager Filmarchiv Řeka (Junge Liebe) CSSR 1933 | Josef Rovenský | 75 min | OmU Seite 19 Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450 f münchen 21.00 Deutsche Filme 2013 Master of the Universe D 2013 | Marc Bauder | 95 min Seite 12 Sonntag, 2. März 2014 18.30 Prager Filmarchiv Daleká cesta (Der weite Weg) CSSR 1948 | Alfréd Radok | 108 min | OmeU 21.00 Deutsche Filme 2013 Kohlhaas oder die Verhältnismäßigkeit der Mittel D 2012 | Aron Lehmann | 90 min Seite 19 Seite 12 Mittwoch, 5. März 2014 18.30 Deutsche Filme 2013 Master of the Universe D 2013 | Marc Bauder | 95 min 21.00 Prager Filmarchiv Seite 12 Kdo chce zabit Jessii? (Wer will Jessie umbringen?) CSSR 1966 | Václav Vorlícek | 80 min | OmU Seite 19 Der Totentanz | D 1912 | Urban Gad | 33 min | viragiert Der Student von Prag | D 1913 | Hanns Heinz Ewers | 81 min | viragiert Seite 21 Donnerstag, 6. März 2014 19.00 Open Scene Freitag, 7. März 2014 18.30 Schätze des Filmmuseums 21.00 Deutsche Filme 2013 Paradies: Glaube Österreich/D 2013 | Ulrich Seidl | 114 min Seite 12 Samstag, 8. März 2014 18.30 Schätze des Filmmuseums Die Wahrheit | Karl Valentins Hochzeit | Der neue Schreibtisch | Die Entdeckung Deutschlands | Der getäuschte Pierrot | Münchner Bilderbogen Nr. 1 D 1910–1920 | 75 min | teilweise viragiert | \ Joachim Bärenz 21.00 Deutsche Filme 2013 Halbschatten D 2013 | Nicolas Wackerbarth | 80 min Seite 21 Seite 13 Sonntag, 9. März 2014 The Immigrant USA 1917 | Charles Chaplin | 31 min | OF | \ Joachim Bärenz Terje Vigen Schweden 1917 | Victor Sjöström | 62 min | dtF | viragiert | \ Joachim Bärenz 21.00 Deutsche Filme 2013 Das merkwürdige Kätzchen D 2013 | Ramon Zürcher | 72 min Seite 21 Seite 13 Dienstag, 11. März 2014 18.30 Deutsche Filme 2013 Paradies: Glaube Österreich/D 2013 | Ulrich Seidl | 114 min 21.00 Kino der Perestroika Dvadcat’ dnej bez vojny (Zwanzig Tage ohne Krieg) SU 1977 | Aleksej German | 101 min | OmU Seite 12 Seite 5 83 Mittwoch, 12. März 2014 18.30 Deutsche Filme 2013 Halbschatten D 2013 | Nicolas Wackerbarth | 80 min 21.00 Filme aus Bosnien Kalenderübersicht 18.30 Schätze des Filmmuseums No Man’s Land BiH 2001 | Danis Tanović | 98 min | OmU Seite 13 Seite 31 Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450 f münchen Donnerstag, 13. März 2014 19.00 Jochen Kuhn Silvester | Neulich 2 | Neulich 3 | Sneak Preview | Sonntag 1 | Seite 33 Sonntag 2 | Sonntag 3 D 1993–2012 | Jochen Kuhn | 71 min | Zu Gast: Jochen Kuhn, Christian Wagner Freitag, 14. März 2014 18.30 Schätze des Filmmuseums Nathan der Weise D 1922 | Manfred Noa | 123 min 21.00 Deutsche Filme 2013 Hannah Arendt D 2012 | Margarethe von Trotta | 113 min Seite 21 Seite 13 Samstag, 15. März 2014 18.30 Schätze des Filmmuseums Helena. Der Untergang Trojas D 1923 | Manfred Noa | 210 min | \ Joachim Bärenz & Christian Roderburg Premiere der neu rekonstruierten Fassung Seite 22 Geschichte des 3D-Films Vortrag mit Filmbeispielen von Stefan Drößler | 180 min Seite 34 Sonntag, 16. März 2014 18.30 3D-Filmfest Dienstag, 18. März 2014 18.30 Deutsche Filme 2013 Das merkwürdige Kätzchen D 2013 | Ramon Zürcher | 72 min 21.00 Kino der Perestroika Tema (Das Thema) SU 1979/1986 | Gleb Panfilov | 99 min | OmU Seite 18 Seite 6 Mittwoch, 19. März 2014 18.30 Deutsche Filme 2013 Hannah Arendt D 2012 | Margarethe von Trotta | 113 min Seite 13 Go West BiH 2005 | Ahmed Imamović | 97 min | OmeU Seite 31 Anfang aus dem Ende. Die Flakhelfergeneration D 2013 | Aleida Assmann | 85 min | Zu Gast: Aleida Assmann, Bernhard Gotto Seite 15 18.30 Schätze des Filmmuseums Nosferatu. Eine Symphonie des Grauens D 1921 | Friedrich Wilhem Murnau | 102 min | viragiert | \ Sabrina Hausmann & Mark Pogolski Seite 22 21.00 3D-Filmfest Prometheus (Dunkle Zeichen) USA 2012 | Ridley Scott | 124 min | OF | 3D (Programmänderung) Seite 35 18.30 Schätze des Filmmuseums Der brennende Acker D 1922 | Friedrich Wilhelm Murnau | 100 min | viragiert | \ Sabrina Hausmann & Mark Pogolski Seite 22 21.00 3D-Filmfest knick knack USA 1989 | John Lasseter | 4 min | ohne Dialog | 3D U2 3D USA 2008 | Catherine Owens, Mark Pellington | 84 min | OF | 3D Seite 35 21.00 Filme aus Bosnien Donnerstag, 20. März 2014 19.00 Erblast NS Kalenderübersicht Freitag, 21. März 2014 84 Samstag, 22. März 2014 Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450 f münchen Sonntag, 23. März 2014 17.30 Film und Psychoanalyse Seite 17 Un amor (Eine Liebe fürs Leben) ARG 2011 | Paula Hernández | 99 min | OmU | Einführung: I. Nagel, K. Leube-Sonnleitner 21.00 3D-Filmfest Gravity USA 2013 | Alfonso Cuarón | 91 min | OF | 3D Aningaaq USA 2013 | Jonás Cuarón | 7 min | OF Seite 35 18.30 3D-Filmfest Gravity USA 2013 | Alfonso Cuarón | 91 min | OF | 3D Aningaaq USA 2013 | Jonás Cuarón | 7 min | OF Seite 35 21.00 Kino der Perestroika I žizn’, i slëzy, i ljubov’ … (Leben, Tränen, Liebe) SU 1984 | Nikolaj Gubenko | 103 min | OmU Dienstag, 25. März 2014 Seite 6 Mittwoch, 26. März 2014 18.30 3D-Filmfest Life of Pi (Schiffbruch mit Tiger) USA 2012 | Ang Lee | 127 min | OF | 3D Seite 36 21.00 Filme aus Bosnien Grbavica (Esmas Geheimnis) BiH 2006 | Jasmila Žbanić | 95 min | OmU Seite 31 18.30 Schätze des Filmmuseums Der Hund von Baskerville D 1914 | Richard Oswald | 70 min Seite 23 21.00 3D-Filmfest Looking for Trouble USA 1953 | Lloyd Bacon | 10 min | OF | 3D Miss Sadie Thompson (Fegefeuer) USA 1953 | Curtis Bernhardt | 91 min | OF | 3D Seite 36 18.30 Schätze des Filmmuseums Sein eigner Mörder D 1914 | Max Mack | 32 min | viragiert Anders als die andern D 1919 | Richard Oswald | 51 min Seite 23 21.00 3D-Filmfest Lumber Jack-Rabbit USA 1953 | Chuck Jones | 7 min | OF | 3D House of Wax (Das Kabinett des Professor Bondi) USA 1953 | André de Toth | 88 min | OF | 3D Seite 36 18.30 Schätze des Filmmuseums Nerven D 1919 | Robert Reinert | 110 min | viragiert Seite 23 21.00 3D-Filmfest Bloodrop 3D RUS 2011 | Aleksey Popogrebskiy | 7 min | ohne Dialog | 3D Robinzon Kruzo (Robinson Crusoe) SU 1947 | Aleksandr Andrievskij | 75 min | OmU | 3D Seite 36 Donnerstag, 27. März 2014 19.00 Open Scene Freitag, 28. März 2014 Sonntag, 30. März 2014 Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450 Kalenderübersicht Samstag, 29. März 2014 85 f münchen Dienstag, 1. April 2014 18.30 3D-Filmfest The Croods (Die Croods) USA 2013 | Dirk De Micco, Chris Sanders | 98 min | OmU | 3D 21.00 Kino der Perestroika Potomok belogo barsa (Der Nachkomme des Schneeleoparden) SU 1985 | Tolomuš Okeev | 134 min | OmU Seite 37 Seite 6 Mittwoch, 2. April 2014 18.30 3D-Filmfest Pina D 2011 | Wim Wenders | 103 min | 3D Seite 37 21.00 Filme aus Bosnien Na Putu (Zwischen uns das Paradies) BiH 2010 | Jasmila Žbanić | 103 min | OmU Seite 31 18.30 Architekturfilmtage The Competition Spanien 2013 | Angel Borrego Cubero | 100 min | engl.OF | Zu Gast: Angel Borrego Cubero Seite 39 21.00 Architekturfilmtage Sauerbruch Hutton Architekten D 2013 | Harun Farocki | 73 min Seite 40 18.30 Architekturfilmtage Lucien Hervé – Photographe malgré lui B 2012 | Gerrit Messiaen | 55 min | OmeU Architekturfotografie, Mies van der Rohe und Neues Bauen D 2013 | Dieter Reifarth | 42 min Seite 40 21.00 Architekturfilmtage L’Inhumaine (Die Unmenschliche) F 1923 | Marcel L’Herbier | 134 min | OmU | \ Joachim Bärenz | Einführung: Hermann Barth Seite 40 Donnerstag, 3. April 2014 19.00 Open Scene Freitag, 4. April 2014 Samstag, 5. April 2014 Kalenderübersicht Sonntag, 6. April 2014 86 18.30 Architekturfilmtage Precise Poetry – Lina Bo Bardi’s Architecture Seite 41 Österreich 2013 | Belinda Rukschcio | 55 min | OmeU | Zu Gast: Belinda Rukschcio Eileen Gray – Einladung zur Reise D 2006 | Jörg Bundschuh | 60 min 21.00 Architekturfilmtage Haus Tugendhat – Die Restaurierung D 2013 | Dieter Reifarth | 90 min | Zu Gast: Dieter Reifarth, Ivo Hammer Seite 41 18.30 Architekturfilmtage Fynbos Südafrika 2012 | Harry Patramanis | 96 min | OF Seite 42 21.00 Kino der Perestroika Kak molody my byli (Wie jung wir waren) SU 1985 | Michail Belikov | 92 min | OmU Seite 6 Dienstag, 8. April 2014 Mittwoch, 9. April 2014 18.30 Architekturfilmtage Exhibition GB 2013 | Joanna Hogg | 104 min | OF Seite 42 21.00 Filme aus Bosnien Cirkus Columbia BiH 2010 | Danis Tanović | 113 min | OmU Seite 32 Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450 f münchen Donnerstag, 10. April 2014 19.00 Open Scene Für die Ewigkeit – Der alte israelitische Friedhof München D 2013 | Isabel Gathof, Agata Wozniak | 68 min Freitag, 11. April 2014 18.30 Schätze des Filmmuseums Why Girls Say No | Jewish Prudence | Don’t Tell Everything | Pass the Gravy USA 1927 | Leo McCarey, Fred Guiol | 90 min | OF 21.00 3D-Filmfest If Buildings Could Talk Seite 37 D 2010 | Wim Wenders | 12 min | OF | 3D 3x3D Portugal 2013 | Jean-Luc Godard, Peter Greenaway, Edgar Pêra | 62 min | OmeU Seite 23 Samstag, 12. April 2014 18.30 Schätze des Filmmuseums Feed ’em and Weep | A Pair of Tights | On the Loose | Beauty and the Bus USA 1928–1933 | Fred Guiol, Hal Yates, Hal Roach, Gus Meins | 78 min | OF 21.00 3D-Filmfest The Great Gatsby (Der große Gatsby) USA 2013 | Baz Luhrmann | 142 min | OmU | 3D Seite 37 18.30 Schätze des Filmmuseums Spuk um Mitternacht D 1930 | James Parrott | 40 min Block-Heads (Die Klotzköpfe) USA 1938 | John G. Blystone | 57 min | OF Seite 24 21.00 3D-Filmfest Falling in Love Again Kanada 2013 | Munro Ferguson | 3 min | ohne Dialog | 3D Metallica Through the Never USA 2013 | Nimród Antal | 93 min | OF | 3D Seite 38 Seite 24 Sonntag, 13. April 2014 Dienstag, 15. April 2014 18.30 3D-Filmfest If Buildings Could Talk Seite 37 D 2010 | Wim Wenders | 26 min | OF | 3D 3x3D Portugal 2013 | Jean-Luc Godard, Peter Greenaway, Edgar Pêra | 62 min | OmeU 21.00 Kino der Perestroika Idi i smotri (Komm und siehe) SU 1985 | Elem Klimov | 146 min | OmU Mittwoch, 16. April 2014 18.30 3D-Filmfest Get a Horse! USA 2013 | Laura MacMullan | 6 min | OF | 3D Frozen (Die Eiskönigin) USA 2013 | Chris Buck, Jennifer Lee | 102 min | OF | 3D 21.00 Filme aus Bosnien Epizoda u životu berača željeza (Aus dem Leben eines Schrottsammlers) BiH 2013 | Danis Tanović | 75 min | OmU Seite 32 Seite 38 Donnerstag, 17. April 2014 19.00 Federico Fellini Che strano chiamarsi Federico! (Wie seltsam, Federico zu heißen!) Italien 2013 | Ettore Scola | 90 min | OmeU Seite 46 Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450 Kalenderübersicht Seite 6 87 f münchen Freitag, 18. April 2014 18.30 Schätze des Filmmuseums Das Weib des Pharao D 1921 | Ernst Lubitsch | 100 min | viragiert | Einführung: Thomas Bakels Seite 24 21.00 Federico Fellini Il miracolo (Das Wunder) Italien 1948 | Roberto Rossellini | 34 min | OmU Francesco, giullare di Dio (Franziskus, der Gaukler Gottes) Italien 1950 | Roberto Rossellini | 75 min | OmeU Seite 46 18.30 Schätze des Filmmuseums Lichtspiel Opus 1 | Opus II | Opus III | Opus IV | Berlin. Die Sinfonie der Großstadt D 1927 | Walther Ruttmann | 90 min Seite 24 21.00 Federico Fellini Luci del varietà (Lichter des Varieté) Italien 1950 | Federico Fellini, Alberto Lattuada | 93 min | OmU Seite 47 18.30 Schätze des Filmmuseums Oktjabr (Zehn Tage, die die Welt erschütterten) SU 1928 | Sergej Eisenstein | 119 min | OmU Seite 25 21.00 Federico Fellini Lo sceicco bianco (Die bittere Liebe) Italien 1952 | Federico Fellini | 86 min | OmeU Seite 47 18.30 Schätze des Filmmuseums Mutter Krausens Fahrt ins Glück D 1929 | Piel Jutzi | 133 min Seite 25 21.00 Federico Fellini L’amore in città (Liebe in der Stadt) Italien 1953 | Federico Fellini, Michelangelo Antonioni, Alberto Lattuada, Francesco Maselli, Dino Risi, Cesare Zavattini | 96 min | OmU Seite 47 18.30 Federico Fellini Luci del varietà (Lichter des Varieté) Italien 1950 | Federico Fellini, Alberto Lattuada | 93 min | OmU Seite 47 21.00 Kino der Perestroika Pis’ma mërtvogo čeloveka (Briefe eines Toten) SU 1986 | Konstantin Lopušanskij | 87 min | OmU Samstag, 19. April 2014 Sonntag, 20. April 2014 Montag, 21. April 2014 Dienstag, 22. April 2014 Seite 6 Kalenderübersicht Mittwoch, 23. April 2014 88 18.30 Federico Fellini La strada (Das Lied der Straße) Italien 1954 | Federico Fellini | 108 min | OmU 21.00 Filme aus Bosnien For Those Who Can Tell No Tales (Für die, die keine Märchen erzählen können) Seite 32 BiH 2013 | Jasmila Žbanić | 82 min | OmU Seite 48 Donnerstag, 24. April 2014 19.00 Open Scene Freitag, 25. April 2014 18.30 Schätze des Filmmuseums Alice Gets in Dutch (Alice hat geträumt) USA 1924 | Walt Disney | 10 min | dtF | \ Richard Siedhoff Das Wachsfigurenkabinett D 1924 | Paul Leni | 75 min | viragiert | \ Richard Siedhoff Seite 25 21.00 Federico Fellini I vitelloni (Die Müßiggänger) Italien 1953 | Federico Fellini | 100 min | OmU Seite 47 Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450 f münchen Samstag, 26. April 2014 18.30 Schätze des Filmmuseums Alice’s Spooky Adventure (Alice im Spukhaus) USA 1924 | Walt Disney | 8 min | dtF | \ Richard Siedhoff The Cat and the Canary (Spuk um Mitternacht) USA 1927 | Paul Leni | 114 min | OF | \ Richard Siedhoff Seite 26 21.00 Federico Fellini La strada (Das Lied der Straße) Italien 1954 | Federico Fellini | 108 min | OmU Seite 48 Sonntag, 27. April 2014 17.30 Film und Psychoanalyse I girasoli (Sonnenblumen) Seite 17 Italien 1970 | Vittorio De Sica | 107 min | OmeU | Einführung: Vivian Pramataroff-Hamburger 21.00 Federico Fellini Il bidone (Die Schwindler) Italien 1955 | Federico Fellini | 112 min | OmeU Seite 48 18.30 Federico Fellini Il bidone (Die Schwindler) Italien 1955 | Federico Fellini | 112 min | OmeU Seite 48 21.00 Kino der Perestroika Pljumbum, ili opasnaja igra (Plumbum oder Gefährliches Spiel) SU 1987 | Vadim Abdrašitov | 97 min | OmU Dienstag, 29. April 2014 Seite 7 Mittwoch, 30. April 2014 18.30 Federico Fellini Le notti di Cabiria (Die Nächte der Cabiria) Italien 1957 | Federico Fellini | 110 min | OmU Seite 48 21.00 Film & Licht Geschichte des Filmlichts Vortrag mit Filmbeispielen von Richard Blank | 90 min Seite 56 Donnerstag, 1. Mai 2014 19.00 Open Scene Freitag, 2. Mai 2014 18.30 Schätze des Filmmuseums Seite 26 Chronik der Anna Magdalena Bach BRD 1967 | Danièle Huillet & Jean-Marie Straub | 94 min | Zu Gast: Barbara Ulrich 21.00 Federico Fellini Le notti di Cabiria (Die Nächte der Cabiria) Italien 1957 | Federico Fellini | 110 min | OmU Seite 48 18.30 Schätze des Filmmuseums Un conte de Michel de Montaigne (Eine Erzählung von Michel de Montaigne) | Dialogue d’ombres (Schattendialog) | A propos de Venise (Über Venedig) Schweiz 2012/13 | Jean-Marie Straub | 86 min | OmU | Zu Gast: Barbara Ulrich Seite 26 21.00 Federico Fellini La dolce vita (Das süße Leben) Italien 1960 | Federico Fellini | 172 min | OmU Seite 48 Boccaccio ’70 Italien 1962 | Fellini, De Sica, Monicelli, Visconti | 205 min | OmeU Seite 49 18.30 Federico Fellini Otto e mezzo (Achteinhalb) Italien 1963 | Federico Fellini | 138 min | OmeU Seite 49 21.00 Kino der Perestroika Kur’er (Der Bote) SU 1987 | Karen Šachnazarov | 90 min | OmU Seite 7 Sonntag, 4. Mai 2014 18.30 Federico Fellini Kalenderübersicht Samstag, 3. Mai 2014 89 Dienstag, 6. Mai 2014 Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450 f münchen Mittwoch, 7. Mai 2014 18.30 Federico Fellini Giulietta degli spiriti (Julia und die Geister) Italien 1965 | Federico Fellini | 137 min | OmU 21.00 Film & Licht Seite 56 Der letzte Mann D 1924 | F. W. Murnau | 90 min | \ Günter A. Buchwald | Einführung: Richard Blank 8. Mai bis 14. Mai 2014 DOK.fest – Internationales Dokumentarfilmfestival München Seite 49 Donnerstag, 15. Mai 2014 19.00 Open Scene Freitag, 16. Mai 2014 18.30 Schätze des Filmmuseums Angst BRD 1954 | Roberto Rossellini | 81 min Seite 27 21.00 Federico Fellini Otto e mezzo (Achteinhalb) Italien 1963 | Federico Fellini | 138 min | OmeU Seite 49 18.30 Schätze des Filmmuseums Mr. Arkadin (Herr Satan persönlich) GB 1955 | Orson Welles | 101 min | OF | Einführung: Stefan Drößler Seite 27 21.00 Federico Fellini Giulietta degli spiriti (Julia und die Geister) Italien 1965 | Federico Fellini | 137 min | OmU Seite 49 18.30 Schätze des Filmmuseums Lola Montez BRD 1955 | Max Ophüls | 116 min | OmU | Einführung: Stefan Drößler Seite 27 21.00 Federico Fellini Histoires extraordinaires (Außergewöhnliche Geschichten) F 1968 | Federico Fellini, Louis Malle, Roger Vadim | 121 min | OmU Seite 50 18.30 Federico Fellini Satyricon (Fellinis Satyricon) Italien 1969 | Federico Fellini | 128 min | OmU Seite 50 21.00 Kino der Perestroika Monanieba / Pokajanie (Reue) SU 1984/1987 | Tengiz Abuladze | 153 min | OmU Samstag, 17. Mai 2014 Sonntag, 18. Mai 2014 Dienstag, 20. Mai 2014 Seite 8 Kalenderübersicht Mittwoch, 21. Mai 2014 90 18.30 Michael Snow Wavelength | * Corpus Callosum Kanada 1967–2002 | Michael Snow | 45 min + 92 min Seite 49 21.00 Film & Licht M D 1931 | Fritz Lang | 111 min | Einführung: Richard Blank Seite 56 La région centrale Kanada 1971 | Michael Snow | 180 min | Zu Gast: Michael Snow Seite 61 18.30 Michael Snow <—> (Back and Forth) | So Is This Kanada 1969–1983 | Michael Snow | 54 min + 43 min | Zu Gast: Michael Snow Seite 61 21.00 Federico Fellini Federico Fellini – Mit den Augen der anderen D 2003 | Eckhart Schmidt | 90 min | Zu Gast: Eckhart Schmidt Seite 50 Donnerstag, 22. Mai 2014 19.00 Michael Snow Freitag, 23. Mai 2014 Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450 f münchen Samstag, 24. Mai 2014 18.30 Michael Snow Presents Kanada 1981 | Michael Snow | 98 min | Zu Gast: Michael Snow Seite 61 21.00 Federico Fellini Satyricon (Fellinis Satyricon) Italien 1969 | Federico Fellini | 128 min | OmU Seite 50 Sonntag, 25. Mai 2014 17.30 Film und Psychoanalyse Seite 17 Something Wild (Gefährliche Freundin) USA 1986 | Jonathan Demme | 114 min | OmU | Einführung: M. Baumgart, Eva Friedrich 21.00 Federico Fellini Seite 50 A Director’s Notebook | Ciao, Federico! Italien 1969/70 | Federico Fellini, Gideon Bachmann | 51 min + 60 min | engl. OF Dienstag, 27. Mai 2014 18.30 Federico Fellini Roma (Fellinis Roma) Italien 1972 | Federico Fellini | 128 min | OmeU 21.00 Kino der Perestroika Zavtra byla vojna (… und morgen war Krieg) SU 1987 | Jurij Kara | 89 min | OmU Seite 51 Seite 8 Mittwoch, 28. Mai 2014 18.30 Federico Fellini Amarcord Italien 1973 | Federico Fellini | 123 min | OmeU Seite 52 21.00 Film & Licht La ronde (Der Reigen) F 1950 | Max Ophüls | 109 min | OmU | Einführung: Richard Blank Seite 56 18.30 Schätze des Filmmuseums Es muss ein Stück vom Hitler sein BRD 1963 | Walter Krüttner | 12 min Die Grafen Pocci BRD 1967 | Hans Jürgen Syberberg | 92 min Seite 28 21.00 Federico Fellini I clowns (Die Clowns) Italien 1970 | Federico Fellini | 92 min | OmeU Seite 51 18.30 Schätze des Filmmuseums La morte d’Isotta BRD 1968 | Werner Schroeter | 37 min Der Bomberpilot BRD 1970 | Werner Schroeter | 65 min Seite 28 21.00 Federico Fellini Roma (Fellinis Roma) Italien 1972 | Federico Fellini | 128 min | OmeU Seite 51 18.30 Schätze des Filmmuseums Madeleine, Madeleine BRD 1963 | Vlado Kristl | 10 min Das Andechser Gefühl BRD 1974 | Herbert Achternbusch | 65 min Seite 28 21.00 Federico Fellini Amarcord Italien 1973 | Federico Fellini | 123 min | OmeU Seite 52 Donnerstag, 29. Mai 2014 19.00 Open Scene Freitag, 30. Mai 2014 Sonntag, 1. Juni 2014 Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450 Kalenderübersicht Samstag, 31. Mai 2014 91 f münchen Dienstag, 3. Juni 2014 18.30 Federico Fellini La città delle donne (Fellinis Stadt der Frauen) Italien 1980 | Federico Fellini | 139 min | OmeU 21.00 Kino der Perestroika Vlast’ Soloveckaja (Die Macht von Solovkij) SU 1988 | Marina Goldovskaja | 91 min | OmU Seite 52 Seite 8 Mittwoch, 4. Juni 2014 18.30 Federico Fellini E la nave va (Fellinis Schiff der Träume) Italien 1983 | Federico Fellini | 132 min | OmU Seite 52 21.00 Film & Licht The Trial (Der Prozess) GB 1962 | Orson Wellles | 119 min | OmU | Einführung: Richard Blank Seite 56 Donnerstag, 5. Juni 2014 19.00 Open Scene Freitag, 6. Juni 2014 18.30 Bayern in Babelsberg Freispruch mangels Beweises DDR 1962 | Richard Groschopp | 94 min | Einführung: Ralf Schenk 21.00 Federico Fellini Il Casanova di Federico Fellini (Fellinis Casanova) Italien 1976 | Federico Fellini | 154 min | engl. OF Seite 64 Seite 52 Samstag, 7. Juni 2014 18.30 Bayern in Babelsberg Der Prozess wird vertagt DDR 1958 | Herbert Ballmann | 97 min 21.00 Federico Fellini Prova d’orchestra (Orchesterprobe) Italien 1978 | Federico Fellini | 70 min | OmU Seite 65 Seite 52 Sonntag, 8. Juni 2014 18.30 Bayern in Babelsberg For Eyes only (Streng geheim) DDR 1963 | Janos Veiczi | 103 min 21.00 Federico Fellini La città delle donne (Fellinis Stadt der Frauen) Italien 1980 | Federico Fellini | 139 min | OmeU Seite 65 Seite 52 Montag, 9. Juni 2014 Kalenderübersicht 18.30 Bayern in Babelsberg Tilman Riemenschneider DDR 1958 | Helmut Spieß | 98 min 92 Seite 65 E la nave va (Fellinis Schiff der Träume) Italien 1983 | Federico Fellini | 132 min | OmU Seite 52 18.30 Federico Fellini Ginger e Fred (Ginger und Fred) Italien 1986 | Federico Fellini | 125 min | OmeU Seite 53 21.00 Kino der Perestroika Dni zatmenija (Tage der Finsternis) SU 1988 | Aleksandr Sokurov | 135 min | OmU Seite 9 21.00 Federico Fellini Dienstag, 10. Juni 2014 Mittwoch, 11. Juni 2014 19.00 Federico Fellini Il Casanova di Federico Fellini (Fellinis Casanova) Italien 1976 | Federico Fellini | 154 min | engl. OF Seite 52 Zuschauerkino Seite 67 Donnerstag, 12. Juni 2014 19.00 Open Scene Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450 f münchen Freitag, 13. Juni 2014 18.30 Bayern in Babelsberg Abschied DDR 1968 | Egon Günther | 106 min | Einführung: Ralf Schenk 21.00 Federico Fellini Ginger e Fred (Ginger und Fred) Italien 1986 | Federico Fellini | 125 min | OmeU Seite 65 Seite 53 Samstag, 14. Juni 2014 18.30 Bayern in Babelsberg Pankoff | Absolution? | Meiers Nachlass | F.J. Strauß | Kundschafter in München DDR 1966–1976 | Hornig, Müller, Heynowski & Scheumann, Raue | 80 min | Seite 65 Einführung: Ralf Schenk 21.00 Federico Fellini Werbefilme | Intervista (Fellinis Intervista) Italien 1984–1992 | Federico Fellini | 8 min + 108 min | OmU Seite 53 Sonntag, 15. Juni 2014 18.30 Bayern in Babelsberg Der Ochse von Kulm DDR 1955 | Martin Hellberg | 88 min | Einführung: Ralf Schenk Seite 66 La voce della luna (Die Stimme des Mondes) Italien 1990 | Federico Fellini | 120 min | OmU Seite 53 18.30 Kelly Reichardt Old Joy USA 2006 | Kelly Reichardt | 76 min | OmU Seite 71 21.00 Kino der Perestroika Posetitel’ muzeja (Der Museumsbesucher) SU 1989 | Konstantin Lopušanskij | 136 min | OmU 21.00 Federico Fellini Dienstag, 17. Juni 2014 Seite 9 Mittwoch, 18. Juni 2014 18.30 Kelly Reichardt Wendy and Lucy USA 2008 | Kelly Reichardt | 80 min | OmU Seite 71 21.00 Film & Licht Fa yeung nin wa (In the Mood for Love) Hongkong 2000 | Wong Kar-wai | 98 min | OmU | Einführung: Richard Blank Seite 56 Donnerstag, 19. Juni 2014 19.00 Open Scene Freitag, 20. Juni 2014 21.00 Kelly Reichardt River of Grass | Ode USA 1994–1999 | Kelly Reichardt | 73 min + 46 min | OF Seite 66 Seite 71 Samstag, 21. Juni 2014 18.30 Bayern in Babelsberg Das verurteilte Dorf DDR 1952 | Martin Hellberg | 107 min 21.00 Kelly Reichardt Old Joy USA 2006 | Kelly Reichardt | 76 min | OmU Seite 66 Seite 71 Sonntag, 22. Juni 2014 18.30 Bayern in Babelsberg Wir tragen die Gewehre | Den Rennsteig entlang | Ein Pfeiler im Strom Seite 66 | Zum Beispiel: Regensburg | Lang mi ned o DDR 1955–1983 | Bohm, Marten, Heynowski & Scheumann, Foth | 125 min Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450 Kalenderübersicht 18.30 Bayern in Babelsberg Chronik eines Mordes DDR 1965 | Joachim Hasler | 98 min 93 f münchen Sonntag, 22. Juni 2014 Wendy and Lucy USA 2008 | Kelly Reichardt | 80 min | OmU Seite 71 18.30 Kelly Reichardt Meek’s Cutoff USA 2010 | Kelly Reichardt | 104 min | OmU Seite 71 21.00 Kino der Perestroika Zamri, umri, voskresni! (Halte still – Stirb – Erwache) SU 1989 | Vitalij Kanevskij | 105 min | OmU 21.00 Kelly Reichardt Dienstag, 24. Juni 2014 Seite 9 Mittwoch, 25. Juni 2014 18.30 Kelly Reichardt Meek’s Cutoff USA 2010 | Kelly Reichardt | 104 min | OmU Seite 71 21.00 Film & Licht Dogville DK 2003 | Lars von Trier | 140 min | OmU | Einführung: Richard Blank Seite 56 18.30 Kelly Reichardt River of Grass | Ode USA 1994–1999 | Kelly Reichardt | 73 min + 46 min | OF Seite 71 21.00 Kino der Perestroika Taksi-Bljuz (Taxi-Blues) SU 1990 | Pavel Lungin | 110 min | OmU 28. Juni bis 5. Juli 2014 Internationales Filmfest München Donnerstag, 26. Juni 2014 19.00 Open Scene Freitag, 27. Juni 2014 Seite 9 Sonntag, 6. Juli 2014 18.30 Oskar Maria Graf Hölleisengretl D 1995 | Jo Baier | 105 min Seite 73 21.00 Oskar Maria Graf Triumph der Gerechten BRD 1987 | Josef Bierbichler | 81 min Seite 73 Sous les toits de Paris (Unter den Dächern von Paris) F 1930 | René Clair | 92 min | OmU Seite 77 Hôtel du Nord F 1938 | Marcel Carné | 95 min | OmU Seite 77 Ninotchka (Ninotschka) USA 1939 | Ernst Lubitsch | 110 min | OF Seite 77 18.30 Paris im Film Rendez-vous de juillet (Jugend von heute) F 1949 | Jacques Becker | 112 min | OmeU Seite 77 21.00 Paris im Film Sous les toits de Paris (Unter den Dächern von Paris) F 1930 | René Clair | 96 min | OmU Seite 77 Dienstag, 8. Juli 2014 Kalenderübersicht 20.00 Paris im Film 94 Mittwoch, 9. Juli 2014 20.00 Paris im Film Donnerstag, 10. Juli 2014 20.00 Paris im Film Freitag, 11. Juli 2014 Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450 f münchen Samstag, 12. Juli 2014 18.30 Paris im Film An American in Paris (Ein Amerikaner in Paris) USA 1951 | Vincente Minnelli | 113 min | OF Seite 78 21.00 Paris im Film Ninotchka (Ninotschka) USA 1939 | Ernst Lubitsch | 110 min | OF | Einführung: David Bordwell Seite 77 18.30 Paris im Film French Cancan F 1954 | Jean Renoir | 87 min | OmeU Seite 78 21.00 Paris im Film Rendez-vous de juillet (Jugend von heute) F 1949 | Jacques Becker | 112 min | OmeU Seite 77 Les quatre cents coups (Sie küssten und sie schlugen ihn) F 1959 | François Truffaut | 99 min | OmeU Seite 78 À bout de souffle (Außer Atem) F 1960 | Jean-Luc Godard | 90 min | OmU Seite 78 Zazie dans le métro (Zazie) F 1960 | Louis Malle | 89 min | OmU Seite 78 18.30 Paris im Film Belle de jour (Schöne des Tages) F 1967 | Luis Buñuel | 101 min | OmU Seite 78 21.00 Paris im Film Les quatre cents coups (Sie küssten und sie schlugen ihn) F 1959 | François Truffaut | 99 min | OmeU Seite 78 18.30 Paris im Film Le samouraï (Der eiskalte Engel) F 1967 | Jean-Pierre Melville | 105 min | OmeU Seite 79 21.00 Paris im Film À bout de souffle (Außer Atem) F 1960 | Jean-Luc Godard | 90 min | OmU Seite 78 18.30 Paris im Film Playtime (Tatis herrliche Zeiten) F 1967 | Jacques Tati | 115 min | OmeU Seite 79 21.00 Paris im Film Zazie dans le métro (Zazie) F 1960 | Louis Malle | 89 min | OmU Seite 78 Quatre nuits d’un rêveur (Vier Nächte eines Träumers) F 1971 | Robert Bresson | 87 min | OmU Seite 79 Le locataire (Der Mieter) F 1976 | Roman Polanski | 126 min | OmU Seite 79 Sonntag, 13. Juli 2014 Dienstag, 15. Juli 2014 20.00 Paris im Film Mittwoch, 16. Juli 2014 20.00 Paris im Film Donnerstag, 17. Juli 2014 20.00 Paris im Film Freitag, 18. Juli 2014 Samstag, 19. Juli 2014 Dienstag, 22. Juli 2014 20.00 Paris im Film Mittwoch, 23. Juli 2014 20.00 Paris im Film Kalenderübersicht Sonntag, 20. Juli 2014 95 Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450 f münchen Donnerstag, 24. Juli 2014 Le pont du Nord (An der Nordbrücke) F 1981 | Jacques Rivette | 129 min | OmeU Seite 80 18.30 Paris im Film La femme de l’aviateur (Die Frau des Fliegers) F 1981 | Eric Rohmer | 104 min | OmeU Seite 80 21.00 Paris im Film Le locataire (Der Mieter) F 1976 | Roman Polanski | 126 min | OmU Seite 79 18.30 Paris im Film The Moderns (Wilde Jahre in Paris) USA 1988 | Alan Rudolph | 126 min | OmeU Seite 80 21.00 Paris im Film Le pont du Nord (An der Nordbrücke) F 1981 | Jacques Rivette | 129 min | OmeU Seite 80 Le ballon rouge (Der rote Ballon) F 1956 | Albert Lamorisse | 34 min | OmeU Le voyage du ballon rouge (Die Reise des roten Ballons) F 2007 | Hou Hsiao Hsien | 113 min | OmU Seite 80 On connaît la chanson (Das Leben ist ein Chanson) F 1997 | Alain Resnais | 122 min | OmU Seite 81 Le fabuleux destin d’Amélie Poulain (Die fabelhafte Welt der Amélie) F 2001 | Jean-Pierre Jeunet | 122 min | OmU Seite 81 Femme Fatale USA 2002 | Brian De Palma | 114 min | OmU Seite 81 18.30 Paris im Film The Dreamers (Die Träumer) F 2003 | Bernardo Bertolucci | 115 min | OmU Seite 81 21.00 Paris im Film On connaît la chanson (Das Leben ist ein Chanson) F 1997 | Alain Resnais | 122 min | OmU Seite 81 18.30 Paris im Film Midnight in Paris USA 2011 | Woody Allen | 94 min | OmU Seite 81 21.00 Paris im Film Le fabuleux destin d’Amélie Poulain (Die fabelhafte Welt der Amelie) F 2001 | Jean-Pierre Jeunet | 122 min | OmU Seite 81 18.30 Paris im Film Le Week-End GB 2013 | Roger Michell | 93 min | OmU Seite 81 21.00 Paris im Film Midnight in Paris USA 2011 | Woody Allen | 94 min | OmU Seite 81 20.00 Paris im Film Freitag, 25. Juli 2014 Samstag, 26. Juli 2014 Sonntag, 27. Juli 2014 19.00 Paris im Film Dienstag, 29. Juli 2014 20.00 Paris im Film Mittwoch, 30. Juli 2014 20.00 Paris im Film Donnerstag, 31. Juli 2014 20.00 Paris im Film Kalenderübersicht Freitag, 1. August 2014 96 Samstag, 2. August 2014 Sonntag, 3. August 2014 Vom 4. August bis 3. September 2014 macht das Filmmuseum Sommerpause und ist geschlossen. Für Unterstützung und Kooperation bei der Realisierung unseres Programms danken wir: Kino der Perestroika · Arsenal, Berlin (Gesa Knolle) · Bonner Kinemathek, Bonn (Bernhard Gugsch) · David Drevs, München · Alexander Schwarz, München Deutsche Filme 2013 · Rainer Gansera, München · Ralf Schenk, Berlin · Christiane Peitz, Berlin · Edgar Reitz, München Erblast NS · Cinephil, Tel Aviv (Ori Bader) · Deutsche Kinemathek, Berlin (Anke Hahn) · Deutsches Filminstitut, Wiesbaden (Brigitte Capitain) · Evangelische Stadtakademie, München (Jutta Höcht-Stöhr) · Nathalie Geyer, München Psychoanalyse und Film · Akademie für Psychoanalyse und Psychotherapie, München (Matthias Baumgart, Eva Friedrich, Andreas Hamburger, Katharina Leube-Sonnleitner, Mathias Lohmer, Irmgard Nagel, Vivian Pramataroff-Hamburger, Heidi Spanl, Corinna Wernz) Schätze des Filmmuseums · Alpha-Omega, München (Thomas Bakels) · Gunther Fette, München · Rob Houwer, München · Christian Ketels, München · Barbara Ulrich, Rolle Filme aus Bosnien · Münchner Volkshochschule (Klaus Blanc) · Taskovski Films, London (Aleksandra Derewienko) · Samir Smajić, Sarajevo Prager Filmarchiv · Národní filmový archiv, Prag (Michal Bregant, Karel Zima) · Tschechisches Zentrum, München (Anett Browarzik) · Zuzana Jürgens, München Jochen Kuhn · Sammlung Goetz, München (Ingvild Goetz, Cornelia Gockel) · Jochen Kuhn, Hamburg · Christian Wagner, München Architekturfilmtage · A Four Letter Word, Los Angeles (Eleni Asvesta) · Archives Françaises du Film – CNC, Bois d’Arcy (Eric Le Roy, Sophie Le Tétour) · Bayerische Architektenkammer, München (Präsident Lutz Heese, Sabine Picklapp) · Office for Strategic Spaces, Madrid (Angel Borrego Cubero, Simona Rota) · Wild Horses Films, London (Gayle Griffiths) · Fritz Göttler, München · Dieter Reifarth, Frankfurt · Belinda Rukschcio, Berlin Federico Fellini · Bonner Kinemathek (Bernhard Gugsch) · Cinecittà Luce, Rom (Simona Agnoli, Rosaria Folcarelli) · Cinémathèque Suisse, Lausanne (André Schäublin) · Istituto Italiano, München (Giovanna Gruber) · Österreichisches Filmmuseum, Wien (Florian Wrobel) · Francesco Bono, Rom · Eckhart Schmidt, Los Angeles Michael Snow · Arsenal, Berlin (Gesa Knolle) · Underdox Filmfestival, München (Dunja Bialas, Bernd Brehmer) Bayern im DEFA-Film · DEFA-Stiftung, Berlin (Ralf Schenk) · Deutsche Kinemathek, Berlin (Anke Hahn) Kelly Reichardt · Film Science, New York (Anish Savjani) · Österreichisches Filmmuseum, Wien (Regina Schlagnitweit, Eszter Kondor) · Dominik Kamalzadeh, Wien Oskar Maria Graf · Oskar-Maria-Graf-Gesellschaft, München (Ulrich Dittmann) · Josef Bierbichler, Starnberg Paris im Film · Archives Françaises du Film – CNC, Bois d’Arcy (Eric Le Roy, Sophie Le Tétour) · Cinémathèque Suisse, Lausanne (André Schäublin) · Französische Botschaft, Berlin (Marion Goux) · Institut Français, Paris (Christine Houard) · Institut Français, München Fotonachweis · Deutsches Filminstitut, Frankfurt (André Mieles) · Cinémathèque Suisse, Lausanne (Carina Carballo) · Film Science, New York (Anish Savjani) · Filmmuseum München (Claudia Engelhardt, Gerhard Ullmann) · Narodní Filmovy Archiv, Prag (Karel Zima) · Österreichisches Filmmuseum, Wien (Christine Bruck) · Sammlung Goetz, München (Cornelia Gockel) · Sauerbruch Hutton Architekten (Isabelle Hartmann, Caroline Wolf) · Hélène Binet, London · Maren Willkomm, München Das Kino der Stadt Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München Tel 089/233 96450 · Fax 089/233 23931 · www.muenchner-stadtmuseum.de/film