münchen - Münchner Stadtmuseum

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münchen - Münchner Stadtmuseum
2014 | Heft 26
münchen
Kino der Perestroika
Deutsche Filme 2013
Prager Filmarchiv
Schätze des Filmmuseums
Filme aus Bosnien
Jochen Kuhn
3D-Filmfest
Architekturfilmtage
Federico Fellini
Film & Licht
Michael Snow
Bayern in Babelsberg
Kelly Reichardt
Oskar Maria Graf
Paris im Film
Eintrittspreise
4 € (3 € für MFZ-Mitglieder). Ab 120 Minuten Filmlänge oder mit Gästen: 1 € Aufschlag. Ab 180 Minuten,
mit Live-Musik oder bei 3D: 2 € Aufschlag. Die Kasse
öffnet jeweils 60 Minuten vor und schließt 30 Minuten
nach Beginn der Vorstellung. Bei allen öffentlichen
Veranstaltungen verbleibt ein Kartenkontingent für den
freien Verkauf an der Abendkasse.
Kartenreservierung
Kartenreservierungen sind bis zu vier Wochen im voraus möglich und können unter der Telefonnummer
089 / 233 96450 auf Band gesprochen werden. Vorbestellte Karten müssen bis 20 Minuten vor Vorstellungsbeginn an der Kasse abgeholt worden sein, ansonsten
verfällt die Reservierung.
Kartenvorverkauf
Karten können bis zu vier Wochen im voraus gekauft
werden. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass unmittelbar vor Vorstellungsbeginn bei starkem Besucherandrang kein Kartenvorverkauf erfolgt. Karten behalten
ihre Gültigkeit nur bis Vorstellungsbeginn. An der
Abendkasse können vorverkaufte Karten bis 20 Minuten
vor Vorstellungsbeginn gegen Kostenerstattung wieder
zurückgegeben werden.
Programmabonnement
Das Kinoprogrammheft und unseren Newsletter können Sie unter www.muenchner-stadtmuseum.de/film
kostenlos abonnieren. Das Programmheft wird an
Mitglieder des MFZ auf Wunsch kostenlos versandt.
Ansonsten bitten wir um die Zusendung eines adres-
sierten und mit 1,45 € frankierten DIN A5-Briefumschlages an die Adresse des Filmmuseums. Den
täglich aktualisierten Spielplan finden Sie auch auf
Twitter: @filmmuseummuc.
Mitgliedschaft
Wer sich für die Arbeit des Filmmuseums interessiert,
kann Mitglied im Verein der Freunde des Filmmuseums
München, dem Münchner Filmzentrum e.V. (MFZ) werden. Mitgliedsanträge sind an der Kinokasse erhältlich.
Der Jahresbeitrag beträgt 20 € und berechtigt zum
ermäßigten Eintritt ins Filmmuseum sowie zur Teilnahme an den Mitgliederversammlungen des MFZ, in
denen die Programmplanungen des Filmmuseums diskutiert und Projekte entwickelt werden. Weitere
Informationen erhalten Sie unter Tel. 0177 / 728 46 81
und www.muenchner-filmzentrum.de.
Rollstuhlfahrer / Hörgeschädigte
Der Kinosaal im Untergeschoss ist über einen Aufzug
für Rollstuhlfahrer zugänglich. Die Behindertentoilette
befindet sich im Untergeschoss neben dem Kinoeingang. Das Kino ist mit einer Induktionsschleife für Hörgerätebesitzer ausgestattet.
Saalmikrofon
Das Kino verfügt über ein Saalmikrofon zur Kontrolle
des Kinotons durch die Filmvorführer.
Verkehrsverbindung
Sie erreichen das Filmmuseum in 5 Gehminuten vom
U/S-Bahnhof Marienplatz oder in 7 Gehminuten vom
U-Bahnhof und der Trambahnhaltestelle Sendlinger Tor.
Mitgliederversammlungen des Münchner Filmzentrums e.V. (MFZ)
Die für alle Interessierten öffentlichen Mitgliederversammlungen des Fördervereins des Filmmuseums finden
einmal im Monat montags um 19 Uhr im Gotischen Zimmer des Ignaz-Günther-Hauses (St.-Jakobs-Platz 20,
80331 München, 1. Stock) statt. Termine: 17. Februar 2014, 10. März 2014, 14. April 2014, 12. Mai 2014,
16. Juni 2014 und 14. Juli 2014. Mehr Informationen: [email protected].
»Open Scene« am Donnerstag
Die Termine am Donnerstag sind teilweise für aktuelle Sonderveranstaltungen reserviert. Das Programm wird spätestens acht Tage vorher festgelegt und in den Schaukästen an der Kinokasse, im E-Mail-Newsletter, unter
www.muenchner-stadtmuseum.de/film/open-scene.html, auf Facebook, auf Twitter und durch Ankündigungen in
der Tagespresse bekannt gegeben.
Impressum
Landeshauptstadt München. Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum, St.-Jakobs-Platz 1, 80331 München,
089/233 20538, Email: [email protected] · Redaktion: Stefan Drößler, Claudia Engelhardt, Christoph
Michel, Klaus Volkmer · Gestaltung: Heiner Gassen, München · Druck: BluePrint AG, München
50 Jahre Filmmuseum, Erstaufführungen, Fellini
Wir danken allen, die dem Filmmuseum zum 50. Geburtstag gratuliert und
mit uns gefeiert haben. Es freut uns sehr, dass die Angebote des Filmmuseums weite Resonanz finden und geschätzt werden. Wie schrieb Chris Dercon, langjähriger Direktor des Haus der Kunst und jetzt Direktor der Tate
Modern in der Süddeutschen Zeitung: »Bis heute schickt mir Klaus Volkmer,
mein ›Ansprechpartner‹ im Filmmuseum, die vertrauten roten Hefte mit dem
Filmprogramm am St.-Jakobs-Platz nach London. Ich lasse sie unter meinen
Mitkuratoren zirkulieren und hebe sie alle auf.«
Mit der Reihe »Schätze des Filmmuseums« knüpfen wir an das Jubiläum an.
Hier kommen einige der Rekonstruktionen zur Aufführung, die das Filmmuseum weltweit bekannt gemacht haben, und besonders schöne, seltene
Unikate, die man in dieser Form nur bei uns sehen kann. Und natürlich treten auch die Stummfilmmusiker auf, die viele Jahre lang die Aufführungen
im Filmmuseum geprägt haben: Joachim Bärenz, Günter A. Buchwald,
Sabrina Zimmermann, Mark Pogolski, Christian Roderburg und – als jüngster – Richard Siedhoff. Der 2009 verstorbene Aljoscha Zimmermann, der
dem Filmmuseum besonders eng verbunden war, ist zumindest in Tonaufnahmen zu hören, die synchron zu Filmen eingespielt werden.
Im neuen Programm finden sich auch einige ganz neue Filme, die in Münchner oder gar in Deutscher Erstaufführung zu sehen sind: Unser Überblick
über das bosnische Kino wird beispielsweise mit Jasmila Žbaničs neuem
Film FOR THOSE WHO CAN TELL NO TALES beendet, im 3D-Filmfest ist
3x3D zu sehen, in dem Jean-Luc Godard und Peter Greenaway die neue
Technik auf ihre ganz eigene Art ausprobieren, die Architekturfilmtage eröffnen mit dem spanischen Dokumentarfilm THE COMPETITION von Angel
Borrego Cubero, und unsere große Federico-Fellini-Retrospektive startet mit
dem neuen Film von Ettore Scola CHE STRANO CHIAMARSI FEDERICO! Das
Filmmuseum versteht sich als Ort, an dem nicht nur historische Filme in
Retrospektiven und sorgfältig kuratierten Filmreihen zu sehen sind, sondern
an dem diese auch zu neuen Filmen in Beziehung gesetzt und aktuelle
Bezüge sichtbar gemacht werden.
Mit der Fellini-Retrospektive schließt sich übrigens der Kreis zur eigenen Geschichte: Im Februar 1970 wurde im Filmmuseum die Ausstellung »Fellini
oder Das Unbewußte wird sichtbar« eröffnet, zu der auch Federico Fellini
und Giulietta Masina angereist kamen. Dem Empfang zu ihren Ehren wohnten laut Süddeutsche Zeitung auch »die Jungfilmer Roger Fritz, Dieter
Geissler, Peter Fleischmann und Eckhart Schmidt« bei. Der Gründungsdirektor des Filmmuseums, Rudolph S. Joseph, kaufte für die begleitende
Retrospektive mehrere Filmkopien von seltenen Fellini-Filmen in der Originalfassung an, auf die wir jetzt bei der vollständigen Werkschau zurückgreifen können.
Wir wünschen allen Besuchern anregende Kinoabende und schöne Filmerlebnisse!
Ihr Filmmuseum
3 Kino der Perestroika . . . .
10 Deutsche Filme 2013 . . . .
14 Erblast NS . . . .
16 Film und Psychoanalyse . . . .
18 Prager Filmarchiv . . . .
20 Schätze des Filmmuseums . . . .
29 Filme aus Bosnien . . . .
33 Jochen Kuhn . . . .
34 3D-Filmfest . . . .
39 Architekturfilmtage . . . .
43 Federico Fellini . . . .
54 Film & Licht . . . .
57 DOK.fest . . . .
58 Michael Snow . . . .
62 Bayern in Babelsberg . . . .
67 Zuschauerkino . . . .
68 Kelly Reichardt . . . .
72 Oskar Maria Graf . . . .
74 Paris im Film . . . .
82 Kalenderübersicht . . . .
R = Regie · B = Drehbuch · K = Kamera · M = Musik · S = Schnitt ·
D = Darsteller · P = Produktion ·
OF = Originalfassung · OmU = Originalfassung mit deutschen Untertiteln · OmeU = Originalfassung mit
englischen Untertiteln · OmfU = Originalfassung mit französischen Untertiteln · OmÜ = Originalfassung mit
deutscher Übersetzung · dtF = deutsche Synchronfassung · © = Copyright · \ = Livemusikbegleitung
Rückblick
17. Oktober 2013: Die Schauspielerin Luminiţa Gheorghiu erhält
den Ehrenpreis des Rumänischen Filmfestivals vor der Vorführung
ihres auf der Berlinale 2013 prämierten Films MUTTER & SOHN.
24. Oktober 2013: Jonas Mekas ist im Filmmuseum zu Gast und
liest aus seinem Buch »Alt ist dieses, unser Sprechen« und stellt
seinen Film REMINISZENZEN AUS DEUTSCHLAND vor.
30. November 2013: Kulturreferent Hans-Georg Küppers spricht
sein Grußwort zum 50-jährigen Jubiläum des Filmmuseums und
gibt einen Überblick über die Geschichte der Institution.
30. November 2013: Rainer Kölmel, Christian Doermer und Rob
Houwer beim Empfang zum 50-jährigen Jubiläum nach der Vorführung des Film LES GARÇONS ET GUILLAUME, A TABLE!
30. November 2013: Christel Buschmann, Markus Zimmer,
Michael Verhoeven und Margarethe von Trotta beim Empfang des
Filmmuseums im Foyer vor dem Stadtcafé.
14. Dezember 2013: Christopher Buchholz stellt seinen Dokumentarfilm HORST BUCHHOLZ … MEIN PAPA im Rahmen der HorstBuchholz-Retrospektive im Filmmuseum vor.
Kino der Perestroika
Das Kino der Perestroika
KUR’ER (DER BOTE)
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Aufbruch und Niedergang
Welch eine Karriere erlebte dieses Wort: Perestroika,
der Umbau, die Umgestaltung. Binnen kürzester Zeit
kannte es jeder, fast so wie Wodka, Taiga oder
Matrjoschka. Als griffiger Slogan ging es um die Welt,
zusammen mit Glasnost (Transparenz, Offenheit).
Beide Begriffe standen für den Reformkurs des sowjetischen Generalsekretärs Michail Gorbačëv, seit seiner
Amtsübernahme 1985. Ging es anfangs noch um den
Kampf gegen Korruption und Alkoholismus sowie um
die Ankurbelung der Wirtschaft, so führte das Programm ab 1987 auch zu außenpolitischer Entspannung, innenpolitischen Reformen und wirtschaftlicher
Neuorientierung. Die Vormachtstellung der Kommunistischen Partei wollte Gorbačëv aber unbedingt erhalten,
die herrschenden Eliten nicht brüskieren. Bis heute ist
umstritten, ob der Umbau zu weit oder längst nicht weit
genug ging. Aus dem Aufbruch wurde ein Niedergang.
Die Folgen fünf Jahre später waren jedenfalls gewaltig:
Der »Ostblock« löste sich auf, der Koloss Sowjetunion
brach tosend unter dem eigenen Gewicht zusammen;
irgendwie war plötzlich auch der Kalte Krieg zu Ende
und die »Gorbi, Gorbi«-Rufe leiteten die deutsche Wiedervereinigung ein. Dann verschwand das Wort vom
Umbau in den Schubladen der Geschichte.
Morgenluft für die Kultur
Das Kino der Perestroika spielte eine große Rolle als
Multiplikator dieses weltgeschichtlichen Prozesses,
denn es zeigte seine spektakuläre Entwicklung in allen
Facetten. Es fand die Bilder, Worte und Klänge dafür,
es trug die Begeisterung, sorgte für Ernüchterung und
es drängte zur Wahrheit, wie immer schmerzhaft sie
auch war. Neben den Filmen aus den kurzen Jahren
der Avantgarde Ende der 1920er Jahre und denen der
Tauwetter-Periode in den späten 1950ern gehören die
Perestroika-Filme zu den interessantesten und bedeutendsten des reichen sowjetischen Filmschaffens. Als
die Zensur gelockert wurde, vorher missliebige Literatur plötzlich in Millionenauflagen auftauchte, inoffizielle
Kunst in Wohnungsausstellungen geduldet wurde,
Emigranten keine Unmenschen mehr waren und Rockmusik kein Unwort, da befreite sich auch das Kino aus
dem ideologischen Klammergriff. Jahrelang registrierte
das sowjetische und bald auch das internationale Publikum gespannt, welche Worte, welche Motive, welche
Realitäten nun erstmals gesagt und gezeigt werden
durften – oder noch nicht. Künstlerische Möglichkeiten
wurden neu ausgelotet, plötzlich gab es persönliche
Stile und gewagte Szenen. Die Filmkünstler, ob Altmeister oder die einer neuen Generation, legten ihre
Finger in die Wunden der Gesellschaft und stellten vieles in Frage.
Kino der Perestroika
Die Öffnung der Tresore
Zu allererst drehte sich das Kino der Perestroika um die
Filme, die nur gekürzt oder nie gezeigt werden durften.
Die Filmemacher-Gewerkschaft als Gegenpol der Filmbürokratie führte unter ihrem neuen Präsidenten Ėlem
Klimov eine »Konflikt-Kommission« ein, die sich um »einige strittige Fälle« kümmern sollte. Zu ihrem Erstaunen entdeckte sie über 100 verbotene und ähnlich viele
verstümmelte Filme, unter anderen von Larissa Šepitko,
Andrej Končalovskij, Aleksej German, Kira Muratova,
Aleksandr Sokurov und Artavazd Pelešjan, und holte
sie zügig aus den Tresoren. Geschickt nutzte man die
Anwesenheit ausländischer Filmpresse und -kollegen
während des Moskauer Filmfestes im Sommer 1987,
um die Betonköpfe von Goskino zu überrumpeln: Plötzlich meldete sich ein Filmemacher namens Aleksandr
Askol’dov bei einer Diskussion zu Wort; er forderte ein
Ende seines Berufsverbots und die Premiere seines verbotenen Erstlingsfilms KOMISSAR (DIE KOMMISSARIN,
1967). Zwei Tage später lief dieser in einer bejubelten
Sondervorstellung. Jetzt war auch die allererste Retrospektive Andrej Tarkovskijs (der 1986 gestorben war)
möglich, inklusive des erstmals gezeigten Director’s
Cut von STRASTI PO ANDREJU (ANDREI RUBLJOW)
aus dem Jahr 1971. Fünf Jahre lang lag Aleksej Germans erster Film schon unter Verschluss, da wurde
auch sein zweiter, der antiheroische Kriegsfilm DVADCAT’ DNEJ BEZ VOJNY (ZWANZIG TAGE OHNE KRIEG)
als »Schande für Studio Lenfil’m« einige Zeit zurückgehalten, kam später in die sowjetischen Kinos und
wurde 1984 erstmals ausländischen Gästen in Moskau
gezeigt. TEMA (DAS THEMA) von Gleb Panfilov hatte
KOMISSAR (DIE KOMMISSARIN)
4
1986 Premiere, sieben Jahre nach seiner Fertigstellung. MONANIEBA / POKAJANIE (REUE), Tengiz
Abuladzes Abrechnung mit Stalin und Berija, war 1984
mit Erlaubnis des damaligen georgischen Kulturministers Ėdward Šewardnadze gedreht worden, durfte aber
erst 1987 nach langen Debatten in die Kinos.
Die entfesselten Russen
Dann brach sich auch eine neue Produktion Bahn und
aufzuarbeitende Themen gab es reichlich: Eine andere
Sicht der eigenen Geschichte, etwa in Aleksandr Askol’dovs KOMISSAR (DIE KOMMISSARIN 1967/1987)
oder Jurij Karas SAVTRA BYLA WOJNA (UND MORGEN
WAR KRIEG, 1987) erschütterte die sowjetische Gesellschaft in ihren Grundfesten. Genauso wirkte eine völlig
unheroische, tragische Darstellung des Großthemas
Weltkrieg oder die schonungslose Darstellung der stalinistischen Repression in Tengiz Abuladzes MONANIEBA / POKAJANIE (REUE, 1984/1987) und des GulagSystems, bei Vitalij Kanevskij in ZAMRI, UMRI, VOSKRESNI! (HALTE STILL – STIRB – ERWACHE, 1989)
oder in Marina Goldovskajas VLAST’ SOLOVECKAJA
(DIE MACHT VON SOLOVKIJ, 1988). Unterdrückte Minderheiten oder eigene Kinematographien der Regionen
kamen nun zu Wort, z. B. in Okeevs POTOMOK BELOGO BARSA (DER NACHKOMME DES SCHNEELEOPARDEN, 1985). Eine angeblich gar nicht existierende,
westlich beeinflusste Jugendkultur in KUR’ER (DER BOTE,1987) von Karen Šachnazarov war zu sehen – oder
die apokalyptische Vision der Zukunft als Endzeit, in der
atomaren Katastrophe, etwa in Konstantin Lopušanskijs PIS’MA MËRTVOGO ČELOVEKA (BRIEFE EINES
TOTEN, 1986) oder im ökologischen Desaster bei
Lopušanskijs zweitem Film POSETITEL’ MUZEJA (DER
MUSEUMSBESUCHER, 1989). Plötzlich konnten – vor
Strasti po Andreju (Andrej Rubljow) | SU 1969/1987
| R: Andrej Tarkovskij | B: Andrej Končalovskij, Andrej
Tarkovskij | K: Vadim Jusov | M: Vjačeslav Ovčinnikov |
D: Anatolij Solonicyn, Ivan Lapikov, Nikolaj Grin’ko, Nikolaj Sergeev, Irina Tarkovskaja, Rolan Bykov | 205 min
| OmeU – Eine große Saga des archaischen Russland,
gespalten zwischen heidnischen Kulten und Orthodoxie, Sexualität und Sittenstrenge, roher Gewalt und feinsinniger Kunst. Bildgewaltig erzählt sie verschiedene
Episoden aus dem Leben des berühmten Ikonenmalers
zu Anfang des 15. Jahrhunderts – das »wohl tiefste visuelle Eindringen in die russische Geschichte« (Gleb
Panfilov). Tarkovskijs frühes Monumentalwerk war in
der Sowjetunion 1965 verboten, u. a. wegen »religiöser
Propaganda«, wurde gekürzt und lief trotz sowjetischen
Protests 1969 in Cannes, zwei Jahre vor der russischen Premiere. Erst 1987 konnte die vollständige Fassung gezeigt werden.
▶ Dienstag, 18. Februar 2014, 18.30 Uhr
Komissar (Die Kommissarin) | SU 1967/1987 | R+B:
Aleksandr Askol’dov, nach einer Erzählung von Vasilij
Grossman | K: Valerij Ginsburg | M: Al’fred Šnitke | D:
Nonna Mordjukova, Rolan Bykov, Raisa Nedaškovskaja,
Ljudmila Volynskaja, Vasilij Šukšin | 110 min | OmU –
Während des Bürgerkriegs wird Kommissarin Vavilova
schwanger und sucht in einer Kampfpause verzweifelt
einen Ort, an dem sie gebären kann. Sie findet Unterschlupf, Hilfe und Mitgefühl allein bei einer jüdischen
Großfamilie und legt für eine Weile ihren Soldatenmantel ab, um Frau und Mutter sein zu können – bevor sie
wieder an die Front zieht. Die unheroische, surreale
Darstellung der Kriegszeit und die Verweise auf den
offiziell nicht existierenden Antisemitismus widersprachen den traditionellen Erwartungen für einen Film zum
50. Jahrestag der Revolution. Zwanzig Jahre später
erst konnte er durch die Gunst der Stunde aus den Tresoren geholt werden – und entwickelte sich dann zum
Welterfolg.
▶ Dienstag, 25. Februar 2014, 21.00 Uhr
Dvadcat’ dnej bez vojny (Zwanzig Tage ohne Krieg)
| SU 1977 | R: Aleksej German | B: Konstantin Simonov,
nach Motiven seines Buches »Aus Lopatins Notizen« |
K: Valerij Fedosov | M: V. Lavrov | D: Jurij Nikulin, Ljudmila Gurčenko, Rašid Sadykov, Aleksej Petrenko, Angelina Stepanova | 101 min | OmU – Der Journalist Lopatin fährt Ende 1942 kurz an die »Heimatfront« in
Taškent – und in eine andere Welt voller Flüchtlinge,
beschäftigt mit seiner Scheidung, einer kurzen Liebesaffäre und dem Dreh eines Kriegsfilms nach seinen
Frontberichten. Mit dem berühmten Komiker Nikulin
und der Sängerin Gurčenko »gegen den Strich« besetzt,
schuf German ein »anti-romantisches Melodrama«
(German) und einen nachdenklichen Kriegsfilm, in dem
Kino der Perestroika
STRASTI PO ANDREJU (ANDREJ RUBLJOw)
allem in Russland – in Filmen viele Tabus angesprochen und Fehlentwicklungen kritisiert werden, ehrlich
und ungeschminkt, aber auch manchmal bleischwer,
voller Gewalt und gesellschaftlicher Verrohung. Mit ungeheurer Dynamik entstanden dabei Nahaufnahmen,
tiefe Einblicke in die sowjetische Gesellschaft, die kurz
vorher undenkbar waren, auch von Problemkindern wie
PLJUMBUM, ILI OPASNAJA IGRA (PLUMBUM ODER GEFÄHRLICHE SPIELE, 1986) von Vadim Abdrašitov und
Aussteigern wie in Pavel Lungins TAKSI-BLJUZ (TAxIBLUES, 1990) … Das Ausland holte sehr viele dieser
Filme sofort in die Festivals, es gab Anerkennung, Kontakte, Koproduktionen – dadurch war der Prozess auch
unumkehrbar geworden. Das Kino der Perestroika
hatte seine Fesseln abgelegt.
Alexander Schwarz
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Kino der Perestroika
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der Krieg nicht direkt vorkommt, aber auch die Liebe
als Gegenkraft fehlt. Im Zuge der Tresoröffnung wiederentdeckt, dann im Ausland auf Festivals ausgezeichnet.
German verstarb 2013.
▶ Dienstag, 11. März 2014, 21.00 Uhr
Tema (Das Thema) | SU 1979/1986 | R: Gleb Panfilov
| B: Gleb Panfilov, Aleksandr Červinskij | K: Leonid
Kalašnikov | M: Vadim Bibergan | D: Michail Ul’janov,
Inna Čurikova, Evgenij Vesnik, Evgenija Nečaeva, Sergej Nikonenko | 99 min | OmU – Ein Moskauer Schriftsteller fährt auf der Suche nach »Themen« und neuen
künstlerischen Impulsen aufs Land. Dort wird er mit
dem wahren Leben, echten Konflikten, dem Urbild weiter russischer Landschaft und der Vanitas seines eigenen Tuns konfrontiert. Die Auseinandersetzung eines
Paares über das heikle Thema der Emigration und den
Verlust kultureller Wurzeln nimmt ihn sehr mit. Lösungen sind nirgends in Sicht. Insbesondere die Dialogzeile »Möge ich lieber in Amerika an Schwermut sterben als hier an Unaufrichtigkeit« wurde Panfilov angekreidet. Der Film kam erst sieben Jahre später in die
Kinos und gewann 1987 den Goldenen Bären in Berlin.
▶ Dienstag, 18. März 2014, 21.00 Uhr
I žizn’, i slëzy, i ljubov’… (Leben, Tränen, Liebe) |
SU 1984 | R+B: Nikolaj Gubenko | K: Leonid Kalašnikov
| M: Igor Nazaruk | D: Žanna Bolotova, Elena Fadeeva,
Fëdor Nikitin, Pëtr Ščerbakov, Sergej Martinson |
103 min | OmU – Ein Film über das Altern und den Verlust des Glaubens an das Leben und das Zwischenmenschliche, neben all den körperlichen Defiziten. Die
neue Oberärztin Varvara Dmitrievna bringt frischen
Wind ins »Haus der Veteranen« – und ins Leben der
ehemaligen Opernsängerin Sofia, deren 80. Geburtstag bevorsteht. Der kritische Theater- und Filmregisseur Gubenko widmete sich dem zu der Zeit in der
Sowjetunion wenig beachteten Thema mit Wahrhaftigkeit und Mitgefühl. Als Exponent des damals so genannten »Neuen Denkens« wurde er 1988 sowjetischer Kulturminister.
▶ Dienstag, 25. März 2014, 21.00 Uhr
Potomok belogo barsa (Der Nachkomme des
Schneeleoparden) | SU 1985 | R: Tolomuš Okeev |
B: Mar Bajdžiev, Tolomuš Okeev, nach kirgisischen
Volksmärchen | K: Nurtaj Borbiev | M: Murat Begaliev |
D: Dokdurbek Kydyraliev, Ašir Čokubaev, Aliman Džankorozova, Marat Džanteliev, Doskan Žolžaksynov, Žamal Sejdakmatova | 134 min | OmU – Hoch in den Bergen lebt eine Jägerfamilie nach den ehernen Gesetzen
ihrer Vorfahren: Niemals dürfen sie Menschen angreifen und Tiere dürfen nur nach dem unmittelbaren Bedarf gejagt werden. In einem besonders strengen Winter treibt sie die Not zu einem Handel mit dem Khan, in
dessen Folge diese Gesetze gebrochen werden. Die
Natur rächt sich dafür an der Familie. Okeev hatte gemeinsam mit Panfilov und Askol’dov an der Moskauer
Filmhochschule studiert. Er erlebte seinen größten Erfolg, als sein vom Kirgisstudio produziertes, bildgewaltiges Werk auf der Berlinale 1985 mit dem Silbernen
Bären ausgezeichnet wurde.
▶ Dienstag, 1. April 2014, 21.00 Uhr
Kak molody my byli (Wie jung wir waren) | SU 1985
| R: Michail Belikov | B: Michail Belikov, Vasilij Truškovskij | K: Vasilij Truškovskij | M: Jurij Vinnik | D: Taras
Denisenko, Elena Škurpelo, Nina Šarolalova, Aleksandr
Pašutin, Aleksandr Sviridovskij | 92 min | OmU – Eine
ukrainische Geschichte von Liebe und Wahrhaftigkeit:
Julja und Aleksandr kennen sich seit der Kindheit und
haben den Krieg überlebt. Julja erfährt, dass sie an
Leukämie leidet. Ein zufälliges Treffen mit Aleksandr
bringt die Wende in ihrem Leben. Sie heiraten und
geben die Hoffnung auf ein besseres Leben nicht auf.
Michail Belikovs romantische Komödie entwirft ein
realistisches Bild des studentischen Alltags der frühen
1960er Jahre, der Zeit des ersten Raumfluges von Jurij
Gagarin und der Suche nach individuellen Lebenszielen.
▶ Dienstag, 8. April 2014, 21.00 Uhr
Idi i smotri (Komm und siehe) | SU 1985 | R: Ėlem Klimov | B: Ales’ Adamovič, Ėlem Klimov, nach Adamovičs
Roman »Erzählung von Chatyn« | K: Aleksej Rodionov |
M: Oleg Jančenko | D: Aleksej Kravčenko, Ol’ga Mironova, Ljubomiras Laucjavičjus, Vladas Bagdonas, Juri
Lumiste | 146 min | OmU – Mit kraftvollen Bildern einer
gnadenlosen Kamera und mit unter die Haut gehender
Musik erzählt der Film den Horror des Massakers der
SS im weißrussischen Dorf Chatyn. Krieg nicht als Heldenstück, sondern als Apokalypse – das war für die
Sowjetunion neu. Acht Jahre lang war die Produktion
dieses Films blockiert worden. Der große Preis beim
Moskauer Filmfestival 1985 und ein Millionenpublikum
in der Sowjetunion waren die Belohnung für Klimovs
Beharren.
▶ Dienstag, 15. April 2014, 21.00 Uhr
Pis’ma mërtvogo čeloveka (Briefe eines Toten) | SU
1986 | R: Konstantin Lopušanskij | B: Konstantin Lopušanskij, Vjačeslav Rybakov, Boris Strugackij | K: Ni-
Kino der Perestroika
IDI I SMOTRI (KOMM UND SIEHE)
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kolaj Pokupzev | M: Aleksandr Žurbin | D: Rolan Bykov,
Iosif Ryklin, Viktor Michailov, Aleksandr Sabinin, Nora
Grjakalova | 87 min | OmU – Die Folgen eines nuklearen Holocausts werden in einem Atombunker durchgespielt. Die Menschen leben ihrem nahen Ende durch
Verstrahlung entgegen. Ein Wissenschaftler fühlt sich,
nachdem ein Computerfehler die Erde mit Atomraketen
weitgehend zerstört hat, mitverantwortlich für die Katastrophe. Gibt es eine Hoffnung, dass wenigstens der
menschliche Geist überlebt? Der Film traf die Stimmung des Kalten Krieges und die Gefahren genau. Und
er kam in der Sowjetunion zur rechten Zeit, als dieses
Thema zum ersten Mal behandelt werden durfte, unmittelbar nach Černobyl.
▶ Dienstag, 22. April 2014, 21.00 Uhr
Pljumbum, ili opasnaja igra (Plumbum oder Gefährliches Spiel) | SU 1987 | R: Vadim Abdrašitov | B: Aleksandr Mindadze | K: Georgij Rerberg | M: Vladimir
Daškevič | D: Anton Androsov, Elena Dmitrieva, Elena
Jakovleva, Soja Lirova, Aleksandr Feklistov | 97 min |
OmU – Das verstörende Porträt eines 15-Jährigen,
eines dostojewskihaften »Dämonen«, der unter dem
Pseudonym Pljumbum in Selbstjustiz Schwarzhändler
und Kleinkriminelle ans Messer liefert. Wie besessen,
ohne Mitleid und Gnade, betreibt er das »Gefährliche
Spiel« immer weiter, bis auch sein Vater verhaftet wird
und seine Freudin stirbt. Eine harte Auseinandersetzung mit der Gegenwart der 1980er Jahre in der Sowjetunion. Der Verfall der moralischen Basis und ethischer Prinzipien als Filmthema wären vor der Perestroika dort undenkbar gewesen – und es warf bereits
seine Schatten auf die folgenden Jahre voraus.
▶ Dienstag, 29. April 2014, 21.00 Uhr
Kur’er (Der Bote) | SU 1987 | R: Karen Šachnazarov |
B: Aleksandr Borodjanskij | K: Nikolaj Nemoljaev, Valerij
Šuvalov | M: Ėduard Artëm’ev | D: Fëdor Dunaevskij,
Anastasija Nemoljaeva, Oleg Basilašvili, Inna Čurikova,
Svetlana Krjučkova | 90 min | OmU – Breakdance auf
Russisch: Sogar das gab es in den letzten Jahren der
Sowjetunion. Der Stoff kommt amüsant als Komödie
daher, die es wagt, diverse Themen erstmals anzusprechen. Der Botenjunge Ivan lebt tagsüber ein normales,
aufreizend passives Leben. Aber seinen Widerwillen
gegen die elterlichen Werte, den allgegenwärtigen Konformismus und die Scheinheiligkeit einer angeblich
klassenlosen Gesellschaft lebt er in exotischen Visio-
Kino der Perestroika
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nen und in den Straßen und Hinterhöfen aus, in denen
eine jugendliche Gegenkultur heranwächst. Das System schlägt zurück: Er wird in die Armee eingezogen,
kommt vielleicht nach Afghanistan … Der Film war
zwar schon vor der Perestroika projektiert, kam aber
wohl nur dadurch relativ glatt durch die Filmzensur, gewann beim Moskauer Filmfest 1987 und wurde zum
Kassenschlager des Jahres.
▶ Dienstag, 6. Mai 2014, 21.00 Uhr
Monanieba / Pokajanie (Reue) | SU 1984/1987 | R:
Tengiz Abuladze | B: Nana Džanelidze, Tengiz Abuladze, Rezo Kveselava | K: Michail Agranovič | M: Nana
Džanelidze | D: Avtandil Macharadze, Ija Ninidze,
Merab Ninidze, Zejnab Bocvadze, Ketevan Abuladze |
153 min | OmU – Keti erfährt, dass der Diktator Aravidze gestorben ist, der Züge von Hitler, Stalin und Berija trägt. In ihr läuft ein Erinnerungsfilm ab, wie er ihre
Familie zerstörte – und sie exhumiert die Leiche immer
wieder. Das Böse kehrt ständig zurück. Ketis Albträume und Erinnerungen werden zu einer surrealen
Phantasmagorie über Tyrannei, Macht und Religion.
Ein relativ autonomes »georgisches Fenster« im Staatsfernsehen machte diese bissige Satire möglich. Die bis
dahin entschiedenste Abrechnung mit dem Stalinismus
brauchte jeweils drei Jahre, bis das Drehbuch von
tal’ja Negoda | 89 min | OmU – Eine Atmosphäre der
Verdächtigungen, Angst und Repression quält in der
Sowjetunion 1940, nach dem Großen Terror und kurz
vor dem Krieg, auch die jugendlichen Schüler. Das Deklamieren eines Liebesgedichts des verbotenen Sergej
Essenin führt bei der 16-jährigen Vika zur Verhaftung
ihres Vaters, ihrer eigenen Isolation und treibt sie
schließlich in den Selbstmord. Karas Diplomfilm an der
Moskauer Filmhochschule wurde zu einem Schlüsselfilm der Glasnost-Ära über die Verarbeitung der Sowjetgeschichte. Der Regisseur wollte »eine Generation zu
Wort kommen lassen, die selbst nicht mehr sprechen
kann«, weil sie entweder tot oder immer noch starr vor
Angst sei. In der DDR wurde der Film zusammen mit
einigen anderen kritischen sowjetischen Filmen 1989
verboten – wenige Monate bevor die Mauer fiel.
▶ Dienstag, 27. Mai 2014, 21.00 Uhr
1981 verfilmt und der fertige Film schließlich gezeigt
werden durfte – mit enormem Erfolg, vor allem unter
russischen Intellektuellen und im Ausland. Er erhielt
unter anderem den Spezialpreis der Jury in Cannes
1987 und die Nika der russischen Filmakademie.
▶ Dienstag, 20. Mai 2014, 21.00 Uhr
Zavtra byla vojna (… und morgen war Krieg) | SU
1987 | R: Jurij Kara | B: Boris Vasil’ev, nach seiner Erzählung | K: Vadim Semënovyč | D: Sergej Nikonenko,
Nina Ruslanova, Vera Alëntova, Irina Čeričenko, Na-
Vlast’ Soloveckaja (Die Macht von Solovkij) | SU
1988 | R+K: Marina Goldovskaja | B: Viktor Listov, Dmitrij Čukovskij | M: Nikolaj Karetnikov, Marianna Krutojarskaja | 91 min | OmU – Die Öffnung der Archive und
verbotenen Stätten, die mit der Glasnost und Perestroika einherging, machte auch diesen berührenden
Dokumentarfilm über das erste »Sonderlager« möglich,
das die OGPU (später KGB) zur Verfolgung der »Feinde
des Volkes« und politischer Oppositioneller eingerichtet
hatte. Die Regisseurin verwendet unter anderem einen
Propagandafilm von 1928, der die Umerziehung im
Lager glorifiziert, das keineswegs geheim war. Auch
fanden sich noch lebende Augenzeugen, die mit dem
stummen Propagandafilm konfrontiert werden, sich an
die dort tatsächlich herrschenden Zustände erinnern –
und erstmals öffentlich zu Wort kommen. Goldovskaja
ist in den 1970ern zur ersten großen Dokumentarfilmautorin und -kamerafrau der Sowjetunion geworden
und arbeitet heute in Los Angeles.
▶ Dienstag, 3. Juni 2014, 21.00 Uhr
▶ Dienstag,10. Juni 2014, 21.00 Uhr
Posetitel’ muzeja (Der Museumsbesucher) | SU
1989 | R+B: Konstantin Lopušanskij | K: Nikolaj Pokopzev | M: Viktor Kisin, Al’fred Šnitke | D: Viktor Michailov,
Vera Majorova-Zemskaja, Vadim Lobanov, Irina
Rakšina, Aleksandr Rasinskij | 136 min | OmU – Nach
dem Erfolg seines Erstlingswerks PIS’MA MËRTVOGO
ČELOVEKA (BRIEFE EINES TOTEN, 1986) gewann Lopušanskij mit diesem zweiten Film 1989 den Spezialpreis der Jury des Moskauer Filmfestivals. Hier wird die
Zukunft statt als nukleare als ökologische Katastrophe
der Zerstörung unseres Planeten thematisiert: Die letzten überlebenden Menschen mutieren und hausen in
einer Müllkippen- und Ruinenunterwelt. Und das Leben
über der Erde ist genauso die Hölle. Mit religiösen Untertönen diskutiert der Film Fragen von Schuld und
Sühne sowie einen selbstzerstörerischen wissenschaftlich-industriellen Fortschrittsglauben.
▶ Dienstag, 17. Juni 2014, 21.00 Uhr
Zamri, umri, voskresni! (Halte still – Stirb – Erwache) | SU 1989 | R+B: Vitalij Kanevskij | K: Vladimir
Bryljakov | M: Sergej Banevič | D: Dinara Drukarova,
Pavel Nazarov, Elena Popova, Valerij Ivčenko, Vjačeslav
Bambušek | 105 min | OmU – Ein Gulag-Film der anderen Art, aus der Perspektive der jüngsten Opfer. Der
Titel verweist auf ein Kinderspiel, und die Hauptfiguren
des Films sind auch zwei Kinder – Valer’ka und Galja.
Sie leben in einer Bergwerksstadt, einer tyrannischen
und gesetzlosen Zone innerhalb des Lagersystems. Sie
kommen mit dem Leben zurecht und sind sich nahe,
bis Valer’ka die Stadt verlassen muss. Weit im Osten,
in Vladivostok fällt er einer kriminellen Bande zum
Opfer, Galja rettet ihn, aber die Bande verfolgt sie. Obwohl in diese Abenteuerhandlung verpackt, ist der Film
in der Sowjetunion sofort als Metapher für die allgemeinen Lebensbedingungen verstanden worden und
wurde 1990 in Cannes als bester Debütfilm ausgezeichnet.
▶ Dienstag, 24. Juni 2014, 21.00 Uhr
Taksi-Bljuz (Taxi-Blues) | SU 1990 | R+B: Pavel Lungin | K: Denis Evstigneev | M: Jurij Kuznecov, Vladimir
Čekasin | D: Petr Saičenko, Pëtr Mamonov, Vladimir
Kašpur, Natal’ja Koljakanova, Elena Safonova | 110 min
| OmU – Der Taxifahrer Ivan glaubt an Recht und die
sowjetische Ordnung und beäugt misstrauisch die Reformen der Perestroika. Lëša hingegen ist ein dem Alkohol ergebener Saxophonist, der sich treiben lässt.
Ihre Begegnung hat Folgen, ihre unterschiedlichen Lebensphilosophien prallen aufeinander, eine Hassliebe
entsteht. Als sowjetische Reminiszenz an TAxI DRIVER
angelegt, mit der Energie und dem Irrsinn der Metropole Moskau, als »Mischung von Grausamkeit und
Humor« (Lungin). Der sowjetische Popstar Pëtr Mamonov spielte die Musiker-Hauptrolle; der Film war eine
frühe Koproduktion mit dem Westen, so wie sie in der
Folge durch gelockerte Regelungen häufiger zu finden
waren. Lungin hatte schon länger als Drehbuchautor
gearbeitet, bevor diese erste Regiearbeit 1990 in Cannes die Goldene Palme bekam und international großen
Erfolg hatte.
▶ Freitag, 27. Juni 2014, 21.00 Uhr
Kino der Perestroika
Dni zatmenija (Tage der Finsternis) | SU 1988 | R:
Aleksandr Sokurov | B: Jurij Arabov, Arkadij Strugackij,
Boris Strugackij, nach der Strugackij-Erzählung »Eine
Milliarde Jahre vor dem Ende der Welt« | K: Sergej Jurizdickij | M: Jurij Chanon | D: Aleksej Ananišnov,
Ėskender Umarov, Irina Sokolova, Vladimir Zamanskij,
Sojun Amangel’dyev | 135 min | OmU – Ein junger Arzt
zieht sich freiwillig ins Exil einer kleinen turkmenischen
Wüstenstadt zurück. Er erforscht den Zusammenhang
zwischen körperlicher Gesundheit und seelischem
Wohlbefinden. Der handlungsarme Film zielt eher auf
Philosophisches, verwischt die Grenzen zwischen Realem und Surrealem – und das mit grandiosen filmischen Stilmitteln. Das ganze Dutzend von Sokurovs
Spiel- und Dokumentarfilmen seit 1978 wurde auf Eis
gelegt und war erst seit der Wende 1987 zu sehen. DNI
ZATMENIJA war der erste, den er ohne Widerstände
und sogar mit großem Wohlwollen der neuen Macht
realisieren konnte.
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Deutsche Filme 2013
Deutsche Filme 2013
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Das Kinojahr 2013 war für die deutsche Filmwirtschaft
sehr erfolgreich: Komödien mit Elyas M’Barek (FACK
JU GÖHTE), Matthias Schweighöfer (SCHLUSSMACHER, FRAU ELLA) und Til Schweiger (KOKOWÄÄH 2),
Kinderfilme nach erfolgreichen Buchvorlagen (FÜNF
FREUNDE 2, HANNI & NANNI 3, DIE VAMPIRSCHWESTERN) und international vermarktete Bestsellerverfilmungen (FEUCHTGEBIETE, NACHTZUG NACH LISSABON, DER MEDICUS) trieben den Marktanteil des deutschen Films in unerwartete Höhen. Doch was waren
die wirklich interessanten, innovativen und künstlerisch
relevanten deutschen Filme des letzten Jahres? Wir
haben wieder drei Filmkritiker gefragt, Rainer Gansera
(Süddeutsche Zeitung), Ralf Schenk (DEFA-Stiftung)
und Christiane Peitz (Tagesspiegel), ihre Favoriten zu
benennen. Anders als im Vorjahr, als OH BOY zum Liebling der Kritiker und des Publikums avancierte und zahlreiche Preise gewann, gibt es 2013 keinen herausragenden Film, der alle hinter sich eint. Dies unterstreicht
auch die Auswahl unserer Kritiker: Von den zwölf ausgewählten Filmen ist kein einziger von allen drei genannt worden, und nur drei der Filme haben zwei Stimmen erhalten. Erstmals finden sich in der Auswahl zwei
österreichische Filme, die in deutscher Koproduktion
entstanden sind und auf deutschen Filmfestivals uraufgeführt bzw. preisgekrönt wurden. Von den nachfolgend aufgelisteten vollständigen Top 10-Listen der Kritiker wurden jeweils die ersten vier Titel berücksichtigt,
durch Überschneidungen kam dann jeweils meist noch
ein fünfter Titel hinzu. Rainer Gansera: 1 Staub auf unseren Herzen, 2 Eltern, 3 Quellen des Lebens, 4 Hannah Arendt, 5 König von Deutschland, 6 Mansfeld,
7 Ich fühl mich Disco, 8 Houston, 9 Haialarm am Müggelsee, 10 Zwei Leben. Ralf Schenk: 1 Houston, 2 Der
Glanz des Tages, 3 Die andere Heimat, 4 Master of the
Universe, 5 Kohlhaas oder die Verhältnismäßigkeit der
Mittel, 6 MansFeld, 7 Finsterworld, 8 Kopfüber, 9 Gold,
10 Naked Opera. Christiane Peitz: 1 Die andere Heimat, 2 Paradies: Glaube, 3 Paradies: Liebe, 4 Halbschatten, 5 Das merkwürdige Kätzchen, 6 Hannah
Arendt, 7 Gold, 8 Schlussmacher, 9 Vaters Garten,
10 Die Frau des Polizisten.
Quellen des Lebens | D 2013 | R+B: Oskar Roehler,
nach seinem Roman »Herkunft« | K: Carl-Friedrich
Koschnick | M: Marin Todsharow | D: Jürgen Vogel,
Meret Becker, Moritz Bleibtreu, Lavinia Wilson, Sonja
Kirchberger | 173 min – Das Familienepos, das Oskar
Roehler ausgehend von seinem autobiografischen
Roman »Herkunft« erzählt, durchquert drei Generationen, drei Liebesgeschichten und drei Tonarten: Groteske, Tragödie und Romanze. Westdeutsche Nachkriegsgeschichte 1949 bis 1979. Wie die Produktion
von Gartenzwergen wieder in Gang kommt, wie Neureiche des Wirtschaftswunders ihren Luxus zur Schau
stellen, und wie die Kinder des Wohlstands an der bürgerlichen Ordnung rütteln. Robert, Roehlers alter ego
und Ich-Erzähler, liebt die Großeltern, hasst die Eltern –
sie sind Schriftsteller und wahre Ego-Monster – und
feiert seine Jugendliebe mit Hippiezauber. Tolles Kaleidoskop aus Erinnerung, deutscher Zeitgeschichte und
Fantasie. Brillante Darsteller. Große erzählerische
Geste. (Rainer Gansera)
▶ Mittwoch, 19. Februar 2014, 18.30 Uhr
▶ Freitag, 21. Februar 2014, 21.00 Uhr
Eltern | D 2013 | R: Robert Thalheim | B: Robert Thalheim, Jane Ainscough | K: Henner Besuch | M: Uwe
Bossenz, Anton Feist | D: Charly Hübner, Christiane
Paul, Clara Lago, Paraschiva Dragus, Emilia Pieske |
96 min – So feinnervig und fulminant wurde im deutschen Kino die Krise der modernen Familie, in der die
traditionellen Elternrollen vertauscht sind, noch nie gezeichnet. In jeder Erzählfaser ist spürbar, dass Robert
Thalheim aus eigenen Erfahrungen schöpft. Mama
Christine bringt als Oberärztin das Geld nach Hause.
Vater Konrad hat seinen Beruf als Theaterregisseur an
den Nagel gehängt, um sich ganz der Erziehung der
Kinder (zwei Töchter) zu widmen. Jetzt aber erhält Kon-
rad eine neue berufliche Chance und schon gerät das
Familienkarussell ins Trudeln. Die Eltern streiten: Wer
hat den wichtigeren Job? Wer bringt die »größeren
Opfer«? Der Film fragt: Was sollte für Eltern das Wichtigste sein?, und antwortet, indem er sich komplizenhaft mit den Kindern verbündet. (Rainer Gansera)
▶ Samstag, 22. Februar 2014, 21.00 Uhr ▶▶ Dienstag,
25. Februar 2014, 18.30 Uhr
Houston | D 2013 | R+B: Bastian Günther | K: Michael
Kotschi | M: Michael Rother | D: Ulrich Tukur, Garret Dillahunt, Wolfram Koch, Jenny Schily, Jason Douglas |
107 min – Trunschka ist müde. Und besessen von seinem Job. Weil er Angst hat zu versagen, trinkt er zu
viel. Doch mit glasigem Blick sieht seine Welt noch viel
nüchterner aus als sie sowieso schon ist. Bastian Günthers Film HOUSTON folgt einem Headhunter auf dessen Reise nach Amerika. Dort soll er den Vorstandsvorsitzenden eines texanischen Ölkonzerns abwerben.
Und läuft ins Leere. Landet im Straßengraben. Ulrich
Tukur war im Kino selten so gut wie hier: die Psychostudie eines Ausgebrannten. Und fast beiläufig ein veritabler Wirtschafts-Thriller. Deutsches Kino, das die
Bauchnabel-Perspektive verlässt und sich zum Weltund Gesellschaftsbild verdichtet. (Ralf Schenk)
▶ Sonntag, 23. Februar 2014, 21.00 Uhr
Die andere Heimat – Chronik einer Sehnsucht | D
2013 | R: Edgar Reitz | B: Edgar Reitz, Gert Heidenreich
| K: Gernot Roll | M: Michael Riessler | D: Jan Dieter
Schneider, Antonia Bill, Maximilian Scheidt, Marita
Breuer, Rüdiger Kriese, Philine Lembeck | 225 min –
Jakob lernt Indianersprachen, will weg aus Schabbach.
Im Hunsrück herrscht bittere Armut anno 1842, viele
wandern aus, nach Brasilien. Die Trecks der Bauern
Deutsche Filme 2013
Staub auf unseren Herzen | D 2012 | R+B: Hanna
Doose | K: Markus Zucker | M: Florian Loycke | D: Susanne Lothar, Stephanie Stremler, Oskar Böckelmann,
Michael Kind, Florian Loycke | 91 min – »Ich wollte von
einem Mutter-Tochter-Konflikt erzählen, weil mir im
Freundeskreis diese Mütter aufgefallen sind, die so herrisch sind und ihre eigenen Unsicherheiten auf die Kinder übertragen«, erklärte Hanna Doose zu ihrem auf
zahlreichen Festivals prämierten Spielfilmdebüt. Die
Rückhaltlosigkeit, mit der die DFFB-Absolventin das
Peinigende des Konflikts erforscht, wird mit darstellerischem Witz ausbalanciert. Susanne Lothar, die 2012
verstarb, in einer ihrer letzten Rollen als eine kontrollsüchtige Mutter, die gleichwohl liebevoll gezeichnet
wird. In faszinierend eigenwilliger Manier verkörpert
Stephanie Stremler Tochter Kathi, die sich in Berlin als
Möchtegern-Schauspielerin durchschlägt, durch kuriose Castings und Flirts schlingert und ihr Credo »Ich
kann mich nicht verstellen« trotzköpfig behauptet. (Rainer Gansera)
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Deutsche Filme 2013
am Horizont rhythmisieren diese »Chronik einer Sehnsucht«, eine Reise in jene Zeit, als Deutschland so arm
war wie Anatolien heute: Jakob ist ein Vorfahre der Simons aus Edgar Reitz’ 30-teiliger HEIMAT-Trilogie. Kameramann Gernot Roll bettet die Figuren in eine weite,
mythische Landschaft ein. Die Zeit wird zum Raum, in
Cinemascope, schwarzweiß mit Farbeinsprengseln.
Und der weitgereiste Werner Herzog trifft als Alexander
von Humboldt einen Bauern am Feldrand: Reitz, der
immer Daheimgebliebene, in einem Kurzauftritt. Ein
großer, heiterer Moment der deutschen Filmgeschichte.
(Christiane Peitz)
globalen Finanzzirkus, gibt Auskunft über sein einstiges
Banken-Universum. Wie kam es zur großen Krise?
Woher rührt die skrupellose Gier? Warum flog uns das
System (fast) um die Ohren? Und was machen Macht
und Geld aus den Menschen? Marc Bauder regt seinen
Helden zu Offenheit und Wahrheit an, und doch bleibt
die Frage, wie viel gibt Voss wirklich von sich und den
anderen preis? Kameramann Börres Weiffenbach fotografiert die Ein-Mann-Performance in einem leeren,
kalten Bürohaus in Frankfurt am Main: Architektur als
Seelenlandschaft. (Ralf Schenk)
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▶ Mittwoch, 26. Februar 2014, 18.30 Uhr | Zu Gast:
5. März 2014, 18.30 Uhr
Edgar Reitz
Der Glanz des Tages | Österreich/D 2012 | R: Tizza
Covi, Rainer Frimmel | B: Tizza Covi, Rainer Frimmel,
xaver Bayer | K: Rainer Frimmel | D: Philipp Hochmair,
Walter Saabel, Vitali Leonti | 90 min – Der Artist Walter
besucht seinen berühmten Neffen, den Schauspieler
Philipp, in Hamburg. Und plötzlich reiben sich zwei Lebenshaltungen: Walter engagiert sich für die Menschen
seiner Umgebung, Philipp ist ganz der Kunst verpflichtet, und seinem Ego, was sich in der grenzenlosen
Sucht ausdrückt, perfekt zu sein. Ein Film, dessen
grobe inhaltliche Strukturen zwar von den Regisseuren
vorgegeben wurden, der dann aber bei frei improvisiertem Spiel entstand. Leicht, lebendig und mit leiser Heiterkeit. Berührend dicht und intensiv. (Ralf Schenk)
▶ Freitag, 28. Februar 2014, 21.00 Uhr
Master of the Universe | D 2013 | R+B: Marc Bauder
| K: Börres Weiffenbach | M: Bernhard Fleischmann |
Mit Rainer Voss | 95 min – Rainer Voss, Investmentbanker im Ruhestand und ehemaliger Protagonist des
▶ Samstag, 1. März 2014, 21.00 Uhr ▶▶ Mittwoch,
Kohlhaas oder die Verhältnismäßigkeit der Mittel |
D 2012 | R+B: Aron Lehmann | K: Cristian Pirjol | M:
Boris Bojadzhiev | D: Robert Gwisdek, Jan Messutat,
Thorsten Merten, Rosalie Thomass, Michael Fuith |
90 min – Regisseur Lehmann will Kleists »Michael
Kohlhaas« verfilmen. Doch im letzten Moment springen
die meisten Förderer ab. Was bleibt, ist Improvisation. Aus diesem Insider-Stoff formt Aron Lehmann ein
tragikomisches Abenteuer, eine Farce, in der die Grenzen zwischen Realität und Fiktion verschwimmen und
plötzlich neue, tiefe Wahrheiten zum Vorschein kommen. Robert Gwisdek als junger »Spielleiter« im Kampf
gegen die Filmbürokratie, die Tücken des Drehalltags
und die Extravaganzen seiner Mannschaft. Insgesamt
ein Kinodebüt, das neugierig macht auf die nächsten
Filme des Regisseurs. (Ralf Schenk)
▶ Sonntag, 2. März 2014, 21.00 Uhr
Paradies: Glaube | Österreich/D 2013 | R: Ulrich Seidl
| B: Ulrich Seidl, Veronika Franz | K: Edward Lachman,
Wolfgang Thaler | D: Maria Hofstätter, Nabil Saleh, Na-
▶ Freitag, 7. März 2014, 21.00 Uhr
11. März 2014, 18.30 Uhr
▶▶ Dienstag,
Das merkwürdige Kätzchen | D 2013 | R+B: Ramon
Zürcher | K: Alexander Haßkerl | D: Jenny Schily, Anjorka Strechel, Mia Kasalo, Luk Pfaff, Matthias Dittmer
| 72 min – Sonnabend in einer Berliner Altbauwohnung.
Die erwachsenen Kinder sind angereist, die Großmutter
wird vom Bahnhof abgeholt, man bereitet das Essen
vor, am Abend kommt die Verwandtschaft. Alle reden,
keiner hört zu: Ramon Zürcher hat ein Familienkammerspiel mit Hund und Katze gedreht, in dem auch die
Dingwelt eine stille Magie entwickelt. Das Spielfilmdebüt des DFFB-Absolventen ist unübersehbar vom Minimalismus der Berliner Schule geprägt. Aber der Regisseur entwickelt etwas eigenes daraus. Eine Bewegung löst die andere aus, wie Billardkugeln, sagt Zürcher. Gesichter, Geschichten, Gelächter, Gesten – eine
Fingerübung. Und ein zauberhaftes Stück Kino, wie es
selten vorkommt in Deutschland. (Christiane Peitz)
▶ Sonntag, 9. März 2014, 21.00 Uhr ▶▶ Dienstag,
18. März 2014, 18.30 Uhr
Halbschatten | D 2013 | R+B: Nicolas Wackerbarth |
K: Reinhold Vorschneider | M: Olivier Mellano | D: Anne
Ratte-Polle, Leonard Proxauf, Emma Bading, Maren
Kroymann, Lou Castel | 80 min – Merle, eine junge
deutsche Schriftstellerin, kommt in eine Ferienvilla an
der Côte d’Azur. Der Freund ist nicht da, nur dessen
Kids, halbwüchsige, missmutige Gören. Merle wartet
im milchigen Sonnenlicht, tagelang. Nicolas Wackerbarth, Mitherausgeber der Filmzeitschrift Revolver,
nennt HALBSCHATTEN einen »Thriller über ereignislose
Tage« und setzt mit dokumentarischem Feinsinn die
Beziehungsdynamik in Szene, die Merles Aufkreuzen in
Gang setzt. Mit stiller Identität spielt Anne Ratte-Polle
diese Frau, die sich aus ihrem Ich davonstiehlt und sich
Zeit lässt, ein neues zu formen. (Christiane Peitz)
Hannah Arendt | D 2012 | R: Margarethe von Trotta |
B: Pam Katz, Margarethe von Trotta | K: Caroline Champetier | M: André Margenthaler | D: Barbara Sukowa,
Janet McTeer, Julia Jentsch, Axel Milberg | 113 min –
Margarethe von Trotta konzentriert sich auf die dramatischste Epoche im Leben der philosophisch-politischen Denkerin, auf die Zeit um 1961, als ihr Bericht
vom Eichmann-Prozess entstand und einen Sturm der
Polemik entfachte. Die Streitgespräche bilden vibrierende Spannungsbögen und so gelingt, was im Kino
selten gelingt: die packende Schilderung einer geistigen Auseinandersetzung in all ihren persönlichen und
gesellschaftlichen Facetten. (Rainer Gansera)
▶ Samstag, 8. März 2014, 21.00 Uhr ▶▶ Mittwoch,
▶ Freitag, 14. März 2014, 21.00 Uhr ▶▶ Mittwoch,
12. März 2014, 18.30 Uhr
19. März 2014, 18.30 Uhr
Deutsche Filme 2013
talya Baranova, Rene Rupnik, Daniel Hoesl | 114 min –
Sex, sagt der österreichische Filmemacher Ulrich Seidl,
ist intimer als Beten. PARADIES: GLAUBE, der mittlere
Teil seiner Trilogie über Frauen auf der Suche nach
Liebe, ist einer Missionarin gewidmet, einer erzkatholischen Wienerin, die mit »Wandermuttergottes« in
Wiens Problembezirken unterwegs ist, um die Gottlosen zu bekehren. Eine Büßerin und Himmelsbraut: Zu
Hause geißelt sie sich mit einem Martergürtel, nimmt
ihr geliebtes Kruzifix mit unter die Bettdecke und trägt
den Ehekrieg mit ihrem muslimischen Mann als Glaubenskrieg aus. Ein Kleinbürger-Stillleben in streng symmetrischen Tableaus: Großartig, mit welcher Hingabe
Hauptdarstellerin Maria Hofstätter das bizarre Martyrium ihrer Figur zelebriert. (Christiane Peitz)
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Erblast NS
Erblast NS: Erinnerung & Gedächtnis
AUS EINEM DEUTSCHEN LEBEN
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In den letzten drei Jahrzehnten ist die deutsche Erinnerungskultur zum Nationalsozialismus, seinen Tätern
und Opfern, mit einer Fülle von Initiativen, Gedenkstätten und Programmen aufgebaut worden. Doch wie
kann das Erinnern angesichts des fortschreitenden Verstummens der Zeitzeugen lebendig gehalten werden?
Diejenigen, die aus eigenem Erleben erzählen können,
werden immer weniger, während die Erinnerungskultur
mit ihrer eigenen Mediatisierung konfrontiert ist. Die
medial gebrochene Vermittlung riskiert stets ihre
Glaubwürdigkeit, weil der Eindruck der Unmittelbarkeit
verloren geht. Das ist im Grunde kein neues Problem,
denn auch als die Zeitzeugen noch zahlreicher waren,
herrschte kein Mangel an Narrativierung und Mediatisierung. Es ist heute lediglich drängender geworden.
Diesem Problem können sich Filmemacher auf ganz
unterschiedliche Weise nähern.
Eine Methode besteht darin, minutiöse historische Recherche zu betreiben, Quellen und Sekundärliteratur
detailliert auszuwerten, und die Problematik des Narrativierens dann offensiv anzugehen, gewissermaßen
frontal, indem man die Resultate in Form eines narrati-
ven Spielfilms vorlegt. So ist in der Form selber die Auseinandersetzung mit der Erzählproblematik möglich.
Diesen Weg wählte Theodor Kotulla mit seinem Film
AUS EINEM DEUTSCHEN LEBEN, und dessen Protagonist mit seinem Sinn für »Ruhe, Ordnung und vor allem
Sauberkeit« ist gleichsam »der Idealtyp eines totalen,
Gefühl und Gewissen abtötenden Untertanen, eines im
übrigen arbeitstüchtigen, ehrgeizigen, pflichtbewussten Nationalisten, dem in allzu vielen Fällen blinde Autoritätsgläubigkeit der erste und oberste Wert bedeutet.« (Leo Schönecker).
Eine ganz andere Möglichkeit, die sich im Dokumentarfilm bietet, ist die, sich gerade dem Übergang des Erzählens von einer Generation auf die andere zu widmen, und zwar dort, wo dieser Übergang besonders belastend ist: unter den Nachkommen derjenigen, die zu
den bekanntesten Tätern zählen. Chanoch Ze’evi, selber ein Enkel von Holocaust-Überlebenden, sprach für
HITLER’S CHILDREN mit Kindern, Enkeln, Großnichten
derjenigen, deren Namen gewissermaßen Chiffren für
den Nationalsozialismus sind. Sie alle sind sich ihrer
Verantwortung bewusst und setzen sich mit ihr ausei-
Bei beiden Dokumentarfilmen werden Beteiligte und Historiker
zur Diskussion anwesend sein. In Zusammenarbeit mit der
evangelischen Stadtakademie München.
Götz George, Elisabeth Schwarz, Kurt Hübner, Sigurd
Fitzek, Hans Korte | 145 min – »Der Film schildert charakteristische Situationen und entscheidende Stationen
aus dem Leben des KZ- Kommandanten Rudolf Höß
(geb. 1900), der sich nach dem Zusammenbruch unter
dem Namen Franz Lang versteckt hielt, 1946 von den
Engländern in Schleswig-Holstein entdeckt, an Polen
ausgeliefert und dort 1947 hingerichtet wurde. Man
merkt dem Film eine außerordentlich sorgfältige und
verantwortungsbewusste Vorarbeit an, so dass die oft
kleinste Details beobachtende und überzeugend markierende Geschichtsstudie auch als Spielfilm ein zweifellos gültiges, ja allgemeintypisches Porträt eines Mannes ergeben hat, der kaum einmal wie ein anormaler
Sonderling oder gar als psychopathischer Menschenverächter und Massenmörder wirkt, sondern ›nur‹ als
konsequenter Gefolgsmann erscheint, als uneingeschränkter Befehlsempfänger, dem jedes Empfinden
für Alternativen fehlt.« (Leo Schönecker)
▶ Samstag, 22. Februar 2014, 18.00 Uhr
▶ Freitag, 21. Februar 2014, 18.00 Uhr | Zu Gast: Niklas
Anfang aus dem Ende. Die Flakhelfergeneration | D
2013 | R: Aleida Assmann | B: Aleida Assmann, David
Assmann | K: Miriam Troescher | M: Jan Assmann | Mit
Hermann Frech, Carl Heupel, Julika Jenkins, Jürgen
Moltmann, Monelle Picard | 85 min – »Der Zweite Weltkrieg ist im Begriff, aus dem Zeitzeugengedächtnis zu
verschwinden. Zu den noch Lebenden gehört die sogenannte ›Flakhelfergeneration‹. Sie umfasst die Jahrgänge 1926-29, die in den letzten Kriegsjahren von der
Schulbank an die Flugabwehrkanonen abkommandiert
wurden. Der Dokumentarfilm zeichnet ein Porträt dieser Generation und lässt sie aus ganz unterschiedlichen Perspektiven ihre Geschichte erzählen. In dieser
sehr persönlichen Geschichtsstunde werden Lebensgeschichten und historische Zusammenhänge anschaulich.« (Jutta Höcht-Stöhr) Die Jahrgänge, die hier zu
Wort kommen, wurden bislang kaum als Zeitzeugen
befragt, da sie weder klassischen Täter- noch Opfergruppen angehören. Der Film profitiert von dem Entschluss, sich nur wenigen Personen intensiv zu widmen. Zugleich offenbaren die Befragten eine enorme
Bandbreite an weltanschaulichen Haltungen und unterschiedlicher Reflexionsbereitschaft.
Frank, Dirk Riedel
▶ Donnerstag, 20. März 2014, 19.00 Uhr | Zu Gast:
Hitler’s Children (Meine Familie, die Nazis und ich)
| Israel 2011 | R+B: Chanoch Ze’evi | K: Yoram Millo |
M: Ophir Leibovitch | Mit Bettina Göring, Katrin Himmler, Monika Hertwig, Rainer Höß, Eldad Beck, Niklas
Frank, Adi Piper | 80 min | OmeU – »Hermann Göring,
Rudolf Höß, Heinrich Himmler und Amon Göth, ihre
Namen stehen für die grauenhaften Verbrechen des
Nationalsozialismus. ›Wie viel Mörder steckt in mir?‹
fragt sich nicht nur Monika Hertwig, Tochter des Plaszower KZ-Kommandanten Amon Göth. Katrin Himmler,
Großnichte des ›Reichsführers-SS‹, ist mit einem Israeli
verheiratet und setzt auf die bewusste Konfrontation,
um die Scham zu überwinden. Chanoch Ze’evi holt
zudem Bettina Göring, Großnichte des Reichsmarschalls, und Niklas Frank, Sohn des ›Schlächters von
Polen‹, vor die Kamera. Mit Rainer Höß, Enkel des Kommandanten, reist er sogar nach Auschwitz und zeigt
das Zusammentreffen mit den Nachkommen der jüdischen Opfer. Eine intensive, schmerzliche Auseinandersetzung.« (Andrea Naica-Loebell)
Aleida Assmann, Bernhard Gotto
Aus einem deutschen Leben | BRD 1977 | R+B:
Theodor Kotulla, nach dem Roman »La mort est mon
métier« von Robert Merle und den autobiografischen
Aufzeichnungen »Kommandant in Auschwitz« von
Rudolf Höß | K: Dieter Naujeck | M: Eberhard Weber | D:
Erblast NS
nander, doch jeder geht damit anders um – mal hoch
reflektiert und analytisch, mal fast sentimental, mal verwundet und konfrontativ. Verschiebt sich damit der
Fokus weg von den Eltern/Tätern hin zu den Nachkommen, und wenn ja, ist das etwas Schlechtes?
Ein Weg, der direkt aus dem Verschwinden der Zeitzeugen erwächst, ist die Erweiterung des Kreises der
Befragten. Könnte vielleicht gerade dort, wo man bisher nicht suchte, Neues, Aufschlussreiches, Repräsentatives zu finden sein? Die weniger spektakulären
Schicksale in Aleida Assmanns ANFANG AUS DEM
ENDE. DIE FLAKHELFERGENERATION erlangen eine eigene Form von Allgemeingültigkeit. Teils mit erstaunlicher Offenheit und Unbefangenheit erzählen die Befragten von ihrer Jugend am Ende des Krieges, und
fast nebenbei zeigt sich, dass der Besuch einer »Hitlerschule« Persönlichkeiten stärker fürs Leben prägen
kann als die späteren Kriegserlebnisse.
Christoph Michel
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Film und Psychoanalyse
Film und Psychoanalyse: Girl Meets Boy
BRINGING UP BABy
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Von Billy Wilder soll die Anekdote stammen, dass er oft
im Traum spannende Filmideen gehabt, sie aber am
Morgen nicht mehr erinnert habe. Einmal notierte er in
der Nacht so einen Traum – und als er ihn in der Früh
las, stand da: »Boy meets girl«. Liebesfilme haben eine
gute Publikumsresonanz, zumal die Zuschauer sich
leicht mit den Protagonisten identifizieren und entsprechend intensive Gefühle miterleben: Verliebtheit, Verschmelzung mit dem oder der Geliebten, das Glück,
wenn alles gut läuft und die Verzweiflung, wenn es
schief geht. »Boy meets girl«, das impliziert, dass die
aktive Rolle beim Mann liegt. Er wählt, und das Girl
lässt sich wählen. Die Rollenverteilung ist klar. Um das
ein bisschen unklarer zu machen, kehren wir in dieser
Staffel unserer Reihe »Film und Psychoanalyse« den
berühmten Satz um und zeigen Filme, in denen die Liebesbegegnung von der Frau ausgeht. Frauenfiguren,
die selbstbewusst lieben und wählen, die für ihre Liebe
kämpfen, gelten aber nicht nur als stark oder emanzipiert, sondern auch als irgendwie unheimlich oder verschroben, stiften Verwirrung oder leiten bestürzende
Abenteuer ein.
Vivian Pramataroff-Hamburger
Bringing up Baby (Leoparden küsst man nicht) |
USA 1938 | R: Howard Hawks | B: Dudley Nichols,
Hagar Wilde | K: Russell Metty | M: Roy Webb | D: Katharine Hepburn, Cary Grant, Charles Ruggles, Walter
Catlett, Barry Fitzgerald | 102 min | OmU – Dieser Film
als die screwball comedy schlechthin, der Klassiker der
»girl meets boy«-Filme, strotzt nur so vor lauter unkorrekten Anzüglichkeiten. Cary Grant als verschrobener
Wissenschaftler muss für seine frevelhaft libidinöse
Besetzung eines Dinosaurierknochens büßen, indem er
vom »rich and crazy girl« Katharine Hepburn aus seinem seelischen Gleichgewicht, seiner Verlobung und
seiner musealen Ordnung der Dinge gekippt wird. Der
widerstrebende Mann trifft hier auf die Frau, die wie
selbstverständlich über ihn verfügt, der Verlust der
männlichen Würde entspricht der Kapitulation vor der
Willensstärke der Frau. Das enorme Filmtempo steht
für die ausgelebte Botschaft der stets quirliger als der
Mann agierenden Frau: »Du, der du dir einbildest, mich
nicht zu lieben – lass alle Hoffnung fahren!«
▶ Sonntag, 23. Februar 2014, 17.30 Uhr | Einführung:
Salek Kutschinski, Mathias Lohmer
▶ Sonntag, 23. März 2014, 17.30 Uhr | Einführung: Irmgard Nagel, Katharina Leube-Sonnleitner
I girasoli (Sonnenblumen) | Italien 1970 | R: Vittorio
De Sica | B: Tonino Guerra, Cesare Zavattini | K: Giuseppe Rotunno | M: Henri Mancini | D: Marcello
Mastroianni, Sophia Loren, Ljudmila Saveleva, Galina
Andrejeva, Anna Carena | 107 min | OmeU – Giovanna
verliebt sich stürmisch in Antonio und heiratet ihn vom
Fleck weg, damit er nicht sofort zum Militär eingezogen
wird. Nach zwölf Honeymoon-Tagen muss Antonio
jedoch an die russische Front und kommt nie wieder
zurück. Er gilt als verschollen. Giovanna wartet auf ihn,
fest überzeugt, dass er am Leben ist. Nach vielen Jahren des Wartens reist sie in die Sowjetunion, um ihn
dort zu suchen. Tatsächlich findet sie ihn – mit einer
anderen Frau. Giovanna, die mit ihm nur den wilden
Honeymoon, aber kein Leben hatte, will und kann nicht
mit der fürsorglichen Frau, die auch Mutter ist, um
ihren Mann kämpfen. Sie verzichtet auf ihre große
Liebe. Aber nun wird Antonio zum Suchenden. Als er
sie zuhause in Italien wiederfindet, ist Giovanna mit
einem neuen Mann liiert und hat ein Kind. Der Film
geht dem Wandel der »klassischen« Geschlechterrollen
von Weiblichkeit und Männlichkeit nach und ihrer Dekonstruktion.
▶ Sonntag, 27. April 2014, 17.30 Uhr | Einführung : Vi-
vian Pramataroff-Hamburger
Something Wild (Gefährliche Freundin) | USA 1986 |
R: Jonathan Demme | B: E. Max Frye | K: Tak Fujimoto
| M: John Cale, Laurie Anderson | D: Melanie Griffith,
Jeff Daniels, Ray Liotta, Leib Lensky, Tracey Walter |
114 min | OmU – Nach einem Besuch in einem Diner
konfrontiert die faszinierend-irritierende, schwarzgekleidete und schmuckbehangene Lulu den biederen
Steuerberater Charlie damit, dass er die Rechnung
nicht bezahlt hat. Wir Zuschauer ahnen sofort, was
Charlie bald erfährt: Dieser Frau geht es nicht um Gerechtigkeit. Ihr Verhältnis zu sozialen Konventionen
jeder Art ist mehr als prekär. Sie verwickelt Charlie erst
in Sexspiele, dann, im Rahmen eines turbulenten Roadmovies, in ihr Vexierspiel mit der Identität: Sie wechselt
bei einem Besuch in ihrer provinziellen Heimatstadt
Namen und Erscheinung. Aber auch Charlie ist nicht
ganz der, der er zu sein scheint und entwickelt im Film
ungeahnte Eigenschaften und Fähigkeiten, vor allem in
der Auseinandersetzung mit dem Gangster Ray, der
plötzlich aus Lulus Vergangenheit auftaucht.
▶ Sonntag, 25. Mai 2014, 17.30 Uhr | Einführung: Mat-
thias Baumgart, Eva Friedrich
Film und Psychoanalyse
Un amor (Eine Liebe fürs Leben) | Argentinien 2011 |
R: Paula Hernández | B: Leonel D’Agostino, Paula
Hernández, nach der Kurzgeschichte von Sergio Bizzio |
K: Guillermo Nieto | M: Axel Krygier | D: Diego Peretti,
Elena Roger, Luis Zirmbrowski, Alan Dalca, Denise
Groesman, Agustin Pardella, Santiago Rovito | 99 min |
OmU – Argentinien in den 1970er Jahren: Bruno und
Lalo sind 16 Jahre alt und dicke Freunde. In ihrem kleinen Dorf nahe Buenos Aires passiert nicht viel, bis Lisa,
ein kapriziöses, selbstbewusst-freches Mädchen, in die
Gemeinde zieht und die männliche Dorfjugend ganz
schön durcheinander wirbelt. Die beiden jungen Männer verfallen dieser verspielten jungen Frau, die klar
den Ton angibt. Dann verschwindet Lisa ohne Vorankündigung mit ihren Eltern. Dreißig Jahre später
taucht sie völlig unerwartet wieder auf. Regisseurin
Hernández springt in ihrer Erzählweise zwischen der
Jugendzeit und dem Jetzt, in dem die erotische Spannung ungleich höher ist. Die beiden Männer sind daran,
noch einmal den Verstand zu verlieren. Der zart und
leichthändig komponierte Film porträtiert drei unterschiedliche Lebensentwürfe, die so fragil wie authentisch sind.
17
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Zum Jahresende 2013 hin feierte eines der ältesten
und größten Filmarchive der Welt seinen 70. Geburtstag: das Nationale Filmarchiv (NFA) in Prag. Es wurde
während des Zweiten Weltkriegs im Jahre 1943 gegründet. Der Träger war die damalige Dachverbandsorganisation der tschechischen Filmindustrie, die Böhmisch-Mährische Filmzentrale (Českomoravské filmové
ústředí), die direkt dem Amt des Reichsprotektors
untergeordnet war und somit das gesamte Filmschaffen im »Protektorat Böhmen und Mähren« kontrollierte.
Das Filmarchiv sollte Filmmaterial sammeln und vor
möglichen Beschädigungen durch die Kriegsereignisse
schützen.
Nicht nur das Sammeln und Aufbewahren, sondern
auch die Bewahrung des Filmmaterials vor der Willkür
der jeweiligen Machthaber wurde in der Geschichte
des NFA zu einer seiner wichtigsten Aufgaben. In den
unübersichtlichen Regalen und Fluren der Filmlager
konnten zum Beispiel die Aufnahmen aus einem der
ersten kommunistischen Schauprozesse mit der zur Todesstrafe verurteilten sozialdemokratischen Politikerin
Milada Horáková aus dem Jahr 1949 ebenso überleben
wie die Dokumentation der Beerdigung von Jan Palach,
der sich 1969 aus Protest gegen den Einmarsch der
sowjetischen Armeen in die Tschechoslowakei angezündet hatte. Vor der Zerstörung bewahrt wurden im
NFA in den 1970ern und 1980ern Jahren auch einige
Verbotsfilme der Tschechoslowakischen Neuen Welle,
die nie zur öffentlichen Aufführung freigegeben worden
waren.
Bereits 1946 wurde das NFA Mitglied im 1938 gegründeten Dachverband der Filmarchive, der FIAF (Fédération Internationale des Archives du Film). Die Organisation des Filmarchivs wurde nach dem kommunistischen Umsturz 1948 mehrfach geändert, die einzelnen
Forschungsabteilungen zeitweise voneinander abgekoppelt, was die Tätigkeit immer wieder beeinträchtigte. Im Rahmen der sogenannten »Normalisierung«
Ende der 1960er Jahre wurden dem NFA als vermeintlichem Zentrum der rechtsorientierten Politik die internationalen Kooperationen verboten. Trotz dieser Einschränkungen konnte das Filmarchiv seine Archivierungs- und Restaurierungsmethoden innovativ fortentwickeln und seinen Bestand von Nitrofilm auf Sicherheitsfilm umkopieren. Nach der Wende Ende der
1980er Jahre wurde das Filmarchiv zu einer staatlichen Kulturinstitution. Dem neu bestellten NFA-Direktor Vladimír Opěla gelang es, umfangreiches Film- und
EROTIKON
Prager Filmarchiv
70 Jahre Nationales Filmarchiv in Prag
Schriftmaterial der in der Umbruchphase kollabierenden
Filmindustrie und die Verwaltung der Rechte an den bis
dato staatlich produzierten Filme zu übernehmen.
Heute bewahrt das NFA mehr als 150 Millionen Meter
Filmmaterial aller Art. Dazu gehören die bis 1990 hergestellten Wochenschauen, die das Leben und die Entwicklung der tschechischen Gesellschaft dokumentieren. Diese Kollektion wird regelmäßig ergänzt, da das
NFA bis heute eigenständig wichtige gesellschaftliche
Ereignisse und bedeutende Persönlichkeiten filmt. Zwei
Drittel der gesamten tschechischen Stummfilmproduktion sind im NFA erhalten sowie nahezu alle tschechischen Tonfilme. Dazu gehören auch Amateur-, Experimental- und Trickfilme. Eine neu errichtete Abteilung widmet sich seit Mitte der 1990er Jahre der oral
history und interviewt Persönlichkeiten des tschechischen Films.
Das NFA sammelt nicht nur tschechische Filmproduktionen. In seinen Depots befindet sich eine umfangreiche Kollektion amerikanischer Filme, darunter viele
Titel, von denen sich keine andere Kopie erhalten hat.
Zu verdanken ist dies dem mutigen Einsatz der Mitarbeiter, die die angeordnete Vernichtung dieser Filme
verhinderten, indem sie vor den Augen der kommunistischen Zensoren wertloses Filmmaterial verbrannten
und die echten Kopien gut versteckt hielten. Besonders
wertvoll ist im internationalen Kontext auch die Sammlung der vor dem Ersten Weltkrieg produzierten Filme
und von Stummfilmkomödien der Jahre 1912–1929.
In den Depots des NFA befinden sich zudem über
600.000 Fotografien, 50.000 Plakate, zahlreiche Drehbücher und andere filmbezogene Archivalien sowohl
von Filmgesellschaften als auch von Privatpersonen.
In Prag betreibt das NFA das Kunstkino Ponrepo und
gibt seit 1989 die Vierteljahreszeitschrift für Theorie,
Erotikon (Erotik) | CSSR 1929 | R+B: Gustav Machatý
| K: Václav Vích | D: Ita Rina, Theodor Pištěk, Olaf Fjord,
Luigi Serventi, Charlotte Susa | 103 min | dtF – Die melodramatische Geschichte eines jungen Mädchens, das
von seinem Verführer im Stich gelassen wird, um später, als inzwischen verheiratete Frau, erneut von ihm
umworben zu werden. Ein Meisterwerk des Stummfilms: Mit einem Minimum an Zwischentiteln fand
Machatý zu einer subtilen Filmsprache, welche die Atmosphäre der Erotik, Verführung und Begierde durch
eine Folge von symbolkräftigen Bildern und Überblendungen erzeugt. Der von der Zensur verstümmelte Film
wurde 1994 vom NFA rekonstruiert und macht die erotische Subversion der Originalfassung wieder erfahrbar.
»Eine Hommage an den Augenblick, an die Liebe im
Vorübergehen und doch an die Sehnsucht.« (Daniel
Kothenschulte)
Daleká cesta (Der weite Weg) | CSSR 1949 | R: Alfréd Radok | B: Erik Kolár, Alfréd Radok | K: Josef
Střecha | M: Jiří Sternwald | D: Blanka Waleská, Otomar Krejča, Viktor Očásek, Zdeňka Baldová, Eduard
Kohout, Saša Rašilov, Rudolf Deyl | 108 min | OmeU –
Nur vier Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs
drehte Alfréd Radok – der selbst in den Konzentrationslagern Vater und Großvater verloren hatte – diesen Film
über das Schicksal einer jüdischen Ärztin und ihres
tschechischen Mannes während der Nazi-Okkupation.
Die Kombination von Spielfilmelementen mit Dokumentaraufnahmen aus Theresienstadt und expressionistische Stilmittel verwandeln den Alptraum des Lagers in
einen Danse macabre, der auch nach vielen Jahren
seine suggestive Kraft nicht verloren hat. Der Film war
in der Tschechoslowakei bis 1989 verboten.
▶ Sonntag, 2. März 2014, 18.30 Uhr
Kdo chce zabít Jessii? (Wer will Jessie umbringen?) | CSSR 1966 | R: Václav Vorlíček | B: Miloš Macourek, Václav Vorlíček | K: Jan Němeček | M: Svatopluk Havelka | D: Dana Medřická, Jiří Sovák, Olga Schoberová, Juraj Višný, Karel Effa | 81 min | OmU – Am
»Institut für Somnologie« arbeitet man an einem Serum,
um alles Unliebsame aus den Träumen zu tilgen. Im
Tierversuch gelingt der Durchbruch: Eine Kuh, die zu-
▶ Freitag, 28. Februar 2014, 18.30 Uhr | Live-Musik:
Günter A. Buchwald | Einführung: Vladimír Opěla
Řeka (Junge Liebe) | CSSR 1933 | R: Josef Rovenský
| B: Jan Reiter, Josef Rovenský | K: Jan Stalich | M:
Josef Dobeš | D: Jarmila Beránková, Václav Jalovec,
Jaroslav Vojta, Hermína Vojtová, Jan Sviták, Josef Rovenský | 75 min | OmU – Inmitten einer unberührten
Natur spielt dieser Film über die erwachenden Gefühle
und romantischen Träume zweier Heranwachsender.
Die Beziehung von Pavel, dem Bürgermeistersohn, und
Pepička, der armen Bauerstochter, wird von Pavels
Eltern nicht gerne gesehen. ŘEKA ist ein Meisterwerk,
das der Tradition des tschechischen lyrischen Films zu
internationalem Ruhm verhalf. »Im Wind wehende Weizenfelder, das sich kräuselnde Wasser des Flusses, die
Liebenden im Gras, Wolken, die am Himmel ziehen:
ŘEKA ist geprägt vom Rhythmus und den Stimmungen
des Lebens auf dem Land und wirkt wie eine Spätsommerbrise.« (Jason Sanders)
erst von lästigen Fliegen träumt, sieht sich nach der Injektion in einer Hängematte liegen. Doch was in den
Träumen gelöscht wurde, wechselt in die Realität über.
So kommen aus den Träumen eines Lehrers die ComicHeldin Jessie, ein Supermann und ein revolverschwingender Cowboy herüber. Mit ihren im Raum schwebenden Sprechblasen und ihrem Benehmen stören sie die
Ordnung. Die irrwitzige Komödie über Zwangsbeglückung und Überwachungswahn ist tatsächlich ein Realfilm, auch die Kuh in der Hängematte ist echt.
▶ Samstag, 1. März 2014, 18.30 Uhr
▶ Mittwoch, 5. März 2014, 21.00 Uhr
Prager Filmarchiv
Ästhetik und Geschichte des Films Iluminace heraus.
Regelmäßig werden Bücher zur tschechischen Filmgeschichte veröffentlicht sowie DVDs und Blu-rays von
eigenen Filmrestaurierungen. Außerdem stellt das NFA
Filmreihen zusammen und verleiht restaurierte Kopien
der tschechischen Filme in die ganze Welt. Die in unverkennbaren, selbst entwickelten grünen Plastikbehälter versandten Filme aus dem NFA sind gerade in den
letzten Jahren auch im Filmmuseum München bestens
bekannt, da es in Zusammenarbeit mit dem Tschechischen Zentrum viele Programme realisiert hat.
Zuzana Jürgens
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Schätze des Filmmuseums
Schätze des Filmmuseums München
DER TOTENTANZ
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Seit den 1970er Jahren sind im Filmmuseum mehr als
100 Filme rekonstruiert worden. Es begann, als Enno
Patalas den Zustand vieler Filmklassiker beklagte, die
unvollständig überliefert waren, und damit anfing, verschiedene Kopien desselben Films miteinander zu vergleichen und zu ergänzen. Mithilfe von Drehbüchern
und Zensurakten wurden neue Schnittfassungen erstellt, Zwischentitel im originalen Wortlaut und, wenn
bekannt, in der originalen Grafik wieder eingefügt, und
die originalen Einfärbungen der Filme wieder nachempfunden. Spektakuläre Rekonstruktionen bekannter
Klassiker nahmen von München aus ihren Weg in die
Welt, viele davon wurden von den Rechtsinhabern, die
anfangs die Notwendigkeit von Rekonstruktionen und
Restaurierungen ablehnten, später übernommen und
weitergeführt: METROPOLIS, DIE NIBELUNGEN und M
von Fritz Lang, NOSFERATU, DER GANG IN DIE NACHT,
DIE FINANZEN DES GROSSHERZOGS und DER LETZTE
MANN von Friedrich Wilhelm Murnau, DAS WEIB DES
PHARAO und DIE BERGKATZE von Ernst Lubitsch, DIE
FREUDLOSE GASSE, GEHEIMNISSE EINER SEELE und
ABWEGE von Georg Wilhelm Pabst, PANZERKREUZER
POTEMKIN und GLUMOVS TAGEBUCH von Sergej
Eisenstein zählen zu den bekanntesten Titeln. Seit
1999 werden verstärkt digitale Techniken bei der Restaurierung eingesetzt und der Schwerpunkt auf die Aufbereitung von Filmfragmenten und filmischen Gesamtwerken erweitert. So kümmert sich das Filmmuseum
um die Werke von Filmemachern wie Manfred Noa,
Walther Ruttmann, Orson Welles, Werner Schroeter,
Thomas Harlan, Katrin Seybold und Vlado Kristl, die es
auch auf DVD in der 2007 gegründeten Edition Filmmuseum zugänglich macht. Da das Budget für die Restaurierungsarbeiten sehr begrenzt ist, wird oft mit Fernsehsendern oder Sponsoren zusammengearbeitet.
Die Filmreihe zum 50. Geburtstag des Filmmuseums
präsentiert eine kleine Auswahl von Schätzen aus der
eigenen Sammlung, die es noch zu entdecken gilt. Die
meisten der ausgewählten Filme wurden vom Filmmuseum rekonstruiert, von anderen besitzt es die einzigen
vollständigen oder neu gezogenen Filmkopien. Die folgenden Kurztexte gehen auf die spezifische Überlieferungssituation und die Arbeiten an den jeweiligen Titeln
näher ein.
Stefan Drößler
Der Totentanz | D 1912 | R+B: Urban Gad | K: Guido
Seeber | M: Günter Buchwald | D: Asta Nielsen, Oskar
Fuchs, Fritz Weidemann, Fred Immler, Emil Albes |
33 min | viragiert – Der erste im neu errichteten Bioscop-Atelier in Neubabelsberg gedrehte Film: Eine junge
Frau macht als Sängerin und Tänzerin Karriere, weckt
damit aber die Eifersucht ihres Mannes. Der von der
Zensur gekürzte, nur fragmentarisch erhaltene Film
wurde mithilfe von zeitgenössischen Dokumenten und
Standfotos 2012 rekonstruiert. – Der Student von
Prag | D 1913 | R+B: Hanns Heinz Ewers | K: Guido
Seeber | M: Josef Weiss | D: Paul Wegener, Grete
Berger, Lyda Salmonova, John Gottowt, Lothar Körner,
Fritz Weidemann | 81 min | viragiert – Im Prag von
1820 verkauft der Student Balduin sein Spiegelbild
an einen geheimnisvollen Wucherer, der ihn dafür in
die feine Gesellschaft einführt. Für den ersten deutschen »Kunstfilm« schrieb Liszt-Schüler Joseph Weiss
die erste originale Filmmusik, die vom Orchester Jakobsplatz eingespielt wurde. Der über die Jahrzehnte
immer wieder umgeschnittene Film wurde neu rekonstruiert.
The Immigrant (Der Einwanderer) | USA 1917 | R+B:
Charles Chaplin | K: Roland Totheroh | D: Charles Chaplin, Edna Purviance, Eric Campbell, Albert Austin,
Henry Bergman | 31 min | OF – Eine der interessantesten frühen Chaplin-Filme: Der Tramp kommt auf einem
Schiff in den USA an, muss sich mit den Einwanderungsbehörden herumschlagen und erkennen, dass der
amerikanische Traum nur eine Illusion ist. Die Fassung
des Filmmuseums wurde 2008 aus zwei verschiedenen Filmkopien zusammengesetzt und ist länger als
alle anderen bekannten Versionen des Films. – Terje
Vigen | Schweden 1917 | R: Victor Sjöström | B: Victor
Sjöström, Gustav Molander, nach einem Gedicht von
Henrik Ibsen | K: Julius Jaenzon | D: Victor Sjöström,
Edith Erastoff, August Falck, Bergliot Husberg | 62 min
| dtF | viragiert – Das erste große Meisterwerk des
schwedischen Stummfilms basiert auf einer Ballade
von Henrik Ibsen über Schuld und Vergebung. Das Film-
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▶ Freitag, 7. März 2014, 18.30 Uhr | Einführung: Stefan
Drößler
Die Wahrheit | D 1910 | R: Peter Ostermayr | B: Wilhelm Stücklein, nach einem Bühnenstück von ihm und
Ferdinand Kahn | D: Ludwig Roth, Hilde Flotow, H. Hauschulz | 27 min | viragiert – Erster Spielfilm der Münchner Kunstfilm Produktion über das tragische Schicksal
eines erblindenden Schauspielers. – Karl Valentins
Hochzeit | D 1912 | R: Ansfelder | K: Palatz | D: Karl
Valentin, Georg Rückert | 8 min – Der erste erhaltene
Film mit Karl Valentin entstand in einem Freistudio in
Sendling. – Der neue Schreibtisch | D 1914 | R: Peter
Ostermayr | B+D: Karl Valentin | 12 min – Sketch aus
einem Münchner Bilderbogen von Emil Reinicke. – Die
Entdeckung Deutschlands | D 1917 | R: Georg Jacoby | B: Richard O. Frankfurter | D: Paul Heidemann,
Edith Méller, Gustav Botz | 15 min | viragiert – Marsmenschen landen in München. – Der getäuschte
Pierrot | D 1917 | R+B: Ludwig von Wich | 7 min | viragiert – Schattenspielfilm mit realen Schauspielern
hinter einer durchscheinenden Leinwand. – Münchner
Bilderbogen Nr. 1 | D 1920 | R+B: Louis Seel | D: Olivette Thomas | 6 min – Zeichentrickfilm mit Realteilen
und leicht erotischem Inhalt.
▶ Samstag, 8. März 2014, 18.30 Uhr | Live-Musik: Joa-
chim Bärenz
Schätze des Filmmuseums
Anfänge der Filmkunst
museum restaurierte 2006 eine im schwedischen Filmarchiv aufbewahrte deutsche Filmkopie, die die schönste
Bildqualität aller erhaltenen Filmmaterialien besitzt.
▶ Sonntag, 9. März 2014, 18.30 Uhr | Live-Musik: Joa-
chim Bärenz
Manfred Noa
Nathan der Weise | D 1922 | R: Manfred Noa | B:
Hans Kyser, nach dem Bühnenstück von Gotthold
Ephraim Lessing | K: Hans Karl Gottschalk, Gustave
Preiß | M: Aljoscha Zimmermann | D: Werner Krauß,
Carl de Vogt, Fritz Greiner, Lia Eibenschütz, Ferdinand
Martini, Max Schreck | 123 min | viragiert – Erich
Wagowski versuchte als Direktor von Filmhaus Bavaria,
Filme mit Anspruch zu produzieren. Als Starregisseur
verpflichtete er Manfred Noa, der in Berlin als Kunstmaler und Ausstatter der Filme von Richard Oswald an-
gefangen hatte. Die mit ungeheuerem Aufwand auf
dem Gelände der Bavaria und am Isarufer gedrehte
Lessing-Adaption NATHAN DER WEISE sah sich jedoch
heftigen Angriffen der Nationalsozialisten ausgesetzt,
die das Negativ zu zerstören versuchten und Aufführungen dieses in der ganzen Welt erfolgreichen Filmes in
München bis 1930 zu verhindern wussten. Das Filmmuseum hat 1997 eine Kopie des Films im Moskauer
Filmarchiv gefunden, den Film 2006 rekonstruiert und
2009 digital überarbeitet, wobei Einfärbungen nach
den Konventionen der Zeit vorgenommen wurden.
Schätze des Filmmuseums
▶ Freitag, 14. März 2014, 18.30 Uhr
Helena. Der Untergang Trojas | D 1924 | R: Manfred
Noa | B: Hans Kyser | K: Gustave Preiß, Ewald Daub | D:
Edy Darclea, Albert Steinrück, Carl de Vogt, Hanna
Ralph, Albert Bassermann, Carlo Aldini, Adele Sandrock, Carl Lamac, Ferdinand Martini | 215 min |
viragiert – Einer der aufwendigsten deutschen Monu-
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Friedrich Wilhelm Murnau
Nosferatu. Eine Symphonie des Grauens | D 1921 |
R: Friedrich Wilhelm Murnau | B: Henrik Galeen, frei
nach Bram Stokers Roman »Dracula« | K: Fritz Arno
Wagner | D: Max Schreck, Gustav von Wangenheim,
Greta Schröder, Alexander Granach, John Gottowt |
102 min | viragiert – »Fieberschauer und Alpdruck,
Nachtschatten und Todesahnung, Wahnsinn und Geisterspuk« gewoben in »Bilder düsterer Berglandschaften
und stürmender See« (Béla Balázs): Murnaus VampirFilm, der poetische Naturbilder verwendet und auf
künstliche Dekors verzichtete, gilt heute als Klassiker
des phantastischen Films. Bereits 1976 arbeitete Enno
Patalas daran, den nur in schwarzweißen Kopien von
einstündiger Länge überlieferten Film Einstellung für
Einstellung aus Material ausländischer Filmarchive wieder zusammenzusetzen. 1984 wurde dann erstmals
wieder eine nahezu vollständige Fassung des Films mit
Einfärbungen aufgeführt, die in den nächsten Jahren
noch verbessert wurden: Der Vampir lief nun nicht
mehr bei gleißendem Sonnenschein durchs Schwarzweißbild, sondern in blau eingefärbten Bildern, die
Nacht signalisierten.
▶ Freitag, 21. März 2014, 18.30 Uhr | Live-Musik:
Sabrina Zimmermann & Mark Pogolski
mentalfilme entstand in der Ungererstraße in München,
am Isarufer bei Wolfratshausen und am Wörthsee. Für
die Geschichte der geraubten Helena und des Kampfs
um Troja wurde ein Wagenrennen, eine Löwenjagd,
eine Seeschlacht, bei der 50 Schiffe versenkt wurden,
und die Zerstörung einer Stadt inszeniert, wobei hunderte von Statisten eingesetzt wurden. Das Ergebnis ist
heute noch beeindruckend. Seinerzeit wurde Manfred
Noa als »Meister der deutschen Schlachtenfilme« gerühmt, das amerikanische Branchenblatt Variety
nannte HELENA »brillant« und das Spiel der Darsteller
»bis in die kleinsten Rollen unübertrefflich«. Der nur in
unvollständigen Fassungen ausländischer Versionen
überlieferte Film wurde vom Filmmuseum 2001 rekonstruiert, 2013 digitalisiert und überarbeitet sowie um
inzwischen neu aufgefundene Szenen ergänzt.
Der brennende Acker | D 1922 | R: Friedrich Wilhelm
Murnau | B: Thea von Harbou, Willy Haas, Arthur Rosen
| K: Fritz Arno Wagner, Karl Freund | D: Werner Krauß,
Eugen Klöpfer, Wladimir Gaidarow, Eduard von Winterstein, Lya de Putti, Alfred Abel | 100 min | viragiert –
Der als Sekretär eines Grafen arbeitende Bauernsohn
Johannes erfährt von einer Petroleumquelle unter dem
sogenannten Teufelsacker, der seinem Arbeitgeber
gehört. Als der Graf stirbt, heiratet Johannes aus Berechnung dessen Witwe. Direkt im Anschluss an NOSFERATU inszenierte Murnau in präzisen und beeindruckenden Bildern eine realistische Geschichte mit
psychologischer Beobachtung und sozialen Details. Die
Natur wird nicht dämonisiert, sondern sie reflektiert
Seelenzustände: Jede der handelnden Figuren begegnet dem titelgebenden Ölfeld auf ganz individuelle Art.
1979 finanzierte das Filmmuseum die Umkopierung
des in der Cineteca Italiana aufgefundenen Films,
stellte neue deutsche Zwischentitel her, auf deren
Basis das Bundesarchiv 1995 ein Negativ für die Herstellung einer eingefärbten Filmkopie anfertigen
konnte.
▶ Samstag, 15. März 2014, 18.30 Uhr | Live-Musik:
▶ Samstag, 22. März 2014, 18.30 Uhr | Live-Musik:
Joachim Bärenz & Christian Roderburg
Sabrina Zimmermann & Mark Pogolski
Der Hund von Baskerville | D 1914 | R: Rudolf Meinert | B: Richard Oswald, frei nach dem Roman von Arthur Conan Doyle | K: Karl Freund | M: Joachim Bärenz |
D: Alwin Neuß, Friedrich Kühne, Hanni Weisse, Erwin
Fichtner, Andreas von Horn | 70 min | viragiert – Richard Oswalds erstes Drehbuch entstand nach seinem
Theaterstück, das wiederum auf Arthur Conan Doyles
erfolgreichem Roman basierte. Der kolportagehafte
Film war dank origineller Einfälle, aufwendiger Dekors
und interessanter Figurenkonstellationen immens erfolgreich: Sherlock Holmes und sein Widersacher
schlüpfen in die Maske des jeweils anderen und sitzen
sich am Ende mit ihren vertauschten Identitäten gegenüber. Drei Fortsetzungen folgten, bei den letzten beiden
führte Oswald dann auch Regie. Von dem ersten lange
verloren geglaubten Film hat nur eine Fassung mit französischen Springtiteln überlebt, die die Szenen nach
der Art ihrer Einfärbungen anordnete. Das Filmmuseum
stellte die ursprüngliche Schnittfassung 2005 wieder
her, wobei die Zwischentitel ins Deutsche zurückübersetzt wurden.
Freitag, 28. März 2014, 18.30 Uhr
Sein eigner Mörder | D 1914 | R: Max Mack | B: Richard Oswald, nach der Erzählung »The Strange Case
of Dr. Jekyll and Mr. Hyde« von Robert Louis Stevenson
| M: Joachim Bärenz | D: Alwin Neuß, Hanni Weisse,
Lotte Neumann | 32 min | viragiert – Richard Oswalds
Drehbuch ist eine freie Bearbeitung des Stoffes um Dr.
Jekyll und Mr. Hyde. Ironischerweise weist das 2005
rekonstruierte Filmmaterial genau in den Szenen starke
Nitrozersetzungen auf, in denen sich die Hauptfigur in
ihrem Labor ihren »chemischen Experimenten« widmet.
– Anders als die andern | D 1919 | R: Richard Oswald
| B: Richard Oswald, Magnus Hirschfeld | K: Max Faßbender | M: Joachim Bärenz | D: Conrad Veidt, Reinhold Schünzel, Fritz Schulz, Leo Connard, Magnus
Hirschfeld, Anita Berber | 51 min – Der erste deutsche
Film über Homosexualität wurde seinerzeit von der Zensur vielerorts verboten und hat in einem völlig umgeschnittenen Fragment mit ukrainischen Zwischentiteln
überlebt. Das Filmmuseum konnte 2004 die Urfassung
des Films mit Hilfe von zeitgenössischen Protokollen,
Rezensionen und Standfotos rekonstruieren.
▶ Samstag, 29. März 2014, 18.30 Uhr
Nerven | D 1919 | R+B: Robert Reinert | K: Helmar
Lerski | M: Joachim Bärenz | D: Eduard von Winterstein,
Lia Borré, Erna Morena, Paul Bender, Lili Dominici, Rio
Ellbon | 110 min | viragiert – In seinem 1919 gedrehten
»Monumental-Film« NERVEN versucht Robert Reinert
»den Zündstoff, den Krieg und Not im Menschen erzeugt« haben, als »nervöse Epidemie« zu beschreiben,
»die die Menschen befallen hat und zu allerhand Taten
und Schuld treibt«. Geschildert werden die Schicksale
verschiedener Personen aus unterschiedlichen sozialen
Schichten zwischen Wahnsinn und Revolution, Verzweiflung und Neuanfang. NERVEN bezieht sich deutlich auf die Ereignisse der unmittelbaren Nachkriegszeit
wie die Auseinandersetzungen um die Räterepublik in
München und wurde an Originalschauplätzen gedreht.
Der vom Filmmuseum München 2008 aus verschiedenen Fragmenten aufwendig rekonstruierte Film ist ein
einzigartiges Zeitdokument, das in seinen Traumsequenzen den expressionistischen Stummfilm der
1920er Jahre vorwegnimmt.
▶ Sonntag, 30. März 2014, 18.30 Uhr
Hal-Roach-Comedies
Why Girls Say No (Die unfolgsame Tochter) | USA
1927 | R: Leo McCarey | B: Hal Roach, Stan Laurel | K:
Frank Young | M: Joachim Bärenz, Christian Roderburg
| D: Max Davidson, Marjorie Daw, Creighton Hale, Spec
O’Donnell, Oliver Hardy | 22 min | OF – Jewish Prudence (Es kommt immer anders, als …) | USA 1927
| R: Leo McCarey | B: Hal Roach, Stan Laurel, Leo
McCarey | K: Len Powers | M: Günter A. Buchwald | D:
Max Davidson, Johnny Fox, Martha Sleeper, Gaston
Glass, Jess Devorska | 21 min | OF – Don’t Tell Everything (Kleine Geheimnisse) | USA 1927 | R: Leo
McCarey | B: Hal Roach, Leo McCarey | M: Günter A.
Buchwald | D: Max Davidson, Spec O’Donell, Jess Devorska, Lillian Elliott, James Finlayson | 22 min | OF –
Pass the Gravy (Und ein stolzer Hahn dabei) | USA
Schätze des Filmmuseums
Richard Oswald
23
1927 | R: Fred Guiol | B: Hal Roach, Fred Guiol | K:
George Stevens | M: Joachim Bärenz, Christian Roderburg | D: Max Davidson, Spec O’Donnell, Martha Sleeper, Bert Sprotte, Gene Morgan | 25 min | OF – Die vier
schönsten Komödien aus der Serie um den jüdischen
Komiker Max Davidson und seine nichtsnutzigen
Söhne.
Schätze des Filmmuseums
▶ Freitag, 11. April 2014, 18.30 Uhr
24
Feed ’em and Weep (Kellnern bis zum Umfallen) |
USA 1928 | R: Fred Guiol | K: George Stevens | M: Günter A. Buchwald | D: Anita Garvin, Marion Byron, Max
Davidson, Edgar Kennedy, Charles Hall | 19 min | OF –
A Pair of Tights (Die geizigen Verehrer) | USA 1927
| R: Hal Yates | K: Art Lloyd | M: Joachim Bärenz, Christian Roderburg | D: Anita Garvin, Marion Byron, Edgar
Kennedy, Stuart Erwin, Spec O’Donnell | 22 min | OF –
On the Loose (Außer Rand und Band) | USA 1931 |
R+B: Hal Roach | K: Len Powers | M: Leroy Shield | D:
Thelma Todd, ZaSu Pitts, John Loder, Billy Gilbert, Stan
Laurel, Oliver Hardy | 20 min | OF – Beauty and the
Bus (Die Schöne und die Blechkiste) | USA 1933 | R:
Gus Meins | K: Hep Depew | M: Leroy Shield | D:
Thelma Todd, Patsy Kelly, Jack Barty, Arthur Houseman, Charles Hall | 17 min | OF – Nach dem riesigen
Erfolg mit dem Komikerpaar Stan Laurel und Oliver
Hardy versuchte das Hal-Roach-Studio, ein weibliches
Pendant zu finden. Die vier Filme mit drei unterschiedlichen Paaren zeigen, welches Potential in dieser Idee
steckte, obwohl es zu keiner langlebigen Kurzfilmserie
kam.
▶ Samstag, 12. April 2014, 18.30 Uhr
chen. 2004 hat das Filmmuseum den verschollenen
Film im Moskauer Filmarchiv gefunden und restauriert.
– Block-Heads (Die Klotzköpfe) | USA 1938 | R: John
G. Blystone | B: Charles Rogers, Felix Adler, James Parrott, Harry Langdon, Arnold Belgard | K: Art Lloyd | M:
Marvin Hatley | D: Stan Laurel, Oliver Hardy, Patricia
Ellis, Minna Gombell, Billy Gilbert, James Finlayson |
57 min | OF – Einer der besten Spielfilme des Komikerpaares Stan Laurel und Oliver Hardy beginnt im Ersten
Weltkrieg und endet im Chaos, als Oliver Hardy seinen
alten Kriegskameraden zu sich nach Hause einlädt und
damit seine Ehe ruiniert. Manche Gags besitzen surreale Qualitäten und eine gute Portion schwarzen Humors. Der Film wurde 2013 fürs Fernsehen digital restauriert, wobei die Originalfassung kurze Momente enthält, die in der deutschen Synchronfassung fehlen.
▶ Sonntag, 13. April 2014, 18.30 Uhr
Stummfilmklassiker
Das Weib des Pharao | D 1922 | R: Ernst Lubitsch | B:
Norbert Falk, Hanns Kräly | Theodor Sparkuhl, Alfred
Hansen | M: Eduard Künneke | D: Emil Jannings, Dagny
Servaes, Harry Liedtke, Paul Wegener, Lyda Salmonova, Albert Bassermann, Paul Biensfeld | 100 min |
viragiert – Der erste Film, den Lubitsch in eigener Produktion für die von der Paramount finanzierte Europäischen Film Allianz (EFA) drehte, war ein monumentaler
Historienfilm, der Lubitsch das Tor nach Amerika öffnen sollte. Die Geschichte um einen Pharao, der sich in
eine äthiopische Sklavin verliebt und damit Krieg, Volksaufstand und Zerstörung auslöst, protzt mit riesigen
Bauten, Massenszenen mit bis zu 5.000 Statisten und
einer eigens komponierten Premierenmusik des Operettenkomponisten Eduard Künneke. Dennoch konnten
die hohen Produktionskosten nicht eingespielt werden,
und der Film geriet in Vergessenheit. 2006 hat das
Filmmuseum in Zusammenarbeit mit dem Bundesarchiv, Adoram und Alpha-Omega den Film aus verschiedenen Fragmenten rekonstruiert. Fehlende Szenen werden durch Standfotos überbrückt.
▶ Freitag, 18. April 2014, 18.30 Uhr | Einführung: Tho-
mas Bakels
Spuk um Mitternacht | D 1931 | R: James Parrott | K:
Walter Lundin, George Stevens | M: Marvin Hatley | D:
Stan Laurel, Oliver Hardy, Otto Fries, Lucien Prival, Dell
Henderson | 40 min | Der einzige erhaltene Film, in
dem Stan Laurel und Oliver Hardy selber deutsch spra-
Lichtspiel Opus 1 | D 1921 | R+B+K: Walther Ruttmann | M: Max Butting | 12 min | viragiert – Opus II | D
1922 | R+B+K: Walther Ruttmann | M: Joachim Bärenz | 4 min | viragiert – Opus III | D 1924 | R+B+K:
Walter Ruttmann | M: Hanns Eisler | 4 min | viragiert –
Opus IV | D 1925 | R+B+K: Walther Ruttmann | M:
St. Petersburg in zum Teil unvergesslichen Bildfolgen
gebannt hat.« (Harald Eggebrecht)
▶ Sonntag, 20. April 2014, 18.30 Uhr
Mutter Krausens Fahrt ins Glück | D 1929 | R+K:
Piel Jutzi | B: Willy Döll, Jan Fethke, nach Erzählungen
von Otto Nagel und Heinrich Zille | M: Joachim Bärenz |
D: Alexandra Schmidt, Holmes Zimmermann, Ilse Traut-
Schätze des Filmmuseums
Helga Pogatschar | 5 min | viragiert – Berlin. Die Sinfonie der Großstadt | D 1927 | R: Walther Ruttmann |
B: Walther Ruttmann, Karl Freund | K: Reimar Kuntze,
Robert Baberske, László Schäffer | M: Edmund Meisel |
65 min – Walther Ruttmann kam als Maler zum Film
und schuf die ersten abstrakten Animationsfilme, in
denen er mit Farbe, Rhythmus und Musik experimentierte. Als Ruttmann seine Kompositionsprinzipien auf
den Realfilm übertrug, zog er den Komponisten Edmund Meisel schon bei den Dreharbeiten hinzu und
schuf mit BERLIN. DIE SINFONIE DER GROSSTADT sein
Meisterwerk. Alle seine Filme wurden digital restauriert
und werden mit synchronisierten Tonaufnahmen vorgeführt, die – bis auf zwei Ausnahmen – auf den neu
eingespielten originalen Orchesterkompositionen beruhen.
▶ Samstag, 19. April 2014, 18.30 Uhr
Oktober (Zehn Tage, die die Welt erschütterten) |
SU 1928 | R+B: Sergej Eisenstein, Grigorij Aleksandrov
| K: Eduard Tissé | M: Edmund Meisel | D: Nikolaj
Popov, Vasilij Nikandrov, Nikolaj Padvojskij, Boris Livanov, Eduard Tissé | 119 min | OmU – Sergej Eisenstein
arbeitete an seinem Jubiläumsfilm zum Jahrestag der
Oktoberrevolution so intensiv, dass er erst mit fünf Monaten Verspätung aufgeführt werden konnte. Der Film
hat in sehr unterschiedlichen Schnittfassungen überlebt, aus denen das Filmmuseum München 2012 die
Urfassung rekonstruierte – inklusive einer später von
Stalin entfernten Szene mit Trotzki. Edmund Meisel
schrieb für den Film eine furiose Orchestermusik:
»Frank Strobel, bewährter Dirigent bedeutender Filmmusik, leitete das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin
bei diesem so fesselnden wie problematischen filmischen Parforceritt, mit dem Eisenstein in heftigen Montagesteigerungen und Schnittbeschleunigungen die
Vorbedingungen und den Sturm auf das Winterpalais in
schold, Friedrich Gnaß, Gerhard Bienert, Vera Sacharowa | 133 min – Das klassische Meisterwerk des realistischen Films der Weimarer Republik beschreibt das
alltägliche Leben in einem Berliner Arbeiterviertel. In
der engen Wohnung von Mutter Krausen leben sechs
Personen, die sich mit Gelegenheitsjobs, Prostitution
und Kleinkriminalität über Wasser halten. Piel Jutzis
bewegliche Kamera fängt eindringliche Bilder und
Situationen ein, die im Kino dieser Zeit so noch nicht zu
sehen waren. Die digitale Rekonstruktion von 2012
korrigiert die in den 1950er Jahren veränderten Zwischentitel und Szenenfolgen. Außerdem dokumentiert
sie die von der Zensur zugefügten Schnitte, die durch
das Studium des Originaldrehbuchs und durch Unterlagen der Zensurbehörden ermittelt werden konnten.
Das Originalnegativ wurde von den Nationalsozialisten
vernichtet.
▶ Montag, 21. April 2014, 18.30 Uhr
Paul Leni
Alice Gets in Dutch (Alice hat geträumt) | USA 1924
| R+B: Walt Disney | K: Harry Forbes | D: Virginia Davis,
Spec O’Donnell, Leon Holmes, Marjorie Sewell |10 min
| dtF – Vom Filmmuseum 2003 restaurierter früher
Trickfilm, in dem eine reale Schauspielerin mit Zeichentrickfiguren interagiert. – Das Wachsfigurenkabinett | D 1924 | R: Paul Leni | B: Henrik Galeen | K: Hel-
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Schätze des Filmmuseums
mar Lerski | D: Emil Jannings, Conrad Veidt, Werner
Krauß, Wilhelm Dieterle, Olga Belajeff, John Gottowt |
75 min | viragiert – Ein junger Schriftsteller schreibt
drei Geschichten für einen Schaubudenbesitzer: Eine
spielt im Orient und handelt von Harun al Raschid und
einer schönen Pastetenbäckersfrau, die zweite spielt in
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Russland und beschreibt ein blutiges Abenteuer Iwan
des Schrecklichen, und in der letzten tritt Jack the Ripper auf. Jede der drei Episoden ist in einem anderen
visuellen Stil gehalten, mit prächtigen expressionistischen Bauten des ehemaligen Setdesigners Paul Leni.
Die deutsche Originalfassung des Films wurde aus
einer wunderschön eingefärbten englischen Kopie und
einer russischen Schwarzweißkopie 1999 vom Filmmuseum zusammengesetzt und restauriert.
in Zusammenarbeit mit Lobster Film aus verschiedenen Materialien wieder eine 35mm-Kopie her.
▶ Samstag, 26. April 2014, 18.30 Uhr | Live-Musik:
Richard Siedhoff
Jean-Marie Straub
Chronik der Anna Magdalena Bach | BRD 1968 |
R+B: Danièle Huillet & Jean-Marie Straub, nach dem
Nekrolog von Carl Philipp Emmanuel Bach und Briefen
von Johann Sebastian Bach | K: Ugo Piccone | M: Johann Sebastian Bach | D: Gustav Leonhardt, Christiane
Lang-Drewanz, Nikolaus Harnoncourt, Joachim Wolf,
Bernd Weikl | 94 min – »Ausgangspunkt war die Idee,
einen Film zu versuchen, in dem man Musik nicht als
Begleitung, nicht als Kommentar, sondern als ästhetische Materie benutzt.« (Jean-Marie Straub) »Eine Chronik der laufenden Ereignisse eines bürgerlichen Lebens, geschildert aus der Perspektive der Ehefrau, oft
strikt berichtend (mit zitierten Briefen, Zeugnissen, Kantatentexten), von kurzen Spielszenen unterbrochen, der
größte Teil jedoch lange Einstellungen vom Musizieren,
karg und präzise.« (Christoph Huber) 2014 wurde eine
von Straub autorisierte digitale Fassung des in München produzierten und an Originalschauplätzen gedrehten Films in die Sammlung des Filmmuseums aufgenommen, die alle Filme von Huillet & Straub umfasst.
▶ Freitag, 2. Mai 2014, 18.30 Uhr | Zu Gast: Barbara
Ulrich
▶ Freitag, 25. April 2014, 18.30 Uhr | Live-Musik:
Richard Siedhoff
Alice’s Spooky Adventure (Alice im Spukhaus) |
USA 1924 | R+B: Walt Disney | K: Roy Disney | D: Virginia Davis, Leon Holmes, Spec O’Donnell | 8 min |
dtF – Alice gerät in ein Spukhaus, in dem sich Zeichentrick- und Realaufnahmen mischen. – The Cat and the
Canary (Spuk im Schloss) | USA 1927 | R: Paul Leni |
B: Alfred A. Cohn, nach dem Theaterstück von John
Willard | K: Gilbert Warrenton | D: Laura La Plante,
Creighton Hale, Forrest Stanley, Tully Marshall, Gertrude Astor, Lucien Littlefield | 114 min | OF – Paul
Lenis erster Hollywood-Film ist ein Klassiker des Spukhausfilms. »Ein großer amerikanischer Film. Alles Technische, alles Dekorative, alles Graphische, alles Kunstgewerbliche von höchster Vollendung: Lichter, Schatten, Sturm, Mondlicht, Spinnengewebe, öde Säle und
Galerien, Grauen und Angst darin; und die erstarrten
Masken des zu Tode Erschreckten.« (Willy Haas) Da
das Studio Universal in den 1930er Jahren alle seine
Stummfilme vernichtete, stellte das Filmmuseum 2003
Un conte de Michel de Montaigne (Eine Erzählung
von Michel de Montaigne) | F 2012 | | R+B: JeanMarie Straub, nach dem Essai II/6 »Von der Übung« von
Michel de Montaigne | K: Christophe Clavert | Mit Barbara Ulrich | 35 min | OmU – Montaigne erzählt ein
ganz persönliches Erlebnis, und er zeigt uns, wie man
das, was schmerzlich und bedrohlich ist, in Erfahrung
verwandeln kann, und die Gefahr in Rettung. – Dialogue d’ombres (Schattendialog) | F 1954–2013 |
R+B: Danièle Huillet & Jean-Marie Straub, nach der Erzählung von Georges Bernanos | K: Renato Berta, Christophe Clavert | D: Cornelia Geiser, Bertrand Brouder |
28 min | OmU – Jacques und Françoise auf einer Bank
am Seeufer: ein Dialog über Liebe, Stolz und Verdruss.
– A propos de Venise (Über Venedig) | F 2013 | R+B:
Jean-Marie Straub, nach »La mort de Venise« von Maurice Barrès | K: Christophe Clavert | Mit Barbara Ulrich |
23 min | OmU – Ruhm und Zusammenbruch der Großen Republik: Barrès zeichnet die Bewegungen nach,
die in Venedig am Ende des 19. Jahrhunderts die
klaren Linien verschwimmen ließen zwischen dem
Schauplatz München
Angst | BRD 1954 | R: Roberto Rossellini | B: Sergio
Amidei, Franz Graf Treuberg, nach der Novelle von Stefan Zweig | K: Heinz Schnackertz, Carlo Carlini |
M: Renzo Rossellini | D: Ingrid Bergman, Mathias Wieman, Renate Mannhardt, Kurt Kreuger, Elise Aulinger,
Gabriele Seitz | 81 min – ANGST beginnt auf dem St.Jakobs-Platz nahe dem Eingang zum späteren Filmmuseum: Ingrid Bergman fährt mit ihrem Geliebten vor
dem Eingangstor des Stadtmuseums vor. Es ist ein
heimliches Verhältnis, das ihre Ehe nicht gefährden
soll. Die letzte Zusammenarbeit von Ingrid Bergman
und Roberto Rossellini verlegt Stefan Zweigs Geschichte in das München der Wirtschaftswunderzeit
und zeigt in düsteren Bildern die Brüchigkeit der kleinbürgerlichen Fassade vom ungetrübten Familienglück.
Der Film entstand damals in zwei Versionen: Einer deutschen und einer englischen, aus der dann für den italienischen Markt zwei unterschiedliche italienische Synchronfassungen hergestellt wurden. Die deutsche Originalfassung wurde 1980 vom Filmmuseum erworben
und 2014 digital restauriert.
▶ Freitag, 16. Mai 2014, 18.30 Uhr
Mr. Arkadin (Herr Satan persönlich) | F 1955 | R+B:
Orson Welles, nach seinem Roman | K: Jean Bourgoin |
M: Paul Misraki | D: Orson Welles, Robert Arden, Paola
Mori, Akim Tamiroff, Michael Redgrave, Peter van Eyck,
Katina Paxinou, Gert Fröbe | 101 min | engl. OF – Die
Schätze des Filmmuseums
▶ Samstag, 3. Mai 2014, 18.30 Uhr | Zu Gast: Barbara
Ulrich
dem Film zugrundeliegende Idee war die Schaffung
eines europäischen CITIZEN KANE: Reporter Van Stratten jagt durch das Europa der Nachkriegszeit, um den
Lebensweg des von Mythen umrankten Mr. Arkadin zu
recherchieren. Wie CITIZEN KANE beginnt der Film mit
dem Tod der von Orson Welles verkörperten Titelfigur,
anders als bei CITIZEN KANE krankte die Produktion an
permanenter Unterfinanzierung, weshalb viele Szenen
gestrichen und andere nachträglich verändert werden
mussten. Welles hinterließ mehrere unterschiedliche
Schnittfassungen des Films, die er allesamt als nicht
authentisch klassifizierte. 2006 stellten Stefan Drößler
und Claude Bertemes eine »Comprehensive Version«
her, die allen von Welles hinterlassenen Vorgaben für
die ideale Version des Films folgend die Szenen aus
den verschiedenen Fassungen zusammenfügt.
▶ Samstag, 17. Mai 2014, 18.30 Uhr | Einführung: Ste-
fan Drößler
Lola Montez | BRD 1956 | R: Max Ophüls | B: Max
Ophüls, Jacques Natanson, Annette Wademant, Franz
Geiger | K: Christian Matras | M: Georges Auric | D:
Martine Carole, Peter Ustinov, Adolf Wohlbrück, Ivan
Desny, Will Quadflieg, Oskar Werner, Werner Finck |
116 min | OmU – Der letzte Film von Max Ophüls war
1955 die bis dahin teuerste europäische Filmproduktion, die mit einem Riesenaufwand hergestellt wurde:
Ein Eastmancolor-Farbfilm in CinemaScope und Mehrkanal-Magnetton, gedreht mit international renommiertem Schauspielerensemble in drei Sprachversionen:
Französisch, Deutsch und Englisch. Doch genauso
abenteuerlich wie die Produktionsgeschichte gestaltete
sich auch die Geschichte der Zerstörung des Films, der
unmittelbar nach den erfolglosen Premieren bereits
gekürzt, umgeschnitten und neu vertont wurde. 2002
gelang es dem Filmmuseum in Zusammenarbeit mit
27
LOLA MONTEZ
Eigenen und dem Fremden, zwischen der inneren
Macht und den Invasionen von Außen.
Martina Müller, mit digitalen Mitteln die legendäre deutsche Premierenfassung zu rekonstruieren und wieder
auf Film auszubelichten.
▶ Sonntag, 18. Mai 2014, 18.30 Uhr | Einführung: Stefan Drößler
Schätze des Filmmuseums
Münchner Filmemacher
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Es muss ein Stück vom Hitler sein | BRD 1963 |
R+B: Walter Krüttner | K: Fritz Schwennicke | M: Erich
Ferstl | 12 min – Polemischer Kulturfilm über den Tourismusrummel auf dem Obersalzberg. – Die Grafen
Pocci – Einige Kapitel aus der Geschichte einer Familie | BRD 1967 | R+B: Hans Jürgen Syberberg | K:
Kurt Lorenz, Martin Lippl | Mit Konrad Albert Graf Pocci
| 92 min – »Der Film zeigt eigentlich die Geschichte
eines Hauses, des Schlosses Ammerland am Starnberger See. Wir steigen in die Geschichte ein und durch
sein seltsames, für Deutschland außergewöhnliches
Leben, und in die Psyche, Geschichte und Alltagsphilosophie dieser schönen Familie, deren bekanntester
Ahne vor hundert Jahren die bayerische Kasperl-Figur
für die Kinder erfand, viele Dinge in phantastisch-dilettantisch-liebevoller Weise ausführte, wie Musik, Märchen, Gedichte, Kinderzeichnungen, Gesellschaftskarikaturen und vieles mehr. Ein hoher Würdenträger des
Bayerischen Hofes, undoktrinär und witzig, Zeitgenosse Richard Wagners und Ludwig II.« (Syberberg)
▶ Freitag, 30. Mai 2014, 18.30 Uhr
La morte d’Isotta | BRD 1968 | R+B+K: Werner
Schroeter, unter Verwendung von Lautréamonts »Les
champs de Maldoro« | D: Rita Bauer, Knut Koch, Werner Schroeter | 37 min – 2012 digital restauriertes
Frühwerk von Werner Schroeter, entstanden laut Vorspann »con la conoscienza di Lautréamont, Wagner,
Markopoulos, Callas«. – Der Bomberpilot | BRD 1970
| R+B+K: Werner Schroeter | D: Carla Aulaulu, Mascha
Rabben, Magdalena Montezuma, Werner Schroeter,
Daniel Schmid | 65 min – 2012 digital restaurierter
Film über drei Tänzerinnen, die sich durch die NS-Zeit
und das Nachkriegsdeutschland schlagen. »Im BOMBERPILOTEN interessierte mich die Zerreißprobe zwischen ›Kraft durch Freude‹ und Nachkrieg mit amerikanischem Kultur- und Karriereverständnis. Unser Film
war von absurder Komik, vielleicht auch inspiriert von
den verflossenen Kunstträumen meiner Mutter und
Großmutter.« (Werner Schroeter)
▶ Samstag, 31. Mai 2014, 18.30 Uhr
Madeleine, Madeleine | BRD 1963 | R+B: Vlado Kristl
| K: Wolf Wirth | M: Erich Ferstl | D: Madeleine Sommer,
Rolf Huber, Elisabeth Holzner, Marika Silbernagl, Theo
Rauch | 12 min – Ein junge Mann spaziert durch den
Englischen Garten und beobachtet ein Tennisspiel. Als
ein Gewitter aufzieht, laufen Bild und Ton wild durcheinander. – Das Andechser Gefühl | BRD 1975 | R+B:
Herbert Achternbusch | K: Jörg Schmidt-Reitwein | D:
Herbert Achternbusch, Margarethe von Trotta, Barbara
Gass, Heinz Braun, Walter Sedlmayr, Reinhard Hauff |
65 min – 2014 digital restaurierter Debütfilm: Ein Dorfschullehrer sitzt in der Klosterwirtschaft und träumt
davon, mit einer berühmten Filmschauspielerin seinem
tristen Leben und seiner Ehe zu entfliehen. »Zur Erhaltung meines Lebens war immer das Kino nötig. Zuviel
ist mir in die Träume abgewandert.« (Achternbusch)
▶ Sonntag, 1. Juni 2014, 18.30 Uhr
Filme aus Bosnien-Herzegowina
Filme aus Bosnien
zu verstecken. Es entstand daraus eine eigene Poetik
der Nuancen in der Verknüpfung von Geschichte, Alltag
und (Alb-)Traum. Dazu kommen der schwarze Humor
der seinerzeit in Bosnien populären Filme der Prager
Schule und insbesondere, was Emir Kusturica (CRNA
MACKA, BELI MACOR – SCHWARZE KATZE, WEISSER
KATER) anbelangt, der Einfluss der surrealistischen
Traumbilder von Federico Fellini. Es ist die Fähigkeit
dieses Kinos, den Alltag genau zu beschreiben und ihn
doch radikal zu überschreiten.
An diesen Stil wieder anzuknüpfen, schien nach den
traumatischen Erfahrungen des Krieges und nach dem
Bruch mit der Kusturica-Linie fast unmöglich. Zunächst
war es ein direkter und dokumentarischer Zugriff auf
die historische Erfahrung, der eine neue Generation
von bosnischen Filmemachern prägte, die den Krieg
und die Belagerung der Stadt Sarajevo selbst erlebt
hatten. Die bosnische Filmwissenschaftlerin Irma Duraković beschreibt diese Phase: »Im Krieg formiert sich
eine neue Generation von Filmemachern, zu der Jasmila Žbanić, Danis Tanović, Aida Begić und andere zählen. In den Kriegsjahren stürzten sich alle auf die Dokumentarform, viele Dokumentarfilme zeigten Alltag im
belagerten Sarajevo, ein objektiver Blick auf Leben und
Tod. Einer der bekanntesten dieser Dokumentarfilme
ist die Trilogie MGM SARAJEVO (MENSCH, GOTT UND
DAS MONSTER) von 1994. Die Idee dahinter war, ein
Warnzeichen des Krieges zu senden.«
29
GRBAVICA (ESMAS GEHEIMNIS)
Wie kehrt man zur »Normalität« zurück in den Ländern
nach dem Krieg? Es ist nicht nur die Vergangenheit, die
schmerzt, etwa in Sarajevo. Die Gegenwart ist grau,
der »Wiederaufbau« sorgfältig aufgeteilt zwischen globalem Kapital und regionaler religiöser Macht, und etliches geschieht dazwischen im Verborgenen. Es ist
auch die Zukunft. Welche Zukunft?
Und trotzdem. Es entwickelt sich etwas, was man die
»Zivilgesellschaft« nennt. Ein Leben, in dem es um Verständigungen und Konstruktionen geht, in dem die
Grundwerte von Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität
eine Praxis suchen. Und dazu gehört Kultur. Und zur
Kultur gehört das Kino vielleicht im Besonderen, weil es
die größte Strahlkraft nach außen hat, und weil es mit
dem größten inneren Reichtum auf Geschichte und Politik reagieren kann, für die es keine umfassend gültigen, rationalen Erklärungen gibt. Das Kino aus BosnienHerzegowina, so ökonomisch marginal es am finanziellen Tropf von Staat und internationalen Ko-Produktionen auch sein mag, hat in den letzten Jahren weltweit
Beachtung gefunden. Weil es unter den Bedingungen
des radikalen Neuanfangs junge Talente hervorgebracht hat, und weil es gelernt hat, die Geschicke des
eigenen Landes aus einer besonderen Mischung von
Nähe und Distanz zu sehen. Das, was nur hier geschehen ist, und das, was überall geschehen kann.
Der realistische Minimalismus des bosnischen Kinos ist
eine Möglichkeit, in satirischen Alltagsparabeln Kritik
Filme aus Bosnien
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Der erste Spielfilm nach dem Krieg war SAVRSENI
KRUG (DER PERFEKTE KREIS, 1997) von Ademir Kenović: Ein Mann bleibt im belagerten Sarajevo zurück, die
Familie ist ins Exil geflohen. Hier entwickelten sich entscheidende Motive des bosnischen Films über den
Krieg, das Stadtleben im Zustand der Belagerung, traumatische Familientrennungen, das Exil. Kenovićs Film
blieb lange der einzige Spielfilm der Nachkriegszeit.
Der Dokumentarfilm dominierte bis 2002, als Danis Tanovićs NO MAN’S LAND mit dem Auslands-Oscar,
einem Golden Globe und in Cannes für das beste Drehbuch ausgezeichnet wurde. Dieser Erfolg brachte neue
Hoffnung für die junge, vergessene Generation von Regisseuren und Drehbuchautoren. Tatsächlich war NO
MAN’S LAND jener Film, der für die grausame Absurdität des Kriegs die richtigen Bilder gefunden hatte. Der
Film wurde mit Preisen ausgezeichnet und war bei Kritik und Publikum erfolgreich. Man wurde neugierig aufs
bosnische Kino. Ein nächster Höhepunkt war GRBAVICA (ESMAS GEHEIMNIS) von Jasmila Žbanić, der den
Goldenen Bären auf der Berlinale 2006 erhielt. Ein Film
über das Schicksal im Krieg vergewaltigter Frauen, der
schon mit seiner trostarmen Stimmung verstörte.
Bosnische Filme konnten helfen, das Leiden der Bevölkerung in diesem Krieg zu zeigen, sie konnten gegen
das Vergessen angehen, und in diesem Bemühen der
filmischen Bewältigung fanden sie ihre spezifische
Sprache. Aber sie hatten noch eine zweite Aufgabe,
nämlich aus der Vergangenheit und der direkten Konfrontation mit den Problemen der Gegenwart Fragen zu
stellen nach der Zukunft. Und da stößt das bosnische
Kino schnell wieder an Grenzen. Zwischen den Landesteilen ebenso wie zwischen Generationen und religiösen und traditionellen Prägungen.
»Bosnische Nachkriegsfilme«, sagt Filmwissenschaftlerin Irma Duraković, »werden im serbisch dominierten
Landesteil abgelehnt. Besondere Kontroversen gab es
im Zusammenhang mit Filmen, die für eine patriarchalisch dominierte Gesellschaft brisante Themen behandelten – wie zum Beispiel Homosexualität in GO WEST.
Die homosexuelle Gemeinde in Sarajevo entwickelt
sich dadurch, das erweitert die Diskursgrenze. Weiterhin gab es bei Jasmila Žbanićs NA PUTU (ZWISCHEN
UNS DAS PARADIES) eine Kontroverse, wo radikale Religiosität, die in Konflikt mit Frauenemanzipation gerät,
problematisiert wird und auf heftige Ablehnung radikalislamischer Kreise gestoßen ist.«
Im Kino zeigen sich die Brüche der noch nicht überlebensfähigen bosnisch-herzegowinischen Zivilgesellschaft. Die Wahlen des Jahres 2010 fielen so prekär
aus, dass nur mühsam über Manipulationsvorwürfe
und Verweigerungen ein politisches Gleichgewicht erzielt wurde. Und das Kino der Zivilgesellschaft, ein Kino,
das die Augen nicht schließen will, sich aber keineswegs auf die Produktion von Elendsbildern zu beschränken gedenkt, ein zögerndes und doch selbstbewusstes Kino, gerät an die Grenzen von Tabu, Zensur
und Akzeptanz, wenn es um die fundamentalen Werte
oder ernsthafte Selbstkritik geht.
So bekam Danis Tanovićs vierter Film CIRKUS COLUMBIA, der vom einfachen Täter/Opfer-Narrativ abzuweichen beginnt, im Ausland viel Zuspruch. Tanović ist
unter den jüngeren Regisseuren am ehesten so etwas
wie ein Star. Dass sein Film in Bosnien dennoch eher
auf Ablehnung stößt, hat auch damit zu tun, dass
neben der Filmproduktion die anderen Teile einer Filmkultur noch gefördert werden müssen. In den Anfängen
befindet sich die Entwicklung einer kritischen Filmtheorie im universitären Bereich, die die Filmwissenschaftler Irma Duraković und Vahidin Preljević vorantreiben;
die Filmkritik scheint die Produktion des eigenen Landes, nach Durakovićs Worten, wie sportliche Ereignisse
zu betrachten, bei denen die Anzahl der Preise zählt.
»Es war dies«, sagt Tanović über die Zeit vor dem Krieg,
in der CIRKUS COLUMBIA spielt, »die letzte Phase in
meinem Leben, da ich glücklich war. Vielleicht, weil ich
einfach naiv war, weil ich nicht glauben konnte, dass
der Krieg kommt. Mit meinem Film will ich erreichen,
In Zusammenarbeit mit dem Festival »Šta ima!? Literatur,
Kunst und Kultur aus Sarajevo und Ex-Jugoslawien« der
Münchner Volkshochschule und der Münchner Stadtbibliothek.
No Man’s Land | BiH 2001 | R+B+M: Danis Tanović |
K: Walther Vanden Ende | D: Branko Djurić, René Bitorajac, Filip Sovagović, Georges Siatidis, Simon Callow |
98 min | OmU – »Es ist in seiner Absurdität ein wenig
voraussehbar, wie zu Beginn zwei verirrte, versprengte
Soldaten, ein Serbe und ein Bosnier, sich in einem verlassenen Schützengraben zwischen den Fronten plötzlich gegenüberstehen – mitten in einem Krieg, mit dessen Wieso oder Wozu sie eigentlich nichts zu tun haben
–, und wie nun, obwohl die beiden genauso gut
Freunde sein könnten, jeder den anderen umbringen
möchte, nur weil er nicht selbst umgebracht werden
will. Doch dann betreten den Schauplatz jene Schiedsrichter, die Blauhelme des UNO-Friedenstrupps mit
ihrem Tross von Kamerateams, Ü-Wagen und Antennentransportern all jener Medien, die sich ihrerseits als
Schiedsrichter aufspielen möchten. Wie sich nun das
kleine balkanesische Kasperlestück zu einem multimedialen Weltkriegstheater weitet: Das führt Tanović mit
so mörderischer Logik wie filmisch-erfinderischer Bravour vor.« (Urs Jenny)
▶ Mittwoch, 12. März 2014, 21.00 Uhr
Go West | BiH 2005 | R: Ahmed Imamović | B: Ahmed
Imamović, Enver Puska | K: Mustafa Mustafic | M: Enes
Zlatar | D: Mario Drmać, Tarik Filipović, Rade Serbedzija, Mirjana Karanović, Jeanne Moreau | 97 min |
OmeU – Der Bosnier Kenan und der Serbe Milan leben
als heimliches schwules Paar in Sarajevo. Als 1992 der
Krieg ausbricht, versuchen sie die Stadt zu verlassen.
Kenan verkleidet sich als Frau, als Ehepaar kommen
die beiden durch die Linien und gehen in Milans Heimatdorf im serbisch dominierten Ostbosnien. Bald wird
Milan eingezogen. »Ahmed Imamović präsentiert eine
rustikale Mischung aus Sex, Politik und Gewalt in der
besten Tradition des Balkan-Kinos. Die Geschichte wird
mit einem erfrischenden Tempo erzählt. Das Porträt
des vom Krieg zerrissenen Bosnien und der Wahnsinn,
der sich seiner Bewohner bemächtigt, mag nicht so
schrecklich oder komplex sein wie in anderen Filmen
zum selben Thema, aber es ist in seiner populistischen
Direktheit durchaus angemessen.« (Dan Fainaru)
▶ Mittwoch, 19. März 2014, 21.00 Uhr
Grbavica (Esmas Geheimnis) | BiH 2006 | R+B: Jamila Žbanić | K: Christine A. Maier | M: Enes Zlatar | D:
Mirjana Karanović, Luna Mijović, Leon Lučev, Kenan
Catic, Ermin Bravo, Jasna Beri | 95 min | OmU – Grbavica ist das Viertel von Sarajevo, das im Krieg serbisch
besetzt war. Hier wohnt Esma mit ihrer Tochter. Hier ist
das Zentrum, in dem man den Kriegsopfern von damals eine kärgliche finanzielle Unterstützung und ein
wenig psychologische Betreuung anbietet. Und hier
muss sich auch Esmas Geheimnis offenbaren. »Der
Erfolg von GRBAVICA hängt offenbar an Dingen, die mit
bloßem Können nichts zu tun haben. Etwa an der Nähe
des Films zu den Menschen, unter denen Jasmila
Žbanić selbst aufgewachsen ist. An der Einfachheit und
Geradlinigkeit der Geschichte, am Verzicht auf Symbolismen und Ballereien. Und an dem Blick, der das Geschehen begleitet, einem Blick, der die Personen nicht
in Gute und Böse sortiert, sondern ihnen ihre Widersprüche lässt, die Risse und Sprünge in ihrer Biografie,
die sie hinter der Fassade der Normalität verstecken.«
(Andreas Kilb)
▶ Mittwoch, 26. März 2014, 21.00 Uhr
Na Putu (Zwischen uns das Paradies) | BiH 2010 |
R+B: Jasmila Žbanić | K: Christine A. Maier | M: Brano
Jakubović | D: Zrinka Cvitesić, Leon Lučev, Ermin
Bravo, Mirjana Karanović, Marija Kohn | 103 min | OmU
Filme aus Bosnien
dass die Menschen verstehen, wie wir uns gefühlt
haben, eine Stunde vor dem Krieg.« In der Normalität.
Markus Metz & Georg Seeßlen
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Filme aus Bosnien
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– Luna und Amar sind ein modernes Paar im heutigen
Sarajevo. Sie arbeitet als Stewardess, er ist Fluglotse.
Zum äußeren Glück fehlt nur noch ein Kind. Doch da ist
Amars Hang zum Alkohol, in dem er seine Erinnerungen an den Krieg ertränken will. Als er eine Zwangspause samt Therapie machen muss, trifft er auf einen
Armee-Kameraden von damals und kommt mit einer
strenggläubigen muslimischen Wahhabiten-Gruppe in
Kontakt. Luna wird damit konfrontiert, dass Amar sich
verändert und den Koran streng konservativ auslegt.
»Ein Film, der sich hineinbegibt in die Lager der radikalen Muslime, der die Tücher zeigt, die den Frauen- vom
Männerbereich trennen, die Videos, die den Kindern
den Koran eintrichtern, aber auch die Gemeinschaft
abends am Lagerfeuer. Es sind Einblicke in eine geschlossene Gesellschaft, Einblicke aber auch in ein
Bosnien von heute, in dem sich immer mehr Menschen
der Religion zuwenden.« (Christina Tilmann)
▶ Mittwoch, 2. April 2014, 21.00 Uhr
Cirkus Columbia | BiH 2010 | R+B: Danis Tanović,
nach dem Roman von Ivica Djikic | K: Walther Vanden
Ende | D: Miki Manojlović, Mira Furlan, Boris Ler, Jelena Stupljanin, Ermin Bravo | 113 min | OmU – Im Jahr
1991 kehrt der Gastarbeiter Divko zusammen mit einer
jungen Geliebten aus Deutschland nach Bosnien-Herzegowina zurück. Hier trifft er seine ehemalige Frau
wieder und lernt seinen Sohn kennen. Aber der Sohn
begegnet ihm mit rebellischem Zorn, und die politische
Situation wird immer angespannter. »Beschwingt,
leichthändig mit einer fast väterlichen Zärtlichkeit schildert Tanović, wie sich seine Protagonisten durch ihr
wegen der politischen Ereignisse zunehmend chaotischeres Beziehungs- und Gefühlsleben strampeln. In
vielem erinnert der Film an die heiter bösen Filme des
Prager Frühlings. Der neue Film von Danis Tanović ist
eine Ode an das Leben und die Fähigkeit, zu lieben und
sich in den absurdesten Situationen immer wieder neu
einzurichten, erzählt als intime Kleinstadtgeschichte
mit universellem Charakter und getragen von herausragenden Darstellern.« (Hanspeter Stalder)
▶ Mittwoch, 9. April 2014, 21.00 Uhr
Epizoda u životu berača željeza (Aus dem Leben
eines Schrottsammlers) | BiH 2013 | R+B: Danis Tanović | K: Erol Zubčević | D: Nazif Mujić, Senada Alimanović, Semsa Mujić, Sandra Mujić | 75 min | OmU –
Eine ärmliche Roma-Familie in Bosnien-Herzegowina:
Vater Nazif sammelt Schrott und bringt damit seine
Familie gerade so über die Runden. Seine Frau Senada
hat ein totes Kind im Bauch, sie müsste dringend ope-
riert werden, um nicht an einer Blutvergiftung zu sterben. Doch die Familie ist nicht krankenversichert und
Nazif kann die umgerechnet 500 Euro, die die Ärzte
verlangen, nicht bezahlen. Der für 17 000 Euro gedrehte Film wurde auf der Berlinale 2013 mit dem
Großen Preis der Jury ausgezeichnet, Hauptdarsteller
Nazif Mujić erhielt einen Silbernen Bären als bester
Darsteller. »Tanović arbeitet mit Laiendarstellern, die
seinem Film natürlich Authentizität verleihen, aber darüber hinaus auch Dringlichkeit. Denn sie bezeugen ihre
eigene Lebensrealität. Und das macht diesen nur
75 Minuten langen, ohne jede Dramatisierung oder
Sentimentalisierung auskommenden Film zu einer Ohrfeige für alle Gleichgültigen.« (Anke Westphal)
▶ Mittwoch, 16. April 2014, 21.00 Uhr
For Those Who Can Tell No Tales (Für die, die keine
Märchen erzählen können) | BiH 2013 | R: Jasmila
Žbanić | B: Zoran Solomun, Kym Vercoe, Jasmila
Žbanić, nach dem Theaterstück »Sieben Kilometer
nordöstlich« von Kym Vercoe | K: Christine A. Maier | D:
Kym Vercoe, Branko Cvejić, Jasna Djuričić, Boris Isaković, Damir Kustura, Leon Lučev | 82 min | OmU – Eine
junge Australierin reist als Touristin auf den Spuren des
Literaturnobelpreisträgers Ivo Andrić nach Višegrad in
Bosnien-Herzegowina. In dem scheinbar idyllischen
Bergdorf kommt sie Gräueltaten der ethnischen Säuberungen während des Krieges auf die Spur. »Der Film
wechselt zwischen den sehr persönlichen Tagebuchnotizen von Vercoe, die sie direkt in ihre Videokamera
spricht, und ihren Erforschungen des Ortes und einer
Landschaft, die über Hunderte von Jahren Zeuge von
Blutvergießen war. Die Breitwandbilder von Christine A.
Meier sind großes Kino und machen sich die Jahreszeiten zunutze um zu zeigen, wie dieselben Schauplätze
von einer schrecklichen Vergangenheit durchtränkt
ganz anders aussehen können.« (Alissa Simon)
▶ Mittwoch, 23. April 2014, 21.00 Uhr
sammengestellt hat. Im Zentrum stehen die Filmreihen
NEULICH und SONNTAG, in denen Kuhn alltägliche Begebenheiten, sonderbare Begegnungen und überraschende Erkenntnisse zu wunderbar poetischen Bildgeschichten verwebt. NEULICH 2 schildert den Besuch
bei einer Ärztin, die über ein neuartiges Diagnosegerät
verfügt, das die innere Befindlichkeit ihrer Patienten als
Bilder aufzeichnet. Die erhoffte Auskunft über seinen
Zustand bleibt sie dem Protagonisten der Geschichte
jedoch schuldig. Auf sich selbst zurückgeworfen verlässt er nach der Untersuchung die Praxis.
Ähnlich geht es dem Betrachter bei den Filmen von
Jochen Kuhn. Sie werfen Fragen auf ohne sie zu beantworten. Durch Kuhns feinsinnigen Humor verlässt der
Zuschauer jedoch niemals mutlos das Kino. Vielmehr
vermittelt der Autor eine tröstende Perspektive auf das
alltägliche Ungemach im menschlichen Leben.
Cornelia Gockel
Silvester | D 1993 | R+B+K+M: Jochen Kuhn | 14 min
| Ein vorsichtiger Rückblick auf das vergangene Jahr. –
Neulich 2 | D 2000 | R+B+K+M: Jochen Kuhn | 9
min – Ein sonderbarer Besuch bei einer Ärztin. – Neulich 3 | D 2002 | R+B+K+M: Jochen Kuhn | 6 min –
Beim Warten an der Bushaltestelle wird der Erzähler
unfreiwillig Zeuge einer Liebesgeschichte. – Sneak
Preview | D 2013 | R+B+K+M: Jochen Kuhn | 10
min – Ein Blick auf das jüngste Werk von Jochen Kuhn.
– Sonntag 1 | D 2005 | R+B+K+M: Jochen Kuhn |
6 min – Ein Mann flaniert durch die morgendliche
Stadt. – Sonntag 2 | D 2010 | R+B+K+M: Jochen
Kuhn | 12 min – Die letzte Vorstellung des KrauseTheaters. – Sonntag 3 | D 2012 | R+B+K+M: Jochen
Kuhn | 14 min – Ein Blind Date mit der Kanzlerin.
▶ Donnerstag, 13. März 2014, 19.00 Uhr | Zu Gast:
Jochen Kuhn und Christian Wagner
Jochen Kuhn
Es war eine große Überraschung für den Protagonisten
in Jochen Kuhns Films SONNTAG 3, als er bei seinem
Blind Date im Grand Café auf die Kanzlerin traf. Die beiden hatten sich über die Internetpartnervermittlung
»Herzschrittmacher« kennen gelernt und zuvor einige
warmherzige, aber doch anonyme Briefe miteinander
ausgetauscht. Nach anfänglicher Scheu kamen sich
die beiden rasch näher. Warum dann doch nichts aus
der so hoffungsvoll begonnenen Verbindung wurde,
schildert Jochen Kuhn psychologisch einfühlsam mit
Witz und Ironie in seiner filmischen Bildergeschichte.
Auf düsteren sepiafarbenen Bildgründen entwickelt
sich die absurde Begegnung zunächst langsam, gewinnt dann aber rasch an Dramatik. Kuhn malt, klebt,
collagiert, verwischt und übermalt die Inhalte der einzelnen Filmsequenzen. Der gestisch expressiven Bildsprache setzt er den nüchternen Tonfall seiner Erzählstimme gegenüber. Sie erscheint wie ein innerer Monolog, den der Autor mit sich selbst führt.
In Interviews wird Jochen Kuhn gern gefragt, ob er sich
denn eher als Maler oder als Filmemacher verstehe. Es
fällt ihm jedes Mal schwer, eine befriedigende Antwort
darauf zu finden. Denn für den Künstler bildet die Verwendung von gemalten Inhalten und flüchtigen Filmbildern kein Paradox. Die Verzahnung dieser beiden Medien macht vielmehr die Qualität seiner Filme aus.
»Kuhn ist Künstler, das Kino ist sein Galerist! Und der
muss viel erzählen, damit wir sehen, was Kuhn zeigt«,
hat ihn Bazon Brock treffend charakterisiert.
Ingvild Goetz, eine der weltweit wichtigen Sammlerinnen für Gegenwartskunst, ist auf einem Festival auf
das Werk von Jochen Kuhn aufmerksam geworden und
sammelt seitdem seine Arbeiten. Dabei interessiert sie
sich nicht nur für seine Filme, sondern auch für die
Zeichnungen, Collagen und Fotografien, die in diesem
Zusammenhang entstehen. Denn Kuhn hat zunächst
Malerei in Hamburg studiert, bevor er 1972 seine Laufbahn als Filmemacher begann. Bereits 1981 gewann
er mit dem Animationsfilm DER LAUTLOSE MAKUBRA
(1980) den Bundesfilmpreis. Es folgten weitere Ehrungen, Teilnahmen bei Ausstellungen und Filmfestivals.
Kuhn macht vom Drehbuch über die Malerei bis hin
zum Sprecher in seinen Filmen alles selbst. Nur Ton
und Schnitt überlässt er seinem langjährigen Mitarbeiter Olaf Meltzer. 2013 wurde Jochen Kuhn für seinen
Film SONNTAG 3 mit dem Deutschen Kurzfilmpreis in
Gold ausgezeichnet. Aus diesem Anlass zeigt das Filmmuseum in Kooperation mit der Sammlung Goetz eine
Auswahl seiner Kurzfilme, die der Künstler selbst zu-
SONNTAG 3
Ein Abend mit Jochen Kuhn
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3x3D
3D-Filmfest
5. Münchner 3D-Filmfest
Mit GRAVITY hatte das Kinojahr 2013 endlich wieder
einen Erfolg zu vermelden, bei dem der größte Teil des
Publikums die 3D-Version des Films bevorzugte.
Prompt wird der Film nun gerne zitiert als Beispiel für
einen Film, der das 3D wirklich sinnvoll nutzt und dies
auch dem Publikum vermitteln kann. Denn nach der
anfänglichen 3D-Euphorie hatte sich schon bald Ernüchterung eingestellt: Die Fernsehsender haben ihre
(sowieso schon nur spärlichen) regelmäßigen 3D-Sendeplätze und 3D-Spartenkanäle wieder eingestellt, im
Kino werden parallel und meist mit größerem Erfolg 2DVersionen von neu gestarteten 3D-Filmen angeboten,
und auch die 3D-Fernseher fürs Heimkino werden weit
weniger genutzt als die Industrie das vorhergesagt hat.
Wie bei den früheren 3D-Wellen gibt es kaum Filmemacher, die sich längerfristig mit der 3D-Technik beschäftigen: Meistens endet das Interesse bereits nach
einer Produktion. Dennoch scheint die Herstellung von
3D-Filmen eine Nische zu sein, die nicht völlig verschwindet. Auch wenn die Technologie in den meisten
Fällen nur für Kinder- und Actionfilme genutzt wird, gibt
es immer wieder einzelne Beispiele gelungener Filme,
die durch das 3D zu neuen Seherfahrungen werden.
Das 5. 3D-Filmfest im Filmmuseum zeigt eine Auswahl
von Klassikern und neuen Produktionen, zum Teil in
Deutscher Erstaufführung. Sie zeigen, wie 3D auf ganz
unterschiedliche Weise eingesetzt werden kann. Eröffnet wird das Programm mit einem auf den neuesten
Stand gebrachten Vortrag zur Geschichte des 3D-Films,
in dem die Technik erläutert, historische Entwicklungen
dargelegt und die Möglichkeiten einer 3D-Ästhetik diskutiert werden.
Stefan Drößler
Geschichte des 3D-Films | Vortrag mit Filmbeispielen
von Stefan Drößler | 180 min – Anhand von zahlreichen
Fotos, Dokumenten und 3D-Filmausschnitten wird die
Geschichte des 3D-Films aufgerollt, die bereits im
19. Jahrhundert mit Stereoskopen, Kaiserpanorama
und 3D-Filmbetrachtern beginnt. Die Pioniere des
Kinos, Max Skladanowsky, Louis Lumière und Georges
Méliès haben mit 3D experimentiert, Erfinder wie Laurens Hammond, François Savoye, Semën Ivanov und
Eduard Bankl in den 1920er, 1930er und 1940er Jahren an brillenlosen 3D-Systemen gearbeitet. Die verschiedenen 3D-Filmwellen, die seit den 1930er Jahren
in regelmäßigem Abstand einsetzen und jedes Mal das
Ende des zweidimensionalen Films verkünden, kulminieren im digitalen Kino der Gegenwart. Nachdem das
Fernsehen weltweit seine 3D-Versuchsprogramme wieder eingestellt hat, scheint auch der 3D-Film im Kino
seinen vorläufigen Höhepunkt bereits überschritten zu
haben. Der unterhaltsame und informative Vortrag betrachtet die Entwicklungen in Europa, den USA und in
Asien, und endet mit einem Ausblick in die Zukunft des
Kinos, die in China und Korea liegt.
▶ Sonntag, 16. März 2014, 18.30 Uhr
knick knack | USA 1989 | R+B: John Lasseter | M:
Bobby McFerrin | 4 min | ohne Dialog | 3D – Der erste
rein aus dem Computer erzeugte 3D-Film des PixarStudios erzählt die Geschichte eines Schneemanns in
einer Schneekugel, der alles versucht, auszubrechen
und mit anderen Spielzeugen in Kontakt zu treten. –
U2 3D | USA 2008 | R+B: Catherine Owens, Mark Pellington | K: Peter Anderson, Tom Krueger | Mit Bono,
Adam Clayton, Larry Mullen Jr., The Edge | 84 min | OF
| 3D – Der erste 3D-Konzertfilm ist ein seitdem kaum
wieder erreichter Meilenstein, der viele andere Filmemacher wie Wim Wenders begeisterte und für eigene
▶ Samstag, 22. März 2014, 21.00 Uhr
Gravity | USA 2013 | R: Alfonso Cuarón | B: Alfonso
Cuarón, Jonás Cuarón | K: Emmanuel Lubezki | M: Steven Price | D: Sandra Bullock, George Clooney | 91 min
| OF | 3D – »GRAVITY ist kein gewöhnlicher ScienceFiction-Film, sondern erzählt nur von einem Mann und
einer Frau, die in der denkbar unwirtlichsten Umgebung ums Überleben kämpfen. Doch die Geschichte ist
gespickt mit Einlagen atemberaubender Spannung und
verblüffenden Überraschungen. Es ist gleichzeitig ein
realistischer und wunderbar choreographierter Film,
der vom beispielhaften Einsatz des 3D profitiert: als
hätte man Max Ophüls auf das Weltall losgelassen.«
(Todd McCarthy) – Aningaaq | USA 2013 | R+B: Jonás
Cuarón | K: Alexis Zabe | M: Steven Price | D: Orto Ignatiussen, Lajla Lange, Maligiaq Fredeik | 7 min | OF – In
einer Szene von GRAVITY spricht Sandra Bullock über
Funk mit jemandem auf der Erde, dessen Sprache sie
nicht versteht. Jonás Cuarón, der zusammen mit seinem Vater das Drehbuch zu GRAVITY geschrieben hat,
zeigt die andere Seite der Kommunikation: einen Eskimo in Grönland.
3D-Filmfest
▶ Freitag, 21. März 2014, 21.00 Uhr
3D-Filmprojekte inspirierte. Dabei zeichnet der Film die
Live-Darbietungen von U2 vor großem Publikum nicht
nur atemberaubend auf, sondern wagt eigene visuelle
Experimente wie die Übereinanderblendungen verschiedener 3D-Aufnahmen zu noch nie gesehenen virtuellen
Raumerfahrungen. U2 3D schafft eine Nähe zu den Musikern und ihrer Musik, die man als Besucher des Konzerts in dieser Intensität nicht erfahren kann. Konsequenterweise wurde der Film nie in 2D, auf DVD oder
im Fernsehen veröffentlicht.
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▶ Sonntag, 23. März 2014, 21.00 Uhr ▶▶ Dienstag,
25. März 2014, 18.30 Uhr
GRAVITY
Programmänderung: Prometheus (Dunkle Zeichen)
| USA 2012 | R: Ridley Scott | B: Jon Spaiths, Damon
Lindelof | K: Dariusz Wolski | M: Marc Streitenfeld | D:
Noomi Rapace, Michael Fassbender, Charlize Theron,
Idris Elba, Guy Pearce | 124 min | OF | 3D – Ridley
Scott nutzt die 3D-Technik sehr eindrucksvoll, um uns
mit allen Sinnen in ein visuell betörendes, bedrohliches
Universum hineinzuziehen und mit Fragen nach den Ursprungsmythen zu spielen. »Der PROMETHEUS-Film ist
ganz bei sich, wenn er die raue Topografie des entlegenen Planeten betrachtet und in die Höhlenwelt unserer
Ahnen abtaucht, wenn glühend rote Scannerlinien die
mit Hieroglyphen übersäten Wände abmessen und die
durchsichtigen Helme des Bodenteams wie Kaugummiblasen durch den Untergrund treiben. 3D sieht hier, im
Verein mit echten, gebauten Sets, zur Abwechslung
elegant aus, drängt sich nicht auf, sondern ›vertieft‹ die
Einstellungen. Am Ende ist es dann egal, ob die Space
Jockeys göttlich und weise sind oder auch nur eine militaristische, zu Tode zivilisierte Bande unter vielen: In
der Space Opera ist der Weg das Ziel.« (Sabine Horst)
3D-Filmfest
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Life of Pi (Schiffbruch mit Tiger) | USA 2012 | R: Ang
Lee | B: David Magee, nach dem Roman von Yann Martel | K: Claudio Miranda | M: Mychael Danna | D: Suraj
Sharma, Irrfan Khan, Adil Hussain, Tabu, Gérard Depardieu | 127 min | OF | 3D – Ein Schiffbrüchiger und
ein Tiger müssen sich auf einer langen Irrfahrt auf dem
Meer ein Rettungsboot teilen. »Während seine Kollegen
die moderne 3D-Technik vor allem für fantastische und
animierte Abenteuer und Fantasien einsetzen, benutzt
Ang Lee sie, um eine nie gekannte Nähe zur Wirklichkeit herzustellen, um die Distanz zwischen seinem gebeutelten Helden und den Zuschauern nahezu aufzuheben. Statt die Bilder eines Tigers zu sehen, macht man
die Erfahrung, in der Nähe des Tigers zu sein. Statt
schöne Prospekte zu betrachten, erlebt man atemberaubende Naturschauspiele, im prasselnden Regen
eines Unwetters, inmitten einer spiegelglatten goldfarbenen Wasserfläche, unter bizarren Wolkenformationen, Lichtspielen oder nachtschwarzem Sternenhimmel, in einem Schwarm fliegender Fische oder im Angesicht eines monströsen Wals.« (Anke Sterneborg)
▶ Mittwoch, 26. März 2014, 18.30 Uhr
Looking for Trouble | USA 1953 | R: Lloyd Bacon | B:
Mary Loos, Richard Sale | K: Harry J. Wild | M: Walter
Scharf | D: Jane Russell | 10 min | OF | 3D – »J.R. in 3D.
Need we say more?« warb das Plakat für den einzigen
3D-Film mit Jane Russell THE FRENCH LINE, der zum
Skandal hochstilisiert wurde. Die von der Zensur entschärfte Schlussnummer »Looking for Trouble« wurde
digital ungekürzt restauriert. – Miss Sadie Thompson
(Fegefeuer) | USA 1953 | R: Curtis Bernhardt | B:
Harry Kleiner, nach der Erzählung »Miss Thompson«
von W. Somerset Maugham | K: Charles Lawton Jr. | M:
George Duning | D: Rita Hayworth, José Ferrer, Aldo
Ray, Russell Collins, Charles Bronson | 91 min | OF |
3D – Eine Barsängerin betört die Soldaten eines USMarinestützpunktes auf einer Südseeinsel und gerät in
Konflikt mit einem sittenstrengen Missionsdirektor. Die
Intensität des Rots der Kleider und der Haare von Hayworth reflektieren ihre Stimmungen, eine Großaufnahme ihres Gesichts, in der eine Träne aus dem Auge
quillt, ist einer der intensivsten 3D-Effekte. Höhepunkt
des Films ist Hayworths Performance »The Heat Is On«.
▶ Freitag, 28. März 2014, 21.00 Uhr
Lumber Jack-Rabbit | USA 1953 | R: Chuck Jones |
B: Michael Maltese | M: Carl W. Stalling | 7 min | OF |
3D – Bugs Bunnys einziger 3D-Film führt ihn ins Land
eines Riesen. Die aberwitzigen Größenverhältnisse bieten Stoff für absurde Gags und schöne 3D-Effekte. –
House of Wax (Das Kabinett des Professor Bondi) |
USA 1953 | R: André de Toth | B: Crane Wilbur | K: Bert
Glennon, Peverell Marley | M: David Buttolph | D: Vincent Price, Frank Lovejoy, Phyllis Kirk, Carolyn Jones,
Roy Roberts, Charles Bronson | 88 min | OF | 3D – Der
erfolgreichste 3D-Film der 1950er Jahre ist eine Großproduktion in Farbe und Mehrkanalton, die im viktorianischen London spielt, das von mysteriösen Morden
heimgesucht wird. André de Toth, obwohl einäugig und
somit nicht fähig, dreidimensional zu sehen, nutzt die
neue Technologie dennoch (oder vielleicht auch gerade
deshalb) besonders geschickt für Schauereffekte und
andere Gimmicks. Berühmt wurde die Sequenz, in der
ein Rummelplatzanimateur einen Paddle-Ball immer
wieder ins Publikum schlägt. Deutsche Erstaufführung
der neuen digital restaurierten Fassung.
▶ Samstag, 29. März 2014, 21.00 Uhr
Bloodrop 3D | Russland 2011 | R+B: Aleksey Popogrebskiy | K: Peter Steuger | M: Dmitriy Katkhanov | D:
Grigory Dobrygin, Ina Maria Jaich | 7 min | ohne Dialog
| 3D – Ein furioses Spiel in 3D mit Perspektiven, Fotografie und imaginierten Welten von einem der talentiertesten jungen russischen Filmregisseure der Gegenwart, der momentan seinen ersten Spielfilm in 3D vor-
▶ Sonntag, 30. März 2014, 21.00 Uhr
The Croods (Die Croods) | USA 2013 | R+B: Dirk De
Micco, Chris Sanders, nach einer Idee von John Cleese
| M: Alan Silvestri | 98 min | OmU | 3D – Der Aufbruch
der Menschheit in die Zivilisation als erstaunlich unterhaltsamer Zeichentrickfilm mit subversiven Untertönen,
die nicht von Ungefähr an Monty Python erinnern: Die
Geschichte beruht auf einer Idee von John Cleese. Eine
Steinzeitfamilie muss ihre Höhle verlassen und sich auf
eine Odyssee durch eine Urwelt mit apokalyptischkargen Geröllgebieten, psychedelisch bunten 3D-Urwäldern und irrwitzigen Fantasie-Tieren begeben. »Durchweg lassen die Animatoren ihrer Fantasie freien Lauf;
so wie das Disney-Studio in seiner freiesten, avantgardistischsten Zeit in den Vierzigerjahren. Man möchte
ihre fantastische Welt gar nicht mehr verlassen; auch
und gerade nicht, als in ihr das Licht der Zivilisation
zaghaft zu leuchten beginnt. Was man auch als Metapher dafür betrachten kann, dass Bilderlust und Aufklärungswille einander nicht ausschließen müssen.« (Jens
Balzer)
▶ Dienstag, 1. April 2014, 18.30 Uhr
Pina | D 2011 | R+B: Wim Wenders | K: Hélène Louvart, Jörg Widmer | M: Thom Hanreich | Mit Azusa
Seyama, Andrey Berezin, Ales Cucek, Anna Wehsarg,
Dominique Mercy, Clémentine Deluy, Ruth Amarante,
Nayoung Kim | 103 min | 3D – Mit sparsam eingesetzten Bildern und Tondokumenten aus dem Leben von
Pina Bausch und mit für die 3D-Kamera getanzten persönlichen Erinnerungen der einzelnen Mitglieder ihres
Ensembles entstand ein bildgewaltiger und sinnlicher
Film, ein Werk der Bewunderung. »Das Kino hat den
Raum nie wirklich gekannt, der war immer fiktiv, fand
immer nur auf einer zweidimensionalen Leinwand statt,
wie bei jedem Maler. Erst in 3D gibt es den Raum als
Materie, als Grundstoff. Für den Tanz gibt es keine bessere mögliche Rezeption als 3D, und umgekehrt, auch
3D blüht durch den Tanz auf und zeigt, was es kann.
Man bewegt die Kamera nicht im Raum, der Raum
selbst wird bewegt. Durch unser dreidimensionales
Sehen denkt man ja, die Kamera bewegt sich in den
Raum, aber im dreidimensionalen Kino bewegt man
den ganzen Raum mit.« (Wim Wenders)
▶ Mittwoch, 2. April 2014, 18.30 Uhr
If Buildings Could Talk … | D 2010 | R+B: Wim Wenders | K: Jörg Widmer | M: Thom Hanreich | 26 min |
engl. OF | 3D – Ein lange Kamerafahrt durch das Rolex
Learning Center in Lausanne. »Gebäude, wie Menschen, sind der Zeit unterworfen und existieren in einer
dreidimensionalen Welt. Darum ist unser Film in 3D. Er
lädt ein umherzuwandern, Erfahrungen zu machen und,
ausnahmsweise, zuzuhören.« (Wim Wenders) – 3x3D |
Portugal 2013 | R+B: Peter Greenaway, Jean-Luc
Godard, Edgar Pêra | K: Reinier van Brummelen, JeanLuc Godard, Luís Branquinto | M: Marco Robino, Jorge
Prendas | D: Miguel Monteiro, Keith Davis, Leonor Keil,
Angela Marques, Nuno Melo | 62 min | OmeU | 3D – Im
Auftrag der portugiesischen Stadt Guimarães, die 2012
europäische Kulturhauptstadt war, entstand ein Episodenfilm, in dem drei Regisseure auf sehr unterschiedliche Weise mit den Möglichkeiten des 3D experimentieren. Während Greenaway Texte und Bilder zu räumlichen Collagen überlagert, setzt Pêra sich mit den Illusionen des Kinos auseinander und stellt Godard die
Möglichkeiten des Kinos in Frage, echtes Leben abbilden zu können.
▶ Freitag, 11. April 2014, 21.00 Uhr ▶▶ Dienstag,
15. April 2014, 18.30 Uhr
The Great Gatsby (Der große Gatsby) | USA 2013 | R:
Baz Luhrmann | B: Baz Luhrmann, Craig Pearce, nach
dem Roman von F. Scott Fitzgerald | K: Simon Duggan
3D-Filmfest
bereitet. – Robinzon Kruzo (Robinson Crusoe) | SU
1947 | R: Aleksandr Andrievskij | B: Aleksandr Andrievskij, Fëdor Knorre, Sergej Ermolinskij, nach dem
Roman von Daniel Defoe | K: Dmitrij Surenskij | M: Lëv
Švarc | D: Pavel Kadočnikov, Jurij Ljubimov | 75 min |
OmU | 3D – Der erste abendfüllende 3D-Film der Filmgeschichte wurde seinerzeit von Sergej Eisenstein
hochgelobt und als Zukunft des Kinos gefeiert. Andrievskij nutzt die Robinson-Crusoe-Geschichte, um
nahezu jede Szene auf Räumlichkeit zu inszenieren, mit
langen Kamerafahrten, ungewöhnlichen Perspektiven
und sorgfältig vorbereiteten Effekten. Erstaufführung
der digital restaurierten Fassung mit im 3D-Raum eingefügten deutschen Untertiteln.
37
3D-Filmfest
| M: Craig Armstrong | D: Leonardo DiCaprio, Tobey
Maguire, Carey Mulligan, Joel Edgerton, Adelaide Clemens | 142 min | OF | 3D – Luhrmann beschwört in
einer rauschhaften Farb- und Klangorgie das New York
der »Roaring Twenties«, in der sich das Liebesdrama
des Emporkömmlings Jay Gatsby abspielt. »Für mich
ist Fitzgeralds Roman ziemlich voyeuristisch. Beim
Lesen fühlt man sich wie die Fliege an der Wand: Man
gehört eigentlich nicht in diese Räume, in denen Menschen sich so intim und offen miteinander austauschen. Das ist für mich die Wirkung von Fitzgeralds
Prosa. Sie ist lebensnah, sie ist fühlbar. Und
3D kann die Intensität und Dramatik dieser Szenen
noch erweitern. Man rückt den Leuten auf den Leib.
Und genau das hat Baz Luhrmann mit 3D im Sinn. Was
nicht heißt, dass es nicht auch in den opulenten Partyszenen wunderbar funktioniert, wo Hunderte von Komparsen wie verrückt tanzen.« (Leonardo DiCaprio)
▶ Samstag, 12. April 2014, 21.00 Uhr
Falling in Love Again | Kanada 2003 | R+B: Munro
Ferguson | ohne Dialog | 3 min | Auf einem Song von
Marlene Dietrich basierender Zeichentrickfilm über
eine schicksalhafte Liebesgeschichte, die Grenzen von
Raum und Zeit überwindet. – Metallica Through the
Never 3D | USA 2013 | R+B: Nimród Antal | K: Gyula
Pados | Mit Dane DeHaan, James Hetfield, Lars Ulrich,
Kirk Hammett, Robert Trujillo, Kyle Thomson | 93 min |
OF | 3D – Ein aufwändig produzierter 3D-Konzertfilm
mit eingearbeiteten apokalyptischen Spielszenen. »Auf
einer Riesenplattform mit Flammenwerfern, Kränen
und Seilzügen gibt das kalifornische Quartett ein donnerndes Hard-Rock-/Heavy-Metal-Konzert mit ShowHighlights und Hits aus seiner nunmehr 32-jährigen
Karriere. Lars Ulrich trommelt wie ein Berserker und
GET A HORSE!
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Robert Trujillo traktiert seine fünfsaitige Bassgitarre
zwischen gespreizten Beinen, sodass es aussieht, als
würde er sein Gemächt kraulen. Visionäre Filmeinspielungen über albtraumhafte Abenteuer eines Laufburschen der Band sorgen für Abwechslung, bis das Geschehen im inszenierten Zusammenbruch der Bühnenkonstruktion gipfelt.« (Ralph Umard)
▶ Sonntag, 13. April 2014, 21.00 Uhr
Get a Horse! | USA 2013 | R+B: Laura MacMullan | M:
Mark Watters | 6 min | OF | 3D – Ein unbekannter
schwarzweißer Mickey-Mouse-Film aus den späten
1920er Jahren läuft auf der Leinwand. Plötzlich fällt
eine Figur aus der Leinwand heraus, und es entwickelt
sich ein furioses Spiel in 3D und Farbe über Filmillusion
und Kinorealität. – Frozen (Die Eiskönigin) | USA
2013 | R: Chris Buck, Jennifer Lee | B: Jennifer Lee,
frei nach dem Märchen »Die Schneekönigin« von Hans
Christian Andersen | K: Scott Beattie | M: Christophe
Beck | 102 min | OF | 3D – Der erfolgreichste DisneyZeichentrickfilm seit vielen Jahren ist ein perfekt choreographiertes 3D-Märchen mit eingängigen Songs,
stimmigen Charakteren und geradezu greifbaren Eisund Schneelandschaften. »Wie in einem Musical bewegen sich die Figuren durch die Räume und eignen
sich diese an, etwa die quirlige Prinzessin, die sich mit
dem zur Krönung angereisten Prinzen ein schmissiges
Duett liefert. Überhaupt findet Die Eiskönigin zu Bildern,
die mit den gut platzierten Songs buchstäblich in Einklang stehen.« (Michael Pekler)
▶ Mittwoch, 16. April 2014, 18.30 Uhr
Nein, das geht nicht, dieses Gelb geht gar nicht. Da
sind die Damen und Herren von der Uni Potsdam sich
einig. Sind ganz entschieden. Diese hellgelben Verkleidungen, die die Architekten sich für die Fassaden ihres
Instituts ausgedacht haben, gefallen ihnen nicht. Die
Architekten vor der Fassade: ratlos. Viele Tage haben
sie überlegt und probiert, verschiedene Variationen
durchgespielt. Nun sind sie an einem Schnittpunkt, wo
ihre Arbeit auf die Auftraggeber, auf die Gesellschaft
trifft. Auf Konformität, Geld, Macht. Die Architekten
sind die des Büros Sauerbruch Hutton in Berlin, beobachtet von Harun Farocki in seinem neuen Film.
Es gibt verschiedene solche Schnittstellen im Programm der diesjährigen 14. Architekturfilmtage, an
denen sich das Spielerische der Architekturarbeit, Kreativität und Imagination, mit der Wirklichkeit konfrontiert
sieht. An denen sich Fragen über ihre Aufgaben, ihre
Verantwortung, ihr Selbstverständnis stellen.
»Living [In] Houses«: Muss ein Haus für ein ganzes
Leben gebaut sein? Wie soll man die Mobilität der Bewohner berücksichtigen, wenn nach zwanzig Jahren
einer der Lebenspartner ausziehen will, wird in ExHIBITION gefragt. Wie gehören die Visionen des Kinos, die
frühen zumal, mit denen der Architektur zusammen?
Wo sind die Grenzen zwischen filmischem Dekor und
architektonischer Wirklichkeit? Das kann man in L’INHUMAINE studieren. Wie funktionieren living houses,
Häuser als Performance, das Innere mit dem Außen
vermittelnd, das Leben und die Blicke. Wie kommt Architektur zur Darstellung, welche Rolle spielen dabei
Perspektive und Fotografie, und ist den Bauten womöglich heute von Anfang an der Blick der Kamera eingeschrieben? Und: Welche Rolle spielt die Rekonstruktion
in der Architektur, der Zerfall und die Erneuerung?
Die Inspiration, das zieht sich durch alle Filme, kann ein
hartes Geschäft sein. Die berüchtigten knallharten Architekturwettbewerbe, denen sich die Stars des Gewerbes aussetzen müssen, zeigen: Professionalität hat
ihren Preis. Inspiration ist teuer erkauft, immer belebt
auch hier die Konkurrenz die Kreativität, bis hin zum
Trauma: »We must beat Gehry. Beat Gehry!«
Ein Programm der Bayerischen Architektenkammer in Zusammenarbeit mit dem Filmmuseum München.
The Competition | Spanien 2013 | R+B: Angel Borrego Cubero | K: Gaël Urzáiz, Loreto García, Sara Verd,
Simon Lund, Angel Borrego Cubero | M: Cesar Bartolomé | 100 min | engl. OF – Fünf Star-Architekten. Eine
Regierung. Die besten Absichten. Und dann …? Frank
Gehry, Jean Nouvel, Zaha Hadid, Dominique Perrault
und Norman Foster beteiligen sich am Wettbewerb um
den Bau des Nationalen Kunstmuseums in Andorra.
Drei Monate zur Vorbereitung der Entwürfe – die Meister und ihre Büros plagen sich, entwerfen Strategien,
kämpfen. Die Präsentation vor der Jury schließlich, an
Architekturfilmtage
SAUERBRUCH HUTTON ARCHITEKTEN
Architektur – Perspektive und Arbeit
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▶ Freitag, 4. April 2014, 18.30 Uhr | Zu Gast: Angel Borrego Cubero
Architekturfilmtage
Sauerbruch Hutton Architekten | D 2013 | R+B:
Harun Farocki | K: Ingo Kratisch | 73 min – Wie arbeitet
ein internationales Architekturbüro, das sich in den
höchsten Sphären ästhetischer Gestaltung bewegt? In
Wettbewerbs-, Planungs- und Realisierungsphasen
müssen Ideen immer wieder abgewogen, hinterfragt,
modifiziert, präsentiert werden: Aushandlungsprozesse
und Sprechhierarchien. Am Ende die Frage: Do we like
it? »Die Bauwerke der Architekten Sauerbruch und Hutton gefallen mir. Sie sind auf ökologische Effizienz aus
und gehen mit Einfällen verschwenderisch um. Sie sind
spielerisch ohne jede Beliebigkeit. Sie sind ohne jede
Dogmatik der Formensprache der Moderne verpflichtet.
Das Büro von Matthias Sauerbruch und Louisa Hutton
befindet sich in Berlin-Moabit in einem umgebauten
Kasernengebäude. Etwa 60 Personen arbeiten in der
Firma, und sie waren während der Dreharbeiten (Juli
bis Oktober 2012) mit rund 20 Projekten befasst. Das
größte Vorhaben war ein Wettbewerb um den Bau mehrerer Hochhäuser in Frankreich mit Büros und Wohnungen. Die kleinsten in der Entwurfsphase bearbeiteten
Gegenstände waren Tür- und Fensterklinken.« (Harun
Farocki)
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▶ Freitag, 4. April 2014, 21.00 Uhr
LUCIEN HERVé
Lucien Hervé - Photographe malgré lui | B 2012 |
R+B: Gerrit Messiaen | K: Igor De Baecke, Gerrit Messiaen, Jan Weynants, Maarten Ameloot | M: Ward
De Vleeschhouwer | 55 min | OmeU – Lucien Hervé
(1910–2007) war einer der einflussreichsten Architekturfotografen, dessen Bilder Fotografen wie Architekten
inspirierten. Er war Hausfotograf und Freund von Le
Corbusier, und seine Aufnahmen strahlten mitunter
eine größere Poesie aus als die Gebäude selbst. Mit Le
Corbusier, der in Hervé die »Seele des Architekten«
sah, reiste er um die Welt. Daneben fotografierte er für
Architekten wie Marcel Breuer, Oscar Niemeyer, Alvar
Aalto und Künstler wie Henri Matisse und Fernand
Léger. Hervé gibt Einblicke in seine künstlerische
Arbeitsweise und schaut auf ein bewegtes Leben zurück. – Architekturfotografie, Mies van der Rohe
und Neues Bauen | D 2013 | R+B: Dieter Reifarth | K:
Rainer Komers | 42 min – Ohne die Fotografie wäre die
Geschichte der modernen Architektur anders verlaufen.
Die wenigsten Menschen sehen die kanonischen Bauwerke in natura, die meisten kennen sie nur von Abbildungen. Die Fotografie steht zwischen dem Bau und
dem Betrachter. Das Haus Tugendhat wurde durch die
© Rudolf de Sandalo
einem hektischen Tag mitten im Wahlkampf, ist ein
großes Medienereignis in dem kleinen Land. Der Film
verfolgt den Wettbewerb sehr detailliert, fast schmerzhaft rau und genau, und bietet faszinierende Studien zu
Persönlichkeit, Charakter, Strategien und Unterhaltungsqualitäten der Architekten.
Bilder von Rudolf de Sandalo kanonisiert. Er legte die
Perspektiven fest, wie das Haus bis heute abgebildet
wird, und suggerierte mit seiner Darstellung der Interieurs ein Wunschbild der Lebenswirklichkeit. Ausgehend von Überlegungen zu Spiritualität und Pragmatismus im Denken und im Werk Mies van der Rohes folgen dann einige Anmerkungen zum »Neuen Bauen«:
der Weg vom Solitär zum Massenwohnungsbau, der
historische Kontext und die sozialutopischen Ansprüche zwischen dem Vorschreiben einer neuen Lebensform und dem Respekt vor dem Subjekt.
▶ Samstag, 5. April 2014, 18.30 Uhr
L’Inhumaine (Die Unmenschliche) | F 1924 | R: Marcel L’Herbier | B: Pierre Mac Orlan | K: Georges Specht
| D: Georgette Leblanc, Jaque Catelain, Philippe Hériat,
Léonid de Malte | 134 min | OmU – Eine phantastische
Geschichte um eine berühmte Sängerin, die in einem
ultramodernen Haus wohnt, und einen Erfinder, der in
seinem futuristischen Labor in einem Turmhaus Tote
wieder zum Leben erweckt. Marcel L’Herbier wollte
einen Querschnitt des Schaffens der französischen
Künstleravantgarde im Medium Film bieten, einen »Katalog« der neuesten Trends in Kunst und Architektur.
▶ Samstag, 5. April 2014, 21.00 Uhr | Live-Musik: Joachim Bärenz | Einführung: Hermann Barth
Precise Poetry – Lina Bo Bardi’s Architecture |
Österreich 2013 | R+B: Belinda Rukschcio | K: Benjamin Paya | 55 min | port. OmeU – Lina Bo Bardi (1914–
Architekturfilmtage
▶ Sonntag, 6. April 2014, 18.30 Uhr | Zu Gast: Belinda
Rukschcio
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Haus Tugendhat – Die Restaurierung | D 2013 |
R+B: Dieter Reifarth | K: Rainer Komers, Kurt Weber |
Kommentar: Peter Nestler | 90 min | Das Haus Tugendhat im tschechischen Brno ist ein Solitär moderner Architektur. Es verkörpert den sozialutopischen Anspruch
des Architekten Mies van der Rohe und den weltoffenen großbürgerlichen Lebensentwurf seiner Auftrag-
PRECISE POETRy
Die Dekors wurden von Alberto Cavalcanti, Fernand
Léger und Claude Autant-Lara entworfen. Wichtigster
Gestalter und »Szenenbildner« jedoch war Robert Mallet-Stevens, der hier – noch bevor er seine ersten »richtigen« Bauten (Villa Noailles, Villa Cavrois, die Häuser in
der Rue Mallet-Stevens in Paris) realisieren konnte –
die Häuser der Sängerin und des Erfinders imaginierte
und dabei seiner Phantasie freien Lauf ließ. Adolf Loos
schrieb: »Der Architekt – es ist Frankreichs modernster
Baukünstler Mallet-Stevens – hat mit dem Filmkünstler
atemraubende Bilder gestellt, ein hohes Lied auf die
Monumentalität der modernen und utopistischen Technik … Die grenzenlose Tiefe des Raumes, das an
Wahnsinn grenzende Treiben des Ingenieurs … Diese
Augenwirkung grenzt ans Musikalische, und Tristans
Ausruf wird wahr: ›Hör ich das Licht?‹«
1992) schuf Poesie durch architektonische Präzision.
Enttäuscht über den Konservatismus in ihrer Heimat Italien nach dem faschistischen Regime, fand sie 1957 in
Brasilien eine neue Heimat und etablierte sich dort als
die wichtigste Architektin ihrer Zeit. Bo Bardis Kollegen
und Freunde erzählen von den soziopolitischen Bedingungen und den persönlichen Ereignissen, die die Zeitlosigkeit ihres Werks bestimmen. Die filmische Reise
zu den Bauten in São Paulo und Salvador da Bahia versucht die Frage zu beantworten, was von einer Person
bleibt in dem Werk, das sie hinterlässt. – Eileen Gray –
Einladung zur Reise | D 2006 | R+B: Jörg Bundschuh
| K: Roland Wagner | 60 min | Eileen Gray (1878 –
1976) war ihrer Zeit immer weit voraus. Aus einer
irisch-schottischen Adelsfamilie stammend, ging sie
zum Studium nach London, dann nach Paris. Hier feierte sie ihre beruflichen Erfolge und führte seit 1902
das freie Leben einer unabhängigen Frau. Sie liebte
Männer und Frauen, Autos, Flugzeuge, Schiffe und das
Reisen – und sie revolutionierte unsere Vorstellung
vom Wohnen. Als Architektin schuf sie eines der
berühmtesten Privathäuser des 20. Jahrhunderts: ihr
eigenes Domizil E1027. Der große Architekt Le Corbusier war von diesem Haus so fasziniert, dass es ihn
bis zu seinem Lebensende nicht mehr losließ.
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Fynbos | Südafrika 2012 | R: Harry Patramanis | B: Jonathan Kyle Glatzer, Harry Patramanis | K: Dieter Deventer | M: Constantino Kyriakos | D: Jessica Haines,
Warrick Grier, Susan Danford, Sthandiwe Kgoroge,
Cara Roberts | 96 min | OF – »Meryl wirft in einer südafrikanischen Township ihre offizielle Identität in den
Abfall und gibt damit ein erstes Rätsel auf. Ihr Mann Richard ist Makler, auf der Suche nach Käufern für ein
Traumhaus. Die Villa Fynbos (gebaut von Sarah Calburn Architects) fügt sich gläsern und transparent in
die Hügel des Westkap, mit einer für das menschliche
Auge kaum fassbaren Schönheit. Das Haus steht zwischen Himmel und Erde, fast wie der blinde Fleck der
Wahrnehmung auf der Netzhaut, und übernimmt
genau diese Funktion als Schauplatz des Dramas.
Plötzlich verschwindet Meryl. Der blinde Fleck weitet
sich aus und öffnet die immer rätselhafter werdende
Geschichte für Deutungen, die sich von innen und
außen in das Geschehen drängen.« (Dorothee Wenner)
»Man sagt, dass Regisseure Geschichten erzählen. Ich
würde eher sagen, dass sie Räume gestalten. Als Filmemacher schafft man Orte, die nicht existieren. Man
kreiert Umstände, in denen sich die Seele einer Geschichte entfalten kann. FYNBOS kreist um Abwesenheit, Fortgehen, um leeren Raum; um das Gefühl, alles
verloren zu haben, nichts mehr zu besitzen, nichts
mehr zu fühlen. Das Haus ist selber eine Figur, die
einen Wandel durchmacht – zuerst ein Wunschobjekt,
später ein Käfig, ein Goldfischglas. Die Natur und der
Himmel strahlen wie das Paradies, ehe sie sich verfinstern und verdüstern.« (Harry Patramanis)
▶ Dienstag, 8. April 2014, 18.30 Uhr
Exhibition | GB 2013 | R+B: Joanna Hogg | K: Ed Rutherford | D: Viv Albertine, Liam Gillick, Tom Hiddleston
| 104 min | OF – »Ein Künstlerehepaar und ihr Designerhaus in London (Entwurf und Bau 1969 von James
Melvin, Neugestaltung 1995 von Sauerbruch Hutton Architekten) stehen im Zentrum des Films. Sie sind reich,
ExHIBITION
Architekturfilmtage
▶ Sonntag, 6. April 2014, 21.00 Uhr | Zu Gast: Dieter
Reifarth, Ivo Hammer
kinderlos und unabhängig. Er möchte nach 20 Jahren
in dem Haus jetzt woanders wohnen, ihr fällt der Abschied vom Haus sehr schwer. Der Film balanciert brillant zwischen ›Szenen einer Ehe‹ und einer subtilen
Künstlerparodie. Die Kamera vermittelt kongenial die
formale Strenge des H House mit seinen raumhohen
Fensterfronten, der stählernen Wendeltreppe, den Faltwänden und Einbauschränken. Momente der Verzweiflung und Sentimentalität: Die Frau erklärt einer Freundin, sie fühle sich geborgen in dem Haus, weil es imprägniert sei von der glücklichen Ehe des Architektenpaares, das es gebaut und bis ins hohe Alter darin gelebt hat. Die beiden führen keine glückliche Ehe, sie ist
bestimmt von Gewohnheit und Abgrenzung. ExHIBITION ist als Titel ebenso clever und mehrdeutig wie der
Film. Das Wort bedeutet einerseits ›Ausstellung‹, ist
aber auch das Gegenteil von ›Inhibition, Gehemmtheit‹,
und es umfasst neben den Zuständen der Frau und des
Mannes auch die Zustände des Hauses, das mit seinen
offenen Glasfronten und den vielen Jalousien und Zugvorhängen zugleich Schaufenster, Ausguck und Black-
H House London © Hélène Binet
geber Grete und Fritz Tugendhat. Das Haus, das zum
UNESCO-Weltkulturerbe gehört, wurde 2010 bis 2012
umfassend restauriert. Der Film begleitet die Arbeiten,
beobachtet im Wechsel der Jahreszeiten die Stadien
der Restaurierung und erzählt vom Ineinandergreifen
der einzelnen Gewerke, von traditionellem Handwerk
und moderner Bautechnik. Er beobachtet die Metamorphosen eines Bauwerkes zwischen Verfall und Wiederherstellung, Bewahren und Verändern.
box sein kann. Ein sehr sorgfältig konzipierter, geschriebener und umgesetzter Film, ebenso sehr Kunstdiskurs wie Kunstobjekt.« (Michael Sennhauser) »Wie
Architektur das Verhalten diktiert, die Beziehung der
beiden formt. Der Film handelt auch davon, wie diese
Beziehung jenseits des Hauses weiterleben könnte. Die
Vorstellung, ein ganzes Leben in nur einem Raum zu
verbringen, ist erschreckend.« (Joanna Hogg)
▶ Mittwoch, 9. April 2014, 18.30 Uhr
INTERVISTA
Federico Fellini
Retrospektive Federico Fellini
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Gauner, Engel und Dolce Vita
Manche Filmemacher zeichnen sich durch einen derart
prägnanten und eigenwilligen Stil aus, dass man sie
relativ rasch identifizieren kann: Fassbinder, Hitchcock,
Dreyer, Bresson, Bergman, Antonioni, und nicht zuletzt
Fellini. Man zappt durchs TV-Programm, landet in
einem Spielfilm und ist sich schon nach wenigen Bilderfolgen sicher: Das muss ein Fellini sein! Was ruft
diese Gewissheit hervor? Was nennen wir felliniesk?
Markante Gesichter in Großaufnahmen, die wie mit
staunenden Kinderaugen gesehen sind. Eine Erzählmelodie, die unversehens von Melancholie ins Melodramatische moduliert und von dort ins Groteske. Die
Stille nächtlicher Gassen, in denen Glockenläuten widerhallt, kontrastiert mit der Turbulenz von Feier, Fest,
Party. Es dauert bei Fellini nie lang, bis jemand zu tanzen anfängt, am liebsten Cha-Cha-Cha oder Mambo.
Pulsierendes Leben, dem der Puls gefühlt wird. Frauengestalten zwischen mädchenhafter, engelsgleicher Unschuld und exzentrischer Attraktion. Und immer
schwingt eine Sehnsucht nach Verwandlung, Erlösung
oder Wunder mit.
Motive und Themen, die sich früh ankündigen, schon
in Roberto Rossellinis IL MIRACOLO. Fellini schrieb
dafür die Story und stellte sich sogar als Darsteller zur
Verfügung. Er spielt – die Haare blondiert und hübsch
gewellt – einen Wanderer, der die naive Nanni (Anna
Magnani), Ziegenhirtin in einem süditalienischen Bergdörfchen, mit einer Flasche Chianti trunken macht und
schwängert. 1948 gedreht, der zweite Teil von Rossellinis Diptychon L’AMORE, das »der Kunst Anna Magnanis« gewidmet ist. Der erste Teil, UNA VOCE HUMANA,
bietet ein fulminantes Magnani-Solo nach einem Einakter von Jean Cocteau. Zentrale Figur von IL MIRACOLO
ist Nanni, eine geistig zurückgebliebene junge Frau,
eine Verrückte, eine Art »heilige Närrin« aus der Familie
jener Figuren, die Fellini in seinem Œuvre – von der
Gelsomina (Giulietta Masina) in LA STRADA bis zur Narrenfigur Ivo (Roberto Benigni) in seinem letzten Film LA
VOCE DELLA LUNA – besonders liebt und mit einer
Poesie der Verrücktheit ausmalt.
Nanni fällt deshalb auf den fremden Wanderer herein,
weil er genau so aussieht wie der Heilige Josef am
Josefs-Altar der Dorfkirche. Eine Wundererscheinung!
Federico Fellini
Für Nanni ist er der leibhaftige Heilige Josef, und das
Kind, das sie unter ihrem Herzen trägt, muss das Erlöserkind sein. Als sie das lautstark verkündet, wird sie
von den Dorfbewohnern grausam verspottet und davongejagt. Einsam und allein bringt sie das Kind zur
Welt, und hier ereignet sich dann das eigentliche Wunder, wenn Nanni plötzlich ruhig wird, alle Verrücktheit
abstreift, mit der schlichten Fürsorge einer Mutter das
Neugeborene an ihre Brust legt, und also ikonographisch ein Marienbild darbietet. Wunder ereignen sich
bei Fellini nicht als übernatürliche Spektakel, sondern
als schlicht-natürliche Momente des menschlichen Zusich-selbst-Findens.
Wenn Fellini in einer Episode von LA DOLCE VITA das
Riesenspektakel einer Marienerscheinung in Szene
setzt, dann durchaus mit Lust an satirischer Überzeichnung und Aufblähung, »seinen Gongorismus pflegend«
(Ennio Flaiano). Aber die Gläubigen nimmt er in Schutz.
Deren Ergriffenheit wird nicht diffamiert, auch wenn die
erflehten Wunder nicht eintreffen. In LE NOTTI DI CABIRIA nimmt die Titelheldin, eine Prostituierte vom Stadtrand Roms, an einer Marienwallfahrt teil. Inständig bittet sie die Mutter Gottes um das Wunder, dass sich ihr
mühseliges, von bitteren Demütigungen gezeichnetes
Leben doch mit einem Schlag zum Guten wenden
möge. Dieses Wunder bleibt aus und es folgt ein herzzerreißender Moment der Enttäuschtheit, den Giulietta
Masina in ihrer komödiantischen Kindfrau-Manier unvergesslich macht. Der schreckliche Augenblick, in
dem sich Cabiria auch noch von der Gottesmutter im
Stich gelassen fühlt. Wie ein Wunder aber erscheint
dann das Finale, wenn Cabiria nach ihrer schlimmsten
Erniedrigung durch den Wald stolpert und auf eine
Gruppe singender und tanzender junger Leute trifft. Sie
reiht sich in deren Reigen ein und lächelt in die Kamera.
Sie lässt sich vom festlichen Strom des Lebens tragen,
und dass sie dazu die innere Kraft findet, ist das Wun-
Federico Fellini bei Dreharbeiten zu LA STRADA
44
der. Auch in OTTO E MEZZO, der Geschichte einer
künstlerischen Schaffenskrise, wird zum Schluss Ringelreihen getanzt. Der Rundtanz als Mandala der Versöhnung mit dem Leben.
***
Federico Fellini (1920–1993) wuchs in Rimini auf, »eingezwängt zwischen Faschismus und Katholizismus«
(Tullio Kezich). Zeichnerisch begabt verschaffte er sich
Luft mit Karikaturen und Comicstrips. Als er 18jährig
nach Rom übersiedelte, reüssierte er mit seinen Zeichenkünsten bei Satire-Journalen und Tageszeitungen.
Er verfasste tagebuchartige Kolumnen, arbeitete fürs
Radio, lernte dort die junge Schauspielerin Giulietta
Masina kennen und heiratete sie 1943. Er entwarf
Varieté-Shows, schrieb Drehbücher, war Assistent Rossellinis bei dessen Neorealismus-Klassikern ROMA
CITTÀ APERTA und PAISÀ. Fellini war also dabei, als
das italienische Kino nach 1945 wie Phoenix aus der
Asche erstand, ein Kino, das sich programmatisch
gegen das Heldenpathos und den Romanzen-Zuckerguss des Kinos der Mussolini-Ära absetzte. Er fasste
seinen Wirklichkeitsbegriff allerdings weiter als die
strengen Neorealismus-Theoretiker: »Nicht nur die gesellschaftliche Realität soll vorurteilsfrei geschildert
werden, auch die geistige Realität, die metaphysische
Realität, alles, was in einem Menschen vorkommt.«
Seine ersten beiden Filme – die Varieté-Hommage
LUCI DEL VARIETÀ (in Co-Regie mit Alberto Lattuada),
und die Komödie einer Desillusionierung LO SCEICCO
BIANCO – fanden wenig Publikumsresonanz. Aber die
nächsten beiden, in denen er Giulietta Masina groß
herausbrachte, LA STRADA und LE NOTTI DI CABIRIA,
wurden glänzenden Erfolge bei Publikum und Kritik,
übertroffen nur noch vom internationalen Siegeszug
von LA DOLCE VITA. Mit dem autobiographischen I VITELLONI fand er zu seiner Handschrift, mit LA DOLCE
VITA formte er sie meisterlich aus: Fellinis Geniestreich,
der mit seiner Lebendigkeit und erzählerischen Freiheit
aus allen Nähten zu platzen scheint. Ein Füllhorn an
funkelnden Charakterporträts und prophetischen Schilderungen einer dekadenten, aus den Fugen geratenden Gesellschaft im Übergang von der Nachkriegszeit
zur Wirtschaftswunder-Ära. Marcello Mastroianni als
Marcello Rubini: römischer Boulevard-Journalist und
Weiberheld, der seine schriftstellerischen Ambitionen
aufgesteckt hat und sich im Milieu der MöchtegernPromis, der abgewrackten Adligen und zwielichtigen
Neureichen tummelt. An seiner Seite der Fotograf Paparazzo, der zum Namensgeber aller sensationslüsternen Boulevard-Fotografen werden sollte.
An LA DOLCE VITA lässt sich beispielhaft studieren,
Filmregisseurs Guido, der wieder von Marcello Mastroianni – hier als offensichtliches alter ego Fellinis – verkörpert wird. Mit OTTO E MEZZO beginnt eine Schaffensphase, in der sich Fellini – inspiriert von der Begegnung mit C. G. Jungs Traumtheorie und Archetypenlehre – den inneren Welten von Kindheitserinnerung,
Traum und der Erkundung des Unterbewusstseins zuwendet. Dabei entwirft er in Studioproduktionen mächtig ausgreifende surreale Bilderwelten und die Projektionen magischer Phantasmen. So in GIULIETTA DEGLI
SPIRITI, wo sich alles um die Identitätskrise einer Frau
mittleren Alters dreht, oder in SATYRICON, einer sehr
freien, traumnahen Interpretation des antiken Schelmenstücks von Petronius. In LA CITTÀ DELLE DONNE
und CASANOVA widmet er sich dabei auch der radikalsten Demontage traditioneller Männerbilder.
***
Noch eine andere Demontage findet in Fellinis späteren
Filmen statt, die der Orte. Seine frühen Filme faszinieren auch deshalb, weil sie ein Bild der Orte – ob Provinzstadt oder Rom – mit ihren kontrastierenden Milieus und pulsierenden Lebensrhythmen ergeben. Spä-
Federico Fellini
Wesen. Innerstes Thema aller Fellini-Filme ist die
Suche nach Inspiration und Schöpfertum, nach Erfindungskraft und gestalterischer Lebendigkeit. Das
männliche Potenz-Thema in künstlerischem Zusammenhang. Wenn die Inspiration ausbleibt, versiegt das
Schöpferische und der Künstler stürzt in die Krise.
Davon erzählt OTTO E MEZZO: Krise des renommierten
Giulietta Masina und Federico Fellini mit dem Oscar für LE NOTTI DI CABIRIA
was man Fellinis ekstatische Erzählform nennen
könnte. Nicht nur, dass hier – wie bei allen Fellini-Filmen – fortwährend Partys, Volksfeste, religiöse Feiern
oder auch private Orgien stattfinden, die Episoden folgen prinzipiell einer Rausch-Ernüchterung-Logik und
zeichnen eine feierdramaturgische Wellenbewegung:
zuerst die Ansammlung von Personen und Energien,
sodass sich das Geschehen aus der Prosa des Alltags
erhebt, sich dann auftürmt, aufgipfelt, und schließlich
abbricht in einen Augenblick der Ernüchterung und
Desillusionierung.
Wenn Sylvia (Anita Ekberg), ein US-Starlet vom Typus
Sexbombe, in Rom eintrifft, dann gibt es zuerst einige
nächtliche Partyszenen in antikem Ambiente mit ChaCha-Cha und Rock’n’Roll (der junge Adriano Celentano), dann entführt Marcello Sylvia in seinem Sportwagen. Sylvia, berauscht von Rom, Wein und Tanz, antwortet dem Hundegebell am Stadtrand mit Wolfsgeheul, streift mit Marcello durch Altstadtgassen und findet ein kleines, schneeweißes Kätzchen, das sie sich
auf den Kopf setzt. Fellini kostet alle Situationen bis zur
Neige aus. Und dann – man hört den Stundenschlag
der Kirchenglocken – die berühmteste aller Szenen:
das Bad im Trevi-Brunnen. Marcello will Sylvia küssen,
sie tupft ihm Wasser wie bei einer Taufe aufs Haar, und
an dieser Stelle wird plötzlich die Wasserzufuhr des
Brunnens abgestellt. Der Tag bricht an. Ernüchterung.
Fellini der Nacht-Mensch. Er liebte das Geheimnis der
Nacht. Erstaunlich, wie er in dieser DOLCE-VITA-Nacht
einer eigentlich banalen Starlet-Erscheinung nahezu
naturdämonische Züge verleihen kann. Tatsächlich erscheint Sylvia vor der Brunnenkulisse mit Felsenlandschaft, Götterstatuen und Wasserfall in ihrem langen
Abendkleid wie eine Meeresnixe. Eine der berühmtesten Szenen der Filmgeschichte, auch eine Szene, an
die Fellini sich selbst immer wieder erinnern wird, zum
Beispiel in seinem INTERVISTA, wo sich Marcello Mastroianni und Anita Ekberg – dreißig Jahre nach dem
Dreh zu LA DOLCE VITA – noch einmal treffen und Japanern das Trevi-Brunnen-Mirakel vorführen.
***
Das Verhältnis von Mann und Frau ist bei Fellini unter
moralischer Perspektive eindeutig: Der Mann ist der
Betrüger, die Frau die Betrogene. Der Mann ist auch
Repräsentant der gesellschaftlichen Dimensionen von
Lüge, Korruption und Verrat. Die Frau aber ist in ihrem
Wesenskern der moralischen und gesellschaftlichen
Sphäre entrückt und erscheint als Naturereignis. Vornehmlich zeigt sie sich in den drei Erscheinungsformen,
die dem Künstler-Mann am besten zur Inspiration dienen können: als Engel, Muse oder dämonisches
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Federico Fellini
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ter zerfasern die Ortsbilder ins Alptraumhafte. Und das
nicht nur, weil sich die meisten Filme ab OTTO E
MEZZO vor allem in Traumprojektionen und Phantasmen ergehen, auch weil nun die realen Orte als lärmendes, von der Vulgarität der TV- und Werbebilder –
siehe GINGER E FRED – dominiertes Chaos erscheinen.
Man vergleiche die Intros von LA DOLCE VITA und
ROMA. Ersterer gibt zu Beginn vom Hubschrauber aus
(an dem eine Statue des segnenden Erlösers hängt)
eine Stadtübersicht: von Außen nach Innen, von den
Neubausiedlungen der Außenbezirke bis zum Petersplatz. In ROMA aber wird die Einfahrt in die Stadt zur
Reise durch eine Vorhölle: Sturm, Regen, Unfälle, Feuersbrünste, bizarre Szenerien am laufenden Band. Rom
als Riesenbaustelle und Lärmhölle. Die Welt ist aus den
Fugen geraten.
Fellini empfand Sympathie mit der Protestbewegung
der Jugend in den späten 1960er Jahren. Hoffnungen
auf gesellschaftliche Erneuerungen keimten, verflogen
aber rasch wieder, als die Revolte in Dogmatismus und
Terrorismus abdriftete. Im Drehbuch von PROVA D’ORCHESTRA (die Geschichte eines chaotischen Orchesteraufstands) notierte er: »Ist das Musik, was jeder aus
sich herausholt, indem er mit den anderen zusammen
ein eigenes Leben lebt, oder gibt es mit dem Leben der
anderen nur rasenden Lärm?«
In seinem letzten Spielfilm, LA VOCE DELLA LUNA,
wendet sich der Held – die Symbolfigur poetischer
Narrheit und Dissidenz – von den Menschen und ihren
nur noch lärmenden Festen ab. Er flieht das GnocchiFest und den Krawall der Diskothek, um den leisen
Stimmen, die er aus dem vom Licht des Mondes erhellten Brunnen hört, zu lauschen.
Fellinis Œuvre ist eine Schatzkammer magischer Bilder
und grandios gezeichneter Figuren. Seine 24 Filme verweben auf eigenwilligste Weise Realität und Fantasie,
Antike und Moderne, das persönliche Bekenntnis und
die Diagnose der Zeit. Im Gruppenbild der italienischen
Filmemacher, die aus dem Neorealismus hervorgingen
– Rossellini, Visconti, Antonioni, de Sica, Pasolini – war
Fellini der populärste und der »italienischste«. Bei seiner Beerdigung 1993 in Rom säumten Tausende die
Straßen.
Rainer Gansera
Che strano chiamarsi Federico! (Wie seltsam, Federico zu heißen!) | Italien 2013 | R: Ettore Scola | B:
Ettore, Paola und Silvia Scola | K: Luciano Tovoli | M:
Andrea Guerra | D: Tommaso Lazotti, Maurizio De Santis, Giacomo Lazotti, Giulio Forges Davanzati, Ernesto
d’Argenio | 93 min | OmeU – Deutsche Erstaufführung
eines sehr persönlichen und bewegenden Porträts von
Federico Fellini. »Zum 20. Todestag von Federico Fellini beschwört sein Kollege und Freund Ettore Scola
aufs Wunderbarste den Kosmos des großen KinoMagiers. Eine mitreißende Montage von Spielszenen,
Dokumentarmaterial und Ausschnitten aus alten Filmen holt Fellinis wohl bis heute einmalig zu nennende
Kunst des Erzählens für das Kino in die Gegenwart. Tatsächlich rührt dieser Film Leute, die Fellinis Filme noch
zur Zeit ihrer Entstehung gesehen haben, ungemein.«
(Peter Claus) «Scolas geschickte Kombination von
Spielszenen mit Archivmaterial ist weder ein biopic
noch eine kritische Analyse, sondern eine filmische
Reminiszenz und einfallsreiche Hommage an Fellinis innere Welt durch einen Freund, der selbst ein meisterhafter Filmemacher ist.« (Deborah Young)
▶ Donnerstag, 17. April 2014, 19.00 Uhr
Il miracolo (Das Wunder) | Italien 1948 | R: Roberto
Rossellini | B: Federico Fellini, Tullio Pinelli, Roberto
Rossellini, nach der Novelle »Flor de Santidad« von
Ramón Maria Del Valle Inclán | K: Aldo Tonti | M: Renzo
Rossellini | D: Anna Magnani, Federico Fellini, Peparuole | 34 min | OmU – Eine Episode aus L’AMORE, in
der der junge Fellini als Schauspieler auftritt: Als Fremder, der sich als der heilige Josef ausgibt, missbraucht
er eine einfache Ziegenhirtin. – Francesco, giullare di
Dio (Franziskus, der Gaukler Gottes) | Italien 1950 |
▶ Freitag, 18. April 2014, 21.00 Uhr
Luci del varietà (Lichter des Varieté) | Italien 1950 |
R: Federico Fellini, Alberto Lattuada | B: Federico Fellini,
Alberto Lattuada, Tullio Pinelli, Ennio Flaiano | K: Otello
Martelli | M: Felice Lattuada | D: Peppino De Filippo,
Carla del Poggio, Giulietta Masina, John Kitzmiller, Giulio Cali | 93 min | OmU – Fellinis erster Film als Co-Regisseur ist die mit viel Sympathie erzählte komödiantische Geschichte einer Wandertruppe aus dem Varieté.
Eine der Hauptrollen spielt seine Frau Giulietta Masina,
die den moralischen Mittelpunkt des Films bildet, da
sie sich und den anderen treu bleibt – eine Funktion,
die sie in Fellinis Filmen noch häufiger einnehmen wird.
»Der Film weist bereits Aspekte auf, die später für Fellini wichtig werden sollen. Er hat eine bittere Süße,
blickt auf gesellschaftliche Randfiguren, die nicht sesshaft werden und enthält musikalische Einlagen. Wie
viele Protagonisten seiner späteren Filme kommen
auch diese aus der Provinz, zeigen Widerstandskraft in
ausweglosen Situationen und bewundern, wie ihr
Schöpfer, die gesellschaftliche Oberschicht.« (Chris
Wiegand)
Während Wanda aus Scham ins Wasser gehen will,
lässt sich der grotesk pedantische Ehemann, der in den
nächtlich Gassen Roms vergeblich nach ihr sucht, von
einer Prostituierten trösten. Fellinis Regiedebüt. Nach
einer Idee von Michelangelo Antonioni. Kurzer Auftritt
von Giulietta Masina als Prostituierte Cabiria, die sie
fünf Jahre später in einer Titelrolle verkörpern wird.
▶ Sonntag, 20. April 2014, 21.00 Uhr
L’Amore in città (Liebe in der Stadt) | Italien 1953 |
R: Dino Risi, Michelangelo Antonioni, Federico Fellini,
Francesco Maselli, Cesare Zavattini, Alberto Lattuada |
B: Aldo Buzzi, Tullio Pinelli, Luigi Chiarini, Luigi Malerba, Vittorio Veltroni, Cesare Zavattini | K: Gianni di
Venanzo | M: Mario Nascimbene | D: Antonio Cifariello,
Livia Venturini, Maresa Gallo, Angela Pierro, Rita
Andreana | 96 min | OmU – Ein Episodenfilm im Stil
des Neorealismus, der überwiegend mit Laiendarstellern besetzt einfache Vorfälle aus dem Leben der
Römer zeigt. Im Format einer gefilmten Zeitung, »Lo
spettatore«, werden in unterschiedlichen Stilen mehrere Geschichten erzählt. Fellinis Episode UN’AGENZIA
MATRIMONIALE (HEIRATSVERMITTLUNG) zeigt einen
Journalisten, der bei dem Versuch, hinter die Machenschaften einer Agentur für Heiratsvermittlung zu kommen, ein naives Mädchen vom Land kennenlernt.
Dabei treffen zwei Erfahrungswelten aufeinander, und
der Zynismus des Journalisten gerät ins Wanken.
▶ Montag, 21. April 2014, 21.00 Uhr
I vitelloni (Die Müßiggänger) | Italien 1953 | R: Federico Fellini | B: Federico Fellini, Ennio Flaiano, Tullio Pinelli | K: Otello Martelli, Luciano Trasatti, Carlo Carlini |
▶ Samstag, 19. April 2014, 21.00 Uhr ▶▶ Dienstag,
22. April 2014, 18.30 Uhr
Lo sceicco bianco (Die bittere Liebe) | Italien 1952 |
R: Federico Fellini | B: Federico Fellini, Ennio Flaiano,
Tullio Pinelli | K: Arturo Gallea | M: Nino Rota | D: Alberto Sordi, Brunella Bovo, Leopoldo Trieste, Giulietta
Masina, Lilia Landi, Ernesto Almirante | 85 min | OmeU
– Bissige Satire, die von einer beschämenden Desillusionierung erzählt. Der »Scheich« ist Held einer der populären Fotoromane und hat in der schönen Wanda
eine große Verehrerin. Wanda lebt in der Provinz, und
als sie mit ihrem frisch angetrauten Ehemann auf Hochzeitsreise nach Rom kommt, verschafft der Zufall ihr
ein Date mit ihrem Idol. Die Entdeckung, dass der
»Scheich«-Darsteller vom Edelmut seiner Rolle nichts
abbekommen hat, lässt nicht lange auf sich warten.
M: Nino Rota | D: Franco Interlenghi, Alberto Sordi,
Franco Fabrizi, Leopoldo Trieste, Riccardo Fellini | 103
min | OmU – Eine am Meer gelegene Kleinstadt nach
dem Vorbild von Fellinis Geburtsort Rimini. Schauplatz
Federico Fellini
R: Roberto Rossellini | B: Roberto Rossellini, Federico
Fellini, Antonio Lisandrini, Félix Moulion | K: Otello Martelli | M: Renzo Rossellini | D: Aldo Fabrizi, Arabella Lemaître, Nazario Gerardi, Roberto Sorrentino, Peparuolo
| 85 min | OmeU – Elf kleine anekdotische Episoden
voll Heiterkeit und Demut um den Heiligen Franz von
Assisi. Die Utopie kindlicher Unschuld und Hingabe im
Spiegel eines Heiligenbildes. Von Mönchen, die eifrig
durch die Gegend laufen, mit Vögeln und Bäumen
reden, ihr letztes Kleidungsstück verschenken und
dabei so fröhlich sind wie spielende Kinder.
47
der autobiografisch fundierten Geschichte einer Clique
von fünf ziellos driftenden jungen Männern. Nur einer
der Fünf wird dem Treibsand der Provinz entkommen
und sich Richtung Rom davonmachen. Der erste Film,
in dem Fellini seine Themen und seinen Stil nachdrücklich, mit Ernst und Virtuosität ausprägen kann: der
Mann als haltloser Charakter und die Welt aus Zynismus und Korruption, die ihn umgibt. Im Kontrast dazu
der Zauber mädchenhafter, engelsgleicher Unschuld.
Das Erwachsenwerden als Parcours der Enttäuschungen. Kontrast von Provinz und Großstadt. Die Poesie
einsamer Gassen in der Nacht. Fellini kann das pulsierende Leben eines Ortes im Rhythmus von Fest und
Feier spürbar machen und zeichnet mit einer Geste, die
satirische Schärfe und Zartheit vereint.
Federico Fellini
▶ Freitag, 25. April 2014, 18.30 Uhr
La strada (Das Lied der Straße) | Italien 1954 | R: Federico Fellini | B: Federico Fellini, Tullio Pinelli, Ennio
Flaiano | K: Otello Martelli | M: Nino Rota | D: Giulietta
Masina, Anthony Quinn, Richard Basehart, Aldo Silvani,
Macella Rovere | 108 min | OmU – Fellini erzählt in seinem poetischen Roadmovie die Geschichte von Gelsomina, einem einfachen Bauernmädchen, das von sei-
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ner Mutter an Zampanò, einen Kraftprotz aus dem Zirkus, verkauft wird. Sie wird die Helferin des gefühllosen
Artisten, der durch das Aufblähen seiner Lungen Ketten sprengen kann und reist mit ihm durch das ländliche Italien. Dabei entdeckt sie ihr Talent zum Clown.
»Alle meine Filme drehen sich um diese Idee. Eine Welt
ohne Liebe zu zeigen, Figuren voller Selbstsucht, Menschen, die sich gegenseitig ausnutzen, und mittendrin
gibt es immer – insbesondere in den Filmen mit Giulietta – ein kleines Geschöpf, das Liebe geben möchte
und für die Liebe lebt.« (Federico Fellini)
▶ Mittwoch, 23. April 2014, 18.30 Uhr ▶▶ Samstag, 26.
April 2014, 21.00 Uhr
Il bidone (Die Schwindler) | Italien 1955 | R: Federico
Fellini | B: Federico Fellini, Ennio Flaiano, Tullio Pinelli |
K: Otello Martelli | M: Nino Rota | D: Broderick Crawford, Richard Basehart, Franco Fabrizi, Giulietta Masina, Giacomo Gabrielli | 113 min | OmeU – Es beginnt
wie eine Gaunerkomödie, wenn die drei Betrüger, verkleidet als Priester, arglose Bauern übers Ohr hauen.
Der Trick des Trios hat Witz und theatralischen Elan.
Dann aber wenden sich die Gaunereien immer mehr
ins Gemeine und Schäbige und werden peinigend wie
ein Abstieg in die Vorhölle des Daseins. Wenn Fellini
schließlich die Unschuld in der Gestalt eines engelsgleichen Mädchens, das zudem noch gelähmt ist, auftauchen lässt, nahen unweigerlich Verdammnis und tragisches Finale. François Truffaut in seinem Cannes-Bericht 1955: »Fellinis Film beginnt mit Flunkerei und
endet im Ernst: eine explosive Mischung, die manchen
Festivalbesucher nervös machte und zum Ausgang
trieb. Ich aber nahm mir alle Zeit der Welt und wäre
noch Stunden länger geblieben, um Broderick Crawford sterben zu sehen.«
▶ Sonntag, 27. April 2014, 21.00 Uhr ▶▶ Dienstag,
29. April 2014, 18.30 Uhr
Le notti di Cabiria (Die Nächte der Cabiria) | Italien
1957 | R: Federico Fellini | B: Ennio Flaiano, Tullio Pinelli, Pier Paolo Pasolini, Federico Fellini | K: Aldo Tonti
| M: Nino Rota | D: Giulietta Masina, François Périer,
Amedo Nazzari, Aldo Silvani, France Mazi | 110 min |
OmU – Nach dem Erfolg von LA STRADA ist dies der
zweite mit Preisen überhäufte Fellini-Film (ausgezeichnet unter anderem mit dem Oscar als bester ausländischer Film, den Fellini auch für LA STRADA, OTTO E
MEZZO und AMARCORD erhielt), in dem er seine Ehefrau und Muse Giulietta Masina ins Zentrum stellt. Sie
spielt – »ausgesprochen chaplinesk«, wie Truffaut
notierte – die kleine, verrückte römische Prostituierte
Cabiria, die von den Männern gedemütigt und schamlos ausgenutzt wird, und dabei doch immerzu arglos
und vertrauensselig bleibt. Sie tanzt Mambo mit derselben Inbrunst wie sie auf einer Marien-Wallfahrt um
ein Wunder betet. Sie logiert in ihrer Rohbauhütte irgendwo im Stadtrand-Niemandsland und ist in Fellinis
Galerie der betrogenen Unschuld die ergreifendste Figur.
▶ Mittwoch, 30. April 2014, 18.30 Uhr
▶▶ Freitag,
2. Mai 2014, 21.00 Uhr
La dolce vita (Das süße Leben) | Italien 1960 | R: Federico Fellini | B: Ennio Flaiano, Tullio Pinelli, Federico
Fellini | K: Otello Martelli | M: Nino Rota | D: Marcello
Mastroianni, Walter Santesso, Anouk Aimée, Anita Ek-
LA DOLCE VITA
▶ Samstag, 3. Mai 2014, 21.00 Uhr
Boccaccio ’70 | Italien 1962 | R: Mario Monicelli, Federico Fellini, Luchino Visconti, Vittorio De Sica | B: Giovanni Arpino, Italo Calvino, Suso Cecchi d’Amico, Federico Fellini, Ennio Flaiano, Tullio Pinelli, Luchino Visconti, Cesare Zavattini | K: Armando Nannuzzi, Otello
Martelli, Giuseppe Rotunno | M: Nino Rota, Armando
Trovaioli, Piero Umiliani | D: Marisa Solinas, Germano
Gilioli, Anita Ekberg, Peppino De Filippo, Romy Schneider, Thomas Milian, Sophia Loren | 205 min | OmeU –
Fellini inszenierte in dieser Anthologie die Episode LE
TENTAZIONI DEL DOTTOR ANTONIO (DIE VERSUCHUNGEN DES DR. ANTONIO), eine Satire um eine Reklametafel mit einer aufreizenden Frau (Anita Ekberg), die
heftige Auswirkungen auf einen sehr moralischen Doktor hat und überlebensgroß in sein Leben hineintritt. In
den anderen Episoden geht es um eine heimliche Heirat in der Mittagspause, um den ersten Preis in einer
Lotterie, der die Nacht mit einer schönen Frau verspricht und um eine wohlhabende Ehefrau, die von
ihrem untreuen Ehemann in den Wahnsinn getrieben
wird. BOCCACCIO ’70 war ursprünglich als aktualisierte Version des DECAMERONE angelegt und als AntiZensur-Pamphlet gedacht.
▶ Sonntag, 4. Mai 2014, 18.30 Uhr
Otto e mezzo (Achteinhalb) | Italien 1963 | R: Federico Fellini | B: Ennio Flaiano, Tullio Pinelli, Brunello
Rondi, Federico Fellini | K: Gianni Di Venanzo | M: Nino
Rota | D: Marcello Mastroianni, Anouk Aimée, Sandra
Milo, Claudia Cardinale, Rossella Falk | 138 min |
OmeU – Schaffenskrise des Star-Regisseurs Guido
Anselmi, der nicht mehr weiß, ob und wie und warum
überhaupt er seinen nächsten Film drehen will. In einem Kurort sucht er Erholung, trifft seine Geliebte, die
misstrauische Ehefrau, Kollegen und Mitarbeiter, und
versinkt in Träumen. Zu Beginn der berühmte Angsttraum: Guido entkommt einem schrecklichen Verkehrsstau und fliegt durch die Wolken, bis ihn ein Seil, befestigt an seinem Fußgelenk, auf die Erde zurückholt.
Fellinis erste ausdrückliche Hinwendung zu Traum,
Imagination, Erinnerung, inspiriert von C. G. Jungs
Traumtheorie. Auch die erste große Entfaltung seiner
visionären Bildschöpfungen. Reale Begegnungen werden imaginär fortgesponnen, verweben sich mit Kindheitserinnerungen und Wunschfantasien, aber doch so,
dass sich die erstaunlich präzise Beschreibung einer
Impotenz-Neurose ergibt.
▶ Dienstag, 6. Mai 2014, 18.30 Uhr ▶▶ Freitag, 16. Mai
2014, 21.00 Uhr
Giulietta degli spiriti (Julia und die Geister) | Italien
1965 | R: Federico Fellini | B: Federico Fellini, Ennio
Flaiano, Tullio Pinelli, Brunello Rondi | K: Gianni Di Ven-
Federico Fellini
berg, Lex Barker, Adriano Celentano | 172 min | OmU –
Fellinis Megaerfolg, sein internationaler Durchbruch,
der auch seinem Hauptdarsteller Marcello Mastroianni
zu Weltruhm verhalf. Ähnlich wie in LE NOTTI DI CABIRIA, aber noch freier und entschiedener formt Fellini
seinen episodischen Erzählstil im Rhythmus von
Rausch und Ernüchterung. Mastroianni als Marcello
Rubini: ein smarter Klatschreporter und Weiberheld,
der einst als ambitionierter Schriftsteller der kulturellen
Erneuerung des Landes nach Krieg und Faschismus
dienen wollte. Nun aber, im gesellschaftlichen Wandel
zur Wirtschaftswunder-Ära, lässt er sich von dem Milieu, das er früher verachtete, vereinnahmen. An der
Via Veneto mischt er sich unter Möchtegern-Promis,
durchfeiert Partynächte mit halbseidenen Adeligen und
gelangweilten Neureichen. Exzesse, Affären, grell ausgemalte existentielle Ödnis und Dekadenz.
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anzo | M: Nino Rota | D: Giulietta Masina, Mario Pisu,
Sandra Milo, Valentina Cortese, Valeska Gert | 137 min
| OmU – Giulietta ist eine bürgerliche Dame mittleren
Alters, die in ihrer luxuriösen Villa in Fregene den Sommer verbringt. Aufgebracht von der Untreue ihres Gatten und dem Dreinreden ihrer bigotten Verwandtschaft
begibt sie sich auf den Weg einer komplexen Selbstfindung. Dabei durchquert sie eine Fülle esoterischer Lehren, beschwört Geister und lauscht Psychoanalytikern.
Die sexuelle Freizügigkeit ihrer Nachbarin inspiriert sie
ebenso wie die spirituelle Unterweisung durch den spanischen Aristokraten José, der ihr die Philosophie des
Stierkampfs erklärt: »Der gute Torero muss ein reines
Herz haben, einen klaren Kopf und klare Gedanken, wie
ein Mönch oder ein Tänzer!« So besteht sie den Kampf
gegen Traumata und böse Geister. In Fellinis Universum heißt das: Sie erobert sich eine neue Unschuld
und darf im weißen Kleid am Meeresstrand erscheinen.
Federico Fellini
▶ Mittwoch, 7. Mai 2014, 18.30 Uhr ▶▶ Samstag,
17. Mai 2014, 21.00 Uhr
50
Histoires extraordinaires (Außergewöhnliche Geschichten) | F 1968 | R: Roger Vadim, Louis Malle, Federico Fellini | B: Roger Vadim, Pascal Cousin, Louis
Malle, Clement Biddle Wood, Ferdrico Fellni, Bernardino Zapponi, nach Erzählungen von Edgar Allan Poe |
K: Claude Renoir, Tonino Delli Colli, Giuseppe Rotunno
| M: Jean Prodromidès, Diego Mason, Nino Rota | D:
Jane Fonda, Peter Fonda, Françoise Prévost, Brigitte
Bardot, Alain Delon, Terence Stamp, Salvo Randone |
121 min | OmU – Episodenfilm nach drei fantastischen
Geschichten von Edgar Allan Poe. Roger Vadims Episode METZENGERSTEIN handelt vom ausschweifenden
Leben einer Gräfin, Louis Malles Verfilmung der Geschichte WILLIAM WILSON von der Selbstanklage
eines Mörders zur Zeit des 19. Jahrhunderts, als Norditalien von österreichischen Truppen besetzt war. Fellinis Episode TOBY DAMMIT dreht sich um einen drogenund alkoholabhängigen Schauspieler, der in Italien
einen Spaghetti-Western drehen soll und dort von alptraumhaften Visionen geplagt wird.
▶ Sonntag, 18. Mai 2014, 21.00 Uhr
Satyricon (Fellinis Satyricon) | Italien 1969 | R: Federico Fellini | B: Federico Fellini, Bernardino Zapponi,
nach der Vorlage von Titus Petronius | K: Giuseppe Rotunno | M: Nino Rota | D: Martin Potter, Hiram Keller,
Max Born, Mario Romagnoli, Capucine, Alain Cuny |
128 min | OmU – Eine phantastische Reise durch eine
absolut dekadente Gesellschaft, die in das derbe, erotisch ausschweifende und hedonistische Rom unter
Kaiser Nero führt. Dort versuchen zwei Jünglinge, sich
bei der Werbung um die Gunst eines Lustknaben gegenseitig auszustechen. »SATYRICON ist die surrealistische Sandalenfilmversion von DAS SÜSSE LEBEN. Der
ebenso lasterhafte und glorreiche Film ist ein Exposé
zum Thema Amoralität und Ausschweifung. Beide
Filme zeigen das Kaleidoskop römischen Lebens, von
den Ärmsten bis zu den Superreichen.« (Chris Wiegand). Visuell ist der Film stark von der Hippiebewegung sowie von Fellinis Interesse für bewusstseinserweiternde Drogen und Science Fiction geprägt.
▶ Dienstag, 20. Mai 2014, 18.30 Uhr ▶▶ Samstag,
24. Mai 2014, 21.00 Uhr
Federico Fellini – Mit den Augen der Anderen |
D 2003 | R+B: Eckhart Schmidt | K: Cristiano Samassa,
Frank Barbian, Steve Elkins, Jens Thiele, Timothy
Ruhstorfer, Joe Walsh | M: Toti Basso | Mit Anita Ekberg, Anouk Aimée, Sandra Milo, Dino de Laurentiis,
Alberto Grimaldi, Giuseppe Rotunno, Gore Vidal, Tullio
Pinelli, Friedrich von Thun, Balduin Baas | 90 min | Der
Film entstand in Fellinis Geburtsort Rimini, in Rom, in
Paris und in Los Angeles. Aus den Extrakten von Interviews – nicht nur mit den großen Stars und Fellinimitarbeitern, sondern u. a. auch mit dem Kellner in Fellinis Lieblingsrestaurant – montierte Eckhart Schmidt
ein intimes Dokument, eine Collage über den Filmemacher und seine Kunst, aber auch über den privaten
Fellini. »Es ist mir gelungen, alle wichtigen Mitarbeiter,
Autoren und Schauspieler Fellinis vor die Kamera zu
bekommen. Es war faszinierend zu sehen, welche
große, oft entscheidende Rolle Fellini in ihrem Leben
gespielt hat. Ich denke, die Magie Fellinis lässt sich in
meinem Film authentisch und oft auch bewegend nachvollziehen.« (Eckhart Schmidt)
▶ Freitag, 23. Mai 2014, 21.00 Uhr (Zu Gast: Eckhart
Schmidt)
Fellini: A Director’s Notebook | Italien 1969 | R:
Federico Fellini | B: Federico Fellini, Bernardino Zapponi | K: Pasquale De Santis | M: Nino Rota | Mit Federico Fellini, Giulietta Masina, Marcello Mastroianni, Caterina Boratto, Marina Boratto | 54 min | engl. OF – Ein
wenig bekannter Fernsehfilm von Fellini über Fellini,
der sein Filmprojekt »Il viaggo di G. Mastorna« aufgeben muss und am Film SATYRICON arbeitet. »Fellini
präsentiert seine ganz eigene Art der Arbeit als Regisseur: Er trifft sich mit Hippies auf der Straße, nimmt ein
spirtistisches Medium mit in die Katakomben der Metro
von Rom, besucht seinen Lieblingsschauspieler Marcello Mastroinanni und empfängt eine ganze Reihe von
I Clowns (Die Clowns) | Italien 1970 | R: Federico Fellini | B: Federico Fellini, Bernardino Zapponi | K: Dario
di Palma | M: Nino Rota | Mit Federico Fellini, Liana
Orfei, Charlie Rivel, Pierre Étaix, Anita Ekberg, Victoria
Chaplin | 92 min | OmeU – Fellinis Liebeserklärung an
die Welt des Zirkus ist eine sehr persönliche Auseinandersetzung des Autors mit der Situation des Künstlers.
DIE CLOWNS gibt vor, ein Dokumentarfilm über die
Dreharbeiten zu einem Dokumentarfilm zu sein. Fellini
und sein fiktives Filmteam spüren berühmte Clowns
auf, die über ihre Arbeit erzählen. Zusammen mit ihnen
organisiert Fellini eine gigantische Parade im Zirkuszelt,
die allerdings wie ein Abgesang auf eine vergangene
▶ Freitag, 30. Mai 2014, 21.00 Uhr
Roma (Fellinis Roma) | Italien 1972 | R: Federico Fellini | B: Federico Fellini, Bernardino Zapponi | K: Giuseppe Rotunno | M: Nino Rota | D: Peter Gonzales,
Fiona Florence, Pia De Doses, Anna Magnani, Gore
Vidal, Federico Fellini | 128 min | OmeU – Fellinis
eigensinnige und autobiografische Sicht auf seine
Stadt, üppig ausgestattet und voller praller, fantastischer Szenen. Der Regisseur erinnert sich in Rückblenden an das Rom aus den Erzählungen seiner Kindheit
sowie an seine ersten skurrilen Eindrücke als junger
Journalist zur Zeit des Faschismus. Später erkundet er
mit seinem Filmteam das Rom von heute, eine Stadt,
die von Hippies, vom lärmenden Autoverkehr und vom
Umgang mit dem historischen Erbe geprägt ist, das
z. B. einem U-Bahn-Bau im Wege steht. Rom ist für Fellini die Stadt von Papst und Kirche, »die Heimat des
Federico Fellini
▶ Sonntag, 25. Mai 2014, 21.00 Uhr
Zeit wirkt. »Ich habe diesen Rausch, diese Regung,
diese Rührung, dieses Gefühl, hier heimisch zu sein,
sofort verspürt, als ich das erste Mal ein Zirkuszelt betrat. Ich war hingerissen, ich fühlte mich schweben –
wie ein auf dem Mond ausgesetzter Astronaut, der sein
Raumschiff wiederfindet.« (Federico Fellini)
51
ROMA
exzentrischen Figuren in seinem Büro. Es scheint, dass
er nach dem Obskuren, dem Fremden, dem Bizarren
sucht, das er für seine Atmosphäre braucht.« (Colin
Marshall) – Ciao, Federico! | Italien 1970 | R+B: Gideon Bachmann | K: Gideon Bachmann, Mario Masini |
Mit Federico Fellini, Gideon Bachmann, Martin Potter,
Hiram Keller, Max Born, Magali Noël, Capucine, Giulietta Masina, Roman Polanski | 60 min | engl. OF – Beobachtungen bei den Dreharbeiten von Fellinis SATYRICON.
Pomps, des Ornaments, der Schminke, des Barock.«
Zum Schluss fasst ein Amerikaner treffend zusammen:
»Rom ist die Stadt der Illusion. Es ist kein Zufall, dass
sie die Stadt der Regierung, der Kirche, des Films ist.
Sie alle produzieren Illusionen.«
Federico Fellini
▶ Dienstag, 27. Mai 2014, 18.30 Uhr ▶▶ Samstag,
31. Mai 2014, 21.00 Uhr
52
Amarcord | Italien 1973 | R: Federico Fellini | B: Federico Fellini, Tonino Guerra | K: Giuseppe Rotunno | M:
Nino Rota | D: Pupella Maggio, Armando Brancia, Magali Noel, Ciccio Ingrassia, Nando Orfei |123 min |
OmeU – »Amarcord« heißt im Dialekt »Ich erinnere
mich«. Der Film ist eine impressionistische und liebevolle Ode an die Leiden der Pubertät in einer kleinen
Stadt am Meer. Schauplatz ist ein italienischer Urlaubsort namens Borgo in den 1930er Jahren, als die Faschisten bereits die Macht hatten. Das in festgelegten
Bahnen ablaufende Leben in der Provinz gibt auch die
Form des Films vor, der ein Jahr lang das Leben im Ort
zeigt: die Alltagsprobleme, die Streiche pubertierender
Teenager, Ehestreitigkeiten, die prägende Rolle der Kirche. Besonders wichtig ist das Dorfkino Fulgor, für Fellini eine »warme Kloake aller Laster«. AMARCORD entstand nach Karikaturen von Menschen, die Fellini als
Kind gekannt hatte. Der Film wurde jedoch nicht in seiner Heimatstadt Rimini gedreht, sondern im Studio .
▶ Mittwoch, 28. Mai 2014, 18.30 Uhr ▶▶ Sonntag,
1. Juni 2014, 21.00 Uhr
Il Casanova di Federico Fellini (Fellinis Casanova) |
Italien 1976 | R: Federico Fellini | B: Federico Fellini,
Bernardino Zapponi, frei nach Giacomo Casanovas
»Storie della mia vita« | K: Giuseppe Rotunno | M: Nino
Rota | D: Donald Sutherland, Tina Aumont, Cicely
Browne, Carmen Scarpitta, Clara Algranti, Daniela Gatti
| 154 min | engl. OF – Gedreht in den Studios von Cinecittà, wohin sich Fellini seit der Rekonstruktion der
Via Veneto für LA DOLCE VITA zur Erforschung seiner
Imaginationen und Phantasmen immer mehr zurückgezogen hat. Weder die historische Wirklichkeit, in der
Casanova lebte, noch dessen »Image« als Abenteurer
und Frauenheld interessieren Fellini. Sein Casanova ist
eine seiner bizarren, gespenstischen und am Ende
doch mitfühlend gezeichneten Traumprojektionen. Fellinis bildnerische Kunst verwandelt die Karikatur zur poetischen Vision und diese zum Alptraum einer Mechanik
des Begehrens. Casanova absolviert ein Programm grotesk aufgespreizter Beischlaf-Performances.
▶ Freitag, 6. Juni 2014, 21.00 Uhr
11. Juni 2014, 19.00 Uhr
▶▶ Mittwoch,
Prova d’orchestra (Orchesterprobe) | Italien 1978 |
R: Federico Fellini | B: Federico Fellini, Brunello Rondi |
K: Giuseppe Rotunno | M: Nino Rota | D: Balduin Baas,
Clara Colosimo, Elizabeth Labi, Ronaldo Bonacchi,
David Maunsell | 70 min | OmU – Während einer Orchesterprobe bricht eine Rebellion unter den Musikern
aus; doch unter dem Eindruck drohender Gefahr ordnen sich alle wieder dem Diktat des Maestros unter.
Der in nur sechzehn Tagen mit bescheidenem Budget
gedrehte Film ist in der Gegenwart angesiedelt und
spielt in nur einer Kulisse, dem Andachtsraum einer
alten Kirche. »Die ironisch distanzierte Allegorie über
die Übel totalitärer Herrschaft ist Fellinis erster Film mit
eindeutig politischer Aussage, zumal der Regisseur
sich zuvor stets geweigert hatte, diesen Aspekt seines
Werkes zu diskutieren. Der Film erhält seine aktuelle
Brisanz in einer Welt, die bis heute von terroristischen
Anschlägen heimgesucht wird.« (Chris Wiegand)
PROVA D’ORCHESTRA ist Nino Rota gewidmet, der
kurz nach Fertigstellung der Filmmusik verstarb.
▶ Samstag, 7. Juni 2014, 21.00 Uhr
La città delle donne (Fellinis Stadt der Frauen) | Italien 1980 | R: Federico Fellini | B: Federico Fellini, Bernardino Zapponi, Brunello Rondi | K: Giuseppe Rotunno
| M: Luis Bacalov | D: Marcello Mastroianni, Anna
Prucnal, Bernice Stegers, Ettore Manni, Donatella
Damiani | 139 min | OmeU – Marcello Mastroianni
stolpert als lüsternes Mannsbild namens Snaporaz auf
der Suche nach seinem Frauenideal durch das Labyrinth seiner Träume und Phantasmen. So entfaltet sich
ein surreales Bilderpanorama, das geheimnisvolle, mit
Erosphantasien aufgeladene Wälder und hübsch chaotisch-theatralische Kongresse von Feministinnen
durchstreift. Der Abgesang auf traditionelle Männerfantasien im Zeitalter der Frauenbewegung. Während
Snaporaz den ängstlich verwirrten Aspekt des männliches Geschlechts repräsentiert, erscheint sein Gegenbild Katzone als grotesker »Macho«, der seine Eroberungen triumphierend zur Schau stellt. Fellini: »Träume
haben mich schon immer angezogen, doch ist von
allen meinen Filmen nur dieser fast vollständig ein
Traum: Er ist die alptraumhafte Kehrseite von Guidos
Traum in OTTO E MEZZO.«
▶ Dienstag, 3. Juni 2014, 18.30 Uhr ▶▶ Sonntag,
8. Juni 2014, 21.00 Uhr
E la nave va (Fellinis Schiff der Träume) | Italien
1983 | R: Federico Fellini | B: Federico Fellini, Tonino
Guerra | K: Giuseppe Rotunno | M: Gianfranco Plenizio |
D: Freddie Jones, Barbara Jefford, Janet Suzman,
▶ Mittwoch, 4. Juni 2014, 18.30 Uhr ▶▶ Montag,
9. Juni 2014, 18.30 Uhr
Ginger e Fred (Ginger und Fred) | Italien 1985 | R: Federico Fellini | B: Federico Fellini, Tonino Guerra, Tullio
Pinelli | K: Tonino Delli Colli, Ennio Guarnieri | M: Nicola
Piovani | D: Giulietta Masina, Marcello Mastroianni,
Franco Fabrizi, Frederick Ledenburg, Augusto Pederosi,
Friedrich von Thun | 125 min | OmeU – Noch einmal
Glanzrollen für Fellinis Muse Giulietta Masina und sein
filmisches alter ego Marcello Mastroianni. Die beiden
spielen ein Stepptanz-Duo, das vor 30 Jahren in Varietés Erfolge mit Nummern von Ginger Rogers & Fred
Astaire feierte. Längst haben sich ihre Lebenswege
getrennt, aber nun sollen sie für eine aufgeplusterte
TV-Weihnachtsshow noch einmal das Tanzbein schwingen. Der Bildermagier, Illusionist, Traumtänzer und
Komödiant Fellini liebte das Varieté, den Zirkus, das
Kino. Das Fernsehen mochte er nicht. War LA DOLCE
VITA eine Satire auf das dekadente Getriebe der Boulevardpresse, so zeigt er nun, ein Vierteljahrhundert später, die Welt des Fernsehens mit ihren Megashows als
Abgrund der Vulgarität, als Menetekel einer apokalyptischen Konsumgesellschaft unter Werbespot-Diktat.
▶ Dienstag, 10. Juni 2014, 18.30 Uhr
▶▶ Freitag,
13. Juni 2014, 21.00 Uhr
Werbefilme | Italien 1984–92 | R: Federico Fellini |
8 min | OmfU – Werbespots für Campari, Barilla und
die Banca di Roma. – Intervista (Fellinis Intervista) |
Italien 1987 | R: Federico Fellini | B: Federico Fellini, Gianfranco Angelucci | K: Tonino Delli Colli | M: Nicola
Piovani | D: Federico Fellini. Sergio Rubini, Paola Liguori, Maurizio Mein, Marcello Mastroianni, Anita Ekberg | 108 min | OmU – »Film im Film: Fellini, den Regisseur Fellini spielend, verfilmt Kafkas ›Amerika‹,
kommt aber zunächst nicht dazu, weil ihm der junge
Journalist Sergio über den Weg läuft, der ihn an seine
Jugend, an seine frühen Jahre als Paradiesvogel zwischen Zirkus, Theater und Varieté erinnert. Doch statt
biederer Rückblenden inszeniert Fellini, als Regisseur
seiner eigenen Autobiografie, das Vergangene auf der
Bühne der Gegenwart, solchermaßen Gestern und
Heute zu turbulenter Gleichzeitigkeit vermischend. Man
sieht einen Regisseur, der seine eigene Kunst des Inszenierens in Szene, aber auch dem scharfen Licht der
Karikatur aussetzt, sie auseinandernimmt, nebenbei
über sie philosophiert und dabei vor der Travestie seiner selbst und seines Handwerks nicht zurückschreckt.« (Klaus Kreimeier)
▶ Samstag, 14. Juni 2014, 21.00 Uhr
La voce della luna (Die Stimme des Mondes) | Italien 1990 | R: Federico Fellini | B: Federico Fellini, Tullio
Pinelli, Ermanno Cavazzoni, nach seinem Roman »Il
poema dei lunatici« | K: Tonino Delli Colli | M: Nicola
Piovani | D: Roberto Benigni, Paolo Villaggio, Marisa Tomasi, Nadia Ottaviani, Angelo Orlando | 120 min | OmU
– Ivo, ein aus der Psychiatrie entlassener Einzelgänger,
irrt durch eine kleine Stadt im Po-Delta und vernimmt
geheimnisvolle Stimmen aus einem Brunnen, die ihm
Botschaften vermitteln. Auf einem Friedhof schwelgt er
in Erinnerungen an seine Kindheit. Zu ihm gesellt sich
eine Gruppe von »Verrückten«, die in der lärmenden, hektischen Welt dem Wesen der Dinge auf den Grund gehen wollen. »Ein Essay über Stille und Lautstärke, über
das Verstehen und das Beobachten, über das Reden
und das Sprechen, über das Verschwinden der Provinz
und über ihre Unsterblichkeit. Während er kleine Fußtritte an die Öl- und Medienkonzerne verteilt, den Berlusconis dieser Welt eine lange Nase dreht, schafft Fellini große Kunst: eine optimistische Komödie darüber,
daß man Poesie nicht kaufen kann.« (Georg Seeßlen)
▶ Sonntag, 15. Juni 2014, 21.00 Uhr
Federico Fellini
Vittorio Poletti, Peter Cellier, Pina Bausch | 132 min |
OmU – Sommer 1914: An Bord eines Luxusdampfers
mit illustren Gästen – darunter ein preußischer Großherzog und eine Gruppe von Opernsängern – wird die
Asche einer verstorbenen Operndiva transportiert, die
bei der Insel Erimo verstreut werden soll. An Deck
werden Intrigen gesponnen, bis eine Gruppe schiffbrüchiger Serben auftaucht, welche die feine Gesellschaft
in Unruhe versetzt. Es kommt zur Katastrophe. Ein Erzähler, der Journalist Orlando, führt mit Charme und
Ironie durch den Film. Fellini wählte erstmals die Welt
der Oper als künstlerischen Hintergrund seines Films.
Seine musikalisch opulente, groteske Vision persifliert
sowohl die Selbstgefälligkeit der gehobenen Gesellschaft als auch ihre beharrliche Leugnung der Realität.
53
THE TRIAL
Film & Licht
Film & Licht: Zur Geschichte des Filmlichts
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Ohne Licht kein Film. Licht für die Bilder einer Szenerie,
die Belichtung des Filmmaterials, die Projektion auf die
Leinwand. Dabei bleibt das Licht im Film ein Hintergrundphänomen. Wir achten auf Handlung und Personen, das Licht nehmen wir kaum wahr. Es gibt zahlreiche Bücher über die Regeln des Filmlichts. Über die
Geschichte des Filmlichts aber gibt es – außer zwei
kurzen Aufsätzen von Peter Baxter und Wolfgang Samlowski & Hans J. Wulff – nur mein 2009 erschienenes
Buch »Film & Licht. Die Geschichte des Filmlichts ist die
Geschichte des Films«.
Zu den Regeln: Entscheidend ist eine natürliche Lichtquelle für das sogenannte Führungslicht. Bei Tag ist
das die Sonne, in der Nacht der Mond oder zur Szenerie gehörende Lampen innen und außen. Schatten und
Richtung der Schatten hängen ab vom Führungslicht.
Das ist die Vorgabe für alle weiteren speziellen Lichter:
vom Hintergrund- oder Raumlicht über das Füll-Licht,
das Schatten aufhellt, das Spitzlicht, das den Kopf
einer Person hervorhebt, bis zum Vorderlicht, Gegenlicht, Augenlicht, etc.
Die Entstehung dieser Regeln hängt eng zusammen
mit der Geschichte des Hollywoodfilms. Die ersten Studios waren aus Glas. Die Sonne war die einzige Lichtquelle. Um die Jahrhundertwende zogen die meisten
Filmfirmen von der Ost- an die Westküste der USA, weil
dort das intensivere Sonnenlicht war, die Arbeitszeiten
sich verlängern ließen. Diffusoren oder Tücher über
dem Glas garantierten ein gleichmäßiges Licht. Schatten wurden vermieden. Erst als man 1904 die Quecksilber-Dampflampe mit ihrem relativ weichen Licht erfand, wurde man zunehmend unabhängig vom Sonnenlicht, und das Scheinwerferlicht im Studio wurde mehr
und mehr zum künstlerischen Ausdrucksmittel. Es war
D.W. Griffith, der 1915 und 1916 in seinen Filmen THE
BIRTH OF A NATION und INTOLERANCE zum ersten
Mal in den USA das Licht als expressives künstlerisches Mittel einsetzte, vor allem durch starke
Schwarz/Weiß-Kontraste, die mit dem natürlichen Licht
der heutigen Regeln nichts zu tun haben.
Neben ihm hatte Cecil B. DeMille großen Erfolg mit THE
CHEAT (1915), JOAN THE WOMAN (1916), OLD WIVES
FOR NEW (1918) oder MANSLAUGHTER (1922). Während bei Griffith Licht und Dramaturgie kompliziert
Einmal wurde für etwa zehn Jahre das Regelwerk in
Hollywood selbst gebrochen. Ende der 1960er Jahren
war die finanzielle Situation der Studios miserabel, und
man ließ junge Regisseure mit knapp bemessenem
Etat »ihr Ding« machen. Zu den Protagonisten des
»New Hollywood« gehörten Robert Altman z. B. mit
M.A.S.H. (1969) und Martin Scorsese mit TAxI DRIVER
(1976). Beide hielten sich nicht an die codifizierten Regeln. Als sich Ende der 1970er die Studios finanziell erholt hatten, unterlagen auch berühmte Regisseure wieder dem alten Licht-Codex. Der deutsche Kameramann
Michael Ballhaus, der zahlreiche Filme in Hollywood
u. a. mit Martin Scorsese gedreht hat, beklagte 2007 in
einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung, dass
die Freiheiten heute noch geringer seien als zuvor,
selbst für »Martin Scorsese oder Robert Redford. Wenn
die bestimmte Vorgaben des Studios nicht erfüllen, bekommen sie ihre Filme einfach nicht mehr finanziert.«
Es gibt Einzelgänger, die sich nie den »klassischen« Regeln unterworfen haben. Orson Welles etwa, der Hollywood nach TOUCH OF EVIL (1958) verließ, um – immer
in Geldschwierigkeiten – in Europa seine Ideen zu realisieren. Sergej M. Eisenstein, dessen gigantische Schattenspiele in IWAN DER SCHRECKLICHE (1943–45)
jedes Regelwerk missachten, im Gegensatz zu seinem
Landsmann Vsevolod Pudovkin, dessen STURM ÜBER
ASIEN (1928) dem hollywoodschen Regelwerk viel
näher ist. Zu den Einzelgängern gehört Luis Buñuel
ebenso wie Max Ophüls, der sich in Hollywood nicht angepasst hatte und seinem persönlichen Stil stets treu
blieb. In jüngerer Zeit finden etwa Wong Kar-wai oder
Lars von Trier vor allem durch das Licht zu einem
eigenen, persönlichen Stil. Wir kennen das aus der
modernen Malerei: Picasso, Klee, Miró – sie halten
sich an kein Regelwerk, sondern entwickeln ihren eigenen Stil.
Beim Filmlicht geht es nicht in erster Linie um technische Probleme, sondern um die Frage, in welchem
Licht unsere Welt gesehen wird. Die »klassischen« Hollywoodregeln berufen sich auf »Realismus« und »Natürlichkeit«. Das Licht für eine Szene zu setzen ist ein langwieriger technischer Prozess. Von »Natürlichkeit« kann
da in Wahrheit keine Rede sein. Wenn ein Schauspieler
z. B. bei Tageslicht vor einem Fenster steht, muss er
ein Licht von vorn bekommen, sonst bleibt er schwarz.
Der weitgehende Bestand der Lichtregeln ist abhängig
von der massenhaften Verbreitung des Hollywoodfilms.
Für den »Realismus« des geregelten Lichts gilt das
Wort von Vilém Flusser: »Was nicht kommuniziert wird,
ist nicht, und je mehr es kommuniziert wird, ist es.«
Schon DeMille setzte die »Natürlichkeit« seines Lichts
Film & Licht
waren, arbeitete DeMille mit einfachen Stories und
einem weniger komplizierten, »natürlichen« Licht. DeMille setzte sich durch. Als die Hollywoodstudios sich
Mitte der 1920er Jahre kapitalisierten und an die Börse
gingen, wurde das Licht der Filme DeMilles in einem
für alle Studios geltenden Regelwerk codifiziert, das bis
heute gilt. Die Kapitalgeber sollten sicher sein, in welcher Art von Film sie ihr Geld investierten. Wichtig
wurde der Supervisor, der auf die Einhaltung der Regeln achtete.
In Europa, zumal in Deutschland, wurde bis weit in die
1930er Jahre ein Filmlicht gesetzt, das sich nicht an
die »klassischen« Hollywoodregeln hielt, sondern allein
dem Ausdruck der filmischen Szenerie diente. Von Robert Wienes DAS CABINET DES DR. CALIGARI (1920)
über F.W. Murnaus DER LETZTE MANN (1924) oder
FAUST (1926), Fritz Langs DIE NIBELUNGEN (1922–
24) oder M (1931) bis zu Robert Siodmaks TUMULTES
(1931) und der LIEBELEI von Max Ophüls (1932) – man
scherte sich nicht um vorgegebene Regeln, weckte
nicht den Anschein von »Natürlichkeit«, sondern benutzte das Licht als expressives Gestaltungselement
und entwickelte dabei den eigenen individuellen Stil.
Was geschah, als zahlreiche deutsche Regisseure in
die USA emigrierten? Murnau ging früh, scheiterte mit
seinem wunderbaren Film SUNRISE (1927) und verstarb schon 1931. Fritz Lang passte sich völlig an, Robert Siodmak passte sich nur soweit wie nötig an. Max
Ophüls aber hörte in den USA auf zu drehen und verarmte, bis er 1947 in Fairbanks jr. einen Produzenten
fand, der ihn einen Film in seinem Stil, mit seinem Licht
drehen ließ: THE ExILE.
Die Regeln des »klassischen« Hollywoodfilms haben bis
heute Bestand. Dabei gab es Zeiten, wo bewusst
gegen dieses »natürliche« Licht angegangen wurde.
Der italienische Neorealismus entstand in einer Notsituation. Roberto Rossellini drehte ROM OFFENE STADT
Anfang 1945. Bei Kriegsende hatte er kaum Filmmaterial und wenig Lampen. Er drehte viel bei Tageslicht,
und wenn er Scheinwerfer brauchte, scherte er sich
nicht um Führungslicht und korrekte Schatten. In Vittorio De Sicas FAHRRADDIEBE (1948) wurde daraus ein
spezieller Stil. Die französische »Nouvelle Vague«
knüpfte mit Truffaut und Godard ab 1959 daran an. Bewusst wandten sie sich gegen des Hollywoodsche Regelwerk. Ohne hier ins Detail zu gehen: Es fällt auf,
dass sowohl Truffaut in LES QUATRE CENTS COUPS
als auch Godard in À BOUT DE SOUFFLE immer wieder
auf vorhandenes Tageslicht setzen, ohne zusätzliche
Scheinwerfer, d. h. die Personen bleiben dunkel, wenn
das gegebene Licht nicht ausreicht.
55
ab gegen jeden individuellen Stil. Alles Moderne wurde
von seinem Lehrmeister, dem in den USA bedeutenden
Theaterregisseur David Belasco verachtet. Er sah darin
»nur Bizarres, Geschmackloses und Unwirkliches«, das
»der Wahrheit zuwiderläuft.«
Für mich hat jeder Film seine eigene Realität. Im Film
ist Realität, was im Bild erscheint. Unser Bild von der
Welt sollte keinen starren Regeln unterliegen. Jeder Regisseur hat das Recht, wie die Maler der Moderne,
seine Weltsicht zu realisieren.
Richard Blank
Geschichte des Filmlichts | Vortrag von Richard
Blank | 90 min – Anhand von zahlreichen Filmausschnitten aus markanten Beispielen der Filmgeschichte
wird die Entwicklung des Filmlichts beschrieben, werden die Regeln erläutert, die Hollywood Mitte der
1920er Jahre entwickelt hat, und wird auf Filme hingewiesen, die gegen diese Regeln verstoßen.
Film & Licht
▶ Mittwoch, 30. April 2014, 21.00 Uhr
56
Der letzte Mann | D 1924 | R: Friedrich Wilhelm Murnau | B: Carl Mayer | K: Karl Freund | D: Emil Jannings,
Maly Delschaft, Max W. Hiller, Emilie Kurz, Hans Unterkircher | 90 min – Während in Hollywood Mitte der
1920er Jahre die bis heute bestehenden Regeln fixiert
wurden, arbeitete man im europäischen Film, zumal in
Deutschland, mit einem Licht, das allein dem bildhaften Ausdruck diente. Licht als Gestaltungselement.
Murnaus städtische Szenerien erwecken nicht die Illusion einer objektiven Realität, vielmehr zeigen sie Bilder
einer Stadt, die als Bilder kenntlich bleiben, Murnaus
Bilder.
▶ Mittwoch, 7. Mai 2014, 21.00 Uhr | Live-Musik: Gün-
ter A. Buchwald | Einführung: Richard Blank
M | D 1931| R: Fritz Lang | B: Thea von Harbou, Fritz
Lang | K: Fritz Arno Wagner | D: Peter Lorre, Ellen Widmann, Inge Landgut, Gustaf Gründgens, Theo Lingen,
Otto Wernicke | 111 min – Ein Film im Zwielicht. Gegen
alle Regeln gibt es falsche Schatten, und bis zum Ende,
wenn der Mörder verfolgt und gefasst wird, kann man
nie eine eindeutige Tageszeit ausmachen – Zeichen
von Angst und Unsicherheit. Ein Blinder überführt den
Mörder. Der Inhalt des Films bestimmt das Licht.
▶ Mittwoch, 21. Mai 2014, 21.00 Uhr | Einführung: Rich-
ard Blank
La Ronde (Der Reigen) | F 1950 | R: Max Ophüls | B:
Max Ophüls, Jacques Natanson, nach dem Stück von
Arthur Schnitzler | K: Christian Matras | M: Oscar
Strauss | D: Anton Walbrook, Simone Signoret, Serge
Reggiani, Danielle Darrieux, Jean-Louis Barrault, Gérard
Philipe | 109 min | OmU – Ophüls war der einzige der
deutschsprachigen Emigranten, der lieber auf eine Hollywoodkarriere verzichtete als seine sehr persönliche
Filmkunst aufzugeben. Immer machte er – mit verschiedenen Kameraleuten – sein ganz spezifisches Licht.
Schon der Anfang von LA RONDE ist für die Regelverfechter ein Skandal: In einer einzigen langen Einstellung wechselt die Tageszeit von Nacht zu Tag zu Nacht.
▶ Mittwoch, 28. Mai 2014, 21.00 Uhr | Einführung: Rich-
ard Blank
The Trial (Der Prozess) | F 1962 | R+B: Orson Welles,
nach dem Roman von Franz Kafka | K: Edmond Richard
| M: Jean Ledrut | D: Anthony Perkins, Jeanne Moreau,
Romy Schneider, Elsa Martinelli, Suzanne Flon, Orson
Welles | 118 min | engl. OmU – Orson Welles konnte
diesen Film nur machen, weil er Hollywood verlassen
hatte. Seine Verachtung der »klassischen« Studionormen zeigt sich in einer ganz individuellen Behandlung
des Lichts und der Szenenfolge. Doppelschatten und
überraschende Lichtwechsel verstärken Angst und Unsicherheit vor dem Gesetz, das keiner kennt.
▶ Mittwoch, 4. Juni 2014, 21.00 Uhr | Einführung: Rich-
ard Blank
Fa yeung nin wa (In the Mood for Love) | Hongkong
2000 | R+B: Wong Kar-wai | K: Christopher Doyle,
Mark Lee Ping-bin | M: Michael Galasso | D: Maggie
Cheung, Tony Leung, Ping Lam Siu, Tung Cho Cheung,
Rebecca Pan | 98 min | OmU – Häufig wird nach einer
Szene die gleiche Szene wiederholt, mit leichten Änderungen im Dialog und Änderungen im Licht. Die Schatten sind mal länger, mal kürzer. Mal stehen die Personen im Dunkeln, und in der gleichen Szenerie sind
sie hell beleuchtet. Das ist ein Liebesfilm ohne die Illusion von Sicherheit in der Liebe.
▶ Mittwoch, 18. Juni 2014, 21.00 Uhr | Einführung:
Richard Blank
Dogville | DK 2003 | R+B: Lars von Trier | K: Anthony
Dod Mantle | D: Nicole Kidman, Harriet Andersson, Lauren Bacall, Jean-Marc Barr, James Caan, Ben Gazzara,
John Hurt, Udo Kier | 140 min | OmU – Häuser ohne
Mauern, die Straßen durch Striche am Boden gekennzeichnet. Natürliche Lichtquellen sucht man hier vergebens. Das Licht führt ein Eigenleben. Mehrmals wird
von »Lichtveränderungen« gesprochen, und für den blinden Alten gibt es in der Nacht goldgelbes Sonnenlicht.
▶ Mittwoch, 25. Juni 2014, 21.00 Uhr | Einführung:
Richard Blank
DOK.fest Retrospektive: Kim Longinotto
bis nach Indien. Gemein ist allen Filmen Longinottos
unverkennbarer Stil, der sie zu einer Meisterin des beobachtenden Dokumentarfilms macht: Mit großem
Gespür für den Kern jeder Szene und einem erstaunlichen Zugang zu ihren Protagonistinnen gelingen ihr
gleichermaßen Charakterstudien und Stories von großer Tiefe und Komplexität – mal dramatisch, mal tragisch-komisch. Immer getragen von einem emphatischen Humanismus und großer künstlerischer Reife.
Die Werkschau des DOK.fest präsentiert Filme über die
verschiedenen Kulturkreise, in denen Kim Longinotto
gearbeitet hat, und spiegelt ihre Entwicklung über beinahe drei Jahrzehnte: HIDDEN FACES (Ägypten 1990),
THE GOOD WIFE OF TOKYO (Japan 1992), DIVORCE
IRANIAN STYLE (Iran, 1998), GAEA GIRLS (Japan
2000), THE DAY I WILL NEVER FORGET (Kenia 2002),
SISTERS IN LAW (Kamerun, 2005), SALMA (Indien,
2012). Kim Longinotto wird in München für Publikumsgespräche zu Gast sein. Begleitet wird sie von ihrem
Cutter Ollie Huddleston, mit dem sie auch an ihrem
neuen Film arbeitet.
Andrea Kuhn / Daniel Sponsel
DOK.fest
▶ Donnerstag, 8. Mai bis Mittwoch, 14. Mai 2014
57
Kim Longinotto, Protagonistin Najima und Tonfrau Sara Lima © Samyuktha PC
Mit ihren engagierten und bewegenden Filmen gehört
Kim Longinotto längst zu den renommiertesten Filmschaffenden Großbritanniens. Fast ist man versucht,
den Begriff »grande dame des Dokumentarfilms« zu
verwenden, wirkte er nicht viel zu distanziert angesichts der großen Intimität, die ihre Filme auszeichnet,
und der spürbaren Begeisterung und Integrität, mit der
sie jedes neue Projekt angeht.
Schon in ihren frühen Filmen als Studentin der britischen National Film School ist das Grundthema angelegt, das die Arbeiten Kim Longinottos bis heute bestimmt: das Aufbegehren des Individuums gegen ein
repressives System und erdrückende Traditionen. Da
verwundert es kaum, dass sie in ihren Filmen fast ausnahmslos den Geschichten von starken Frauen folgt,
die mit Charisma und Verve den Kampf gegen diese
Systeme aufnehmen.
Filmemachen ist für Longinotto ein solidarischer Akt
mit den Underdogs dieser Welt, der sie bislang in die
verschiedensten Kulturkreise geführt hat: von Japan,
wo viele ihrer frühen Werke entstanden, über den Iran,
den afrikanischen Kontinent und in den letzten Jahren
Michael Snow
Michael Snow und die Kamera für LA RÉGION CENTRALE
Underdox Halbzeit: Michael Snow
58
Als Michael Snow 1967 seinen Film WAVELENGTH
auf dem internationalen Experimentalfilmfestival
EXPRMNTL 4 im belgischen Knokke-le Zoute präsentierte und den Großen Preis der Jury – der Shirley
Clarke, Vera Chytilová, Walerian Borowczyk und Edgar
Reitz angehörten – gewann, wurde er unwiderruflich in
die erste Reihe der New Yorker Filmszene katapultiert,
und WAVELENGTH ging als Meilenstein der Avantgarde
in die Filmgeschichte ein.
Dabei wusste kaum einer in New York, dass sich Snow
dem Film zugewandt hatte. Seit Mitte der 1960er Jahre
hatte sich der Bildende Künstler und Jazz-Musiker
einen Namen als Maler gemacht und stellte in zahlreichen Galerien in seiner Heimat Kanada aus. Snow,
1929 in Toronto geboren, hatte am Ontario College
Kunst und Design studiert. Daneben spielte er als Pianist in einer Jazz-Combo und entwickelte seinen Malstil
frei von allen Lehren. Nach dem Studium arbeitete er
für Graphic Films in Toronto. Hier enstand 1956 Snows
erster Film, A-Z, eine Animation, die er selbst mit den
Worten beschrieb: »Zwei Stühle küssen sich.« Zusammen mit der Künstlerin und Filmemacherin Joyce Wieland ging er wenig später in das pulsierende New York
der frühen 1960er Jahre. Hier erlebte er in der von
Jonas Mekas initiierten Film-Makers’ Cinematheque
die Aufführung von Warhols Monumentalfilmen SLEEP
(1963) und EMPIRE (1964) und die montierten Bilderfluten von Stan Brakhage. WAVELENGTH, das in seiner
Zeitlichkeit gedehnt wirkt und das filmische Dispositiv
selbst zu seinem Thema macht, sah man von den beiden großen New Yorker Experimentalfilmern beeinflusst; außerdem erhob ihn der amerikanische Filmtheoretiker P. Adams Sitney zu einem der größten Vertreter des strukturellen, nicht-narrativen Films.
WAVELENGTH vollzieht sich in 45 Minuten in einer einzigen Einstellung und ohne vordergründige Handlung.
Ein Zoom holt langsam und teilweise auch in erkennbaren Montage-Sprüngen in einem Apartment eine
Wand immer näher an das Auge des Betrachters heran.
Indem die Wand für den Blick des Betrachters enger
gefaßt wird und die Dinge näher herangeholt werden,
werden anfangs nicht erkennbare Details deutlich, eine
Grafik, die die ausgeschnittene Silhouette der »Walking
Woman« zeigt, mit der Snow von 1961 an die Prinzipien der Serialität erforschte und die zu seinem Markenzeichen geworden war, sowie eine Fotografie.
Auch der strukturelle und vordergründig nicht-narrative
Film Snows ist gesättigt von Spannungsmomenten und
Michael Snow 1964
misch Dramatische auf der Repräsentationsebene des
Bildes unterstreichen – und die den strengen Formalismus der Anordnung chaotisch unterwandern. So endet
eine Stehparty unter Studenten (zu sehen sind hier u. a.
der Aktionskünstler Allan Kaprow und der Klangkünstler Max Neuhaus) in einem Ringkampf. Als die Kamera
vom horizontalen Schwenk in höchster Geschwindigkeit zum vertikalen Tilt übergeht und sich der Raum
unter dem Einfluss der filmenden Apparatur in Lichtund Farbflecken auflöst, blickt ein Police Officer durch
ein Fenster in das Klassenzimmer und bereitet dem
schwindelerregenden Treiben ein Ende.
Snows »strukturalistische« Filme sind so nie reine
Struktur, konstruiertes Konzept oder angestrengter Minimalismus. Snow webt in all seine Filme Handlungsfragmente ein, die den Kriminalfilm (WAVELENGTH,
<—> ), Science Fiction (LA RÉGION CENTRALE) oder
das Melodram (PRESENTS) assoziieren. Im Zusammentreffen der Welt mit der Maschine und dem filmischen
Medium unterliegt dabei oft die Welt der Objekte dem
Zugriff durch das Medium und löst sich auf, wie als
Bildwerdung der psychedelisch werdenden Welt am
Ende der 1960er Jahre.
Während WAVELENGTH und <—> mit Innenräumen
und der Präsenz des Menschen spielen, ist der Schauplatz des dritten Kamerafilms LA RÉGION CENTRALE
(1971) ein unberührtes Hochplateau im äußersten
Norden von Sept-Îles in Québec. Ein komplexer Kameraroboter sollte die Region autonom filmen. Pierre Abeloos konstruierte ihn nach den Vorgaben Snows so,
dass mehrere Schwenk- und Zoom-Bewegungen
gleichzeitig um verschiedene Achsen in einem Winkel
von 360° ausgeführt werden konnten. Der Roboter
kam dabei selbst nicht ins Bild. Snow sah in LA RÉGION
CENTRALE einen monumentalen Landschaftsfilm in
der Tradition von Cézanne, Poussin, Monet oder Matisse: Wie ein Pinsel fährt die Roboterkamera in allen
Richtungen über die Landschaft, um sie später an die
Kinoleinwand zu malen. Das sich in alle Richtungen
drehende, unwissende Auge des Roboters, das durch
die starken Richtungswechsel die Schwerkraft gleichsam außer Kraft setzt, wird von abstrakten Signaltönen
begleitet, alarmhaft und durchdringend. Die Landschaftsbilder werden so in eine irreale Sphäre entrückt
und erzeugen ein Gefühl von der Unendlichkeit des Universums. Snow sah darin eine der irdischen Perspektive inhärente Tragik: »In LA RÉGION CENTRALE the
frame emphasizes the cosmic continuity which is beautiful but tragic: it just goes on without us.«
Zehn Jahre später drehte Snow die Versuchsanordnung um. In PRESENTS (1982) ist die Kamera fixiert,
Michael Snow
detektivischen Leerstellen, die sich durch kleine Ereignisse in dem Apartment andeuten und als Fragmente
eines Verbrechens gesehen werden können. Die reale
Welt der Objekte wird während des Films immer wieder
einer Verunsicherung unterzogen, indem sich filmische
Artefakte über die Gegenstände legen und sie gewissermaßen in das Medium hineinziehen. So invertiert
sich das Apartment in sein Bild-Negativ, schieben sich
Farbframes zwischen die Aufnahmen, und jedes Heranzoomen wird zum Mikro-Ereignis, in welchem die
Kamera als stummer Protagonist auf sich aufmerksam
macht. Auch auf der Tonebene vollzieht sich die mediale Durchdringung der Welt. Über den synchronen
O-Ton wird das 1967 veröffentlichte Lied der Beatles
»Strawberry Fields Forever« gespielt. Später setzt eine
Sinus-Welle ein, die sich kontinuierlich von 50 auf
12.000 Hertz steigert. »I wanted something that was
the ear equivalent of the film zoom. When the sine
wave starts, it is very static and seems to be a kind of
drone but you start to realise that it isn’t a drone as it’s
always rising which causes a very particular kind of tension in the film.«
WAVELENGTH ist der erste von insgesamt drei »Kamera-Filmen«. 1969 folgte der mit dem piktografischen Titel versehene <—> (BACK AND FORTH). Mittels horizontalem Hin-und Herschwenken der Kamera
wird ein Klassenraum gefilmt. Die Kamera war mit
einer maschinellen Vorrichtung verbunden, die extrem
schnelle Schwenks zuließ, die durch ein Metronom vorgegeben wurden. Der Sound erzeugt auch hier wieder
ein »Hör-Äquivalent« zur Bildebene, das nach dem Editieren des Films nachsynchronisiert wurde. Bevor sich
im immer schneller werdenden Schwenk die Illusion
einer Bilddehnung bis ins Cinemascope-Format ergibt,
werden kurze Handlungsmomente erstellt, die das fil-
59
Michael Snow
Michael Snow
60
während das Bühnenbild durch enorme Motoren hinund herbewegt wird. Eine Frau, die »Walking Woman«,
geht auf der Drehbühne durch verschiedene Räume,
während die Rotationsrichtung abrupt wechselt. Unter
der mechanischen Einwirkung bricht das gebaute Filmset wie ein Kartenhaus zusammen; der Kreationsprozess verkehrt sich in lustvolle Destruktion. Snow behauptet mit PRESENTS, der in diesem Teil wie die Parodie auf seinen eigenen Film <—> wirkt, die Fragilität
des künstlich und kunstvoll geschaffenen Arrangements eines »staged film« und des illusionären, fiktionalen Films. In dem sich anschließenden zweiten Teil
filmt Snow mit einer bewegten Handkamera Objekte in
einer dokumentarischen Außenwelt, die sich meist
selbst in Bewegung befinden, und montiert die Aufnahmen zu einem kaleidoskopischen Universum. »Cameras can be static or can be moved«, bringt Snow seinen
Film konzeptuell auf den Punkt, und darum ging es ihm
auch: Um die Wirkung von Bewegung auf Objekte, einmal mechanisch und das andere Mal medial.
Snow hatte bereits in PRESENTS eine Lust am Spiel
und an den Worten gezeigt, die sich in der Mehrfachbedeutung des Titels verrät. Ein Jahr später realisiert er
mit SO IS THIS (1983) einen »Lese-Film«, der ganz aus
Wörtern besteht und einen stummen Dialog mit dem
Zuschauer entfaltet. Die Worte analogisiert Snow mit
dem Bildkader (frame) und beschleunigt, verlangsamt
oder verundeutlicht sie, ohne jemals die Textbedeutung
aufzugeben. Die dabei aufrecht erhaltene Selbstreferentialität auf das, was soeben passiert, erinnert nicht
zufällig an den semiotischen Zirkelschluss von René
Magrittes »La trahison des images« (Der Verrat der Bilder), in dem er mit den Worten »Ceci n’est pas une
pipe« das Abgebildete gegen die Welt der realen Objekte ausspielt. Snow verweist in SO IS THIS direkt auf
Magritte und schließt mit einem lakonischen Fazit:
»C’est vrai ici aussi.« (Das ist wahr, auch hier.)
Wie sehr sein filmisches Nachdenken über die Konstitution von Bildern durch Kadrierung, Kamera, Dauer,
Raum, Dramatisierung und dem dazugehörigen Sound
immer auch durchsetzt ist von spielerischem Bildhumor und Medienironie, beweist Snow zwanzig Jahre
später noch einmal in *CORPUS CALLOSUM (2002).
Snow versieht das virtuelle Bild mit einer grundsätzlichen Unsicherheit: In der digitalen Manipulation wird
es fortwährender Transformation ausgesetzt und Gegenstände und Menschen der Metamorphose unterworfen. Gleichzeitig ergeben sich implizite Kommentare zur Mediengesellschaft, indem deren Dispositive
wie Überwachungskameras oder Computer allgegenwärtig sind. Mittels eines medialen Möbiusbandes, das
als digitaler Special Effect an das Intro von PRESENTS
erinnert, in dem das Videobild horizontal und vertikal
auf- und zugezogen wurde, transformiert sich die
Techno-Welt in ein Wohnzimmer der 1960er Jahre. An
der Wand hängt wieder »The Walking Woman«. Snow
hat hier auf vielfältige Weise eine Mini-Retrospektive
seines eigenen Werkes geschaffen und sich auf die
Endlosschleife eines Möbiusbandes begeben, auf dem
er sich nicht mehr entscheiden muss zwischen der Repräsentation der Welt und der Welt der Repräsentation.
Die Welt ist jetzt ganz im Medium aufgegangen.
Dunja Bialas
“Telling a story is perhaps the best way to structure
time but I’m interested in finding different ways for development to take place. If there are ‘narrative cinema’
elements in my films I don’t want them to take you
‘elsewhere’ but to keep you here watching the film, a
construct, an artificiality.” (Michael Snow)
Wavelength | Kanada 1967 | R+B+K: Michael Snow |
M: Tom Wolff | D: Hollis Frampton, Lynne Grossman,
Naoto Nakazawa, Amy Taubin, Joyce Wieland | 45 min
| OF – This film is a continuous zoom which takes fortyfive minutes to go from its widest field to its smallest
and final field. It was shot with a fixed camera from one
end of an eighty-foot loft, shooting the other end, a row
of windows and a street. Thus, the setting and the action which takes place there are cosmically equivalent.
The room (and the zoom) are interrupted by four human
events including a death. The sound on these occasions is sync sound — music and speech occurring simultaneously with an electronic sound, a sine wave,
which goes from its lowest rate to its highest. It is a
total glissando, while the film is a crescendo and a dis-
▶ Mittwoch, 21. Mai 2014, 18.30 Uhr
*Corpus Callosum | Kanada 2002 | R+B: Michael
Snow | K: Harald Bachmann, Robbi Hinds | D: Jacqueline Anderson, Greg Hermanovic, John Massey, Kim
Plate, Tom Sherman | 92 min | OF – The corpus callosum is a central region of tissue in the human brain
which passes “messages” between the two hemispheres. *CORPUS CALLOSUM, the film (or tape, or
projected light work), is constructed of, depicts, creates, examines, presents, consists of, and is, “betweens”. Between beginning and ending, between
“natural” and “artificial”, between fiction and fact, between hearing and seeing, between 1956 and 2002.
It’s a tragi-comedy of the cinematic variables. *CORPUS CALLOSUM juxtaposes or counterpoints a realism
of normal metamorphosis (two extreme examples:
pregnancy, explosions) in believable, “real” interior
spaces with “impossible” shape changes (some made
possible with digital animation). (Michael Snow)
▶ Mittwoch, 21. Mai 2014, 18.30 Uhr
La région centrale | Kanada 1971 | R+B: Michael
Snow | K: Pierre Abbeloos | 180 min | OF – I started to
think about exterior spaces and arrived at the idea of
making a landscape film that would be a true film, not
an imitation of painting. It seemed that what would be
properly derived from the idea of doing something outside was camera movement in a totally 360-degree
space. I spent almost a year looking for someone who
could solve this and finally found Pierre Abbeloos. He
built a machine to my specs in the sense that I told him
what kind of motions and speeds it should be capable
of and that it had to be operable through remote control. I didn’t want anything made by humans, because
the peopling of space should occur in your mind. I didn’t want buildings, because that would be a human
form and I wanted the camera to make the form.
(Michael Snow)
▶ Donnerstag, 22. Mai 2014, 19.00 Uhr | Zu Gast:
Michael Snow
<—> (Back and Forth) | Kanada 1969 | R+B:
Michael Snow | D: Allan Karpow, Emmett Williams, Max
Neuhaus, Joyce Wieland, Luis Camnitzer | 54 min | OF
– It’s a classroom, and it’s built first on left-to-right and
right-to-left continuous pans with the camera on a tripod. It starts at a medium tempo, slows down, then
gradually picks up speed to very fast; there’s a cut to
an up and down pan in the same space at the same
high speed then it gradually slows down to a stop. The
gesture of BACK AND FORTH is a “yes” or “no” gesture
and includes such relationships as teacher/student and
male/female. The film is about reciprocities, balances,
oscillations. BACK AND FORTH also features something
I continue to be involved in which is themes and variations. That’s one of the things jazz has always done
and, in another way, that’s what I’ve done in film.
(Michael Snow)
▶ Freitag, 23. Mai 2014, 18.30 Uhr | Zu Gast: Michael
Snow
So Is This | Kanada 1983 | R+B+K: Michael Snow |
43 min | OF – A silent film of 45 minutes consisting of
single words of this script or score placed on the
screen one by one, one after another, for specific
lengths of time. It’s just words; it’s a written text, but
the style is conversational, as if you’re sort of blabbing
to someone. I think it says that actually, “It’s just between you and me.” Several different strategies were
employed on timing words/passages of the film. Image
quality changes too, and the situation of an audience
reading a film is a special one, not to be duplicated by
reading this. I was trying to catch most of the “this”
words as I filmed, trying to make new arrangements.
Again, it’s a theme and variation thing; a new elaboration of what’s already been stated. (Michael Snow)
▶ Freitag, 23. Mai 2014, 18.30 Uhr | Zu Gast: Michael
Snow
Presents | Kanada 1981 | R+B: Michael Snow | K:
Keith Lock, Michael Snow | D: Jane Fellowes | 98 min |
OF – PRESENTS has something like three different
modes in it. There is pushing and stretching, the tracking of the set, which because of convention you think of
as camera movement, but you can see that the set is
moving, then there is the smashing up of the set, followed by almost an hour of hand held pans which are
from all over the world. Each one the pans is a different
reaction to the scene with the camera. So that if the
camera was moving in one way you might follow it or if
the shape was round you would shoot it in a round way.
One of the things I wanted to do was to cut each pan so
that there would be no continuity from shot to shot, so
they were isolated in time and space as these little instants taken from life. (Michael Snow)
▶ Samstag, 24. Mai 2014, 18.30 Uhr | Zu Gast: Michael
Snow
Michael Snow
persed spectrum — so the film as a whole attempts to
utilize the gifts of both prophecy and memory, which
only film and music have to offer. (Michael Snow)
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Bayern in Babelsberg
DAS VERURTEILTE DORF
DEFA-Filme: Bayern in Babelsberg
62
Mehr als vierzig Jahre lang war Bayern verdammt weit
weg von Babelsberg. Wer aus dem Brandenburgischen
ins Bayerische oder auch Fränkische wechseln wollte,
hatte in den 1950er-Jahren die grüne Grenze, dann
sogar eine noch viel schärfer bewachte Mauer zu überqueren. Was den Ostdeutschen blieb, die sich auch in
tiefsten DDR-Zeiten stets mehr für den Westen, also
auch für Bayern interessierten als umkehrt, war das
westdeutsche Fernsehen. ARD und ZDF. Bayern präsentierte sich in den Wohnzimmern der Ostdeutschen
mit Löwe Leo, dem Komödienstadel und Inspektor
Wanninger. Dann auch mit Kir Royal. Wenig später fiel
die Mauer, und Bayern war wieder mit eigenen Füßen
zu betreten, mit eigenen Augen zu besichtigen.
Manchmal, ziemlich selten, wagte sich auch die in Babelsberg ansässige Filmgesellschaft DEFA an Filmstoffe, die sie in Bayern verortete. DAS VERURTEILTE
DORF (1951) beispielsweise. Oder DER PROZESS
WIRD VERTAGT (1958), FREISPRUCH MANGELS BEWEISES (1962), FOR EYES ONLY – STRENG GEHEIM
(1963) und CHRONIK EINES MORDES (1965). Hinter
den reißerischen Titeln, die oft etwas Kriminalistisches,
auch Tragisches assoziierten, verbargen sich fast
immer ernst gemeinte Annäherungen an politische Entwicklungen und Tatbestände in der Bundesrepublik.
Geschichten, wie es sie im westdeutschen Film nie
oder fast nie zu sehen gab. Die solidarische Gegenwehr gegen US-amerikanische Besatzungsoffiziere beispielsweise, die ein fränkisches Dorf entvölkern wollen
und an dessen Stelle einen Militärflugplatz bauen (DAS
VERURTEILTE DORF). Das war eine andere Art Heimatfilm als der in der Bundesrepublik erfundene: kein fröhlicher Singsang à la GRÜN IST DIE HEIDE, nichts von
Edelweiß und Almenrausch, sondern ein harter, existentieller Zusammenprall von Macht, Militär und Volk.
Dass die DEFA dabei wider besseres Wissen eine revolutionäre Volksfrontstimmung in der Bundesrepublik behauptete, gegen die Amerikaner, aber auch gegen die
eigene amerikahörige Obrigkeit, war der Zeit geschuldet: DAS VERURTEILTE DORF entstand, als der Kalte
Krieg am heftigsten tobte und, angesichts des KoreaKrieges, weltweit in einen heißen umzukippen drohte.
Was der DEFA in ihren Westdeutschland-Filmen vor
allem am Herzen lag, war der überdeutliche Nachweis,
Zivilcourage, politische Willkür, eine bloß behauptete
Pressefreiheit, die politische Funktionalisierung von Polizei und Justiz, die Verlorenheit und zunehmende Einsamkeit desjenigen, der gegen den Strom schwimmt –
all das, was hier für den Westen diagnostiziert wurde,
existierte schließlich, oft in viel stärkerem Maße, auch
im Osten. Doch es ist müßig, diese Filme gegen den
Strich zu lesen. Groschopp, Hasler, Hellberg und andere beteiligte Regisseure meinten tatsächlich nur die
Bundesrepublik, glaubten fest daran, was sie erzählten
und hatten manchmal ja sogar Grund dafür. Denn dass
diese Filme nicht nur Zerrspiegel waren, sondern
durchaus auch Spiegel der westdeutschen Realität,
hing mit dieser Realität selbst zusammen.
Existentielle Bedrohung und politischer Opportunismus
aus Angst vor dem gesellschaftlichen Absturz auf der
einen, Mut und Zivilcourage auf der anderen Seite –
dieses Gegensatzpaar wurde in DEFA-Filmen über den
Westen gepflegt. So auch in einer Arbeit, die den Holocaust thematisierte: CHRONIK EINES MORDES (1965)
von Joachim Hasler, frei nach Motiven des Romans
»Die Jünger Jesu« von Leonhard Frank. Haslers Film
beginnt mit der Amtseinführung eines neuen Bürgermeisters in einer westdeutschen Stadt: Schnittbilder
assoziieren Würzburg. Ein Gesangsverein stimmt den
»Wach auf!«-Chor aus Wagners »Meistersingern« an;
währenddessen ziehen Sturm und Gewitter auf. Dann
fällt ein Schuss: Eine junge Frau, Ruth (Angelica Domröse), tötet den soeben ins Amt eingeführten Bürgermeister im Foyer des Rathauses. Über ihre Gründe
geben die folgenden Rückblenden Aufschluss: Einst
war der jetzige Bürgermeister ein eingefleischter Nazi,
der maßgeblich dazu beitrug, die Stadt »judenfrei« zu
machen. So gab er auch den Befehl, Ruths Familie zu
liquidieren.
Bevor sich der Bogen schließt und der Film zu seiner
Auftaktszene zurückkehrt, entwirft er das politische
und moralische Psychogramm der städtischen Honoratioren. Auch hier hat sich das Vertuschen und Verdrängen wie Mehltau über die Gesellschaft gelegt. Doch
unter dem Mantel des Schweigens erhebt der alte Anti-
Bayern in Babelsberg
dass die Bundesrepublik unter Kanzler Adenauer alles
andere als ernsthaft mit der Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit befasst war. Dabei blendeten die Babelsberger Filmemacher alle Mühen um
die bürgerliche Demokratie aus und konzentrierten sich
vielmehr darauf, das verhängnisvolle Wirken von AltNazis in der westdeutschen Politik, Wirtschaft, Kultur
und Justiz an den Pranger zu stellen. Vor allem im Militär. Früheren Nazis, die jetzt im Westen erneut das
Sagen hatten, wurden im DEFA-Film keine Wandlungen in demokratische Richtung zugestanden.
Das im DEFA-Film gepflegte Feindbild wies feste Konturen auf: Der Feind, das war der alte, unbelehrbare
Wehrmachtsoffizier, nicht aber der kleine Soldat; der
Konzernchef, nicht der Arbeiter; der Bischof, nicht der
Dorfpfarrer; der korrupte Verlagsdirektor, nicht der um
Aufklärung bemühte einzelne, durchaus aufrechte
Journalist. Feinde waren immer diejenigen, die an der
Macht saßen. Die entsprechenden Filme waren nie frei
von Klischees, Verdrehungen, Verkürzungen, Kolportage-Effekten – im Gegenteil. Und sie hatten eine eindeutige politische Funktion, nämlich beim DDR-Publikum, für das sie vor allem inszeniert worden waren,
Zweifel an der Läuterung der westdeutschen Eliten zu
wecken und zu bestärken.
Höchste Besorgnis galt Vertretern von Presse, Polizei
und Justiz – also der viel beschworenen Garanten der
Demokratie. In Richard Groschopps FREISPRUCH MANGELS BEWEISES ist es ein liberaler Münchner Chefredakteur, der Parteispendenaffären der CSU aufdeckt
und danach durch eine Rufmordkampagne mundtot gemacht werden soll. Dieser Alexander Steinhorst – der
Name deutet auf eine geistige Verwandtschaft zu
»Spiegel«-Herausgeber Rudolf Augstein hin – war nach
dem Willen der Filmautoren zwischen 1933 und 1945
im Exil. Aus der Emigration zurückgekehrt, sah er es
als seine Pflicht an, »als politischer Publizist über unsere junge Demokratie zu wachen«. Von diesem Credo
blendet der Film direkt in die CSU-Zentrale über, in der
man gerade eifrig bestrebt ist, die Gesetze dieser Demokratie zu unterhöhlen und illegale Geldtransaktionen
eines katholischen Bischofs an die Partei zu vertuschen. Franz Josef Strauß, der als Figur auftritt, wenn
auch nur von hinten fotografiert, will das mit aller
Macht geheim halten: Jeder Mann habe seinen Preis,
regt er eine Bestechung Steinhorsts an, und, falls dieser nicht darauf eingehen sollte: »Unsere Toleranz hat
ihre Grenzen.«
Gerade ein DEFA-Film wie FREISPRUCH MANGELS BEWEISES könnte heute auch als Gleichnis auf die eigene,
die DDR-Gesellschaft, gesehen werden. Mangelnde
63
Bayern in Babelsberg
semitismus seine Fratze: Dem Gerichtspräsidenten,
über die Frage der Rehabilitierung nachsinnend, fällt
nichts anderes ein als ein schrecklicher Witz: »Wissen
Sie, was Rehabilitierung ist? Aus einem Stück Seife
einen Juden machen.« Aber in CHRONIK EINES MORDES, neben DER PROZESS WIRD VERTAGT (1958) der
zweite DEFA-Film, der sich der spannenden Frage der
Selbstjustiz jüdischer Opfer zuwendet, gibt es auch den
anderen, den »besseren« Vertreter der westdeutschen
Justiz: Ein Staatsanwalt legt – wie ein desillusionierter
Sheriff im Western – am Schluss sein Amt nieder und
bietet sich Ruth als Verteidiger an.
Der publikumswirksamste Spielfilm, den die DEFA je
über die Bundesrepublik – und über Schauplätze in
Bayern – drehte, hieß FOR EYES ONLY – STRENG
GEHEIM (1963) von Janos Veiczi. Seine Aufgabe war,
die Notwendigkeit des zwei Jahre zuvor in Angriff genommenen Mauerbaus zu begründen. Dafür nutzte er
die gefährlichen Abenteuer eines Stasi-Agenten (im
Osten »Kundschafter« genannt) im Feindesland, genauer gesagt: im Quartier des US-amerikanischen Geheimdienstes in Würzburg. FOR EYES ONLY ließ keinen
Zweifel, dass die DDR auch im Westen alles unter Kontrolle hat: Wenn US-amerikanische Militärmaschinen
über die »Zone« nach West-Berlin fliegen, stehen am
Boden selbstverständlich ostdeutsche Grenzpolizisten
mit Ferngläsern Wache. Und wenn westliche Geheimdienste über einen Überraschungsangriff der NATO auf
die DDR und das gesamte sozialistische Lager beratschlagen und dabei auf höchste Geheimhaltung pochen, weiß – Schnitt! – die Ost-Berliner Staatssicherheit längst Bescheid. Die Frage, ob Krieg oder Frieden
in Mitteleuropa herrscht, entschied sich laut FOR EYES
ONLY mit der Qualität der Arbeit der DDR-Stasi. Am
Ende durchbricht Kundschafter Hansen mit den gehei-
FOR EyES ONLy (STRENG GEHEIM)
64
men NATO-Aufmarschplänen die Grenzzäune zum
Osten. Wie er hätten gern auch Tausende seiner Zuschauer die Grenze überwunden – allerdings in umgekehrter Richtung …
Während in den 1960er-Jahren noch etwa ein Dutzend
DEFA-Filme im Westen und ein paar davon auch in
Bayern spielten, wurden es in den 1970er- und
1980er-Jahren immer weniger. Das hatte mehrere
Gründe: Wichtig war zum Beispiel die Arbeitsteilung
zwischen DEFA-Kinofilm und DDR-Fernsehen, das sich
mit seiner Ausbreitung ab 1960 verstärkt kritischen
Stoffen über die Bundesrepublik annahm und daraus
mitunter aufwändige mehrteilige Prestigeprojekte machte: KRUPP UND KRAUSE etwa oder das Verleger-Porträt ICH – AxEL CÄSAR SPRINGER. Viele DEFA-Regisseure, vor allem die der jüngeren Generation, sahen die
Entwicklungen des Westens nicht mehr als ihr Thema
an; antiwestliche Propagandafilme waren vielen von
ihnen suspekt: So etwas wollten sie nicht machen.
Dazu kam das Wissen, die realen Verhältnisse »drüben« erstens nicht genau zu kennen, zweitens nicht
realistisch widerspiegeln zu dürfen – und drittens im
Studio drehen zu müssen, denn Devisen für Dreharbeiten waren knapp und Drehteams wurden aus Furcht
vor Abgängen nur ungern in den Westen geschickt.
Viertens schließlich wusste man sehr genau, wie das
DDR-Publikum in der Regel auf Filme reagiert, die im
Westen meist nur das moralisch Unerledigte, politisch
Belastende, gesellschaftlich Verwerfliche, überhaupt
das abgrundtief Schlechte sahen: genervt, bevormundet, abweisend.
Ralf Schenk
Freispruch mangels Beweises | DDR 1962 | Richard
Groschopp | B: Carl Andrießen, Lothar Creutz, Richard
Groschopp | K: Günter Haubold | M: Wolfgang Lesser |
▶ Freitag, 6. Juni 2014, 18.30 Uhr | Einführung: Ralf
Schenk
Der Prozess wird vertagt | DDR 1958 | R+B: Herbert
Ballmann, nach der Novelle »Michaels Rückkehr« von
Leonhard Frank | K: Ernst W. Fiedler, Otto Hanisch | M:
Jean Kurt Forest | D: Gisela Uhlen, Raimund Schelcher,
Gerhard Bienert, Gerry Wolf, Friedrich Richter | 97
min – Hauptfigur ist ein emigrierter deutscher Jude,
der aus dem Ausland in die Bundesrepublik zurückkehrt, um die Verurteilung eines Mannes zu erwirken,
der im NS-Reich seine Schwester an die Gestapo ausgeliefert hat. Während einer Auseinandersetzung tötet
er den Denunzianten. Der Verfassungsschutz nimmt
sich des Falles an und versucht, die Tat als politischen
Racheakt in kommunistischem Auftrag darzustellen.
Geschrieben aus einem Gefühl der Ernüchterung gegenüber den Entwicklungen in der jungen Bundesrepublik, thematisiert Leonhard Franks Novelle die spannende Frage der Selbstjustiz jüdischer Opfer. In einer
der Hauptrollen spielt Gisela Uhlen, die 1956 in der
DDR Unterschlupf gesucht hatte und sie 1959 gemeinsam mit Regisseur Herbert Ballmann wieder verließ.
▶ Samstag, 7. Juni 2014, 18.30 Uhr
For eyes only (Streng geheim) | DDR 1963 | R+B:
Janos Veiczi | K: Karl Plintzner | M: Günter Hauk | D:
Alfred Müller, Helmut Schreiber, Ivan Palec, Hans
Lucke, Eva-Maria Hagen | 103 min – James Bond made
in Babelsberg: Hansen, Kundschafter der Ost-Berliner
Staatssicherheit, wird in den Geheimdienst der USArmy eingeschleust, um ein finsteres Komplott gegen
die DDR aufzudecken. Aus einer Dienststelle des MID
in Würzburg entwendet er einen Safe, in dem jene Dokumente lagern, die Aufmarschpläne der NATO gegen
den ostdeutschen Staat enthalten. »Westliches Schurkentum gegen östlichen Edelmut«, urteilte der Kritiker
Ulrich Gregor und konstatierte »hanebüchene Span-
nungsmomente«. Dennoch wurde FOR EYES ONLY zum
erfolgreichsten Agentenfilm in der Geschichte der DEFA.
▶ Sonntag, 8. Juni 2014, 18.30 Uhr
Tilman Riemenschneider | DDR 1958 | R: Helmut
Spieß | B: Joachim Barckhausen, Alexander Graf Stenbock-Fermor | K: Eugen Klagemann | M: Joachim Werzlau | D: Emil Stöhr, Gerd Michael Henneberg, Annekathrin Bürger, Kurt Oligmüller, Johannes Curth | 98
min – Biografischer Film über den Holzbildhauer Tilman Riemenschneider. Angesehen als Künstler und
auch gesellschaftlich etabliert, fühlt er sich sowohl in
seinem Werk als auch in seiner Funktion als Ratsherr in
Würzburg dem einfachen Volk verbunden. Doch als er
sich 1525 für die Rechte der Bauern einsetzt, provoziert er die Gegnerschaft seines bisherigen Gönners,
des Erzbischofs Konrad von Thüngen. Angereichert mit
einer melodramatischen Liebesgeschichte, beschreibt
der Film die dramaturgisch aufgeladene Konfrontation
zwischen Kunst und Macht. Die Titelrolle wurde mit
dem österreichischen Akteur Emil Stöhr besetzt, der
1956/57 mit rund zwei Dutzend Wiener Schauspielerkollegen nach Ost-Berlin übergesiedelt war.
▶ Montag, 9. Juni 2014, 18.30 Uhr
Abschied | DDR 1968 | R: Egon Günther | B: Egon
Günther, Günter Kunert, nach dem Roman von Johannes R. Becher | K: Günter Marczinkowsky | M: Paul
Dessau | D: Rolf Ludwig, Katharina Lind, Jan Spitzer,
Doris Thalmer, Annekathrin Bürger, Manfred Krug, Rolf
Römer | 106 min – Im August 1914 trifft der Münchner
Bürgersohn Hans Gastl eine folgenschwere Entscheidung: Er wird den Krieg nicht mitmachen. Schon als
Kind rebellierte er gegen die Saturiertheit und Scheinmoral im Elternhaus. Nach dem autobiografischen
Roman des expressionistischen Dichters und späteren
DDR-Kulturministers Johannes R. Becher. Ein formal
ambitioniertes Projekt: »Sinnsuche in gärenden Verhältnissen, Verstrickungen in Liebe, Wahn und Mord«
(Klaus Wischnewski). Mit expressiven Traumsequenzen, freien erotischen Szenen, frechen metaphorischen
Anspielungen auf rebellierende Jugendliche des Jahres
1968. Bei der Premiere rannte Walter Ulbricht verstört
aus dem Kinosaal.
▶ Freitag, 13. Juni 2014, 18.30 Uhr | Einführung: Ralf
Schenk
Pankoff | DDR 1966 | R: Harry Hornig | B: Harry Hornig,
Lothar Kusche | K: Hans Eberhard Leupold, Peter Hellmich | M: Wolfram Heicking | 21 min – In München
werden Passanten befragt, was sie sich unter dem von
Bayern in Babelsberg
D: Erich Gerberding, Herwart Grosse, Lissy Tempelhof,
Ivan Malré, Horst Schulze | 94 min – Ein angesehener
Münchner Publizist und Chefredakteur wagt es, in seinem Blatt die dubiosen Quellen des CSU-Wahlfonds zu
enthüllen. Daraufhin setzt die CSU einen Fotografen auf
ihn an, um ihn mit Beweisen zu seinem anrüchigen Privatleben zu Fall zu bringen. Der politische Kriminalfilm
basiert laut DEFA-Pressestelle auf dem realen Fall eines
Chefredakteurs der Süddeutschen Zeitung, der 1959
eine Parteispenden-Affäre aufdeckte und einer Rufmordkampagne zum Opfer fiel. Erik S. Klein spielt, mit typisch hochgezogenen Schultern nur von hinten aufgenommen, den CSU-Vorsitzenden Franz Josef Strauß.
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Kanzler Adenauer für die DDR benutzten, abwertenden
Begriff »Pankoff« vorstellen. – Absolution? | DDR
1969 | R: Heinz Müller, Werner Heydn, Christel Heydn |
B: Werner Heydn, Heinz Müller | M: Kurt Zander |
23 min – Die dunkle Vergangenheit des Münchner
Weihbischofs Matthias Defregger als Wehrmachtsangehöriger. – Meiers Nachlaß | DDR 1975 | R+B: Gerhard Scheumann, Walter Heynowski | K: Peter Hellmich, Horst Donth | 21 min – Auf einer Auktion in München werden Besitztümer von Hermann Göring verkauft
– zugunsten des bayerischen Landesvermögens. –
F. J. Strauß | DDR 1976 | R+B: Dieter Raue | K: Werner Heydn, Siegfried Kaletka | M: Günther Fischer |
4 min – Ein »bayrisches Heimatlied« von Dieter Süverkrüp. – Kundschafter in München | DDR 1977 | R+B:
Dieter Raue | K: Wolfgang Randel | 11 min – Das Radio
Freies Europa in München und seine »entspannungsfeindliche Tätigkeit«.
Bayern in Babelsberg
▶ Samstag, 14. Juni 2014, 18.30 Uhr. Einführung: Ralf
Schenk
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Der Ochse von Kulm | DDR 1955 | R: Martin Hellberg
| B: W. K. Schweikert, nach seinem Roman | K: Eugen
Klagemann | M: Günter Klück | D: Ferdinand Anton,
Lore Frisch, Franz Loskarn, Thea Aichbichler, Theo Prosel | 88 min – Auf einer Weide im Bayerischen versetzt
ein Ochse die US-amerikanische Besatzungsmacht in
Angst und Schrecken. Für dieses politische Vergehen
soll der Bauer Alois in Haft. Doch keiner der anderen
Bauern will seinen Ochsen in Verwahrung nehmen.
Was tun? Ein bayerischer Sturschädel foppt die GIs und
ihre bundesdeutschen Verbündeten. Heimatfilm-Posse
über die unüberwindliche Kraft des »gesunden Menschenverstands«, für die Regisseur Hellberg gleich eine
ganze Garde bayerischer Schauspieler engagierte.
▶ Sonntag, 15. Juni 2014, 18.30 Uhr | Einführung: Ralf
Schenk
Chronik eines Mordes | DDR 1965 | R+K: Joachim
Hasler | B: Angel Wagenstein, frei nach dem Roman
»Die Jünger Jesu« von Leonhard Frank | M: Gerd Natschinski | D: Angelica Domröse, Ulrich Thein, Jiří
Vrštála, Bohumil Šmída, Siegfried Weiß | 92 min –
Nach DER PROZESS WIRD VERTAGT dreht die DEFA
noch einen zweiten Film zum Thema jüdischer Selbstjustiz, wieder nach einer literarischen Vorlage von
Leonhard Frank. Angelica Domröse spielt Ruth Bodenheim, die von den Nazis in ein Bordell nach Polen
verschleppt worden war und nach dem Krieg in ihre
fränkische Heimatstadt zurückkehrt. Der Peiniger von
damals soll nun zum neuen Bürgermeister gekürt wer-
den. Am Tag seiner Amtseinführung zückt Ruth die Pistole. Exzellente Schauspieler, optische Strenge, eine
eindringliche Musik, die ein jüdisches Liedmotiv variiert: CHRONIK EINES MORDES ist trotz melodramatischer Elemente mehr als nur ein politisches Pamphlet.
▶ Freitag, 20. Juni 2014, 18.30 Uhr
Das verurteilte Dorf | DDR 1952 | R: Martin Hellberg |
B: Jeanne Stern, Kurt Stern | K: Karl Plintzner, Joachim
Hasler | M: Ernst Roters | D: Helga Göring, Günther
Simon, Eduard von Winterstein, Albert Garbe, Marga
Legal | 107 min – Ein etwas anderer deutscher »Heimatfilm«: Ein friedliches fränkisches Dorf soll einem
US-amerikanischen Militärflugplatz weichen. Die Bauern protestieren bei der Landesregierung, finden im
Dorfpfarrer einen Verbündeten, hoffen auf die Hilfe des
Bischofs. Als die Militärpolizei zur Räumung anrückt,
eilen die Bewohner der Nachbargemeinden zu Hilfe.
Frei nach einer Zeitungsmeldung von dem auch in
München arbeitenden Theaterregisseur Martin Hellberg mit Pathos und großen Gesten inszeniert. Dabei
behauptet der Film sogar das Entstehen einer revolutionären Situation in der Bundesrepublik. Dafür gab’s
1953 in Moskau den Weltfriedenspreis.
▶ Samstag, 21. Juni 2014, 18.30 Uhr
Wir tragen die Gewehre | DDR 1955 | R: Karl-Heinz
Bohm | B: Karl-Heinz Bohm, Harry Hornig | K: Erich
Nitzschmann | 13 min – Inszenierter Dokumentarfilm
über den Dienst bei der DDR-Grenzpolizei an der
Grenze zwischen Sachsen und Bayern. – Den Rennsteig entlang | DDR 1955 | R: Walter Marten | B: Helmut Räther, Walter Marten | K: Wolfgang Randel | M:
Walter Raatzke | 42 min – Der Film beschreibt den
170 km langen Wanderweg von Eisenach in Thüringen
bis in den Frankenwald und beschwört die Einheit
Deutschlands. – Ein Pfeiler im Strom | DDR 1983 |
R+B: Walter Heynowski, Gerhard Scheumann | K: Peter
Hellmich | M: Wolfgang Ziegler | 46 min – Der Kommunist Walter Zauner wird 1952 zu einer langjährigen Gefängnisstrafe verurteilt, weil er die Sprengkammer der
Marienorter Brücke in Regensburg zumauerte. – Zum
Beispiel: Regensburg | DDR 1983 | R+B: Walter
Heynowski, Gerhard Scheumann | K: Horst Donth, Winfried Goldner, Peter Hellmich | 7 min – Regensburg
wird zu Reagansburg und verglüht im Feuersturm eines
Dritten Weltkrieges. – Lang mi ned o – Faß mich
nicht an | DDR 1988 | R+B: Jörg Foth | K: Jürgen Hoffmann | 17 min – Konstantin Wecker beim Pressefest
des Neuen Deutschland in Berlin-Friedrichshain.
▶ Sonntag, 22. Juni 2014, 18.30 Uhr
Zuschauerkino
?
Das Sichtungs- und Organisationsteam Brigitte Bruns,
Christl Grunwald-Merz, Simon Hauck, Ralf Heinzlmeir,
Monika Hemmer, Walter Kys, Christoph Michel, Matthias Mondon, Natalie Squire und viele weitere Helfer
des MFZ e.V. freuen sich auf Einreichungen zum zehnjährigen Jubiläum. Kontakt: Post (Filmmuseum München, St.-Jakobs-Platz 1, 80331 München), E-Mail
([email protected]), Telefon (089-233 20538),
Fax (089-233 23931).
▶ Donnerstag, 12. Juni 2014, 19.00 Uhr | Die Filme-
macher sind anwesend
Zuschauerkino
tungen des Filmmuseums. Es wird vorausgesetzt, dass
die Filmemacher über die Rechte an den von ihnen eingereichten Filmen verfügen und diese am Abend vor
der Projektion kurz vorstellen.
Matthias Mondon und Christoph Michel
Seit zehn Jahren bietet das Zuschauerkino des Münchner Filmzentrums (MFZ) zweimal im Jahr allen, die
Filme machen, die Gelegenheit, ihre Filme auf der Leinwand des Filmmuseums einem interessierten Publikum
zu präsentieren und sich mit anderen Filmemachern zu
vernetzen.
Filme einreichen können alle, die einen Kurzfilm gedreht haben, unabhängig vom Inhalt oder Format des
Films, ob Spielfilm oder Dokumentation, Real-, Kunstoder Animationsfilm. Das MFZ wählt unter den eingereichten Filmen ein etwa zweistündiges Programm für
die Vorführung aus. Es können nur Filme gezeigt werden, die persönlich von Beteiligten vorgestellt werden.
Im Anschluss an die Vorführung bietet das MFZ eine
Begegnungsmöglichkeit, damit Teilnehmer und Zuschauer miteinander ins Gespräch kommen können
(für Erfrischungen ist gesorgt).
Die Filme müssen bis zum 29. Mai 2014 im Filmmuseum eingereicht werden, und zwar genau so, wie sie
am Veranstaltungsabend laufen sollen (keine Downloadlinks oder Vorabfassungen). Möglich sind die Formate 35mm, 16mm, DigiBeta, BetaSP, MiniDV, VHS,
DVD und Blu-ray. Zugelassen werden nur Filme bis zu
12 Minuten Länge. Alle Filmemacher, deren Filme im
Programm gezeigt werden, können an der Kasse bis zu
fünf Freikarten für den Zuschauerkino-Filmabend erhalten. Darüber hinaus bestehen keine weiteren Verpflich-
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Kelly Reichardt
RIVER OF GRASS
Retrospektive Kelly Reichardt
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Unterwegssein war einmal ein euphorisch besungener
Bestandteil der amerikanischen Mythologie. Immer wieder konnte man aufbrechen, immer wieder das Land
durchqueren und, wenn man Glück hatte, immer wieder einen neuen Horizont erreichen. In Kelly Reichardts
Filmen hat sich diese Perspektive jedoch eingeengt.
Wenn zu Beginn von WENDY AND LUCY Güterzüge
durchs Bild fahren, löst das zwar Erinnerungen an
Hobos aus, an jene Streuner und Tagelöhner, die einmal vogelfrei durchs Land zogen. Doch die jungen Obdachlosen, die wenig später am Lagerfeuer sitzen,
leben nicht aus Freiheitsliebe so – sie sind Arbeitsmigranten, die stets dem nächsten Job hinterherreisen.
Eine von ihnen ist Wendy, eine junge Frau, die mit ihrer
Hündin Lucy auf dem Weg nach Alaska ist, um dort in
einer Fischkonservenfabrik zu arbeiten. Sie hat eine
lange Reise vor sich, und das knappe Budget gestattet
ihr kaum Flexibilität. Deshalb kann die geringste Behinderung rasch zur großen Bedrohung anwachsen, und
genau das geschieht, als sich eines Morgens auf dem
Parkplatz einer Mall Wendys Wagen nicht mehr starten
lässt. Da ein Problem stets weitere nach sich zieht,
wird sie auch noch beim Diebstahl in einem Supermarkt ertappt und verhaftet. Lucy findet sie hernach
nicht mehr dort vor, wo sie sie zurückgelassen hat.
WENDY AND LUCY hatte 2009 in Cannes in der Sektion
»Un certain regard« Premiere und war der Film, mit
dem die US-Amerikanerin Kelly Reichardt international
ihren Durchbruch feierte. Ihr Kino ist eines der Genauigkeit und Zurückhaltung, es ist zugleich regional und
universell, politisch aufmerksam und von einer rauen visuellen Schönheit. Die ökonomischen Unwägbarkeiten
der Bush-Ära und die innenpolitischen Verhärtungen in
Folge der Terroranschläge von 2001 sind in Reichardts
auf unscheinbare Weise hellhörigen Filmen präsent –
sie müssen nicht ostentativ politisch werden. Ihre Figuren müssen sich stets zu ihrem Umfeld verhalten, sich
gegenüber einer fehlenden oder zumindest mangelhaften Solidarität bewähren. Reichardt, schrieb der USFilmkritiker Dennis Lim treffend, »zeigt das Leben in
einer Gesellschaft ohne Sicherheitsnetze, dessen Härte
nur von Hoffnung und Menschlichkeit gemildert wird.«
Bereits das Frühwerk der 1964 in Miami geborenen Filmemacherin ist von dieser Sensibilität für die politische
In RIVER OF GRASS geht nur noch der erste Schuss,
der sich versehentlich aus einer gefundenen Pistole
löst und das Pärchen zu vermeintlichen Mördern
macht, aus einer zärtlichen Bewegung hervor. Die
Hände der beiden vereinen sich zu einer gemeinsamen,
scheinbar fatalen Geste. Cozys und Lee Rays weitere
Aktionen sind jedoch keineswegs heroisch, ihre Flucht
gleicht einer Kreis- und Umkehrbewegung, die sie nirgendwohin führt, außer vielleicht in die Erkenntnis,
dass sie für dieses Außenseitertum nicht gemacht sind.
Aus der zunehmend kapitalistisch geprägten Landschaft Floridas führen keine Straßen heraus: Wie in
Don DeLillos Roman »Americana« ist das Road Movie
nur noch ein nostalgisch besetztes Zitat aus der Vergangenheit. Die Freeways, deren Cozy eines Tages
plötzlich gewahr wird, sind kostenpflichtig – ein freundlich-bestimmter Polizist verordnet die Rückkehr.
Das Thema der Utopie, sei es als Fluchtpunkt wie in
MEEK’S CUTOFF oder als politische Tat wie in NIGHT
MOVES, bleibt bei Kelly Reichardt bestimmend. OLD
JOY, den sie erst zwölf Jahre nach ihrem ersten Langfilm realisieren kann und der zugleich Reichardts erste
Zusammenarbeit mit dem Autor Jon Raymond markiert,
verhandelt die Frage nach dem Status quo im Leben,
den aufgegriffenen und ausgelassenen Möglichkeiten
anhand zweier Freunde, die sich auseinandergelebt
haben und nun eine gemeinsame Waldwanderung zu
einer heißen Quelle unternehmen. OLD JOY ist, trotz
seines minimalistisches Settings, ein Film, der sich
auch konkret zu einem zeithistorischen Moment verhält, indem er die Frage, nach welchen Maßgaben man
sein Leben entwirft, verallgemeinert. Das unbestimmbare Gefühl des Verlusts mag im Fall von Kurt (Will Oldham) mit seinem Marihuana-Konsum zusammenhängen; es ist aber auch Ausdruck einer Entfremdung zu
Mark (Daniel London), der bald Vater werden wird und
an der Weiche zu einem bürgerlicheren Dasein steht.
Kelly Reichardt
Kelly Reichardt
Gegenwart definiert sowie von einer wiederkehrenden
Bezugnahme auf klassische »Americana«. ODE, eine
mittellange Arbeit, erzählt eine »Geschichte, so amerikanisch wie apple pie«, so der Off-Erzähler. Der Film,
der ursprünglich auf einem Folk-Song basiert (die
Musik steuert bereits der Alternative-Country-Musiker
Will Oldham bei) folgt der tragisch endenden Schwärmerei des Mädchens Billie Joe für den Außenseiter
Bobby Lee. Die impressionistischen Bilder betten das
zentrale Paar, zwei Menschen, die von sich und der
Welt noch keine rechte Vorstellung haben, in eine lichte
Naturkulisse ein. Doch die repressiven familiären Verhältnisse, Billie Joes gläubige Eltern, tragen die Mitschuld daran, dass sich die unschuldige Beziehung des
Mädchens zu dem Jungen nicht entwickeln kann. Experimenteller geht Reichardt in zwei zehnminütigen
Super8-Miniaturen vor, die sie heute für Aufführungen
nicht mehr freigibt: In TRAVIS tastet die Kamera die
Großaufnahme eines Bildes ab, das nur in Farbintensitäten changiert, während auf der Tonebene eine Mutter
karmahaft Fragmente der Sorge über ihren Sohn im
Irak wiederholt; THEN A YEAR kombiniert zu disparaten
(Natur-)Schauplätzen akustische Schnipsel über Gewalttaten mit Liebesbriefen einer Lehrerin, die in den
1990er-Jahren durch ihre Affäre mit einem minderjährigen Schüler Schlagzeilen machte.
Reichardts Spielfilmdebüt RIVER OF GRASS erweitert
das Bezugsfeld, es ist die Variation eines Film-noirSubgenres, des »romantic couple on the run«. Deutlichstes Vorbild ist Terrence Malicks BADLANDS, mit
dem der Film nicht nur die teilnahmslose Erzählstimme
der weiblichen Heldin teilt, sondern auch eine offene
Montage, die wiederholt auch Bildartefakte aus dem erweiterten Umfeld des Paares einbezieht – Plattencover
und Fotografien beispielsweise, in denen die Erzählung
wie ein kulturelles Echo widerhallt. Anders als bei Malick und anderen Genrevorläufern wie Barbara Lodens
WANDA wird das Pärchen in RIVER OF GRASS jedoch
keineswegs mehr genuin »romantisch« besetzt. Cozy
(Lisa Bowman) ist eine verheiratete Frau mit Kindern,
die sich mit der Werteskala ihrer kleinbürgerlichen Lebenswelt nie angefreundet hat, während der von Larry
Fessenden (später auch einer der Produzenten Reichardts) verkörperte, noch jüngere Lee Ray bei seiner
Mutter lebt und ziellos durchs Dasein driftet. Als dieser
bei seiner ersten Begegnung mit Cozy in einer Bar von
Schicksal spricht, reagiert sie nicht einmal darauf: Dies
zeigt bereits Reichardts ironische Perspektive auf die
Versprechungen einer Erzählform, in der sich das Paar
im Outlaw-Modus des Mythos von Freiheit und Liebe
versichert.
69
MEEK’S CUTOFF
Kelly Reichardt
70
Am Lagerfeuer in der Nacht – die Flammen züngeln
aus dem unteren Bildrand hervor – gesteht Kurt seinem Freund, wie sehr er ihn vermisst. Seine Theorie,
dass das Universum einem fallenden Tropfen gleicht,
ist ein hübsch eingekifftes Bild für die Vergänglichkeit
aller Dinge. Trotz dieses kleinen Geständnisses bleiben
in OLD JOY die wesentlichen Gefühle, der Hintergrund
des Unbehagens, unausgesprochen. Die Krise der Protagonisten findet ein indirektes Echo über eine Radiosendung, in der über den Stand des Liberalismus in
den USA diskutiert wird. Aber auch Reichardts anti-idyllischer Blick auf die Natur (Jon Raymonds Drehbuch
wurde von Fotografien Justine Kurlands inspiriert, auf
denen nackte Menschen in Wäldern zu sehen sind) erzählt von der Unmöglichkeit, sich in der Zeit zurückzubewegen. Der wilde Campingplatz, auf dem sich die
Freunde nach einigem Herumirren niederlassen, sieht
in der Frühe wie eine Müllhalde aus. Das Bad in den
Quellen gerät demgegenüber zu einem Augenblick des
Innehaltens, bei dem die Körper in einen Zustand der
Entspannung verfallen. Ein kleiner Trost, eine Geste
freundschaftlicher Intimität – OLD JOY gelangt jedoch
nicht in einen Zustand von Harmonie zurück, die
Freunde finden nur kurz zu sich selbst.
In Reichardts nächsten beiden Filmen, in WENDY AND
LUCY und dem Western MEEK’S CUTOFF, jeweils mit
Michelle Williams in der Hauptrolle besetzt, wird die
Krise des Individuums innerhalb einer sozialen Ordnung
noch umfassender zum Thema. Sie wollte Wendy ursprünglich in der Wildnis stranden lassen, erzählte
Reichardt einmal, nur dass die Wildnis in diesem Fall
eine dieser uniformen amerikanischen Kleinstädte Oregons ist, mit ihren Parkplätzen, Tankstellen und Einfamilienhäusern, die fast überall stehen könnten. Was
passiert, wenn eine Einzelne auf eine Gesellschaft
stößt, die an ihrem Schicksal keinen Anteil nimmt?
Dies ist die zentrale Frage des Films: Ohne Adresse bekommt man keinen Job, und ohne Job keinen anderen
Job, sagt der Parkwächter einmal, einer der wenigen,
der sich der Gestrandeten als Helfer anbietet. Wie
Wendy auf die ökonomische Not reagiert, ihre Beherrschtheit in der Krise, ihre Pragmatik in Handlungen,
dann, phasenweise, auch ihre Selbstversunkenheit,
wenn sie nur ein Lied vor sich her summt – allein dieses Gebaren bestimmt den losen Fortgang des Films.
Wird sie Lucy wiederfinden? Und wie viel kostet eine
Autoreparatur? In der Beharrlichkeit dieser Figur schimmern auch vergangene neorealistische Heldinnen des
Kinos durch, mit noch weniger Rückhalt in der Welt,
von Robert Bressons MOUCHETTE bis zur ROSETTA
der Brüder Dardenne.
MEEK’S CUTOFF zeigt die Auseinandersetzungen in
einer Truppe Siedler, die sich mit ihrem Treck während
des Oregon-Trails 1845 in einer ausgedörrten Steppenlandschaft verirrt hat. Die Siedler misstrauen ihrem
Führer Stephen Meek, sie nehmen an, er habe sie mit
Absicht in ein Niemandsland geführt. Unter dem Sternenhimmel flüstert man sich zu, ihn eventuell hängen
zu wollen. Ob Meek tatsächlich so durchtrieben ist,
lässt der Film offen. Er wirkt wie die Verkörperung
eines Westernklischees, ein wuschelbärtiger Dampfplauderer, der gerne die Heldentaten von früher auspackt. Reichardt richtet ihren Blick auf den im Westerngenre oft übersehenen Alltag der Pionierinnen, sie protokolliert alltägliche Handgriffe, die Mühsal, die zu diesem Leben in der Wildnis gehört. In ihrem offensichtlichsten Genrefilm lässt sich besonders gut studieren,
wie sie anhand von Bildern, die zur amerikanischen Ikonografie gehören, eine neue Empfindsamkeit herausarbeitet. MEEK’S CUTOFF weist diese Rolle vor allem
den Frauen zu, tatkräftigen, duldsamen, aber auch resoluten Persönlichkeiten, die sich ihr eigenes Urteil
bilden.
Dies ist nicht die einzige Korrektur, die Reichardt vornimmt. Die Bildgröße, im traditionellen 4:3-Format, verweist auf eine Ära des klassischen Hollywood-Kinos,
was den Landschaftsaufnahmen von Chris Blauvelt
wENDy AND LUCy
River of Grass | USA 1994 | R: Kelly Reichardt |
B: Kelly Reichardt, Jesse Hartman | K: Jim Denault |
M: John Hill | D: Lisa Bowman, Larry Fessenden, Dick
Russell, Stan Kaplan, Michael Buscemi | 73 min | OF –
Ode | USA 1999 | R+B+K: Kelly Reichardt, nach dem
Roman »Ode to Billy Joe« von Herman Raucher | M:
Will Oldham, Yo La Tengo | D: Heather Gottlieb, Kevin
Poole, Jon Wurster | 46 min | OF
▶ Freitag, 20. Juni 2014, 21.00 Uhr
27. Juni 2014, 18.30 Uhr
▶▶ Freitag,
Old Joy | USA 2006 | R: Kelly Reichardt | B: Kelly Reichardt, Jon Raymond, nach der Erzählung von Jon
Raymond | K: Peter Sillen | M: Yo La Tengo | D: Daniel
London, Will Oldham, Tanya Smith, Robin Rosenberg |
76 min | OmU
▶ Dienstag, 17. Juni 2014, 18.30 Uhr ▶▶ Samstag,
21. Juni 2014, 21.00 Uhr
Wendy and Lucy | USA 2008 | R: Kelly Reichardt | B:
Kelly Reichardt, Jon Raymond, nach der Erzählung
»Train Choir« von Jon Raymond | K: Sam Levy | M: Will
Oldham | D: Michelle Williams, Walter Dalton, Will Oldham, John Robinson, Will Patton | 80 min | OmU
▶ Mittwoch, 18. Juni 2014, 18.30 Uhr ▶▶ Sonntag,
22. Juni 2014, 21.00 Uhr
Meek’s Cutoff | USA 2010 | R: Kelly Reichardt | B: Jon
Raymond | K: Christopher Blauvelt | M: Jeff Grace |
D: Michelle Williams, Bruce Greenwood, Will Patton,
Zoe Kazan, Paul Dano, Shirley Henderson, Neil Huff |
104 min, OmU
▶ Dienstag, 24. Juni 2014, 18.30 Uhr ▶▶ Mittwoch,
25. Juni 2014, 18.30 Uhr
Kelly Reichardt
eine malerische Qualität verleiht. Eine Figur verdeutlicht Reichardts Abkehr vom romantisierenden Westernbild jedoch am trefflichsten: der Indianer vom
Stamm der Cayuse, der die Siedler verfolgt, der gefangengenommen, dann aber verschont wird und sie
schließlich als Lotse aus der Verirrung führen soll. Er
verkörpert das Gegenteil des edlen Wilden, eine zutiefst ambivalente Figur. Der Konflikt, der den Anspruch
des Films so schön zum Ausdruck bringt, führt durch
diesen Fremden unter Fremden hindurch: Reichardt
geht es um den Versuch, hinter Archetypen eine Realität aufzudecken, in der sich das Konzept Zivilisation
erst erproben muss.
NIGHT MOVES, Kelly Reichardts neuester Film, der voraussichtlich im Sommer 2014 in den deutschen Kinos
anlaufen wird, fügt dieser Auseinandersetzung von Individuum und Gesellschaft eine in ihrem Œuvre neue
Facette hinzu. Indem sich die Regisseurin dem Umweltaktivismus einer jüngeren Generation zuwendet, findet
sie einerseits zu einer ungewöhnlichen Konkretisierung
von politischem Handeln. Doch Kelly Reichardts Relativismus bleibt auch in diesem Film eine ihrer großen
Stärken: Sie beschreibt ein postutopisches Amerika, in
dem das Individuum auf sich selbst zurückgeworfen ist
und das Fundament des gesellschaftlichen Miteinanders neu verhandelt werden muss.
Dominik Kamalzadeh
71
Oskar Maria Graf
Zum 120. Geburtstag von Oskar Maria Graf
72
Vor 120 Jahren wurde Bayerns größter Erzähler Oskar
Maria Graf (1894–1967) geboren. Das ist Anlass genug, sein Werk zu feiern. Als er vor zwanzig Jahren
zum Hundertsten auf vielen Bühnen und Podien präsent war, besann man sich zunehmend auf seine Erzählkunst, seine politischen Leiden- und Zeugenschaft.
Im Literaturhaus München stieg er neben Thomas
Mann zu einem »Hausheiligen« auf. Und auch das
Münchner Filmmuseum schließt mit zwei Verfilmungen
seiner so dicht erzählten Geschichten in diesem Jahr
an den 1994 gezeigten Zyklus von vier Graf-Filmen an.
Dass Oskar Maria Grafs Erzählen weiterhin eine Art lite-
rarischen Maßstab vorgibt, bewies vor fünf Jahren die
Reaktion auf Josef Bierbichlers Bestseller »Mittelreich«:
Man verwies wiederholt auf seine keineswegs nur topographische Nähe zu dem in Berg geborenen Graf. Der
Schlusssatz aus seiner Rede zu Grafs 100. Geburtstag
– »Auch in der Lüge ist Leben« – wurde zum geflügelten Wort.
Einer der nach Grafs »Kalendergeschichten« gedrehten
Filme, die zum heurigen Oskar-Maria-Graf-Jubiläum
gezeigt werden, nähert die beiden Anarchisten vom
Ostufer des Starnberger Sees noch mehr aneinander
an. Josef Bierbichler hat 1987 beim Internationalen
schafft es doch ein aus dem Militär entlassener Knecht
– bei Graf nach dem Ersten Weltkrieg, bei Baier nach
dem Zweiten und nach russischer Gefangenschaft –
sie zu heiraten. Er spielt Ziehharmonika und verstellt
sich, bis er Herr auf dem Hof wird und seine Frau so tyrannisiert, dass diese einen Tagelöhner zum Mord anstiftet.
Im Jahr seiner Erstaufführung 1995 wurde der Film als
Heimatgeschichte hoch gefeiert, Hauptdarstellerin
Maria Gedeck erhielt den Bayrischen Filmpreis. Die
Änderungen gegenüber dem Graf-Text blieben weitgehend undiskutiert. Erhebliche Irritationen bereiteten
allerdings dessen zwei Fassungen mit unterschiedlichen Titeln. Jo Baier baute auf der überarbeiteten Fassung des Textes auf, die 1973 unter dem Titel »Geschichte von der buckligen Hölleisengretl« erschienen
war. Diesen Titel fand man aber nicht 1994 in der aktuellen Neuausgabe von Grafs Erstfassungen der »Kalendergeschichten« aus dem Jahre 1929, denn über
der ersten Fassung steht: »Die Geschichte von der
schiefen Matratze«. Graf knüpft damit an ein Stück aus
dem elterlichen Haushalt an, das nur in dem ehemaligen Rahmen der Erzählung eine Rolle spielt: Grafs
Vater hatte eine schiefe Matratze aus dem Besitz der
für zehn Jahre im Gefängnis einsitzenden Gretl ersteigert. Oskar schläft darauf, wenn er heimkommt. Weder
in der Zweitfassung noch im Film ist die Rede davon.
Jo Baier lässt die Gretl mit Buckel und Besitz alleine auf
ihrem Hof weiter leben. Mit dem ursprünglichen Titel
der Erzählung verbindet sich nicht nur der Hinweis auf
die enge Bindung der Geschichten an Grafs Lebenswirklichkeit, sondern auch ein Tip für Leser, sollten sie
den Text in ihrer Ausgabe der »Kalendergeschichten«
von 1929 oder 1973 nachschlagen wollen.
Ulrich Dittmann
Hölleisengretl | D 1995 | R+B: Jo Baier, nach einer Erzählung von Oskar Maria Graf | K: Jürgen Martin, Horst
Zeidler | M: Stefan Melbinger | D: Martina Gedeck, Michael Lerchenberg, Hubert von Goisern, Josef Wierer,
Jutta Schmuttermaier, Herbert Fux | 104 min
▶ Sonntag, 6. Juli 2014, 18.30 Uhr
Triumph der Gerechten | BRD 1987 | R+B: Josef
Bierbichler, nach einer Kalendergeschichte von Oskar
Maria Graf | K: Jörg Schmidt-Reitwein | D: Josef Bierbichler, Rudi Klaffenböck, Alfons Scharf, Annamirl Bierbichler, Fritz Hitzer, August Kühn, Heinz Braun | 81 min
▶ Sonntag, 6. Juli 2014, 21.00 Uhr
Oskar Maria Graf
Forum des jungen Films in Berlin eine eigenständig
freie Verfilmung von Grafs TRIUMPH DER GERECHTEN
vorgestellt: »Vier Kapitel aus dem Dreißigjährigen
Krieg«, die in lockerer Verknüpfung zeigen, wie die Bauern geschunden, ihr Vieh und ihre Familien regelrecht
geschlachtet wurden: »Nimm dem Bauern seine Bleibe
und er ist ein Stück Elend inmitten der verwirrenden
Welt« – dieser Satz fasst den Inhalt der Episoden zusammen. So wie die Gattung der von Graf fürs
20. Jahrhundert wieder belebten Kalendergeschichten
auf Aktualität, auf Aufklärung und Appell zielt, gestaltet
Bierbichler seinen Film. Er verbindet Grafs historische
Erzählung mit Visionen aus der Zeit des Kalten Krieges:
Ebenso wie die Bauern einst der Kirche und dem Kurfürsten vertrauten, sahen die späteren Bürger in der
atomaren Aufrüstung eine Sicherung des Friedens.
Eine sehr aktuelle apokalyptische Vorstellung entwickelt sich aus Grafs düsterster und bitterster Kriegserzählung, die der Autor in seinen Sammlungen durch
ihre Position betonte: 1929 ganz ans Ende der »Geschichten vom Land« gestellt, leitet sie nach dem Zweiten Weltkrieg die Ausgabe von 1957 ein: Sie sollte sich
den Lesern beim Einstieg ins Buch einprägen beziehungsweise nach Schluss der Lektüre im Kopf bleiben.
Die Gruppe der Darsteller, unter ihnen die Schriftsteller
August Kühn und Friedrich Hitzer, öffnet nostalgische
Rückblicke in die bewegte Zeit der freien Theater in
München sowie auf eine heute vermisste Diskussionskultur. Es geht nicht nur um Literatur, sondern wie
immer, wenn von Grafs Werken die Rede ist, auch um
konkrete und aktuelle Politik. Wirtshäuser und vor
allem Gerichtssäle zählen nach Oskar Maria Graf zu
den inspirierendsten Lokalitäten, von ihnen bezog er
immer wieder Stoffe für seine Geschichten; ein ganzer
Bauernroman – »Der harte Handel« – handelt vom geschickt eingefädelten Betrug der Brandversicherung.
Und am Schluss der Erzählung »Das Aderlassen« bringt
ein Bauernsohn den zur Hofübergabe unwilligen Vater
unter die Erde, ohne dafür belangt werden zu können;
der Erzähler resümiert händereibend den Fall: »So saudumm sind die Richter«.
Eine derartige Überlistung der Justiz mag Jo Baier bewogen haben, Grafs Geschichte von der buckligen Hölleisengretl nicht mit der Verurteilung der Titelfigur und
ihres Mordgehilfen enden zu lassen, sondern mit der
Solidarität eines Dorfes für die von ihrem brutalen Ehemann befreite Bäuerin, der man deswegen keinen Prozess macht. Die Hölleisengretl hat einen Buckel und ist
hässlich, sie besitzt aber einen großen Hof, der Brautwerber anlockt. Diese weist sie ab, weil die sich nicht
für sie, sondern ihren Besitz interessieren. Schließlich
73
Paris im Film
HôTEL DU NORD
Paris im Film
74
Die Kunst und die Konstruktion
Das kennt jeder, diese Szenen hat jeder gesehen. Das
Mädchen, das den New York Herald Tribune verkauft
auf den Champs-Elysées, eine amerikanische Studentin. Der Junge, der sich an sie ranmacht und mit ihr ins
Bett geht, ein einfacher Typ, er ist in die Stadt gekommen auf der Flucht, er hat ein Auto gestohlen und
einen Polizisten erschossen. Patricia und Michel, Jean
Seberg und Jean-Paul Belmondo in À BOUT DE SOUFFLE von Jean-Luc Godard. Wegweisend für das neue
französische Kino, Anfang der Sechziger, die Nouvelle
Vague, und für die Stadt Paris, wie das Kino sich ihr
nähert, hingerissen von ihrer Jugend und unsicher zugleich, wie lang sie dauern mag. Durch die Fenster des
kleinen Hotelzimmers, in dem das Paar seine Existenz
reflektiert und seine Zukunft, ist die Stadt immer präsent. Die melancholische, die philosophische Stadt. Am
Schluss hat das Mädchen den Jungen verraten und er
stolpert tödlich angeschossen von den Flics die Rue
Campagne Premiere entlang zum Friedhof Montparnasse, sinkt auf der Kreuzung mit der Rue Raspail zu
Boden.
Die Stadt der Moderne, so hat Walter Benjamin Paris in
seinem Passagen-Werk dargestellt. Stadt der Eisenkonstruktionen, der Passagen, der Interieurs und der Boudoirs, der Flaneure, der Hurenhäuser. »Die Konstruktion nimmt die Rolle des Unterbewusstseins ein. Nichtsdestoweniger beginnt der Begriff des Ingenieurs, der
aus den Revolutionskriegen stammt, sich durchzusetzen, und die Kämpfe zwischen Konstrukteur und Dekorateur, École Polytechnique und École des Beaux-Arts
beginnen.« Der Kampf prägt auch das französische Kino
von Anfang an, wenn Fantomas die Straßen der Stadt
unsicher macht mit seinem Terror, in den surrealen Pirouetten der Zwanziger, im Phantastischen Realismus,
den Marcel Carné baut mit seinen Mitstreitern Alexandre Trauner und Jacques Prévert, den Jean Cocteau
beschwört nach dem Krieg und dem auch Jean-Pierre
Melville nachtrauert in seinen Filmen. Paris, die imaginierte Stadt, in der das Wirkliche künstlich wird.
Apotheosen
Mit À BOUT DE SOUFFLE gibt es die große Zäsur im Parisfilm. Eine Reaktion auf das Fantasy-Paris der Fünfzi-
Hier spielt das Volk
Mit Melville beginnt die Amerikanisierung der Pariser
Filme, die von der Nouvelle Vague dann vollendet werParis im Film
Mobilisierung der Träume
Sie machten mobil gegen das bürgerliche Paris, gegen
ein Leben, das sich zurückzog und abschloss, Diskretion und Bürgerlichkeit, dunkle Treppenhäuser, weit-
räumige Apartments, nur wenig Kontakt zu den Nachbarn und Spuren von Agoraphobie. Bei Roman Polanski
ist das völlig traumatisiert, sein LOCATAIRE ist ein großer Pariser Horrorfilm, inspiriert von den gesamteuropäischen Schrecken des 20. Jahrhunderts.
Ein subversives Spiel mit der Diskretion hat dagegen
Luis Buñuel getrieben in BELLE DE JOUR, über die
Heimeligkeit der Liebe am Nachmittag. Mit Catherine
Deneuve als Gelegenheitsnutte hat er Vorstellungen
der jungen Nouvelle-Vague-Cineasten aufgegriffen von
der Frau im Paris der Sechziger. In den DREAMERS hat
Bernardo Bertolucci dann den Rückzug noch einmal radikal ausgemalt, in die labyrinthischen Apartments der
Eltern, wo man verrückte Sexspiele treibt – nur in die
Cinémathèque Française zieht man los, und um für
deren Erhalt zu kämpfen und für ihren Direktor Henri
Langlois, auf den Straßen, im Mai 68.
Die schöne Gegenfigur zu Deneuve ist Alain Delon als
Samurai, als eiskalter Engel und und Auftragskiller, kreiert von Jean-Pierre Melville. Delon und Melville, zwei
Archetypen, die jahrelang das französische Kino beherrschten und sein Bild von Paris. Es gibt keine größere Einsamkeit als die eines Samurai, außer vielleicht
die eines Killers in der großen Stadt Paris, könnte man
den berühmten Vorspruch des Films umwandeln. Paris,
Stadt der Unsichtbarkeiten, der Einsamkeiten. Mit
seinem Ford Galaxy hat Melville – er spielte den Schriftsteller, den Jean Seberg interviewt in À BOUT DE
SOUFFLE – die Nächte der Stadt durchkreuzt, ironischerweise ist sein SAMOURAI dann auch der schönste
Pariser Métro-Film geworden.
75
LES qUATRE CENTS COUPS
ger, das Studio-Glamour-Objekt, die Impressionisten
hatten da ganze Arbeit geleistet, man sieht es in Vincente Minnellis AN AMERICAN IN PARIS, der Apotheose des Hollywoodmusicals, und in Jean Renoirs
FRENCH CANCAN, der Apotheose der Moulin Rouge
Show. Bunter, bewegter, berauschender geht’s nimmer. Die Entwicklung des Farbfilms war entscheidend,
die in den Fünfzigern den Realismus aus dem Kino
schob, die Farbe hat die Erinnerungen an die dunkle,
schwarzweiße Stadt, die cité noire, komplett verdrängt.
Eine filmische Stadtrenovierung. Statt Unterdrückung
und Kollaboration gibt es nun Freiheit und Teamwork.
Das Buch von Donald Knox zum Minnelli-Film ist eine
Orgie der Verherrlichung der klassischen Studioarbeit,
zu schön, um bald noch wahr zu sein.
Nicht, dass es nach Godards Film – er ist wieder
schwarzweiß, wie auch zur gleichen Zeit die QUATRE
CENTS COUPS von François Truffaut, aber ein kühleres,
schmutzigeres, nicht filmnoireskes Schwarzweiß –
Paris nicht mehr imaginiert gegeben hätte. Die Nouvelle Vague ist wohl auf die Straßen gegangen, aber sie
hat ihre Filme mit dem Blick zurück auf die Filmgeschichte gemacht, in der Erinnerung an das Kino, das
ihre Regisseure liebten und verteidigt hatten – Hollywood primär, Jean Renoir, und René Clair und Marcel
Carné. Das Paris der kleinen Leute, der Arbeiter und
auch der Gaukler, mit seinem poetischen Alltag. Das ist
pures coming of age, aber in einer künstlichen Kindheit,
die meisten der Jungs waren aus der Provinz in die
Stadt gekommen.
Paris im Film
den wird, dabei lassen sie sich inspirieren von Jacques
Becker, der bei Renoir Assistent war und den Jazz leidenschaftlich liebte. Sein RENDEZ-VOUS DE JUILLET
ist ein Aufbruchsfilm von großer Melancholie und amerikanischem Drive. Dass sie Saint-Germain-des-Prés
nicht kennen, sagt Becker, hat vielen Leuten geholfen,
den Film auf einer Ebene zu lieben, wie ich das wollte.
Der Mythos Paris ist divergent, je nachdem in welchem
Viertel die Filme spielen. Paris, die dezentrierte Metropole, bei Hemingway taucht sie auf als the moveable
feast. Ein Mythos der Zwanziger, noch Woody Allen ist
ihm voll auf den Leim gegangen, als er MIDNIGHT IN
PARIS drehte – und wurde schwer enttäuscht. Eric
Rohmer, der Jahrzehnte lang an einem ganz persönlichen Langzeitprojekt »Paris im Kino« arbeitete: »Die Pariser lieben Paris nicht besonders, das interessiert sie
nicht … Filme, die in Paris gedreht wurden, zeigen
nicht notwendigerweise Paris.«
Schon bei Jacques Tati sind die Amerikaner in Scharen
nach Paris gekommen. PLAYTIME spielt den Kontrast,
den Konflikt aus zwischen dem alten Paris und dem
neuen. Asynchronität ist das Schicksal der modernen
Stadt. Die Naivität von Monsieur Hulot vermittelt zwischen den Zeiten, man darf diesen Film nicht als einseitige Zivilisationskritik sehen. Es hat nichts mit Nostalgie zu tun, wenn Tati die Stadt zum Schunkeln bringt,
das geht zurück bis zu Clair. »PLAYTIME ist gigantisch,
der größte Film über die Moderne, der je gedreht
wurde«, hat Marguerite Duras ironisch geschrieben:
»Das ist Auf der Suche nach der verlorenen Zeit in der
Dimension der Räume, und im Bereich der Civitas ist
es das einzige Mal, dass man sagen kann: Hier spielt
das Volk selbst.«
76
Es singt in der Stadt
»Schauplatz Paris« hat eine Reihe im Filmmuseum
1984 geheißen, Paris vu par … Was nicht ganz korrekt
war, ein Schau-Platz ist Paris nie gewesen. Nie nur
Bühne, immer eher: Mitspieler, Konkurrent, Kollaborateur … Am schönsten ist das in ON CONNAIT LA CHANSON von Alain Resnais zu sehen, wo Paris einen magischen Bann über die Leute legt, der ihnen immer wieder populäre Lieder und Songs über die Lippen jagt –
das Unbewusste singt. Resnais erforscht die Schichten
der Stadt, das Steinerne und das Poröse, das Impulsive
und das Melodiöse, sein Film ist auch ein schöner Diskurs über Architektur und Stadtpolitik, wie die moderne
Stadt versucht, den Zerstörungen zu entgehen.
Das ist das Entscheidende, erklärt Frieda Grafe zur Dialektik von Stadt und Kino, diese Kontamination, die im
Städtischen passiert, wo alles ineinandergreift …
»Mich interessiert die Verknüpfung von Stadt und Film.
Die Stadt im Film ist nie Kulisse … Die Stadt als Bühne
für den Film finde ich absolut uninteressant. Da wo Architektur im Film wirklich interessant ist (Lang, Antonioni, Rohmer, Scorsese, Carpenter) nimmt der Film
Stücke vom Stadtgewebe und baut sie ein in seine Bilder, und da sind sie wieder so etwas wie Verteiler von
Geschichte …«
Natürlich haben die MGM-Leute, Arthur Freed, Gene
Kelly, Vincente Minnelli, den AMERICAN IN PARIS auf
den Straßen der Stadt selber drehen wollen, on the
town, so wie man es kurz zuvor erfolgreich mit New
York gemacht hatte. Es scheiterte nicht nur an den
komplizierten Organisationsproblemen, die in Paris zu
bewältigen gewesen wären. Sondern auch daran, dass
sie durchaus eine Ahnung davon hatten, was die europäische Stadt von der amerikanischen unterscheidet,
wo die rush hour immer auch showtime ist.
Man liebt Paris als Zufluchtsort, gerade weil die Stadt
keine falsche Sicherheit verspricht, weil sie wie eine
femme fatale trügerisch und beunruhigend bleibt. Von
allen Brian-De-Palma-Filmen ist FEMME FATALE die
größte tour de force. Es ist, als steckte in all seinen früheren Filmen aus New York schon der Traum von
einem solchen Showdown in Paris. Die Bilder, die man
sich von der Stadt macht, werden nie ein ganzes Bild
Kampfplatz Paris
Mit Godard und der Nouvelle Vague ist Paris nochmal
zum Markenzeichen geworden. Die Jugend, die sich
ihre Stadt von den älteren Generationen holen muss,
der Paris-nous-appartient-Effekt. Die Mysterien von
Paris sind für sie – und für die fremden Nouvellevagueianer wie De Palma – die Geheimnisse der
Frauen. Jean Seberg, Anna Karina, Catherine Deneuve,
Bulle und Pascale Ogier, Rebecca Romijn-Stamos …
Sie haben es leichter, die Einsamkeit zu bewältigen, die
der Dschungel der Großstadt für sie bereit hält. In LE
PONT DU NORD machen sie sich tatsächlich auf eine
Expedition, mit Jacques Rivette und seinem Kameramann William Lubtchansky, der alles schnell und ohne
künstliches Licht filmt. Pariser Kungfu. Kampfplatz
Paris.
Schnell ist die Nouvelle Vague natürlich selbst historisch geworden, in dem Spiel der Erwartungen und Erinnerungen, das die Stadt mit ihren Filmemachern
trieb. Eric Rohmer hat das schön festgehalten, in einem
kleinen Exkurs, seine eigene, sich über Jahrzehnte hinziehende Chronik von Paris ist darin enthalten, von LE
SIGNE DU LION über LA FEMME DE L’AVIATEUR bis zu
LES RENDEZ-VOUS DE PARIS:
»In meinem ersten Spielfilm, in LE SIGNE DU LION,
kommt Paris noch öfter vor als in LA FEMME DE L’AVIATEUR. Rivette zeigt in LE PONT DU NORD ein Paris der
Zerstörung und der Katastrophe. Anfang der Siebziger
hatte ich keine Lust, Paris zu zeigen; in den Sechzigern
wurde das zu oft getan. Außerdem gab es nicht viel Interessantes. Die Stadt hatte sich nicht verändert, sie
war nur abgenutzt. Jetzt, Anfang der Achtziger, gab es
etwas Neues, und andererseits erschien mir Paris doch
unverändert seit dem Anfang der Nouvelle Vague. Die
Weise, wie die Kamera sich in den Straßen der Stadt
bewegt, hat sich verändert. Die ersten Filme der Nouvelle Vague wurden nicht mit Originalton gedreht. Es
gab noch keine leichten Handkameras und noch keine
kleinen Mikrofone. Früher war alles fragmentarisch.
Die Bilder in den Filmen der Nouvelle Vague sind zusammenhangloser als in heutigen Filmen, eins ist mehr
vom anderen getrennt. In LA FEMME DE L’AVIATEUR
gibt es eine wirkliche Einheit des Ortes. In den Buttes
Chaumont konnte ich mit der größten Freiheit drehen.
Ich musste nicht drehen wie ein Reporter, der mal hier
und mal dort ein paar Bilder aufnimmt. Ich habe Paris
zum Studio gemacht. Ich habe in der Stadt gefilmt wie
im Studio.«
Fritz Göttler
Sous les toits de Paris (Unter den Dächern von
Paris) | F 1930 | R+B: René Clair | K: Georges Périnal |
M: Armand Bernard | D: Albert Préjean, Pola Illéry,
Gaston Modot, Edmond T. Gréville, Bill Bocketts |
92 min | OmU – Ein Straßensänger verliebt sich in ein
rumänisches Mädchen. »Eine schlichte und zugleich
zärtliche Liebeserklärung an Clairs Heimatstadt Paris,
an ihre skurrilen und verqueren, sentimentalen und aufbrausenden Typen, an die Mansardenwohnungen und
die Bistros, die Hinterhöfe und Gassen, an ihr Flair und
ihre Musik – eine verklärte Welt voll Charme und Eleganz, die er in den Filmstudios der französischen Kapitale kreieren ließ.« (Kay Weniger)
▶ Dienstag, 8. Juli 2014, 20.00 Uhr ▶▶ Freitag, 11. Juli
2014, 21.00 Uhr
Hôtel du Nord | F 1938 | R: Marcel Carné | B: Jean Aurenche, Henri Jeanson, nach dem Roman von Eugène
Dabit | K: Louis Née, Armand Thirard | M: Maurice Jaubert | D: Annabella, Jean-Pierre Aumont, Louis Jouvet,
Arletty, Paulette Dubost, Bernard Blier | 95 min | OmU –
Ein kleines Hotel am Kanal Saint-Martin als Brennpunkt
des Lebens der »kleinen Leute« in Paris. Hier kreuzen
sich die Lebenswege von einfachen Arbeitern und zwielichtigen Gestalten. Ein junges Liebespaar sucht hier
Zuflucht, die Liebenden möchten ihrem Leben ein Ende
setzen. Carnés Klassiker des »Poetischen Realismus«
wird wegen seiner düsteren Szenen auch als Vorläufer
des Film Noir gesehen.
▶ Mittwoch, 9. Juli 2014, 20.00 Uhr
Ninotchka (Ninotschka) | USA 1939 | R: Ernst Lubitsch | B: Charles Brackett, Billy Wilder, Walter Reisch,
nach einer Erzählung von Melchior Lengyel | K: William
H. Daniels | M: Werner R. Heymann | D: Greta Garbo,
Melvyn Douglas, Bela Lugosi, Felix Bressart, Alexander
Granach | 110 min | OF – »Dieser Film spielt in der
Lichterstadt Paris in jener sagenhaften Zeit, in der es
nicht Stromknappheit bedeutete, wenn die Nachttischlampen ausgeknipst wurden, und wenn Vorhänge
rauschten, verbargen sie süße Geheimnisse und waren
auch nicht aus Eisen.« Eine politische Kommissarin aus
der Sowjetunion erliegt den Verlockungen von Paris.
▶ Donnerstag, 10. Juli 2014, 20.00 Uhr ▶ ▶ Samstag,
12. Juli 2014, 21.00 Uhr | Einführung: David Bordwell
Rendez-vous de juillet (Jugend von heute) | F 1949
| R: Jacques Becker | B: Jacques Becker, Maurice
Griffe | K: Claude Renoir | M: Jean Wiener | D: Daniel
Gélin, Brigitte Auber, Maurice Ronet, Nicole Courcel,
Bernard Lajarrige | 112 min | OmeU – Das Studenten-
Paris im Film
ergeben, sie bleiben aneinander gesteckt, kaleidoskopisch, wie die Tatmotive einer filmischen Untersuchung.
77
leben im Quartier Latin nach dem Zweiten Weltkrieg.
Im Zentrum stehen zwei Schauspielschülerinnen, ein
Musiker und ein Volkskunde-Student. Eine fast dokumentarische Kamera begleitet die jungen Leute durch
die Stadt, wenn sie im Amphibien-Jeep durch Paris
kurven, sich in Jazzlokalen, neu gegründeten CinéClubs, Cafés und Theaterbühnen aufhalten, sich vergnügen und nach einer Lebensperspektive suchen.
▶ Freitag, 11. Juli 2014, 18.30 Uhr
13. Juli 2014, 21.00 Uhr
▶▶ Sonntag,
An American in Paris (Ein Amerikaner in Paris) |
USA 1951 | R: Vincente Minnelli | B: Alan Jay Lerner |
K: Alfred Gilks | M: George Gershwin | D: Gene Kelly,
Leslie Caron, Oscar Levant, Georges Guétary, Nina
Foch | 113 min | OF – »Studieren kann man nur hier,
malen kann man nur hier. Die Stadt ist so schön und so
real. Niemals lässt sie dich etwas vergessen. Sie greift
in dein Innerstes und öffnet dich weit.« So beschwört
Gene Kelly als Maler das Flair von Paris. Er begegnet
wenig später der aparten Lise. In Minnellis farbenfrohem Musical singen die Liebenden vor der Pappkulisse
der Pont-Neuf und tanzen auf dem Brunnen des Place
du Châtelet und des Place de la Concorde.
Paris im Film
▶ Samstag, 12. Juli 2014, 18.30 Uhr
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French Cancan | F 1954 | R: Jean Renoir | B: Jean Renoir, André-Paul Antoine | K: Michel Kelber | M: Georges Van Parys | D: Jean Gabin, Françoise Arnoul, Maria
Félix, Anna Amendola, Gianni Esposito, Edith Piaf |
87 min | OmeU – Ein Revuefilm über die 1888 beginnende Erfolgsstory des Moulin Rouge in Paris. »Renoirs bunter Liebes- und Geschichtsreigen ist virtuos
choreografiert und bietet, neben subtilen Seitenhieben
gegen das Bürgertum auf den Caféterrassen, eine Tour
d’Horizon über die ehemals berühmten Bühnen Alcazar
d’Été, Cabaret du Chat Noir, Petit Casino Paulus und Eldorado.« (Rüdiger Dirk, Claudius Sowa)
▶ Sonntag, 13. Juli 2014, 18.30 Uhr
Les quatre cents coups (Sie küssten und sie schlugen ihn) | F 1959 | R: François Truffaut | B: François
Truffaut, Marcel Moussy | K: Henri Decaë | M: Jean
Constantin | D: Jean-Pierre Léaud, Albert Rémy, Claire
Maurier, Patrick Auffay, Guy Decomble | 99 min |
OmeU – Der 14-jährige Antoine wohnt in einer kleinen
Wohnung am Place de Clichy mit seinen Eltern, die
wenig Zeit für ihn haben. Er schwänzt die Schule und
treibt sich lieber in Kinos und in den Straßen von Paris
herum – in der Rue Saint-Denis, am Place Pigalle oder
in de Nähe von Sacré-Cœur. »François Truffauts erster
Spielfilm ist eine Liebeserklärung an die Kraft des
Kinos.« (Rüdiger Dirk, Claudius Sowa)
▶ Dienstag, 15. Juli 2014, 20.00 Uhr
▶▶ Freitag,
18. Juli 2014, 21.00 Uhr
À bout de souffle (Außer Atem) | F 1960 | R+B: JeanLuc Godard, nach einer Vorlage von François Truffaut |
K: Raoul Coutard | M: Martial Solal | D: Jean Seberg,
Jean-Paul Belmondo, Van Doude, André S. Labarthe,
Jean Douchet, Jean-Pierre Melville | 90 min | OmU –
Auf den Champs-Élysées begegnet der Ganove Michel
der burschikosen Amerikanerin Patricia, die dort die
New York Herald Tribune verkauft. Auf den Straßen und
nicht im Studio gefilmt, streift Coutards unkonventionelle Kamera über den Place St. Michel und NotreDame zum Place de la Concorde und folgt seinen
Protagonisten, bis am Abend die letzte France-Soir
erscheint und die Laternen angehen.
▶ Mittwoch, 16. Juli 2014, 20.00 Uhr ▶▶ Samstag,
19. Juli 2014, 21.00 Uhr
Zazie dans le métro (Zazie) | F 1960 | R: Louis Malle
| B: Louis Malle, Jean-Paul Rappeneau, nach dem
Roman von Raymond Queneau | K: Henri Raichi | M:
Fiorenzo Carpi | D: Catherine Demongeot, Philippe Noiret, Hubert Deschamps, Antoine Roblot, Annie Fratellini
| 89 min | OmU – Die frühreife Göre Zazie besucht
ihren Onkel in Paris und will unbedingt mit der Métro
fahren. Doch die ist wegen eines Streiks geschlossen.
Zazie nutzt die verbleibenden 36 Stunden für eigene
Erkundungstouren durch die Stadt. Louis Malle versucht, den Sprachwitz und die Wortschöpfungen von
Raymond Queneaus unkonventionellem Roman in filmische Bilder und Montagen zu übersetzen.
▶ Donnerstag, 17. Juli 2014, 20.00 Uhr ▶▶ Sonntag,
20. Juli 2014, 21.00 Uhr
Belle de jour (Schöne des Tages) | F 1967 | R: Luis
Buñuel | B: Luis Buñuel, Jean-Claude Carrière, nach
dem Roman von Joseph Kessel | K: Sacha Vierny | D:
Catherine Deneuve, Jean Sorel, Michel Piccoli, Geneviève Page, Pierre Clémenti, Francisco Rabal, Muni |
101 min | OmU – Eine junge Frau, die in Paris glücklich
verheiratet ist, führt ein geheimes Doppelleben als
Prostituierte. »Die Perversionen, die Buñuel beschreibt,
dienen ihm dazu, den Masochismus der großbürgerlichen Séverine zu erklären. Sie charakterisieren ›Würdenträger‹ von herausgehobener Stellung: einen Professor mit begüterter Klientel und einen Herzog, der
sicher Milliardär ist.« (Georges Sadoul)
▶ Freitag, 18. Juli 2014, 18.30 Uhr
ZAZIE DANS LE MéTRO
▶ Samstag, 19. Juli 2014, 18.30 Uhr
Playtime (Tatis herrliche Zeiten) | F 1967 | R:
Jacques Tati | B: Jacques Tati, Jacques Lagrange, Art
Buchwald | K: Jean Badal, Andréas Winding | M: Francis Lemarque | D: Jacques Tati, Barbara Dennek, Jacqueline Lecomte, Georges Montand, Reinhard Kolldehoff | 115 min | OmeU – Im Paris der Zukunft ist alles
verbaut mit Hochhäusern, in deren Glasfassaden sich
die alten Wahrzeichen der Stadt bestenfalls noch spiegeln. Eine Touristengruppe besucht die Stadt und
erlebt einen Tag, der mit der Eröffnung eines Luxus-
restaurants endet, bei der einiges schief läuft. Monsieur Hulot ist in diesem Film nur noch eine Figur unter
vielen, deren unzeitgemäßes Verhalten für Komik sorgt.
▶ Sonntag, 20. Juli 2014, 18.30 Uhr
Quatre nuits d’un rêveur (Vier Nächte eines Träumers) | F 1971 | R+B: Robert Bresson, nach der Erzählung »Weiße Nächte« von Fëdor M. Dostoevskij | K:
Pierre Lhomme | D: Isabelle Weingarten, Guillaume des
Forêts, Jean-Maurice Monnoyer, Girogio Maulini, Lidia
Biondi | 87 min | OmU – »Ein schüchterner Künstler
sucht nach Erfüllung und Leidenschaft; als er eine suizidale junge Frau trifft, entspinnt sich über vier Nächte
hinweg ein Näherkommen, das im letzten Moment
scheitert – und vom Protagonisten prompt in ein Kunstgebilde verwandelt wird. Einer von Bressons schönsten
Filmen, nicht zuletzt wegen seines enigmatischen Porträts des nächtlichen Paris.« (Christoph Huber)
▶ Dienstag, 22. Juli 2014, 20.00 Uhr
Le locataire (Der Mieter) | F 1976 | R: Roman Polanski | B: Roman Polanski, Gérard Brach, nach dem
Roman von Roland Topor | K: Sven Nykvist | M: Philippe
Sarde | D: Roman Polanski, Isabelle Adjani, Melvyn
Paris im Film
Le samouraï (Der eiskalte Engel) | F 1967 | R: JeanPierre Melville | B: Jean-Pierre Melville, Georges Pellegrin, nach dem Roman »The Ronin« von Joan McLeod |
K: Henri Decaë | M: François de Roubaix | D: Alain
Delon, Nathalie Delon, François Périer, Cathy Rosier,
Michel Boisrond | 105 min | OmeU – »Es gibt keine größere Einsamkeit als die eines Samurai, außer vielleicht
die eines Tigers im Dschungel.« Mit diesem fiktiven
Zitat aus den Büchern des Bushido folgen wir dem Killer Jef Costello, der nach einem missglückten Mordanschlag von seinen Auftraggebern beseitigt werden
soll und durch Paris und seine Métro-Stationen flüchtet.
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Douglas, Lila Kedrova, Shelley Winters | 126 min | OmU
– Der von Polanski selbst gespielte verklemmte Angestellte Trelkovsky zieht in eine Pariser Altbauwohnung,
deren Vormieterin sich aus dem Fenster gestürzt hat.
Diese Vorgeschichte scheint sich fortan wie ein Fluch
auf sein Leben zu legen. Die anfangs noch mit subtiler
Ironie gebrochene Spannung der bedrohlichen Atmosphäre steigert sich durch kafkaeske Momente zu
einem grotesken, surrealen Finale.
▶ Mittwoch, 23. Juli 2014, 20.00 Uhr
▶▶ Freitag,
25. Juli 2014, 21.00 Uhr
▶ Freitag, 25. Juli 2014, 18.30 Uhr
Le pont du Nord (An der Nordbrücke) | F 1981 | R:
Jacques Rivette | B: Jacques Rivette, Suzanne Schiffman, Bulle & Pascale Ogier, Jérôme Prieur | K: William
Lubtchansky, Caroline Champetier | M: Astor Piazzolla |
D: Bulle Ogier, Pascale Ogier, Pierre Clémenti, JeanFrançois Stévenin, Matthieu Schiffman | 129 min |
OmeU – »Zwei Frauen und Paris: Die eine ist gerade
aus dem Gefängnis entlassen worden; sie trifft die andere, und gemeinsam finden sie einen rätselhaften
Stadtplan, den sie zu entschlüsseln suchen. Dieses sogenannte ›Gänsespiel‹ führt sie immer weiter weg vom
Stadtzentrum, in immer befremdlichere, mysteriösere
Regionen, in ein geheimes Paris.« (Christoph Huber)
The Moderns (Wilde Jahre in Paris) | USA 1988 | R:
Alan Rudolph | B: Alan Rudolph, John Bradshaw | K:
Toyomichi Kurita | M: Mark Isham | D: Keith Carradine,
Linda Fiorentino, Wallace Shawn, Geneviève Bujold,
Geraldine Chaplin | 126 min | OmeU – Die Pariser
Künstlerszene Anfang des 20. Jahrhunderts: Ein amerikanischer Künstler wird in eine Kunstfälscher-Affäre hineingezogen. »Paris ist in diesem Film das Paradies
der falschen Vögel, kein Fest fürs Leben. Der Film
spielt in der amerikanischen Kolonie, die dort in den
zwanziger Jahren die Errungenschaften der Moderne
feierte. Sie frönten der Lust, lebten das Laster und
dienten dem Vergnügen.« (Michael Althen)
▶ Donnerstag, 24. Juli 2014, 20.00 Uhr ▶▶ Samstag,
26. Juli 2014, 21.00 Uhr
▶ Samstag, 26. Juli 2014, 18.30 Uhr
Paris im Film
La femme de l’aviateur (Die Frau des Fliegers) | F
1981 | R+B: Eric Rohmer | K: Bernard Lutic | D: Philippe Marlaud, Marie Rivière, Anne Laure Meury, Ma-
LE VOyAGE DU BALLON ROUGE
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thieu Carrière, Fabrice Luchini | 104 min | OmeU – Eine
Frau zwischen zwei Männern. »Ein Liebesfilm, der
schönste seit langem. Aber kommt Liebe darin überhaupt vor? Und ist es überhaupt ein Film? Handfestes,
Handgreifliches ist nicht zu sehen. Eine Omnibusfahrt
durch Paris, ein Spaziergang durch einen Park: Das
sind in Rohmers Film schon die äußersten Exzesse der
Cinematographie. Zwei Leute reden – aus der so banalen, so unfilmischen Situation wird ständig das komplizierteste Kino.« (Benjamin Henrichs)
Le ballon rouge (Der rote Ballon) | F 1956 | R+B: Albert Lamorisse | K: Edmond Séchan | M: Maurice Leroux | D: Pascal Lamorisse, Georges Sellier, Vladimir
Popov, Sabine Lamorisse, Paul Perey | 36 min | OmeU
▶ Sonntag, 27. Juli 2014, 19.00 Uhr
On connaît la chanson (Das Leben ist ein Chanson)
| F 1997 | R: Alain Resnais | B: Agnès Jaoui, JeanPierre Bacri | K: Renato Berta | M: Bruno Fontaine | D:
Sabine Azéma, Pierre Arditi, André Dussolier, Agnès
Jaoui, Jean-Pierre Bacri, Lambert Wilson, Jane Birkin |
122 min | OmU – Die Geschichten von sechs Menschen in Paris, die im Leben nicht ganz so glänzend
über die Runden kommen, wie sie den anderen und
sich selbst weismachen möchten. Die Dialoge sind gespickt mit gesungenen Zitaten aus Schlagern und populären Chansons, also mit »verkitschten Trivialitäten«:
»ein Sieg der filmischen Tricktontechnik, ein Sieg der
erzählerischen Ironie.« (Urs Jenny)
▶ Dienstag, 29. Juli 2014, 20.00 Uhr
▶▶ Freitag,
1. August 2014, 21.00 Uhr
Le fabuleux destin d’Amélie Poulain (Die fabelhafte
Welt der Amélie) | F 2001 | R: Jean-Pierre Jeunet | B:
Jean-Pierre Jeunet, Guillaume Laurant | K: Bruno Delbonnel | M: Yann Tiersen | D: Audrey Tautou, Mathieu
Kassovitz, Rufus, Lorella Cravotta, Serge Merlin, Jamie
Debbouze | 122 min | OmU – Amélie, tagträumende
Kellnerin in einem Café in Montmartre, greift als gute
Fee in das Leben ihrer Mitmenschen ein. »Das vor
Ideen und Filmzitaten überlaufende Montmartre-Märchen verwandelt Paris in ein zeitloses, nostalgisches Eiland, befreit von Autolärm, Touristenströmen und jeglichen sozialen Problemen.« (Rüdiger Dirk, Claudius Sowa)
▶ Mittwoch, 30. Juli 2014, 20.00 Uhr ▶▶ Samstag,
2. August 2014, 21.00 Uhr
Femme Fatale | USA 2002 | R+B: Brian De Palma | K:
Thierry Arbogast | M: Ryuichi Sakamoto | D: Rebecca
Romijn-Stamos, Antonio Banderas, Peter Coyote, Eric
Ebouaney, Thierry Frémont | 114 min | OmU – Der Film
beginnt in Cannes mit einem aberwitzigen Juwelenraub
beim Filmfestival, aber sein Zentrum ist Paris, ein Platz
in Ménilmontant, der von der Kirche Notre Dame de la
Croix beherrscht wird. Der Paparazzo Antonio Banderas
schwärmt seinem vermeintlichen »Opfer«, der Femme
fatale Rebecca Romijn-Stamos davon vor: »Dieser Platz
hier in Paris mit der Kirche, mit einem Café, mit wunderbaren Lichtreflexionen – da hab’ ich was gesehen,
was mein Leben verändert hat.«
▶ Donnerstag, 31. Juli 2014, 20.00 Uhr
The Dreamers (Die Träumer) | F 2003 | R: Bernardo
Bertolucci | B: Gilbert Adair, nach seinem Roman | K:
Fabio Cianchetti | D: Michael Pitt, Eva Green, Louis Garrel, Anna Chancellor, Robin Renucci, Jean-Pierre Kalfon, Jean-Pierre Léaud | 115 min | OmU – Matthew,
ein junger Amerikaner, der 1968 in Paris studiert, lernt
bei seinen Besuchen in der Cinémathèque Française
Isabelle und ihren Zwillingsbruder Theo kennen. Die
drei werden unzertrennliche Freunde. »Matthew, Theo
und Isabelle denken in Bildern, für sie sind Film, Ideologie und Lebensform Ausdruck ein und derselben
Sache. Film wird gelebt und Ideologie ist bewegtes Bild;
die Parameter verschwimmen.« (Anja Marquardt)
▶ Freitag, 1. August 2014, 18.30 Uhr
Midnight in Paris | USA 2011 | R+B: Woody Allen | K:
Darius Khondji | D: Owen Wilson, Rachel McAdams,
Michael Sheen, Adrien Brody, Marion Cotillard, Kathy
Bates | 94 min | OmU – »Mit Witz, Eleganz und mit der
erstaunlichsten Selbstverständlichkeit entwirft Allen
sein künstlerisches Wunschweltszenario. Auf den Spuren seines alter ego Gil entführt er uns in jenes Paris
der Zwanziger, das Hemingway als ›Fest fürs Leben‹ feierte. Zum Auftakt in der Jetztzeit blättert er ein ParisPanorama mit Postkartenbildern auf: Eiffelturm, Arc de
Triomphe, Sacré-Cœur. Mit einer obstinaten Langsamkeit, die darauf wartet, dass sich Wiedererkennung in
einem Ironie-Echo spiegeln kann.« (Rainer Gansera)
▶ Samstag, 2. August 2014, 18.30 Uhr ▶▶ Sonntag,
3. August 2014, 21.00 Uhr
Le Week-End | GB 2013 | R: Roger Michell | B: Hanif
Kureishi | K: Nathalie Durand | M: Jeremy Sams | D:
Jim Broadbent, Lindsay Duncan, Jeff Goldblum, Olly
Alexander, xavier De Guillebon | 93 min | OmU – Auf
den Spuren ihrer Hochzeitsreise gönnt sich ein in die
Jahre gekommenes Ehepaar eine Reise nach Paris.
»LE WEEK-END ist eine Hommage an die Komödien der
Nouvelle Vague mit ihrem Anarchismus und ihrer frechen Leichtigkeit. Jim Broadbent ist mit seinem Knittergesicht wie gemacht für diese Rolle, die ihn erneut
kunstvoll Komik und Tragik ausloten lässt. Und Lindsay
Duncan wirkt so schön und klug wie weiland Anna Karina in UNE FEMME EST UNE FEMME.« (Oliver Kaever)
▶ Sonntag, 3. August 2014, 18.30 Uhr
Paris im Film
– Ein kleiner Junge streift mit einem gefundenen roten
Luftballon durch die Gassen von Belleville. – Le
voyage du ballon rouge (Die Reise des roten Ballons) | F 2007 | R+B: Hou Hsiao Hsien | K: Yorick Lesaux, Lee Ping Bin | M: Camille | D: Juliette Binoche,
Hippolyte Girardot, Song Fang, Simon Iteanu, Louise
Margolin | 113 min | OmU – Kein simples Remake, sondern eine behutsame Hommage an die Stadt Paris, den
Film von 1956 und die Kunst des Filmemachens.
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f
münchen
Dienstag, 18. Februar 2014
18.30 Kino der Perestroika
Strasti po Andreju (Andrej Rubljow)
SU 1969/1987 | Andrej Tarkovskij | 205 min | OmeU
Seite 5
Mittwoch, 19. Februar 2014
18.30 Deutsche Filme 2013 Quellen des Lebens
D 2013 | Oskar Roehler | 173 min
Seite 10
Donnerstag, 20. Februar 2014
19.00 Open Scene
Freitag, 21. Februar 2014
18.00 Erblast NS
Hitler’s Children (Meine Familie, die Nazis und ich)
Seite 15
Israel 2011 | Chanoch Ze‘evi | 80 min | OmeU | Zu Gast: Niklas Frank, Dirk Riedel
21.00 Deutsche Filme 2013 Staub auf unseren Herzen
D 2012 | Hanna Doose | 91 min
Seite 11
Samstag, 22. Februar 2014
18.00 Erblast NS
Aus einem deutschen Leben
BRD 1977 | Theodor Kotulla | 145 min
21.00 Deutsche Filme 2013 Eltern
D 2013 | Robert Thalheim | 96 min
Seite 15
Seite 11
Sonntag, 23. Februar 2014
17.30 Film und
Psychoanalyse
Bringing Up Baby (Leoparden küsst man nicht)
Seite 16
USA 1938 | Howard Hawks | 102 min | OmU | Einführung: Salek Kutschinski, Mathias Lohmer
21.00 Deutsche Filme 2013 Houston
D 2013 | Bastian Günther | 107 min
Seite 11
Dienstag, 25. Februar 2014
18.30 Deutsche Filme 2013 Eltern
D 2013 | Robert Thalheim | 96 min
Seite 11
Komissar (Die Kommissarin)
SU 1967/1987 | Aleksandr Askol’dov | 110 min | OmU
Seite 5
18.30 Deutsche Filme 2013 Die andere Heimat – Chronik einer Sehnsucht
D 2013 | Edgar Reitz | 225 min | Zu Gast: Edgar Reitz
Seite 11
21.00 Kino der Perestroika
Kalenderübersicht
Mittwoch, 26. Februar 2014
82
Donnerstag, 27. Februar 2014
19.00 Open Scene
Freitag, 28. Februar 2014
18.30 Prager Filmarchiv
Erotikon (Erotik)
CSSR 1929 | Gustav Machatý | 103 min | dtF | \ Günter A. Buchwald |
Einführung: Vladimír Opěla
21.00 Deutsche Filme 2013 Der Glanz des Tages
Österreich/D 2012 | Tizza Covi, Rainer Frimmel | 90 min
Seite 19
Seite 12
Samstag, 1. März 2014
18.30 Prager Filmarchiv
Řeka (Junge Liebe)
CSSR 1933 | Josef Rovenský | 75 min | OmU
Seite 19
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
f
münchen
21.00 Deutsche Filme 2013 Master of the Universe
D 2013 | Marc Bauder | 95 min
Seite 12
Sonntag, 2. März 2014
18.30 Prager Filmarchiv
Daleká cesta (Der weite Weg)
CSSR 1948 | Alfréd Radok | 108 min | OmeU
21.00 Deutsche Filme 2013 Kohlhaas oder die Verhältnismäßigkeit der Mittel
D 2012 | Aron Lehmann | 90 min
Seite 19
Seite 12
Mittwoch, 5. März 2014
18.30 Deutsche Filme 2013 Master of the Universe
D 2013 | Marc Bauder | 95 min
21.00 Prager Filmarchiv
Seite 12
Kdo chce zabit Jessii? (Wer will Jessie umbringen?)
CSSR 1966 | Václav Vorlícek | 80 min | OmU
Seite 19
Der Totentanz | D 1912 | Urban Gad | 33 min | viragiert
Der Student von Prag | D 1913 | Hanns Heinz Ewers | 81 min | viragiert
Seite 21
Donnerstag, 6. März 2014
19.00 Open Scene
Freitag, 7. März 2014
18.30 Schätze des
Filmmuseums
21.00 Deutsche Filme 2013 Paradies: Glaube
Österreich/D 2013 | Ulrich Seidl | 114 min
Seite 12
Samstag, 8. März 2014
18.30 Schätze des
Filmmuseums
Die Wahrheit | Karl Valentins Hochzeit | Der neue Schreibtisch |
Die Entdeckung Deutschlands | Der getäuschte Pierrot |
Münchner Bilderbogen Nr. 1
D 1910–1920 | 75 min | teilweise viragiert | \ Joachim Bärenz
21.00 Deutsche Filme 2013 Halbschatten
D 2013 | Nicolas Wackerbarth | 80 min
Seite 21
Seite 13
Sonntag, 9. März 2014
The Immigrant
USA 1917 | Charles Chaplin | 31 min | OF | \ Joachim Bärenz
Terje Vigen
Schweden 1917 | Victor Sjöström | 62 min | dtF | viragiert | \ Joachim Bärenz
21.00 Deutsche Filme 2013 Das merkwürdige Kätzchen
D 2013 | Ramon Zürcher | 72 min
Seite 21
Seite 13
Dienstag, 11. März 2014
18.30 Deutsche Filme 2013 Paradies: Glaube
Österreich/D 2013 | Ulrich Seidl | 114 min
21.00 Kino der Perestroika
Dvadcat’ dnej bez vojny (Zwanzig Tage ohne Krieg)
SU 1977 | Aleksej German | 101 min | OmU
Seite 12
Seite 5
83
Mittwoch, 12. März 2014
18.30 Deutsche Filme 2013 Halbschatten
D 2013 | Nicolas Wackerbarth | 80 min
21.00 Filme aus Bosnien
Kalenderübersicht
18.30 Schätze des
Filmmuseums
No Man’s Land
BiH 2001 | Danis Tanović | 98 min | OmU
Seite 13
Seite 31
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
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münchen
Donnerstag, 13. März 2014
19.00 Jochen Kuhn
Silvester | Neulich 2 | Neulich 3 | Sneak Preview | Sonntag 1 |
Seite 33
Sonntag 2 | Sonntag 3
D 1993–2012 | Jochen Kuhn | 71 min | Zu Gast: Jochen Kuhn, Christian Wagner
Freitag, 14. März 2014
18.30 Schätze des
Filmmuseums
Nathan der Weise
D 1922 | Manfred Noa | 123 min
21.00 Deutsche Filme 2013 Hannah Arendt
D 2012 | Margarethe von Trotta | 113 min
Seite 21
Seite 13
Samstag, 15. März 2014
18.30 Schätze des
Filmmuseums
Helena. Der Untergang Trojas
D 1923 | Manfred Noa | 210 min | \ Joachim Bärenz & Christian Roderburg
Premiere der neu rekonstruierten Fassung
Seite 22
Geschichte des 3D-Films
Vortrag mit Filmbeispielen von Stefan Drößler | 180 min
Seite 34
Sonntag, 16. März 2014
18.30 3D-Filmfest
Dienstag, 18. März 2014
18.30 Deutsche Filme 2013 Das merkwürdige Kätzchen
D 2013 | Ramon Zürcher | 72 min
21.00 Kino der Perestroika
Tema (Das Thema)
SU 1979/1986 | Gleb Panfilov | 99 min | OmU
Seite 18
Seite 6
Mittwoch, 19. März 2014
18.30 Deutsche Filme 2013 Hannah Arendt
D 2012 | Margarethe von Trotta | 113 min
Seite 13
Go West
BiH 2005 | Ahmed Imamović | 97 min | OmeU
Seite 31
Anfang aus dem Ende. Die Flakhelfergeneration
D 2013 | Aleida Assmann | 85 min | Zu Gast: Aleida Assmann, Bernhard Gotto
Seite 15
18.30 Schätze des
Filmmuseums
Nosferatu. Eine Symphonie des Grauens
D 1921 | Friedrich Wilhem Murnau | 102 min | viragiert |
\ Sabrina Hausmann & Mark Pogolski
Seite 22
21.00 3D-Filmfest
Prometheus (Dunkle Zeichen)
USA 2012 | Ridley Scott | 124 min | OF | 3D (Programmänderung)
Seite 35
18.30 Schätze des
Filmmuseums
Der brennende Acker
D 1922 | Friedrich Wilhelm Murnau | 100 min | viragiert |
\ Sabrina Hausmann & Mark Pogolski
Seite 22
21.00 3D-Filmfest
knick knack
USA 1989 | John Lasseter | 4 min | ohne Dialog | 3D
U2 3D
USA 2008 | Catherine Owens, Mark Pellington | 84 min | OF | 3D
Seite 35
21.00 Filme aus Bosnien
Donnerstag, 20. März 2014
19.00 Erblast NS
Kalenderübersicht
Freitag, 21. März 2014
84
Samstag, 22. März 2014
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
f
münchen
Sonntag, 23. März 2014
17.30 Film und
Psychoanalyse
Seite 17
Un amor (Eine Liebe fürs Leben)
ARG 2011 | Paula Hernández | 99 min | OmU | Einführung: I. Nagel, K. Leube-Sonnleitner
21.00 3D-Filmfest
Gravity
USA 2013 | Alfonso Cuarón | 91 min | OF | 3D
Aningaaq
USA 2013 | Jonás Cuarón | 7 min | OF
Seite 35
18.30 3D-Filmfest
Gravity
USA 2013 | Alfonso Cuarón | 91 min | OF | 3D
Aningaaq
USA 2013 | Jonás Cuarón | 7 min | OF
Seite 35
21.00 Kino der Perestroika
I žizn’, i slëzy, i ljubov’ … (Leben, Tränen, Liebe)
SU 1984 | Nikolaj Gubenko | 103 min | OmU
Dienstag, 25. März 2014
Seite 6
Mittwoch, 26. März 2014
18.30 3D-Filmfest
Life of Pi (Schiffbruch mit Tiger)
USA 2012 | Ang Lee | 127 min | OF | 3D
Seite 36
21.00 Filme aus Bosnien
Grbavica (Esmas Geheimnis)
BiH 2006 | Jasmila Žbanić | 95 min | OmU
Seite 31
18.30 Schätze des
Filmmuseums
Der Hund von Baskerville
D 1914 | Richard Oswald | 70 min
Seite 23
21.00 3D-Filmfest
Looking for Trouble
USA 1953 | Lloyd Bacon | 10 min | OF | 3D
Miss Sadie Thompson (Fegefeuer)
USA 1953 | Curtis Bernhardt | 91 min | OF | 3D
Seite 36
18.30 Schätze des
Filmmuseums
Sein eigner Mörder
D 1914 | Max Mack | 32 min | viragiert
Anders als die andern
D 1919 | Richard Oswald | 51 min
Seite 23
21.00 3D-Filmfest
Lumber Jack-Rabbit
USA 1953 | Chuck Jones | 7 min | OF | 3D
House of Wax (Das Kabinett des Professor Bondi)
USA 1953 | André de Toth | 88 min | OF | 3D
Seite 36
18.30 Schätze des
Filmmuseums
Nerven
D 1919 | Robert Reinert | 110 min | viragiert
Seite 23
21.00 3D-Filmfest
Bloodrop 3D
RUS 2011 | Aleksey Popogrebskiy | 7 min | ohne Dialog | 3D
Robinzon Kruzo (Robinson Crusoe)
SU 1947 | Aleksandr Andrievskij | 75 min | OmU | 3D
Seite 36
Donnerstag, 27. März 2014
19.00 Open Scene
Freitag, 28. März 2014
Sonntag, 30. März 2014
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
Kalenderübersicht
Samstag, 29. März 2014
85
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münchen
Dienstag, 1. April 2014
18.30 3D-Filmfest
The Croods (Die Croods)
USA 2013 | Dirk De Micco, Chris Sanders | 98 min | OmU | 3D
21.00 Kino der Perestroika
Potomok belogo barsa (Der Nachkomme des Schneeleoparden)
SU 1985 | Tolomuš Okeev | 134 min | OmU
Seite 37
Seite 6
Mittwoch, 2. April 2014
18.30 3D-Filmfest
Pina
D 2011 | Wim Wenders | 103 min | 3D
Seite 37
21.00 Filme aus Bosnien
Na Putu (Zwischen uns das Paradies)
BiH 2010 | Jasmila Žbanić | 103 min | OmU
Seite 31
18.30 Architekturfilmtage
The Competition
Spanien 2013 | Angel Borrego Cubero | 100 min | engl.OF |
Zu Gast: Angel Borrego Cubero
Seite 39
21.00 Architekturfilmtage
Sauerbruch Hutton Architekten
D 2013 | Harun Farocki | 73 min
Seite 40
18.30 Architekturfilmtage
Lucien Hervé – Photographe malgré lui
B 2012 | Gerrit Messiaen | 55 min | OmeU
Architekturfotografie, Mies van der Rohe und Neues Bauen
D 2013 | Dieter Reifarth | 42 min
Seite 40
21.00 Architekturfilmtage
L’Inhumaine (Die Unmenschliche)
F 1923 | Marcel L’Herbier | 134 min | OmU | \ Joachim Bärenz |
Einführung: Hermann Barth
Seite 40
Donnerstag, 3. April 2014
19.00 Open Scene
Freitag, 4. April 2014
Samstag, 5. April 2014
Kalenderübersicht
Sonntag, 6. April 2014
86
18.30 Architekturfilmtage
Precise Poetry – Lina Bo Bardi’s Architecture
Seite 41
Österreich 2013 | Belinda Rukschcio | 55 min | OmeU | Zu Gast: Belinda Rukschcio
Eileen Gray – Einladung zur Reise
D 2006 | Jörg Bundschuh | 60 min
21.00 Architekturfilmtage
Haus Tugendhat – Die Restaurierung
D 2013 | Dieter Reifarth | 90 min | Zu Gast: Dieter Reifarth, Ivo Hammer
Seite 41
18.30 Architekturfilmtage
Fynbos
Südafrika 2012 | Harry Patramanis | 96 min | OF
Seite 42
21.00 Kino der Perestroika
Kak molody my byli (Wie jung wir waren)
SU 1985 | Michail Belikov | 92 min | OmU
Seite 6
Dienstag, 8. April 2014
Mittwoch, 9. April 2014
18.30 Architekturfilmtage
Exhibition
GB 2013 | Joanna Hogg | 104 min | OF
Seite 42
21.00 Filme aus Bosnien
Cirkus Columbia
BiH 2010 | Danis Tanović | 113 min | OmU
Seite 32
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
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münchen
Donnerstag, 10. April 2014
19.00 Open Scene
Für die Ewigkeit – Der alte israelitische Friedhof München
D 2013 | Isabel Gathof, Agata Wozniak | 68 min
Freitag, 11. April 2014
18.30 Schätze des
Filmmuseums
Why Girls Say No | Jewish Prudence | Don’t Tell Everything |
Pass the Gravy
USA 1927 | Leo McCarey, Fred Guiol | 90 min | OF
21.00 3D-Filmfest
If Buildings Could Talk
Seite 37
D 2010 | Wim Wenders | 12 min | OF | 3D
3x3D
Portugal 2013 | Jean-Luc Godard, Peter Greenaway, Edgar Pêra | 62 min | OmeU
Seite 23
Samstag, 12. April 2014
18.30 Schätze des
Filmmuseums
Feed ’em and Weep | A Pair of Tights | On the Loose |
Beauty and the Bus
USA 1928–1933 | Fred Guiol, Hal Yates, Hal Roach, Gus Meins | 78 min | OF
21.00 3D-Filmfest
The Great Gatsby (Der große Gatsby)
USA 2013 | Baz Luhrmann | 142 min | OmU | 3D
Seite 37
18.30 Schätze des
Filmmuseums
Spuk um Mitternacht
D 1930 | James Parrott | 40 min
Block-Heads (Die Klotzköpfe)
USA 1938 | John G. Blystone | 57 min | OF
Seite 24
21.00 3D-Filmfest
Falling in Love Again
Kanada 2013 | Munro Ferguson | 3 min | ohne Dialog | 3D
Metallica Through the Never
USA 2013 | Nimród Antal | 93 min | OF | 3D
Seite 38
Seite 24
Sonntag, 13. April 2014
Dienstag, 15. April 2014
18.30 3D-Filmfest
If Buildings Could Talk
Seite 37
D 2010 | Wim Wenders | 26 min | OF | 3D
3x3D
Portugal 2013 | Jean-Luc Godard, Peter Greenaway, Edgar Pêra | 62 min | OmeU
21.00 Kino der Perestroika
Idi i smotri (Komm und siehe)
SU 1985 | Elem Klimov | 146 min | OmU
Mittwoch, 16. April 2014
18.30 3D-Filmfest
Get a Horse!
USA 2013 | Laura MacMullan | 6 min | OF | 3D
Frozen (Die Eiskönigin)
USA 2013 | Chris Buck, Jennifer Lee | 102 min | OF | 3D
21.00 Filme aus Bosnien
Epizoda u životu berača željeza (Aus dem Leben eines Schrottsammlers)
BiH 2013 | Danis Tanović | 75 min | OmU
Seite 32
Seite 38
Donnerstag, 17. April 2014
19.00 Federico Fellini
Che strano chiamarsi Federico! (Wie seltsam, Federico zu heißen!)
Italien 2013 | Ettore Scola | 90 min | OmeU
Seite 46
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
Kalenderübersicht
Seite 6
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Freitag, 18. April 2014
18.30 Schätze des
Filmmuseums
Das Weib des Pharao
D 1921 | Ernst Lubitsch | 100 min | viragiert | Einführung: Thomas Bakels
Seite 24
21.00 Federico Fellini
Il miracolo (Das Wunder)
Italien 1948 | Roberto Rossellini | 34 min | OmU
Francesco, giullare di Dio (Franziskus, der Gaukler Gottes)
Italien 1950 | Roberto Rossellini | 75 min | OmeU
Seite 46
18.30 Schätze des
Filmmuseums
Lichtspiel Opus 1 | Opus II | Opus III | Opus IV |
Berlin. Die Sinfonie der Großstadt
D 1927 | Walther Ruttmann | 90 min
Seite 24
21.00 Federico Fellini
Luci del varietà (Lichter des Varieté)
Italien 1950 | Federico Fellini, Alberto Lattuada | 93 min | OmU
Seite 47
18.30 Schätze des
Filmmuseums
Oktjabr (Zehn Tage, die die Welt erschütterten)
SU 1928 | Sergej Eisenstein | 119 min | OmU
Seite 25
21.00 Federico Fellini
Lo sceicco bianco (Die bittere Liebe)
Italien 1952 | Federico Fellini | 86 min | OmeU
Seite 47
18.30 Schätze des
Filmmuseums
Mutter Krausens Fahrt ins Glück
D 1929 | Piel Jutzi | 133 min
Seite 25
21.00 Federico Fellini
L’amore in città (Liebe in der Stadt)
Italien 1953 | Federico Fellini, Michelangelo Antonioni, Alberto Lattuada,
Francesco Maselli, Dino Risi, Cesare Zavattini | 96 min | OmU
Seite 47
18.30 Federico Fellini
Luci del varietà (Lichter des Varieté)
Italien 1950 | Federico Fellini, Alberto Lattuada | 93 min | OmU
Seite 47
21.00 Kino der Perestroika
Pis’ma mërtvogo čeloveka (Briefe eines Toten)
SU 1986 | Konstantin Lopušanskij | 87 min | OmU
Samstag, 19. April 2014
Sonntag, 20. April 2014
Montag, 21. April 2014
Dienstag, 22. April 2014
Seite 6
Kalenderübersicht
Mittwoch, 23. April 2014
88
18.30 Federico Fellini
La strada (Das Lied der Straße)
Italien 1954 | Federico Fellini | 108 min | OmU
21.00 Filme aus Bosnien
For Those Who Can Tell No Tales (Für die, die keine Märchen erzählen können)
Seite 32
BiH 2013 | Jasmila Žbanić | 82 min | OmU
Seite 48
Donnerstag, 24. April 2014
19.00 Open Scene
Freitag, 25. April 2014
18.30 Schätze des
Filmmuseums
Alice Gets in Dutch (Alice hat geträumt)
USA 1924 | Walt Disney | 10 min | dtF | \ Richard Siedhoff
Das Wachsfigurenkabinett
D 1924 | Paul Leni | 75 min | viragiert | \ Richard Siedhoff
Seite 25
21.00 Federico Fellini
I vitelloni (Die Müßiggänger)
Italien 1953 | Federico Fellini | 100 min | OmU
Seite 47
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
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Samstag, 26. April 2014
18.30 Schätze des
Filmmuseums
Alice’s Spooky Adventure (Alice im Spukhaus)
USA 1924 | Walt Disney | 8 min | dtF | \ Richard Siedhoff
The Cat and the Canary (Spuk um Mitternacht)
USA 1927 | Paul Leni | 114 min | OF | \ Richard Siedhoff
Seite 26
21.00 Federico Fellini
La strada (Das Lied der Straße)
Italien 1954 | Federico Fellini | 108 min | OmU
Seite 48
Sonntag, 27. April 2014
17.30 Film und
Psychoanalyse
I girasoli (Sonnenblumen)
Seite 17
Italien 1970 | Vittorio De Sica | 107 min | OmeU | Einführung: Vivian Pramataroff-Hamburger
21.00 Federico Fellini
Il bidone (Die Schwindler)
Italien 1955 | Federico Fellini | 112 min | OmeU
Seite 48
18.30 Federico Fellini
Il bidone (Die Schwindler)
Italien 1955 | Federico Fellini | 112 min | OmeU
Seite 48
21.00 Kino der Perestroika
Pljumbum, ili opasnaja igra (Plumbum oder Gefährliches Spiel)
SU 1987 | Vadim Abdrašitov | 97 min | OmU
Dienstag, 29. April 2014
Seite 7
Mittwoch, 30. April 2014
18.30 Federico Fellini
Le notti di Cabiria (Die Nächte der Cabiria)
Italien 1957 | Federico Fellini | 110 min | OmU
Seite 48
21.00 Film & Licht
Geschichte des Filmlichts
Vortrag mit Filmbeispielen von Richard Blank | 90 min
Seite 56
Donnerstag, 1. Mai 2014
19.00 Open Scene
Freitag, 2. Mai 2014
18.30 Schätze des
Filmmuseums
Seite 26
Chronik der Anna Magdalena Bach
BRD 1967 | Danièle Huillet & Jean-Marie Straub | 94 min | Zu Gast: Barbara Ulrich
21.00 Federico Fellini
Le notti di Cabiria (Die Nächte der Cabiria)
Italien 1957 | Federico Fellini | 110 min | OmU
Seite 48
18.30 Schätze des
Filmmuseums
Un conte de Michel de Montaigne (Eine Erzählung von Michel de Montaigne) |
Dialogue d’ombres (Schattendialog) | A propos de Venise (Über Venedig)
Schweiz 2012/13 | Jean-Marie Straub | 86 min | OmU | Zu Gast: Barbara Ulrich Seite 26
21.00 Federico Fellini
La dolce vita (Das süße Leben)
Italien 1960 | Federico Fellini | 172 min | OmU
Seite 48
Boccaccio ’70
Italien 1962 | Fellini, De Sica, Monicelli, Visconti | 205 min | OmeU
Seite 49
18.30 Federico Fellini
Otto e mezzo (Achteinhalb)
Italien 1963 | Federico Fellini | 138 min | OmeU
Seite 49
21.00 Kino der Perestroika
Kur’er (Der Bote)
SU 1987 | Karen Šachnazarov | 90 min | OmU
Seite 7
Sonntag, 4. Mai 2014
18.30 Federico Fellini
Kalenderübersicht
Samstag, 3. Mai 2014
89
Dienstag, 6. Mai 2014
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
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Mittwoch, 7. Mai 2014
18.30 Federico Fellini
Giulietta degli spiriti (Julia und die Geister)
Italien 1965 | Federico Fellini | 137 min | OmU
21.00 Film & Licht
Seite 56
Der letzte Mann
D 1924 | F. W. Murnau | 90 min | \ Günter A. Buchwald | Einführung: Richard Blank
8. Mai bis 14. Mai 2014
DOK.fest – Internationales Dokumentarfilmfestival München
Seite 49
Donnerstag, 15. Mai 2014
19.00 Open Scene
Freitag, 16. Mai 2014
18.30 Schätze des
Filmmuseums
Angst
BRD 1954 | Roberto Rossellini | 81 min
Seite 27
21.00 Federico Fellini
Otto e mezzo (Achteinhalb)
Italien 1963 | Federico Fellini | 138 min | OmeU
Seite 49
18.30 Schätze des
Filmmuseums
Mr. Arkadin (Herr Satan persönlich)
GB 1955 | Orson Welles | 101 min | OF | Einführung: Stefan Drößler
Seite 27
21.00 Federico Fellini
Giulietta degli spiriti (Julia und die Geister)
Italien 1965 | Federico Fellini | 137 min | OmU
Seite 49
18.30 Schätze des
Filmmuseums
Lola Montez
BRD 1955 | Max Ophüls | 116 min | OmU | Einführung: Stefan Drößler
Seite 27
21.00 Federico Fellini
Histoires extraordinaires (Außergewöhnliche Geschichten)
F 1968 | Federico Fellini, Louis Malle, Roger Vadim | 121 min | OmU
Seite 50
18.30 Federico Fellini
Satyricon (Fellinis Satyricon)
Italien 1969 | Federico Fellini | 128 min | OmU
Seite 50
21.00 Kino der Perestroika
Monanieba / Pokajanie (Reue)
SU 1984/1987 | Tengiz Abuladze | 153 min | OmU
Samstag, 17. Mai 2014
Sonntag, 18. Mai 2014
Dienstag, 20. Mai 2014
Seite 8
Kalenderübersicht
Mittwoch, 21. Mai 2014
90
18.30 Michael Snow
Wavelength | * Corpus Callosum
Kanada 1967–2002 | Michael Snow | 45 min + 92 min
Seite 49
21.00 Film & Licht
M
D 1931 | Fritz Lang | 111 min | Einführung: Richard Blank
Seite 56
La région centrale
Kanada 1971 | Michael Snow | 180 min | Zu Gast: Michael Snow
Seite 61
18.30 Michael Snow
<—> (Back and Forth) | So Is This
Kanada 1969–1983 | Michael Snow | 54 min + 43 min | Zu Gast: Michael Snow
Seite 61
21.00 Federico Fellini
Federico Fellini – Mit den Augen der anderen
D 2003 | Eckhart Schmidt | 90 min | Zu Gast: Eckhart Schmidt
Seite 50
Donnerstag, 22. Mai 2014
19.00 Michael Snow
Freitag, 23. Mai 2014
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
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münchen
Samstag, 24. Mai 2014
18.30 Michael Snow
Presents
Kanada 1981 | Michael Snow | 98 min | Zu Gast: Michael Snow
Seite 61
21.00 Federico Fellini
Satyricon (Fellinis Satyricon)
Italien 1969 | Federico Fellini | 128 min | OmU
Seite 50
Sonntag, 25. Mai 2014
17.30 Film und
Psychoanalyse
Seite 17
Something Wild (Gefährliche Freundin)
USA 1986 | Jonathan Demme | 114 min | OmU | Einführung: M. Baumgart, Eva Friedrich
21.00 Federico Fellini
Seite 50
A Director’s Notebook | Ciao, Federico!
Italien 1969/70 | Federico Fellini, Gideon Bachmann | 51 min + 60 min | engl. OF
Dienstag, 27. Mai 2014
18.30 Federico Fellini
Roma (Fellinis Roma)
Italien 1972 | Federico Fellini | 128 min | OmeU
21.00 Kino der Perestroika
Zavtra byla vojna (… und morgen war Krieg)
SU 1987 | Jurij Kara | 89 min | OmU
Seite 51
Seite 8
Mittwoch, 28. Mai 2014
18.30 Federico Fellini
Amarcord
Italien 1973 | Federico Fellini | 123 min | OmeU
Seite 52
21.00 Film & Licht
La ronde (Der Reigen)
F 1950 | Max Ophüls | 109 min | OmU | Einführung: Richard Blank
Seite 56
18.30 Schätze des
Filmmuseums
Es muss ein Stück vom Hitler sein
BRD 1963 | Walter Krüttner | 12 min
Die Grafen Pocci
BRD 1967 | Hans Jürgen Syberberg | 92 min
Seite 28
21.00 Federico Fellini
I clowns (Die Clowns)
Italien 1970 | Federico Fellini | 92 min | OmeU
Seite 51
18.30 Schätze des
Filmmuseums
La morte d’Isotta
BRD 1968 | Werner Schroeter | 37 min
Der Bomberpilot
BRD 1970 | Werner Schroeter | 65 min
Seite 28
21.00 Federico Fellini
Roma (Fellinis Roma)
Italien 1972 | Federico Fellini | 128 min | OmeU
Seite 51
18.30 Schätze des
Filmmuseums
Madeleine, Madeleine
BRD 1963 | Vlado Kristl | 10 min
Das Andechser Gefühl
BRD 1974 | Herbert Achternbusch | 65 min
Seite 28
21.00 Federico Fellini
Amarcord
Italien 1973 | Federico Fellini | 123 min | OmeU
Seite 52
Donnerstag, 29. Mai 2014
19.00 Open Scene
Freitag, 30. Mai 2014
Sonntag, 1. Juni 2014
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
Kalenderübersicht
Samstag, 31. Mai 2014
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münchen
Dienstag, 3. Juni 2014
18.30 Federico Fellini
La città delle donne (Fellinis Stadt der Frauen)
Italien 1980 | Federico Fellini | 139 min | OmeU
21.00 Kino der Perestroika
Vlast’ Soloveckaja (Die Macht von Solovkij)
SU 1988 | Marina Goldovskaja | 91 min | OmU
Seite 52
Seite 8
Mittwoch, 4. Juni 2014
18.30 Federico Fellini
E la nave va (Fellinis Schiff der Träume)
Italien 1983 | Federico Fellini | 132 min | OmU
Seite 52
21.00 Film & Licht
The Trial (Der Prozess)
GB 1962 | Orson Wellles | 119 min | OmU | Einführung: Richard Blank
Seite 56
Donnerstag, 5. Juni 2014
19.00 Open Scene
Freitag, 6. Juni 2014
18.30 Bayern in Babelsberg Freispruch mangels Beweises
DDR 1962 | Richard Groschopp | 94 min | Einführung: Ralf Schenk
21.00 Federico Fellini
Il Casanova di Federico Fellini (Fellinis Casanova)
Italien 1976 | Federico Fellini | 154 min | engl. OF
Seite 64
Seite 52
Samstag, 7. Juni 2014
18.30 Bayern in Babelsberg Der Prozess wird vertagt
DDR 1958 | Herbert Ballmann | 97 min
21.00 Federico Fellini
Prova d’orchestra (Orchesterprobe)
Italien 1978 | Federico Fellini | 70 min | OmU
Seite 65
Seite 52
Sonntag, 8. Juni 2014
18.30 Bayern in Babelsberg For Eyes only (Streng geheim)
DDR 1963 | Janos Veiczi | 103 min
21.00 Federico Fellini
La città delle donne (Fellinis Stadt der Frauen)
Italien 1980 | Federico Fellini | 139 min | OmeU
Seite 65
Seite 52
Montag, 9. Juni 2014
Kalenderübersicht
18.30 Bayern in Babelsberg Tilman Riemenschneider
DDR 1958 | Helmut Spieß | 98 min
92
Seite 65
E la nave va (Fellinis Schiff der Träume)
Italien 1983 | Federico Fellini | 132 min | OmU
Seite 52
18.30 Federico Fellini
Ginger e Fred (Ginger und Fred)
Italien 1986 | Federico Fellini | 125 min | OmeU
Seite 53
21.00 Kino der Perestroika
Dni zatmenija (Tage der Finsternis)
SU 1988 | Aleksandr Sokurov | 135 min | OmU
Seite 9
21.00 Federico Fellini
Dienstag, 10. Juni 2014
Mittwoch, 11. Juni 2014
19.00 Federico Fellini
Il Casanova di Federico Fellini (Fellinis Casanova)
Italien 1976 | Federico Fellini | 154 min | engl. OF
Seite 52
Zuschauerkino
Seite 67
Donnerstag, 12. Juni 2014
19.00 Open Scene
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
f
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Freitag, 13. Juni 2014
18.30 Bayern in Babelsberg Abschied
DDR 1968 | Egon Günther | 106 min | Einführung: Ralf Schenk
21.00 Federico Fellini
Ginger e Fred (Ginger und Fred)
Italien 1986 | Federico Fellini | 125 min | OmeU
Seite 65
Seite 53
Samstag, 14. Juni 2014
18.30 Bayern in Babelsberg Pankoff | Absolution? | Meiers Nachlass | F.J. Strauß | Kundschafter in München
DDR 1966–1976 | Hornig, Müller, Heynowski & Scheumann, Raue | 80 min |
Seite 65
Einführung: Ralf Schenk
21.00 Federico Fellini
Werbefilme | Intervista (Fellinis Intervista)
Italien 1984–1992 | Federico Fellini | 8 min + 108 min | OmU
Seite 53
Sonntag, 15. Juni 2014
18.30 Bayern in Babelsberg Der Ochse von Kulm
DDR 1955 | Martin Hellberg | 88 min | Einführung: Ralf Schenk
Seite 66
La voce della luna (Die Stimme des Mondes)
Italien 1990 | Federico Fellini | 120 min | OmU
Seite 53
18.30 Kelly Reichardt
Old Joy
USA 2006 | Kelly Reichardt | 76 min | OmU
Seite 71
21.00 Kino der Perestroika
Posetitel’ muzeja (Der Museumsbesucher)
SU 1989 | Konstantin Lopušanskij | 136 min | OmU
21.00 Federico Fellini
Dienstag, 17. Juni 2014
Seite 9
Mittwoch, 18. Juni 2014
18.30 Kelly Reichardt
Wendy and Lucy
USA 2008 | Kelly Reichardt | 80 min | OmU
Seite 71
21.00 Film & Licht
Fa yeung nin wa (In the Mood for Love)
Hongkong 2000 | Wong Kar-wai | 98 min | OmU | Einführung: Richard Blank
Seite 56
Donnerstag, 19. Juni 2014
19.00 Open Scene
Freitag, 20. Juni 2014
21.00 Kelly Reichardt
River of Grass | Ode
USA 1994–1999 | Kelly Reichardt | 73 min + 46 min | OF
Seite 66
Seite 71
Samstag, 21. Juni 2014
18.30 Bayern in Babelsberg Das verurteilte Dorf
DDR 1952 | Martin Hellberg | 107 min
21.00 Kelly Reichardt
Old Joy
USA 2006 | Kelly Reichardt | 76 min | OmU
Seite 66
Seite 71
Sonntag, 22. Juni 2014
18.30 Bayern in Babelsberg Wir tragen die Gewehre | Den Rennsteig entlang | Ein Pfeiler im Strom Seite 66
| Zum Beispiel: Regensburg | Lang mi ned o
DDR 1955–1983 | Bohm, Marten, Heynowski & Scheumann, Foth | 125 min
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
Kalenderübersicht
18.30 Bayern in Babelsberg Chronik eines Mordes
DDR 1965 | Joachim Hasler | 98 min
93
f
münchen
Sonntag, 22. Juni 2014
Wendy and Lucy
USA 2008 | Kelly Reichardt | 80 min | OmU
Seite 71
18.30 Kelly Reichardt
Meek’s Cutoff
USA 2010 | Kelly Reichardt | 104 min | OmU
Seite 71
21.00 Kino der Perestroika
Zamri, umri, voskresni! (Halte still – Stirb – Erwache)
SU 1989 | Vitalij Kanevskij | 105 min | OmU
21.00 Kelly Reichardt
Dienstag, 24. Juni 2014
Seite 9
Mittwoch, 25. Juni 2014
18.30 Kelly Reichardt
Meek’s Cutoff
USA 2010 | Kelly Reichardt | 104 min | OmU
Seite 71
21.00 Film & Licht
Dogville
DK 2003 | Lars von Trier | 140 min | OmU | Einführung: Richard Blank
Seite 56
18.30 Kelly Reichardt
River of Grass | Ode
USA 1994–1999 | Kelly Reichardt | 73 min + 46 min | OF
Seite 71
21.00 Kino der Perestroika
Taksi-Bljuz (Taxi-Blues)
SU 1990 | Pavel Lungin | 110 min | OmU
28. Juni bis 5. Juli 2014
Internationales Filmfest München
Donnerstag, 26. Juni 2014
19.00 Open Scene
Freitag, 27. Juni 2014
Seite 9
Sonntag, 6. Juli 2014
18.30 Oskar Maria Graf
Hölleisengretl
D 1995 | Jo Baier | 105 min
Seite 73
21.00 Oskar Maria Graf
Triumph der Gerechten
BRD 1987 | Josef Bierbichler | 81 min
Seite 73
Sous les toits de Paris (Unter den Dächern von Paris)
F 1930 | René Clair | 92 min | OmU
Seite 77
Hôtel du Nord
F 1938 | Marcel Carné | 95 min | OmU
Seite 77
Ninotchka (Ninotschka)
USA 1939 | Ernst Lubitsch | 110 min | OF
Seite 77
18.30 Paris im Film
Rendez-vous de juillet (Jugend von heute)
F 1949 | Jacques Becker | 112 min | OmeU
Seite 77
21.00 Paris im Film
Sous les toits de Paris (Unter den Dächern von Paris)
F 1930 | René Clair | 96 min | OmU
Seite 77
Dienstag, 8. Juli 2014
Kalenderübersicht
20.00 Paris im Film
94
Mittwoch, 9. Juli 2014
20.00 Paris im Film
Donnerstag, 10. Juli 2014
20.00 Paris im Film
Freitag, 11. Juli 2014
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
f
münchen
Samstag, 12. Juli 2014
18.30 Paris im Film
An American in Paris (Ein Amerikaner in Paris)
USA 1951 | Vincente Minnelli | 113 min | OF
Seite 78
21.00 Paris im Film
Ninotchka (Ninotschka)
USA 1939 | Ernst Lubitsch | 110 min | OF | Einführung: David Bordwell
Seite 77
18.30 Paris im Film
French Cancan
F 1954 | Jean Renoir | 87 min | OmeU
Seite 78
21.00 Paris im Film
Rendez-vous de juillet (Jugend von heute)
F 1949 | Jacques Becker | 112 min | OmeU
Seite 77
Les quatre cents coups (Sie küssten und sie schlugen ihn)
F 1959 | François Truffaut | 99 min | OmeU
Seite 78
À bout de souffle (Außer Atem)
F 1960 | Jean-Luc Godard | 90 min | OmU
Seite 78
Zazie dans le métro (Zazie)
F 1960 | Louis Malle | 89 min | OmU
Seite 78
18.30 Paris im Film
Belle de jour (Schöne des Tages)
F 1967 | Luis Buñuel | 101 min | OmU
Seite 78
21.00 Paris im Film
Les quatre cents coups (Sie küssten und sie schlugen ihn)
F 1959 | François Truffaut | 99 min | OmeU
Seite 78
18.30 Paris im Film
Le samouraï (Der eiskalte Engel)
F 1967 | Jean-Pierre Melville | 105 min | OmeU
Seite 79
21.00 Paris im Film
À bout de souffle (Außer Atem)
F 1960 | Jean-Luc Godard | 90 min | OmU
Seite 78
18.30 Paris im Film
Playtime (Tatis herrliche Zeiten)
F 1967 | Jacques Tati | 115 min | OmeU
Seite 79
21.00 Paris im Film
Zazie dans le métro (Zazie)
F 1960 | Louis Malle | 89 min | OmU
Seite 78
Quatre nuits d’un rêveur (Vier Nächte eines Träumers)
F 1971 | Robert Bresson | 87 min | OmU
Seite 79
Le locataire (Der Mieter)
F 1976 | Roman Polanski | 126 min | OmU
Seite 79
Sonntag, 13. Juli 2014
Dienstag, 15. Juli 2014
20.00 Paris im Film
Mittwoch, 16. Juli 2014
20.00 Paris im Film
Donnerstag, 17. Juli 2014
20.00 Paris im Film
Freitag, 18. Juli 2014
Samstag, 19. Juli 2014
Dienstag, 22. Juli 2014
20.00 Paris im Film
Mittwoch, 23. Juli 2014
20.00 Paris im Film
Kalenderübersicht
Sonntag, 20. Juli 2014
95
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
f
münchen
Donnerstag, 24. Juli 2014
Le pont du Nord (An der Nordbrücke)
F 1981 | Jacques Rivette | 129 min | OmeU
Seite 80
18.30 Paris im Film
La femme de l’aviateur (Die Frau des Fliegers)
F 1981 | Eric Rohmer | 104 min | OmeU
Seite 80
21.00 Paris im Film
Le locataire (Der Mieter)
F 1976 | Roman Polanski | 126 min | OmU
Seite 79
18.30 Paris im Film
The Moderns (Wilde Jahre in Paris)
USA 1988 | Alan Rudolph | 126 min | OmeU
Seite 80
21.00 Paris im Film
Le pont du Nord (An der Nordbrücke)
F 1981 | Jacques Rivette | 129 min | OmeU
Seite 80
Le ballon rouge (Der rote Ballon)
F 1956 | Albert Lamorisse | 34 min | OmeU
Le voyage du ballon rouge (Die Reise des roten Ballons)
F 2007 | Hou Hsiao Hsien | 113 min | OmU
Seite 80
On connaît la chanson (Das Leben ist ein Chanson)
F 1997 | Alain Resnais | 122 min | OmU
Seite 81
Le fabuleux destin d’Amélie Poulain (Die fabelhafte Welt der Amélie)
F 2001 | Jean-Pierre Jeunet | 122 min | OmU
Seite 81
Femme Fatale
USA 2002 | Brian De Palma | 114 min | OmU
Seite 81
18.30 Paris im Film
The Dreamers (Die Träumer)
F 2003 | Bernardo Bertolucci | 115 min | OmU
Seite 81
21.00 Paris im Film
On connaît la chanson (Das Leben ist ein Chanson)
F 1997 | Alain Resnais | 122 min | OmU
Seite 81
18.30 Paris im Film
Midnight in Paris
USA 2011 | Woody Allen | 94 min | OmU
Seite 81
21.00 Paris im Film
Le fabuleux destin d’Amélie Poulain (Die fabelhafte Welt der Amelie)
F 2001 | Jean-Pierre Jeunet | 122 min | OmU
Seite 81
18.30 Paris im Film
Le Week-End
GB 2013 | Roger Michell | 93 min | OmU
Seite 81
21.00 Paris im Film
Midnight in Paris
USA 2011 | Woody Allen | 94 min | OmU
Seite 81
20.00 Paris im Film
Freitag, 25. Juli 2014
Samstag, 26. Juli 2014
Sonntag, 27. Juli 2014
19.00 Paris im Film
Dienstag, 29. Juli 2014
20.00 Paris im Film
Mittwoch, 30. Juli 2014
20.00 Paris im Film
Donnerstag, 31. Juli 2014
20.00 Paris im Film
Kalenderübersicht
Freitag, 1. August 2014
96
Samstag, 2. August 2014
Sonntag, 3. August 2014
Vom 4. August bis 3. September 2014 macht das Filmmuseum Sommerpause und ist geschlossen.
Für Unterstützung und Kooperation bei der Realisierung unseres Programms danken wir:
Kino der Perestroika · Arsenal, Berlin (Gesa Knolle)
· Bonner Kinemathek, Bonn (Bernhard Gugsch) · David
Drevs, München · Alexander Schwarz, München
Deutsche Filme 2013 · Rainer Gansera, München ·
Ralf Schenk, Berlin · Christiane Peitz, Berlin · Edgar
Reitz, München
Erblast NS · Cinephil, Tel Aviv (Ori Bader) · Deutsche
Kinemathek, Berlin (Anke Hahn) · Deutsches Filminstitut, Wiesbaden (Brigitte Capitain) · Evangelische
Stadtakademie, München (Jutta Höcht-Stöhr) · Nathalie
Geyer, München
Psychoanalyse und Film · Akademie für Psychoanalyse und Psychotherapie, München (Matthias
Baumgart, Eva Friedrich, Andreas Hamburger, Katharina Leube-Sonnleitner, Mathias Lohmer, Irmgard
Nagel, Vivian Pramataroff-Hamburger, Heidi Spanl,
Corinna Wernz)
Schätze des Filmmuseums · Alpha-Omega,
München (Thomas Bakels) · Gunther Fette, München ·
Rob Houwer, München · Christian Ketels, München ·
Barbara Ulrich, Rolle
Filme aus Bosnien · Münchner Volkshochschule
(Klaus Blanc) · Taskovski Films, London (Aleksandra
Derewienko) · Samir Smajić, Sarajevo
Prager Filmarchiv · Národní filmový archiv, Prag
(Michal Bregant, Karel Zima) · Tschechisches Zentrum,
München (Anett Browarzik) · Zuzana Jürgens,
München
Jochen Kuhn · Sammlung Goetz, München (Ingvild
Goetz, Cornelia Gockel) · Jochen Kuhn, Hamburg ·
Christian Wagner, München
Architekturfilmtage · A Four Letter Word, Los
Angeles (Eleni Asvesta) · Archives Françaises du Film –
CNC, Bois d’Arcy (Eric Le Roy, Sophie Le Tétour) ·
Bayerische Architektenkammer, München (Präsident
Lutz Heese, Sabine Picklapp) · Office for Strategic
Spaces, Madrid (Angel Borrego Cubero, Simona Rota) ·
Wild Horses Films, London (Gayle Griffiths) · Fritz
Göttler, München · Dieter Reifarth, Frankfurt · Belinda
Rukschcio, Berlin
Federico Fellini · Bonner Kinemathek (Bernhard
Gugsch) · Cinecittà Luce, Rom (Simona Agnoli, Rosaria
Folcarelli) · Cinémathèque Suisse, Lausanne (André
Schäublin) · Istituto Italiano, München (Giovanna
Gruber) · Österreichisches Filmmuseum, Wien (Florian
Wrobel) · Francesco Bono, Rom · Eckhart Schmidt, Los
Angeles
Michael Snow · Arsenal, Berlin (Gesa Knolle) ·
Underdox Filmfestival, München (Dunja Bialas, Bernd
Brehmer)
Bayern im DEFA-Film · DEFA-Stiftung, Berlin (Ralf
Schenk) · Deutsche Kinemathek, Berlin (Anke Hahn)
Kelly Reichardt · Film Science, New York (Anish
Savjani) · Österreichisches Filmmuseum, Wien (Regina
Schlagnitweit, Eszter Kondor) · Dominik Kamalzadeh,
Wien
Oskar Maria Graf · Oskar-Maria-Graf-Gesellschaft,
München (Ulrich Dittmann) · Josef Bierbichler,
Starnberg
Paris im Film · Archives Françaises du Film – CNC,
Bois d’Arcy (Eric Le Roy, Sophie Le Tétour) · Cinémathèque Suisse, Lausanne (André Schäublin) ·
Französische Botschaft, Berlin (Marion Goux) · Institut
Français, Paris (Christine Houard) · Institut Français,
München
Fotonachweis · Deutsches Filminstitut, Frankfurt (André Mieles) · Cinémathèque Suisse, Lausanne (Carina
Carballo) · Film Science, New York (Anish Savjani) · Filmmuseum München (Claudia Engelhardt, Gerhard Ullmann)
· Narodní Filmovy Archiv, Prag (Karel Zima) · Österreichisches Filmmuseum, Wien (Christine Bruck) · Sammlung
Goetz, München (Cornelia Gockel) · Sauerbruch Hutton Architekten (Isabelle Hartmann, Caroline Wolf) · Hélène
Binet, London · Maren Willkomm, München
Das Kino der Stadt
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München
Tel 089/233 96450 · Fax 089/233 23931 · www.muenchner-stadtmuseum.de/film