Fassbinder / Schroeter / Wenders

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Fassbinder / Schroeter / Wenders
2015 | Heft 28
münchen
Věra Chytilová
Deutsche Filme 2014
DEFA: Die besten Jahre
Naher Osten
Jacques Tati
Audiodeskription
Architekturfilmtage
Kriegsende 1945
Fassbinder / Schroeter / Wenders
Franz Josef Strauß
Avi Mograbi
Hou Hsiao-Hsien
John Smith
Edmund Meisel
Paul Thomas Anderson
Pedro Costa
Orson Welles
Eintrittspreise
4 € (3 € für MFZ-Mitglieder). Ab 120 Minuten Filmlänge oder mit Gästen: 1 € Aufschlag. Ab 180 Minuten,
mit Live-Musik oder bei 3D: 2 € Aufschlag. Die Kasse
öffnet jeweils 60 Minuten vor und schließt 30 Minuten
nach Beginn der Vorstellung. Bei allen öffentlichen
Veranstaltungen verbleibt ein Kartenkontingent für den
freien Verkauf an der Abendkasse.
Kartenreservierung
Kartenreservierungen sind bis zu vier Wochen im voraus möglich und können unter der Telefonnummer
089 / 233 96450 auf Band gesprochen werden. Vorbestellte Karten müssen bis 20 Minuten vor Vorstellungsbeginn an der Kasse abgeholt worden sein, ansonsten
verfällt die Reservierung.
Kartenvorverkauf
Karten können bis zu vier Wochen im voraus gekauft
werden. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass unmittelbar vor Vorstellungsbeginn bei starkem Besucherandrang kein Kartenvorverkauf erfolgt. Karten behalten
ihre Gültigkeit nur bis Vorstellungsbeginn. An der
Abendkasse können vorverkaufte Karten bis 20 Minuten
vor Vorstellungsbeginn gegen Kostenerstattung wieder
zurückgegeben werden.
Programmabonnement
Das Kinoprogrammheft und unseren Newsletter können Sie unter www.muenchner-stadtmuseum.de/film
kostenlos abonnieren. Das Programmheft wird an
Mitglieder des MFZ auf Wunsch kostenlos versandt.
Ansonsten bitten wir um die Zusendung eines adres-
sierten und mit 1,45 € frankierten DIN A5-Briefumschlages an die Adresse des Filmmuseums. Den
täglich aktualisierten Spielplan finden Sie auch auf
Twitter: @filmmuseummuc.
Mitgliedschaft
Wer sich für die Arbeit des Filmmuseums interessiert,
kann Mitglied im Verein der Freunde des Filmmuseums
München, dem Münchner Filmzentrum e.V. (MFZ) werden. Mitgliedsanträge sind an der Kinokasse erhältlich.
Der Jahresbeitrag beträgt 20 € und berechtigt zum
ermäßigten Eintritt ins Filmmuseum sowie zur Teilnahme an den Mitgliederversammlungen des MFZ, in
denen die Programmplanungen des Filmmuseums diskutiert und Projekte entwickelt werden. Weitere
Informationen erhalten Sie unter Tel. 0177 / 728 46 81
und www.muenchner-filmzentrum.de.
Rollstuhlfahrer / Hörgeschädigte
Der Kinosaal im Untergeschoss ist über einen Aufzug
für Rollstuhlfahrer zugänglich. Die Behindertentoilette
befindet sich im Untergeschoss neben dem Kinoeingang. Das Kino ist mit einer Induktionsschleife für Hörgerätebesitzer ausgestattet.
Saalmikrofon
Das Kino verfügt über ein Saalmikrofon zur Kontrolle
des Kinotons durch die Filmvorführer.
Verkehrsverbindung
Sie erreichen das Filmmuseum in 5 Gehminuten vom
U/S-Bahnhof Marienplatz oder in 7 Gehminuten vom
U-Bahnhof und der Trambahnhaltestelle Sendlinger Tor.
MitgliederversammlungendesMünchnerFilmzentrumse.V.(MFZ)
Die für alle Interessierten öffentlichen Mitgliederversammlungen des Fördervereins des Filmmuseums finden
einmal im Monat montags um 19 Uhr im Gotischen Zimmer des Ignaz-Günther-Hauses (St.-Jakobs-Platz 20,
80331 München, 1. Stock) statt. Termine: 9. März 2015, 13. April 2015, 4. Mai 2015, 8. Juni 2015 und 13. Juli
2015. Informationen: [email protected].
»OpenScene«amDonnerstag
Die Termine am Donnerstag sind teilweise für aktuelle Sonderveranstaltungen reserviert. Das Programm wird spätestens acht Tage vorher festgelegt und in den Schaukästen an der Kinokasse, im E-Mail-Newsletter, unter
www.muenchner-stadtmuseum.de/film/open-scene.html, auf Facebook, auf Twitter und durch Ankündigungen in
der Tagespresse bekannt gegeben.
Impressum
Landeshauptstadt München. Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum, St.-Jakobs-Platz 1, 80331 München,
089/233 20538, Email: [email protected] · Redaktion: Stefan Drößler, Claudia Engelhardt, Christoph
Michel, Klaus Volkmer · Gestaltung: Heiner Gassen, München · Druck: BluePrint AG, München
Jahrgang 1945, Hammett, Welles, Audiodeskription
Gleich drei deutsche Filmemacher, deren Werke Schwerpunkte in unserer
3 Věra Chytilová . . .
Filmsammlung bilden, haben in diesem Jahr ihren 70. Geburtstag: Werner
11 Deutsche Filme 2014 . . .
Schroeter (7. April), Rainer Werner Fassbinder (31. Mai), Wim Wenders
(14. August). Jedem von ihnen wieder einmal eine vollständige Einzelretro16 DeFa: Die besten Jahre . . .
spektive zu widmen, hätte unser Programm weitgehend ausgefüllt. So entstand die Idee, die Werke der drei miteinander in Beziehung zu setzen: Alle
24 Naher Osten . . .
drei haben Ende der 1960er Jahre angefangen, in München Filme zu drehen, alle drei kannten sich und haben in unterschiedlichen Konstellationen
27 Film und Psychoanalyse . . .
miteinander gearbeitet oder sich untereinander geholfen, alle drei haben
sich in ihren Filmen mit Deutschland und mit deutscher Geschichte aus29 Jacques Tati . . .
einandergesetzt, und alle drei haben bereits in den 1970er Jahren an33 audiodeskription . . .
gefangen, auch im Ausland zu filmen. Es ist spannend zu sehen, wie sich die
sehr unterschiedlichen Werke entwickelt haben. Eine ganz besondere Sen35 architekturfilmtage . . .
sation stellt die Präsentation der Arbeitskopie der ursprünglichen Fassung
von Wim Wenders’ HAMMETT dar, die als verloren gilt. Produzent Francis
39 Kriegsende 1945 . . .
Ford Coppola, der die Fassung verwarf und Wim Wenders zum Neudreh mit
z. T. anderen Darstellern zwang, hat angeblich alles Material des ersten 41 Fassbinder / Schroeter / Wenders . . .
Drehs vernichten lassen. Überlebt hat aber ein vom Schneidetisch abgefilmtes Amateurvideo der Arbeitskopie in sehr schlechter Bildqualität, welches
50 Franz Josef Strauß . . .
das Filmmuseum – so gut es geht – restauriert hat und erstmals zeigt.
52 avi Mograbi . . .
Gleich zwei »Jubiläen« hat Orson Welles 2015 aufzuweisen: Seinen 100. Geburtstag (6. Mai) und seinen 30. Todestag (10. Oktober). Auch sein filmi53 Hou Hsiao-hsien . . .
sches Werk wird im Filmmuseum aufbewahrt. Viele seiner unvollendeten
Fragmente sind in München restauriert worden und laufen in diesem
59 John Smith . . .
Sommer und Herbst auf Symposien, Konferenzen und in Retrospektiven in
60 edmund Meisel . . .
Europa, in den USA und in Asien. Die Werke von Orson Welles und Rainer
Werner Fassbinder miteinander in Beziehung zu setzen, wäre sicherlich
66 Paul Thomas anderson . . .
auch einmal eine interessante Idee: Beide waren ungeheuer produktiv und
haben mit einer starken Gruppe im Hintergrund angefangen, Welles mit dem
70 Zuschauerkino . . .
Mercury Theatre, Fassbinder mit dem antiteater, beide kamen über das
Theater zu Radio, Kino und Fernsehen, beide traten als Schauspieler, Regis71 Pedro Costa . . .
seur und Autor in Erscheinung, beide haben Genrefilme und aufwändige
Literaturadaptionen gedreht, aber auch sehr persönliche Formen des Essay74 Orson Welles . . .
films entwickelt. Es bleibt ein Projekt für die Zukunft, diese Gedanken wei83 Kalenderübersicht . . .
terzuspinnen und auszuarbeiten. In diesem Programm sind Werke beider
Filmemacher zu sehen, aber nicht in direktem Bezug zueinander.
Erstmals zeigt das Filmmuseum im Rahmen eines Inklusionsprojekts vier
Filme mit Audiodeskription für blinde und sehbehinderte Menschen: Einen
Spielfilm, einen Dokumentarfilm, einen Stummfilm und zwei Slapstickkomödien, die die Deutsche Hörfilm gGmbH für das Filmmuseum München bearbeitet hat. Wir stellen die Audiodeskription als eigene künstlerische Form
vor, die auch für Sehende interessant ist. Lassen Sie sich einmal auf das Experiment ein, Ihre Sehgewohnheiten hörend zu ergänzen und zu vergleichen!
Am 14. April wird nach der Vorführung von Percy Adlons ZUCKERBABy mit
Audiodeskription ein Podiumsgespräch über diese Form der Filmvermittlung
stattfinden.
Ihr Filmmuseum
R = Regie · B = Drehbuch · K = Kamera · M = Musik · S = Schnitt · D =
Darsteller · P = Produktion · OF = Originalfassung · OmU = Originalfassung
mit deutschen Untertiteln · OmeU =
Originalfassung mit englischen Untertiteln · OmfU = Originalfassung mit
französischen Untertiteln · OmÜ = Originalfassung mit deutscher Übersetzung · dtF = deutsche Synchronfassung · \ = Livemusikbegleitung
Rückblick
14. September 2014: marianne Sägebrecht und percy adlon im
foyer des filmmuseums bei der vorstellung des films zucKeRbaby im Rahmen der percy-adlon-Retrospektive.
18. September 2014: Der philippinische Regisseur Kidlat Tahimik
präsentiert den Klassiker DeR paRfümieRTe albTRaum und
Teile seines neuen films memoRieS of oveRDevelopmenT.
24. September 2014: Die biermösl blosn geben ein Konzert nach
der vorführung des Dokumentarfilms plaTTln in umTaTa von
peter heller zur feier von 30 Jahren filmstadt münchen e.v.
14. Dezember 2014: Simone fürbringer, michaela Dietl, frederick
Reuss und nicolas humbert nach der aufführung der multimediapräsentation max mohR – exil ShanGhai.
17. Dezember 2014: Stefan Drößler und Rob houwer, der seine
deutschen filmproduktionen aus den 1960er und 1970er Jahren
dem filmmuseum münchen zur einlagerung übergibt.
11. Januar 2015: Waltraud burger (Kz-Gedenkstätte Dachau),
max mannheimer und filmemacherin carolin otto nach der vorführung des films DeR WeiSSe Rabe – max mannheimeR.
Věra Chytilová
Retrospektive Věra Chytilová
věra chytilová bei Dreharbeiten in den 1960er Jahren
3
Věra Chytilová (2.2.1929–12.3.2014) war eine einzigartige Erscheinung in der tschechischen Filmszene.
Eine Regisseurin, die ihre Vision von Kunst und Regie
konsequent und kompromisslos verfolgte wie nur wenige ihrer Kollegen – von ihren Kolleginnen ganz zu
schweigen. Für viele Schauspieler, Kameraleute, Beleuchter oder Toningenieure war sie eine gefürchtete
(und manchmal unberechenbare) Herrscherin am Set,
doch mit ihrem sozialen Empfinden überraschte sie
immer wieder. Meistens erreichte sie, was sie sich vorgenommen hatte.
Im Jahr 1957 war sie als einzige Frau zum Studium an
der Prager FAMU (Film- und Fernsehfakultät der Akademie der Musischen Künste) aufgenommen worden
und musste sich in einer reinen Männerdomäne behaupten. Vielleicht wurden daher die Frauen mit ihren
Schicksalen in verschiedenen Zeiten, Lebenssituationen und sozialen Umgebungen eines ihrer Hauptthemen – so wie in den Filmen PyTEL BLECH (EIN SACK
FLÖHE, 1962), STROP (DIE DECKE, 1962), O NĚČEM
JINÉM (VON ETWAS ANDEREM, 1963), SEDMIKRÁSKy
(TAUSENDSCHÖNCHEN, 1966), HRA O JABLKO (EIN
BISSCHEN SCHWANGER, 1977), PASTI, PASTI, PASTIČKy (GROSSE FALLEN, KLEINE FALLEN, 1998) oder
HEZKÉ CHVILKy BEZ ZÁRUKy (SCHÖNE MOMENTE,
2006). Zu einer Persönlichkeit von europäischem Format wurde sie Mitte der 1960er Jahre durch die Konsequenz, mit der sie gesellschaftliche Missstände aufzeigte und menschliche Unzulänglichkeiten aufs Korn
nahm. In dieser Hinsicht war sie eine fundamentale
Moralistin, deren Waffen der Sarkasmus und die Kompromisslosigkeit waren. Nicht zufällig nannte die britische Tageszeitung The Guardian sie die »Margaret
Thatcher des tschechischen Kinos«.
Zum Film kam sie durch das künstlerische Umfeld ihres
ersten Ehemanns, des Fotografen Karel Ludwig, und
ihre kurze Karriere als Mannequin. Ihrem attraktiven
Äußeren verdankte sie auch kleinere Filmrollen. Die
Welt des Films fesselte sie so sehr, dass sie von 1953
bis 1957 in den Barrandov-Filmstudios als Scriptgirl
und Regieassistentin arbeitete. Das alles half ihr entscheidend bei der Bewerbung an der FAMU. Und auch
ihre Courage: »Es gefällt mir nicht, wie man bei uns
Filme dreht. Ich will es besser machen!« – diesen denk-
ovoce STRomŮ RaJSKých Jíme (fRüchTe DeS paRaDieSeS)
Věra Chytilová
4
würdigen Satz trug sie beim Auswahlgespräch für die
FAMU vor. Damit beeindruckte sie sogar den strengen
Chef am Lehrstuhl für Regie Otakar Vávra.
Mit ihrem Mut und ihrer klaren Vision gewann Chytilová
bald schon den Respekt ihrer Mitstudenten, die die damalige tschechoslowakische Neue Welle begründeten:
Jiří Menzel, Evald Schorm, Jan Němec, Pavel Juráček,
Ivan Passer, Antonín Máša und Jan Schmidt. Bei aller
Verschiedenheit besaßen die Filme dennoch Gemeinsamkeiten wie improvisierte Dialoge, die häufige Besetzung mit Laien, den absurden Humor, den Zauber des
Zufalls, die ungeschönte Darstellung von Liebesirrungen und -verwirrungen. Mit ihren vier Mitstudenten
Menzel, Němec, Schorm und Jireš drehte Chytilová gemeinsam den Episodenfilm PERLIČKy NA DNĚ (PERLEN
AUF DEM MEERESGRUND, 1965). Letztlich ging sie jedoch ihren eigenen Weg – einen Weg, der die damals
gefeierte Methode des cinéma vérité genauso anzweifelte wie die weit verbreiteten Stilisierungen. Chytilová
erarbeitete sich eine ganz eigene Handschrift: Filme
ohne feste Geschichten, aufbauend auf einer ruhelosen
Kamera, einer scheinbar inhomogenen Schnittkomposition und auf Übertreibungen. Sie war eine echte Autorenfilmerin, die sich immer treu blieb.
Ihre Filmbesessenheit wurzelte schon in der Kindheit:
Als Kind saß sie im Kino wie angekettet im Sessel und
war nicht bereit, diesen vor Filmende zu verlassen,
selbst dann nicht, wenn sie auf die Toilette musste.
Und so machte sie ein paarmal in ihre Gummistiefel,
die sie an den Füßen trug. Als sie fürchtete, aus der
FAMU wegen eines dummen Vorwandes entlassen zu
werden, versuchte sie sich das Leben zu nehmen. Das
Unkonventionelle, das ihr eigen war, projizierte sie in
ihre Charaktere. Gegen alle Normen rebellierten beispielsweise die beiden Protagonistinnen in SEDMIKRÁSKy, ein formales Experiment mit herausragender
visueller Aufladung, das Chytilová als ihren besten Film
bezeichnete. Daran beteiligt war auch die ebenfalls eigenwillige Künstlerin, Drehbuchautorin und langjährige
Freundin Ester Krumbachová und Věras zweiter Ehemann, der Kameramann Jaroslav Kučera. Ihr nächster
Film, OVOCE STROMŮ RAJSKÝCH JÍME (FRÜCHTE DES
PARADIESES, 1970), stellt in ebenso origineller Bildsprache Überlegungen zu Wahrheit und Lüge an, die
sich aus biblischer Symbolik ableiten, konkret aus der
Geschichte von Adam und Eva. In der Dreiecksgeschichte denkt Chytilová über die Schlüsselfrage des
Vertrauens in der Beziehung zwischen Mann und Frau
nach und fragt, ob es besser ist, die Früchte vom Baum
der Erkenntnis zu essen und die Konsequenzen zu tragen, oder sie nicht zu essen und glücklich zu sein.
Genau dieses Dilemma aber lastete auf den tschechischen Filmemachern mit dem ganzen Gewicht der
Zensur nach der Augustokkupation 1968.
Schon die provokative Groteske SEDMIKRÁSKy über
einen »Teufelskreis aus Pseudowerten und Pseudobeziehungen« (Chytilová) hatte im Mai 1967 eine parlamentarische Anfrage in der Nationalversammlung ausgelöst. »Wir sind davon überzeugt, dass zwei Filme, die
wir gesehen haben […], auf einen grundlegenden Weg
unseres Kulturlebens hinweisen, auf dem kein redlicher
Arbeiter, Bauer oder Intellektueller gehen kann und
gehen wird […]. Wie lange werden sie mit den Nerven
des Arbeiters und Bauern spielen und überhaupt, welche Demokratie bringen sie?«, entrüstete sich der Abgeordnete Jaroslav Pružinec über SEDMIKRÁSKy und
Jan Němecs Film O SLAVNOSTI A HOSTECH (VOM
FEST UND DEN GÄSTEN, 1966). Die Anfrage wurde
von 21 Abgeordneten unterschrieben. Der Vorfall war
ein Vorbote für die zahlreichen Schwierigkeiten mit den
kommunistischen Machthabern, die Chytilová das
Arbeiten zeitweise unmöglich machten.
Dem großen Druck und den Auseinandersetzungen mit
den höchsten Rängen des Regimes zum Trotz drehte
die Regisseurin nach einer sechsjährigen Zwangspause ab Mitte der 1970er Jahre einige bemerkenswerte Filme, die zum Besten gehören, was in dieser
Zeit in der tschechischen Kinematografie entstand.
Věra Chytilová
Die zweite Hälfte der 1980er Jahre war für Chytilová
geprägt von der Suche nach neuen Themen und Genres. Die scharfe Gesellschaftskritik trat dabei etwas in
den Hintergrund. Chytilová drehte chiffrierte Gleichnisse wie ŠAŠEK A KRÁLOVNA (DER NARR UND DIE
KÖNIGIN, 1988), über die Macht und ihr Gegenstück,
und den suggestiv-beklemmenden VLČÍ BOUDA (DIE
WOLFSBAUDE, 1987), ihren einzigen Horrorfilm. KOPyTEM SEM, KOPyTEM TAM (EINMAL HIN, EINMAL HER,
1988), der erste tschechische Film über das Thema
AIDS, erinnerte im moralischen Anspruch an ihre früheren Filmarbeiten. Die Kritik richtete sich hier aber weniger gegen gesellschaftliche Mechanismen, als gegen
den promisken Lebensstil der jungen Leute. Dennoch
stand auch hier die durchdringende Studie menschlicher Charaktere im Zentrum. Danach folgte mit
DĚDICTVÍ ANEB KURVAHOŠIGUTNTAG (DAS ERBE
ODER: FUCKOFFJUNGSGUTNTAG, 1992) ein Film, der
die Restitutionspraktiken anprangert. Chytilová versuchte sich zum ersten Mal an einer volkstümlichen
Komödie, die ihr jedoch künstlerisch nicht ganz gelang.
Paradoxerweise traf die Schaffenskrise sie in einer Zeit,
als die »Samtene Revolution« endlich die absolute
künstlerische Freiheit gebracht hatte.
Wie eine Reminiszenz auf ihre alten Filme wirkte PASTI,
PASTI, PASTIČKy (GROSSE FALLEN, KLEINE FALLEN,
1998) über eine brutale weibliche Rache für eine Ver-
5
mí pRaŽanÉ mi RozumĚJí (meine pRaGeR veRSTehen mich)
Kaum einer ihrer Kollegen bezog so suggestiv und erbarmungslos Stellung zur Auszehrung der sogenannten
»Normalisierungszeit« der 1970er und 1980er Jahre
wie Chytilová mit HRA O JABLKO, PANELSTORy (GESCHICHTE DER WÄNDE, 1980), KALAMITA (KALAMITÄTEN, 1982) und FAUNOVO VELMI POZDNÍ ODPOLEDNE (FAUNS ALLZU SPÄTER NACHMITTAG, 1983).
Unter anderem belegen diese Filme, dass Chytilová
nicht nur auf Frauenthemen festgelegt war. Allerdings
schildert sie eine Männerwelt, in der die Frauen sich
selbstbewusst und kompromisslos behaupteten. Ob es
nun die Moral des Doktors in HRA O JABLKO ist, wo sie
die männliche Hauptrolle mit ihrem ehemaligen Mitstudenten aus der FAMU, dem Regisseur Jiří Menzel,
besetzte, oder die bissige Studie über männliche Eitelkeit und Willensschwäche in FAUNOVO VELMI POZDNÍ
ODPOLEDNE – die Männer gehen aus der Konfrontation mit den Frauen stets mit moralischen Schrammen
hervor und erscheinen als die Schwächeren. Bis heute
beeindruckt auch die für viele Jahre verbotene Satire
PANELSTORy. Sie spielt in einer matschigen, unfertigen Wohnsiedlung, in der die Regisseurin erbarmungslos die Plattheit von Beziehungen und Charakteren aufdeckt, die grotesk selbstverliebt und gleichgültig dem
gegenüber sind, was um sie herum passiert. Stilbildend für den Film war die Handkamera von Jaromír
Šofr, mit dem die Regisseurin die Mehrheit ihrer Filme
bis Mitte der 1980er Jahre drehte.
Aufmerksamkeit verdient auch ein Dokumentarfilm, der
in dieser Zeit als Auftragsarbeit als Bestandteil einer italienischen Serie über die Kulturzentren des alten Kontinents entstand, PRAHA – NEKLIDNÉ SRDCE EVROPy
(PRAG, DAS UNRUHIGE HERZ EUROPAS, 1984). Chytilová zog darin das gängige Bild von Prag als Stadt mit
historischer und kultureller Kontinuität in Zweifel und
bewies, dass ihr Talent über die Grenzen des Spielfilms
hinausreichte. Dem Mozart-Film MÍ PRAŽANÉ MI ROZUMĚJÍ (MEINE PRAGER VERSTEHEN MICH, 1991)
dagegen fehlte ein stringenter Aufbau. VZLETy A PÁDy
(AUFSTIEG UND FALL, 2000) war ein Tribut an ihren
ersten Mann Karl Ludwig, wies aber weit über die persönliche Ebene hinaus. Er feierte zugleich das künstlerische Schaffen der Gesellschaft in den 1950er und
1960er Jahren und zeigte die unsinnigen Praktiken
und Verbrechen des totalitären Regimes. PÁTRÁNÍ PO
ESTER (ESTER, 2006) war ein bemerkenswertes Porträt ihrer Freundin und Mitarbeiterin Ester Krumbachová, in dem sie die Persönlichkeit dieser progressiven Künstlerin und Drehbuchautorin nachzeichnet,
die mit ihrer künstlerischen Haltung eine ganze Generation an Filmemachern beeinflusst hat.
Věra Chytilová
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gewaltigung, in dem die Regisseurin es letztmals mit
egoistischen und arroganten Männern »aufnahm«.
Schauspielerisch brillierte Zuzana Stivínová. VyHNÁNÍ Z
RÁJE (VERTREIBUNG AUS DEM PARADIES, 2001)
knüpfte an die biblische Symbolik von OVOCE STROMŮ
RAJSKÝCH JÍME (FRÜCHTE DES PARADIESES) an:
Wieder wurde das Thema der Erkenntnis, in diesem
Fall der absoluten Freiheit, durch die Nacktheit der Protagonisten symbolisiert. Von den Kinozuschauern verabschiedete sich Chytilová mit einer unterhaltsamen
Studie über eine Psychologin und ihre Beziehungen, in
der ihre ironischen Übertreibungen noch einmal aufblitzen: HEZKÉ CHVILKy BEZ ZÁRUKy (SCHÖNE MOMENTE, 2006).
Die Trägerin des prestigeträchtigen Preises Český lev
(Tschechischer löwe) für ihren langjährigen künstlerischen Beitrag zum tschechischen Film und die Mutter
der Schauspielerin und Künstlerin Tereza Kučerová und
des Kameramannes Štěpán Kučera blieb eine hartnäckige Kämpferin. Nach der Revolution engagierte sie
sich für den Kampf gegen die Privatisierung der Barrandov-Studios und des tschechischen Films, sie wirkte im Rat der Hauptstadt Prag mit und kandidierte erfolglos für den Senat. Sie blieb eine grimmige Moralistin, die allerdings vom Alter und der Verbitterung über
die Richtung, in die sich das tschechische Kino nach
1989 entwickelte, geschwächt war. Davon zeugt auch
das Dokument CESTA (REISE, 2004), das die junge Filmemacherin Jasmina Bralić-Blažević über sie drehte.
»Věra fing manchmal an zu weinen, solche Situationen
waren schwer. Ich muss sagen, dass es mich viel Mut
gekostet hat, in solchen Momenten nicht die Kamera
auszuschalten«, bekennt die Dokumentarfilmerin.
Es ist fast symbolisch, dass Chytilová das letzte große
Projekt, um das sie sich viele Jahre bemüht hat, nicht
mehr realisieren konnte. Das Drehbuch über die rebellierende tschechische Schriftstellerin Božena Němcová
im 19. Jahrhundert trug den Arbeitstitel TVÁŘ NADĚJE
(DAS GESICHT DER HOFFNUNG) und entstand schon
Ende der 1970er Jahre. Damals war es aber nicht »erwünscht«. Nach der Revolution gelang es Chytilová, für
das Projekt staatliche Unterstützung zu erhalten. Die
Restfinanzierung des anspruchsvollen historischen
Werks konnte sie aber in einer Zeit, in der immer mehr
billige Kommerzfilme gewünscht waren, nicht mehr zusammenbringen. Auf dem art film fest in Trenčianske
Teplice im Jahr 2009 merkte sie an: »Auf der Welt fehlt
immer noch das Mitgefühl. Die Moral steht am Rande
des gesellschaftlichen Interesses. Wenig Aufmerksamkeit widmet man der Kultur. Es regieren dumme Menschen, und noch dazu Männer.«
Jana podskalská
Die Retrospektive Věra Chytilová findet in Zusammenarbeit mit
dem Tschechischen Zentrum München und dem Národní filmový archiv in Prag statt.
Strop (Die Decke) | ČSSR 1962 | R+B: Věra Chytilová
| K: Jaromír Šofr | M: Jan Klusák | D: Marta Kanovská,
Julián Chytil, Josef Abrhám, Jiří Menzel, Ladislav
Mrkvička | 42 min | OmU | Chytilovás Abschlussfilm an
der Filmhochschule beschreibt einige Tage im Leben
einer Medizinstudentin, die ihr Studium aufgibt, um
Model zu werden. Doch die Abkehr vom bisherigen Alltag bringt nicht die gewünschte Veränderung. – Pytel
blech (Ein Sack Flöhe) | ČSSR 1962 | R+B: Věra Chytilová | K: Jaromír Šofr | D: Helga Čočková | 43 min |
OmU | Die scheue Eva fängt als Lehrmädchen in einer
Textilfabrik an und muss sich mit ihren Zimmergenossinnen im Wohnheim arrangieren. Sie fasst Vertrauen
zu der aufmüpfigen Jana. »Ich provozierte die Mädchen
und die Aufsichtspersonen im Wohnheim, spontan zu
reagieren, ich wollte, dass sie sie selbst sind. Die Dialoge sind improvisiert, ich wusste nicht im voraus, was
die Darsteller sagen werden – und genau das macht
den Film so überzeugend.« (Věra Chytilová)
▶ Freitag, 6. März 2015, 18.30 Uhr
O něčem jiném (Von etwas anderem) | ČSSR 1963 |
R+B: Věra Chytilová | K: Jan Čuřík | M: Jiří Šlitr | D: Eva
Bosáková, Věra Uzelacová, Josef Langmiler, Jiří Kodet,
Milivoj Uzelac, Miroslava Matlochová | 90 min | OmU |
»Die Regisseurin konfrontiert ohne vordergründige Parteinahme den Alltag zweier Frauen – einer bekannten
Sportlerin, deren Leben mit rastlosem Training ausgefüllt ist, und den einer Hausfrau und Mutter, die
unter der Leere ihres Daseins leidet; während das Training der Sportlerin dokumentarisch gezeigt wird, ist die
zweite Handlungslinie fiktiv. Die beiden Geschichten berühren sich nie, aber spiegeln sich aneinander, jedes
Leben stellt das andere in Frage.« (Ulrich Gregor) »Der
ganze Film ging um das Thema: Ähnlich oder nicht ähnlich? Gleich oder verschieden? Und immer von neuem
entdeckt man, dass jede von ihnen etwas anders ist,
als man zunächst annahm.« (Věra Chytilová) »So böse
ist selten gezeigt worden, welche Chancen der Selbstverwirklichung Frauen haben.« (Frieda Grafe)
▶ Samstag, 7. März 2015, 18.30 Uhr
Perličky na dně (Perlen auf dem Meeresgrund) |
ČSSR 1965 | R: R+B: Jiří Menzel, Jan Němec, Evald
Schorm, Věra Chytilová, Jaromil Jireš, nach Kurzgeschichten von Bohumil Hrabal | K: Jaroslav Kučera |
M: Jan Klusák, Jiří Šust | D: Emil Iserle, Miloš Čtrnáctý,
▶ Sonntag, 8. März 2015, 18.30 Uhr
Sedmikrásky (Tausendschönchen) | ČSSR 1966 | R:
Věra Chytilová | B: Věra Chytilová, Ester Krumbachová,
Pavel Juráček | K: Jaroslav Kučera | M: Jiří Šlitr, Jiří
Šust | D: Ivana Karbanová, Jitka Cerhová, Julius Albert,
Jan Klusák, Marie Češková, Jiřina Myšková, Marcela
Březinová | 76 min | OmU | »Eine närrische, dadaistische Komödie, eine Orgie spektakulärer visueller
Köstlichkeiten, sinnlicher Dekors und wunderbarer
Farbexperimente, eine groteske Farce, die trotzdem
Věra Chytilová
voll heiterer Weisheit ist. Zwei leichtsinnige junge Mädchen, gelangweilt und respektlos, sich weder der Vergangenheit noch der Zukunft bewusst, stolpern durch
eine bizarre Reihe von Zufallsbekanntschaften, wilden
Abenteuern, Fressorgien und Kuchenschlachten.«
(Amos Vogel) – Cesta – portrét Věry Chytilové (Die
Reise: Porträt Vera Chytilova) | Tschechien 2004 |
R+B: Jasmina Bralić-Blažević | K: Štěpán Kučera | M:
Petr Hromádka | Mit Věra Chytilová, Tereza Kučerová |
53 min | OmeU
7
▶ Freitag, 13. März 2015, 18.30 Uhr
Ovoce stromů rajských jíme (Früchte des Paradieses) | ČSSR 1970 | R: Věra Chytilová | B: Věra Chytilová, Ester Krumbachová | K: Jaroslav Kučera | M:
Zdeněk Liška | D: Jitka Nováková, Karel Novák, Jan
Schmid, Julius Albert, Alice Auspergerová | 99 min |
OmU | »Äußerlich geht der Film von der Geschichte des
Sündenfalls aus, dessen Protagonisten hier Eva und
Joseph heißen; die Schlange erscheint in Gestalt eines
bärtigen, ganz und gar in Rot gekleideten Verführers
namens Robert. Es geht um die Frage des Weiterlebens nach der Erkenntnis der Wahrheit; zwischen
den Zeilen sind symbolisch-allegorische Anspielungen
SeDmiKRáSKy (TauSenDSchönchen)
Josefa Pechlátová, Vladimír Boudník, Dana Valtová |
105 min | OmU | Ein »Anthologiefilm der Neuen tschechischen Welle« (Ulrich Gregor), der sich von tragikomischen Erzählungen von Bohumil Hrabal über die Poesie
des Alltags inspirieren ließ. Fünf Episoden: DER TOD
DES HERRN BALTHASAR, DIE SCHWINDLER, HAUS
DER FREUDE, IMBISSSTUBE »DIE WELT« und ROMANZE. In Chytilovás Episode IMBISSSTUBE »DIE
WELT« wird während der Hochzeitsfeier in einem Restaurant eine junge Frau gefunden, die Selbstmord begangen hat. Als die Polizei eintrifft, stößt sie auf eine
angetrunkene Hochzeitsgesellschaft und verhaftet den
Bräutigam. Die Braut bleibt allein zurück.
Věra Chytilová
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auf die Besetzung der ČSSR 1968 zu erkennen.« (Ulrich Gregor) »Eine Frage beschäftigte mich immer wieder intensiv: Wir befanden uns auf einer ständigen
Suche nach Wahrheit, aber waren wir damit zugleich
auch imstande, sie zu ertragen? Ist die Wahrheit vereinbar mit absoluter Harmonie? Erkenntnis mit Liebe?«
(Věra Chytilová)
▶ Samstag, 14. März 2015, 18.30 Uhr
Hra o jablko (Spiel um den Apfel / Ein bisschen
schwanger) | ČSSR 1977 | R: Věra Chytilová | B: Věra
Chytilová, Kristina Vlachová | K: František Vlček | M:
Miroslav Kořínek | D: Jiří Menzel, Dagmar Bláhová, Evelyna Steimarová, Jiří Kodet, Nina Popelíková | 100 min
| OmU | Die Hebamme Anna kommt aus der Provinz in
eine Prager Entbindungsklinik, wo der Chefarzt Dr.
Josef John sich immer wieder mal unter dem weiblichen Personal oder den Patientinnen eine sexuelle
Beziehung sucht. Obwohl sich Annas und Josefs Auffassung vom Gebären deutlich unterscheiden – er sieht
darin lediglich Routine und nichts Einmaliges –, kommen sich die beiden näher. Alles scheint gut, bis sie
von ihm ein Kind erwartet. »Obwohl an der Oberfäche
in einem scheinbar unverbindlichen Stil angelegt, offenbart der Film zwischen den Zeilen Věra Chytilovás
besonderes Temperament, ihre Sensibilität und Phantasie; deutlich ist der Film aus der Perspektive der Heldin erzählt.« (Ulrich Gregor)
▶ Sonntag, 15. März 2015, 18.30 Uhr
Panelstory aneb Jak se rodí sídliště (Geschichte
der Wände) | ČSSR 1980 | R: Věra Chytilová | B: Věra
Chytilová, Eva Kačírková | K: Jaromír Šofr | M: Jiří Šust
| D: Lukáš Bech, Antonín Vaňha, Eva Kačírková, Oldřich
Navrátil, Jiří Kodet | 96 min | OmU | Am Rande von
Prag entsteht eine Neubausiedlung. Die Bauarbeiten
sind noch lange nicht abgeschlossen, doch die meisten
Wohnungen werden bereits bezogen. Mehr schlecht
als recht beginnt sich der Alltag in den Provisorien einzurichten. Ein kleines Kind und ein alter Mann versuchen, sich im Chaos der Baustelle zu orientieren.
Von nun an kreuzen sich beständig ihre Wege, auch
jene der anderen Bewohner, und flechten ein nervöses Gespinst von Verständigung und Sprachlosigkeit.
»Meine Arbeitsweise war bei diesem Film sehr chaotisch und spontan. Eigentlich mag ich das nicht und
leide darunter, aber Ordnung ist steril, und hinter dem
Chaos kann vielleicht die Wahrheit stecken.« (Věra Chytilová)
▶ Freitag, 20. März 2015, 18.30 Uhr
Faunovo velmi pozdní odpoledne (Fauns allzuspäter Nachmittag) | ČSSR 1983 | R: Věra Chytilová | B:
Věra Chytilová, Jiří Brdečka, Ester Krumbachová, nach
der Erzählung von Jiří Brdečka | K: Jan Malíř | M:
Miroslav Kořínek, Jiří Stivín | D: Leoš Suchařípa, Vlasta
Špicnerová, Libuše Pospíšilová, Jiří Hálek, Tereza
Kučerová | 99 min | OmU | »Ein eitler Frauenheld,
Ingenieur in einem Baubüro in Prag, kann sich mit dem
Älterwerden nicht anfreunden und steigt noch im
Herbst seines Lebens unermüdlich jungen Frauen
nach. Eine subtile Tragikomödie um die nimmermüde
Suche eines liebenswerten Lüstlings, hervorragend
gespielt und von einer extrem bewegten Kamera eingefangen. Humorvoll und unterhaltsam, manchmal ins
Groteske übersteigert, macht sich der Film über die
Spiele und Verführungskünste der Männer ebenso lustig wie über manche Unverfrorenheit der Frauen, wobei
unter der Oberfläche die Angst der Menschen, das
Leben verpasst zu haben, sichtbar wird.« (Lexikon des
Internationalen Films)
▶ Samstag, 21. März 2015, 18.30 Uhr
Praha – neklidné srdce Evropy (Prag – das unruhige Herz Europas) | ČSSR 1984 | R+B: Věra Chytilová | K: Jan Malíř | M: Michael Kocáb | 59 min | OmU |
Chytilová zeigt ein Porträt ihrer Stadt Prag, in dem sie
nicht Daten oder Fakten aufzählt, sondern durch die
Jahrhunderte hinweg zeitgeschichtliche Zusammenhänge und Traditionen aufzeigt, die von der Architektur,
Musik und Mythologie Prags geprägt wurden. – Mí
Pražané mi rozumějí (Meine Prager verstehen
mich) | Tschechien 1991 | R: Věra Chytilová | B: Věra
Chytilová, Zdeněk Mahler | K: Jaroslav Brabec | M: Miroslav Kořínek | D: Milan Šteindler, Tereza Kučerová,
Lenka Loubalová, Miloslav Mejzlík, Bronislav Poloczek |
59 min | OmeU | Eine fiktive Geschichte über Mozarts
Aufenthalt in Prag. Die Architektur der Stadt wird mit
Mozarts Musik unterlegt und macht die Veränderungen
▶ Freitag, 27. März 2015, 18.30 Uhr
Vlčí bouda (Die Wolfsbaude) | ČSSR 1987 | R: Věra
Chytilová | B: Věra Chytilová, Daniela Fischerová | K:
Jaromír Šofr | M: Michael Kocáb | D: Miroslav
Macháček,Tomáš Palatý, Štěpánka Červenková, Jan
Bidlas, Rita Dudusová | 92 min | OmU | Elf Jugendliche
treffen sich zu einem Skikurs in einer von der Umwelt
abgeschotteten Berghütte. Es stellt sich bald heraus,
dass irgendetwas mit dem Kursleiter nicht stimmt. Die
Atmosphäre wird bedrohlich. »In DIE WOLFSBAUDE
scheint Chytilová die Themen ihrer frühen Filme fortzuführen, allerdings diesmal im Gewand eines kommerziell erfolgversprechenden Science-Fiction- und Horrorfilms. Die sozialkritischen und politischen Implikationen
sind stets vorhanden, wenn man unter die Oberfläche
des Geschehens schauen möchte, aber dies ist kein
aufdringlicher Film mit einer Botschaft und kann auch
ganz einfach nur als ambivalenter und oft effektiver
und unheimlicher Genre-Film genossen werden.« (Justin McKinney)
grunde liegt, spielt einen Schlossverwalter. In seinen
Visionen verwandelt er sich in einen Hofnarren, der die
Launen einer despotischen Königin zu erdulden hat.
Die Visionen fangen an, sich in der Realität fortzusetzen. »Die Geschlechter erproben wechselseitige Mechanismen der Unterdrückung, flechten ein Netz von
Abhängigkeiten, Positionen oder Ränge in der sozialen
Hierarchie, setzen Akzente, bestimmen den Ausgangspunkt oder lösen schließlich den Knoten. Der Narr von
einst ist ein Museumsdomestike von heute, die egozentrische Herrscherin mit ihren delikat-perversen Spielchen ist zur exzentrischen Touristin transformiert.«
(Fred Gehler)
▶ Freitag, 3. april 2015, 21.00 Uhr
▶ Samstag, 28. März 2015, 18.30 Uhr
Vzlety a pády (Aufstieg und Fall) | Tschechien 2000 |
R+B: Věra Chytilová | K: Štěpán Kučera | M: Josef Spitzer | Mit Václav Chochola, Karel Ludwig, Zdeněk Tmej,
Věra Chytilová, Blanca Chocholová | 108 min | OmeU |
»Chytilovás eindrucksvollstes Werk nach der ›Samtenen Revolution‹ ist der zweiteilige Dokumentarfilm AUFSTIEG UND FALL, der die Geschichte von drei tschechischen Fotografen von 1930 bis in die Gegenwart
untersucht. Zu Beginn ihrer Karriere, als sie als Model
arbeitete, war Chytilová mit Karel Ludwig verheiratet,
der sich auf Porträts von Schauspielerinnen im Hollywood-Stil spezialisiert hatte. Chytilová unternimmt eine
faszinierende Reise in eine verborgene Kultur, in der sie
selber mitgewirkt hat.« (Peter Hames) Der Film zeigt,
wie sich Václav Chochola, Karel Ludwig, Zdeněk Tmej
trotz politisch wechselnder Zeiten nicht von ihren ästhetischen und politischen Konzepten haben abbringen
lassen.
▶ Sonntag, 29. März 2015, 18.30 Uhr
Šašek a královna (Der Narr und die Königin) | ČSSR
1988 | R: Věra Chytilová | B: Boleslav Polívka, Věra Chytilová | K: Jan Malíř | M: Jiří Bulis | D: Boleslav Polívka,
Chantal Poulain, Jiří Kodet, Vlastimil Brodský, Jiří
Pecha | 116 min | OmU | Bolek Polívka, der Autor der
gleichnamigen Theaterinszenierung, die dem Film zu-
Kopytem sem, kopytem tam (Einmal hin, einmal
her) | ČSSR 1989 | R: Věra Chytilová | B: Věra Chytilová, Pavel Škapík | K: Jaroslav Brabec | M: Jiří Chlumecký, Jiří Veselý | D: Tomáš Hanák, Milan Šteindler,
David Vávra, Tereza Kučerová, Bára Dlouhá, Ivana Kuntová | 129 min | OmU | »Drei Freunde vertreiben sich
die Langeweile mit Blödeleien und Affären. Das Leben
scheint ein Spiel ohne Einsatz zu sein. Als einer von
ihnen an AIDS erkrankt, ändert sich alles schlagartig.
Der Spaß weicht der Suche nach einem sinnvollen
Leben. Ein ernster Film über die selbstzerstörerischen
Tendenzen des Menschen und die Bedrohung, die von
ihm selbst ausgeht.« (Lexikon des Internationalen
Films) »Ich war immer der Überzeugung, dass ein Film
eine Botschaft in sich tragen muss, dass er Zeugnis ablegen muss über die Moral der Zeit Es ist wichtig, die
Menschen an ihre Würde, den Mut, die Ehre und die
Hoffnung zu erinnern.« (Věra Chytilová)
▶ Samstag, 4. april 2015, 21.00 Uhr
Dědictví aneb Kurvahošigutntág (Das Erbe oder:
Fuckoffjungsgutntag) | Tschechien 1993 | R: Věra
Chytilová | B: Věra Chytilová, Bolek Polívka | K: Ervin
Věra Chytilová
deutlich, die sich während Mozarts zweihundertjähriger
Abwesenheit in der Stadt vollzogen haben.
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Věra Chytilová
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Sanders | M: Jiří Bulis | D: Bolek Polívka, Miroslav Donutil, Anna Pantůčková, Jozef Kroner, Dagmar Havlová
| 120 min | OmeU | Ein Dorf in Mähren, 1991: Ein
tschechischer Hinterwäldler, der in einer verfallenen
Hütte am Existenzminimum lebt, wird durch eine unerwartete Erbschaft zum Millionär. »Chytilovás Komödie wurde ein kommerzieller Erfolg, fiel in der Kritik
aber durch. Als einer der wenigen Filme zu Beginn der
1990er Jahre griff er die kapitalistische Moral an und
betrachtete kritisch deren Ausschweifungen und Maßlosigkeiten.« (Heike Guggi) »Ich hatte erwartet, dass
nach dem erzwungenen Materialismus geistige Probleme Vorrang bekommen würden. Aber weit gefehlt.
Heute haben wir einen Materialismus, der materialistischer ist, als es der Marxismus jemals war. Früher
regierte die Propaganda, heute das Geld.« (Věra Chytilová)
▶ Sonntag, 5. april 2015, 21.00 Uhr
Pasti, pasti, pastičky (Große Fallen, kleine Fallen) |
Tschechien 1998 | R: Věra Chytilová | B: Věra Chytilová,
Eva Kačírková, Michal Lázňovský | K: Štepán Kučera |
M: Jiří Chlumecký | D: Zuzana Stivínová, Miroslav Donutil, Pavel Zatloukal, Břetislav Rychlík, Pavel Brichta |
124 min | OmeU | »Eine Anhalterin wird von zwei Männern vergewaltigt. Die Frau, Lenka, lädt die beiden in
ihr Haus ein, wo sie sie unter Drogen setzt und als ausgebildete Tierärztin fachmännisch kastriert. Dies ist nur
der Anfang von Chytilovás ›feministischer schwarzer
Komödie‹: Die beiden Männer bewahren ihre Hoden in
Gefäßen auf und hoffen auf ein Wunder, während sie
ihrerseits auf Rache sinnen. Die Tatsache, dass einer
der Männer als Minister in der Regierung sitzt, verleiht
der Geschichte eine politische Dimension.« (Peter
Hames) »Die beiden Hauptdarsteller, die auch den
größten Irrwitz mit unübertrefflichem Professionalismus
spielen, verleihen dem Film erst seine schmerzlich-komische Wirkung.« (David Stratton)
▶ Montag, 6. april 2015, 21.00 Uhr
Vyhnání z ráje (Vertreibung aus dem Paradies) |
Tschechien 2001 | R: Věra Chytilová | B: Věra Chytilová,
Bolek Polívka, nach dem Roman von Desmond Morris |
K: Klaus Fuxjäger | D: Bolek Polívka, Věra Havelková,
Jan Antonín Pitínský, Milan Šteindler, Veronika Bellová,
Arnošt Goldflam | 124 min | OmeU | Am Nudistenstrand
»Paradisio« wird ein Film gedreht. Die Produktion verläuft keineswegs störungsfrei, weil alle Beteiligten eine
andere Vorstellung davon haben, was das Endprodukt
sein soll. Der Regisseur möchte eine »künstlerische, experimentelle Metapher über Adam und Eva« schaffen.
Der neureiche russische Produzent erwartet einen erotischen Film, der Drehbuchautor spricht von einer »positiven Sicht auf die Realität«. Die Statisten machen aus
Neugierde, wegen des Geldes oder aus reinem Exhibitionismus mit. Eine Satire auf das Filmemachen, die
»einige umwerfende und groteske Bilder und interessante Ideen beinhaltet«, deren Geschichte aber »zu
lose konstruiert ist« (Peter Hames).
▶ Freitag, 10. april 2015, 21.00 Uhr
Pátrání po Ester (Ester) | Tschechien 2005 | R+B:
Věra Chytilová | K: David Čálek | Mit Věra Chytilová, Jan
Němec, Ivan Vyskočil, Květa Fialová, Jiří Krejčík |
128 min | OmeU | Porträt der Künstlerin und Drehbuchautorin Ester Krumbachová (1923–1996). »In der ersten Einstellung des Films sagt Chytilová (mit dem Rücken zur Kamera) mit einer fragenden und unsicheren
Stimme wie zu sich selbst: ›Ich dachte, ich kenne sie.‹
Und dann, in ihrem typischen, rücksichtslosen Stil, beginnt sie eine Recherche. Sie interviewt mit bohrenden
und manchmal skrupellosen Fragen eine ganze Reihe
von Esters Bekanntschaften, die von engen Freunden
über bekannte Persönlichkeiten bis hin zu anonymen
Saufkumpanen im legendären Pub Zum grünen Fuchs
reichen. Chytilová will ihrer Freundin kein ehrfürchtiges
Denkmal setzen, noch ist sie an Enthüllungsjournalismus interessiert. Sie lässt Esters Persönlichkeit lebendig werden mit all ihren Facetten und Widersprüchlichkeiten.« (Stanislava Přádná)
▶ Samstag, 11. april 2015, 21.00 Uhr
Hezké chvilky bez záruky (Schöne Momente) |
Tschechien 2006 | R: Věra Chytilová | B: Věra Chytilová,
Kateřina Irmanovová | K: Martin Štrba | M: David Kraus
| D: Jana Janěková, Jana Krausová, Bolek Polívka,
David Kraus, Igor Bareš | 108 min | OmeU | Die Psychologin Hana hat Probleme auf allen Ebenen: Ihr arbeitsloser Ehemann verlässt sie wegen einer anderen,
ihr pubertierender Sohn interessiert sich nur für seine
Computerspiele, und in ihrer Praxis gehen Frauen und
Männer aller Altersstufen ein und aus, die auf der
Suche nach Balance und Glück sind. Eine bittere Komödie: »Ich versuche herauszufinden, warum wir unfähig sind, objektiv zu sein und uns nicht nur um uns
selbst zu drehen. Ich hoffe, dass dieser Film unsere
heutige Gesellschaft widerspiegelt. Wir haben alle unsere Probleme, aber wir müssen uns bewusst sein,
dass es allein von uns selbst abhängt, was wir mit unserem Leben anfangen.« (Věra Chytilová)
▶ Sonntag, 12. april 2015, 21.00 Uhr
Deutsche Filme 2014
Deutsche Filme 2014
phoenix
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Wie in den Vorjahren hat das Filmmuseum wieder drei
Filmkritiker gefragt, ihre Favoriten zu benennen. Es
geht nicht darum, Publikumslieblinge auszuwählen,
sondern deutsche Filme, die 2014 im Kino anliefen und
die als wirklich interessant, künstlerisch relevant und
innovativ gelten können. Das Ergebnis der kleinen Umfrage erstaunt. Nur ein Film wurde von allen dreien genannt: PHOENIX von Christian Petzold – wenn auch von
Ralf Schenk nur auf dem vorletzten Platz »mit deutlichen Bauchschmerzen«. Sechs Filme haben immerhin
zwei Stimmen erhalten. Viele der Filme sind im Kino
nur kurz gelaufen und in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen worden.
Insgesamt zeigt die Auswahl ein weit vielfältigeres und
spannenderes Bild des deutschen Films, als es Publikumshits wie DER MEDICUS, FACK JU GÖHTE oder
HONIG IM KOPF vermuten lassen. So lädt die Filmreihe
des Filmmuseums nicht nur dazu ein, Versäumtes
nachzuholen, sondern auch Neues zu entdecken. Von
den nachfolgend aufgelisteten Top 10-Listen der Kritiker wurden jeweils die ersten vier Titel berücksichtigt,
durch Überschneidungen kam dann jeweils meist mindestens noch ein fünfter und sechster Titel hinzu. Ronald Zehrfeld spielt in drei der ausgewählten Filme mit:
PHOENIX, DIE GELIEBTEN SCHWESTERN und RICO,
OSKAR UND DIE TIEFERSCHATTEN.
Rainer Gansera (Süddeutsche Zeitung)
1 Rico, Oskar und die Tieferschatten
2 Der blinde Fleck
3 Im Labyrinth des Schweigens
4 Westen
5 Kofelgschroa. Frei. Sein. Wollen
6 Meine Schwestern
7 Phoenix
8 Ein Geschenk der Götter
9 The Airstrip
10 Love Steaks
Ralf Schenk (Defa-Stiftung)
1 Anderson
2 Städtebewohner
3 Kreuzweg
4 Westen
5 Fräulein Else
6 Zeit der Kannibalen
7 Die geliebten Schwestern
8 Jack
9 Phoenix
10 Über-Ich und Du
Christiane Peitz (Tagesspiegel)
1 Die geliebten Schwestern
2 Phoenix
3 Kreuzweg
4 Jack
5 Love Steaks
6 Über-Ich und Du
7 Citizenfour
8 Domino-Effekt
9 Städtebewohner
10 Das finstere Tal
Erstmals zeigen wir fast alle Filme in englisch untertitelten Originalfassungen, um sie auch fremdsprachigen
Zuschauern zugänglich zu machen.
Deutsche Filme 2014
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Der blinde Fleck | D 2013 | R: Daniel M. Harrich | B:
Daniel M. Harrich, Ulrich Chaussy | K: Walter Harrich,
Tobias Corts | M: Ian Honeyman | D: Benno Fürmann,
Nicolette Krebitz, Heiner Lauterbach, August Zirner,
Jörg Hartmann, Isolde Barth | 92 min | OmeU | Realen
Begebenheiten folgend erzählt der Film vom Münchner
Rundfunkjournalisten Ulrich Chaussy, der sich nicht
damit zufrieden gibt, dass das Oktoberfestattentat vom
26. September 1980 – der schwerste Terroranschlag
in der BRD-Geschichte mit 13 Toten und über 200 Verletzten – zur Aktion eines verwirrten Einzelnen erklärt
wird. Chaussy findet Hinweise, dass der Täter Verbindungen zur rechtsradikalen Szene, also Hintermänner
hatte. Er stößt auf skandalöse Vertuschungen, haarsträubende Manipulationen der journalistischen Arbeit,
und lässt über drei Jahrzehnte hinweg nicht locker mit
seinen Nachforschungen. Ein Politthriller, der das Formelhafte des Genres vermeidet, auf Pathos und Rührseligkeiten verzichtet. Gerade so gelingt es, der präzis
recherchierten Geschichte bezwingende Nähe, Evidenz
und brisante Aktualität zu verleihen. (Rainer Gansera)
▶ Freitag, 6. März 2015, 21.00 Uhr
10. März 2015, 18.30 Uhr
▶▶ Dienstag,
Phoenix | D 2014 | R: Christian Petzold | B: Christian
Petzold, Harun Farocki, nach Motiven des Romans »Le
retour des cendres« von Hubert Monteilhet | K: Hans
Fromm | M: Stefan Will | D: Nina Hoss, Ronald Zehrfeld,
Nina Kunzendorf, Michael Maertens, Daniela Holz |
98 min | OmeU | Der umstrittenste deutsche Film des
Jahres: Christian Petzold arrangiert die große deutsche
Frage von Schuld und Verstrickung und dem Zusammenleben von Opfern und Tätern nach dem Ende des
Nationalsozialismus zum Melodram. Eine Versuchsanordnung: Eine Jüdin kehrt aus dem Konzentrations-
lager zurück, mit verbranntem und wiederhergestelltem neuem Gesicht, und die Liebe ihres Lebens erkennt sie nicht mehr. Im Gegenteil: Er will diese vermeintlich andere Frau nach dem Ebenbild seiner vermeintlich toten Nelly formen. Lager-Rückkehrer-Filme
sind eine Rarität im deutschen Film, Petzold betritt Neuland mit seinem von Noir-Anleihen durchsetzen Nachkriegsdrama. Und macht eine Wahrscheinlichkeitsrechnung auf – erkennt er sie, erkennt er sie nicht? Aber ist
wahres Erkennen zwischen Verblendung und Verdrängung überhaupt möglich? (Christiane Peitz)
▶ Samstag, 7. März 2015, 21.00 Uhr ▶▶ Mittwoch,
11. März 2015, 18.30 Uhr
Fräulein Else | D 2013 | R+B: Anna Martinetz, nach
der Novelle von Arthur Schnitzler | K: Jakob Wiessner |
M: Markus Lehmann-Horn | D: Korinna Krauss, Michael
Kranz, Martin Butzke, Marion Krawitz | 67 min | OmeU |
Während ihres Urlaubs in einem indischen Luxushotel
erfährt eine junge Frau von der drohenden Insolvenz
und Verhaftung ihres Vaters. Um diese Gefahr abzuwenden, soll sie einen anderen Hotelgast, einen Kunsthändler, bitten, ihrer Familie das Geld zu leihen. Doch
der Mann stellt eine Bedingung: Er verlangt, ihren Körper nackt zu sehen. Anna Martinetz übersetzt Arthur
Schnitzlers Novelle in eine audiovisuelle Sinfonie subjektiver Welt- und Selbstsichten. Souverän montiert die
Debütregisseurin Gedanken und Gefühle der Hauptfigur,
Träume und Visionen, Bewusstes und Unbewusstes zu
einem vielschichtigen Persönlichkeitsbild. Zugleich
sprengt sie das Private und erweitert es zu einer Studie
von Ängsten und Fluchtbewegungen einer saturierten
Gesellschaft in den Strudeln der Zeit. (Ralf Schenk)
▶ Sonntag, 8. März 2015, 21.00 Uhr | Zu Gast: anna
Martinetz
▶ Freitag, 13. März 2015, 21.00 Uhr
Die geliebten Schwestern | D 2014 | R+B Dominik
Graf | K: Michael Wiesweg | M: Sven Rossenbach, Florian van Volxem | D: Hannah Herzsprung, Florian Stetter, Henriette Confurius, Claudia Messner, Ronald Zehrfeld, Maja Maranow | 139 min / 171 min (Director’s
Cut) | Die Liebe, die Gefühle, das Briefeschreiben, das
Reisen, das Reden, das Träumen, Beziehung, Familie:
Das alles funktionierte anders zu Schillers Zeiten, wir
wissen heute nicht, wie. Dominik Graf stellt es sich vor,
er wünscht es sich herbei, wie er sagt, weil er den Menschen aus der Vergangenheit nicht auf den Pelz rücken
will wie ein Arzt mit dem Hörrohr. Und doch kommt
seine ménage à trois zwischen Schiller (Florian Stetter)
und den Schwestern von Lengefeld (Hannah Herzsprung, Henriette Confurius) der Vergangenheit nahe
wie lange kein deutscher Kostümfilm. Der Unbedingtheit der Gefühle, der Intensität und Geschwindigkeit
der Kommunikation im Postkutschen-Zeitalter, der Radikalität des Dichters, der Klugheit der Frauen – mit
Herz und Verstand. (Christiane Peitz)
▶ Samstag, 14. März 2015, 21.00 Uhr (Director’s Cut)
▶▶ Dienstag, 17. März 2015, 18.30 Uhr
Rico, Oskar und die Tieferschatten | D 2014 | R:
Neele Leana Vollmar | B: Christian Lerch, Andreas
Bradler, Klaus Döring, nach dem Roman von Andreas
Steinhöfel | K: Torsten Breuer | M: Oliver Thiede | D:
Anton Petzold, Juri Winkler, Karoline Herfurth, Axel
Prahl, Ronald Zehrfeld, Ursula Monn, Anke Engelke,
Katharina Thalbach | 96 min | Wortwitz und SkurrilCharme von Andreas Steinhöfels preisgekröntem Kinderbuch kann Neele Leana Vollmar kongenial auf die
Leinwand übersetzen. Rico: der »tiefbegabte« Zehnjährige, der etwas langsam denkt, aber die Welt ungemein intensiv wahrnimmt. Oskar mit Helm: der hochbegabte und überängstliche Achtjährige, der nicht nur
die ersten 110 Primzahlen auswendig aufsagen kann,
sondern auch sämtliche Unfallstatistiken parat hat. Die
beiden Außenseiter-Jungs entdecken, dass Freundschaft eine prima Sache ist, und dass sie gemeinsam
auch den mysteriösen »Mister 2000«, dessen Kindesentführungen Berlin in Atem halten, zur Strecke bringen können. Krimi, philosophischer Diskurs, Milieustudie Berlin-Kreuzberg, grandioser Abenteuerfilm.
Auch für Erwachsene äußerst empfehlenswert. (Rainer
Gansera)
▶ Sonntag, 15. März 2015, 21.00 Uhr ▶▶ Mittwoch,
18. März 2015, 18.30 Uhr
Deutsche Filme 2014
Städtebewohner | D 2014 | R+B: Thomas Heise | K:
Robert Nickolaus | M: Bowen Liu | 90 min | OmeU | In
einem Gefängnis in Mexiko-Stadt, in der Comunidad
San Fernando, leben mehr als zweihundert Straftäter.
Als sehr junge Männer, fast Kinder noch, wurden sie
hier eingewiesen, als Erwachsene werden sie sich irgendwann wieder in der vermeintlichen Freiheit zurechtfinden müssen. Thomas Heise, der mehrere Wochen lang den Alltag der Gefangenen teilte, beobachtet
drei von ihnen bei ihren Verrichtungen, beim Besuch
von Freundinnen und Kindern, beim Umgang miteinander. Sein Fokus ist die Gegenwart, nicht die Vergangenheit, das Verbrechen von einst interessiert ihn nicht.
Statt dessen leistet er sich einen kühlen, klug zwischen
Distanz und Nähe austarierten Blick auf eine Mikrogesellschaft der besonderen Art: Was geschieht mit
dem Individuum unter den rigiden Regeln eines erzwungenen Kollektivs? Und was hat das Universum des
Gefängnisses mit der umgebenden Wirklichkeit zu tun?
(Ralf Schenk)
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Deutsche Filme 2014
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Im Labyrinth des Schweigens | D 2014 | R: Giulio
Ricciarelli | B: Elisabeth Bartel, Giulio Ricciarelli | K:
Martin Langer, Roman Osin | M: Niki Reiser, Sebastian
Pille | D: Alexander Fehling, André Szymanski, Friederike Becht, Johannes Krisch, Hansi Jochmann |
123 min | OmeU | BRD 1958: Petticoat und
Rock’n’Roll, das Wirtschaftswunder boomt. Peinliche
Erinnerungen an die jüngste Vergangenheit sind nicht
erwünscht. Als der junge, ehrgeizige Staatsanwalt Johann Radmann in Frankfurt gegen einen ehemaligen
Auschwitz-Wärter, der mittlerweile im Schuldienst tätig
ist, ermitteln will, muss er sich gegen eine mächtige
Mauer des Verdrängens und Vergessenwollens behaupten. Aber er erhält Unterstützung von Generalstaatsanwalt Fritz Bauer (Gert Voss in seiner letzten
Rolle), der die Ermittlungen bedeutend ausweitet. Regisseur Giulio Ricciarelli gelingt die Kombination von
Genre-Drama, gesellschaftlichem Zeitbild und Lehrstück, wenn er die Ermittlungen Radmanns zum Diskurs über die Schuldfrage und die Mechanismen ihrer
Verdrängung macht. Ein Wendepunkt der deutschen
Nachkriegsgeschichte im Gewand eines packenden
Justizthrillers. (Rainer Gansera)
▶ Freitag, 20. März 2015, 21.00 Uhr ▶▶ Dienstag,
24. März 2015, 18.30 Uhr
Anderson | D 2014 | R+B: Annekatrin Hendel | K:
Frank Riebe, Jule Cramer | Mit Sascha Anderson, Wilfriede Maaß, Lars Barthel, Thomas Plenert, Bert Papenfuß, Roland Jahn | 95 min | OmeU | Sascha Anderson,
Jahrgang 1953, galt als der charismatische Pop-Star
der oppositionellen Ost-Berliner Künstlerszene im
Prenzlauer Berg. Doch nach dem Fall der Mauer stellte
sich heraus, dass er zugleich als übereifriger Informant
der Staatssicherheit tätig war. Der Film holt den schil-
lernden Dichter vor die Kamera, fragt ihn nach damaligen Motivationen und heutigen Haltungen. Schuld und
Reue sind für Anderson noch immer keine Kriterien, die
ihn wirklich betreffen, doch bei denen, die mit ihm zu
tun hatten, sitzen die Verletzungen tief. Wie schon in
ihrem Vorgängerfilm VATERLANDSVERRÄTER entwirft
Annekatrin Hendel ein Mosaik aus Erinnerungssplittern,
das sie zum Gleichnis über Vertrauen und Verrat, Ehrgeiz und Geltungsbewusstsein, das Spiel mit der Macht
und den dafür zu zahlenden Preis verdichtet. (Ralf
Schenk)
▶ Samstag, 21. März 2015, 21.00 Uhr
Love Steaks | D 2013 | R: Jakob Lass | B: Jakob Lass,
Ines Schiller, Timon Schäppi, Nico Woche | K: Timon
Schäppi | M: Golo Schultz | D: Lana Cooper, Franz
Rogowski, Georg Ludwig-Grosse, Simone Düring, Eric
Popp, Gisela Köster, Björn Küssner | 90 min | OmeU |
Ein tolldreistes Debüt: LOVE STEAKS, die spröde Romanze zwischen einer Hilfsköchin (Lana Cooper) und
einem Masseur (Franz Rogowski) in der prekären
Arbeitswelt eines Wellnesshotels. Lana ist Trinkerin,
impulsiv, unberechenbar, Clemens hingegen linkisch
und schüchtern – eine unmögliche amour fou. Regisseur Jakob Lass hat – frei nach seinem »Fogma«-Manifest als Kampfansage »gegen die Panikstarre« des
deutschen Films – ohne Script gedreht und ohne Fördergelder, in einem realen Luxushotel an der Ostsee.
Mit Laien als Nebendarstellern, den Küchenhilfen, Service-Angestellten und Gästen. Kein Meisterwerk, aber
ein wildes, raues Stück Kino, die Wiedergewinnung
einer hierzulande verschütteten erzählerischen Freiheit.
(Christiane Peitz)
▶ Sonntag, 22. März 2015, 21.00 Uhr ▶▶ Mittwoch,
25. März 2015, 18.30 Uhr
▶ Freitag, 27. März 2015, 21.00 Uhr ▶▶ Dienstag,
31. März 2015, 18.30 Uhr
Westen | D 2013 | R: Christian Schwochow | B: Heide
Schwochow, frei nach dem Roman »Lagerfeuer« von
Julia Franck | K: Frank Lamm | M: Lorenz Dangel | D:
Jördis Triebel, Tristan Göbel, Jacky Ido, Alexander
Scheer, Anna Antonowicz, Stefan Lampadius, Andreas
Nickl | 102 min | OmeU | Einer jungen Mutter gelingt
Mitte der Siebzigerjahre die legale Ausreise aus der
DDR, und sie landet im West-Berliner Notaufnahmelager Marienfelde. Sie muss demütigende Aufnahmeprozeduren und peinliche Befragungen durch alliierte
Geheimdienstler über sich ergehen lassen. Lagerödnis
grau in grau, geplatzte Träume vom besseren Leben –
aber eine Heldin, die tapfer die bunten Farben des
Lebens verteidigt. Regisseur Christian Schwochow,
36, bekannt geworden mit NOVEMBERKIND und
DIE UNSICHTBARE, ist ein Meister intimer Erforschung
von Charakteren, Milieus und Stimmungslagen. Er mixt
Agententhriller-Spannung mit deutsch-deutschem
Sehnsuchtsmelodram und schenkt Jördis Triebel eine
Glanzrolle als DDR-Emigrantin auf der Suche nach der
Freiheit des Westens. (Rainer Gansera)
▶ Samstag, 28. März 2015, 21.00 Uhr ▶▶ Mittwoch,
1. april 2015, 18.30 Uhr
Jack | D 2014 | R: Edward Berger | B: Edward Berger,
Nele Mueller-Stöfen | K: Jens Harant | M: Christoph M.
Kaiser, Julian Maas | D: Ivo Pietzcker, Georg Arms,
Luise Heyer, Nele Mueller-Stöfen, Odine Johne, Jacob
Matschenz, Johann Jürgens | 102 min | OmeU | Siemensdamm, Stadtautobahn, Shoppingmall, Tiefgarage
– Regisseur Edward Berger hat Berlins Peripherie als
Schauplatz gewählt, die gesichtslose, indifferente Seite
der Stadt. Der Junge Jack ist allein auf sich gestellt,
atemlos, stur, überfordert. Er muss den kleinen Bruder
versorgen, ihre blutjunge Mutter lässt sie im Stich. Die
beiden sind Verlorene, Getriebene, immer auf der
Suche, immer auf der Flucht. Ein Nachtfilm mit Handkamera, auf Augenhöhe seiner Protagonisten gedreht,
ohne hektische Schnitte, mit langen Plansequenzen.
Ein Film über Bedrängnis und Verlorenheit, über Kinder
in der Großstadt, die keine Kinder sein dürfen. Ivo Pietzcker gibt der Tapferkeit ein Gesicht, das man nicht
mehr vergisst. (Christiane Peitz)
▶ Sonntag, 29. März 2015, 21.00 Uhr
Deutsche Filme 2014
Kreuzweg | D 2014 | R: Dietrich Brüggemann | B: Dietrich und Anna Brüggemann | K: Alexander Sass | D:
Lea van Acken, Franziska Weisz, Florian Stetter, Lucie
Aron, Klaus Michael Kamp, Birge Schade, Anna Brüggemann, Hanns Zischler | 110 min | OmeU | Das Seelenleben der Hauptfigur ist, mit seinen langen, flächigen Einstellungen, an die 14 Bilder des Kreuzweges angelehnt – von »Jesus wird zum Tode verurteilt« bis
»Der heilige Leichnam Jesu wird ins Grab gelegt«.
Maria scheint zunächst ein »normaler« Teenager zu
sein, doch ihre Mutter zwingt sie mit harter Hand dazu,
all ihr Tun den Regeln der Priesterbruderschaft Pius XII.
anzupassen und unterzuordnen. Als der kleine Bruder
schwer erkrankt und ein »Opfer« benötigt wird, fühlt
sich Maria dazu berufen, ihr Leben ins Spiel zu bringen.
Kein Lehrer, kein Arzt kann sie davon abhalten. So
nimmt das Verhängnis seinen Lauf. Dabei ist KREUZWEG keine Abrechnung mit Religiosität schlechthin,
sondern mit der ins Fanatische und Aberwitzige gesteigerten Auslegung des Glaubens. (Ralf Schenk)
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DeFa: Die besten Jahre
DEFA in den 1960ern: Die besten Jahre
DaS Kaninchen bin ich
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Die Babelsberger DEFA
zwischen 1960 und 1970
Die 1960er-Jahre waren das spannendste Jahrzehnt
der DEFA. Eine junge Generation von Filmemachern
wagte sich an schwierige gesellschaftliche Fragen und
suchte zugleich nach neuen formalen Mitteln. Sie
wollte die aus Ufa-Zeiten ererbte ideelle und ästhetische Behäbigkeit der Babelsberger Filmfabrik abschütteln und wandte sich im selben Atemzug von dem in
Köpfen und Herzen durchaus präsenten Stalinismus ab.
Im Schatten der Mauer, mit deren Bau im August 1961
begonnen worden war und in deren Folge die Hoffnung
aufkeimte, unabhängig von den Einflüssen des Westens freier und offener über eigene Probleme reflektieren zu können, wurden auch die Filme selbstbewusster.
Man nahm regen Anteil an der wachsenden Souveränität der jungen polnischen, tschechischen, ungarischen,
sowjetischen Regisseure und wollte dem nicht nachstehen. Was die französische nouvelle vague, das britische free cinema, was Antonioni, Pasolini und Fellini
in Italien leisteten, wurde an der Babelsberger Filmhochschule und in den DEFA-Studios enthusiastisch
debattiert. In Künstlerklubs in Ost-Berlin waren sowohl
der erfahrene Billy Wilder als auch der junge, vielversprechende Andrej Tarkovskij zu Gast. Joris Ivens und
Chris Marker ermunterten die Teilnehmer des Leipziger
Dokumentarfilmfestivals, sich konsequenter und mutiger als bisher der Wirklichkeit zu öffnen. Tatsächlich
brach sich, es klingt paradox, in dem nach außen hin
streng abgeriegelten Land eine neue, mit internationalen Entwicklungen vielfältig verbundene filmische
Modernität Bahn.
Es ist hier nicht der Raum, komplex auf Ursachen und
Wirkungen einzugehen, nur so viel: Das alles hatte natürlich mit Politik zu tun. Innerhalb der Führung der
DDR hatte sich neben den Altkadern, die noch jede Entwicklung kritisch beäugten, eine junge Funktionärselite
etabliert, der die Luft im Lande zu stickig geworden war
und die für frischen Wind sorgen wollte: ökonomisch,
indem den Betrieben mehr Raum zu Eigenverantwortlichkeit eingeräumt werden sollte (dieser Prozess
nannte sich »Neues Ökonomisches System der Planung und Leitung«); politisch, indem zum Beispiel der
jungen Generation ein sehr viel größeres Selbstbestim-
DeFa: Die besten Jahre
habe. Zwar entstanden 1960/61 um die dreißig Kinospielfilme pro Jahr, doch kaum einer davon blieb im
Gedächtnis, und das Publikum wanderte immer mehr
zum Fernsehen ab. In dieser Situation kam eine neue
Führungsmannschaft ins DEFA-Studio: der neue Direktor Jochen Mückenberger, der neue Chefdramaturg
Klaus Wischnewski, der neue Parteisekretär Werner
Kühn; außerdem wurde mit Günther Witt ein neuer
Filmminister eingesetzt und mit Hans Bentzien ein
neuer Kulturminister. Alle waren zwischen dreißig und
vierzig Jahre alt, ehrgeizig, mutig, mit dem Willen,
Fenster zu öffnen. Zu ihrer gemeinsamen Strategie, die
Zuschauer zurück ins Kino zu holen, gehörten zwei
feste Vorsätze: Filme über die Gegenwart sollten problembewusst sein, gesellschaftliche Entwicklungen kritisch begleiten, mehr Fragen stellen als Antworten
geben. Neben solcher Art eingreifendem Kino wollte
man den lange vernachlässigten, publikumswirksamen
Genrefilm wieder stärken: mit gut gemachten Krimis,
Komödien, Musicals, Abenteuer- und Science-fictionFilmen (möglichst im 70-mm-Format, an dessen technischen Voraussetzungen fleißig getüftelt wurde), auch
Western (die in der DDR »Indianerfilm« hießen, um
schon im Namen den Fokus deutlich werden zu lassen).
Beide Entwicklungen wurden unter der neuen Studioleitung vorangetrieben, und viele der jungen Filmemacher
zeigten sich hoch engagiert. Zumal auch der innerbetriebliche Entscheidungsprozess deutlich demokratischere Formen annahm: Die von Autoren und Regisseuren seit Mitte der 1950er-Jahre geforderten »Künstlerischen Arbeitsgruppen« bekamen mehr Eigenständigkeit, konnten selbständig, ohne lange Zensurprozesse und damit verbundene Einsprüche von »oben«,
Stoffe und Szenarien entwickeln. Erst die Freigabe zum
Dreh musste vom Studiodirektor getroffen werden, und
17
SpuR DeR STeine
mungsrecht als zuvor eingeräumt wurde (gestützt
durch ein »Jugendkommuniqué«) oder indem die alte,
stalinistische Gerichtsbarkeit durch einen neuen
Rechtspflegebeschluss abgelöst wurde. Die Kunst
wurde zur Triebkraft, Zeugin und kritischen Wegbegleiterin dieser Prozesse; so viele erregende Bücher, Theaterstücke, Gedichte oder Filme wie in der ersten Hälfte
der 1960er-Jahre hatte es im ganzen Jahrzehnt zuvor
nicht gegeben.
Freilich streckten die politischen Hardliner nicht ihre
Waffen. Die Staatspartei SED (ihre vier Blockparteien
CDU, LDPD, NDPD und Bauernpartei können wir hier
vernachlässigen) zerfiel immer deutlicher in zwei Lager:
das der vergleichsweise liberalen Reformer, an deren
Spitze sich, von Moskau und dem dortigen Parteiführer
Nikita Chruschtschow bekräftigt, Walter Ulbricht
höchstselbst gestellt hatte; und das der Traditionalisten, die auf der »reinen Lehre« beharrten und jeden
Versuch der gesellschaftlichen Modernisierung als »Revisionismus« denunzierten (Beispiele: Paul Verner,
Erich Honecker oder der Leipziger SED-Chef Paul Fröhlich). Keine Frage, dass der gesamte Reformprozess
der frühen 1960er-Jahre von herben Rückschlägen begleitet war, ähnlich wie in der Sowjetunion. Und als
dort, in Moskau, die Hardliner wieder die Oberhand gewannen und Leonid Breshnew zum neuen Parteichef
berufen wurde, musste dies auch gravierende Auswirkungen auf die Politik – und besonders die Kulturpolitik
– der DDR haben.
Welche Entwicklungen gab es in dieser Zeit im Film,
welche Rolle spielte das Kino? Der DEFA-Spielfilm
schien am Anfang des Jahrzehnts von jedem Glück verlassen. Slatan Dudow (KUHLE WAMPE), einer der Spitzenregisseure der DEFA, konstatierte, dass man sich
»im Hafen der Mittelmäßigkeit« bequem eingerichtet
DeFa: Die besten Jahre
erst nach Fertigstellung des Films trat die Hauptverwaltung Film auf den Plan, die eine staatliche Zulassung
erteilen musste. Dieses bisher nie gekannte Maß an
Freiheit galt indes nur kurze Zeit: 1964/65.
1965 sollte für die DEFA dann ein Schicksalsjahr werden. Die SED war mit ihrer Wirtschaftspolitik, ausgehend von einem massiv verstärkten ökonomischen
Druck aus der Sowjetunion, in eine Krise geraten. Da
diese Krise evident war, aber tabuisiert werden musste,
brauchte die SED für ihre Dezembertagung 1965, das
so genannte 11. Plenum des Zentralkomitees, einen
Sündenbock. Und fand ihn gleichsam über Nacht in der
Kultur und Kunst. In Film, Theater, Fernsehen und Literatur, so konstatierte Honecker in seinem Referat, gäbe
es Entwicklungen, die dem Sozialismus schädlich, ja
feindlich gegenüber stünden. Vor allem die DEFA
wurde an den Pranger gestellt: Zwei ihrer (bis dato
noch nicht in der Öffentlichkeit gezeigten) Filme liefen
vor den Delegierten des Plenums, DAS KANINCHEN
BIN ICH von Manfred Bieler und Kurt Maetzig und DENK
BLOSS NICHT ICH HEULE von Manfred Freitag, Jochen
Nestler und Frank Vogel. Beide riefen höchste Missbilligung hervor. Sozialistische Kunst, so der Duktus der
Anklagenden, dürfe sich nicht zum Richter über die
Gesellschaft aufspielen. Kunst müsse parteilich sein,
das Positive der Entwicklung zeigen und nicht im
beRlin um Die ecKe
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»Dreck«, im »Abseitigen« herumwühlen. Der mit allen
Wassern des Machtinstinks gewaschene Walter Ulbricht hängte sein Fähnchen sofort in den Wind. In
einem »Offenen Brief« an Kurt Maetzig, der am 23. Januar 1966, einen Monat nach dem Plenum, im neuen
Deutschland veröffentlicht wurde, machte er sich komplett die Denkungsart der Hardliner zu eigen und verurteilte die liberalen Aufbrüche in der Kunst erbarmungslos: »Manche Künstler«, so schrieb er, »genießen heute
den Zweifel an allem wie Rauschgift. (…) Glauben die
Künstler, mit krassem Naturalismus, faktografischer
Aneinanderreihung negativer Verhaltensweisen, gemischt mit grobem Sexualismus eine sozialistische
Kunst schaffen zu können?«
Viele DEFA-Künstler wussten nach dem 11. Plenum
nicht, wie ihnen geschah. Sie begannen, die Fehler bei
sich selbst zu suchen. Manche glaubten, durch
Schnitte an ihren neuen Filmen noch zu retten, was
nicht mehr zu retten war. Sie hatten den tiefen Riss,
der durch die Gesellschaft, die Partei ging, noch längst
nicht in seinen Dimensionen begriffen. Sie ließen, auch
weil sie ihre auf die Gesellschaft bezogenen Utopien
und Hoffnungen dann vollkommen hätten in Frage stellen müssen, den Gedanken nicht zu, dass viele jener
Antifaschisten und Remigranten, die 1945 begonnen
hatten, im deutschen Osten ein »neues Deutschland«
Aber was heißt schon: am Pranger? In der Öffentlichkeit blieben die Geschehnisse weithin unbeachtet. Die
meisten Filme starben bereits im Studio einen leisen
Tod, wurden dort in der Endphase gestoppt, gar nicht
mehr zur staatlichen Abnahme eingereicht: eine Mischung aus Angst, vorauseilendem Gehorsam und der
Befolgung von Hinweisen, die sich aus internen Gutachten von Mitarbeitern der Hauptverwaltung Film und
der Kulturabteilung des ZK der SED ergaben. Die aufmerksamen Leser der Ost-Berliner Publikumszeitschrift
filmspiegel mochten sich zwar darüber wundern, dass
DEFA-Filme in Meldungen oder Bildberichten kurz angekündigt worden waren, dann aber nie das Licht der
Leinwand erblickten. Doch die Einzigen, die sich –
neben den betroffenen Künstlern – wirklich darüber
erregten, waren die weit über zweitausend Studioangestellten aus dem nichtkünstlerischen Bereich, die
Bauleute, Tischler, Stukkateure, Beleuchter, Tonmannschaften, Fahrer, Requisiteure, die um ihre Jahresendprämien fürchteten. Solidarität zwischen ihnen und den
Künstlern war damals (und blieb stets) Mangelware;
Frank Vogel brachte es später auf den Punkt: »Die Intellektuellen blieben mit ihren Vorstellungen allein, ja
die alte Intellektuellenfeindlichkeit wurde wieder mobilisiert. Von den zweitausend DEFA-Mitarbeitern hat
damals nicht einer gesagt: ›Lasst uns doch die Filme
wenigstens einmal ansehen, die verboten werden sollen.‹ Da hieß es nur: ›Die Künstler, diese Spinner,
haben uns um die Planerfüllung, um die Jahresprämien gebracht. Was kann ich dafür, dass der Drehbuchautor so freche Dialoge schreibt!‹«
Insgesamt kamen 1965/66 zwölf Spielfilme und mehrere Dokumentarfilme auf den Index; auch die öffentliche Aufführung des vom belgischen Regisseur Frans
Buyens im DEFA-Dokumentarfilmstudio gedrehten
Films DEUTSCHLAND – ENDSTATION OST fiel dem Plenum zum Opfer. Was verboten und ins Staatliche filmarchiv der DDR eingelagert wurde, war – alles in allem
– der kritische Panoramablick auf die eigene Gesellschaft: die Industrie- und Schulpolitik, das Justizwesen,
die Jugendpolitik, das Zusammenspiel der Generationen. Verboten wurden damit übrigens auch spannende
ästhetische Versuchsanordnungen, Belege für die zunehmende Modernität des DDR-Kinos: Man nehme nur
JAHRGANG 45 und DENK BLOSS NICHT ICH HEULE,
die mithalten können mit den besten Filmen der nouvelle vague – übrigens Jahre vor der Etablierung des
neuen Deutschen films in der Bundesrepublik!
Schließlich kamen 1966 nur acht DEFA-Filme heraus
und blieben auch im Kino, darunter der erste Indianerfilm DIE SÖHNE DER GROSSEN BÄRIN (Regie: Josef
DeFa: Die besten Jahre
aufzubauen, zugleich finsterste Doktrinäre waren, Exekutoren des stalinistischen Zwangsapparats, Zeitzeugen und bisweilen auch Mitwirkende verheerender
»Säuberungswellen« in der eigenen Partei. Und dass
hinter ihnen die sowjetische Besatzungsmacht stand,
mit Panzern und Gewehren, an allen Ecken und Enden
des Landes. Über die damit verbundenen existentiellen
Konsequenzen in der DDR öffentlich zu reflektieren,
wagte erst Frank Beyer, und erst im November 1989,
bei der Pressekonferenz zur Wiederaufführung seines
Verbotsfilms SPUR DER STEINE. Wolf Biermann, der
Wirkungen und Ursachen schon lange vorher thematisiert hatte, war ausgebürgert worden. Und Wolfgang
Leonhard, Hermann Weber, Gerhard Zwerenz? An
ihnen klebte der schlimmste Makel, der Makel der Abtrünnigkeit, des Verrats. Jeder für sich eine Persona
non grata. Die Revolution hatte ihre kritischsten Kinder
schon in den 1950er-Jahren in den Orkus des Vergessens verbannt.
In der Beurteilung von Wegen und Zielen, wie es mit
der DDR und ihrer Kunst weitergehen sollte, waren
auch die Filmemacher der DEFA keineswegs von gleicher Denkungsart. So wie unter den Politikern gab es
auch unter den Künstlern die verschiedensten Fraktionen: mehr oder weniger offenkundige Rebellen, Mitläufer auf der einen und anderen Seite, Opportunisten –
und auch tiefgläubige Konservative, die den politischen
Hardlinern willig zuarbeiteten. In den Monaten nach
dem 11. Plenum wurde erst einmal die Führungsmannschaft des DEFA-Spielfilmstudios komplett entlassen –
Mückenberger, Wischnewski, Kühn, auch Witt und
Bentzien. Weitgehend filmfremde Exekutoren der dogmatischen Parteilinie traten an ihre Stelle, unsicher,
tastend, vorsichtig. Sämtliche Projekte, die bei der
DEFA in Arbeit waren, kamen auf den Prüfstand. An
Stelle der rund zwanzig geplanten DEFA-Spielfilme erschienen 1966 nur acht auf den Leinwänden. SPUR
DER STEINE, mit dem sich die DEFA bei »der Partei«
(bei welchem Teil der Partei?) rehabilitieren wollte,
wurde im Sommer 1966 nach wenigen Tagen Laufzeit
und organisierten Protesten der »Arbeiterklasse« ebenfalls verboten. Gerhard Klein und Wolfgang Kohlhaase,
die glaubten, ihr Film BERLIN UM DIE ECKE käme einigermaßen unbeschadet davon – schließlich ging es
hier um junge Arbeiter und ihren Reifeprozess in der
Gesellschaft –, sahen sich plötzlich ebenso am Pranger
wie ihre Kollegen Ulrich Plenzdorf und Herrmann Zschoche (KARLA), Klaus Poche und Jürgen Böttcher (JAHRGANG 45), Egon Günther (WENN DU GROSS BIST, LIEBER ADAM), Christa Wolf und Kurt Barthel (FRÄULEIN
SCHMETTERLING) und andere.
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DeFa: Die besten Jahre
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Mach) sowie ein Zirkus-, ein Musik- und ein Kriminalfilm und drei Kinderfilme, von denen einer, der freche
ALFONS ZITTERBACKE (Regie: Konrad Petzold), aus
ideologischen Gründen so stark gekürzt werden
musste, dass sich der Regisseur weigerte, seinen
Namen im Vorspann erscheinen zu lassen. Die neu installierte DEFA-Leitung, allen voran Direktor Franz Bruk,
hatte zuzusehen, dass die Welle verbotener und abgebrochener Produktionen nicht in eine Atmosphäre kompletter Resignation mündete. Seine einzige Chance:
Den Künstlern mussten neue Projekte ermöglicht werden. Ein durchaus nicht unkompliziertes Unterfangen,
denn zahlreiche Stoffe, die in verschiedenen Entwicklungsphasen vorlagen, waren nach dem Kahlschlag obsolet geworden.
So war die zweite Hälfte der 1960er-Jahre mit einem
Rückzug in private Geschichten verbunden (Herrmann
Zschoche zum Beispiel drehte Filme, die LEBEN ZU
ZWEIT oder WEITE STRASSEN – STILLE LIEBE hießen,
die junge Ingrid Reschke WIR LASSEN UNS SCHEIDEN
und so weiter und so fort) oder in historische Stoffe, in
denen man auch neue ästhetische Formen ausprobieren konnte (Heiner Carows DIE RUSSEN KOMMEN
war dann 1968 der erste Film nach der Welle des
11. Plenums, der wiederum einem Verbot zum Opfer
fiel: diesmal wegen »Psychologisierung des Faschismus« – was immer das heißen sollte). Spannend blieb
die Arbeit von Frank Vogel, der 1962 mit … UND
DEINE LIEBE AUCH einen dokumentarisch grundierten
»Mauerfilm« gedreht hatte und mit DENK BLOSS NICHT
ICH HEULE einen der spannendsten 11.-Plenum-Filme.
Nun zeigte er in DAS SIEBENTE JAHR, dass er auch am
Ende dieser schönen, schlimmen 1960er-Jahre auf
der Höhe der Zeit blieb. Ein privater Film, sicher, über
die Konflikte in einer Ehe zwischen einem viel beschäftigten Schauspieler (Wolfgang Kieling) und einer Ärztin.
Und doch: nouvelle vague pur, viele Alltagsbeobachtungen, mit einer wunderbar leichten Kamera, spielerisch, und doch auch mit einer Gedankentiefe, wie sie
nur wenige DEFA-Filme am Ende dieses Jahrzehnts
hatten.
Dass Roland Gräf, Kameramann bei DAS SIEBENTE
JAHR und vorher schon bei Böttchers JAHRGANG 45,
in den frühen 1970er-Jahren zur Regie wechselte, war
dann ein Glücksfall fürs nächste DEFA-Jahrzehnt. Für
ein Jahrzehnt, in dem Regisseure wie Rainer Simon,
Siegfried Kühn, Iris Gusner, Helmut Dziuba zum Zuge
kamen und an der Seite von Heiner Carow, Egon Günther und anderen ihre eigenen Erfahrungen mit Kunst
und Politik, Macht und Ohnmacht, Anpassung und
mehr oder weniger leiser Subversion machten. Aber
das ist schon wieder ein anderes, das nächste spannende DEFA-Kapitel.
Ralf Schenk
Schaut auf diese Stadt | DDR 1962 | R: Karl Gass | B:
Karl Gass, Karl-Eduard von Schnitzler | K: Hans Dumke,
Hans Eberhard Leupold | M: Jean Kurt Forest | 85 min |
Der abendfüllende Kompilationsfilm, an dessen Arbeit
schon vor dem Bau der Berliner Mauer im August 1961
begonnen wird, mutiert danach zu einer Rechtfertigung
der geschlossenen Grenze. Karl Gass und sein CoAutor Karl-Eduard von Schnitzler umreißen aus streng
parteilicher Perspektive die Gründe, die zum Mauerbau
führten: Verlockung durch Märkte, Medien, Kirche und
Kultur des Westens, anhaltende Sabotage und Subversion, der »Missbrauch West-Berlins« als Stachel im
Fleisch des Sozialismus. Als Gegenentwurf wird das
idyllische Wunschbild »friedlicher Wohngebiete« im
Osten gezeichnet, einschließlich kämpferischer Aufmärsche im Zentrum Ost-Berlins. Ein propagandistisches Panorama, das sich freilich keine Zeit nimmt, auf
die widerstreitenden Gefühle, die Trauer der nunmehr
auf lange Sicht getrennten Familien und Freunde einzugehen.
▶ Mittwoch, 11. März 2015, 21.00 Uhr | einführung: Ralf
Schenk
… und deine Liebe auch | DDR 1962 | R: Frank Vogel
| B: Paul Wiens | K: Günter Ost | M: Hans-Dieter Hosalla
| D: Ulrich Thein, Armin Mueller-Stahl, Kati Székely, Katharina Lind, Alfonso Arau, Maria Besendahl | 92 min |
Berlin im August 1961. Das Mädchen Eva steht zwischen den beiden Brüdern Ulli und Klaus, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Klaus ist ein Filou und
liebt das schnelle Geld, das er als Taxifahrer im Westteil der Stadt verdient. Ulli wirkt ernster, nachdenklicher. Am Tag des Mauerbaus steht er mit der Waffe in
der Hand an der Grenze. Als Eva von Klaus schwanger
wird, will der sich der Verantwortung entziehen und in
den Westen fliehen. Liebes- und Dreiecksgeschichte
und zugleich ein spannendes Zeitbild mit zahlreichen
dokumentarischen Szenen. »Ein leiser, zärtlicher, sehr
menschlicher Film, der den Atem Berlins hat, den Geruch seiner Straßen und Plätze« (Rosemarie Rehahn).
Eine der ersten großen Kinorollen von Armin MuellerStahl.
▶ Mittwoch, 18. März 2015, 21.00 Uhr | einführung:
Stefan Drößler
Sonntagsfahrer | DDR 1963 | R: Gerhard Klein | B:
Karl Georg Egel, Wolfgang Kohlhaase | K: Helmut Bergmann | M: Wilhelm Neef | D: Angelica Domröse, Harald
▶ Mittwoch, 25. März 2015, 21.00 Uhr
Deutschland – Endstation Ost | DDR 1964 | R+B:
Frans Buyens | K: Hans-Eberhard Leupold | 84 min |
Der belgische Regisseur Frans Buyens dreht bei der
DEFA einen Film, der drei Jahre nach dem Mauerbau
nach dem »normalen Alltag« im Osten forscht. Ein um
Sympathie werbendes Porträt der DDR, die mitten in
einer gesellschaftlichen Reformphase steckt. Buyens
»dokumentiert kontroverse Ansichten über Mauerbau
und Reisefreiheit, befragt Grenzsoldaten nach dem
Schießbefehl, interviewt Straßenpassanten, Arbeiterfrauen, Unternehmer von halbstaatlichen Gesellschaften, LPG-Bauern, ausländische Studenten. Eine ungewöhnliche, subjektive Momentaufnahme ostdeutscher
Befindlichkeiten und politischer Sichtweisen« (Thomas
Heimann). Obwohl Parteichef Walter Ulbricht zunächst
euphorisch auf den Film und seine Offenheit reagierte,
wurde er aufgrund der Einsprüche linientreu-dogmatischer Funktionäre nur intern gezeigt und schließlich
ganz ins Archiv verbannt.
▶ Mittwoch, 1. april 2015, 21.00 Uhr
DeFa: Die besten Jahre
Der geteilte Himmel | DDR 1964 | R: Konrad Wolf | B:
Christa Wolf, Gerhard Wolf, Konrad Wolf, Willi Brückner, Kurt Barthel, nach dem Roman von Christa Wolf |
K: Werner Bergmann | M: Hans-Dieter Hosalla | D: Renate Blume, Eberhard Esche, Hilmar Thate, Hans HardtHardtloff, Martin Flörchinger, Erika Pelikowsky |
110 min | Nach ihrem psychischen und physischen Zusammenbruch reflektiert eine junge Frau ihr Leben: Da
ist die Liebe zu einem zehn Jahre älteren Chemiker,
der ihr neue Horizonte öffnete, dann aber beruflich enttäuscht wird und sich in den Westen absetzt. Da sind
die Kollegen im Waggonwerk, die Freunde am Lehrerinstitut. Und die vielen unbeantworteten Fragen an eine
Gesellschaft im Auf- und Umbruch. Offene, kritische
Bestandaufnahme der DDR-Gegenwart, zu expressionistischen Bildern verdichtet. Mit seiner Filmsprache
bewegte sich Konrad Wolf auf modernstem Niveau, vergleichbar den cinéastischen Vexierspielen eines Alain
Resnais (L’ANNÉE DERNIÈRE À MARIENBAD), die ihm
sichtlich als Vorbild dienten. Einer der großen internationalen Erfolge der DEFA, nach dem gleichnamigen
Roman von Christa Wolf.
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▶ Mittwoch, 8. april 2015, 21.00 Uhr
Denk bloß nicht ich heule | DDR 1965/1990 | R:
Frank Vogel | B: Manfred Freitag, Jochen Nestler | K:
Günter Ost | M: Hans-Dieter Hosalla | D: Peter Reusse,
Anne-Kathrein Kretzschmar, Helga Göring, Harry Hindemith, Herbert Köfer, Jutta Hoffmann | 91 min | Der
Abiturient Peter Naumann verkündet in einem Aufsatz,
DenK bloSS nichT ich heule
Halgardt, Herwart Grosse, Irene Korb, Erich Gerberding
| 87 min | Am 12. August 1961 brechen acht Menschen in drei Autos aus Leipzig nach Berlin auf, um aus
der DDR in den Westen zu fliehen. Auf der Fahrt prallen
die unterschiedlichen Charaktere aufeinander, es
kommt zu erbittertem Streit. Als die Gruppe am anderen Morgen Berlin erreicht, hat der Mauerbau begonnen, die Grenze ist dicht. Bleibt nur noch die Rückfahrt
in die ungeliebte »Zone«. Hintergründige Ironie trifft auf
pure Klamotte, Kabarett und Didaktik: Nicht nur bei den
Figuren, auch bei den Filmemachern geht die Rechnung nicht auf. Drehbuchautor Wolfgang Kohlhaase:
»Ich dachte, mit dieser Satire könnten wir etwas zur
Erhellung und Entkrampfung beitragen. Das war ein Irrtum. In jeder Familie gibt es etwas, worüber bei Tisch
nicht gern gesprochen wird. In meinem Fall ist es dieser Film.«
DeFa: Die besten Jahre
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dass er »die Republik nicht braucht«, und wird deshalb
von der Schule relegiert. Er soll sich auf dem Land »bewähren« und extern auf die Prüfungen vorbereiten,
eckt aber weiter an und beharrt auf seiner Meinung.
Bis es zu einer folgenschweren Prügelei kommt. Weil
der Film mit bisher nie gekannter Härte über die widerspruchsvolle Realität und den Generationskonflikt in
der DDR reflektiert und Parteifunktionäre schwere
Bedenken erheben, muss er im Sommer 1965 umgeschnitten werden und fällt im Dezember desselben
Jahres dann doch einem Verbot zum Opfer. 1990 rekonstruiert Kameramann Günter Ost die Originalfassung; bei seiner Aufführung auf der Berlinale wird
DENK BLOSS NICHT ICH HEULE als Beispiel für die bis
dato unbekannte ostdeutsche nouvelle vague gefeiert.
▶ Mittwoch, 15. april 2015, 21.00 Uhr | einführung: Ralf
Schenk
Das Kaninchen bin ich | DDR 1965/1990 | R: Kurt
Maetzig | B: Manfred Bieler, nach dem Roman »Maria
Morzeck oder Das Kaninchen bin ich« von Manfred Bieler | K: Erich Gusko | M: Gerhard Rosenfeld, Reiner Bredemeyer | D: Angelika Waller, Alfred Müller, Irma
Münch, Ilse Voigt, Wolfgang Winkler | 118 min | Maria
Morzeck, 19, darf nicht studieren, weil ihr Bruder in
einem Prozess wegen »staatsgefährdender Hetze« zu
drei Jahren Zuchthaus verurteilt worden ist. Durch Zufall lernt sie den Richter Paul Deister kennen und verliebt sich in ihn, ohne zunächst zu wissen, dass er das
Urteil über ihren Bruder sprach. Auf ihrer Suche nach
der Wahrheit muss sie begreifen, dass Deister ein
erbarmungsloser Karrierist ist, der sein Fähnchen in
jeden Wind hängt. Einer der mutigsten Filme gegen
staatliche Repression, dem von der SED-Führung Pessimismus, Skeptizismus und insgesamt eine feindliche
Haltung zur DDR vorgeworfen wird. Regisseur Kurt
Maetzig, dem daran gelegen ist, mehr Demokratie in
der Gesellschaft anzumahnen und den staatstragenden
Opportunismus unter die Lupe zu nehmen, übt nach
dem Verbot des Films im Dezember 1965 Selbstkritik.
▶ Mittwoch, 22. april 2015, 21.00 Uhr
Berlin um die Ecke | DDR 1966/1990 | R: Gerhard
Klein | B: Wolfgang Kohlhaase | K: Peter Krause | M:
Georg Katzer | D: Dieter Mann, Kaspar Eichel, Monika
Gabriel, Erwin Geschonneck, Hans Hardt-Hardtloff |
85 min | Nach EINE BERLINER ROMANZE (1955) und
BERLIN – ECKE SCHÖNHAUSER (1957) der dritte
Berlin-Film des Teams Kohlhaase/Klein, der sich mit
Problemen Jugendlicher und Konflikten mit der älteren
Generation befasst. Olaf und Horst, Arbeiter in einem
Metallbetrieb, klagen über veraltete Maschinen und
fehlende Ersatzteile. Ihre Fragen an die Gesellschaft
werden immer lauter und drängender, und dennoch
scheint sich nichts zu ändern. »Die Bilder vermitteln
einen sinnlichen Genuss am Rhythmus und den kleinen
und großen Erlebnissen des Alltags. Ein genaues, stilles, tief berührendes menschliches Dokument« (Erika
Richter). Im Sommer 1966 wegen »Verunglimpfung der
Arbeiterklasse« verboten, durfte der Film erstmals zur
750-Jahr-Feier Berlins 1987 in Vorführungen des
Staatlichen filmarchivs der DDR gezeigt werden.
▶ Mittwoch, 29. april 2015, 21.00 Uhr
Spur der Steine | DDR 1966 | R: Frank Beyer | B: Karl
Georg Egel, Frank Beyer nach dem gleichnamigen
Roman von Erik Neutsch | K: Günter Marczinkowsky |
M: Wolfram Heicking | D: Manfred Krug, Eberhard
Esche, Krystyna Stypulkowska, Johannes Wieke, Walter Richter-Reinick, Hans-Peter Minetti | 139 min | Der
Zimmermann Balla, Kraftprotz und Anarchist, ist der
ungekrönte König der Baustelle, seine Brigade reißt
noch alles raus, was die Bürokratie vermasselt hat.
Doch die junge Ingenieurin Kati Klee, die er mag, verliebt sich in einen anderen. Ausgerechnet in den verheirateten Parteisekretär Horrath, auch kein schlechter
Kerl, aber eben einer »von oben«. Erik Neutschs Buch,
in den 1960er-Jahren viel gelesen, wird von Frank
Beyer zu einem packenden »Western« auf einer ostdeutschen Großbaustelle verdichtet. Im Sommer 1966
nach nur wenigen Tagen Laufzeit verboten, gilt der
Film seit seiner Wiederaufführung 1989/90 als bedeutendes Zeit- und Sittenbild, das mutig und konsequent
die tiefe innere Zerrissenheit der DDR-Staatspartei
reflektiert und eindeutig auf der Seite der Reformer, der
Utopie eines »demokratischen Sozialismus« steht.
▶ Mittwoch, 6. Mai 2015, 21.00 Uhr
Karla | DDR 1966/1990 | R: Herrmann Zschoche | B:
Ulrich Plenzdorf, Herrmann Zschoche | K: Günter Ost |
M: Karl-Ernst Sasse | D: Jutta Hoffmann, Jürgen
Hentsch, Hans Hardt-Hardtloff, Inge Keller, Rolf Hoppe |
123 min | Jutta Hoffmann in ihrer wohl schönsten Kinorolle als »Giulietta Masina der DDR«: Karla hat das Lehrerstudium beendet und trifft an ihrer ersten Schule auf
einen weit verbreiteten Opportunismus der Kollegen.
Aber auch die Abiturienten wissen bereits, was sie
sagen dürfen und müssen, um beruflich weiterzukommen. Karla hat keine Lust, zu alldem zu schweigen,
und bringt mit ihren Idealen von Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit und Gerechtigkeit die Verhältnisse ins Wanken.
Kluge, berührende Studie über Zustände in der »sozia-
DeFa: Die besten Jahre
KaRla
listischen Volksbildung«, die ihre Gültigkeit als Parabel
über Mut und Vertrauen, Wahrheit und Irrtum bis heute
nicht verloren hat. Nach dem Rohschnitt wird dem Film
1966 vorgeworfen, er zeige einen künstlichen Widerspruch zwischen Ideal und unvollkommener Wirklichkeit. Das daraufhin ausgesprochene Verbot gilt bis 1990.
▶ Mittwoch, 20. Mai 2015, 21.00 Uhr
Jahrgang 45 | DDR 1966/1990 | R: Jürgen Böttcher |
B: Klaus Poche, Jürgen Böttcher | K: Roland Gräf | M:
Henry Purcell | D: Rolf Römer, Paul Eichbaum, Monika
Hildebrand, Holger Mahlich, Gesine Rosenberg, A. R.
Penck | 94 min | Al und Li, ein junges Ehepaar aus dem
Berliner Stadtbezirk Prenzlauer Berg, wollen sich trennen. Al, ein leidenschaftlicher Motorradliebhaber,
glaubt, endlich seine lang ersehnte Freiheit wiederzufinden. Li, eine Säuglingsschwester, ist tief verletzt.
Haben die beiden noch eine Chance, wieder zueinander zu kommen? Erster und einziger Spielfilm des
Malers und Dokumentaristen Jürgen Böttcher (»Strawalde«). Nach der um 25 Jahre verspäteten Uraufführung 1990 schreibt der Kritiker Heinz Kersten: »Ein
sehr lyrischer Film mit poesievollen Alltagsimpressionen.« Für viele Filmhistoriker eine der schönsten DEFAArbeiten überhaupt, dem Tempo und Rhythmus eines
improvisierten Jazzstücks nachempfunden, meisterhaft
impressionistisch fotografiert von Roland Gräf.
▶ Mittwoch, 27. Mai 2015, 21.00 Uhr
Das siebente Jahr | DDR 1969 | R+B: Frank Vogel | K:
Roland Gräf | M: Peter Rabenalt | D: Wolfgang Kieling,
Jessy Rameik, Ulrich Thein, Monika Gabriel, Alfred Müller | 83 min | Eines der großen, weitgehend unbekannten Meisterwerke des DEFA-Gegenwartsfilms in den
späten 1960er-Jahren. Der aus dem Westen in den
Osten übergesiedelte Wolfgang Kieling in der Rolle
eines prominenten Schauspielers, dessen Ehe mit
einer Herzchirurgin nach sieben Jahren in eine Krise zu
geraten droht. Mit einer fast getupften, selten ins Dramatische gesteigerten Handlung und einer weitgehend
beobachtenden Kamera entsteht die Momentaufnahme
einer Gruppe von Ost-Berliner Intellektuellen, die sich
in ihrem Alltag eingerichtet haben und sich doch nach
neuen Herausforderungen, nach einem imaginären
»anderen« Glück im Leben sehnen. Musikalisch akzentuiert von modernen Pianorhythmen und Villon-Balladen, die Wolfgang Kieling singt.
▶ Mittwoch, 3. Juni 2015, 21.00 Uhr
Weite Straßen – stille Liebe | DDR 1969 | R: Herrmann Zschoche | B: Ulrich Plenzdorf, nach der Erzählung »Endlose Straßen« von Hans-Georg Lietz | K: Roland Gräf | M: Peter Rabenalt | D: Manfred Krug, Jaecki
Schwarz, Jutta Hoffmann, Ulrike Plenzdorf, Heidemarie
Schmidt, Ilse Voigt | 76 min | Fast ein Jahrzehnt vor seiner westdeutschen Fernfahrer-Serie AUF ACHSE spielt
Manfred Krug einen »Kapitän der Landstraße«, der mit
flotten Sprüchen und immer zu einem Spaß aufgelegt
von Kap Arkona bis ins Erzgebirge unterwegs ist. Sein
Beifahrer, ein verkrachter Student, wird von dem späteren TATORT-Kommissar Jaecki Schwarz dargestellt.
Dritte im Bunde, in die sich beide Männer verlieben, ist
Jutta Hoffmann als junge Frau in einer Ehekrise. Sympathische, differenziert gezeichnete Figuren zwischen
Sein und Schein, mit denen der Film unterschiedliche
Lebensentwürfe und -haltungen auslotet. Ein psychologisches Kammerspiel der leisen Wahrheitssuche, der
Wiederentdeckung der Wirklichkeit. Ein geglückter Versuch der DEFA, sich nach dem »Kahlschlag« des Verbotsjahres 1965/66 von strikten politischen Maßregeln
zu emanzipieren.
▶ Mittwoch, 17. Juni 2015, 21.00 Uhr
23
Naher Osten: Filmreihe ›Common Grounds‹
Naher Osten
Die aufstrebenden Städte der Golf-Region und die konfliktreichen Schauplätze im Mittleren und Nahen Osten
sind einnehmende Themen der medialen Berichterstattung. Die oft extremen Bilder aus dem öffentlichen
Raum dieser Gebiete prägen unseren westlichen Blick
auf die Region in ihrem inhaltlichen Gehalt ebenso wie
in ihrer manipulativen Ästhetik. Die Ausstellung »Common Grounds« in der Villa Stuck setzt diesen Bildern
künstlerische Werke entgegen, die einen anderen, vielfältigeren Ansatz zeigen, sich mit gesellschaftlichen Bedingungen auseinanderzusetzen.
»Common Grounds« bezieht sich auf das kommunikationswissenschaftliche Modell des »Grounding«, der Annahme, dass zwischen Kommunikationspartnern ein
gemeinsamer Wissensraum besteht, der den Dialog gelingen lässt. Dieses Modell wurde ausführlich von Herbert H. Clark untersucht. In seiner Schrift »Using
Language« aus dem Jahr 1996 untersucht er Voraussetzungen für eine funktionierende Kommunikation, die
demnach auf dem wichtigen Faktor beruht, dass die Information von beiden Kommunikationspartnern geteilt
werden kann. Es geht dabei um die Fähigkeit, das Gesprächsthema in einen kontextuellen Rahmen einzubetten: »Common ground is a form of self-awareness –
self-knowledge, self-belief, self-assumption – in which
there is at least one other person with the analogous
self-awareness.« Clark führt auch den Begriff des
»Communal common ground« ein, der Kategorien wie
micRophone
24
Nationalität, Beruf, Hobbies, Religion, Sprache beinhaltet. Dieses Basiswissen divergiert je unterschiedlicher
diese Kategorien zwischen Kommunikationspartnern
sind. Gerade das Wissen über ein Themenfeld, das seit
mehr als drei Jahren die Welt in Atem hält, der Mittlere
und Nahe Osten, ist von unterschiedlichem und einseitigem Wissen charakterisiert.
Die Ausstellung stellt Künstlerinnen und Künstler vor,
die sich in ihren Werken mit dieser Region auseinandersetzen. Sie verhandeln den öffentlichen Raum, der
ebenfalls im Begriff des »Common Ground«, als Gemeinsamkeit oder Bezugserde impliziert ist, und geben
Möglichkeiten diesen neu zu erfahren. Hazem Harb visualisiert in seiner Wandarbeit »Till the End« (2014)
durch Quader, deren Kanten geschlossen oder geöffnet
sind, Durchlässigkeit und hermetische Abgeschlossenheit. Grenzen werden verdichtet zur geometrischen
Form. Das Architekten- und Künstlerkollektiv DAAR erforscht die Situation in Israel und im palästinensischen
Gebiet, um Strategien zur Umnutzung von ehemals
militärisch genutzten Flächen zu entwickeln. Die Linie,
die Grenzen beschreibt, Fluchtwege auf Landkarten
nacherzählt und Räume definiert – wie in den wunderbaren Zeichnungen von Susan Hefuna –, wird zum Signum von Freiheit und Unfreiheit. Diesen Arbeiten stehen narrative Kunstwerke gegenüber, die ein Bild unter
der Oberfläche der Geschichtsschreibung und der medialen Berichte zeigen. Es sind latente Bilder, Bilder,
Naher Osten
die auf dem noch nicht entwickelten Film und damit
dem Auge verborgen sind, sie legen ein vielschichtigeres Bild der unmittelbaren Gegenwart offen. Diese Strategie findet sich bei den Filmemachern Joana Hadjithomas und Khalil Joreige, die mit ihrem Film JE VEUX
VOIR im Filmmuseum vertreten sind, wie auch bei
Bouchra Khalili. Sie sagt: »It is always about transitory
moments of life, transitory which lasts, as if you had a
latent image, which never reaches the end of the revelation but which potentially is the revelation.«
Dieses Sichtbarmachen von konzeptuellen Nebenwegen und von narrativen Motiven kann das kollektive
Bildgedächtnis ergänzen. Wie Horst Bredekamp dies in
seiner Publikation »Theorie des Bildakts« bezeichnet:
»Bilder können nicht vor oder hinter die Realität gestellt
werden, weil sie diese mitkonstituieren. Sie sind nicht
deren Ableitung, sondern eine Form ihrer Bedingung.«
So ist der Wandel in dieser Region auch als globale
Neuordnung wahrzunehmen.
verena hein
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»Common Grounds« ist eine Ausstellung des Museums Villa
Stuck, gefördert von der Kulturstiftung des Bundes, die noch
bis zum 17. Mai 2015 zu sehen ist. Das Filmprogramm wurde
von Claudia Engelhardt kuratiert.
Bab’ Aziz (Der Tanz des Windes) | Tunesien 2005 |
R: Nacer Khemir | B: Tonino Guerra | K: Mahmoud Kalari | M: Armand Amar | D: Parviz Shahinkhou, Maryam
Hamid, Nessim Khalal, Mohamed Graïaa, Golshifteh Farahani | 98 min | OmU | Eine Hymne an das Erzählen
und die Liebe. In der Tradition von »1001 Nacht« entfaltet der Regisseur Geschichten von Prinzen, Palästen
und langen Irrfahrten. Das Mädchen Ishtar und ihr
Großvater Bab’ Aziz, ein blinder Derwisch, sind unterwegs zum großen Derwisch-Treffen in der Sahara, dessen Ort sich aber nur jenen offenbart, die mit dem
Herzen der Stille der Wüste zu lauschen vermögen. Die
Geschichten der Menschen, denen sie begegnen, verflechten sich kunstvoll mit der Haupthandlung. Gleichzeitig setzt sich der Film mit der Tradition des Sufismus,
mit Mystik und Spiritualität auseinander.
▶ Dienstag, 10. März 2015, 21.00 Uhr | einführung:
Verena Hein
Persepolis | Frankreich 2007 | R+B: Vincent Paronnaud, Marjane Satrapi, nach der Graphic Novel von
Marjane Satrapi | M: Olivier Bernet | 96 min | OmU | Die
Erinnerungen einer Exil-Iranerin, die 1995 nach Jahren
in Österreich beschließt, in ihre Heimat zurückzukehren. Der autobiografisch gefärbte Zeichentrickfilm
erzählt seine politisch ambitionierte Geschichte in einfachen, flächigen Schwarz-Weiß-Zeichnungen, mit viel
satirischem Witz und Selbstironie. Marjane ist acht
Jahre alt, als der Schah aus dem Iran vertrieben wird
und die Mullahs die Macht an sich reißen. Fortschritt
und Freiheit bleiben im Zuge der »Islamischen Revolution« auf der Strecke. Die religiösen Führer verbieten
alle »westliche Dekadenz«. Doch die rebellische Marjane denkt nicht daran, sich zu unterwerfen.
▶ Dienstag, 17. März 2015, 21.00 Uhr | einführung:
Parastou Forouhar
Je veux voir (Lass es mich sehen) | Libanon 2008 |
R+B: Joana Hadjithomas & Khalil Joreige | K: Julien
Hirsch | M: Scrambled Eggs | Mit Catherine Deneuve,
Rabih Mroué | 75 min | OmeU | Wie kann das Kino helfen, Bilder und Geschichten der Hoffnung für ein vom
Krieg gezeichnetes Land zu finden, die einer ganzen
Generation traumatisierter junger Libanesen verloren
gegangen sind? In Beirut trifft Catherine Deneuve ihren
dort äußerst populären Kollegen Rabih Mroué, um mit
ihm zu einer Reise mit ungewissem Ausgang aufzubrechen. Mit Leibwächter und Filmcrew im Tross fahren
sie in den Südlibanon, wo der Krieg am schlimmsten
gewütet hat. Die spektakulären Fernsehbilder des Krieges erschienen den Filmemachern so mächtig, dass
jede Geschichte, jedes Kinobild dadurch obsolet geworden schien. So entstand die Idee, diesem Film über die
beiden Protagonisten die Aura des Kinos und seine
Emotionen zurückzugeben.
▶ Dienstag, 24. März 2015, 21.00 Uhr
Naher Osten
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Microphone (Mikrofon) | Ägypten 2010 | R+B:
Ahmad Abdalla | K: Tarek Hefny | M: Bassam Nessim |
D: Khaled Abol Naga, Menna Shalabi, yousra El Lozy,
Hani Adel, Ahmad Magdy | 122 min | OmeU | Khaled
kehrt aus den USA zur Beerdigung seiner Mutter nach
Alexandria zurück und trifft Underground-Musiker,
Graffiti-Künstler und Filmemacher in einem Land im
Aufbruch. »Ich wollte einen Spielfilm machen, der aus
einer Reise durch die Straßen, Alleen und Dächer der
Stadt besteht und in dem Khaled – die Hauptfigur – die
Zuschauer an der Hand durch die verschiedenen Zwischenhalte führt, zu denen Menschen, Subkulturen
und künstlerisches Schaffen zählen, die alle in der
Stadt existieren, aber oft unsichtbar für uns sind. Die
Reise basiert auf den wirklichen Geschichten der
Künstler und ist aus deren Sicht erzählt.« (Ahmad Abdalla)
▶ Dienstag, 31. März 2015, 21.00 Uhr
Soullam ila Dimashk (Leiter nach Damaskus) | Syrien 2013 | R: Mohamed Malas | B: Mohamed Malas,
Samer Mohamad Ismail | K: Joude Gorani | M: Toufic
Farroukh, Charbel Haber | D: Gianna Aanid, Izzat Abou
Jabal, Hussein Al Shazli, Nohad Assi, Mustafa El Mustafa | 95 min | OmeU | Ghalia glaubt, vom Geist Zeinas
besessen zu sein, einer jungen Frau, die am Tag von
Ghalias Geburt im Meer ertrunken ist. Sie geht nach
Damaskus, um Schauspiel zu studieren und mehr über
sich selbst zu erfahren. Dort kommt sie in einem alten
Haus unter, das von jungen Künstlern aus allen Teilen
Syriens bewohnt wird. In der Abgeschiedenheit der Herberge verliebt sich Ghalia in einen jungen Regisseur,
während es draußen auf den Straßen zu stürmischen
Aufständen kommt. Mohamed Malas, Syriens bekanntester Autorenfilmer, weckt in diesem heimlich gedrehten Drama die Geister seines Landes.
▶ Dienstag, 7. april 2015, 21.00 Uhr
Man Negahdar Jamali, western misazam (Ich
heiße Negahdar Jamali und drehe Western) | Iran
2012 | R+B: Kamran Heidari | M: Ennio Morricone,
Hamid Saeed | 65 min | OmeU | In der alten iranischen
Stadt Shiraz lebt der Westernfan und Exzentriker Negahdar Jamali, der seit 35 Jahren iranische Western
dreht, ohne Budget oder andere professionelle Unterstützung. Seine Leidenschaft sind Filme, wie sie John
Ford gemacht hat – Familie, Arbeit und auch seine Ehe
geraten darüber immer mehr ins Hintertreffen. Jamali
organisiert Kostüme und instruiert Nachbarn und Familie, Cowboys zu spielen, afghanische Arbeiter werden
zu Indianern, und in der iranischen Landschaft entsteht
die Illusion des amerikanischen Westens. Vorgeführt
wird das neueste Werk jeweils vor Nachbarn im improvisierten Freilichtkino.
▶ Dienstag, 14. april 2015, 21.00 Uhr | einführung:
Silvia Bauer
The Iranian Film (Der iranische Film) | Marokko
2014 | R+B: yassine El Idrissi | K: yassine El Idrissi,
Rachid Boughanem | Mit yassine El Idrissi, Rachid
Boughanem, yassine Halabi, Houssine Bouhssine |
67 min | OmeU | Der marokkanische Filmstudent yassine liebt das iranische Kino und seine Regisseure Mohsen Makhmalbaf, Abbas Kiarostami, Jafar Panahi. Mit
Hilfe seiner Freunde versucht er, einen »iranischen
Film« in Marokko zu drehen. Gemeinsam machen sie
sich auf die Suche nach möglichst originalgetreuen
Schauplätzen und Laiendarstellern, kämpfen mit der
Bürokratie, die das Skript über den »Nationalfeiertag«
nicht so einfach absegnen mag, sowie der Engstirnigkeit der Dorfbevölkerung. yassine El Idrissis fiktiver Dokumentarfilm stellt die Frage, warum im Iran im Gegensatz zu Marokko die Filmproduktion floriert, wo es doch
dort viel weniger Freiheit gibt als in Marokko.
▶ Dienstag, 21. april 2015, 21.00 Uhr | einführung:
Silvia Bauer
Film und Psychoanalyse: Virtual Love
Film und Psychoanalyse
gibt es ein Mitfühlen, ein Sich-Verlieben, ein ethisches
Handeln zwischen den »Arten«? Was passiert, wenn
die künstlichen Wesen das Bewusstsein ihrer selbst als
eigentlich exklusives Merkmal realer menschlicher
Wesen erwerben? In diesen Filmen wird die Essenz des
Menschen, seines Wesens und seines Schicksals zum
Thema.
Es stellt sich die spannende Frage, ob die Vermengung
von virtuellen und realen Beziehungsaspekten in unserer Alltagswelt auch dazu führt, dass die Unterscheidung von realer Erfahrung mit einem realen Gegenüber
und Leben mit einer Erinnerung oder Projektion so
schwierig und dramatisch werden könnte wie in den Visionen unserer Filme.
mathias lohmer und corinna Wernz
Blade Runner | USA 1982 | R: Ridley Scott | B: Hampton Fencher, David Webb Peoples, nach dem Roman
»Do Androids Dream of Electric Sheep?« von Philip K.
Dick | K: Jordan Cronenweth | M: Vangelis | D: Harrison
Ford, Sean young, Rutger Hauer, Daryl Hannah, Edward James Olmos | 117 min | OmU | Ridley Scotts
Dystopie aus dem Jahr 1982 ist uns beängstigend
nahe gekommen: Sie spielt in einem fiktiven Los Angeles des Jahres 2019, in einer riesigen, ständig verregneten und verdreckten Metropole voller beziehungsloser Einzelner. Ex-Cop Rick Deckard übernimmt widerstrebend die Aufgabe, aufständische »Replikanten«
27
heR
Partnersuche über Online-Foren und Second-LifeSpiele sind Teil unserer Alltagskultur geworden. Wir
leben in Phantasien über vermeintlich reale Andere,
spielen bewusst mit Liebesprojekten und -projektionen
sowie kunstvoll entworfenen medialen Selbstkonzepten. In Filmen wird diese doppelte Realität von wirklich
und scheinbar Realem (»Virtuellem«) schon seit Jahrzehnten eindringlich vorgeführt. Ethische und existentielle Fragen werden anhand der Kollision von realen
und virtuellen Existenzformen zugespitzt. Die Liebe zu
Replikanten (BLADE RUNNER), intelligenten Betriebssystemen (HER), menschgewordenen Erinnerungen
(SOLARIS) und Liebe in einer insgesamt virtuellen Realität, möglicherweise dem Wahnsinn (ABRE LOS OJOS),
sind die filmischen Varianten, mit denen wir in dieser
Reihe aus dem Genre der Science-Fiction-Filme den
Aspekt der »virtuellen Liebe« herausgreifen wollen.
Weil »Virtuelles« gerade nicht »Irreales« meint, sondern
Aspekte und Funktionsweisen des Realen imitiert, übersteigert und entlarvt, können die typischen Bedingungen und Wirrnisse der Suche nach Liebe sich oft sehr
grundsätzlich in den Filmen zeigen. »Virtuelle Wesen«
erscheinen dabei als mangelhaft oder übermächtig –
entsprechend müssen diese Erscheinungsformen in
der filmischen Realität vernichtet oder nobilitiert werden.
Immer wieder werden die Grenzen zwischen Menschen
und Imitat-Menschen wechselseitig überschritten –
Film und Psychoanalyse
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ausfindig zu machen, künstliche, spezialisierte Übermenschen mit unausgegorenen Emotionen, und sie
dann auszuschalten. Ebenso widerwillig beginnt er,
sich in Rachael zu verlieben. Auch sie ist eine Replikantin, wird sich allerdings ihrer »Gemachtheit« gerade
erst bewusst. Der Science-Fiction-Film-noir kulminiert
in einem Showdown zwischen Deckard und einem
kämpferischen Replikantenpaar, Pris und Roy. Zunehmend unklar wird dabei aber, wer kälter und gefühlloser ist: die Menschen oder die verfolgten Replikanten?
Unter der Oberfläche aller Action stellt der Film uns die
Frage: Was ist überhaupt »menschlich«, und was ist
die »Realität« der Liebe?
▶ Sonntag, 22. März 2015, 17.30 Uhr | einführung:
Matthias Baumgart, Mathias Lohmer und Corinna
Wernz
Her | USA 2013 | R+B: Spike Jonze | K: Hoyte van Hoytema | M: Arcade Fire | D: Joaquin Phoenix, Amy
Adams, Rooney Mara, Olivia Wilde, Chris Pratt, Scarlett
Johansson (Stimme) | 126 min | OmU | Theodore, der
von einer Trennung beschädigte Held dieses Films, verfällt der körperlosen Stimme von Scarlett Johansson,
die als Betriebssystem seines Rechners eigentlich nur
seinen Alltag organisieren soll. Als personalisierte,
künstliche Intelligenz mit dem Namen Samantha entwickelt dieses technische Wunder eine erstaunliche
Persönlichkeit, deren Entstehung und Entwicklung in
Anpassung an Theodores Wünsche wir mit atemberaubendem Tempo miterleben. Die Gespräche mit ihr und
in der Folge die Verliebtheit in sein von ihm selbst geschaffenes Gegenüber helfen Theodore paradoxerweise, sich dem wirklichen Leben wieder zuzuwenden.
Das ist erstaunlich, denn auch in seinem Beruf bewegt
er sich in einem irrealen Bereich: er schreibt fiktive
Briefe für Fremde. Eine doppelte virtuelle Existenz also,
und reine Autoerotik trotz der verführerischen Stimme.
Spike Jonze gelingt hier erneut, absonderlichem Verhalten und absurden Motivationen den Anschein völliger Selbstverständlichkeit zu geben, so wie viele den
heute üblichen Umgang mit intimen Aktivitäten im Netz
für ganz normal anstatt verwunderlich halten.
▶ Sonntag, 19. april 2015, 17.30 Uhr | einführung:
Katharina Leube-Sonnleitner und eva Friedrich
Abre los Ojos (Öffne die Augen) | Spanien 1997 | R:
Alejandro Amenábar | B: Mateo Gil, Alejandro Amenábar | K: Hans Burmann | M: Alejandro Amenábar, Mariano Marín | D: Eduardo Noriega, Penélope Cruz,
Najwa Nimri, Fele Martínez, Chete Lera | 114 min |
OmeU | César, ein junger erfolgsverwöhnter Playboy
verliert durch den Anschlag einer eifersüchtigen Geliebten sein gutes Aussehen, die soeben gewonnene Liebe
seines Lebens und seinen Verstand. Verunsichert
durch komplexe Erzählstränge und Zeitschleifen kann
auch der Zuschauer nicht recht zwischen Rahmen- und
Binnenhandlung unterscheiden. Ebenso wenig findet er
Distanz zu den verzweifelten Bemühungen des nun verunstalteten Protagonisten, seinen früheren Zustand
wieder vollständig herzustellen, insbesonders des einst
so mühelosen Begehrtwerdens. Oder handelt es sich
um Halluzinationen, um einen eventuell begangenen
Mord aus dem Bewusstsein zu bannen? Ob Césars Erlebnisse real sind, zu einem Alptraum gehören oder,
wie es zunehmend scheint, virtuell generiert werden,
bleibt im philosophischsten Film Amenábars spürbarer
in der Schwebe als in dem Remake VANILLA SKy
(2001) von Cameron Crowe. Um aufzuwachen und ins
richtige Leben zu finden, muss César die Augen öffnen
und einen Suizid riskieren.
▶ Sonntag, 7. Juni 2015, 17.30 Uhr | einführung: Salek
Kutschinski und andreas Hamburger
Soljaris (Solaris) | SU 1972 | R: Andrej Tarkovskij | B:
Andrej Tarkovskij, Friedrich Gorenstein, nach dem
Roman von Stanisłav Lem | K: Vadim Jusov | M: Eduard
Artemëv | D: Donatas Banionis, Nikolaj Grinko, Natalja
Bondarčuk, Jüri Järvet, Anatolij Solonicyn, Olga Barnet
| 167 min | OmU | Von der Forschungsstation beim Planeten Solaris treffen wirre Nachrichten ein. Der Psychologe Kris Kelvin muss sich für immer von seinem alten
Vater verabschieden, um die weite Reise dorthin anzutreten. Er trifft auf eine paranoide Crew, und er sieht
seltsame Fremde. Plötzlich ist auch seine durch Suizid
verstorbene Frau Hari wieder bei ihm. Er versteht
schnell, dass sie eine Ausgeburt des Planeten ist, der
Kelvins eigene Phantasien materialisiert. Dennoch gelingt es ihm nicht, sich von ihr zu befreien. In Tarkovskijs ergreifend poetischer Verfilmung von Stanisłav
Lems gleichnamigem Roman aus dem Jahr 1961 wird
die Beziehung des Protagonisten zu seiner virtuellen
Geliebten zur analytischen Reise. Die Länge, die Tiefe
und das gemäßigte Tempo des Films, die vielen Wiederholungen schaffen einen meditativen Ort, der den
Zuschauer im »Projektionsraum« des Kinosaals in seine
eigene Vergangenheit führt.
▶ Sonntag, 5. Juli 2015, 17.30 Uhr | einführung:
andreas Hamburger, Salek Kutschinski und Vivian
Pramataroff-Hamburger
Jacques Tati
Retrospektive Jacques Tati
l’illuSionniSTe
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Wie alle ganz großen Komiker schafft Tati ein universum,
bevor er uns zum lachen bringt. um seine figur ordnet
sich eine Welt, kristallisiert sich wie die gesättigte lösung um das Salzkorn, das man hineinwirft. Gewiss, die
von Tati geschaffene figur ist komisch, doch fast nebenbei und in jedem fall bezogen auf dieses universum. bei
den komischsten Gags braucht monsieur hulot nicht
einmal persönlich anwesend zu sein, denn er ist nichts
anderes als die metaphysische verkörperung einer unordnung, die noch lange anhält, wenn er selbst schon
wieder woanders ist.
andré bazin
Wenn das Filmmuseum wieder einmal die Filme von
Jacques Tati zeigt, dann gibt es dafür gute Gründe.
Zum einen sind die Filme sehr sorgfältig digitalisiert
worden und liegen nun erstmals alle mit deutschen
Untertiteln vor. So kann man sie in all ihrer Pracht in
unverfälschten Originalfassungen sehen. Ein anderer
Grund ist aber auch, dass die Filme von Jacques Tati
nur im Kino zur vollen Wirkung kommen. Das liegt zum
einen daran, dass das Lachen ansteckend ist und deshalb zusammen mit anderen mehr Spaß macht. Zum
anderen liegt es an dem Gestaltungsprinzip der Filme:
In Tatis Filmen muss man genau hinsehen und hinhören. Sie bestehen fast nur aus Totalen, es gibt keine
Großaufnahmen. Das verlangt höchste Aufmerksamkeit: In den langen Einstellungen des in 70mm auf-
genommenen PLAy TIME muss man regelrecht suchen,
wo im Bild gerade ein Gag passiert. Vom Mehrkanalton,
der in anderen Filmen über die Effektkanäle »Atmosphäre im Raum« schafft, nutzt Tati nur die Frontkanäle, um den Blick des Zuschauers im Bild zu lenken.
Trotzdem kann man selbst beim wiederholten Sehen
immer noch Gags entdecken, die einem zuvor entgangen sind, wie das kleine Modellflugzeug im Regal,
das beim Ausfall der Klimaanlage langsam die Flügel
hängen lässt. Tatis Filme verlangen einen aktiven Zuschauer, der mitdenkt. Sie trainieren das Sehen. Sie
stehen damit in krassem Widerspruch zu aktuellen
Komödien wie HONIG IM KOPF, in der Til Schweiger
dem Zuschauer keinerlei Freiheit gönnt, sondern in
einem Großaufnahmen-Stakkato-Feuerwerk ständige
Bedeutsamkeit einhämmert.
Tatis Ideal war eine »demokratische Komödie«, in der
er selber als Hauptdarsteller immer mehr in den Hintergrund rückt. »Statt dass es Hulot ist, wie in LES VACANCES DE M. HULOT, der die Gags, die im Film vorkommen, macht und ausführt, habe ich in PLAy TIME
die Gags den anderen überlassen und jeweils die Person ausgewählt, die am geeignetsten schien, sie auszuführen. Nicht Hulot ist es, der auf den Knopf drückt,
um herauszubekommen, wie man jemanden in einem
Jour de fête (Tatis Schützenfest) | F 1949 | R:
Jacques Tati | B: Jacques Tati, Henri Marquet, René
Wheeler | K: Jacques Mercanton, Jacques Sauvageot |
M: Jean yatove | D: Jacques Tati, Guy Decomble, Paul
JouR De fêTe
Jacques Tati
30
Büro anmeldet; ich wähle die geeignetste Person, das
auszuführen, das heißt einen kleinen pensionierten
Herrn, der es viel besser macht, als Hulot es könnte.
Hulot würde es wahrscheinlich anders machen, er
würde sich im Knopf irren; der Kleine aber gibt sich
Mühe, er hat Angst vor all den Knöpfen, er fühlt sich
nicht wohl.« Man kann sehr schön nachverfolgen, wie
Tati anfangs noch im Mittelpunkt seiner Filme steht
und dann von Film zu Film immer mehr in den Hintergrund rückt. Der Zuschauer kann sich nicht mehr darauf verlassen, dass Tatis Figur ihn durch das Geschehen führt. Vielmehr verschwindet Tati in PLAy TIME
und TRAFIC passagenweise völlig von der Bildfläche.
Stattdessen tauchen andere Personen auf, die wie Tati
aussehen und mit ihm verwechselt werden.
Den radikalen Schlusspunkt setzt der Kurzfilm FORZA
BASTIA, den Tatis Tochter nach dem Tod ihres Vaters
fertig gestellt hat. Wir sehen, wie sich die Einwohner
der Stadt Bastia auf Korsika auf ein Fußballspiel vorbereiten. »Für mich ist eine Komödie Beobachtung. Ich
bin ein visueller Mensch.« (Jacques Tati) Allein aus
der Art der Beobachtung, durch Bildkadrierung, Montage und die Verstärkung einzelner Töne entsteht
Komik. In FORZA BASTIA gibt es keinen Auslöser für
Gags, die Absurditäten ergeben sich ausschließlich aus
dem Alltag, Protagonisten sind Menschen im normalen
Leben.
Erstmals in München zu sehen ist L’ILLUSIONNISTE,
ein Zeichentrickfilm nach einem Drehbuch von Jacques Tati, das dieser Ende der 1950er Jahre geschrieben hat. Es beschreibt einen Varieté-Künstler auf Reisen und weist Bezüge zu Jacques Tatis eigener Herkunft auf (die uns der wunderbare Dokumentarfilm
TATI SUR LES PAS DE M. HULOT vor Augen führt). Sylvain Chomet entwickelte aus dem Drehbuch eine ganz
eigene Vision und gestaltete den Protagonisten – anders als von Tati ursprünglich vorgesehen – als Monsieur Hulot. So lebt Tatis Kinofigur weiter, wenn auch
anders, als sich Tati das vorgestellt hatte: »Einer meine
Träume war, dass Hulot in anderen Filmen mitgespielt
hätte. Als Statist. Plötzlich hätte man ihn an einer Bushaltestelle gesehen, wie er wartete, oder wie er hinter
einem Taxi herlief. Man hätte sich gesagt: Was macht
der denn da? Und dann wäre der Film weitergegangen,
als ob nichts gewesen wäre.« (Jacques Tati)
Stefan Drößler
Frankeur, Santa Relli, Maine Vallée | 86 min / 79 min /
77 min | OmU – Ein französisches Dorf bereitet sich auf
die jährliche Kirmes vor. In einem Zeltkino sieht der
Dorfbriefträger einen Bericht über seine Kollegen von
der amerikanischen Post, deren rasantes Tempo er mit
seinem Fahrrad zu imitieren versucht. Gedreht wurde
der Film gleich zweimal: in Schwarzweiß und im
Thomsoncolor-Farbverfahren. Da das Kopierwerk von
Thomsoncolor in Konkurs ging, konnte Tati seinen Film
nur in Schwarzweiß herausbringen. 1961 drehte er
deshalb für die Wiederaufführung des Films Szenen
nach, in denen ein Maler das Dorf besucht und Zeichnungen anfertigt, die im Schwarzweißbild handkoloriert
wurden. Erst 1995 konnte vom ursprünglichen Negativ
eine Farbkopie gezogen werden. Die Farbversion unterscheidet sich in vielen Details von der schwarzweißen
Fassung.
▶ Freitag, 3. april 2015, 18.30 Uhr (schwarzweiße
Urfassung) ▶▶ Dienstag, 7. april 2015, 18.30 Uhr (kolorierte Fassung von 1961) ▶▶▶ Freitag, 17. april 2015,
18.30 Uhr (Farbversion von 1995)
Les vacances de M. Hulot (Die Ferien des Monsieur
Hulot) | F 1953 | R: Jacques Tati | B: Jacques Tati,
Henri Marquet | K: Jacques Mercanton, Jean Mousselle | M: Alain Romans | D: Jacques Tati, Nathalie Pascaud, Louis Perrault, André Dubois, Lucien Frégis |
▶ Samstag, 4. april 2015, 18.30 Uhr (erstaufführungsfassung) ▶▶ Sonntag, 12. april 2015, 18.30 Uhr (Wiederaufführungsfassung von 1978)
Mon Oncle (Mein Onkel) | F 1958 | R: Jacques Tati |
B: Jacques Tati, Jacques Lagrange | K: Jean Bourgoin
| M: Alain Romans, Frank Barcellini | D: Jacques Tati,
Jean-Pierre Zola, Adrienne Servantie, Alain Bécourt,
Lucien Frégis | 116 min | OmU – Monsieur Hulot lebt in
einem altertümlichen Haus in Saint-Maure und kümmert sich um den Sohn seiner Schwester, die in einem
reichen Villenviertel wohnt. MON ONCLE trug das Bild
des idyllischen Paris um die Welt. Die Möglichkeiten
der Farbe als Gestaltungsmittel werden geschickt genutzt, um die unterschiedlichen Milieus der Pariser
Viertel voneinander abzugrenzen. »Tatis Humor ist
außerordentlich restriktiv, weil er sich absichtlich auf
Beobachtungshumor beschränkt und alle Einfälle
ausscheidet, die der reinen Burleske verpflichtet sind.
Innerhalb der Beobachtungskomik nimmt Tati noch
eine zweite Zensur vor: er eliminiert das Unwahrscheinliche.« (François Truffaut)
▶ Sonntag, 5. april 2015, 18.30 Uhr
Tati sur les pas de M. Hulot (Jacques Tati trifft
Monsieur Hulot) | F 1989 | R+B: Sophie Tatischeff |
102 min | dtF | Jacques Tatis Tochter Sophie Tatischeff, die beim Schnitt von PLAy TIME, TRAFIC und
PARADE mit ihrem Vater zusammenarbeitete und an
der Restaurierung der Filme JOUR DE FÊTE und FORZA
BASTIA mitwirkte, hat alle erdenklichen Filmdokumente
und Fotos von ihrem Vater zusammengetragen und
einen bewegenden Film montiert, der zeigt, wie sehr
Kino, Performance und Leben bei ihrem Vater miteinander verquickt waren. Neben ihren eigenen Filmen
DÉGUSTATION MAISON (1978) und LE COMPTOIR
(1998) ist der sehr selten gezeigte Dokumentarfilm
TATI SUR LES PAS DE M. HULOT das große Vermächtnis der 2001 verstorbenen Filmemacherin, die auch als
Cutterin für Jean-Pierre Mocky, Jean-Pierre Melville,
Jean-Jacques Annaud, Jacques Doillon, Tony Gatlif
und Coline Serreau arbeitete.
play Time
▶ Montag, 6. april 2015, 18.30 Uhr
Play Time (Tatis herrliche Zeiten) | F 1967 | R:
Jacques Tati | B: Jacques Tati, Jacques Lagrange | K:
Jean Badal, Andréas Winding | M: Francis Lemarque |
D: Barbara Dennek, Jacques Tati, Jacqueline Lecomte,
Georges Montand, Reinhard Kolldehoff | 124 min |
ohne Dialog – Monsieur Hulot verschwindet in einem
modernen Paris, das nur noch aus Beton und Glasfassaden besteht, in denen die alten Wahrzeichen bestenfalls noch als Spiegelungen kurz aufblitzen. Für PLAy
TIME baute Tati eine ganze Stadt mit beweglichen Häusern und drehte unzählige Varianten einer jeder Einstellung, bis sie seinen Vorstellungen exakt entsprach.
Sein Film hat keinen Hauptdarsteller mehr, keine Identifikationsfigur, keine Storyline. Viele Handlungsstränge
laufen parallel, und Monsieur Hulot, der hin und wieder
auf- und abtaucht, besitzt so wenige individuelle Merkmale, dass im Verlauf des Filmes gleich mehrere Doppelgänger auftauchen, die für zusätzliche Verwirrung
sorgen.
▶ Mittwoch, 8. april 2015, 18.30 Uhr
Jacques Tati
95 min / 89 min | OmU – Ein Sommerurlaub in einem
französischen Urlaubsort an der Küste der Bretagne.
Jacques Tati tritt erstmals als Monsieur Hulot auf, der
mit seinem vorsintflutlichen Auto im Ort eintrifft und
weitgehend stumm bleibt. Tati überarbeitete seinen
Film mehrfach: Für die Wiederaufführung von 1963
kürzte er den Film, orchestrierte die Musik neu und
reduzierte die Dialoge, 1977 fügte er in diese Wiederaufführungsfassung dann eine ganze neugedrehte Sequenz ein: Der Gag mit dem eingeknickten Kajak-Boot,
das wie ein bedrohlicher Fischkopf aus dem Wasser
ragt, wurde ausgebaut und spielt auf Steven Spielbergs
JAWS – DER WEISSE HAI an, da nun am Strand eine
Panik ausbricht.
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Jacques Tati
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Trafic (Tati im Stoßverkehr) | F 1971 | R: Jacques
Tati | B: Jacques Tati, Jacques Lagrange, Bert Haanstra | K: Eddy van der Enden, Marcel Weiss | M: Charles Dumont | D: Jacques Tati, Maria Kimberley, Marcel
Fraval, Honoré Bostel, François Maisongrosse | 98 min
| OmU | TRAFIC entstand als Gemeinschaftprojekt von
Tati und dem niederländischen Regisseur und Produzenten Bert Haanstra. Um Tatis notorische Überziehung
von Produktionsbudgets einzudämmen, wurden die
Aufgaben geteilt: Haanstra sollte produzieren und
Regie führen, Tati das Drehbuch schreiben und die
Hauptrolle als Monsieur Hulot spielen. Teile des Films
sollten auf der neueröffneten Autobahn A1 zwischen
Frankreich und Belgien spielen. Doch Haanstra merkte
bald, dass er Tati nicht zügeln konnte und überließ ihm
die Regie. Tatis Satire auf die Autowelt besitzt einige
bemerkenswerte Gags und Beobachtungen, weist aber
wegen des beschränkten Budgets nicht mehr die präzise Struktur der vorherigen Tati-Filme auf.
▶ Freitag, 10. april 2015, 18.30 Uhr
Parade | Schweden 1974 | R+B: Jacques Tati | K: Gunnar Fischer, Jean Badal | M: Charles Dumont | D:
Jacques Tati, Karl Kossmayer, Pierre Bramma, Michèle
Brabo, Pia Colombo | 89 min | OmU | Tati kombinierte
Aufnahmen mit der Zirkusgruppe Veteranerna (Die
Veteranen), die er für ein nie vollendetes Projekt einer
Satire über das Fernsehen hergestellt hatte, mit einer
auf Video gefilmten Zirkusschau, die er im Oktober
1973 in Stockholm arrangierte, und Nummern von Zirkuskünstlern, die er in einem Pariser Studio drehte. Im
fertigen Film, der von Video auf 35mm-Film transferiert
wurde, spielt Tati den Conférencier einer Zirkusschau,
in der das Publikum miteinbezogen wird und auch Tati
einige seiner berühmten Pantomimen darbietet. Im
Publikum konzentriert sich die Kamera auf zwei Kinder,
die am Ende hinter die Kulissen der Zirkusarena führen.
▶ Samstag, 11. april 2015, 18.30 Uhr
On demande une brute (Grobian gesucht) | F 1934 |
R: Charles Barrois | B: Jacques Tati, Alfred Sauvy | M:
Marcel Landowski | D: Jacques Tati, Rhum, Hélène
Pépée, Raymond Turgy, Jean Clairval | 25 min | OmU –
Gai dimanche (Fröhlicher Sonntag) | F 1935 | R:
Jacques Berr | B: Jacques Tati, Rhum | K: Jean Paulis |
M: Michel Levine | D: Jacques Tati, Rhum | 22 min |
OmU – Soigne ton gauche (Achte auf deine Linke) |
F 1936 | R: René Clément | B: Jacques Tati, JeanMarie Huard | M: Jean yatove | D: Jacques Tati, Max
Martel, Louis Robur, Jean Aurel, Champel van der Haegen | 13 min | OmU – L’école des facteurs (Die
Schule der Briefträger) | F 1946 | R+B: Jacques Tati
| K: Louis Félix | M: Jean yatove | D: Jacques Tati, Paul
Demange | 16 min | OmU – Frühe Kurzfilme, in denen
sich der Stil von Jacques Tati herauskristallisiert und in
seinem ersten Meisterwerk L’ÉCOLE DES FACTEURS
zu Tage tritt: Die Geschichte des Dorfbriefträgers, der
mit seinem Fahrrad die amerikanischen Kollegen imitiert.
▶ Freitag, 17. april 2015, 21.00 Uhr
L’illusionniste (Der Illusionist) | F 2010 | R+B+M:
Sylvain Chomet, nach einem Originaldrehbuch von
Jacques Tati (1959) | 80 min | OmU – »In jeder Einstellung atmet dieser Zeichentrickfilm den Geist Tatis.
Nach der legendären Tati-Figur Monsieur Hulot ist
schon der Varietékünstler entworfen, der von neuen
Vergnügungen verdrängt wird, von Paris zunächst nach
England und dann bis in ein Nest in Schottland tingelt,
wo er mit seinen Zauberkünsten eine junge Frau so begeistert, dass sie mit ihm zieht. Aber auch die Liebeserklärung an das Varieté und die Melancholie über das
Verschwinden des Alten entsprechen ganz dem Tonfall
der Filme Tatis. Man spürt, wie viel Herzblut Chomet in
diesen Film gelegt, mit wie viel Liebe er jede Szene entworfen hat. So wird dieser Film, dessen gezeichnete Figuren mehr berühren als vielfach die Protagonisten von
Realfilmen, selbst zur reinsten Zauberkunst.« (Walter
Gasperi)
▶ Samstag, 18. april 2015, 18.30 Uhr ▶▶ Sonntag,
19. april 2015, 21.00 Uhr
Cours du soir (Abendschule) | F 1967 | R: Nicolas
Ribowski | B: Jacques Tati | K: Jean Badal | M: Léo
Petit | D: Jacques Tati, Alain Fayner, Marc Monjou |
29 min | OmU – Anneliese Rothenberger gibt sich
die Ehre | BRD 1975 | R: Ekkehard Böhmer | B: Hans
Hubberten | 18 min (Ausschnitt) – VIP-Schaukel | BRD
1977 | R: Edgar von Heeringen | B: Margret Dünser | K:
Don Jones, Daniel Karpinski | 11 min (Ausschnitt) –
Forza Bastia 1978 ou l’île en fête (Vorwärts Bastia!) | F 2000 | R: Jacques Tati, Sophie Tatischeff |
B: Jacques Tati | K: yves Agostini, Henri Clairon, Alain
Pillet | M: I Muvrini | 28 min | OmU – Tati führt seine
berühmten Pantomimen vor, in einem Kurzfilm, der in
den Sets von PLAy TIME entstanden ist, und in einer
deutschen Fernseh-Show. Margret Dünser führt mit
ihm eines seiner letzten Interviews vor der Kamera.
Tatis Tochter Sophie Tatischeff stellte nach Tatis Tod
den letzten Film fertig: Am Rande eines UEFA-Cup-Fußballspiels beobachtet Tati die Absurditäten des Alltags.
▶ Samstag, 18. april 2015, 21.00 Uhr
Projekt Audiodeskription im Kino
Wie entsteht ein Hörfilm?
Bei Spielfilmen, Serienfolgen und Dokumentationen ist
es für blinde Menschen schwierig, der Handlung zu folgen. Dann sind Bildbeschreibungen notwendig, die in
Worte fassen, was im Bild vor sich geht. Eine Audiodeskription beschreibt in knappen Worten zentrale Elemente der Handlung sowie Gestik, Mimik und Dekors.
Diese Texte werden in den Dialogpausen eingesprochen. Audiodeskription eröffnet blinden und sehbehinderten Menschen einen direkten Zugang zur Bilderwelt
des Films.
In ein bis zwei Durchläufen wird der Film einer ersten
Analyse unterzogen. Dabei werden Fragen geklärt wie:
Welche Figuren, welche Orte müssen detailliert beschrieben werden? Welche besonderen Anforderungen
stellt der konkrete Film an die Audiodeskription: Gibt es
Zeitsprünge, Rückblenden, Traumsequenzen?
Dann wird der Film Szene für Szene bearbeitet. Ständiges Verknappen der beschreibenden Texte gehört zu
den wichtigsten Aufgaben, da die Lücken zwischen
den Dialogen in der Regel nicht viel Platz für Einfügungen lassen und die Atmosphäre des Films erhalten bleiben soll. Die Audiodeskription wird dann im Tonstudio
aufgenommen, mit der Originaltonspur abgemischt
und als optional anwählbare Tonspur in das Menü der
DVD eingebunden bzw. im Fernsehen ausgestrahlt.
Die Bildbeschreibungen werden in Zusammenarbeit
von sehenden, blinden und sehbehinderten Filmbeschreibern verfasst. Auch die Tonregie im Studio liegt
häufig in der Hand blinder / sehbehinderter Mitarbeiter.
Ihnen obliegt die Aufgabe, für eine optimale Verzahnung der zusätzlichen Sprachinformationen mit dem
akustischen Gesamtgeschehen des Films zu sorgen.
audiodeskription
Warum gehen blinde Menschen ins Kino?
Filme ohne Bilder – das ist Alltag für viele Menschen.
Auch blinde Menschen lieben Filme, nutzen Filme,
schauen fern, gehen ins Kino, schätzen den Film auch
als Gemeinschaftserlebnis mit nichtbehinderten Menschen. Das Radio ist für Blinde kein Ersatz für den Film.
Filme sind zentraler Bestandteil unserer Alltagskultur,
Filme sind Gesprächstoff – am Arbeitsplatz, in der Familie. Weiteres Motiv: Wer sein Leben lang Filme gesehen hat, mit dem Fernsehen groß geworden ist, wird
auch dann nicht auf dieses Medium verzichten wollen,
wenn das Sehen nachlässt.
Rund 700 000 Menschen in Deutschland sind blind
oder sehbehindert, sie haben keinen unmittelbaren Zugang zum Film. Audiodeskription heißt die Technik, die
Filme für blinde Menschen barrierefrei zugänglich
macht. Audiodeskription verwandelt einen Film in einen
Hörfilm: Die Szeneninhalte werden beschrieben, also
Handlung, Gestik, Mimik, Dekors, Kostüme – alle für
das Verständnis des Film wichtigen visuellen Aspekte.
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Die Deutsche Hörfilm
1993 wurde beim ZDF der erste Film mit Audiodeskription in Deutschland ausgestrahlt. 1998 nahm die Deutsche Hörfilm gGmbH (DHG) – damals noch firmierend
als »Projekt Hörfilm« – ihre Arbeit auf mit dem Ziel, das
Medium Hörfilm in der deutschen Medienlandschaft zu
verankern und die Voraussetzungen für den Ausbau
eines hochwertigen Angebots zu schaffen. Sie treibt
die Entwicklung der Audiodeskription durch vielfältige
Impulse voran, so etwa durch die ersten Hörfilm-Aufführungen bei der Berlinale, die europaweit ersten Hörfilm-DVDs, die ersten akustischen Menüsteuerungen,
das erste Theaterstück mit Audiodeskription oder die
Vorstellung der Audiodeskription im Rahmen der Internationalen Funkausstellung.
Neuere gesetzliche Rahmenbedingungen haben zu
einer spürbaren Ausweitung des Angebots an Hörfilmen geführt. Seit 2014 vergeben die filmförderungsanstalt und der Deutsche filmförderfonds ihre Produktionsförderung unter der Maßgabe, dass von den geförderten Filmen eine barrierefreie Fassung hergestellt
wird – mit Audiodeskription für blinde und sehbehinderte Mediennutzer, und mit Untertiteln für hörbehinderte Menschen.
Aufführungen im Filmmuseum München
Früher wurde die Audiodeskription im Kino live eingesprochen, der Sprecher saß im Kinosaal oder, wo
vorhanden, in einer Sprecherkabine, und sprach das
audiodeskription
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Manuskript zum laufenden Film ein. Heute ist die
Audiodeskription im Kinosaal digital zugänglich. Sie
wird mit dem DCP (digitale Filmkopie) geliefert und vom
Kinoserver aus auf Funkkopfhörer übertragen. Bei den
Aufführungen im Filmmuseum werden die Tonspur des
Films und die Audiodeskription jedoch gemeinsam
über die Lautsprecher eingespielt, so dass jeder im
Saal den Film als Hörfilm erleben kann. Es ist ein Versuch, der die Möglichkeit bietet, sich mit dem Medium
»Hörfilm« auseinanderzusetzen. Dabei werden Stummund Tonfilme, Dokumentar- und Spielfilme, neue und
alte Produktionen vorgestellt, die alle exklusiv für die
Aufführungen im Filmmuseum München hergestellt
worden sind.
Volker Schlöndorff, der sich anlässlich der Hörfilm-Ausstrahlung von DIE BLECHTROMMEL mit der »Übersetzung« der Bilder seines Films in Sprache beschäftigt
hatte, beschrieb die Rezeption eines Hörfilms folgendermaßen: »Alle Wahrnehmung ist subjektiv. Es ist
eine für den Film manchmal vielleicht entlarvende Angelegenheit, nur gehört zu werden. Letztendlich sagen
wir immer, der Film entsteht nicht auf der Leinwand,
sondern im Kopf des Zuschauers. In dem Sinne ist
auch der Blinde ein Zuschauer. In seinem Kopf entsteht
ein Film, der vielleicht zum Schluss anders ist als der
Film, den der Sehende gesehen hat, der aber auch
seine Kraft hat.«
martina Wiemers
Die Filmreihe ist ein Zusammenarbeit des Filmmuseums München mit der Deutschen Hörfilm gGmbH im Rahmen der Initiative »Projekt Inklusion im Kulturreferat«. Alle Audiodeskriptionen der nachfolgenden Filme wurden von der Deutschen Hörfilm konzipiert und hergestellt.
Zuckerbaby | BRD 1984 | R+B: Percy Adlon | K: Johanna Heer | M: Dreieier | D: Marianne Sägebrecht, Eisi
Gulp, Manuela Denz, Toni Berger, Will Spindler |
86 min | Die Angestellte eines Bestattungsunternehmens verliebt sich in einen U-Bahn-Fahrer und setzt
alles daran, ihn zu erobern. Percy Adlon über den Erfolg seines Films: »Ich glaube, es ist die Menschlichkeit, eine Menschlichkeit, die aber nicht dick aufgetragen daherkommt, sondern in Form einer leichten Erzählung, einer Komödie, wie man sagt, obwohl es ja gar
nicht so viel zu lachen gibt. Und dass sich ein Traum erfüllt, den sicherlich viele Menschen haben, dass sie,
obwohl sie total eingeklemmt in ihrer Bürgerlichkeit, in
ihrer Ehe oder was auch immer sind, die Möglichkeit
haben, sich von alledem mit einem Schlag zu befreien.«
▶ Dienstag, 14. april 2015, 18.30 Uhr | Zu Gast: Martina
Wiemers (Deutsche Hörfilm), Juliana Bauhofer (Projekt
Inklusion im Kulturreferat)
The Battle of the Century (Alles in Schlagsahne) |
USA 1927 | R: Clyde Bruckman | K: George Stevens |
M: Richard Siedhoff | D: Stan Laurel, Oliver Hardy,
Noah young, Sam Lufkin | 16 min | Ollie ist Manager
des Boxers Stan. Am Tag nach einem verlorenen Kampf
lösen die beiden eine monumentale Tortenschlacht
aus. Der nur fragmentarisch erhaltene Klassiker läuft in
einer vom Filmmuseum rekonstruierten Fassung. –
Spuk um Mitternacht | USA 1931 | R: James Parrott |
K: George Stevens | D: Stan Laurel, Oliver Hardy, Otto
Fries, Lucien Prival, Tiny Sandford | 40 min | Der einzige erhaltene frühe Tonfilm, in dem Stan und Ollie selber deutsch sprechen, handelt von einer Erbschaft und
einem Geisterhaus, in dem die beiden übernachten.
▶ Mittwoch, 15. april 2015, 18.30 Uhr
Mein München | Deutschland 2000 | R+B+K: Percy
Adlon | 89 min | Beginnend mit einem Hubschrauberflug über München und unterlegt von Karl Valentins
Sketch »Das Aquarium«, zeigt der heute in Kalifornien
lebende Filmemacher Percy Adlon in seinem »Liebesbrief an meine Heimatstadt« einen ganz persönlichen
Blick auf die Stadt und die Stationen seines Lebens
dort. Dazu dienen zahlreiche Filmausschnitte über
Münchner Künstler, die Adlon in dreißig Jahren seiner
Filmarbeit mit der Kamera besucht und für das Fernsehen porträtiert hat. So entsteht ein höchst unterhaltsames Kaleidoskop Münchner Geschichten, Münchner
Originale und Münchner Lebensart. »Ich komme bis
heute in die Metropole des Föhns so oft ich kann zurück, weil ich es ohne Weißwürscht nicht lange aushalte.« (Percy Adlon)
▶ Dienstag, 21. april 2015, 18.30 Uhr
Vom Reiche der sechs Punkte | Deutschland 1927 |
R: Hugo Rütters | B: Hugo Rütters, Robert Wirtz, Hubert
Horbach | D: Herr Metzler, Lotte Kleinschmidt, Robert
Wirtz, Hubert Horbach, Josef Petri | 95 min | Ein beeindruckender und berührender Stummfilm, der abseits der großen Filmzentren Berlin und München entstand: Die Geschichte eines Ingenieurs, der sein
Augenlicht verliert und sich mit seinem Schicksal als
Blinder abfinden muss, führt in eindrucksvollen dokumentarischen Bildern das Leben und die Arbeit in den
Blindenanstalten in Köln, Düren und Neuwied vor. Geschickt werden Spielszenen, dokumentarische Aufnahmen und Lehrfilminhalte miteinander verbunden. Der
vom Filmmuseum München restaurierte erste Stummfilm mit Audiodeskription wurde 2008 mit dem Deutschen Hörfilmpreis ausgezeichnet.
▶ Mittwoch, 22. april 2015, 18.30 Uhr
Vielfalt erforschen – Beton | Barock
Kann denn Barock Sünde sein? Wann hat man begonnen, ihn zusammenzubringen mit Überschwang und
Exzess, mit Kitsch und Schwulst? Seit wann steht er
quer zu Vorstellungen vom Einfachen, Harmonischen,
Klassischen, in der Ästhetik, in der Architektur? Das
Programm der 15. Architekturfilmtage versucht einen
neuen Blick, auf den Barock und andere diskreditierte
Genres. Ein kleines Plädoyer fürs Irrationale, Irreale,
Irresponsible. Gegen die Dominanz der Ausgewogenheit, der Harmonie. Für den Barock. Den Brutalismus.
Den Beton.
Play Time Baroque
La Sapienza ist das Motto, und Eugène Green der Patron dieses Unternehmens. LA SAPIENZA heißt sein
neuester Film, inspiriert von Francesco Borrominis Kirche Sant’Ivo alla Sapienza in Rom. Sapienza, das ist
Wissen und Weisheit, aber auch Souveränität und Präsenz. Wie sie sich im Bauen präsentiert und wie das
Gebaute sie erleben lässt. Ein »Reflex des ewigen
Lichts« heißt es von ihr im Vorspruch des Films, und in
einem Zitat von Rabelais: »Wissen ohne Bewusstheit ist
nichts als eine Ruine der Seele.«
Green ist in Amerika geboren, seine Filme dreht er in
Europa. Sie sind einfach gebaut, wirken streng, symmetrisch, statisch, die Menschen stehen sich gegenüber, frontal aufgenommen, sie sprechen langsam und
ruhig, manchmal direkt mit Blick in die Kamera, und es
ist faszinierend, ihnen beim Sprechen zuzuschauen.
Man spürt, wie das, was sie sagen, sie beschäftigt,
eine innere Unsicherheit, eine tiefe Emotion.
LA SAPIENZA ist ein metaphysisches Road Movie, es
geht hier um die Umwege auf dem Pfad zur Erkenntnis.
Ein berühmter, viel geehrter Architekt nimmt eine Auszeit, die Schönheit ist ihm suspekt geworden, er orientiert sich nun nach dem Funktionalen. Um über sein
Metier wieder Klarheit zu finden, folgt er den Spuren
und den Bauten des großen Borromini. Borromini, heißt
es, das ist der mystische Barock, eine persönliche Erfahrung, der Gegenspieler ist sein Kollege Gian Lorenzo
Bernini, das ist der rationale Barock, einer, der die Hierarchien und Regeln respektiert.
Pirouetten im Himmel
Voltaire ist der Erzfeind für Eugène Green. Der hat den
Franzosen den Klassizismus eingebleut, die Kultur der
absoluten Rationalität. Das Rationale hat er mit dem
Französischen gleichgesetzt, kategorisch, alles andere
ist Barock und höchst suspekt. Die Sünde gegen die
Vernunft. Greens Architekt startet seine Bildungsfahrt
im Tessin, in Bissone, dem Geburtsort von Borromini.
Er nimmt einen jungen Mann mit, der Architektur studieren will und eine Art Lehrer für ihn wird. Der strenge
Stil des Films und die Verspieltheit des Barock bringen
am Ende eine neue Natürlichkeit hervor.
Metaphysik, die Mystik der Architektur. Noch ein Lehrmeister, möglicherweise, was die verstörenden Erfah-
architekturfilmtage
la Sapienza
15. Architekturfilmtage
35
architekturfilmtage
rungen mit dem Barock angeht, ist Lauritz de Thurah,
ein mad architect in Dänemark. Borrominis Sant’Ivo
alla Sapienza hat ihn inspiriert, eine spiralförmige Kirche in Christianshavn zu bauen. Wie ein Korkenzieher
bohrt sich der blaue Turm in den Himmel, wie eine Himmelstreppe. Weil aber die Spirale die falsche, Gott nicht
gefällige Richtung nimmt, hat der Baumeister, so geht
eine hübsche Legende, sich von seinem Turm in den
Tod gestürzt.
Bei Green gehen die Schwenks die Fassaden hinauf
übergangslos weiter in den blauen Himmel, sie lösen
jubilierend die Formen auf in der Bewegung. Das Kino
ist barock seinem Wesen nach, immer bereit zur
Euphorie und zur Anarchie. In der Architektur des
Barock finden sich die Windungen, die Walter Benjamin in dessen Theater vermisst. Aus dem berühmtem
Trauerspielbuch: »Und vollends fehlt der Zug zum Kleinen, zum Geheimen. So üppig wie vergeblich trachtet
man durch Rätselhaftes und Verstecktes es abzulösen.
Lust weiß im wahren Kunstwerk sich flüchtig zu machen, im Augenblick zu leben, hinzuschwinden, neuzuwerden. Das barocke Kunstwerk will nichts als dauern
und klammert sich mit allen Organen ans Ewige.«
36
office baRoque
Tod dem Parkhaus
Mehr als zum Barock scheint das zum Brutalismus zu
passen, zur Mythologie – und Ideologie – des Bauens
mit Beton. Den Perspektivwechsel, zu dem der Barock
in seinen kühnen Varianten animiert, Bauten Fischer
von Erlachs etwa (»eklatant elektrisierend« nennt sie
Wolfgang Welsch, »etlichen Bauten der Postmoderne
verwandt«), das Spiel mit Positionen – des Betrachters
zum Kirchenraum, des Menschen zu Gott, des Diesseits zum Jenseits – hat mit erfrischender Brutalität
Gordon Matta-Clark in seinen Aktionen realisiert, in denen er neue Blickschneisen in kompakte Materie fräste.
Architektur in Bewegung gesetzt, die Spannung, in die
das Material gebracht wurde, in eine neue Dynamik
gelöst. Sein Projekt Office Baroque in Antwerpen war
»barock im Sinne eines Borrominischen Gefühls«.
Der schlechte Ruf des Betons kommt von der Roheit,
der Grobheit, von der Funktionalität, die man damit
assoziiert, in der Folge von Le Corbusier, der ihn in Indien erprobte. Beton meint Blockbauten, grobe Klötze,
das Material wirkt für die Ewigkeit, aber es bekommt
schnell eine gewisse Schäbigkeit. Traurig komisch, das
Trauma des Beton: wenn eine Betonschöpfung ihren
Schöpfer nicht überlebt. Dem viel geehrten Owen
Luder ist das passiert mit seinem Trinity Square Parkhaus in Gateshead, das sich nie so entfalten konnte
wie erhofft und schnell Abnutzungsschäden zeigte. Die
Bewohner des Viertels wollten es weg haben. Beim Abriss ist Luder selber dabei. Die Kamera fängt seinen
traurigen Blick ein, aber dann zückt er doch schnell
sein Mobiltelefon und macht eine letzte Aufnahme von
seinem Geschöpf. Es wird auf der Leinwand überleben,
eine Szene des Kultfilms GET CARTER von Mike Hodges spielt hier, in der Michael Caine brutal-elegant,
vom genius loci bewegt, seinen Gegner erledigt.
Das Tower House in Tokyo aus den Sechzigern ist ein
Produkt der radikalen Stadterweiterung. Riesige Diagonalen wurden durchs Stadtgebiet gepflügt, schmale
Parzellen blieben zur Bebauung, manche mit eigentlich
unbrauchbaren dreieckigen Grundflächen. Das Tower
House von Takamitsu Azuma gewinnt aus strikter Funktionalität seine Transzendenz, außen ist es ein abweisender, sich abschließender Klotz, im Innern spiralig
wie die Kirche von Christianshavn. Ein luftiges Gebilde,
das ein eigenes Gefühl von Gemeinschaft vermittelt,
das kommunikativ ist und komplizenhaft.
Ebenfalls von 1966, das Congress Center in Kyoto, von
Sachio Otani. Berühmt bis heute durch die Weltklimakonferenz, die dort 1997 stattfand. Ein Bunker der
neuen Art, gefilmt von Stefanie Gaus und Volker Sattel
in voller Aktion. Konferieren und Kommunizieren, das
Labyrinth des Baus macht das zu einem Kräftespiel von
Anziehung und Autismus. Tati pur.
Das Ewige und das Flüchtige
Für einen besseren Ruf des Betons sorgen in der
Moderne die Kirchen. Sie reflektieren die Povera-Bewegung des Katholizismus, die heute der Papst Franziskus mit Nachhaltigkeit propagiert. Die Kirchen, die Gottfried Böhm in den Fünfzigern baute, Felsen aus Beton
und Glas, sind Orte eines Urerlebnisses, der elementare Gott, mit einer Welt ohne jeden falschen Zierat. Mit
den Böhms ist, auf einzigartige Weise, Bauen zum familiären Unternehmen geworden. Der Film könnte auch
Sainte-bernadette
und Beton‹, das Kühle und das Warme, das spielt auf
zentrale Themen des Films an, um die auch die Existenz von Gottfried Böhm zentriert ist.«
Von Paul Virilio, dem vehementen Vordenker der modernen Gesellschaft, gibt es, gemeinsam mit Claude
Parent, eine Kirche, gebaut 1966, im gleichen Jahr wie
das Tower House, die Sainte-Bernadette in Nevers. Sie
ist von den Bunkern inspiriert, die Virilio lang und liebevoll studierte, von den Luftschutzkellern aus dem Zweiten Weltkrieg. Und von der Grotte der heiligen Bernadette in Lourdes. Die Kirche als Arche, oder vielleicht
gar als ein Walfisch, eine Architektur, die die Menschen schutzbietend verschluckt. Von den Baumeistern
Virilio und Parent in die Zukunft projiziert, die geprägt
ist vom Kalten Krieg, von der Furcht vor dem endgültigen Atomkrieg und den neuen Schutzräumen, die aus
dieser Furcht heraus gebaut werden. Und die obsolet
scheinen heute, in der Zeit, da die Kriege nicht von
außen drohen, sondern im Innern geführt werden, aus
dem Internet heraus. Sébastien Koeppels Kamera porträtiert die Kirche in schwindelerregenden Schwenks
und Fahrten in Aglaia Konrads BLOCKHAUS-Film.
Die Offenheit der Kirche demonstriert, zur gleichen Zeit
wie die Virilios konzipiert, auch die Kirche Zur heiligsten
Dreifaltigkeit. Ihr sieht man an, dass kein Architekt am
Werk war, sondern ein Bildhauer, Fritz Wotruba. Sie
wirkt entschieden in den Raum gestellt, eine Wiesenlandschaft am Rand von Wien. 1964 konzipiert, 1976
fertiggestellt, ein Jahr zuvor, kurz nach Fertigstellung
des Rohbaus, ist Wotruba gestorben. Man plante es in
Bronze zu schaffen, später war Marmor im Gespräch,
preiswerter aus Jugoslawien, ein wenig grauer als der
weiße aus Carrara, dann kam man endlich auf Beton.
Dass kein Schöpfer den Fertigbau kontrolliert, steigert
die Durchsichtigkeit des Baus. »Das Abenteuer, als das
Wotruba das Unternehmen dieser Kirche stets empfunden hatte, betraf indessen viel weniger die äußeren
Umstände des Auftrages, der Platzierung und der Planung als das Baukunstwerk selber. Es entstand tatsächlich nicht auf dem Reißbrett – auf das es gleichwohl später fast wie auf ein Streckbett gespannt werden musste –, sondern als Gipsmodell, nicht höher als
eine Handspanne. Und eigentlich wollte der Bildhauer
vom Architekten nur, dass er das Modell mitsamt allen
Klecksen, Schlieren und Fingerabdrücken einfach zu
einer Kirche vergrößere.« (Manfred Sack)
Beton himmelwärts
»Repulsive Architektur« hat Virilio seine Bauten genannt, sie treten in Kontrast, in Widerstand gegen die
Landschaft, die sie umgibt. Momente der Invasion, die
bei aller Plumpheit und Hässlichkeit oft auch ungemein
lässig wirken können. Man sieht das schon an den erratischen Betonbauten, manche halb fertig nur, in der
italienischen Landschaft, die das Projekt 99 DOM-INO
sammelt und katalogisiert.
Höchstes Bautenglück bereiten MAILLARTS BRÜCKEN,
gefilmt von Heinz Emigholz. Der Künstleringenieur
Robert Maillart baute zwischen 1924 und 1935 ein
Dutzend Brücken in kleinen Tälern der Schweiz. Er revolutionierte mit der Reduktion des Materials auf die
tragenden Teile den Brückenbau und fand zu einer bis
dahin unbekannten Formenwelt. Beton, der in seiner
Materialität Teil der Natur ist, der schwerelos himmelwärts strebt und zu fliegen scheint.
Virilio und Wotruba, Otani und Azuma, die Familie
Böhm … In den schönsten Momenten löst das Bauen
mit Beton ein lockeres Kreisen in Landschaft und Licht
aus, entwickelt ein unerhörtes spielerisches, ein spiritu-
architekturfilmtage
Die böhmS
»Concrete Love« heißen. »Es gibt im Deutschen«, sagt
der Regisseur Maurizius Staerkle-Drux, »keine Entsprechung für das englische Wortspiel. Man weiß nicht
genau, wie sich ›Concrete‹, also Beton, und ›Love‹ aufeinander beziehen. ›Liebe zum Beton‹ oder nur ›Liebe
37
architekturfilmtage
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elles Potential. Und das Kino kann erst recht diese
Architektur zum Tanzen, zum Jubilieren bringen. Für
ein Fest der Weisheit, der Fülle, der Präsenz. Carl
Lamb tat das bereits in seinem RAUM IM KREISENDEN
LICHT von 1936 – der zweite Schlüsselfilm des Programms, neben LA SAPIENZA –, technisch für seine
Zeit hoch ambitioniert und Neuland betretend. Zum ersten Mal zeigt der Film durch Verwendung des Zeitraffers die Wanderung des Sonnenlichts in den Räumen
alter Baukunst. Die Wieskirche der Gebrüder Zimmermann (zwar schon Rokoko, aber das tut der Argumentation und Demonstration keinen Abbruch) wird zum
Ort von abenteuerlichsten Licht-Spielereien. Geheimnis
und Schönheit des Lichts im Raum. Die einfachste und
umfassendste Definition von Architektur.
»Räume sind nur Leere«, heißt es bei Eugène Green.
»Leere, die gefüllt werden muss. Mit Licht. Und mit
Menschen.«
Fritz Göttler / Klaus Volkmer
Ein Programm der Bayerischen Architektenkammer in Zusammenarbeit mit dem Filmmuseum München. Konzeption: Stephanie Hausmann, Klaus Volkmer
99 Dom-Ino | Italien 2014 | R+B: »Space Caviar« (Joseph Grima, Martina Muzi) | K: Andrea Bosio | 130 min
| OmeU | Le Corbusiers Erfindung von 1914, Maison
Dom-Ino, ein System zur industriellen Serienproduktion
von Wohnhäusern basierend auf Stahlbeton-Skeletten,
La Sapienza | Italien 2014 | R+B: Eugène Green | K:
Raphael O’Byrne | M: Claudio Monteverdi | D: Fabrizio
Rongione, Christelle Prot Landmann, Ludovico Succio,
Arianna Nastro | 106 min | OmeU
▶ Freitag, 24. april 2015, 21.00 Uhr | Zu Gast: eugène
Green
Johann Bernhard Fischer von Erlach – Der Baumeister Salzburgs | Österreich 2006 | R+B: Renate
Lachinger | K: Alexander Proschek | 34 min – Office
Baroque | Belgien 1977 | R+B: Eric Convents, Roger
Steylaerts | K: Eric Convents | M: André Stordeur |
40 min | OmeU – My Summer 77 with Gordon MattaClark | Belgien 2013 | R+B+K: Cherica Convents | M:
Nico Staelens | 30 min | engl.OF
▶ Samstag, 25. april 2015, 18.30 Uhr | einführung:
andreas Kreul
Himmelstigen (Stairway to Heaven) | Dänemark
1995 | R+B: Nils Vest | K: Erik Norsker | M: Anders
Koppel | 58 min | OmeU – Balthasar Neumann und
die Würzburger Residenz | BRD 1987 | R+B: Dieter
Wieland | K: Hermann Reichmann | 20 min – Der Barockschmied Oegg | BRD 1982 | R+B: Dieter Wieland
| K: Hermann Reichmann | 14 min – Raum im kreisenden Licht | Deutschland 1936 | R+B: Carl Lamb |
K: H. O. Schulze | M: Karl Höller | 14 min – Building |
Belgien 2003 | R+B: Anouk De Clercq | Animation:
Joris Cool | M: Anton Aeki | 12 min
▶ Samstag, 25. april 2015, 21.00 Uhr | einführung:
andreas Kreul
ist auch 100 Jahre später noch eine Konstruktionsform,
die die Essenz des Modernismus definiert. Auf der Architekturbiennale 2014 in Venedig wurde das Projekt
als Installation von 99 Filmen gezeigt; wir präsentieren
zum ersten Mal die Kino-Version – 45 Häuser-Porträts,
mit Kommentaren der Erbauer und Bewohner.
▶ Donnerstag, 23. april 2015, 19.00 Uhr | Zu Gast:
Joseph Grima, Martina Muzi
Vielfalt erforschen | Deutschland 2009 | R+B+K: Katrin Leuthe & Rainer Knepperges | 2 min – Béton brut
| GB 2014 | R+B+K: Timothy Smith | 5 min – Get
Luder | GB 2010 | R+B: Jonathan Carr | K: Evan Goldman | 9 min | OF – Beton | Österreich 2013 | R+B:
Gustav W. Trampitsch | K: Gerhard Kaiser | 50 min –
Wotruba Wien | Belgien 2009 | R+B: Aglaia Konrad |
K: Vincent Pinckaers | 12 min – Blockhaus | Belgien
2009 | R+B: Aglaia Konrad | K: Sébastien Koeppel |
10 min – Maillarts Brücken | Deutschland 2001 |
R+B+K: Heinz Emigholz | 24 min
▶ Sonntag, 26. april 2015, 18.30 Uhr | einführung:
Two Baroque Churches | USA 1955 | R+B+K: Charles & Ray Eames | 11 min – Wotruba | Österreich
2014 | R+B+K: Thomas Draschan | 6 min – Die
Böhms – Architektur einer Familie | Deutschland
2014 | R+B: Maurizius Staerkle-Drux | K: Raphael Beinder | M: Jonas Bühler | 87 min
Beyond Metabolism | Deutschland 2014 | R+B: Stefanie Gaus & Volker Sattel | K: Volker Sattel | 42 min |
OmU – Tower House | Östereich 2013 | R+B+K: KarlHeinz Klopf | 62 min | OmU
▶ Freitag, 24. april 2015, 18.30 Uhr
▶ Sonntag, 26. april 2015, 21.00 Uhr
Matthieu Wellner
Kriegsende 1945
Die WiDeRSTänDiGen. zeuGen DeR WeiSSen RoSe: Sophie Scholl
Vor 70 Jahren: Kriegsende 1945
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Eine kleine Filmreihe stellt Filme vor, die die deutsche
Vergangenheit aus der Perspektive von Zeitzeugen dokumentieren oder autobiografische Erinnerungen an
den Zweiten Weltkrieg aufarbeiten. Dabei wurden vor
allem auch Filme ausgewählt, die sich mit der Rolle
Münchens beschäftigen und die in der Sammlung des
Filmmuseums archiviert sind.
Am 30. April und am 6. Mai 2015 ist es möglich, nach
Voranmeldung im Filmmuseum Schulvorstellungen zu
arrangieren. Bitte melden Sie sich bei Interesse unter
[email protected].
Deutschland, bleiche Mutter | BRD 1979 | R+B:
Helma Sanders-Brahms | K: Jürgen Jürges | M: Jürgen
Knieper | D: Eva Mattes, Ernst Jacobi, Elisabeth Stepanek, Angelika Thomas, Rainer Friedrichsen | 151 min
(ungekürzte Originalfassung) | Helma Sanders-Brahms
erzählt von einer »verlorenen« Generation Frauen, die
im Krieg jung verheiratet waren und danach mit ihren
kriegstraumatisierten Männern den Wiederaufbau leisten mussten. Und sie erzählt von einer Mutter-KindBeziehung vor dem Hintergrund von Krieg und Zerstörung. »Wenn Helma Sanders von ihren Gefühlen redet,
mag ich nicht immer zuhören, aber wenn sie Emotionen in Bilder übersetzt, dann kann ich noch lange zu-
schauen. Ich sehe Eva Mattes als Lene: den Backfisch
und die Hexe, Kaffeekränzchen-Lene und Landstreicher-Lene, die keusche Braut und die alte Frau mit
dem entstellten Gesicht. In keinem anderen Film hat
diese phantastische Schauspielerin so viel von sich
sehen lassen.« (Hans C. Blumenberg)
▶ Dienstag, 28. april 2015, 19.00 Uhr
Journey To Justice | USA 2006 | R+B+K: Steve
Palackdharry | M: Terry Herald | Mit Howard Triest,
Brent Triest, Margot E. Coville, Ursula Jung | 106 min |
OmU | JOURNEy TO JUSTICE erzählt die bewegende
Geschichte von Howard Triest, der als Jude in München zur Zeit des Nationalsozialismus verfolgt wird
und dem als 16-Jähriger die Flucht nach Amerika gelingt. Als siegreicher US-Soldat kehrt er nach dem
Krieg nach Deutschland zurück. Bei den Nürnberger
Prozessen ist er Dolmetscher der Gerichtspsychiater.
So wird er direkt mit den Tätern konfrontiert, die auch
für den Mord an seinen Eltern in Auschwitz verantwortlich sind. 1947 kauft er sich eine Filmkamera und
dokumentiert die Zerstörung seiner Heimatstadt
München. Als 83-jähriger kehrt er zusammen mit seinem Sohn Brent nach München zurück und sucht die
Orte seiner Vergangenheit auf. Der Film verknüpft die
alten Aufnahmen mit den Erlebnissen in der Gegenwart.
Kriegsende 1945
▶ Mittwoch, 29. april 2015, 18.30 Uhr
40
Die Widerständigen. Zeugen der Weißen Rose |
Deutschland 2008 | R+B: Katrin Seybold | K: Alfred Tichawsky, Gerardo Milsztein, Sorin Dragoi | Mit Traute
Lafrenz-Page, Jürgen Wittenstein, Herta SieblerProbst, Franz J. Müller, Elisabeth Hartnagel, Susanne
Zeller-Hirzel, Lilo Fürst-Ramdohr, Erich Schmorell,
Hans Hirzel | 92 min | »Ein leiser, starker, dem aufmerkenden Zuschauer unvergesslicher Film ist entstanden,
in dem auf jede Rekonstruktion, auf jede nachträgliche
Besichtigung von sogenannten Schauplätzen verzichtet
wurde. Die ohne Fragen ins Bild gesetzten Gesprächsteile der unterschiedlich das damalige Geschehen vergegenwärtigenden Freunde werden nur knapp unterbrochen durch Fotos, die zum großen Teil aus dem
Besitz der Zeitgenossen stammen. Es entsteht nie der
Eindruck eines Interview-Films. Wir erleben mit Lebensgeschichten gefüllte Bekenntnisse, die von keiner historischen Patina in falsche Glanzstücke verwandelt worden sind.« (Klaus Podak)
▶ Dienstag, 5. Mai 2015, 18.30 Uhr
Nein! Zeugen des Widerstandes in München
1933–1945 | D 1998 | R: Katrin Seybold | B: Katrin
Seybold, Anne-Barb Hertkorn | K: Thomas Schwan,
Gerardo Milsztein | M: Hanning Schröder | Mit Louise
Oehl, Engelbert Öggel, Hans Weber, Anni Pröll, Centa
Herker-Beimler, Walter Joelsen, Marie-Luise SchultzeJahn, Gertrud Poetzinger, Imma Mack, Anneliese
Knoop-Graf | 54 min | »Katrin Seybold gelingt es, in dieser sensiblen Dokumentation der leisen Töne Menschen zum Sprechen zu bringen, deren Heldenhaftigkeit in Vergessen geraten ist, die aber als Beispiel für
Zivilcourage gelten sollten. NEIN! ist ein Ausnahmefilm,
der in seiner universellen Relevanz über die Grenzen
Münchens hinausgeht.« (Margret Köhler) – Ludwig
Koch. Der mutige Weg eines politischen Menschen
| D 2000 | R: Katrin Seybold | B: Katrin Seybold, AnneBarb Hertkorn | K: Thomas Schwan, Gerardo Milsztein |
Mit Hans-Jochen Vogel, Margot Linsert, Hans Taschner, Inge Hügenell | 29 min | »Ein eindrucksvolles Porträt!« (Abendzeitung)
▶ Mittwoch, 6. Mai 2015, 18.30 Uhr
Night Will Fall (Hitchcocks Lehrfilm für die Deutschen) | GB 2014 | R: André Singer | B: Lynette Singer
| K: Richard Blanshart | M: Nicholas Singer | 76 min |
OF | Bei der Befreiung der ersten Konzentrationslager
1945 sind Kameramänner der Alliierten angehalten,
die Vorgänge systematisch zu dokumentieren – das Unfassbare festzuhalten. Dabei entstehen bestürzende
Bilder, die alles in den Schatten stellen, was man bisher gesehen hat. Namhafte Filmemacher wie Sidney
Bernstein, Alfred Hitchcock, Billy Wilder und Stewart
McAllister versuchen, die Bilder in einem Film zu verarbeiten. Doch politische Bestrebungen zum Wiederaufbau Deutschlands verhindern die Fertigstellung und die
Veröffentlichung der Aufnahmen. »Ein beeindruckender, bewegender, schmerzlicher und oft erschütternder
Dokumentarfilm, der originales Archivmaterial mit
Statements von Zeitzeugen elegant zusammenfügt.
Manchmal hält man es kaum aus, doch der Film ist
immer fesselnd und kraftvoll.« (Mark Adams)
▶ Dienstag, 19. Mai 2015, 18.30 Uhr
München 1945 | Deutschland 1945 | R+B: Willi Cronauer | K: Bartl Seyr, Kurt Grigoleit | 76 min – Fronleichnam 3. Juni 1945 München | Deutschland 1945
| R+B: Willi Cronauer | K: Bartl Seyr, Kurt Grigoleit |
9 min – Bereits wenige Wochen nach dem Einmarsch
der Amerikaner konnte Willi Cronauer das zerstörte
München filmen. Die ersten Aufnahmen entstanden
während der feierlichen Fronleichnamsprozession mit
Kardinal Michael Faulhaber, die vorbei an Trümmerbergen durch die bereits vom Schutt befreiten Straßen der
Altstadt führte. Die weiteren Aufnahmen dokumentieren das Ausmaß der Kriegsschäden und Zerstörungen,
ausgehend von der Isar durch das Tal zum Marienplatz,
und von hier aus sternförmig durch die Innenstadt und
die Vororte von München. Das mit 35mm-Kameras aufgenommene Material wurde von Willi Cronauer nie zu
einem fertigen Filmen montiert und vertont. Elisabeth
Angermair vom Stadtarchiv München wird die Aufnahmen live kommentieren und die Orte identifizieren.
▶ Mittwoch, 20. Mai 2015, 18.30 Uhr
Fassbinder / Schroeter / Wenders
Fassbinder / Schroeter / Wenders
Fassbinder, auftaucht und in ihnen mächtige Affekte
von Fremdenhass, Wut und Aggression aufrührt.
Milieuenge, Ressentiment, Gefühlskälte, tableauartig
stilisierte Szenen: Fassbinders Handschrift ist in jeder
thematischen und stilistischen Faser zu erkennen. Uraufgeführt im Oktober 1969 bei der Internationalen
Filmwoche Mannheim.
1969, das Jahr des ersten Rampenlichts. Bei diesen
Filmtagen 1969 in Mannheim erhält Werner Schroeter
für seinen ersten Langfilm, EIKA KATAPPA, den Josefvon-Sternberg-Preis. Auch das ein Werk, das die Originalität seines Machers fulminant und souverän zur Geltung bringt. Schroeters Collagen-Stil, seine Theatralik,
das Ineinander von Liebessehnsucht und Todesvision,
der bunte Mix aus Oper und Schlager, Gefühlspathos
und Parodie/Travestie. Unentwegte Anrufung der »Götterbotin« Maria Callas und Konzentration auf den ekstatischen Augenblick mit seinen Lieblingsdarstellerinnen,
Musen und Fetischfiguren Magdalena Montezuma und
Carla Aulaulu.
Wenders veröffentlicht 1969 in der Monatszeitschrift
Filmkritik eine Hymne auf Schroeter. Im Blick auf die
ellenlangen Plansequenzen und die Doppelprojektion
bei Schroeters ARGILA (1969) zieht er Verbindungs-
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KaTzelmacheR
Aufbruch in München
Allem Anfang wohnt ein Zauber inne. Wim Wenders erinnert sich an die erste Begegnung mit Rainer Werner
Fassbinder im Bungalow, einer Schwabinger Kneipe,
Ende der 1960er-Jahre: »Mensch, Rainer … Ich erinnere mich: vor der Jukebox tanzte ein Mädchen, allein.
Minirock, die krausen Haare hochgesteckt. Sie hieß
Hanna. Und der Typ mit dem Bierglas in der Hand, der
da stundenlang rumstand und ihr zuschaute, das warst
Du. Ihr wart eine ganze Clique und machtet irgendwie
Theater. Die andere Clique waren wir, die ›Münchner
Sensibilisten‹, Studenten an der Filmhochschule …
Eines Tages hieß es, der Rainer hätte einen Film gedreht, mit der Hanna. Mit ganz wenig Geld und in ganz
kurzer Zeit. KATZELMACHER. Da haben wir Dich dann
ganz anders angeschaut.«
Hanna ist Hanna Schygulla, die Fassbinders Star werden wird, sein Glamour-Girl. KATZELMACHER (1969)
ist nach LIEBE IST KÄLTER ALS DER TOD (1969) Fassbinders zweiter Spielfilm, basierend auf seinem im Kollektiv des antiteater erarbeiteten Theaterstück. Vier
junge Paare, die in einer Atmosphäre kleinbürgerlicher
Vorstadt-Ödnis und Langeweile einander umkreisen –
bis der griechische Gastarbeiter Jorgos, gespielt von
Fassbinder / Schroeter / Wenders
linien zu Filmen des amerikanischen »Underground«,
aber nur, um den Vorrang von Schroeters »Konzentriertheit« keck und selbstbewusst herauszustellen: »In
Filmen von Warhol haben faszinierende Sachen zwar
lange gedauert, aber sie waren überhaupt nicht konzentriert. Die Filme von Werner Schroeter sind unglaublich konzentriert.«
Seine Art der Konzentriertheit, anfangs geschult an
Popmusik-Popart-Vorbildern, demonstriert Wenders
1969 mit dem 21-minütigen ALABAMA: 2000 LIGHT
yEARS. Ein Mann eingehüllt in einen weiten Mantel,
eine Pistole, die Mini-Andeutung einer Story, lange Einstellungen als Sog und Faszination, Autofahrten vor
allem. »Noch nie hat jemand München und die Straßen
am Rande Münchens so gefilmt, das heißt so gesehen,
erfüllt mit dieser Weite« (Helmut Färber). ALABAMA:
2000 LIGHT yEARS wird zum exemplarischen Film der
»Münchner Sensibilisten«, die als Gegenpol der »Berliner Politfilmer« gesehen werden. In der ersten InnenSzene des Films, bei der die Kamera schwebend ein
Kneipenambiente durchquert, sieht man einen hochgewachsenen, schlaksigen jungen Mann mit Sonnenbrille
an der Jukebox stehen: Werner Schroeter.
1969, das Jahr, in dem drei deutsche Filmemacher
Jahrgang 1945 definitiv erkennbar werden in ihrer Originalität und künstlerischen Eigenart: Rainer Werner
Fassbinder († 1982), Werner Schroeter († 2010), Wim
Wenders. Drei Galionsfiguren des Neuen Deutschen
Films, der in den Jahren zwischen 1966 und Fassbinders Tod 1982 seine staunenswerte, ruhmreiche Aufbruchszeit hat. Diese Jahre zwischen 1966 und 1982
alabama: 2000 liGhT yeaRS
42
bilden auch den zeitlichen Rahmen unserer Hommage
an Fassbinder / Schroeter / Wenders anlässlich ihrer
70. Geburtstage. Thematisch gruppiert soll in der Filmauswahl aus den drei Œuvres etwas vom Geist des Aufbruchs spürbar werden, von den Suchbewegungen im
Umkreis von Pop-Art, Avantgardekino, Underground,
von der Anmaßung und Notwendigkeit, das Filmemachen in der BRD mit der Entschiedenheit des Autorenkinos neu zu erfinden. Welche Sehnsuchtsorte werden
aufgesucht? Wie reflektieren die drei Filmemacher
deutsche Geschichte und gesellschaftliche Befindlichkeiten?
Autorenkino. Das europäische Autorenkino offenbart
sich nach 1945 in drei epochemachenden »Neuen Wellen«, in drei künstlerischen Aufbrüchen, die Reflex gesellschaftlicher Umbrüche sind. Junge Filmemacher
wollen ihrer Generation Sprache und Ausdruck verleihen. Dreifacher Eklat einer Vielfalt von Talenten, die der
Nachkriegszeit den Puls fühlen. Unmittelbar nach 1945
der Italienische Neorealismus, der für einige Jahre den
Ruhm des italienischen Kinos ausmacht: Befreiung der
Bilder von Pathos und Propaganda: Rossellini, Visconti,
Antonioni, Fellini.
Zehn Jahre später bereiten sich in Frankreich junge
Filmkritiker, gruppiert um die Redaktion der cahiers du
cinéma, aufs Filmemachen vor: Godard, Truffaut, Rivette, Rohmer, Chabrol. Der Erfolg von Truffauts LES
400 COUPS in Cannes 1959 wird zum Fanal der Nouvelle Vague.
Wieder zehn Jahre später der Aufbruch des Neuen
Deutschen Films, der sich in seiner cinephilen Geste
nos und die theaterhaften Fernsehspiele nicht wollte.«
Ein prägendes Vorbild bei der Attacke auf das Erzählkino ist der aus dem Umkreis der nouvelle vague stammende Jean-Marie Straub, der damals in München lebt
und arbeitet. In seinem DER BRÄUTIGAM, DIE KOMÖDIANTIN, DER ZUHÄLTER sind Fassbinder und weitere
Darsteller des antiteater-Kollektivs zu sehen. Eine Passage aus der langen Autofahrt des Films baut Fassbinder als Straub-Reminiszenz in LIEBE IST KÄLTER ALS
DER TOD ein.
Deutsche Geschichte. Deutlicher und direkter als
Schroeter und Wenders wendet sich Fassbinder den
Themen der deutschen Geschichte und Befindlichkeit
zu. Von der Xenophobie-Studie in KATZELMACHER bis
zur pessimistischen Sicht auf die Nachkriegsgeschichte in der sogenannten BRD-Trilogie, deren
Auftakt DIE EHE DER MARIA BRAUN (1978) zum großen Erfolg wird.
In Fassbinders Beitrag zu DEUTSCHLAND IM HERBST
(1977) ist aufschlussreich, wie er, aufgewühlt vom Tod
der RAF-Terroristen Meinhof, Baader und Raspe in
Fassbinder / Schroeter / Wenders
das Bild emphatisch gegen die Story verteidigt, denn
die Story verhält sich zum Bild wie ein Vampir, der ihm
das Leben aussaugt.
Alle filmischen Avantgardebewegungen finden ihre zentrale ästhetische Stoßrichtung im Kampf gegen die konventionellen psychologischen oder spektakulär-dramatischen Erzählmuster. Nur so kann das Kino, das sich
von ästhetischen und ideologischen Altlasten befreien
will, neu erfunden werden. Schon im Surrealismus der
1920er-Jahre zeigt sich das, wenn Buñuel nach einer
Traumlogik der Bilderassoziationen sucht.
Wenders wird sich später dem Geschichtenerzählen
annähern. Ein Entwicklungsgang, den auch Schroeter
und Fassbinder auf ihre Weise absolvieren. Aber zuerst
gilt die Kampfansage gegen das Erzählkino. Schroeter:
»Mir war immer klar, dass ich den Schrott des Erzählki-
DeR bombeRpiloT
vielfältig auf die Nouvelle Vague bezieht, auf deren Maxime, dass das Kino der Zukunft so persönlich sein
müsse wie ein Tagebuch oder Bekenntnis. Zuerst treten die etwas älteren Filmemacher auf den Plan: Herzog, Schlöndorff, Kluge, Reitz, dann die jüngeren:
Thome, Lemke, Wenders, Schroeter und Fassbinder,
der mit seiner fiebrig vorangetriebenen Produktivität
rasch auch international zum Aushängeschild des New
German Cinema wird. Antrieb erfährt der Aufbruch von
den gesellschaftlichen Turbulenzen jener Jahre, den
Protesten gegen den Vietnamkrieg, der weltweiten Revolte der Jugend, dem Mai 1968. Hinzu kommt, dass
das Kino in den 1960er Jahren seine Vorrangstellung
verliert. Der Siegeszug des Fernsehens führt in eine
Situation, die das BRD-Kino Ende der 1960er Jahre zur
Dümpelei zwischen Softsex und Klamotte macht.
Dass München zu einem wichtigen Ausgangsort des
Neuen Deutschen Films wird, hat damit zu tun, dass
hier im Juli 1966 die erste Filmhochschule eröffnet
wird, die Hochschule für Fernsehen und Film (HFF). Für
den ersten Studentenjahrgang bewerben sich über
tausend Kandidaten, darunter Wenders und Schroeter.
Beide werden aufgenommen, doch Schroeter bricht
das »pseudotheoretische Filmstudium in München«
rasch ab. Er bewirbt sich dann an der im September
1966 eröffneten Deutschen Film- und Fernsehakademie (DFFB) in Berlin. Dort bewerben sich zugleich auch
Rainer Werner Fassbinder und Rosa von Praunheim,
mit dem Schroeter damals zusammenlebt. »Aber wir
drei wurden abgelehnt«, notiert Schroeter in seiner
Autobiographie, »wenn wir später dort Seminare hielten, war diese Ablehnung immer wieder einen Witz
wert«.
Als Mitbegründer der antiteater-Kommune nimmt Fassbinder den Umweg übers Theater zum Filmemachen.
Wenders zieht das dreijährige Studium an der HFF
durch, aber wichtiger als das offizielle Lehrprogramm
sind ihm die gegenseitige Inspiration unter den Studenten, die Freundschaft mit dem Schriftsteller Peter
Handke, das Flipperspiel im Bungalow. Die Kurzfilme,
die Wenders während der HFF-Zeit dreht, sind keine
Übungsfilme, sondern fertige, souveräne Gestaltungen:
SAME PLAyER SHOOTS AGAIN, SILVER CITy, ALABAMA: 2000 LIGHT yEARS. 3 AMERIKANISCHE LP’S
produziert er zusammen mit Peter Handke für den Hessischen Rundfunk.
Nieder mit dem Erzählkino! Wenders schreibt auch
Filmkritiken und Essays, nicht nur die Eloge auf Schroeter, auch einen Verriss zu KATZELMACHER: »Das
Grauenvolle an diesem Film ist, dass er bis ins kleinste
Detail lustlos ist!« Wenders forciert eine Ästhetik, die
43
Storyboards von hammeTT, wie sie in der aRbeiTSKopie hammeTT verwendet werden
Fassbinder / Schroeter / Wenders
44
Stammheim, die Diskussion darüber mit seiner Mutter zum inquisitorischen Verhör macht. Er will ihr antidemokratische Ressentiments entlocken, die auf eine aus der Nazizeit fortwirkende autoritäre Fügsamkeit schließen lassen. In DIE DRITTE GENERATION
(1979) zeigt Fassbinder Terroristen als bourgeoise Clowns und
Marionetten des Systems, das den Terror als Vorwand benötigt,
um seine Machtmittel der Überwachung und Kontrolle zu modernisieren und aufzurüsten.
Vergleichsweise sanft rechnet Wenders in FALSCHE BEWEGUNG
(1975) und IM LAUF DER ZEIT (1976) mit Vaterfiguren ab.
Schroeters BOMBERPILOT (1970) ist thematisch nicht weit entfernt von DIE EHE DER MARIA BRAUN. Drei Frauen in der Zeit des
Übergangs vom Nationalsozialismus zur Eisenhower-Ära. Schroeter interessiert »die Zerreißprobe zwischen ›Kraft durch Freude‹
und Nachkrieg mit amerikanischem Kultur- und Karriereverständnis«.
Sehnsuchtsorte / Utopien. Schroeters Sehnsuchtsort liegt in Italien. Bis ins Klischeehafte zelebriert er das in seinem bei der Berlinale 1980 prämierten PALERMO ODER WOLFSBURG. Da werden in Palermo fortwährend Gedichte rezitiert und Opernarien gesungen. In Wolfsburg ist alles Grau-in-Grau. Vom jungen Mann,
der nach Wolfsburg kommt, sagt die italienische Gastwirtin: »Er
brachte das Leben meiner Heimat mit sich und ich wollte nicht,
dass er zerstört wird hier, wo es kein Licht gibt, keine Sonne,
keine Lieder, keine Gespräche, wo alles nützlich zu sein hat!«
Schroeter: »Damals glaubte ich an die Utopie, dass Italien wegen
seiner Menschen, seiner Lebensqualität und seinem Sinn für die
Freiheit ein Modell für ganz Europa sein könne. Diese Hoffnung
ist längst verloren.«
Desillusionierung und Ernüchterung gibt es auch für Wenders bei
der Begegnung mit seinem Sehnsuchtsort Amerika. Zuerst die Erfahrung der Heimkunft: »Zum ersten Mal in Amerika kam ich
eines Morgens, in aller Herrgottsfrühe mit einem Autobus vom
Flughafen Kennedy nach Manhattan. Ich war zuhause. Anders
kann ich nicht benennen, was ich empfunden habe an jenem
Tag, an dem ich von früh bis spät durch die Straßen lief.« Dann
die Erfahrungen, die den »amerikanischen Traum« zerplatzen lassen.
Zur Sisyphusarbeit wird 1978 bis 1982 sein HAMMETT-Projekt
in Hollywood unter der Ägide Francis Ford Coppolas. Schon die
Arbeit am Drehbuch ist ein schier endloses Hin-und-Her: »Ich bin
sehr weit gegangen in dem Versuch, den Film, den ich machen
wollte, vorher bereits zu schreiben. Aber dieser Film ist in den
Kopf von Coppola nicht reingegangen. Er war ihm zu sehr Autorenfilm: über einen Autor und von einem Autor. Er wollte mehr
Action drin haben.«
Auch die Dreharbeiten werden immer wieder unterbrochen und
neu angesetzt. Schauspieler werden ausgetauscht, Rollen gestrichen, neue Figuren eingebaut. Von ersten, später verworfenen
Drehfassungen gibt es leider kein Originalmaterial mehr, aber Videoaufzeichnungen vom Schneidetisch. Sie vermitteln, trotz kar-
Die von Stefan Drößler und Rainer Gansera konzipierte Filmreihe findet statt in Zusammenarbeit mit und mit Unterstützung der Münchner Volkshochschule (Klaus Blanc).
Die Anfänge
Fassbinder, Schroeter, Wenders: Die Anfänge | Vortrag von Rainer Gansera mit Filmbeispielen | 30 min –
Das kleine Chaos | BRD 1967 | R+B: Rainer Werner
Fassbinder | K: Michael Fengler | D: Christoph Roser,
Marite Greiselis, Rainer Werner Fassbinder, Greta Rehfeld, Liselotte Eder | 12 min – Alabama: 2000 Light
Years | BRD 1969 | R+B: Wim Wenders | K: Robby
Fassbinder / Schroeter / Wenders
ger Bildqualität, eine Ahnung davon, wie HAMMETT als
ein Wenders-Autorenfilm hätte aussehen können.
Fassbinder kennt keinen bestimmten Sehnsuchtsort. In
frühen Interviews spricht er davon, mit seinen Filmen
»ein Haus bauen« zu wollen. Im Essay zu seiner »Berlin
Alexanderplatz«-Adaption mit dem schönen Titel »Die
Städte des Menschen und seine Seele«, beschreibt er
das »Leben in der Großstadt« als ein »ganz besonderes
Wachsein«. Aber in seinen Filmen ist jede Stadt ein Ort,
an dem es – wie es Franz Biberkopf in BERLIN ALEXANDERPLATZ widerfährt – nicht gelingt, zu lieben, anständig zu sein, ein Zuhause zu finden. Die Utopie,
einen »wahren Liebenden« zu finden, zerschlägt sich in
jeder Stadt, an jedem Ort.
Überraschungen. Das Bild vom dem, was wir »typisch«
für einen Filmemacher nennen, verfertigt sich rasch zu
einem geschlossenen Ganzen. Aber da gibt es Brüche,
Ausnahmen, Überraschungen. Zwei Beispiele. In den
zahlreichen Filmen, die Schroeter 1968 dreht, ist erkennbar, wie er auf seinen theatralischen und ekstatischen Collagen-Stil zusteuert, den er dann in EIKA
KATAPPA groß ausfaltet. Aber er dreht 1968 auch den
Film AGGRESSION, der nicht in den Collagen-Stil passt,
der sich als erstaunlich realistisches, wunderbar hingebungsvoll gezeichnetes Frauenporträt entpuppt.
Wenders gesteht gern, dass er in seinen ersten Filmen
mit den Frauenfiguren Probleme gehabt habe. Zum
Beispiel sei ihm Hanna Schygullas Figur in FALSCHE
BEWEGUNG viel zu blass geraten. Dem soll nicht widersprochen werden, doch es gibt eine verblüffende Ausnahme. In DIE ANGST DES TORMANNS BEIM ELFMETER (1972), der Adaption von Peter Handkes gleichnamigem Roman, gelingt Wenders die Zeichnung der
Frauenfiguren faszinierend facettenreich. Nicht nur das.
Rhythmus der Bilder, Schilderung der Orte und Räume,
Zeichnung der Atmosphären, Diktion der Dialoge – all
das fügt sich zu einem vollkommenen Ganzen. Es
scheint, als hätte Wenders hier seine ideale Balance
von Bildermachen und Geschichtenerzählen gefunden.
Ende einer Epoche. 1982, mit Fassbinders Tod, endet
die Blütezeit des Neuen Deutschen Films. Das Autorenkino wird vom Produzentenkino verdrängt. Passend zur
Kohl-Ära und ihrer radikalen Ökonomisierung aller Bereiche. Das Wort »Autorenfilm«, bis dahin ein Ehrentitel,
wird zum Schimpfwort. Schon seit 1977 agitieren die
Produzenten kampagnenartig gegen die Autoren und
setzen sich mit ihren Bestsellerverfilmungen und
Genre-Wiederbelebungsversuchen durch.
1982 ist Fassbinder mit der Endfertigung von QUERELLE beschäftigt, der Verfilmung des Romans »Querelle de Brest« von Jean Genet. Ein Projekt, das zuerst
Schroeter realisieren sollte. Bei den Filmfestspielen von
Cannes 1982 sehen sich Wenders und Fassbinder zum
letzten Mal. Wenders erstellt dort seinen Film CHAMBRE 666: »Ich hatte eine Reihe von Regisseuren gebeten, in ein Zimmer des Hotels zu kommen, wo wir eine
Kamera und eine Nagra aufgebaut hatten, damit sie
dort, allein mit den Geräten, etwas über die Zukunft
des Kinos sagen sollten«. Antonioni, Spielberg, Herzog
und viele andere machen mit. Auch Fassbinder. Er gibt
ein kurzes Statement ab, bei dem der müde, resignierte Ton des Vortrags der hoffnungsfrohen Botschaft
widerspricht: Die Zukunft gehöre dem individuellen
Kino einzelner Autoren. Dieses Kino sei »heute schon
wichtiger als das Sensationskino«.
Rainer Gansera
45
Müller, Wim Wenders | D: Paul Lys, Peter Kaiser, Werner Schroeter, Christian Thierfelder, Christian Friedel |
21 min – Aggression | BRD 1968 | R+B+K: Werner
Schroeter | D: Heidi Lorenzo, Knut Koch | 22 min –
Hollywoodkino, Gangsterfilme, Schwarzweißaufnahmen, Alltag und Gewalt. Frühwerke dreier unterschiedlicher Filmemacher, die ihren Traum vom Kino in Kurzfilmexprimenten umzusetzen suchen. Fassbinder spielt
in seinem Film selber mit und hantiert mit einem Revolver, Schroeter steht im ersten 35mm-Film von Wenders an der Musicbox und stellt mit AGGRESSION ein
16mm-Remake seiner 8mm-Studie FACES her.
Fassbinder / Schroeter / Wenders
▶ Freitag, 1. Mai 2015, 18.30 Uhr
46
Katzelmacher | BRD 1969 | R+B: Rainer Werner Fassbinder, nach seinem Theaterstück | K: Dietrich Lohmann | M: Peer Raben | D: Rainer Werner Fassbinder,
Hanna Schygulla, Rudolf Waldemar Brem, Lilith Ungerer, Elga Sorbas, Irm Hermann, Harry Baer | 88 min |
»Form und Inhalt sind hier praktisch nicht auseinanderzudividieren. Wie Schlafwandler gehen die Figuren
durch ihre Begegnungen; genau das ist natürlich der
Eindruck, den Fassbinder suggerieren will. Diese Suggestion wirkt im Verein mit Fassbinders statischen Totalen und seinen bewusst unästhetischen Gruppierungen der Figuren einer Identifikation entgegen und
zwingt zugleich den Zuschauer, seine Haltung zu den
Darstellern und ihren Rollen zu überdenken. Die wohlfeile Versuchung, in KATZELMACHER einen Mikrokosmos der kleinbürgerlichen deutschen Gesellschaft zu
sehen, wird so abgelöst von der Erkenntnis, dass die
Lektionen dieses Films universelle Gültigkeit haben.«
(David Wilson)
▶ Freitag, 1. Mai 2015, 21.00 Uhr | einführung: Rainer
Gansera
Der Stadtstreicher | BRD 1966 | R+B: Rainer Werner
Fassbinder | K: Josef Jung | D: Christoph Roser, Susanne Schimkus, Michael Fengler, Thomas Fengler |
10 min – Der Bräutigam, die Komödiantin und der
Zuhälter | BRD 1968 | R: Jean-Marie Straub | B: JeanMarie Straub, Danièle Huillet, nach dem Stück »Krankheit der Jugend« von Ferdinand Bruckner | K: Niklaus
Schilling, Hubertus Hagen | D: James Powell, Lilith Ungerer, Rainer Werner Fassbinder, Peer Raben, Irm Hermann | 20 min – Same Player Shoots Again | BRD
1968 | R+B+K: Wim Wenders | D: Hanns Zischler |
12 min – 3 amerikanische LP’s | BRD 1969 | R+K:
Wim Wenders | B: Peter Handke | 13 min – Himmel
hoch | BRD 1968 | R+B+K: Werner Schroeter | D: Steven Adamczewski, Rita Bauer, Joachim Bauer | 10 min
– Momentaufnahmen aus München Ende der 1960er
Jahre, in denen sich die Vorlieben und Stile von Fassbinder, Wenders und Schroeter ausprägen. Die Filme
von Jean-Marie Straub und Danièle Huillet waren wichtige Bezugspunkte.
▶ Samstag, 2. Mai 2015, 18.30 Uhr | einführung: Rainer
Gansera
Eika Katappa | BRD 1969 | R+B: Werner Schroeter |
K: Werner Schroeter, Robert van Ackeren | D: Gisela
Trowe, Carla Aulaulu, Magdalena Montezuma, Knut
Koch, Rosy-Rosy, René Schönberger | 144 min |
Werner Schroeters erster abendfüllender Film war sein
internationaler künstlerischer Durchbruch: »Eine
Sammlung assoziativer Bilder und Töne aus meiner Lebenswelt, ein freies Kompendium, denn ein dramaturgisches Konzept entstand erst im Schnitt.« (Schroeter).
»144 Minuten lang die Wirklichkeit des Kitsches der
westlichen Kultur. Tosca, Monroe und Golgatha, Siegfried, Callas und Tango sind hier die Einheit, die scheinbar hoch entwickeltes Kulturbewusstsein säuberlich zu
trennen beflissen ist. Mit opulent ausgehaltenen und
wiederholten melodramatischen Bildern wird der Punkt
festgemacht, an dem wir zwischen Kunst und Kitsch
keineswegs unterscheiden, sondern ihre Üppigkeit als
Seelenoper genießen.« (Peter W. Jansen)
▶ Samstag, 2. Mai 2015, 21.00 Uhr | einführung: Rainer
Gansera
Werner Schroeters Anfänge im Underground | Vortrag von Stefan Drößler mit Filmbeispielen | 30 min –
Magdalena | BRD 1968 | R+K: Werner Schroeter | D:
Magdalena Montezuma | 2 min – Home Movie | BRD
1968 | R: Werner Schroeter | D: Werner Schroeter, Daniel Schmid, Elfi Mikesch, Carla Aulaulu | 4 min –
Maria Callas singt 1957 Rezitativ und Arie der
Elvira aus Ernani 1844 von Giuseppe Verdi | BRD
1968 | R+B+K+D: Werner Schroeter | 11 min – Argila
| BRD 1969 | R+B+K: Werner Schroeter | D: Gisela
Trowe, Magdalena Montezuma, Carla Aulaulu, Sigurd
Salto | 33 min – An der Hochschule für Fernsehen und
Film hielt er es nicht lange aus, weil er sofort praktisch
arbeiten wollte: Werner Schroeter drehte 1968 mehr
als ein Dutzend 8mm-Filme, bevor er seine ersten
16mm-Filme in Filmclubs und Undergroundkinos öffentlich zeigte. Sein Werdegang im Kontext des »anderen Kinos« Ende der 1960er Jahre in der BRD.
▶ Sonntag, 3. Mai 2015, 18.30 Uhr
▶ Sonntag, 3. Mai 2015, 21.00 Uhr | einführung: Rainer
Gansera
Deutschland
Die Ehe der Maria Braun | BRD 1978 | R: Rainer Werner Fassbinder | B: Peter Märthesheimer, Pea Fröhlich
| K: Michael Ballhaus | M: Peer Raben | D: Hanna Schygulla, Klaus Löwitsch, Ivan Desny, Gottfried John, Gisela Uhlen, Rainer Werner Fassbinder | 120 min | »Eine
große Chronik der Ära Adenauer. Zum ersten Mal
scheint es dem Regisseur gelungen zu sein, die Erfahrungen aller vorausgegangenen Arbeiten zu vereinen;
das Ergebnis ist reicher an Motiven und Stimmungen
als die meisten anderen Filme Fassbinders, dabei weniger obsessiv und monomanisch inszeniert. DIE EHE
DER MARIA BRAUN ist ebenso populär wie kritisch,
ebenso unterhaltsam wie politisch. Und der Film zeigt,
wie weit Fassbinder als Chronist von Gefühlen ins In-
nere Deutschland vorzudringen vermag. Fassbinders
Geschichtsschreibung verläuft kontrapunktisch zu den
offiziellen Annalen der Bundesrepublik.« (Hans Günther
Pflaum)
▶ Freitag, 22. Mai 2015, 18.30 Uhr | einführung: Rainer
Gansera
Polizeifilm | BRD 1969 | R+K: Wim Wenders | B: Albert Gröschel, Wim Wenders | D: Jimmy Vogler, Kasimir Esser, Peter Frötschl | 11 min | Ein ironischer Instruktionsfilm der Polizei für den Umgang mit demonstrierenden Studenten. – Der Bomberpilot | BRD 1970
| R+B+K: Werner Schroeter | D: Carla Aulaulu, Mascha
Rabben, Magdalena Montezuma, Werner Schroeter,
Daniel Schmid | 65 min | »Magdalena stellte eine Kirchenrestauratorin, Reichsvolkshochschullehrerin und
Schlangentänzerin dar, Carla Aulaulu eine Sängerin
und Bäckerin, Mascha Rabben eine Varieté-Tanzerin.
Mascha kränkelt mit einem Nervenzusammenbruch,
Carla erleidet eine Fehlgeburt, Magdalena bringt sich
nach dem Tod des Führers beinahe ums Leben. Die
drei tingeln und machen Karriere bis nach Amerika,
alles ziemlich bizarr. Wir hatten ja kein Geld und nahmen uns frech, was wir brauchten. Wir trieben es mit
den komischen Kontrasten zwischen Bild und Sprache
ziemlich weit.« (Schroeter)
▶ Freitag, 22. Mai 2015, 21.00 Uhr | einführung: Stefan
Drößler
Falsche Bewegung | BRD 1975 | R: Wim Wenders | B:
Peter Handke, frei nach dem Roman »Wilhelm Meisters
Lehrjahre« von Johann Wolfgang Goethe | K: Robby
Müller | M: Jürgen Knieper | D: Rüdiger Vogler, Hanna
Schygulla, Hans Christian Blech, Nastassja Kinski,
Peter Kern, Ivan Desny | 103 min | Handkes Version
von Goethes Geschichte: Wilhelm reist durch Deutschland, um die Welt zu begreifen. Unterwegs begegnet er
verschiedenen Menschen, die ihn zeitweise begleiten.
Fassbinder / Schroeter / Wenders
Die Angst des Tormanns beim Elfmeter | BRD 1972
| R+B: Wim Wenders, nach dem Roman von Peter
Handke | K: Robby Müller | M: Jürgen Knieper | D: Arthur Brauss, Kai Fischer, Erika Pluhar, Libgart Schwarz,
Marie Bardischewski | 101 min | »Am Buch hat mich
eigentlich weniger ›Handke‹ interessiert als die Geschichte und die Art, wie etwas beschrieben wird. Wie
da eins auf das andere folgt, ein Satz auf den anderen.
Diese Genauigkeit ist genau das, was mir Lust gemacht hat, den Film auf eine ähnliche Art zu machen,
nämlich in Bildern, die auf eine ähnliche Art aufeinanderfolgen wie die Sätze von Handke, also Bilder, die
auch stimmen und genauso präzise sein müssen. Deshalb ist der Film auch recht aufwändig, weil nur mit
Aufwand auch so eine Präzision herzustellen ist, nämlich in dem Sinne, dass die Bilder, die wir machen,
auch erinnern können an ganz bestimmte Einstellungen, wie wir sie z.B. aus amerikanischen Filmen gewöhnt sind oder kennen.« (Wenders)
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»Hanna Schygulla kannte ich schon, bevor sie ihren ersten Film machte. Ich besuchte oft die gleiche Kneipe
wie Fassbinder, den Bungalow, wo sie vor der Musikbox tanzte. Dort hat auch er sie kennengelernt. Als wir
FALSCHE BEWEGUNG drehten, hatte sie schon ein Dutzend Filme mit ihm gemacht. Sie war in den Filmen von
Fassbinder sehr lebhaft, in meinem sichtlich weniger,
und ich habe das als eine Art Niederlage meinerseits
erlebt.« (Wenders)
Fassbinder / Schroeter / Wenders
▶ Samstag, 23. Mai 2015, 18.30 Uhr | einführung: Rainer Gansera
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Episode aus Deutschland im Herbst | BRD 1978 |
R+B: Rainer Werner Fassbinder | K: Michael Ballhaus |
D: Rainer Werner Fassbinder, Liselotte Eder, Armin
Meier | 26 min | Ein schonungsloses Selbstporträt angesichts der Ereignisse von Mogadischu, der Ermordung Schleyers und der RAF-Selbstmorde in Stammheim, in das Fassbinder auch seinen Lover und seine
Mutter miteinbezieht. – Die dritte Generation | BRD
1979 | R+B+K: Rainer Werner Fassbinder | M: Peer
Raben | D: Volker Spengler, Bulle Ogier, Hanna Schygulla, Harry Baer, Eddie Constantine, Vitus Zeplichal |
110 min | Eine wilde Farce über den Terrorismus. »Beißend und verlachend, mit Gefühlen und Spannung, Polemik und Karikatur, Brutalität und Dummheit, in einer
Atmosphäre wie im Traum, wie im Märchen. Wie die
Märchen, die man Kindern erzählt, damit sie ihr Leben
als lebendig Begrabene besser ertragen.« (Fassbinder)
▶ Samstag, 23. Mai 2015, 21.00 Uhr | einführung: Rainer Gansera
Im Lauf der Zeit | BRD 1976 | R+B: Wim Wenders | K:
Robby Müller, Martin Schäfer | M: Improved Sound Ltd.
| D: Rüdiger Vogler, Hanns Zischler, Lisa Kreuzer, Marquard Bohm, Rudolf Schündler | 175 min | Zwei Männer fahren in einem LKW entlang der deutsch-deutschen Grenze. Der eine zieht durch die Lande und re-
pariert Kinoprojektoren, der andere hat sich gerade von
seiner Frau getrennt. Es geht um das Problem, miteinander zu kommunizieren, und um die Amerikanisierung
des Lebens. »Bei der Motivsuche zu FALSCHE BEWEGUNG bin ich dauernd auf Motive gestoßen, die ich
gar nicht gebrauchen konnte, weil so ein Ort in der Geschichte nicht vorkam. Ich habe schließlich so viel anderes in Deutschland gefunden, was mir gefallen hat,
dass ich mir gewünscht habe, ich hätte keine feste Geschichte. Da habe ich beschlossen, als nächstes einen
Reisefilm zu machen, in den ich ganz nach Belieben
das reinnehmen kann, was mir unterwegs gefällt.«
(Wenders)
▶ Sonntag, 24. Mai 2015, 19.00 Uhr | einführung: Rai-
ner Gansera
Palermo oder Wolfsburg | BRD 1980 | R: Werner
Schroeter | B: Werner Schroeter, Giuseppe Fava | K:
Thomas Mauch | D: Nicola Zarbo, Calogero Arancio,
Magdalena Montezuma, Brigitte Tilg, Antonio Orlando |
180 min | Die Geschichte eines jungen Sizilianers, der
in Wolfsburg Arbeit sucht, zwei Menschen tötet und
erst vor Gericht durch das Eingeständnis seiner Tat
seine Identität wiederfindet. Erzählt in drei vordergründig disparaten Strängen: Im ersten wird des Protagonisten Heimat und kultureller Hintergrund skizziert, im
zweiten dessen Ankunft und Erfahrungen in der Volkswagen-Stadt Wolfsburg in düsteren, bedrängenden Bildern gezeichnet, der dritte mündet schließlich in eine
furiose Gerichtsszene mit surrealen Anklängen. Es wird
eine bewusst subjektive, emotionale und romantisierende Sicht auf die bundesrepublikanische Aufbauphase gezeigt, in der Leben nur noch verwaltet und
bürokratisiert wird.
▶ Montag, 25. Mai 2015, 19.00 Uhr | einführung: Stefan
Drößler
In die Welt hinaus
Warnung vor einer heiligen Nutte | BRD 1971 | R+B:
Rainer Werner Fassbinder | K: Michael Ballhaus | M:
Peer Raben | D: Lou Castel, Eddie Constantine, Hanna
Schygulla, Rainer Werner Fassbinder, Margarethe von
Trotta, Magdalena Montezuma, Werner Schroeter |
103 min | In einem Hotel am Meer in Spanien wartet
ein Filmteam auf den Beginn der Dreharbeiten. »Ein
paar Mal tanze ich mit Magdalena eng umschlungen
und tröstend. Sie spielte Irm, die abgewiesene Liebhaberin des Regisseurs, die ihm verzweifelte dramatische Szenen macht. Magdalena und ich amüsierten
▶ Freitag, 29. Mai 2015, 18.30 Uhr | einführung: Rainer
Gansera
Querelle – Ein Pakt mit dem Teufel | BRD 1982 | R:
Rainer Werner Fassbinder | B: Rainer Werner Fassbinder, Burkhard Driest, nach dem Roman von Jean Genet
| K: Xaver Schwarzenberger | M: Peer Raben | D: Brad
Davis, Franco Nero, Jeanne Moreau, Laurent Malet,
Hanno Pöschl | 108 min | engl. OF | Werner Schroeter
war noch mit dem Casting und der Suche für Drehorte
für die Verfilmung von Genets »Querelle« beschäftigt,
als die Produzenten ihn durch Rainer Werner Fassbinder ersetzten, dessen Namen die Finanzierung des
Films erleichterte. »Ich kann mir die Welt des Jean
Genet nicht an Originalschauplätzen vorstellen, da jedwede Handlung, die in dieser Welt geschieht, jede
Geste, jeder Blick, immer anderes bedeutet, immer wesentlich mehr und immer Größeres, meist Heiliges. Ich
habe mich daher entschieden, dass der Film in einer
Art surrealistischer Landschaft gedreht wird, die sich
aus spezifischen Teilen und Signalen aller angesprochenen Motive zusammensetzt.« (Fassbinder)
▶ Freitag, 29. Mai 2015, 21.00 Uhr | einführung: Rainer
Gansera
Reverse Angle: NYC March ’82 (Ein Brief aus New
York) | USA 1982 | R+B: Wim Wenders | K: Lisa Rinsler | D: Francis Ford Coppola, Wim Wenders, Louis
Malle, Isabelle Weingarten, Tony Richardson | 17 min |
OF | Ein Tagebuchfilm über die Probleme bei der Herstellung von HAMMETT. – Hammett | USA 1982 | R:
Wim Wenders | B: Ross Thomas, Dennis O' Flaherty,
nach dem Roman von Joe Gores, | K: Philip Lathrop,
Joseph Biroc | M: John Barry | D: Frederic Forrest,
Peter Boyle, Marilu Henner, Roy Kinnear, Elisha Cook
jr., Lydia Lei, Michael Chow | 94 min | OF – Arbeitskopie Hammett | USA 1980 | R: Wim Wenders | B:
Dennis O’Flaherty, nach dem Roman von Joe Gores | K:
Joseph Biroc | M: Ry Cooder | D: Frederic Forrest, Brian
Keith, Marilu Henner, Ronee Blakley, Sylvia Sidney, Roy
Kinnear, Samuel Fuller | 136 min | OF – Die Produktion
von HAMMETT dauerte mehrere Jahre, weil Produzent
Francis Ford Coppola die ursprüngliche Arbeitsfassung
verwarf und der Film fast vollständig ein zweites Mal
abgedreht werden musste. Erhalten hat sich von der ursprünglichen Fassung nur ein vom Schneidetisch abgefilmtes Amateurvideo mit sehr bescheidener Bildqualität, das das Filmmuseum München – so gut es geht –
restauriert hat.
▶ Samstag, 30. Mai 2015, 18.30 Uhr | einführung:
Rainer Gansera, Stefan Drößler
Willow Springs | BRD 1973 | R+B+K: Werner Schroeter | D: Magdalena Montezuma, Christine Kaufmann,
Ila von Hasperg, Michael O’Daniels | 78 min | Es sollte
ein 60-minütiges Filmessay über Marilyn Monroe werden, doch als Schroeter mit dem Geld des ZDF nach
Los Angeles fuhr, entstand ein schräges B picture über
drei männermordende Frauen in der Einöde einer kalifornischen Wüstensiedlung. »Nur fünf oder sechs Tage
drehten wir, ganz schnell in einem durch, das könnte
erklären, warum WILLOW SPRINGS so dicht und knapp
wirkt. Ich mochte eben amerikanische Trivialfilme ohne
tiefere Bedeutung, ohne Psychologie über das hinaus,
was im Bild zu sehen ist.« (Schroeter) »Nicht nur Aldrich und Wilder, nicht nur Schlager-Absurdität und
Opern-Grandezza, auch Kafka, Faulkner und Beckett
spuken durch diesen unheimlichen Film, den man vom
ersten bis zum letzten Bild aufregend ›erleben‹ kann.«
(Eckhart Schmidt)
▶ Sonntag, 31. Mai 2015, 18.30 Uhr | einführung: Rai-
ner Gansera
Weisse Reise | Schweiz 1980 | R+B+K: Werner
Schroeter | D: Jim Auwae, Tilly Soffing, Margareth Clementi, Maria Schneider, Ursula Rodel | 52 min | OmU |
1972 veröffentlichte Werner Schroeter in der Filmkritik
ein Treatment für einen großen Spielfilm über die Liebe
und die Abenteuer zweier Matrosen, der in 35mm an
Originalschauplätzen hergestellt werden sollte. Schließlich drehte er ihn in einer Zürcher Villa vor gemalten
Kulissen. »Es war ein Punk-Film, mit Humor und Narretei gedreht.« (Schroeter) – Chambre 666 | Frankreich
1982 | R+B: Wim Wenders | M: Jürgen Knieper | Mit
Jean-Luc Godard, Paul Morrissey, Mike de Leon,
Monte Hellman, Romain Goupil, Susan Seidelman, Noël
Simsolo, Rainer Werner Fassbinder, Werner Herzog,
Robert Kramer, Anna Carolina, Mahroun Bagdadi, Steven Spielberg, Michelangelo Antonioni, Wim Wenders |
50 min | OmU | Antworten auf die Frage, ob das Kino
eine Sprache ist, die uns verlorengeht.
▶ Sonntag, 31. Mai 2015, 21.00 Uhr | einführung: Rai-
ner Gansera
Fassbinder / Schroeter / Wenders
uns über die Querelen innerhalb der Truppe, Rainer
nahm das nicht übel. Kurz vor Ende der Dreharbeiten
drehte er eine extrem lange Einstellung, in der ich als
Fotograf Deiters eine verworrene Geschichte über
Goofy, Winz-Willi und ein kleines Mädchen improvisieren sollte. Ich erzählte einen verrückten Traum,
mehr weiß ich nicht mehr. Die Szene wurde die Eröffnungssequenz.« (Schroeter)
49
50
DeR KanDiDaT
Franz Josef Strauß
Franz Josef Strauß im Film
Vieles lässt sich nachlesen, in Büchern und Artikeln
über Franz Josef Strauß; mit kritischen und lobenden
Texten könnte man Monate des Lesens verbringen. In
den besten, oft wohl eher zufällig entstandenen Augenblicken der filmischen Dokumente, in den non-verbalen
vor allem, finden sich Informationen, die in keiner Lektüre zu entdecken sind. Zum Beispiel in dem Interview,
das Günter Gaus 1964 in der TV-Reihe ZUR PERSON
mit Strauß geführt hatte; der war zu diesem Zeitpunkt
nicht mehr Verteidigungsminister und noch nicht Finanzminister. Strauß erklärt selbstbewusst, dass sich
die Fantasie der Bürger an eigenwilligen Personen –
natürlich denkt er dabei an sich – eben viel stärker entzünden würde. Während er dies sagt, raucht er eine
dicke Zigarre; vielleicht soll sie an Ludwig Erhard erinnern, vielleicht auch zeigen, dass er ein handfester und
genussfähiger Kerl ist und eben kein blutleerer Asket.
Im Verlauf des Interviews gerät die Pose zum Fiasko.
Immer deutlicher wird, dass er zu hastig raucht, dass
die Zigarre viel zu heiß wird. Das ist keinem Genuss,
sondern einem Image-Zwang geschuldet. Immer häufiger muss der Mann husten, und für die zunehmend
deutlichen Zeichen der Transpiration ist wohl kaum nur
die Temperatur im Studio verantwortlich. Strauss verträgt diese Zigarre einfach nicht! Aufschlussreich: Für
ein zweites, vier Jahre später aufgezeichnetes Gespräch mit Gaus hat Strauß die Konsequenz gezogen;
statt der Zigarre hält er von Anfang bis Ende eine Brille
in der Hand; er setzt sie niemals auf, lässt sie aber
auch nicht los – als bräuchte er etwas, an dem er sich
festhalten kann. Vielleicht soll ihn die Brille auch intellektuell wirken lassen. Gaus fragt ihn, warum er so
viele Probleme mit Intellektuellen habe. Antwort: Er,
Strauß, sei doch selbst ein Intellektueller.
Aus heutiger Sicht widerlegen die Dokumente auch
den Mythos, Strauß sei ein begnadeter Rhetoriker gewesen. Er ist souverän im Ausweichen, auch im Fintieren, doch seine Waffe war nicht das Florett, sondern
der Säbel. Wenngleich er letztlich kein brillanter Redner
war, so gab er redend immerhin Inhalte seines Denkens preis. Mit Blick auf heutige Politiker kann man das
durchaus als Vorzug betrachten. Strauß hat zum Beispiel nicht gezögert, den chilenischen Diktator Pinochet
als »Garant der Freiheit« zu preisen. »Schillernd« mag
einstige Bewunderung wieder zu neuem Leben erwecken. Und den Verdacht, der Ärger von damals sei
produktiver und damit leichter zu ertragen gewesen als
es der Frust über die Politiker von heute je sein kann.
hans Günther pflaum
Filmprogramm zur Ausstellung »Franz Josef Strauß im Bild«,
die vom 24. April bis zum 2. August 2015 im Münchner Stadtmuseum zu sehen ist.
Schnipp-Schnapp Schüsse | DDR 1959 | R+B: Walter Heynowski | 10 min | Agitatorischer Kurzfilm über
die Wiederbewaffnung der BRD. – Zur Person: FranzJosef Strauß | BRD 1964 | R+B: Günter Gaus | 64 min
| Legendäres Fernsehinterview: »Lassen Sie mich meinen Versuch, ein Strauß-Porträt zu zeichnen, mit der
Frage beginnen: Wie erklären Sie sich selbst die Hitzigkeit, die Erregung, die die öffentliche Meinung annimmt, sobald Ihr Name fällt?« (Günter Gaus) – Hier
Strauß | USA 1965 | R+B+K: Don Alan Pennebaker,
Michael Blackwood | 34 min | deutsche OF | Direct-Cinema-Porträt, das ohne Kommentar, Interview oder
direkte Ansprache auskommt. »Meine Ankündigung,
einen Film über Strauß zu machen, provozierte wildes
Gelächter. Es schien eine absurde Idee zu sein. Man
nahm ihn entweder nicht ernst oder hielt ihn für einen
üblen Charakter, eine Person jedenfalls, die man nicht
leiden kann. Das interessiert mich immer.« (Don Alan
Pennebaker)
▶ Dienstag, 5. Mai 2015, 21.00 Uhr
Der Kandidat | BRD 1980 | R+B: Alexander Kluge, Volker Schlöndorff, Stefan Aust, Alexander von Eschwege
| K: Igor Luther, Werner Lüring, Jörg Schmidt-Reitwein,
Bodo Kessler, Thomas Mauch | 129 min | »Als Filmcharakter gefiel uns Franz Josef Strauß gut. Als Bundeskanzler fanden wir ihn unpassend. Es war aber
nicht die politische Überzeugung (die wir auch durch
Ausübung unseres Wahlrechts hätten ausdrücken können), sondern die Chance eines weiteren Kollektivfilms
(also die Vereinigung der Willenskräfte), die zur Herstellung des Films DER KANDIDAT führte.« (Alexander
Kluge) »Wir waren uns von Anfang an einig, dass wir
nicht einen Pro- oder Anti-Strauß-Film drehen wollten.
Sondern wir wollten nachfragen, was ist das für ein
Land, in dem ein Mann wie Strauß, der sich seine
Chancen immer im letzten Moment durch Skandale
verdorben hat, heute im Alter von 65 Jahren behaupten
kann, er sei der geeignete Mann für das wichtigste politische Amt in dieser Republik.« (Volker Schlöndorff)
▶ Dienstag, 19. Mai 2015, 21.00 Uhr
Franz Josef Strauß
man diesen Bayern nennen; entsprechend disparat
sieht dann auch DER KANDIDAT aus: der Film, mit dem
Alexander Kluge, Volker Schlöndorff, Stefan Aust und
Alexander von Eschwege den Weg von FJS zum Kanzlerkandidaten verfolgten. Einmal fährt Strauß zu seinem Rivalen, dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht. Die beiden Politiker treffen sich in
der Staatskanzlei in Hannover. Vor einem Interview sitzen die zwei auf einem Sofa, jeder wusste, die beiden
können sich nicht ausstehen, aber hier lächeln sie sich
an wie ein altes Ehepaar und versuchen, die Stille mit
Smalltalk zu überwinden – sie dürfen sich nicht anschweigen. Sie reden, aber sie haben sich nichts zu
sagen: Die Szene ist peinlich, lächerlich und, insgeheim, irgendwie todtraurig.
Eine merkwürdige latente Unsicherheit ist auch hinter
den Momenten der Selbstironie zu spüren. Strauß
nimmt sich niemals wirklich auf die Schippe; seine Versuche, mit sich ironisch umzugehen, bleiben ein stets
erkennbares Bemühen, das Wohlwollen der anderen
auf sich zu ziehen. Zu Beginn von D. A. Pennebakers
Film HIER STRAUSS (1965) verlässt der Politiker ein
Haus und bedankt sich bei seinem Gastgeber für irgendein »Entgegenkommen« – wer die vielen Affären,
die Strauß keineswegs alle unbeschadet überstanden
hat, noch im Kopf hat, könnte hellhörig werden. Dann
geht Strauß eine Straße entlang, unterwegs erkundigt
er sich leutselig in Richtung Kamera: »Läuft er?« Und er
steigt in ein Auto, die Kamera hat neben ihm Platz genommen. Strauß fragt: »Aber die schlechten Bilder nehmen sie raus?!« Das klingt leutselig, in der vermeintlichen Naivität irgendwie unschuldig. Für DER KANDIDAT sollen sich die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten geweigert haben, auch nur eine Sekunde
Archiv-Material zur Verfügung zu stellen. Angst vor
»schlechten Bildern«? Ein paar Filmminuten, nachdem
Strauß zu dem unsichtbar bleibenden Kameramann ins
Auto gestiegen ist, sehen wir ihn bei der CSU-Landesgruppe in Bonn. Die Herren haben Zoff miteinander.
Alle sitzen, nur Strauß steht. So kann er auf sie herabschauen. Einige davon macht er zur Schnecke. Sein
Machtbewusstsein ist in kaum einem Augenblick dieser Filme zu übersehen. Nur einmal – weiß der Himmel,
warum er sich dabei von Pennebaker hat filmen lassen
– liegt der angebliche Kraftmensch total erschöpft in
einem Sessel, bei sich zu Hause in Rott am Inn; gegenüber der Aktivität seiner Frau, die ihm den Zeitplan der
kommenden Woche aufs Auge zu drücken scheint,
wirkt er völlig hilflos.
Es gibt viele kleine Sequenzen in diesen Filmen, die
den alten Zorn – oder auch, je nach Standpunkt – die
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avi Mograbi
auGuST: a momenT befoRe The eRupTion
DOK.fest: Retrospektive Avi Mograbi
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In the Line of Fire Avi Mograbi ist ein enfant terrible im besten Sinne, ein
Clown, ein Narr, aus dessen Mund permanent die unangenehme Wahrheit sprudelt. Aber Avi Mograbi ist ein
uneitler Dokumentarfilmer und weiß sehr wohl sein Medium ernst zu nehmen und wirkungsvoll zu nutzen.
Als persönliche Statements zur Lage der Nation Israel
setzen Avi Mograbis politische Dokumentarfilme seit
Beginn der 1990er bis heute Maßstäbe. Zentrum seines filmischen Schaffens war und ist der gewaltsame
Konflikt Israel-Palästina, der sich immer neue Darstellungsformen sucht. Politische Intervention und künstlerischer Ausdruck sind in den Filmen des jüdisch-israelischen Regisseurs aufs Engste verbunden. Mal sarkastisch, mal versöhnlich, ist der Humor die bestimmende
Tonlage seiner Filme. Dabei bringt sich Avi Mograbi vor
der Kamera als Filmemacher immer wieder selbst ins
Spiel. Die Suche nach einer angemessenen Form des
Erzählens überwindet filmische Konventionen und
macht den 59-Jährigen zu einem der kontroversesten
und innovativsten Filmemacher seiner Generation.
Die Werkschau des DOK.fest präsentiert Filme, die das
künstlerische Spektrum Mograbis vom semifiktionalen
Experiment bis zur Direct Cinema-Reportage spiegeln:
HOW I LEARNED TO OVERCOME My FEAR AND LOVE
ARIK SHARON (1997), HAPPy BIRTHDAy, MR. MOGRABI (1999), AUGUST: A MOMENT BEFORE THE
ERUPTION (2002), Z32 (2008), ONCE I ENTERED A
GARDEN (2012).
Daniel Sponsel / Anne Thomé
»In Avi Mograbi-Filmen gibt es zwei wiederkehrende
Grundkonstellationen: (1) Der Filmemacher, ein linker
Intellektueller, sitzt in seinem Wohnzimmer, monologisiert, telefoniert, musiziert oder ist einfach nur ratlos.
(2) Der Filmemacher bewegt sich mit seiner Kamera
durch Israel, reagiert auf Situationen, dier er selbst provoziert hat und wird von Staatsbediensteten aufgefordert, das Gerät abzustellen oder sich endlich korrekt
auszuweisen. Mograbis Filme wirken nicht nur auf dieser Ebene inoffiziell, improvisiert, dialogisch und oft
auch: heiter. Sie stellen eigentümliche Mischformen
her, zwischen politischem Kommentar und Kalauer,
Stellungnahme und Abschweifung, journalistischer Recherche und Kunstironie, privatem Sprechen und öffentlicher Intervention, Autobiographie und Fiktion, Wut
und Melancholie.« (Simon Rothöler)
»Wenn ich mir die Filmemacherjacke anziehe, finde ich
es völlig natürlich, das Private mit dem Öffentlichen zu
verbinden, und als ich bei der Entstehung des SharonFilms merkte, dass ich selber darin auftreten musste,
um die Geschichte, die mir nachging, erzählen zu können, habe ich es einfach getan. Als später einige glaubten, meine Ehe sei durch das Drehen des Films in die
Brüche gegangen (denn das schildert der Film), nahm
ich es leicht und machte daraus den Ausgangspunkt zu
einer politischen Auseinandersetzung.« (Avi Mograbi)
▶ Freitag, 8. Mai 2015, bis Sonntag, 17. Mai 2015 |
Zu Gast: avi Mograbi.
Das Kino von Hou Hsiao-hsien
Hou Hsiao-hsien
sowie die Suche nach Heimat und Identität sind universell wie eh und je. Dabei weht durch alle Filme ein nostalgischer Duft, der sich mit persönlichen Regungen
vor dem Hintergrund historischer Prozesse mischt.
Nachdenkliche Augen verharren im Strom der Zeit, aus
flackernden Lichtern entsteht eine poetische Reflektion
und, ohne dass man es merkt, hat sich in die alltäglichen Bewegungen ein bewegendes Drama gemischt.
Sein vielleicht definitives Werk, wenn es um die Verbindung von persönlichen und historischen Prozessen
geht, ist DER MEISTER DES PUPPENSPIELS. Darin lässt
Hou den unglaublichen Li Tien-lu, der immer wieder
durch die Filme strolcht, furzend oder Feuerwerkskörper werfend, seine wahre Lebensgeschichte als Puppenspieler vor verschiedenen politischen Hintergründen erzählen. Li befindet sich immer am Rand der
wechselhaften Geschichte seines Landes und zugleich
mitten drin. Taiwan ist durch die Formosastraße vom
chinesischen Festland getrennt und wurde in seiner Geschichte von fünf unterschiedlichen Regimes regiert.
Die schwierigsten Phasen erlebte das Land während
der japanischen Kolonialherrschaft (1895–1945) und
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hou hsiao-hsien © olivier assayas
Hou Hsiao-hsien (Jahrgang 1947) ist einer der bedeutendsten asiatischen Filmemacher. Als Regisseur,
Schauspieler, Drehbuchautor und Produzent erforscht
er unermüdlich seine eigene Kultur. Wer ihn in HHH –
PORTRAIT DE HOU HSIAO-HSIEN von Olivier Assayas
erlebt, sieht einen in sich ruhenden und doch neugierigen Geist, der in einer Sekunde gelangweilt wirken
kann und in der nächsten mit Inbrunst emotionale
Songs beim Karaoke zum Besten gibt. Die Gefühle brodeln unter der scheinbaren Gleichgültigkeit, und ganz
ähnlich funktioniert auch sein Kino. Umgeben von einer
hochbegabten stock company hat Hou eine völlig individuelle Filmsprache entwickelt. Er ist ein getriebener
Perfektionist, der es immer wieder vermag, auf neue
und doch unverkennbare Art einen epischen und intimen Film zu drehen.
Umso erstaunlicher ist, wie rar die Gelegenheiten sind,
sich seinem verwobenen und zugleich vielschichtigen
Werk zu nähern. Es ist vor allem deshalb erstaunlich,
weil sich die filmische Sprache von Hou bis heute
immer weiter verändert und er am Puls der Zeit arbeitet. Seine Fragen an das Erwachsenwerden, die Liebe
Hou Hsiao-hsien
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unmittelbar danach durch die nationalistische Kuomintang Chinas (1949–1992). Als Hakka-Chinese
weiß Hou viel über das multikulturelle Taiwan samt all
seiner Feindlichkeit und Schönheit aus eigener Erfahrung. In seinen fiktionalen Welten wechseln sich das
Chinesische und das Taiwanesische immer wieder ab.
Dabei scheut er weder vor überraschenden Sentiments
gegenüber Japan, noch vor der Kollision unterschiedlicher Dialekte in seinen Filmen zurück. Hou erzählt
von der Identitätssuche eines hybriden Volkes. Historische Filme wie EINE STADT DER TRAURIGEIT,
GOOD MEN, GOOD WOMEN oder DER MEISTER DES
PUPPENSPIELS zeigen, wie man sich nicht eindeutig
ausdrücken kann im Bezug auf die Geschichte. Der
Regisseur wird gerne als Chronist seines Landes gesehen, aber in seinen Filmen entdeckt man vielmehr
das intime Treiben einer Flucht vor der Geschichte,
eine Rückbesinnung auf das Leben selbst, das so viel
mehr offenbart als eine Chronologie, nämlich die Geschichten am Rand der Geschichte. Häufig treten die
Figuren selbst als Chronisten auf. Sie schreiben Tagebücher oder Briefe und machen Foto- oder Tonaufnahmen.
Begonnen hat für Hou alles mit dem sentimentalen Reigen des Mainstreams in Taiwan. Er studierte Kunst an
der Nationaluniversität Taiwan, laut eigener Aussage,
um Geld zu verdienen und ein einfaches Leben zu
haben. Seine ersten Jobs als Assistent und Drehbuchautor absolvierte er im Rahmen des industriellen Filmemachens. Geprägt wurde er dabei vom wenyi pion,
dem traditionellen chinesischen Melodram. Frühe
Filme wie CHEERFUL WIND zeigen diesen Einfluss deutlich. Es sind gefühlsgeladene Narrative mit bekannten
Popstars in den Hauptrollen, die sich irgendwo zwischen progressiven Ansichten zur Gesellschaft, Lyrik
und Kitsch entfalten. Sentimentale Spuren finden sich
eigentlich in der gesamten Laufbahn von Hou, aber
immer mehr gelang es ihm, seine ganz eigene Wahrnehmung der Welt in seine Bildsprache einzuarbeiten.
Dramatische Ereignisse wie das Sterben oder das Lieben wurden mehr und mehr in den ruhig fließenden
Rhythmus des Lebens eingebettet.
Es gibt einige Gründe für diesen Wandel. Zum einen
lernte er eine Gruppe anderer Filmemacher kennen, darunter Edward yang. Gemeinsam veränderten sie die
nationale (Film-)Kultur. DER SANDWICH-MANN ist ein
typisches Beispiel dieses Neuen Taiwanesischen Kinos.
Hous Episode sticht heraus aus diesem Omnibus-Projekt, das man durchaus als Manifest einer neuen Filmgeneration sehen kann. Wie im italienischen Neorealismus geht es um einen existenziellen Überlebenskampf
im Angesicht prekärer sozialer Umstände. Allerdings
sollte Hou schon bald den Filter der Erinnerung auf
seine Filme legen. Das lag auch daran, dass er die
Drehbuchautorin Chu Tien-wen kennenlernte. Gemeinsam mit ihr begann er eine Serie autobiografischer
Kindheits- und Jugenderzählungen wie GROSSE FERIEN, GESCHICHTEN EINER FERNEN KINDHEIT oder
LIEBE, WIND, STAUB. Erstaunlich dabei ist, zu welch
großartigen Performances Hou seine Laiendarsteller
bringt. Der weitestgehende Verzicht auf geschriebene
Dialoge trägt maßgeblich dazu bei. Ohne Erklärungen
oder Expositionen wird man in eine Welt geworfen, die
aus alltäglichen Fragmenten besteht und nicht zuletzt
deshalb zugleich real und persönlich wirkt. Obwohl die
Filme ein Gefühl von Distanz vermitteln, rühren sie
plötzlich zu Tränen und man sitzt zitternd vor der Natur
einer wahrgewordenen Menschlichkeit. Es sind unvergessliche Bilder von sitzenden Vätern, schuftenden
Müttern, Laternenlichtern oder dem Wind, der die Gräser bewegt.
Bei Hou treffen sich Vergangenheit und Vergänglichkeit
in einer unvermeidbaren Gegenwart. Dabei sprechen
die Filme über die nationale Geschichte aus der Erinnerung einfacher Menschen. Nostalgie und Melancholie
übertragen sich in schmerzender Wahrhaftigkeit auf
den Zuschauer. Hou ist ein Filmemacher, der das ländliche Leben mit seiner pastoralen Schönheit in den
Fokus stellt. Dennoch ist auch die Stadt für ihn von großer Bedeutung. Sei es als Gegensatz zum Land, wie in
DIE FERNEN TAGE MEINER KINDHEIT, oder als urbane
Entfremdung, die er vor allem in seinem hypnotischen
MILLENNIUM MAMBO erforscht.
In Letzterem zeigt sich auch, wie stark sich Hou an die
Vergangenheit klammert. Der Film hatte im Jahr 2001
Premiere und in eben diesem Jahr spielt er auch, aber
die Erzählstimme im Film spricht aus der Zukunft. Es ist
ein Verfremdungseffekt, der nicht bloß einer formalen
Inspiration folgt, sondern mit Hous Sicht auf das Leben
seiner Protagonistin zusammenhängt. Die Filme vermeiden eine simple emotionale Identifikation. Stattdessen verlangen sie die Arbeit des Zuschauers. Dies
hängt auch mit der Tradition des liu bai zusammen,
einer Strömung der chinesischen Kunst: Dinge werden
offen gelassen, um sie der Imagination des Betrachters
zu überlassen. Hou findet ein filmisches Pendant häufig
in seinen Ellipsen. Er interessiert sich für das, was vor
und nach einer dramatischen Handlung passiert. Besonders beeindruckend ist zum Beispiel der Schnitt auf
eine Hügellandschaft mit einem kreisenden schwarzen
Vogel nach einem Mord in EINE STADT DER TRAURIGKEIT. Ein schwebender Augenblick, der das Leben fort-
ners. Was die beiden aber mit Sicherheit eint, ist eine
Vorliebe für wiederkehrende Einstellungen, die den
Orten und Menschen ein Gefühl von Heimat geben und
eine kleine Veränderung im Bild, wie die Abwesenheit
einer Person, zu einem großen, stillen Drama werden
lassen.
Hou ist ein Kinoromantiker, der sich nicht nur zur Vergangenheit Taiwans, sondern auch zu jener des Kinos
hingezogen fühlt. Luchino Visconti und Robert Bresson
werden in seinen Filmen zitiert, und noch auffälliger ist
seine Vorliebe für die phantom rides des frühen Kinos,
also Aufnahmen aus fahrenden Zügen. Diese phantom
rides machen Zeit und Raum spürbar, sie setzen die
Figuren in eine Umwelt, aus der sie nicht entkommen
können. Die Züge verbinden Stadt und Land wie in
LIEBE, WIND, STAUB oder Zeit und Menschen wie in
CAFÉ LUMIÈRE. So fährt auch der Zug von Hou selbst,
der eine ganze Generation asiatischer Filmemacher
(von Jia Zhang-ke bis zu Tsai Ming-liang) beeinflusst
hat und spätestens seit dem Goldenen löwen in Venedig 1989 für EINE STADT DER TRAURIGKEIT einen Stellenwert im internationalen Kino einnimmt wie nur wenige asiatische Filmemacher vor ihm. Hou kann man eigentlich kaum greifen. Man muss ihn fühlen.
patrick holzapfel
Die internationale Retrospektive »Hou Hsiao-hsien: Also Like
Life« wurde organisiert von Richard I. Suchenski (Center for
Moving Image Arts at Bard College) in Zusammenarbeit mit
dem Taipei Cultural Center, dem Taiwan Film Institute und
dem Kulturministerium der Republik China (Taiwan). Eine dazu
erschienene englischsprachige Monografie über Hou Hsiaohsien ist zum Preis von 22 € an der Kinokasse erhältlich.
Hou Hsiao-hsien
fenGGui laiDe Ren (Die feRnen TaGe meineR KinDheiT)
setzt, weil es nach und vor dem Sterben weiterfließt,
und der einem dennoch das Gefühl gibt, dass die Natur
auf uns blickt – und vielleicht auch der Film.
Hou entwickelte eine eindrückliche und hochkomplexe
Film-Ästhetik. Besonders seine Vorliebe für lange, statische Totalen ist bemerkenswert. Sie bieten ihm die
Möglichkeit, sich selbst und die soziale, historische und
geographische Umwelt spürbar zu machen. So besteht
ein Bild bei Hou fast immer aus tausend kleinen Handlungen, die von ausgeklügelten Bewegungs-Choreographien bis zu einem sensiblen Szenenbild voller narrativer Hinweise stecken. Dabei beschränkt er sich zumeist auf die Zärtlichkeit einer diskreten Beobachtung.
Ein gutes Beispiel findet sich in den knisternden Anfangsminuten von THREE TIMES, in denen Hou von
einer Nähe zwischen zwei Menschen erzählt, ohne es
auszusprechen. Seine Bildgestaltung vermag innere
Gefühle wiederzugeben. Vor allem mit den elegischen
Schwenks in DIE BLUMEN VON SHANGHAI wird man so
in eine unbeschreibliche Trance des Bedauerns, des
Liebens und der Sehnsucht geworfen. Die Manipulation
kommt bei Hou mit der Zeit, denn ein einzelner Schnitt
verbindet manchmal eine ganze Dekade, und als Zuschauer wird man darauf nicht immer vorbereitet.
Aufgrund der zum Teil ähnlich anmutenden Einstellungen von Blicken durch Korridore und Türen wird
Hou häufig mit dem Japaner Ozu yasujiro verglichen.
CAFÉ LUMIÈRE entstand als Hommage an den großen
Meister zu dessen hundertstem Geburtstag. Allerdings
gibt es bei Hou deutlich weniger Schnitte als bei Ozu,
und insbesondere in seinem jüngeren Werk entfernte
sich Hou doch deutlich von den Bildikonen des Japa-
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Fenger ti ta cai (Cheerful Wind) | Taiwan 1981 |
R+B: Hou Hsiao-hsien | K: Chen Kun-hou | M: Tso
Hung-yuan | D: Kenny Bee, Feng Fei-fei, Anthony Chan
| 90 min | OmeU – Erzide dawanou (Der SandwichMann) | Taiwan 1983 | R: Hou Hsiao-hsien | B: Wu
Nien-jen | K: Chen Kun-hou | M: Wen Lung-chun | D:
Chen Po-cheng, yang Li-yin | 33 min | OmeU – CHEERFUL WIND ist ein klassisches Melodram über eine Frau
zwischen zwei Männern. Aber nicht nur in den traumartigen Anfangsminuten öffnen sich Pforten zu einer
ganz anderen Wahrnehmung der Welt, die in Hous Episode zum Manifest des Neuen Taiwanesischen Kinos,
ERZIDE DAWANOU, noch viel deutlicher zum Vorschein
tritt. Ein als Clown und menschliche Werbetafel verkleideter Mann kämpft um das Überleben seiner Familie.
Hou Hsiao-hsien
▶ Dienstag, 26. Mai 2015, 18.30 Uhr
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Fenggui laide ren (Die fernen Tage meiner Kindheit) | Taiwan 1983 | R: Hou Hsiao-hsien | B: Chu Tienwen | K: Chen Kun-hou | M: Li Tsung-sheng, J.S. Bach,
Antonio Vivaldi | D: Niu Cheng-tse, Tou Chung-hua, Lin
Hsiu-ling, Chang Shih, yang Li-yin, Hou Hsiao-hsien |
98 min | OmeU | Ah-Ching und seine drei Freunde
leben in einem Fischerdorf im Westen Taiwans zwischen Scooter, Pool und Schlägereien. Das ländliche
Familienleben, die Verpflichtungen, die Monotonie: All
das gibt Hou den Rahmen für eine persönliche Erinnerung. Die Jungs zieht es nach Kaohsiung, in die Stadt.
Sie wagen den Schritt als Trio, denn einer von ihnen
wird zum Militär eingezogen. Abschied, Neuanfang, Begierde und Enttäuschung: Die Jugend wird hier schon
als ein Verlust gezeigt, die Lebensgeschichten als Geschichten des Verlassens und Sterbens.
▶ Mittwoch, 27. Mai 2015, 18.30 Uhr
Dongdong de jiaqi (Große Ferien) | Taiwan 1984 | R:
Hou Hsiao-hsien | B: Hou Hsiao-hsien, Chu Tien-wen |
K: Chen Kun-hou | M: Edward yang, Tu Duu-chih | D:
Wang Chi-kuang, Li Shu-chen, Ku Chun, Mei Fang,
yen Cheng-kuo | 98 min | OmeU | Hou versetzt sich zurück in die Kindheit, in jene Phase, in der alles größer,
unheimlicher, besonderer wirkte, eine Zeit, die oft nur
einen Augenblick dauert und doch für immer bleibt. Er
stellt diese Welt gegen die unverständliche, grausame
Ambivalenz der Erwachsenenwelt. Der Film basiert auf
den Kindheitserinnerungen der Drehbuchautorin Chu
Tien-wen. Wir verbringen zusammen mit Tung-tung
und seiner Schwester einen Sommer bei den Großeltern, der trotz der pastoralen Farbpalette immer von
einer latenten Bedrohung heimgesucht wird.
▶ Dienstag, 2. Juni 2015, 18.30 Uhr
Tongnian wangshi (Geschichten einer fernen Kindheit) | Taiwan 1985 | R: Hou Hsiao-hsien | B: Hou
Hsiao-hsien, Chu Tien-wen | K: Mark Lee | M: Wu Chuchu | D: yu An-shun, Tien Feng, Mei Fang, Tang Juyun, Hsiao Ai | 136 min | OmeU | Hier perfektioniert
Hou seine Inszenierung einer berührenden Distanz.
Wie der englische Titel des Films A TIME TO LIVE AND
A TIME TO DIE verrät, geben sich das Sterben und das
Leben die Hand, in der atemberaubenden, elliptischen
und bedächtig fließenden Schönheit einer Kindheit.
Der Film erzählt vom Aufwachsen in einer Familie im
ländlichen Taiwan von den 1940er bis zu den 1960er
Jahren. In einer poetischen Beiläufigkeit ergeben sich
flüchtige und doch ewige Erinnerungsbilder zwischen
nostalgischem Lächeln und einem tiefen Bedauern
über die Vergänglichkeit des Lebens.
▶ Mittwoch, 3. Juni 2015, 18.30 Uhr
Lianlian fengchen (Liebe, Wind, Staub) | Taiwan
1986 | R: Hou Hsiao-hsien | B: Wu Nien-jen, Chu Tienwen | K: Mark Lee | M: Chen Ming-chang | D: Wang
Ching-wen, Hsin Shu-fen, Li Tien-lu, Chen Shu-fang,
Mei Fang | 110 min | OmeU | Auf engen Gleisen beginnt eine erneute Reise in die Vergangenheit. Zunächst kommt ganz langsam ein Licht aus einem Tunnel auf uns zu. Wie so oft ist es ein Zug, der uns in die
Geschichte führt, eine Passage. Die Überraschungen
des Lebens sind vom Alltag versteckt. Wir sehen sie in
der wunderschönen Unbeweglichkeit der Kamera nicht
kommen, sondern nur passieren, und das trifft uns
umso härter. Episodenhaft erzählt der Film von Wan
und Huen, einem Paar, das in die Stadt zieht und sich
zu verlieren droht. Auch für Hou ist der Film ein Übergang zwischen seinen Geschichten über das Heranwachsen und seinen Historienfilmen.
▶ Freitag, 5. Juni 2015, 18.30 Uhr
The Electric Princess Picture House | Frankreich
2007 | R+B: Hou Hsiao-hsien | K: Mark Lee | 3 min |
OmeU – La Belle Epoque | Taiwan 2011 | R+B: Hou
Hsiao-hsien | K: yao Hung-i | D: Shu Qi, Mei Fang |
5 min | OmeU – HHH – Portrait de Hou Hsiao-hsien
(Porträt Hou Hsiao-hsien) | Frankreich 1997 | R+B:
Olivier Assayas | K: Eric Gautier | Mit Hou Hsiao-hsien,
Chen Kuo-fu, Chu Tien-wen, Kao She, Lin Giang, Wu
Nien-jen | 92 min | OmeU – Olivier Assayas setzte sich
als einer der ersten Filmkritiker mit dem Neuen Taiwanesischen Kino auseinander. In diesem Beitrag für
die Reihe cinéastes de notre temps lernen wir einen
sentimentalen Pragmatiker mit einem ruhigen Schmunzeln kennen und erfahren vom Protagonisten und vom
Niluohe nüer (Tochter des Nils) | Taiwan 1987 | R:
Hou Hsiao-hsien | B: Chu Tien-wen | K: Chen Huai-en |
M: Chen Chih-yuan, Chang Hung-i | D: yang Lin, Jack
Kao, yang Fan, Li Tien-lu, Wu Nien-jen | 92 min |
OmeU | Hous erster Ausflug in die Popkultur ist eine
Erprobung seiner distanzierten und fließenden Zurückhaltung in einer Überlappung von Fantasien und Realitäten. Dabei gehen wieder Freundschaften und Familien gewaltsam zu Grunde, wie weggespült von einem
Leben, das man nicht berühren kann, aber spürt. Eine
urbane Entfremdung legt sich über die stillen Beobachtungen, und ganz nebenbei legt Hou damit den Grundstein für das zukünftige taiwanesische Kino und seine
eigene Entwicklung in der Auseinandersetzung mit
weiblichen Jugendlichen.
▶ Dienstag, 9. Juni 2015, 18.30 Uhr
Beiqing chengshi (Eine Stadt der Traurigkeit) | Taiwan 1989 | R: Hou Hsiao-hsien | B: Wu Nien-jen, Chu
Tien-wen | K: Chen Huai-en | M: Tachikawa Naoki,
Chang Hung-i | D: Li Tien-lu, Chen Sung-yung, Jack
Kao, Tony Leung, Mei Fang | 158 min | OmeU | Der
erste Teil von Hous »historischer Trilogie«. Es geht um
die vier Lin-Brüder und ihre unterschiedlichen Schicksale, die mit dem Ende der japanischen Besatzung Taiwans 1945 einsetzen. Anhand von Individuen porträ-
▶ Mittwoch, 10. Juni 2015, 19.00 Uhr
Ximeng rensheng (Der Meister des Puppenspiels) |
Taiwan 1993 | R: Hou Hsiao-hsien | B: Wu Nien-jen,
Chu Tien-wen | K: Mark Lee | M: Chen Ming-chang,
Chang Hung-ta | D: Li Tien-lu, Lim Giong, Chen Kueichung, Tsuo Chu-wei, Hung Liu | 142 min | OmeU | Der
Film basiert auf der Lebensgeschichte von Li Tien-lu,
einem faszinierenden Marionettenmeister, der immer
wieder als Darsteller in Hous Filmen auftritt. Hier erzählt er die Geschichte seiner Karriere als Puppenspieler in Taiwan von 1910 bis zum Ende der japanischen
Herrschaft 1945. Dabei erscheint sein Leben zwischen
den drei kulturellen Identitäten Taiwans in jener Zeit
verwoben mit den historischen Prozessen des Landes.
Seine persönlichen Erinnerungen werden zur Gegenwart einer Geschichte. Im Handwerk des Puppenspiels
findet Hou auf der Suche nach einer verlorenen Kultur
eine taiwanesische Identität.
Hou Hsiao-hsien
▶ Samstag, 6. Juni 2015, 18.30 Uhr
tiert Hou hier das Chaos eines ganzen Landes unter der
grausamen Kuomintang-Herrschaft. Viel mehr als von
der offensichtlichen Geschichte wird von einem Verlust
der Kommunikation in dieser lange unter den Teppich
gekehrten Phase der nationalen Geschichte erzählt.
Dabei montiert Hou seine präzisen Tableaus mit großer
Sensibilität, die eine unendlich reiche Relation zwischen Film und Geschichte eröffnet.
▶ Samstag, 13. Juni 2015, 18.30 Uhr
Haonan haonu (Good Men, Good Women) | Taiwan
1995 | R: Hou Hsiao-hsien | B: Chu Tien-wen | K: Chen
Huai-en | M: Chen Huai-en, Chiang Hsiao-wen | D:
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ximenG RenShenG (DeR meiSTeR DeS puppenSpielS)
Film selbst, wie wichtig die Selbstreflektion für das Kino
sein kann. Zuvor sind die Episoden zu sehen, die Hou
für die Filme CHACUN SON CINÉMA und 10+10 gedreht hat.
Annie Shizuka Inoh, Lim Giong, Jack Kao, Vicky Wei,
Hsi Hsiang | 108 min | OmeU | In einer virtuosen Verknüpfung von drei verschiedenen Zeitebenen lässt Hou
die Vergangenheit erneut nicht los, weil die Vergangenheit ihn nicht loslässt. In diesem Fall sind es vor allem
die 1950er Jahre und der »Weiße Terror«, ein besonders dunkles Kapitel der nationalen Geschichte. Im
Zentrum stehen zwei Frauen: Chiang, die zusammen
mit ihrem Gatten zum Opfer des Kuomintang-Regimes
wird, und Liang, die in den Proben für einen Film über
das Leben von Chiang steckt und sich mit ihrer eigenen
Vergangenheit auseinandersetzen muss. Das verdrängte Grauen der Gesellschaft findet bei Hou immer
einen Weg zurück in ein persönliches Bewusstsein.
Hou Hsiao-hsien
▶ Sonntag, 14. Juni 2015, 18.30 Uhr
58
Qianxi manbo (Millennium Mambo) | Taiwan 2001 |
R: Hou Hsiao-hsien | B: Chu Tien-wen | K: Mark Lee |
M: Lim Giong, Hanno yoshihiro | D: Shu Qi, Jack Kao,
Tuan Chun-hao, Chen I-hsuan, Takeuchi Jun | 105 min
| OmeU | Hypnotische Schwenks über unscharfe Farben und Konturen einer beengenden Welt der Entfremdung. Wir sind so nah, dass wir nichts mehr sehen können. Ein Voice-Over aus der Zukunft leitet diese Geistergeschichte verdrängter Erinnerungen um die Jahrtausendwende ein. Wir begleiten Hous Muse Shu Qi
zwischen Männern und Partys, unentschlossen durch
das Leben treibend. Elektronische Musik weht durch
die Bilder wie der Wind der Zeit. Der Film gliedert sich
wundervoll ein in Hous beständige Suche nach einem
zeitgenössischen Ausdruck.
▶ Freitag, 19. Juni 2015, 18.30 Uhr
Nanguo zaijian, nanguo (Goodbye South, Goodbye)
| Taiwan 1996 | R: Hou Hsiao-hsien | B: Chu Tien-wen
| K: Mark Lee, Chen Huai-en | M: Lim Giong | D: Jack
Kao, Hsu Kuei-ying, Lim Giong, Annie Shizuka Inoh, Hsi
Hsiang | 112 min | OmeU | Ein spontanes Projekt, fast
völlig improvisiert und aus einer wiedergefunden Lust
an Leichtigkeit entstanden. Es ist der Beginn einer experimentelleren Phase von Hou und Ausdruck seines
beständigen Versuchs, sich neu zu erfinden. Es zieht
ihn wieder zurück in die Gegenwart, in der er sich mit
Möchtegern-Kleinganoven und ihren Bewegungen im
melancholischen Nichts beschäftigt. Dabei wagt er es,
die tote Zeit und die Albernheit der bemühten Coolness
seines Protagonisten Gao mit Sinnlichkeit zu bereichern.
Kohi jiko (Café Lumière) | Japan 2003 | R: Hou Hsiaohsien | B: Chu Tien-wen | K: Mark Lee | M: Jiang Wenye | D: Hitoto yo, Asano Tadanobu, Hagiwara Masato,
yo Kimiko, Kobayashi Nenji | 103 min | OmeU | Zum
100. Geburtstag des großen Ozu yasujiro zollte Hou für
die japanische Filmgesellschaft Shochiku dem Meister
seinen Tribut. Wie Ozu liebt Hou Züge, die er hier als
zwischenkulturelle Verbindungen mit einer ganz eigenen Ästhetik zwischen Erinnerung, Tradition und Gegenwart inszeniert. Die junge Autorin yoko ist in Tokyo
auf der Suche nach der Geschichte des taiwanesischen
Komponisten Jiang Wen-ye. Es gibt direkte und indirekte Ozu-Zitate und vor allem das betörende Geräusch
nie endender Bewegung.
▶ Dienstag, 16. Juni 2015, 18.30 Uhr
Samstag, 20. Juni 2015, 18.30 Uhr
Hai shang hua (Die Blumen von Shanghai) | Taiwan
1998 | R: Hou Hsiao-hsien | B: Chu Tien-wen, nach
dem Roman von Han Bang-qing | K: Mark Lee | M:
Hanno yoshihiro | D: Tony Leung, Hada Michiko, Carina
Lau, Jack Kao, Michelle Reis | 112 min | OmeU | In vier
opiumgeschwängerten »Flower Houses« in Shanghai
Ende des 19. Jahrhunderts erzählt Hou vom Leben und
den Pflichten der Edelprostituierten und deren Kunden.
Eine filmische Öllampen-Dekadenz als Rauschzustand,
ein weiblicher Schrei nach Freiheit und ein orientalischer Sog, der im fantastischen Realismus der verführerischen Bilder auf die Abgründe menschlicher
Zerrissenheit blickt. Dabei verlässt Hou niemals die zerfließenden Räume, sondern schwenkt zwischen den
Gesichtern hin und her, die alles über den begonnenen
Zerfall der Qing-Dynastie erzählen, ohne dass man diesen jemals sehen müsste.
Zuihaode shiguang (Three Times) | Taiwan 2005 | R:
Hou Hsiao-hsien | B: Chu Tien-wen | K: Mark Lee | D:
Shu Qi, Chang Chen, Mei Fang, Liao Shu-chen, Ti Mei
| 136 min | OmeU | Die ersten Minuten brennen sich
uns ein in ihrer Schönheit, wie ein ewiges Bedauern
über die verlorene Liebe einer Jugend. Hou erzählt mit
jeweils denselben Schauspielern drei Liebesgeschichten auf drei Zeitebenen: 1966, 1911 und 2005. Dabei
spielen unterschiedliche Formen von schriftlicher Kommunikation, Bewegung und Transport eine entscheidende Rolle. Es geht um den Verlust der Erinnerung
und das Wiederkehren vergangener Empfindungen.
»Hous Sinn für Film als ein Medium, das die Zeit einfängt, war nie tiefgründiger. Gibt es irgendeinen anderen Filmemacher, der so fließend den Moment ebenso
wie eine ganze Zeitepoche zelebrieren kann, und dies
in derselben Einstellung?« (Jim Hoberman)
▶ Mittwoch, 17. Juni 2015, 18.30 Uhr
▶ Sonntag, 21. Juni 2015, 18.30 Uhr
Underdox Halbzeit: John Smith
Associations | GB 1975 | R: John Smith | 7 min | OF |
Eine linguistische Abhandlung über Assoziationen gibt
Anlass zu einem Bilderrätsel. – Worst Case Scenario |
GB 2003 | R: John Smith | K: Patrick Duval, John Smith
| 8 min | Scheinbar belanglose Straßenszenen entwickeln ein Eigenleben. – Throwing Stones | GB 2004 |
R: John Smith | 11 min | OF | Hotel Diaries #3: Gedanken über den »War on Terror« beim Blick aus einem
Schweizer Hotelzimmer. – Pyramids / Skunk | GB
2007 | R: John Smith | 17 min | OF | Hotel Diaries #5/6:
Auf dem Filmfestival in Rotterdam erhält John Smith
die Anerkennung als »one of the most famous experimental film makers in the world«. – Flag Mountain |
GB 2010 | R: John Smith | 8 min | Der Blick über Nikosia, die geteilte zyprische Hauptstadt, offenbart eine riesige Flagge der türkischen Republik. – White Hole |
Om | GB 1986 | R: John Smith | 4 min | OF | Humorige
Variation über den transzendenten Urklang. – Gargantuan | GB 1992 | R: John Smith | 1 min | OF | »Gargantua« ist der Riese aus dem satirischen Romanzyklus
von François Rabelais. Als solcher erscheint zunächst
ein Lurch, der bei zurückfahrendem Zoom immer kleiner wird. – The Girl Chewing Gum | GB 1976 | R:
John Smith | 12 min | OF | Das Leben auf einer Straßenkreuzung in East London. Unter dem Voice-overKommentar von John Smith verkehrt sich die dokumentierte Realität zur Fiktion. – The Black Tower | GB
1987 | R: John Smith | 24 min | OF | Ein Mann glaubt
sich im Stadtteil East London von einem schwarzen
Turm verfolgt. – Blight | GB 1996 | R: John Smith | M:
Jocelyn Pook | 14 min | OF | Der Abriss eines Straßenzuges in East London für einen Autobahnzubringer und
Kommentare aus den vorangegangenen Protesten. –
unusual Red cardigan | GB 2011 | R: John Smith |
13 min | OF | »John Smith Girl Chewing Gum – Rare
edition«: Die Entdeckung einer so angepriesenen VHSKassette auf eBay löst bei John Smith obsessive Spekulationen über die Identität des Verkäufers aus.
GB 2014 | R: John Smith | 7 min | OF | Erinnerungen an
erste Besuche in Polen und Ostdeutschland sowie an
Maggie Thatcher und Tony Blairs New-Labour-Programm. – Dad’s Stick | GB 2012 | R+B: John Smith |
K: Patrick Duval | 5 min | Drei rätselhafte Gegenstände
des Malers Tony Smith, Vater von John, als Erinnerungs-Palimpsest.
▶ Donnerstag, 11. Juni 2015, 19.00 Uhr | Zu Gast: John
▶ Freitag, 12. Juni 2015, 18.30 Uhr | Zu Gast: John
Smith
Smith
John Smith
Der britische Künstler John Smith (geboren 1952 in
East London), einer der bedeutendsten Vertreter der
zeitgenössischen Filmavantgarde, gilt als exzentrischer
und humorvoller Filmemacher. Seine experimentellen
Filme sind voller Bild- und Sprachwitz, dabei rätselhaft,
scharfsinnig und ironisch verspielt. Der 1976 entstandene Geniestreich THE GIRL CHEWING GUM erlangte
Kultstatus und steht am Anfang eines vielseitigen Filmschaffens, das gleichermaßen im Kontext von Kino und
Museum gezeigt wird. Seine Arbeiten sind oftmals filmische Vexierbilder, in denen sich das Verhältnis von
Filmbild und Regie, Fakt und Fiktion verkehrt. Sein
Werk ist durchzogen von einer persönlichen Handschrift. Als einer der wenigen Experimentalfilmer
mischt sich John Smith auch ein und verleiht seinen
Filmminiaturen eine politische Dimension, wie in seiner
langjährigen Hotelzimmerserie, in der er ausgehend
von persönlichen Erlebnissen das tagespolitische Weltgeschehen kommentiert, mit britischer Zurückhaltung,
schwarzem Humor und einer guten Portion Selbstironie.
Die beiden Programme, die Underdox zu seiner Halbzeit zeigt, wurden von John Smith zusammengestellt
und werden von ihm im Rahmen einer Lecture persönlich präsentiert.
Dunja Bialas
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edmund meisel mit seiner Geräuschmaschine
edmund Meisel
Filmmusik von Edmund Meisel
Zu Lebzeiten reichten die Einschätzungen des Filmkomponisten Edmund Meisel von Genie bis Wahnsinn.
Kaum ein anderer seines Fachs genoss ein derartiges
Spektrum an Einschätzung und Aufmerksamkeit, obwohl die Zahl der Werke, die bis heute die Rezeption
bestimmen, an drei Fingern abzuzählen ist: PANZERKREUZER POTEMKIN, ZEHN TAGE, DIE DIE WELT ERSCHÜTTERTEN und BERLIN. DIE SINFONIE DER GROSSSTADT. Seit den 1970er Jahren gab es zahlreiche Versuche, Meisels Werk wiederzubeleben. Doch jede Aufführung seiner Musik war seither eine Neuinterpretation, eine Umarbeitung und Rekonstruktion auf neue
Filmfassungen. Keine Musik Meisels ist in ihrer
ursprünglichen Instrumentierung vollständig überliefert.
Und nicht zuletzt verhindern rechtliche Zwickmühlen
die Auswertung schlummernder Stimmenmaterialien,
die Besseres ermöglichten. So ist Meisels Werk ein
Torso, und eine heutige Bewertung des Filmmusikers
Meisel kommt einer Spekulation gleich.
Der am 14. August 1894 in Wien geborene Meisel
zieht schon früh mit seiner Familie nach Berlin, wo er
zur Schule geht und an der Musikschule John Petersen
Violine, Klavier und Komposition studiert. Noch vor dem
Krieg wird er Violinist im Blüthner-Orchester und im
Philharmonischen Orchester Berlin, ab 1918 dirigiert er
auch Proben und kleinere Konzerte. Es sind Gelegenheitsarbeiten wie die Leitung von Kur-Kapellen. Trotz
Ambition bleibt Meisel im klassischen Fach ein Name
unter vielen. Nachdem er sich dies um 1924 wohl
selbst eingestanden hat, versucht er sein Glück zunehmend als Gebrauchsmusiker am Theater. Mit dem politischen Theateravantgardisten Erwin Piscator pflegt er
eine enge Freundschaft, die zu einer fruchtbaren Zusammenarbeit führt. In Piscators Inszenierungen hat
die Musik einen hohen Stellenwert, sie soll »selbständig und ganz bewusst die politische Linie fortsetzen:
Musik als dramaturgisches Mittel.« Schon in den ersten
Arbeiten für Piscator, »Revue Roter Rummel« (1924)
und »Trotz alledem« (1925), kann Meisel alle Register
seines Könnens ziehen: »Ein ironisierendes Operettenduett als Alltagsstreit eines kommunistischen Ehepaars
gehörte ebenso zu seinem Repertoire wie ›ein unbeschreibliches Höllenkonzert‹ (Piscator) im Jazz-Rhythmus oder die karikaturistische Zersetzung vaterländi-
edmund Meisel
einer Originalmusik zu versehen. Er soll nicht mit einem
der üblichen Potpourris aus Versatzstücken klassischromantischer Musik illustriert werden. Da sich
Eisenstein Anfang 1926 in Berlin befindet, kommt es
zu einem Treffen, bei dem der Regisseur Meisel spezielle Anweisungen gibt. Neben bekannten Revolutionsliedern fordert er für das Finale des Films »kategorisch
den Verzicht auf die gewohnte Melodik und eine genaue Ausrichtung auf das nackte Klopfen der Kolben,
und mit dieser Forderung zwang ich, genau genommen, auch die Musik, an dieser entscheidenden Stelle
in eine ›neue Qualität‹, in Geräusch überzuspringen.«
Da der Film aber von der Filmprüfstelle immer neuen
Zensurauflagen unterliegt, kann Meisel erst zweieinhalb Wochen vor der Premiere (am 29. April 1926) mit
der Arbeit beginnen. Innerhalb von zwölf Tagen und
Nächten schreibt er fieberhaft die zuweilen filigran am
Bild komponierte Musik für ein knapp 20-köpfiges
Kammerensemble (darunter drei Schlagmusiker).
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beRlin. Die Sinfonie DeR GRoSSTaDT
scher Klänge. Das Anstimmen proletarischer Kampflieder war in diesem Rahmen schon eine Selbstverständlichkeit.« (Werner Sudendorf)
Bis auf zwei titelgebende Chansons zu »Rasputin« und
»Hoppla, wir leben!« (1927) gelten Meisels Theatermusiken als gänzlich verschollen. Im Programmheft zu
»Hoppla, wir leben!« findet sich aber ein Text von ihm,
in dem er programmatisch fordert: »Neuzeitliche Musik
für die Masse! Fort mit der überlebten, bürgerlichen,
spitzfindig konstruierten, nur für das Individuum geschriebenen Musik! Den Massen eine Lautbarmachung
der Geschehnisse der jüngsten Zeit!« Erhalten haben
sich Fotos der Geräuschmaschine, die Meisel in dieser
Zeit baut und in seinen Musiken einsetzt. Mit seinem
Namen ist der Begriff »Geräuschmusik« verbunden.
Unter dieser Bezeichnung nimmt Meisel sogar Schallplatten auf, die als »hochinteressante Neuheit in der
Aufnahmepraxis« angepriesen werden: »Für Kino und
Theater unentbehrlich. Sie ersetzen eine ganze LärmKomparserie.« Sie bieten programmatische Titel wie »Eisenbahnfahrt bis zur Notbremsung«
oder »Straßengeräusche« oder
»Schlachtenlärm«, die offenbar
mit Musikinstrumenten, Meisels Geräuschmaschine und
Schauspielerstimmen im Studio produziert wurden. Während sich diese Schallplatten
erhalten haben, sind Meisels
Arbeiten für den Rundfunk, die
ebenfalls Mitte der 1920er einsetzen, alle verloren.
In Piscator-Inszenierungen werden auch kleine Filmszenen
projiziert, zu denen Meisel seine exakt auskomponierten Musiken dirigiert. Darauf zurückzuführen ist wohl seine Vermittlung an die neu gegründete Filmproduktionsfirma prometheus film-verleih und vertriebs Gmbh durch Maria Andreova, die Ehefrau Maksim
Gorkijs. Es gilt, den sowjetischen Revolutionsfilm PANZERKREUZER POTEMKIN, den
der junge Regisseur Sergej Eisenstein als Auftragsarbeit
zum 20. Jahrestag der Revolution von 1905 gedreht hat, mit
edmund Meisel
62
Die Aufführungen von PANZERKREUZER POTEMKIN
werden in Deutschland zu einem unerwarteten, überwältigenden Erfolg. Die Kritiken überschlagen sich. Außenminister Gustav Stresemann schreibt im Mai 1926:
»Wenn Sie selbst, Herr Ministerpräsident, auf Grund
einer Vorführung des Films sich den Bedenken des
Reichskabinetts nicht angeschlossen haben, so vielleicht aus dem Grunde, weil bei dieser Darstellung der
Film ohne Musik aufgeführt wurde.« Man ist sich einig,
dass erstmals in der Filmgeschichte die Musik in einem
derartigen Maße zur Wirkung eines Filmes beiträgt,
dass man ihn nicht übersehen und sie nicht überhören
kann. Meisel erweitert die Musik sogleich für großes
Orchester. Allein 1926 wird sie in 125 deutschen Städten über 200 Mal aufgeführt, teilweise unter Meisels
Leitung. Selbst bis nach Holland, Norwegen, Argentinien, in die USA und die Schweiz gelangt das Gesamtkunstwerk. Meisel dirigiert in Paris und London.
Im Herbst des Jahres 1926 folgt Meisels zweite Kinomusik, ÜBERFLÜSSIGE MENSCHEN von Alexander
Rasumny, die erste deutsch-russische Koproduktion
der prometheus. Das Orchester im Erstaufführungskino
wird von Willy Schmidt-Gentner dirigiert, der allerdings
große Schwierigkeiten hat, die von Meisel intendierten
Synchronpunkte bei der Aufführung zu treffen. Da dem
Film, einer impressionistischen Verquickung verschiedener Kurzgeschichten von Anton Čechov, kein großer
Erfolg beschieden ist, wird auch Meisels Musik kaum
aufgeführt und ist heute verschollen. Man weiß nur aus
zeitgenössischen Kritiken, dass Meisel melodischer
arbeitete, die Charaktere mit eigenen Motiven ausstattete, auf populäre Volksmusikstücke zurückgriff und
Disharmonien verwandte, um die Klatschsucht der
Dorfbewohner zu untermalen. Die nächste Aufgabe ist
erfolgreicher: Die ufa verpflichtet Meisel für die Musik
zu DER HEILIGE BERG von Arnold Fanck. Dessen
»Natur-Spielfilme«, die dem Publikum unbekannte
Schönheiten durch »fotografisch-beeindruckende, oft
aus waghalsigen Aktionen gewonnen Zeugnissen der
Bergwelt erschlossen« (Lothar Prox), gelten als avantgardistische Experimente, die durch moderne Musik
unterstrichen werden sollen. So schreibt Paul Hindemith schon 1921 für Fancks IM KAMPF MIT DEM
BERGE seine einzige Musik für einen abendfüllenden
Film. Meisel entwickelt aus Leitmotiven für die verschiedenen Protagonisten und Handlungsorte »eine
musikalische Kombinatorik, die sich eng der dramatischen Entwicklung und Stimmungskurve anpasste, sie
emotional verstärkte, psychologisch ausdeutete und
beziehungsreich kommentierte.« (Lothar Prox) Bei der
Premiere wird das Kino-Orchester im Ufa-Palast durch
zahlreiche Percussion-Instrumente ergänzt. Erhalten
hat sich ein Klavierauszug, der in den ersten beiden
Akten auch Hinweise auf die ursprüngliche Instrumentierung enthält.
1927 folgt Meisels bis dahin größtes Projekt: BERLIN.
DIE SINFONIE DER GROSSTADT von Walther Ruttmann.
Meisel trifft auf einen Regisseur, der selber Musiker ist
und alle seine Filme nach musikalischen Prinzipien gestaltet. Meisel wird schon bei der Herstellung des Films
hinzugezogen und verkündet enthusiastisch: »In idealer
Weise gehen hier zum ersten Male von vornherein Film
und Musik Hand in Hand, entsteht ein Werk in gemeinsamer Arbeit von Regisseur und Komponist.« Meisel
fängt mit einem Orchester von mehr als 70 Musikern
den Großstadtlärm ein, erschafft ein wirkungsvolles,
teils atonales Mosaik aus Rhythmus und Klang, welches sich in seiner Kontrapunktik gut und gern zwischen Werken von Webern, Berg und Hindemith einreihen kann. Laut Meisel hat Ruttmann »ganze Bildkomplexe im Interesse des Zusammenklingens mit musikalischen Steigerungen aufgenommen und dem Aufbau
der Musik mehrmals die Reihenfolge von Bildabschnitten untergeordnet.« Der mit vergleichweise geringem
Budget hergestellte Film wird ein Welterfolg und ist
heute noch ein einzigartiges Musterbeispiel für die
es finden sich kaukasisch klingende Volkstänze und
zahllose in Quint-Quart-Parallelen geführte Motive.
Kongenial versteht es die Musik, den pochenden Puls
der Revolution von der ersten bis zur letzten Minute in
treibender Wirkung durchzuhalten.
Im Sommer 1928 realisiert Meisel zusammen mit Ruttmann einen 43-minütigen Demonstrations-Tonfilm für
die Internationale Rundfunktagung in Berlin. Es ist eine
Art »akustische Deutschlandschau«, die Bilder aus
neun deutschen Städten zeigt, sofern sie »akustisch interessant sind«. Auf die in den Annoncen herausgestellte Musik von Meisel gehen die Kritiken nicht ein,
sondern berichten fast ausnahmslos nur von den beeindruckenden »Naturtönen«. Der Film ist leider nicht
erhalten, ebenso wie Meisels zweite Arbeit für den Tonfilm, die in London erstellte englische Tonfassung des
deutschen Stummfilms DER ROTE KREIS (1929), der
auf einem Roman von Edgar Wallace basiert. Eine Werbeanzeige führt Meisel als verantwortlich für »Original
Musical Composition, Synchronization & Sound Effects«
auf und wirbt mit den Worten »Dialogue! Synchronized!
Sound Effects!« Meisel ist für die ganze Tonspur verantwortlich bis auf die Dialogaufnahmen, bei denen
Sinclair Hill Regie führt.
Der Tonfilm zwingt mit seinen ungleich höheren Produktionskosten kleine Produktionsfirmen zum Aufgeben. Die prometheus begeht einen anderen Weg: Sie
versucht, ihren erfolgreichsten Stummfilm, PANZERKREUZER POTEMKIN, als Tonfilm neu herauszubringen.
Für die »Vertonung« werden die Zwischentitel entfernt
edmund Meisel
enge Verzahnung von Bild und Ton im Stummfilm, das
von vielen Musikvideos nachgeahmt wird.
Mit Eisenstein sucht Meisel engen Kontakt, um für dessen mit großem Aufwand gedrehte Auftragsproduktion
zum 10. Jahrestag der Revolution von OKTJABR’ die
Premierenmusik zu schreiben. Als er ihn im November
1927 in Moskau besucht, ist Eisenstein noch mit dem
Schnitt seines Films beschäftigt, der nicht rechtzeitig
zum Jubiläum fertig geworden ist. Meisel sieht eine Arbeitsfassung des Films, nach der er seine Musik vorbereitet. Als er im März 1928 auf ein Telegramm von Eisenstein hin wieder nach Moskau reist, um die Musik
für die Uraufführung von OKTJABR’ einzurichten, muss
er feststellen, dass sich der fertiggestellte Film von der
ersten Fassung stark unterscheidet. Meisel muss seine
Partitur umarbeiten und Abstriche in Bezug auf Orchesterstärke, Probenanzahl und Honorar hinnehmen. Letztendlich erhält er dann trotzdem eine Absage von der
Produktionsfirma Sovkino, weil »Reklame und Proben
zu teuer wären« (Meisel). Die deutsche Fassung wird
von Piel Jutzi überarbeitet und unter dem Titel ZEHN
TAGE, DIE DIE WELT ERSCHÜTTERTEN erst drei Tage
vor der Premiere am 2. April 1928 freigegeben. Meisel
muss seine Partitur in kürzester Zeit der deutschen
Fassung anpassen.
Die Premiere, bei der er das 70-Mann-Orchester des
Tauentzienpalasts selber dirigiert, erregt den Zorn
einiger Kritiker: »Musik von gewisser kühner Modernität hat für ihren Urheber neben anderen Vorteilen den,
dass nur wer die Noten verfolgt, sagen kann, ob richtig
oder falsch gespielt wird. Das kompakte Gedröhn des
fast ständig in solidarischem Tutti arbeitenden Orchesters geht über filmisches Detail meist hinweg. Tausend
Takte, die das Trommelfell erschütterten. Erinnerung
an empfindliches körperliches Missbehagen. Das aber,
hol’s der Teufel, ist weder Zweck der Filmmusik noch
der Musik überhaupt.« (Franz Wallner) Klaus Pringsheim bringt es in seinem polemischen Verriss auf die
Formel »Musik oder Meisel?« Die positiven Bewertungen durch andere, die Meisels effektvolle und intensive
Musik loben, gehen dabei unter. Aus heutiger Sicht ist
Meisels Komposition für ZEHN TAGE, DIE DIE WELT ERSCHÜTTERTEN eine der interessantesten Partituren der
Filmgeschichte überhaupt. Hinter dem überwiegend
marschartigen Charakter verbirgt sich ein filigraner
Aufbau und eine bestechende, teils leitmotivisch aufgebaute Struktur. Ironische Verzerrungen (bei Kerenskij), musikalische Parodien (Operettenanklänge oder
die verballhornte »Marseillaise«) und süßliche Passagen (zu Rodins »Le Printemps«) wechseln sich mit
gröbstem bruitistischem Ein-Ton-Marschgestampfe ab,
63
edmund Meisel
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edmund meisel und die lewis-Ruth-band
und stattdessen die Dialoge und Sprechchöre unter der
Regie von Alois Johannes Lippl von Schauspielern der
Piscator-Bühne zusammen mit der von Meisel live dirigierten Musik im Studio auf Schallplatten aufgenommen. Diese Schallplatten können im Kino synchron
zur Filmprojektion abgespielt werden, allerdings in
Tonfilmgeschwindigkeit. Da diese schneller ist als die
ursprüngliche Projektionsgeschwindigkeit für Stummfilme, dauert der bereits um die Zwischentitel gekürzte
Film nur noch 49 Minuten. Edmund Meisel beschreibt
die Vorgehensweise bei den Tonaufnahmen: »Die
Hauptaufgabe, über die Tonregisseur und Komponist
sich einig waren, bestand darin, Sprache wie Ton zu
stilisieren. An Stelle der Titel, die naturgemäß fortfielen,
ist eine telegrammwortartige Erläuterung getreten.
Wort und Musik werden stimmungsgemäß verwandt:
mitunter zusammen, dann auch getrennt.« Die restaurierte Tonversion ist ein einzigartiges Dokument, weil
es die einzige originale Aufnahme der von Meisel
komponierten, orchestrierten und dirigierten Musik ist,
die zudem im Zusammenspiel mit den Sprechaufnahmen einen Eindruck der Tongestaltung im Piscator-Stil
gibt.
Kurz vor seinem Tod arbeitet Meisel in fünf Tagen eine
Orchester-Musik für den von der prometheus verliehenen russischen Stummfilm GOLUBOJ EKSPRESS (DER
BLAUE EXPRESS) von Ilja Trauberg für die 13-köpfige
Lewis-Ruth-Band aus, die er am 20. Oktober 1930 im
Mozartsaal selbst dirigiert. Es ist eine anachronistische
Veranstaltung: Mit der Jahreswende 1929/30 haben
alle Berliner Kinos auf Tonfilm umgestellt, und Stummfilme werden, wenn überhaupt, in vertonten Fassungen
ohne Orchester aufgeführt. Ironisch ist deshalb die
Schlagzeile in der licht-bild-bühne am nächsten Tag
zu verstehen: »Sensationelle Erfindung: Stummfilm mit
Orchester!« Die quäkenden Lautsprecher in den Tonfilmtheatern und zahlreiche Pannen bei Tonfilmaufführungen lassen tatsächlich viele Kritiker und Teile des
Publikums den guten alten Zeiten nachtrauern. Meisels
Musik wird sehr positiv bewertet, die Kritiker heben
seine Abkehr von der rhythmischen Geräuschmusik zu
mehr »lyrischen« und »emotionalen« Momenten hervor.
Damit der Film auch in Tonfilmtheatern ohne Orchester
programmiert werden kann, spielt Meisel seine Musik
mit der Lewis-Ruth-Band in 14 Stunden auf Schallplatte ein. Unmittelbar danach wird bei ihm im Krankenhaus eine verschleppte Blinddarmentzündung diagnostiziert. Nach einer Notoperation verstirbt er am
14. November 1930. Abel Gance verwendet die Tonaufnahmen von Meisel für die Erstellung einer französischen, stark bearbeiteten Tonfassung von DER BLAUE
EXPRESS, die 1931 unter dem Titel LE TRAIN MONGOL
anläuft. Hier kann man Meisels letzte Musik hören, das
»einzige signifikante Zeugnis von Meisels Stilwandel im
Jahr 1930.« (Fiona Ford)
Stefan Drößler / Richard Siedhoff
In der Edition Filmmuseum ist eine Doppel-DVD erschienen
mit verschiedenen Versionen der Filme, die Edmund Meisel
für Sergej Eisenstein vertont hat, und mit ausführlichem weiterführenden Material zu Edmund Meisel und seiner Musik.
Die DVD ist für 29,95 Euro an der Kinokasse und im Museumsladen erhältlich.
Bronenosec Potemkin (Panzerkreuzer Potemkin) |
SU 1925 / D 1926 | R+B: Sergej Eisenstein | Deutsche
Bearbeitung: Piel Jutzi | K: Eduard Tissé | M: Edmund
Meisel, orchestriert von Helmut Imig | D: Aleksandr
Antonov, Grigorij Aleksandrov, Vladimir Barskij, Michail
Gomorov, Beatrice Vitoldi | 70 min | dtF | Um der deutschen Zensur zu entgehen, wurde das Geschehen in
der deutschen Fassung als eine auf historischen Dokumenten beruhende Tatsachengeschichte eingeführt,
wurden einige Szenen umgestellt, die Fünf-Akte-Struktur des Originals in sechs Akte aufgelöst und der Film
um etwa fünf Minuten gekürzt. Die rhythmische
Begleitmusik von Meisel entstand laut Eisenstein in
»schöpferischer Gemeinschaft« und »freundschaftlicher
Zusammenarbeit« und war für die große Wirkung des
Films essentiell: »Erstmalig wurden Rhythmus und Bildtempo des Films durch das Akustische ergänzt und
miteinander zur Einheit verschmolzen.« (Film-Kurier)
▶ Dienstag, 26. Mai 2015, 21.00 Uhr
Der heilige Berg | D 1926 | R+B: Arnold Fanck |
K: Hans Schneeberger, Helmar Lerski, Sepp Allgeier |
M: Edmund Meisel | D: Leni Riefenstahl, Luis Trenker,
Ernst Petersen, Frida Richard | 106 min | Ein Drama in
den Bergen zwischen zwei Freunden, die beide in die
Tänzerin Diotima verliebt sind. »Ich hatte sogleich das
▶ Dienstag, 2. Juni 2015, 21.00 Uhr | am Flügel:
Richard Siedhoff
Berlin. Die Sinfonie der Großstadt | D 1927 | R: Walther Ruttmann | B: Walther Ruttmann, Karl Freund |
K: Reimar Kuntze, Robert Baberske, László Schäffer |
M: Edmund Meisel, orchestriert von Bernd Thewes |
65 min | »Ich habe mich bemüht, mit möglichst großer
Objektivität den Rhythmus und die Melodie jedes Vorganges dieses schon an sich musikalisch aufgebauten
Filmes niederzuschreiben. Aus der wellenförmigen, periodischen Urform entsteht in maschinellem Rhythmus
das Leitmotiv BERLIN, das sich als Versinnbildlichung
des Panoramas zum Bläserchoral weitet – VierteltonAkkorde der schlafenden Stadt – Arbeitsmarsch – Maschinenrhythmus – Schulkindermarsch – Bürorhythmus – Verkehrsrhythmus – Kontrapunkt des Potsdamer Platzes – Mittagschoral der Großstadt – Verkehrsfuge – kontrapunktisches Stimmgewirr – Sportrhythmus – Signalmusik der Lichtreklamen – Tanzrhythmus
– Steigerung aller Großstadtgeräusche in kontrapunktischer Durchführung der Hauptthemen zur Schlussfermate BERLIN.« (Edmund Meisel)
▶ Dienstag, 9. Juni 2015, 21.00 Uhr
Oktjabr’ (Zehn Tage, die die Welt erschütterten) |
SU 1928 | R+B: Sergej Eisenstein, Grigorij Aleksandrov
| K: Eduard Tissé | M: Edmund Meisel, orchestriert von
Bernd Thewes | D: Nikolaj Popov, Vasilij Nikandrov,
Boris Livanov, Nikolaj Podvojskij | 116 min | OmU | »Die
Musik zu ZEHN TAGE, DIE DIE WELT ERSCHÜTTERTEN
war den meisten zu lärmend, zu gewaltsam. Sie war
voller Disharmonien. Aber diese Musik entsprach ganz
dem Film, dem sie galt. Meisel war ja ein Musikant, der
gewissermaßen mit den Augen komponierte, der einzige geborene Filmmusiker.« (Leo Hirsch) »Die Musik
hat den Zweck, den Zuhörer scharf auf den Film zu
konzentrieren. Sie muss ihn erschüttern und aufpeitschen, ihre Klangstärke kann nicht groß genug sein.
Sie muss das Publikum führen und ist zu verurteilen,
wenn sie dieser Aufgabe nicht nachkommt und durch
gefälliges Nebenhermusizieren die Aufnahmefähigkeit
des Publikums sterilisiert!« (Sergei Eisenstein)
▶ Dienstag, 16. Juni 2015, 21.00 Uhr
Bronenosec Potemkin (Panzerkreuzer Potemkin) |
SU 1925 / D 1930 | R+B: Sergej Eisenstein | Deutsche
Bearbeitung: Piel Jutzi, Alois Johann Lippl | K: Eduard
Tissé | M: Edmund Meisel | D: Aleksandr Antonov, Grigorij Aleksandrov, Vladimir Barskij, Michail Gomorov,
Beatrice Vitoldi | 49 min | dtF | Tonfassung mit Originalmusik, Geräuschen, Stimmen und Chören. »Man erlebt
den Film, als ob man ihn jetzt zum ersten Mal sehen
würde.« (Die rote Fahne) – Goluboj ekspress (Le train
mongole | Der blaue Express) | SU 1929 / F 1932 | R:
Ilja Trauberg | B: Leonid Jerichonov, Ilja Trauberg |
Französische Bearbeitung: Abel Gance | K: Boris Chrennikov | M: Edmund Meisel | D: Sergej Minin, Igor Černjak, Ivan Arbenin, Jakov Gudkin, Ivan Savelëv, San Bo
yan | 57 min | OmU | Die kurz vor seinem Tod von Meisel selber aufgenommene Musik mit Geräuscheffekten
für DER BLAUE EXPRESS wurde von Abel Gance für die
Herstellung einer französischen Tonfassung benutzt.
▶ Dienstag, 23. Juni 2015, 21.00 Uhr
edmund Meisel
musikalische Bild der tragischen Handlung im Rahmen
des unheimlichen, majestätischen Naturhymnus der
Berge, der das ganze Werk beherrscht. In genauer
Übereinstimmung mit der Filmhandlung entstand dann
die Komposition: Das weiblich süße, tänzerische
Thema der Diotima, das männlich harte, problematische Thema des Bergsteigers und das jugendlich weiche, schwärmerische Thema Vigos griffen ineinander.
Bis ins kleinste dieselbe Handlung und derselbe Rahmen im Film wie in der Musik, dort in Bildern – hier in
Tönen. So baute ich den neuen Stil in meiner Musik:
Das Film-Musikdrama.« (Edmund Meisel)
65
Paul Thomas anderson
paul Thomas anderson bei den Dreharbeiten zu inheRenT vice
Die Filme von Paul Thomas Anderson
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Die mythische Dimension
In seinen Filmen, darin sind sie sehr amerikanisch,
scheint alles möglich. Oder genauer: Sie schließen
auch das Unmögliche nicht aus. Unter den Regisseuren
seiner Generation ist er der große, wenngleich skeptische Romantiker. Er ist ein Hasardeur, der hohe Risiken nicht scheut. Das hat er mit den Berufsspielern in
seinem Langfilmdebüt HARD EIGHT (1996) gemeinsam. Aber ebenso wie sie rechnet Paul Thomas Anderson stets auch mit der Wahrscheinlichkeit.
In MAGNOLIA (1999) legt er sich Rechenschaft ab über
den eigenen erzählerischen Wagemut. Da versucht der
Pfleger eines sterbenden Fernsehproduzenten dessen
verlorenen Sohn ausfindig zu machen. Der Vater will
ihn ein letztes Mal sehen und sich mit ihm versöhnen;
er hofft verzweifelt auf dessen Vergebung. »Ich weiß,
das klingt wie eine Filmszene«, sagt der Pfleger am Telefon, als er die richtige Fährte gefunden hat. »Wenn
das in einem Film passierte, würden wir es für unglaubwürdig halten«, räumt er ein, »aber ich glaube, es
gibt solche Szenen in Filmen, weil sie wahr sind.«
Der Film ist ein Plädoyer für die Wahrhaftigkeit selbst
der haarsträubendsten Fügungen. Gleich zu Beginn argumentiert er mit einer Revue bizarrer Todesfälle, die
sich indes tatsächlich ereignet haben. So stimmt er
den Zuschauer darauf ein, fortan mit allem zu rechnen.
Raffiniert verknüpft Anderson verschiedene Schicksale,
lässt Lebenswege sich dramatisch überschneiden.
Schon in seinem vorangegangenen Film BOOGIE
NIGHTS (1997) hat er mit einer solch kühnen Verknüpfung von Geschichten experimentiert: Da entscheidet
sich das Schicksal einer ganzen Reihe von Figuren innerhalb weniger Filmminuten an einer einzigen Straße.
Anderson ist, wie sein Freund und Mentor Robert Altman, ein Meister des erzählerischen Zusammenhalts.
Das gilt auch für sein Werk: Obwohl die Filme ihren
Blick in höchst unterschiedliche Milieus versenken,
knüpfen sie doch regelmäßig aneinander an. Jeder liefert Antworten auf Fragen, die seine Vorgänger aufgeworfen haben. Mitunter sind diese Verbindungen offensichtlich: Der Name des hoffnungsvollen Pornodarstellers Dirk Diggler aus BOOGIE NIGHTS taucht schon im
Titel seines ersten Kurzfilms von 1988 auf. Zuweilen
sind die Anknüpfungen aber auch verschwiegen. Thomas Pynchon, der die Vorlage zu Andersons jüngstem
Film INHERENT VICE (2014) schrieb, beeinflusste bereits die Zeichnung des Seemanns in THE MASTER
(2012). Bibelzitate ziehen sich als heimliches Leitmotiv
durch sein Werk: Der Froschregen am Ende von MAGNOLIA geht ebenso auf den Exodus zurück wie der Titel
seines folgenden Films, THERE WILL BE BLOOD
(2007).
heit besiegelt, die seine Charaktere an neuralgischen
Punkten der Erzählung entwickeln.
Männer unter Einfluss
Sein Blick ist nicht nur durch die Filmgeschichte geschärft. Zwar greift er in seiner Figurenzeichnung gern
auf amerikanische Archetypen wie den Prospektor
(THERE WILL BE BLOOD), den Cop (MAGNOLIA), den
Privatdetektiv (INHERENT VICE) und den schüchternen
Sonderling der screwball comedy zurück, der sich
durch die Liebe verwandelt (PUNCH-DRUNK LOVE).
Aber Anderson erkundet die Gültigkeit von Erzählkonventionen, etwa des Melodrams, stets aus der Perspektive ihrer gesellschaftlichen und historischen Zusammenhänge. Er unterzieht die großen amerikanischen Mythen einer aktuellen Prüfung. Seine Filme hinterfragen den Pionier- und Unternehmungsgeist seiner
Landsleute. Ihren Geschäftssinn, man denke nur an die
kuriosen Tauschgeschäfte in HARD EIGHT oder PUNCHDRUNK LOVE, lotet er bisweilen mit vergnügter Ironie
aus. Das Senkblei stößt aber auch in die Tiefen der Korruption von Idealen (oder der Landschaft, wie in THERE
WILL BE BLOOD) vor.
Das kardinale Thema seines Kinos, auch darin ist es
sehr amerikanisch, ist das Versprechen von Erfolg und
Glück. Seine Dramaturgie folgt dem Rhythmus von Verlockung und Entzauberung. Es summiert sich zu einem
vielgestaltigen Bildungsroman. Dessen Originalität liegt
nicht zuletzt darin, dass Anderson Liebesgeschichten
zwischen Männern erzählt. Sie spielen von Anfang an
durchaus mit der Möglichkeit eines erotischen Interesses – in BOOGIE NIGHTS und MAGNOLIA etwa bleibt
homosexuelles Begehren unerwidert. Wie Männer ein
Auge aufeinander werfen, verliert jedoch nie an Vieldeutigkeit.
Seine frühen Protagonisten schlittern orientierungslos
durchs Leben. Sie sind Verführbare, die eine Vaterfigur
finden müssen. Sie brauchen eine Instanz, die ihren
Ehrgeiz weckt und ihnen zeigt, welchen Platz sie in der
Welt einnehmen wollen. Diese Rolle und Verantwortung
weist Anderson charismatischen, wortgewandten Mentoren zu. Am Anfang dieser Figurengalerie steht der alternde Spieler aus HARD EIGHT, der nicht von ungefähr
den Kosenamen »Captain« trägt; sie kulminiert in der
Titelfigur von THE MASTER, die dem Scientology-Gründer L. Ron Hubbard nachempfunden ist. Sie verheißen
Läuterung und Erfolg. Ihnen ist selten zu trauen. Dennoch verweigert Anderson auch diesen Charakteren
nicht sein Interesse und seine Zuneigung: Er schließt
die Möglichkeit nicht aus, dass diese Scharlatane an
das glauben, was sie predigen.
Gerhard midding
Paul Thomas anderson
Ein gelehriger Meister
Dieses Streben nach Kontinuität prägt auch seine
Arbeitsweise. Mit Ausnahme von THE MASTER hat Robert Elswit jeden seiner Filme fotografiert und kraft seines realistischen Stils die Geschehnisse auf der Leinwand so zusätzlich beglaubigt. Seit einigen Jahren verpflichtet er regelmäßig Jonny Greenwood als Komponisten. Vor der Kamera hat er eine regelrechte stock
company versammelt, der John C. Reilly und Philip
Baker Hall angehören; bis zu seinem Tod spielte Philip
Seymour Hoffman in jedem Film mit. Julianne Moore,
William H. Macy, Luis Guzman, Alfred Molina und nun
Joaquin Phoenix spielten aufeinanderfolgende Rollen
bei ihm.
Diese Etablierung eines zuverlässigen Darstellerensembles hat ruhmreiche Vorbilder in der Filmgeschichte –
man denke nur an John Ford oder Orson Welles. Tatsächlich ist der 1970 geborene Paul Thomas Anderson
ein ausgesprochen cinéphiler Regisseur, der bei jedem
neuen Projekt das Filmerbe im Blick behält. In THERE
WILL BE BLOOD haben Klassiker wie GREED, CITIZEN
KANE, THE TREASURE OF THE SIERRA MADRE, ELMER
GANTRy und nicht zuletzt GIANT (der Film wurde zum
großen Teil auf derselben Farm in Marfa, Texas gedreht wie George Stevens’ Epos) ihre Spuren hinterlassen. Aber auch unbekanntere Filme wie BOOM
TOWN und TULSA zog Anderson zu Rate, um sich ein
Bild zu machen von den Anfängen der Ölförderung in
den USA.
Am stärksten hat ihn freilich das New Hollywood geprägt. Robert Altman stand Pate für das Mosaik urbaner und familiärer Zusammenhänge in MAGNOLIA.
Andersons Faible für lange, sich beharrlich an die Fersen von Figuren heftende Kamerafahrten ist zweifellos
von Martin Scorsese beeinflusst. Auch die Aufmerksamkeit der Montage für atmosphärisch bezeichnende
Details verrät diese Schule. (Es versteht sich fast von
selbst, dass Anderson im Vorstand von Scorseses film
foundation sitzt, die sich der Bewahrung des Filmerbes
widmet.) Bei der Vereinnahmung von Stileinflüssen
lässt es der Regisseur indes nicht bewenden. Seine
Filme entwickeln ihren eigenen inszenatorischen Elan.
Die ausdauernden travellings und Plansequenzen, in
denen er seine Charaktere ins Auge fasst, sind noch
eine Spur kühner als ihre Vorbilder (in BOOGIE NIGHTS
folgt die Kamera einer Figur sogar einmal in einen Pool
und tummelt sich im Wasser).
Zu Andersons Markenzeichen gehören überraschende
Schnitte, die unterschiedliche Schauplätze nahtlos miteinander verbinden, sowie eine Dynamisierung der
Montage, deren rasche Schnittfolge die Entschlossen-
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Hard Eight (Last Exit Reno) | USA 1996 | R+B: Paul
Thomas Anderson | K: Robert Elswit | M: Michael Penn,
John Brion | D: Philip Baker Hall, John C. Reilly, Gwyneth Paltrow, Samuel L. Jackson, F. William Parker |
102 min | OF | Der Einzelgänger John versucht, für die
Beerdigung seiner Mutter Geld in einem Spielcasino
aufzutreiben, und begegnet dem erfahrenen Profispieler Sydney, der ihn in das professionelle Casinoleben
einführt. Über die Jahre etabliert sich eine Art VaterSohn-Beziehung. Doch Johns Liebe zu einer Casinoangestellten und eine dubiose Geiselnahme stellen ihr bisheriges Leben auf eine Probe. »In seinem Regiedebüt
gelingt es Paul Thomas Anderson, die Vereinsamung
eines Mannes und seine stille Melancholie aufzuzeigen
und dahinter einen starken Willen durchschimmern zu
lassen – den Willen, eine persönliche Lebensschuld abzutragen. Eine episch erzählte Geschichte mit Thrillerelementen.« (Anselm Jungeblodt)
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Boogie Nights | USA 1997 | R+B: Paul Thomas Anderson | K: Robert Elswit | M: Michael Penn | D: Mark
Wahlberg, Julianne Moore, Burt Reynolds, Don Cheadle, John C. Reilly | 155 min | OmU | Der Aufstieg und
Fall eines jungen Pornodarstellers zwischen Ende der
1970er und Anfang der 1980er Jahre. Drogensucht
und Größenwahn zerstören ihn, das Aufkommen von
Videorekordern und die Angst vor AIDS verändern die
Branche. »So wie Robert Altman seit Ende der 1960er
Jahre seine Figuren stets als Ensemble, als Kollektiv
begriff und als solche auch darstellte, in Gruppenbildern
und mit Hilfe seines berühmten Mehrspurtonverfahrens,
so versetzt sich Anderson mit ähnlichen filmischen Mitteln zurück in diese Zeit, Split Screen und Ringblenden
inklusive. Aber die Beiläufigkeit hat Methode und Raffinesse; zugleich verweigert sich der Film sämtlichen
melodramatischen oder auch komödiantischen Effekten, hat dennoch Gefühl und Witz.« (Oliver Rahayel)
▶ Sonntag, 7. Juni 2015, 21.00 Uhr
Magnolia | USA 1999 | R+B: Paul Thomas Anderson |
K: Robert Elswit | M: John Brion, Fiona Apple, Aimee
Mann | D: Jason Robards, Julianne Moore, Tom Cruise,
Philip Seymour Hoffman, Philip Baker Hall | 193 min |
OmU | Ein Tag und eine Nacht im Leben von neun Personen im San Fernando Valley, deren Schicksale miteinander verknüpft sind. Ein episodisch strukturierter
Film mit einer Fülle von Geschichten und Charakteren,
in deren Mittelpunkt die Frage nach der Schuld der
Väter steht. »Paul Thomas Anderson kann schon alles.
Nur Maß halten kann er nicht. Die Maßlosigkeit hat allerdings auch einen großen Vorteil. Anderson kann sich
nicht satt sehen an seinen Schauspielern. Sie dürfen
sich austoben wie ihr Regisseur, der ihnen dafür Platz
schafft, Ruhezonen, in denen viel zu sehen und zu genießen ist, noch mitten im Crescendo der Parallelmontagen. Fast wird darin die Maßlosigkeit an sich selbst
kuriert.« (Merten Worthmann)
▶ Freitag, 12. Juni 2015, 21.00 Uhr
▶ Samstag, 6. Juni 2015, 21.00 Uhr
The Dirk Diggler Story | USA 1988 | R+B+K: Paul
Thomas Anderson | D: Michael Stein, Robert Ridgely,
Eddie Delcore, Rusty Schwimmer | 32 min | OF – Cigarettes & Coffee | USA 1993 | R+B: Paul Thomas
Anderson | K: Vincent Baldino | D: Kirk Baltz, Philip
Baker Hall, Scott Coffey, Kim Gillingham, Miguel Ferrer
| 24 min | OF – Videokopien von zwei frühen Kurzfilmen
von Paul Thomas Anderson, die Vorstudien für spätere
Spielfilme darstellen: Die fiktive Dokumentation THE
DIRK DIGGLER STORy über die an John Holmes angelehnte Biografie eines Pornodarstellers in den 1970er
punch-DRunK love
Paul Thomas anderson
▶ Freitag, 5. Juni 2015, 21.00 Uhr
Jahren wurde umgearbeitet in BOOGIE NIGHTS, wobei
Anderson das Ende des Films veränderte. CIGARETTES
& COFFEE, die Geschichte von fünf Leuten, deren
Leben durch einen 20-Dollar-Schein miteinander verbunden werden, lief 1993 beim Sundance film festival, wo Anderson ein Jahr später zu einem Workshop
eingeladen wurde, um aus dem Kurzfilm den abendfüllenden Film HARD EIGHT zu entwickeln.
▶ Samstag, 13. Juni 2015, 21.00 Uhr
A Prairie Home Companion (Robert Altmans Last
Radio Show) | USA 2006 | R: Robert Altman | B: Garrison Keillor | K: Edward Lachman | D: Meryl Streep, Lily
Tomlin, Woody Harrelson, Tommy Lee Jones, Garrison
Keillor, Kevin Kline | 103 min | OmU | Paul Thomas Anderson wurde von der Produktionsfirma als (ungenannter) Co-Regisseur verpflichtet, um Robert Altman bei
seinem letzten Film zu unterstützen, einer liebevollen
Hommage an die legendäre, reale Live-Radio-Show »A
Prairie Home Companion« von Garrison Keillor. Im Film
strömen die Fans wie immer am Samstagabend in das
Fitzgerald Theater in Minnesota, ohne zu wissen, dass
es die letzte sein wird. Die Show wurde an ein texanisches Unternehmen verkauft, das sie in Zeiten des
Fernsehens einstellen will. Während der letzten Sendung findet die Crew noch einmal zusammen, zeigt auf
der Bühne komische und musikalische Nummern,
tauscht hinter den Kulissen Erinnerungen aus und
blickt wehmütig, aber nicht resigniert in die Zukunft.
▶ Sonntag, 14. Juni 2015, 21.00 Uhr
There Will Be Blood | USA 2007 | | R+B: Paul Thomas
Anderson, nach dem Roman »Oil!« von Upton Sinclair |
K: Robert Elswit | M: Jonny Greenwood | D: Daniel DayLewis, Paul Franklin Dano, Kevin J. O’Connor, Ciarán
Hinds, Dillo Freasier | 158 min | OmU | Ein amerikanischer Öl-Magnat legt in den 1920er Jahren den Grundstein zu seinem materiellen Glück, dem er alles andere
opfert. Die monumentale Romanverfilmung über den
amerikanischen Gründungsmythos legt die Wechsel-
haftigkeit zwischen Zivilisation und Barbarei offen. »Andersons Film handelt von der Psychologie des Fortschritts, mit der der frisch eroberte amerikanische Westen kolonisiert und verwandelt wurde, von Menschen,
die keinen Stein auf dem anderen lassen, deren Schöpfungswerk eine große Zerstörungskraft enthält, deren
Wille zur Macht von (Selbst-)Hass gespeist ist. Er handelt von einem Menschentypus, den Nietzsche »Übermensch« genannt hatte.« (Rüdiger Suchsland)
▶ Freitag, 19. Juni 2015, 21.00 Uhr
The Master | USA 2012 | | R+B: Paul Thomas Anderson | K: Mihai Malaimare jr. | M: Jonny Greenwood | D:
Philip Seymour Hoffman, Joaquin Phoenix, Amy
Adams, Laura Dern, Barlow Jacobs | 144 min | OmU |
Freddie, ein psychisch gestörter Ex-Soldat aus dem
Zweiten Weltkrieg, begegnet im Amerika der 1950er
Jahre Lancaster Dodd, der den Menschen die Welt erklärt und sich als Träger von besonderem spirituellem
Wissen sieht. Freddie wird sein unterwürfigen Diener
und kritikloser Gefolgsmann. »Wir erfahren in diesem
Film über die Protagonisten nicht mehr als sie von sich
preisgeben, das ist widersprüchlich, manchmal gelogen, vor allem lückenhaft. Und gerade weil ihre Figuren
nicht zu Ende erklärt sind, können die beiden Hauptdarsteller eine solche Intensität auf der Leinwand entwickeln. Phoenix und Hoffman spielen zwei Männer, die
sich selber nicht verstehen, die bohren und suchen, in
sich und im anderen.« (Georg Seeßlen)
▶ Samstag, 20. Juni 2015, 21.00 Uhr
Inherent Vice (Natürliche Mängel) | USA 2014 | R+B:
Paul Thomas Anderson, nach dem Roman von Thomas
Pynchon | K: Robert Elswit | M: Jonny Greenwood | D:
Joaquin Phoenix, Josh Brolin, Owen Wilson, Katherine
Waterston, Reese Witherspoon | 148 min | OmU | Der
ständig zugedröhnte Privatdetektiv Larry »Doc« Sportello will zusammen mit seiner Ex-Freundin Shasta verhindern, dass ein reicher Unternehmer entführt und in
eine psychiatrische Anstalt gesteckt wird. »In INHERENT VICE brodelt der Geist und der Atem der 1970er
Jahre und eine unheimliche Voraussicht der heutigen
Realitäten, vom Misstrauen gegenüber der Polizei bis
hin zum aufkeimenden Überwachungsstaat. Paul Thomas Anderson hat in seinen Filmen Los Angeles schon
aus jeder Perspektive und in jeder Ära gezeigt. INHERENT VICE entwickelt sich so organisch, so elegant
und mit humanistischen Akzenten, dass selbst in den
haarsträubendsten Momenten die Zuschauer bei der
Stange bleiben.« (Ann Hornaday)
▶ Sonntag, 21. Juni 2015, 21.00 Uhr
Paul Thomas anderson
Punch-Drunk Love | USA 2002 | R+B: Paul Thomas
Anderson | K: Robert Elswit | M: John Brion | D: Adam
Sandler, Emily Watson, Philip Seymour Hoffman, Luis
Guzmán, Lisa Spector | 95 min | OmU | Der Geschäftsmann Barry Egan sieht sich in die Rolle des neurotischen Außenseiters hineingedrängt. Eines Tages lernt
er Lena kennen. »Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten ist bei Anderson kein Versprechen, sondern eine
Drohung. Dass alles möglich ist, kann eben entweder
bedeuten, dass ein Auto auf einer leeren Straße verunglückt, oder dass aus heiterem Himmel ein Harmonium
auftaucht. Dass entweder eine zauberhafte Frau kommt
und Barry bittet, auf ihr Auto aufzupassen, oder dass
ein unbedachtes Wort beim Rendezvous mit derselben
Frau dazu führt, dass sich der Held auf die Toilette entschuldigt und dort in einem Anfall die Einrichtung zertrümmert. Das Glück und der Schrecken liegen bei
Anderson immer so nahe beieinander, dass man sie oft
nicht voneinander unterscheiden kann.« (Michael Althen)
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Zuschauerkino
Zuschauerkino
?
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Beim Zuschauerkino des Münchner Filmzentrums e.V.
(MFZ) können Laien, Enthusiasten und Profis zweimal
im Jahr ihre Filme auf der Leinwand des Filmmuseums
einem interessierten Publikum präsentieren und sich
mit anderen Filmemachern vernetzen.
Vor jedem Film erzählen Beteiligte von Hintergründen,
Entstehungsgeschichte oder Besonderheiten ihres
Werks. Im Anschluss an die Vorführung bietet das MFZ
eine Begegnungsmöglichkeit, damit alle Anwesenden
miteinander ins Gespräch kommen und sich austauschen können (für Erfrischungen ist gesorgt).
Filme einreichen können alle, die einen Kurzfilm gedreht haben, unabhängig von Inhalt oder Format des
Films, ob Spielfilm oder Dokumentation, Real-, Kunstoder Animationsfilm. Das MFZ wählt unter den eingereichten Filmen aus und stellt ein etwa anderthalbstündiges Programm zusammen.
Die Filme müssen bis zum Donnerstag, den 4. Juni
2015 im Filmmuseum eingereicht werden. Möglich
sind die Formate 35mm, 16mm, DigiBeta, BetaSP,
DVD-Video, Blu-ray und DCP. Dateien wie mov, mp4
etc. müssen auf USB-Stick oder Festplatte vorliegen
(keine Speicherkarten oder Downloadlinks). Zugelassen werden nur Filme bis zu 12 Minuten Länge. Alle
Einreichenden, deren Filme im Programm gezeigt werden, können an der Kasse bis zu fünf Freikarten für den
Zuschauerkino-Filmabend erhalten. Darüber hinaus
bestehen keine weiteren Verpflichtungen des Filmmuseums. Es wird vorausgesetzt, dass die Filmemacher
über die Rechte an den von ihnen eingereichten Filmen
verfügen und diese am Abend vor der Projektion kurz
vorstellen.
Kontakt: Post (Filmmuseum München, St.-JakobsPlatz 1, 80331 München), Telefon (089-233 27718),
E-Mail ([email protected]).
Gruppenbild vom letzten Zuschauerkino im Filmmuseum am 11. Dezember 2014.
▶ Donnerstag, 18. Juni 2015, 19.00 Uhr | Die Filme-
macher sind anwesend
Vanda, Ventura und die anderen
Pedro Costa ist am Ort geblieben: Fontainhas. Zwei
Jahrzehnte schon. Selbst wenn es diesen Ort nicht
mehr gibt, die lebenswelt, die er dort angetroffen hat,
existiert weiter – weil es ja die Menschen gibt. Die
leben verstreuter und bestimmt noch desperater als
vorher, aber sie sind da. Man muss sie nur, wie Costa,
wahrnehmen, sich ihnen zuwenden – ihnen so begegnen, dass sie sich in dem, was sie sind und wie sie
sind, ausdrücken können. Vielleicht wird das Filmemachen für sie (für einige von ihnen) sogar eine Art
Rückhalt – wie auch sie für Costa und seine Filme ein
Rückhalt (eine Gelegenheit, sich kinematografisch neu
zu erfinden) geworden sind: OSSOS (HAUT UND KNOCHEN, 1997), NO QUARTO DA VANDA (IN VANDAS
ZIMMER, 2000), JUVENTUDE EM MARCHA (JUGEND
VORAN!, 2006), CAVALO DINHEIRO (HORSE MONEy,
2014). Die Kurzfilme: TARRAFAL (2007), O NOSSO
HOMEM (UNSER MANN, 2010).
»Wenn es eine Stunde auf Lissabon regnet, regnet es
fünf Stunden auf Fontainhas«, geht das Sprichwort. Zuerst haben sich dort Portugiesen aus dem Norden des
Landes angesiedelt, die in Lissabon gescheitert und
noch weiter in die Armut abgesunken waren – das
Haus, in dem Vanda gelebt hat, ist von ihrem Vater mit
Freunden gebaut worden. Afrikanische und arabische
Arbeitseinwanderer stießen hinzu, veränderten den
Charakter des Viertels: Fontainhas wurde, wie es an
den Rändern von Paris der Fall war, ein Bidonville,
ohne Elektrizität und Kanalisation. Anfang der 1970er
Jahre gab es die erste Immigrationswelle aus Angola,
den Kapverden und Guinea-Bissao – Ventura, die Figur,
die in Costas späteren Fontainhas-Filmen im Mittelpunkt steht, kam 1972, um auf dem Bau zu arbeiten.
Die portugiesische »Nelken-Revolution« vom 25. April
1974 brachte gehörige Verwirrung in das Leben der
schwarzen Arbeitsimmigranten – ging diese Revolution
doch an ihnen, die in Portugal lebten, völlig vorbei,
hatte jedoch gerade auch mit den Ländern (den Kolonien) zu tun, aus denen sie herkamen.
Costa sagt, Ventura sei schon bei NO QUARTO DA
VANDA im Hintergrund wie ein »Wächter« anwesend
gewesen: »Ein sehr höflicher, sehr geheimnisvoller
Mensch. Manchmal schaute er aus der Ferne zu,
Pedro Costa
pedro costa und vitalina varela bei den Dreharbeiten zu cavalo DinheiRo
Pedro Costas Fontainhas-Tetralogie
71
Pedro Costa
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immer mit einem Lächeln. Und das half sehr: diese
schweigsame Figur, die mit einem verborgenen Teil
der Arbeit des Filmemachers verbunden schien. Du
hast Schwierigkeiten, das zu kommunizieren, was du
machen willst, und ein Typ, in der Ferne, lächelt. Du
hast das Gefühl, der weiß …« In der Folge geht es
dann sehr wohl darum, sich diesem Wissen anzunähern – in diese fremde Lebenswelt einzutauchen
und im Film etwas davon festzuhalten. Faszinierend
deshalb, weil es geschieden ist von dem, was Europa
ausmacht – und von Europa (wenn es nicht als »Afrikanismus« dem westlichen Publikum schmackhaft
gemacht wird) auch ausgeschieden wird. Costa hält
darauf, dass das nicht Verstehbare stehenbleibt:
schließlich gibt es kreolische Sätze und Haltungen, die
sich gerade nicht ins Verständnis des Portugiesischen
und Westlichen fügen.
Ein erster Zugang stellte sich für Costa über die Dreharbeiten zu CASA DE LAVA (1994) auf den Kapverden
her – und zwar ganz praktisch, indem er gebeten
wurde, den Angehörigen, die in Lissabon arbeiteten
und eben in Fontainhas lebten, dies und jenes zu übermitteln. Von daher das Motiv des Briefes, der Verbindungen in der Gegenwart herstellen kann, aber auch
Erinnerungen beschwört und an Vergangenheitsschätze rührt (wie in CASA DE LAVA selber, dann in JUVENTUDE EM MARCHA: Costa greift hier auf einen
Brief von Robert Desnos an youki vom 15. Juni 1944
aus dem Außenlager des KZs Flossenbürg in Flöha /
Sachsen zurück). Das Geschriebene kann, wenn Distanz da ist, sich ablösen, sich aufladen mit unausgelebten Gefühlen, verborgenen Gedanken – und geisterhaft
werden, ein gespenstisches Eigenleben führen (wie
etwa in NIGHT OF THE DEMON (1957) von Jacques
Tourneur): Die amtliche, mit Brief und Siegel verfügte
Ausweisung wird zum kontagiösen Papier, sobald es
persönlich behändigt worden ist. Das Leben der Exilanten hängt an solch nüchternen Dokumenten – Geburt
und Tod bezeugend, die eigene Identität, die Arbeitsmöglichkeit –, eine starke Emotion heftet sich daran.
(Vitalina, ihre Geburtsurkunde lesend in CAVALO DINHEIRO, rinnen Tränen die Wange hinunter.)
Wichtig war für Costa die Entscheidung, sich vom aufwändigen Film auf 35mm mit großem Team (wie noch
bei OSSOS) zu verabschieden und sich, ganz auf sich
gestellt, dem Langzeitprojekt mit kleiner, digitaler Kamera zuzuwenden, zeitweise mit einem oder zwei
Assistenten für Licht und Ton. Das hatte den Vorteil,
dass man mit den Protagonisten täglich umgehen und
menschliche Verbindungen aufbauen konnte, sich
einen richtiggehenden Arbeitstag einrichtete – als Vor-
bereitung für das, was sich als Projekt herauskristallisierte und dann gedreht wurde. (Costa sagt, die Darsteller hätten von ihrem Berufsalltag her sehr wohl die
Gewohnheit zu einem Acht-oder-mehr-Stunden-Tag
mitgebracht.) Wichtig war eine aleatorische Vorgehensweise: nicht schon im Vorhinein Bescheid wissen, tastend vorgehen – zwischen Ventura und ihm, sagt
Costa, habe es manchmal »schwarze Löcher« gegeben,
gegenseitiges Nichtverstehen, aber gerade das habe
die Sache letztlich vorangebracht.
Was die Realisierung des Films betrifft: nicht mit großer
Technik den Raum besetzen (wie vorher), sondern sich
dem Raum zuwenden, ihn sich aneignen. Mit der kleinen Kamera (auf dem Stativ) so sorgfältig arbeiten,
dass der übliche Eindruck von Video aufgehoben wird
und nur noch kinematografische Arbeit mit Bildern und
Tönen da ist – und mit Licht! Einen Resonanzraum herstellen für die Präsenz von Körpern und Stimmen. Das
ist natürlich Costas Seite der Arbeit – die andere Seite,
die der Texte, ist von den Protagonisten gekommen
und mit ihnen erarbeitet worden. Ihn habe immer erst
die Person interessiert, sagt Costa, und dann die Darstellung. Auch bei ihm (wie bei Huillet & Straub) gibt es
einen Prozess, in dem Texte memoriert, gesprochen
und richtiggehend inkorporiert werden müssen und
vielleicht erst Monate später wieder aus dem Körpergedächtnis hervorgeholt werden. Selbst überrascht,
hat Costa festgestellt, wie gut sich diese Arbeit mit den
von ihm gewählten, ja eigentlich deklassierten Menschen (»den besten Darstellern der Welt«) anließ und
weiterführen ließ.
Costas Obstination und seine ästhetischen Präferenzen
(er hat seine stark ausgeprägten cineastischen Vorlieben) haben im Lauf der Zeit dazu geführt, dass hier
eine, wie ich finde, einzigartige Raum-Zeit-Konstellation entstanden ist, in die gerade auch das scheinbar
Nichtige oder Unbeachtete eingehen kann. (»Man dreht
auch, um Dinge zu verlieren, nicht nur, um sie zu gewinnen.«) Die Filmgegenwart nimmt, über die Sprache
und die Inszenierung, unterschiedliche Zeitschichten in
sich auf: die Vergangenheit steht wie ungeschieden im
Präsens, das Reale geht einher mit dem Halluzinierten,
das Begreifbare mit dem Unbegreiflichen, die Lebenden reichen den Toten die Hand. Jeder Film ist auf solche Weise eine Konstruktion, die unterschiedliche Elemente zusammenschließt, sie amalgamiert und unvermittelt – als transponierter Ausdruck jener FontainhasLebenswelt – reichen Ausdruck gewinnt.
Johannes beringer
Ein Programm in Zusammenarbeit mit dem Filmfest München.
▶ Dienstag, 23. Juni 2015, 18.30 Uhr | Zu Gast: Pedro
Costa
No Quarto da Vanda (In Vandas Zimmer) | Portugal
2000 | R+B+K: Pedro Costa | M: György Kurtág | D:
Vanda Duarte, Zita Duarte, Lena Duarte, António Semedo Moreno, Paulo Nunes | 178 min | OmeU | »Costa
drehte mit einer Digitalkamera, die es ihm ermöglichte,
Vanda allein zu begegnen. In Abwesenheit eines Filmteams entstand zwischen den beiden eine gleichgültigvertraute Atmosphäre, die daran zweifeln lässt, ob sich
Vanda der Gegenwart der Kamera überhaupt bewusst
war. Ob sie dealt, ihre Freunde empfängt oder Erdbeeren putzt, es vergehen nie zehn Minuten, ohne dass
sich Vanda einen Schuss setzt, ein minutiöses Ritual,
das ihren Alltag prägt.« (Frédéric Mermoud) – Tarrafal
| Portugal 2007 | R+B+K: Pedro Costa | D: Ventura,
Alfredo Mendes, José Alberto Silva, Lucinda Tavares |
16 min | OmeU | Tarrafal ist ein Gebiet auf der kapverdischen Insel Santiago, wo Portugal 1936 eine Strafkolonie für politische Gefangene errichtete – das »Lager
des langsamen Todes«.
▶ Mittwoch, 24. Juni 2015, 19.00 Uhr | Zu Gast: Pedro
Costa
Juventude Em Marcha (Jugend voran!) | Portugal
2006 | R+B: Pedro Costa | K: Pedro Costa, Leonardo
Simões | M: Os Tubarões, György Kurtág | D: Ventura,
Vanda Duarte, Beatriz Duarte, Gustavo Sumpta, Cila
Cardoso | 154 min | OmeU | »Costa begleitet Ventura
bei seinen Wegen durch einen Slum und ein Neubauquartier am Rande von Lissabon. Der Slum wird abgerissen, die Bewohner werden umgesiedelt, was der
Film jedoch nicht zeigt, sondern über die Erzählungen
der Figuren einfängt. Mit großer Geduld hört Costa die-
sen Geschichten zu. Wenn etwa die einst heroinabhängige Vanda davon erzählt, wie sie ihre Tochter zur Welt
brachte, dann weiß man genau, warum kein Schnitt
das Mäandern ihrer Sätze unterbricht: Die Dauer der
Einstellung ist das Einzige, was Vandas Schmerzen gerecht werden kann.« (Cristina Nord) – O nosso homem
(Unser Mann) | Portugal 2011 | R+B+K: Pedro Costa |
M: N’toni Denti D’ouro | D: José Alberto Silva, Lucinda
Tavares, Alfredo Mendes, Ventura | 24 min | OmeU |
José soll aus Fontainhas auf die Kapverden deportiert
werden – ein Land, das er nie gesehen hat.
▶ Donnerstag, 25. Juni 2015, 19.00 Uhr | Zu Gast: Pedro
Costa
Cavalo Dinheiro (Horse Money) | Portugal 2014 |
R+B: Pedro Costa | K: Leonardo Simões, Pedro Costa |
M: Os Tubarões | D: Ventura, Vitalina Varela, Tito Furtado, Benvindo Tavares, António Santos, Isabel Cardoso | 104 min | OmeU | »Ventura wird mittlerweile in
einer verlassenen Klinik behandelt. Der Schauplatz ist
freilich nicht ganz von dieser Welt, für den unter Gedächtnislücken leidenden Ventura ist er ein phantastischer Raum, in dem die Geschichte stillsteht. Der einst
aus Fontainhas von Soldaten Vertriebene wird von traumatischen Erinnerungen heimgesucht. Der Film ist von
radikaler Langsamkeit. Kompositorisch sind die Szenen
beeindruckend, sie gleichen nachtdunklen Gemälden,
Lichtkegel schälen die Gesichter heraus, während sich
die Umgebung in Weitwinkel krümmt. Noch radikaler
und verdichteter als in Costas bisherigem Werk wird
das Dasein des Vertriebenen zu einer dunklen Parabel
der politischen Gegenwart nicht nur Portugals.« (Dominik Kamalzadeh)
▶ Die Termine entnehmen Sie bitte dem Filmfest-Pro-
gramm | Zu Gast: Pedro Costa
Pedro Costa
Ossos (Haut und Knochen) | Portugal 1997 | R+B:
Pedro Costa | K: Emmanuel Machuel | M: Wire, Os Sabura | D: Vanda Duarte, Nuno Vaz, Maria Lipkina, Isabel
Ruth, Iñes de Medeiros | 94 min | OmeU | »Tina, ein stilles Mädchen, ist abgestumpft durch die Armut und
Enge ihrer Existenz und kämpft mit psychischen Problemen. Auch ihre neue Rolle als Mutter überfordert sie:
Sie dreht den Gashahn auf. Für das Baby ist diese Kurzschlussreaktion nur die erste von vielen Gefahren,
denen es ausgesetzt ist. Der Film erzählt nicht nur von
materieller Not und Armut, sondern auch von der
Armut der Gefühle, von der Unfähigkeit zu kommunizieren, zu lieben und Liebe anzunehmen. Dabei kommentiert, wertet oder moralisiert er nicht: In schonungslosen und zugleich poetischen Bildern beobachtet er
seine Figuren, die ihrer Einsamkeit nicht entkommen
und die weder ihre innere noch die äußere Enge ihrer
Herkunft überwinden können.« (Birgit Kohler)
73
Orson Welles
orson Welles und oja Kodar bei den Dreharbeiten zu oRSon WelleS’ lonDon
Zum 100. Geburtstag von Orson Welles
74
Die verborgenen Seiten im Werk
von Orson Welles
Als ich im Jahr von Orson Welles’ 100. Geburtstag (am
6. Mai) und seinem 30. Todestag (am 10. Oktober) zusagte, seine Biografie für meinen französischen Verleger Éditions Bernard de Fallois zu schreiben, wurde
meine Welles-Bewunderung nur noch von meiner Unbekümmertheit übertroffen. Eine starke Erinnerung an
seine Radiosendung »Krieg der Welten« und die folgende Panik (die völlig anders ablief, als es heute erzählt wird), einige verloren geglaubte, wiedergefundene
Filme (wie das Material von TOO MUCH JOHNSON, das
die Retrospektive eröffnet), selbstverständlich die Ehrfurcht vor CITIZEN KANE, den ich zu meiner Überraschung nur ungefähr im Gedächtnis hatte, und einige
vage Erinnerungen an THE LADy FROM SHANGHAI. Natürlich bin ich in all seine Filme eingetaucht, die ich mir
hintereinander weg im Original anschaute. Da war Welles – genial, aber ein wenig eingetrocknet, wie eine gepresste Pflanze in einem Herbarium. Er hatte zwar
seine Form behalten, aber die Farben waren verblasst,
der Duft hatte sich verflüchtigt und es fehlte ihm eine
Dimension. Das war der Moment, wo ich entweder
Selbstmord begehen, mein Scheitern eingestehen oder
einfach unbekümmert weitermachen konnte, und ich
wählte Letzteres, getreu der berühmten Replik des Seemanns in THE LADy FROM SHANGHAI: »When I start
out to make a fool of myself, there’s very little can stop
me.«
Ich reiste nach Kroatien, um dort Orson Welles’ letzte
Lebensgefährtin und Mitarbeiterin zu treffen: Oja Kodar.
Schon begann die getrocknete Blume des Herbariums
einen zarten Duft abzugeben, der meine Nase erreichte. Der Mensch Orson Welles nahm langsam konkrete Konturen an: Ich war am Meer, das er betrachtet
hatte, sah an den Wänden der Villa seine Zeichnungen
und sprach mit der Frau, die er geliebt hatte. Sie war
es, die mich auf Stefan Drößler hinwies, dessen Name
und Arbeit im Filmmuseum mir nur durch den Katalog
zur Welles-Retrospektive des Filmfestivals von Locarno
bekannt war. Es war also das Filmmuseum München,
das nicht nur die Oja Kodar hinterlassenen unvollendeten Filme des großen Welles besaß, sondern sie auch
restauriert, konserviert und laufend zu ergänzen ver-
KANE, THE MAGNIFICENT AMBERSONS und FALSTAFF, die anderen großen Shakespeare-Adaptionen
wie OTHELLO und MACBETH, die brillanten Fernsehfilme. Da sind die Filme, die als unvollendet gelten, bei
denen wir seine Arbeitsweise und seine Träume aber
noch besser verstehen. Gezeigt wird auch THE THIRD
MAN, der Film, bei dem Welles nicht Regie geführt hat,
der ihm aber immer zugeschrieben wird, so sehr prägt
sich seine Interpretation des Harry Lime ein (obwohl er
nur eine halbe Stunde im Film zu sehen ist). All dies
sind wahre Schätze. Nur wenige Schritte vom Kino des
Filmmuseums entfernt befindet sich in einem Innenhof
das hölzerne Treppenhaus, das als Kulisse für den
Anfang von MR. ARKADIN diente. Welles ist im Filmmuseum zu Hause, welche Chance, ihn hier zu besuchen!
Das zentrale Thema in Welles’ Werk ist die Suche nach
Identität, unser aller Problem, zeit unseres Lebens. Vor
Welles’ Kamera wird das spannend, stark und schön!
Was können wir von diesem Mann lernen, der so überaus frei war? Macht, Erfolg, Leiden und Leidenschaften
sind die Feinde dieser Suche. Indem wir ein soziales
Selbst werden, verlieren wir uns. Wie die Protagonisten
in MACBETH und CITIZEN KANE, oder auch in TOUCH
OF EVIL, MR. ARKADIN und selbst in THE TRIAL. Das
Soziale führt das Individuum zur Entfremdung. Aber hat
das Leben ohne soziale Beziehungen einen Sinn?
Orson, der ohne das Filmen nicht leben konnte, auch
als niemand mehr seine Filme finanzieren wollte, erteilt
uns eine Lektion: Wir dürfen niemals aufgeben. Wir
müssen uns mit all unseren Widersprüchen annehmen,
denn das macht das Menschsein aus. Die eigenen
Widersprüche zu akzeptieren bedeutet, den eigenen
Reichtum zu akzeptieren.
Ich möchte noch auf einen Punkt zu sprechen kommen,
der meiner Meinung nach nur selten behandelt wird.
Welles’ uneindeutige Positionierung im Diskurs feminin/maskulin. Was nichts mit seiner sexuellen Orientierung zu tun hat, sondern mit seinem Werk. Das Werk
eines Puritaners, der bis 1968 gewartet hat, bevor er in
THE IMMORTAL STORy seine erste Bettszene drehte –
was er nur ein einziges Mal in seinem unvollendeten
THE OTHER SIDE OF THE WIND wiederholt hat. Auch
der Schauspieler Welles küsst seine Partnerinnen übrigens fast nie. Und wenn es in einem eigenen Film dann
doch einmal geschieht (mit seiner damaligen Ehefrau
Rita Hayworth), dann wird der Kuss vor dem Hintergrund eines Aquariums voll riesiger Fische gefilmt.
Gut aussehend, ja, unwiderstehlich, wie er war, musste
Welles, wie er in seinen Interviews oft erzählte, in seiner Jugend mit den Lustanwandlungen von Männern
Orson Welles
sucht. Ich reiste für ein paar Tage nach München, um
diese Schätze zu sichten.
Monate später kann ich es immer noch nicht fassen:
Die getrocknete Blume fand ihre Farben, ihre Blüte richtete sich auf und lebt wieder. Sie ist nicht mehr eindimensional, sondern das Leben, dank Welles’ Tonaufnahmen, die wie Sinfonien sind, seinen gedanklichen Höhenflügen, seinen ständigen Überarbeitungen
seiner Werke, seiner Fabulierkunst. Der Leiter des Filmmuseums hatte die Freundlichkeit, mir die Filme auch
außerhalb der Dienstzeiten am Wochenende vorzuführen. Ich sah Schätze, die nirgendwo sonst zu finden
sind. Mir wurde schnell bewusst, dass Welles’ Werk da
ist, wo es hingehört: in den Händen von ernsthaften,
aufmerksamen und sorgfältigen Enthusiasten. Er, der
sich nicht wohlfühlte, wenn er nicht 18 Stunden am
Tag arbeitete, befindet sich auf vertrautem Terrain.
Mein Vertrauen in die Figur Orson Welles und in mein
Buchprojekt blühte wieder auf, ich fühlte mich »like a
plant that has been watered«, um Marlene Dietrichs
Worte über ihre Treffen mit Welles zu zitieren.
Ich hatte großes Glück, Sie haben großes Glück. Dieses
Programm bietet »alles, was Sie schon immer über
Welles wissen wollten«: ein intelligenter, chronologischer, gründlicher und spielerischer Spaziergang durch
das Werk des »ersten Genies, das der Tonfilm hervorgebracht hat«. Da sind die Meisterwerke wie CITIZEN
75
Orson Welles
Rita hayworth und orson Welles
fertig werden. Was ihn nicht daran hinderte, enormen
Erfolg bei Frauen zu haben. Er tat, was er konnte, um
sein Image als jugendlicher Liebhaber zu zerstören, einschließlich einer exzessiven Gewichtszunahme. Zeigte
sich hier schon seine selbstzerstörerische Seite, oder
war es nur die Weigerung, auf die Kategorie des gut
aussehenden jungen Mannes festgelegt zu werden?
76
Trotz seines Erfolgs beispielsweise als Edmond Rochester, der geheimnisvolle, virile Mann par excellence
in JANE EyRE, hasste Welles paradoxerweise nichts so
sehr, wie jugendliche Helden zu spielen. Hätte er sich
damit zufrieden gegeben, wäre ihm eine geradlinige,
erfolgreiche Karriere sicher gewesen, frei von Dramen
und Kämpfen. Aber Welles wollte kein jugendlicher
Held sein. Er unternahm alles, um sein Äußeres auszulöschen, und beschränkte sich schon lange, bevor er
vierzig war, auf Rollen voll Autorität und Macht: Könige,
Väter, beides kombiniert wie in KING LEAR, Diktatoren
wie MR. ARKADIN und MACBETH, Verbrecher wie in
THE STRANGER. Immer Männer, deren Hauptanliegen
nicht Liebe und auch nicht Sex ist. OTHELLO ist eine
Geschichte von Stolz und unmöglicher Reinheit, aber
keine Liebesgeschichte.
Mit seinen Frauen drehte Welles immer nur im Moment
der Trennung (Dolores del Rio in JOURNEy INTO FEAR,
Rita Hayworth in THE LADy FROM SHANGHAI) oder des
Kennenlernens (Paola Mori in MR. ARKADIN). Immer
nur einen Film mit jeder, mehr nicht. Oja Kodar ist
etwas anderes, vielleicht weil er endlich emotional gereift war, vielleicht weil sie seine letzte Liebe war. Er
filmte sie ständig in seinen späteren Werken. Doch, als
wären sie mit einem Fluch belegt, sind alle Filme mit
ihr – bis auf F FOR FAKE – unvollendet geblieben.
Was die vier wichtigen Frauen in seinem Leben angeht:
Seine erste Ehefrau, Virginia Nicolson, wollte Schauspielerin werden, was er ihr verbot, als sie Mutter
wurde. Seine zweite Ehefrau, Rita Hayworth, war
Schauspielerin, doch er zerstörte ihr Image, indem er
ihr in einem wunderlichen Opfer, bei dem er, Orson,
der Mann, Dalilas Rolle innehat, die Haare abschnitt.
Aus seiner dritten Frau, Paola Mori, einer Anfängerin,
machte er eine Schauspielerin, doch sie zog es vor,
Hausfrau und Mutter zu bleiben – was vielleicht die
beste Wahl war. Oja wollte Schauspielerin werden,
aber sie war vielfältig, so wie er selbst. Also machte er
alles mit ihr, im Leben wie bei der Arbeit.
Zählt man die Starlets, mit denen er in seinen frühen
Jahren Affären hatte, so können wir sagen, er war ein
Verführer, der mit der Anzahl seiner Eroberungen
protzte. Das bringt uns zu der wichtigsten Frau seines
Lebens, seiner Mutter Beatrice, einer Pianistin und
Meisterschützin, einer Frauenrechtlerin und Politikerin,
die starb, als Orson neun Jahre alt war. Sie war die
Frau, wegen der er hinter seiner Macho-Maske die
Frauen stets vergöttert hat. Von rascher Auffassungsgabe, aber emotional langsam, brauchte Orson Welles
das vorgerückte Alter, um eine Frau mit der gleichen
Hingabe zu lieben, die er seiner Mutter entgegengebracht hatte.
Es ist übrigens amüsant festzustellen, dass dieser
Mann nur Töchter hatte. Drei, wie König Lear. »Ich
kann mit meinen Töchtern nicht reden, ich bin sehr ungeschickt und weiß nicht, wie ich es anstellen soll.«
König Lears großer Fehler und seine Tragödie besteht
darin, dass er die Frauen und ihre Wünsche nicht
versteht. Truffaut scheint es einmal auf den Punkt
gebracht zu haben mit einer Bemerkung, die meines
Wissens nie veröffentlicht wurde: »Welles liebt King
Kong, weil er sich ihm als Schauspieler näher fühlt als
zum Beispiel Bogart. Welles muss von der Schönen
und dem Biest geträumt haben. Aber die Schöne, das
war er selbst, und das hat er nie akzeptieren können …«
Was wie Uneindeutigkeit aussieht, ist im Grunde eine
große Fülle. Auch wenn es seinen weiblichen Figuren
oft an Tiefe fehlt, so steht Welles in seinem Werk ganz
zu seiner weiblichen Seite, vor allem hinsichtlich der
Amerika
The Hearts of Age | USA 1934 | R: Orson Welles, William Vance | B: Orson Welles | K: William Vance | D:
Orson Welles, Virginia Nicolson, William Vance | 5 min
| OF – Too Much Johnson | USA 1938 | R+B: Orson
Welles, nach dem Stück von William Gillette | K: Paul
Dunbar, Harry Dunham | D: Joseph Cotten, Virginia Nicolson, Edgar Barrier, Arlene Francis, Ruth Ford |
40 min | OF – The Mercury Wonder Show | USA
1944 | R: Edward Sutherland | B: Orson Welles | K:
David Abel | D: Orson Welles, Marlene Dietrich | 9 min
| OF – The Fountain of Youth (Der Jungbrunnen) |
USA 1956 | R+B: Orson Welles, nach der Geschichte
»youth from Vienna« von John Collier | K: Sidney Hickox
| M: Julian Davidson | D: Orson Welles, Dan Tobin, Joi
Lansing, Rick Jason, Marjorie Bennett | 25 min | OF –
The Golden Honeymoon | USA 1970 | R+B+D: Orson
Welles, nach einer Geschichte von Ring Lardner | K:
Gary Graver | 17 min | OF – Frühe Arbeiten fürs Theater
und ein Meisterwerk fürs Fernsehen.
▶ Dienstag, 7. Juli 2015, 20.00 Uhr ▶▶ Freitag, 10. Juli
2015, 21.00 Uhr
Citizen Kane Trailer | USA 1941 | R+B: Orson Welles
| K: Harry J. Wild | M: Bernard Herrmann | D: Joseph
Cotten, Ruth Warrick, Ray Collins, Dorothy Comingore,
George Coulouris | 4 min | OF | Nicht der übliche Zusammenschnitt mit Szenen aus dem Film, sondern
nachgedrehtes Material mit den Schauspielern, die
nicht in ihren Filmkostümen auftreten. – Citizen Kane
| USA 1941 | R: Orson Welles | B: Orson Welles, Herman J. Mankiewicz | K: Gregg Toland | M: Bernard
Herrmann | D: Orson Welles, Harry Shannon, Agnes
Moorehead, Joseph Cotten, George Coulouris |
119 min | OmU – Ein Reporter versucht, der Bedeutung
des Wortes »Rosebud« auf die Spur zu kommen, das
der Medienmogul Charles Foster Kane im Augenblick
seines Todes aussprach. »There are more conscious
shots – for the sake of shots – in CITIZEN KANE than in
anything I’ve done since, which just came from the exuberance of discovering the medium.« (Orson Welles)
▶ Mittwoch, 8. Juli 2015, 20.00 Uhr ▶▶ Samstag,
11. Juli 2015, 21.00 Uhr
The Magnificent Ambersons (Der Glanz des Hauses
Amberson) | USA 1942 | R: Orson Welles | B: Orson
Welles, Jack Moss, Joseph Cotten, nach dem Roman
von Booth Tarkington | K: Stanley Cortez, Russell Metty,
Harry J. Wild | M: Bernard Herrmann, Roy Webb | D: Joseph Cotten, Dolores Costello, Tim Holt, Anne Baxter,
Agnes Moorehead | 111 min (rekonstruierte Fassung) /
88 min (Kinofassung) | OF | Die Geschichte des Niedergangs einer Familie wurde gegen den Willen von Welles vom Studio umgeschnitten. »The basic intention
was to portray a golden world – almost one of memory
– and then show what it turns into. Having set up this
dream town of the ›good old days‹, the whole point was
to show the automobile wrecking it – not only the family but the town. All this is out. What’s left is only the
first six reels.« (Orson Welles) Auf Video wurde versucht, mit Hilfe von Fotos, Cutouts, der Originalmusik
und neu aufgenommenen Dialogen die Urfassung zu
rekonstruieren.
▶ Donnerstag, 9. Juli 2015, 20.00 Uhr (rekonstruierte
Videofassung) | einführung: Stefan Drößler ▶▶ Sonn-
tag, 12. Juli 2015, 21.00 Uhr (Kinofassung)
It’s All True: Based On an Unfinished Film By Orson
Welles | USA 1993 | R+B: Bill Krohn, Myron Meisel, Richard Wilson | K: George Fanto, Gary Graver | M: Jorge
Arriagada | D: Manuel ›Jacaré‹ Olimpio Meira, Jeronimo André De Souza, Raimundo ›Tata‹ Correia Lima,
Orson Welles
Empfindsamkeit, die alle seine Filme durchzieht, unabhängig davon, dass seine Rede immer männlich ist.
Man ist versucht, ihm als Kompliment die Worte Victor
Hugos zu widmen: »Ich bin beiderlei Geschlechts, weil
ich dasjenige des Geistes habe.« Er selbst hat gesagt,
dass, wenn Picasso ein Kind der Sonne ist, dann sei er
ein Kind des Mondes.
Verpassen Sie nicht die Gelegenheit, die beiden Seiten
von Welles kennenzulernen, in all seiner Generosität
und Komplexität! Spüren Sie ihn hinter dem Zelluloidvorhang leben, mit all seinen Widersprüchen und Paradoxien, die uns so viel über unsere eigenen verraten.
Gute Projektion!
anca visdei
77
Manuel ›Preto‹ Pereira Da Silva, José Sobrinho, Francisca Moreira Da Silva | 88 min | OF | Im Rahmen der
»Politik der guten Nachbarschaft« fuhr Orson Welles
1942 nach Brasilien, um einen Episodenfilm über das
Land zu drehen. Vor Ort änderte er das Konzept seines
Filmes, verlor die Unterstützung der brasilianischen
Regierung und den Rückhalt von RKo, wo inzwischen
neue Leute das Sagen hatten. Der Film blieb unvollendet, das Material galt als vernichtet. Als es in den
1980er Jahren kurz vor Orson Welles’ Tod gefunden
wurde, entstand diese Dokumentation, die die Geschichte des Projekts IT’S ALL TRUE nachzeichnet und
das erhaltene, aber ungeschnittene Material der legendären Episode FOUR MEN ON A RAFT zusammensetzt
und erstmals veröffentlicht.
▶ Freitag, 10. Juli 2015, 18.30 Uhr
Orson Welles
The War of the Worlds | GB 1955 | R+B+D: Orson
Welles | K: Edward Lloyd | 15 min | OF | Wöchentlich
wurden die Hörspiele des mercury Theater im Radio
ausgestrahlt und waren sehr populär. Die als Live-Reportage adaptierte Geschichte »War of the Worlds« von
H. G. Wells sorgte 1938 für einen nationalen Skandal.
In der fünften Folge seiner Fernsehserie ORSON
WELLES SKETCH BOOK erzählt Welles ausgiebig von
den Turbulenzen, die er damals ausgelöst hat. – The
Orson Welles Show | USA 1978 | R+B: Orson Welles
| K: Gary Graver | D: Orson Welles, Burt Reynolds, Jim
Henson, Frank Oz, Lynn Redgrave, Angie Dickinson |
75 min | OF | Der Der Wunsch, eine regelmäßige Fernseh-Show zu leiten, führte zu diesem Demoband. Welles engagierte Freunde, die er in ein mit Zuschauern
gefülltes Studio bat, inszenierte Interviews und Publikumsgespräche, die er dann in der Montage völlig losgelöst vom realen Verlauf zusammensetzte.
78
▶ Samstag, 11. Juli 2015, 18.30 Uhr
Orson Welles’ Moby Dick | 1971 | R+B+D: Orson
Welles, nach seinem Theaterstück »Moby Dick Rehearsed«, das auf dem Roman von Herman Melville basiert
| K: Gary Graver | 22 min | OmU – Scenes from The
Other Side of the Wind | 1975 | R: Orson Welles | B:
Orson Welles, Oja Kodar | K: Gary Graver | D: John Huston, Bob Random, Oja Kodar, Peter Bogdanovich, Norman Foster, Lilli Palmer, Edmond O’Brien | 42 min | OF
– Orson Welles’ Magic Show | 1985 | R+B: Orson
Welles | K: Gary Graver, Tim Suhrstedt | D: Orson Welles, Abb Dickson, Angie Dickinson, Gary Graver, Roger
Hill | 27 min | OF – The Spirit of Charles Lindbergh |
1984 | R+B+D: Orson Welles, nach dem Tagebuch
von Charles Lindbergh | K: Gary Graver | 3 min | OF –
Drei unvollendete Projekte, die sich mit amerikanischen
Themen beschäftigen: die Verfilmung des Romans
»Moby Dick«, ein Spielfilmprojekt über einen HollywoodRegisseur und ein Essayfilm über die Geschichte der
großen Vaudeville-Zauberer. Zum Schluss ein filmischer Brief an einen kranken Freund.
▶ Sonntag, 12. Juli 2015, 18.30 Uhr | einführung: Stefan
Drößler
Shakespeare
Macbeth | USA 1948 | R: Orson Welles, nach dem
Stück von William Shakespeare | K: John L. Russell | M:
Jacques Ibert | D: Orson Welles, Jeanette Nolan, Dan
O’Herlihy, Roddy McDowell, Edgar Barrier, Erskine Sanford, Peggy Webber, Christopher Welles | 107 min |
OmU – Eine in stark stilisierten Kulissen gefilmte Adaption des Shakespeare-Dramas, dessen düsterer Ex-
pressionismus dem Geschehen eine eigenwillige Künstlichkeit gibt. Orson Welles dominiert in der Titelrolle, in
einer kleinen Nebenrolle ist seine 10jährige Tochter
Christopher als Macduffs Sohn zu sehen. »It was done
as a ›B‹ picture quickie. I thought I’d have a great success with it and then I’d be allowed to do all kinds of difficult things as long as they were cheap. But it was a
big critical failure. The biggest critical failure I ever
had.« (Orson Welles)
▶ Dienstag, 14. Juli 2015, 20.00 Uhr
17. Juli 2015, 21.00 Uhr
▶▶ Freitag,
Othello | GB 1952 | R+B: Orson Welles, nach dem
Stück von William Shakespeare | K: George Fanto, Anchise Brizzi, Aldo Graziati, Alberto Fusi, Oberdan Troiani
| M: Angelo Francesco Lavagnino, Alberto Barberis | D:
Orson Welles, Micheál MacLiammóir, Suzanne Cloutier,
Robert Coote, Hilton Edwards, Joan Fontaine | 91 min |
OmU – OTHELLO ist der erste Film, den Welles außerhalb des amerikanischen Studio-Systems drehte. Er
wurde über zwei Jahre lang an verschiedenen Schauplätzen in Italien und Marokko gedreht. »The picture
was made in pieces. Three different times I had to
close it and go away and earn money and come back,
which meant you’d see me looking off-camera left, and
when you’d cut over my shoulder, it would be another
continent – a year later. And so the picture had many
more cuts than I would have liked; it wasn’t written that
way, but had them because I never had a full cast together.« (Orson Welles)
▶ Mittwoch, 15. Juli 2015, 20.00 Uhr ▶▶ Samstag,
18. Juli 2015, 21.00 Uhr
Chimes at Midnight (Falstaff) | Spanien 1965 | R+B:
Orson Welles, nach Motiven aus Dramen von William
Shakespeare und dem Buch »The Chronicles of England« von Raphael Holinshed | K: Edmond Richard | M:
Angelo Francesco Lavagnino | D: Orson Welles, Keith
Baxter, John Gielgud, Jeanne Moreau, Margaret Rutherford, Marina Vlady, Beatrice Welles | 113 min | OF
– Aus verschiedenen Stücken Shakespeares zusammengesetzt entwickelt Welles die Geschichte um die
Figur des Hedonisten Falstaff, der von seinem besten
Freund Hal verraten wird, als dieser zum König gekrönt
wird. Berühmt geworden ist die Darstellung der
Schlacht von Shrewsbury in einer furiosen Schnittfolge
von Detailaufnahmen. »It’s my favorite picture. If I wanted to get into heaven on the basis of one movie, that’s
the one I would offer up. It is the most successful for
what I tried to do. I succeeded more completely in my
view with that than with anything else.« (Orson Welles)
1983 | R+B+D: Orson Welles | K: Gary Graver | 6 min |
OF | Vor laufender Videokamera erklärt Orson Welles
sein Projekt einer neuen KING-LEAR-Verfilmung.
▶ Freitag, 17. Juli 2015, 18.30 Uhr
Return to Glennascaul (Rückkehr nach Glennascaul) | GB 1951 | R+B: Hilton Edwards | K: Georg
Fleischmann | M: Hans Gunther Stumpf | D: Michael
Laurence, Shelah Richards, Helena Hughes, John
Dunne, Orson Welles | 23 min | OF | Eine Geistergeschichte, in der Orson Welles nur in der Rahmenhandlung auftritt: als Regisseur, der von den Dreharbeiten zu OTHELLO nach Hause fährt. – Filming Othello
(Erinnerungen an Othello) | BRD 1978 | R+B: Orson
Welles | K: Gary Graver | M: Angelo Francesco Lavagnino, Alberto Berberis | D: Orson Welles, Micheál
MacLiammóir, Hilton Edwards | 84 min | OmU | Der
letzte vollendete abendfüllende Film von Orson Welles
wurde mit minimalstem Budget gedreht. »It was a film
on order like a painting on order: they wanted me to do
an OTHELLO and I’ve done a new OTHELLO. Personally
I would never have chosen OTHELLO but it inspired me
a lot because there are a lot of anecdotes around the
filming of OTHELLO.« (Orson Welles)
▶ Samstag, 18. Juli 2015, 18.30 Uhr
Orson Welles on Stage in Dublin | GB 1960 |
R+B+D: Orson Welles | 18 min | OF – Orson Welles’
Shylock | 1938–1975 | R+B: Orson Welles, nach
»The Merchant of Venice« von William Shakespeare | K:
Giorgio Tonti, Ivica Rajkovic, Tomislav Pinter, Gary
Graver | M: Francesco Lavagnino | D: Orson Welles,
▶ Donnerstag, 16. Juli 2015, 20.00 Uhr ▶▶ Sonntag,
King Lear | USA 1953 | R: Andrew McCullough | B:
Peter Brook, nach dem Stück von William Shakespeare
| M: Virgil Thomson | D: Orson Welles, Natasha Parry,
Micheál MacLiammóir, Alistair Cooke, Peter Brook |
89 min, OF | »For my first TV appearance I was well
protected with a beard and sustained by some pretty
wonderful blank verse.« (Orson Welles) Die Unmittelbarkeit des neuen Mediums faszinierte Welles, da das
Stück nach zwei Wochen Proben dann in einer Live-Inszenierung von mehreren Kameras aufgezeichnet
wurde. Da die Aufführung nicht von Werbespots unterbrochen werden sollte, wurde eine Rahmenmoderation
von Alistair Cooke angefügt, in der die Sponsoren ins
Bild gerückt wurden. Laut Frank Brady sahen 15 Millionen Fernsehzuschauer KING LEAR. – King Lear Tape |
Orson Welles
19. Juli 2015, 21.00 Uhr
79
Charles Gray, Irina Maleva, Dorian Bond, Bill Cronshaw
| 30 min | OF – Falstaff | USA 1967 | R: Greg Garrison
| D: Orson Welles | 5 min – Lucy Meets Orson Welles
| USA 1956 | R: James V. Kern | K: Robert de Grasse |
M: Wilbur Hatch | D: Lucille Ball, Desi Arnaz, Orson
Welles, Vivian Vance, William Frawley | 30 min | OF –
Im Gaiety Theatre in Dublin spricht Welles über seinen
Film OTHELLO. Von frühester Jugend an beschäftigt er
sich mit »The Merchant of Venice«. In THE DEAN MARTIN SHOW tritt er als Falstaff auf, als Gaststar in der
Serie I LOVE LUCy macht er sich über sein Shakespeare-Image lustig.
▶ Sonntag, 19. Juli 2015, 18.30 Uhr
Thriller
Orson Welles
Orson Welles’ Vienna | 1969 | R+B: Orson Welles | K:
Giorgio Tonti | D: Orson Welles, Senta Berger, Mickey
Rooney, Peter Bogdanovich, Arte Johnson | 8 min |
OmU | Orson Welles kehrt nach Wien zurück und wandelt auf den Spuren von THE THIRD MAN. – The Third
Man (Der dritte Mann) | GB 1949 | R: Carol Reed | B:
Graham Greene, Carol Reed, Orson Welles, nach dem
Roman von Graham Greene | K: Robert Krasker | M:
Anton Karas | D: Joseph Cotten, Alida Valli, Orson Welles, Trevor Howard, Bernard Lee, Paul Hörbiger, Ernst
Deutsch | 104 min | OmU | Ein an Originalschauplätzen
im Nachkriegs-Wien gedrehter Thriller um einen amerikanischen Schriftsteller, der den Schwarzmarktge-
80
M: Heinz Roemheld, Doris Fisher | D: Rita Hayworth,
Orson Welles, Everett Sloane, Glenn Anders, Erskine
Sanford, Gus Schilling | 87 min | OmU | Ein Seemann
verliebt sich in eine verführerische blonde Frau, die ihm
zum Verhängnis wird. Produzent Harry Cohn gab Orson
Welles keine Kontrolle über den final cut. »Instead of
allowing me to get a composer who would work with
me, Cohn snuck in some fast fellow who put terrible
music wherever he felt like it. I didn’t mind the theme
song, but the incidental music was clumsily handled
throughout. For example, the mirror scene at the end
should have been absolutely silent except for the crashing glass and ricocheting bullets.« (Orson Welles)
▶ Mittwoch, 22. Juli 2015, 20.00 Uhr ▶▶ Samstag,
25. Juli 2015, 21.00 Uhr
Police | GB 1955 | R+B+D: Orson Welles | K: Edward
Lloyd | 15 min | OF | Eine Folge der Fernsehserie
ORSON WELLES SKETCH BOOK. – Touch of Evil (Im
Zeichen des Bösen) | USA 1957 | R: Orson Welles | B:
Orson Welles, Paul Monash, Franklin Coen, nach dem
Roman »Badge of Evil« von Whit Masterson | K: Russell
Metty | M: Henry Mancini | D: Charlton Heston, Janet
Leigh, Orson Welles, Akim Tamiroff, Ray Collins, Marlene Dietrich | 108 min (Rekonstruktion von 1975) |
OmU | Ein junger mexikanischer Rauschgiftfahnder und
ein korrupter Polizeichef In einer Kleinstadt an der mexikanischen Grenze. »Most of my friends and most critics who comment on TOUCH OF EVIL believe Quinlan
had an essential goodness, while I think he’s a scoundrel. The fact that he’s human, that one can understand him in his humanity, all this is fine. But I for one
have a profound belief in the primacy of law. And I think
that a corrupt policeman is society’s worst creation.«
(Orson Welles)
▶ Donnerstag, 23. Juli 2015, 20.00 Uhr ▶▶ Sonntag,
26. Juli 2015, 21.00 Uhr
schäften eines Freundes nachspürt, der angeblich verstorben ist. Welles nahm für sich in Anspruch, die Figur
des Harry Lime geschaffen zu haben: »I wrote everything to do with this character, I created him all round,
it was more than just a part for me.« (Orson Welles)
▶ Dienstag, 21. Juli 2015, 20.00 Uhr
▶▶ Freitag,
24. Juli 2015, 21.00 Uhr
The Lady from Shanghai (Die Lady von Shanghai) |
USA 1948 | R+B: Orson Welles | B: Orson Welles, William Castle, Charles Lederer, Fletcher Markle, nach
dem Roman »If I Die Before I Wake« von Sherwood King
| K: Charles Lawton Jr., Rudolph Maté, Joseph Walker |
Journey into Fear (Von Agenten gejagt) | USA 1943
| R: Norman Foster | B: Joseph Cotten, Orson Welles,
nach dem Roman von Eric Ambler | K: Karl Struss | M:
Roy Webb | D: Orson Welles, Joseph Cotten, Dolores
Del Rio, Everett Sloane, Ruth Warrick, Agnes Moorehead | 81 min (rekonstruierte Videofassung) | OF | Ein
Agenten-Thriller um einen amerikanischen Ingenieur,
der in Istanbul von Nazi-Agenten gejagt wird. »I did the
sets and I supervised the planning of the way it was
going to be done. It was really quite a good script we
did – it should have been a very decent picture. Good
cast and everything. It was the opposite of an action
picture, since it was based on the kind of thing that
▶ Freitag, 24. Juli 2015, 18.30 Uhr | einführung: Stefan
Drößler
The Stranger (Die Spur des Fremden) | USA 1946 |
R: Orson Welles | B: Anthony Veiller, Orson Welles,
John Huston, nach einer Geschichte von Victor Trivas |
K: Russell Metty | M: Bronislaw Kaper | D: Orson Welles, Edward G. Robinson, Loretta young, Philip Merivale, Richard Long, Byron Keith | 95 min | OF | Ein
Agententhriller um einen in einer amerikanischen
Kleinstadt untergetauchten Nazi. »John Huston did the
script, without being in the credits; I did it to show I
could be just as good a director of other people’s stories as anyone else, and in addition I did it in ten days
less than the scheduled shooting time. But I didn’t do it
with a completely cynical attitude, I didn’t deliberately
make a mess of it; quite the contrary, I tried to do it as
well as I could. The few little things that I really like are
the small observations on the town, the chemist, details of that type.« (Orson Welles)
▶ Samstag, 25. Juli 2015, 18.30 Uhr
The Deep – Workprint | 1969 | R+B: Orson Welles,
nach dem Roman »Dead Calm« von Charles Williams |
K: Willy Kurant, Ivica Rajkovic | M: François Rabath | D:
Michael Bryant, Oja Kodar, Laurence Harvey, Jeanne
Moreau, Orson Welles | 115 min | OF | An der dalmatinischen Küste drehte Welles einen Thriller, der ausschließlich auf zwei Segelbooten spielt und von nur fünf
Personen getragen wird. Der Film wurde weitgehend
abgedreht, und es wurde auch ein grober Rohschnitt
erstellt, doch das Projekt kam über die Vorbereitungen
für die Nachsynchronisierung und die Tonmischung
nicht hinaus. »We just ran out of money. The picture
actually had a beginning and an end, but it’s too poor.
It shows its poverty, and it looks like a TV movie, I think,
but it’s terribly well acted. By Jeanne Moreau and by
everybody. And I think I’m very funny in it, I think it’s
the funniest part I’ve ever played.« (Orson Welles)
▶ Sonntag, 26. Juli 2015, 18.30 Uhr | einführung: Stefan
Drößler
Europa
Orson Welles in Deutschland | Vortrag von Stefan
Drößler mit Filmbeispielen | 90 min | 1950 tourte Orson
Welles zusammen mit Eartha Kitt durch Deutschland.
In Frankfurt, Hamburg, München, Düsseldorf und Berlin spielte er Szenen aus »Faust«, »The Importance of
Being Earnest« und »Henry VI« und führte Zaubertricks
vor. Einige Wochen später veröffentlichte eine französische Zeitung seine Eindrücke von den Deutschen, die
betrunken noch immer das »Horst-Wessel-Lied« singen würden, und verursachte diplomatische Verstimmungen. In MR. ARKADIN schmückte Welles sein Bild
vom Nachkriegsdeutschland aus. Dem Land blieb er
aber bis zu seinem Tod verbunden, nicht zuletzt weil
immer wieder deutsches Geld in seine Filme floss. Der
Vortrag präsentiert seltene Dokumente, Fotos, Filmausschnitte und Interviews mit Orson Welles.
▶ Dienstag, 28. Juli 2015, 20.00 Uhr
The Trial (Der Prozess) | GB 1962 | R+B: Orson Welles, nach dem Roman von Franz Kafka | K: Edmond Richard | M: Jean Ledrut, Tomaso Albinoni, Martial Solal,
Daniel Humair | D: Anthony Perkins, Jeanne Moreau,
Orson Welles, Elsa Martinelli, Romy Schneider, Madeleine Robinson, Akim Tamiroff | 118 min | OmU | Die
Adaption von Kafkas Roman über Josef K., der eines
Tages vor Gericht gestellt wird, ohne zu wissen warum.
Welles drehte seinen Film in Jugoslawien, Italien und
Frankreich und setzte Kafkas Welt aus realen Schauplätzen zusammen. »I felt no need to be true to Kafka in
every essence. I’d thought it was necessary to capture
what I felt to be the Kafka atmosphere, which is a combination of modern horror creeping up on the AustroHungarian Empire. I saw it as a European story, full of
old European bric-a-brac, with IBM machines lurking in
the background.« (Orson Welles)
▶ Mittwoch, 29. Juli 2015, 20.00 Uhr ▶▶ Samstag,
1. august 2015, 21.00 Uhr
Orson Welles’ The Golden Honeymoon | USA 1970 |
R+B+D: Orson Welles, nach einer Kurzgeschichte von
Ring Lardner | 17 min | OF | Die im Oktober 1970 von
Orson Welles in seinem Haus in Hollywood aufgenommene Rezitation einer Kurzgeschichte für die Kaufhauskette Sears hat das Filmmuseum mit Teilen aus seinem
Hörspiel von 1946 ergänzt. – F for Fake (F wie Fälschung) | F 1973 | Orson Welles | K: Christian Odasso,
Gary Graver | M: Michel Legrand | D: Orson Welles, Oja
Kodar, Elmyr de Hory, Clifford Irving, Edith Irving, François Reichenbach, Joseph Cotten | 85 min | OF | Ein
brillanter Essayfilm über Kunst, Fälscher, Hochstapler
und Scharlatane. »When I finished F FOR FAKE, I
thought I had discovered a new kind of movie and it
was the kind of movie I wanted to spend the rest of my
life doing. And it was the failure of F FOR FAKE that was
Orson Welles
Ambler does so well, which is antiaction, antiheroics,
and all that. And they just took out everything that
made it interesting except the action – trying desperately to turn it into an action-B.« (Orson Welles)
81
one of the big shocks in my life. It’s a form, in other
words, the essay, the personal essay, as opposed to a
documentary, quite different.« (Orson Welles)
▶ Donnerstag, 30. Juli 2015, 20.00 Uhr ▶▶ Sonntag,
2. august 2015, 21.00 Uhr
St. Germain des Prés | GB 1955 | R+B: Orson Welles
| 25 min | OF – Viva Italia | USA 1956 | R+B: Orson
Welles | D: Orson Welles, Paola Mori, Gina Lollobrigida,
Vittorio De Sica, Rossano Brazzi, Anna Gruber | 25 min
| OmU – Orson Welles’ London | 1971 | R+B: Orson
Welles | K: Giorgio Tonti, Ivica Rajkovic, Tomislav Pinter,
Gary Graver | D: Orson Welles, Charles Gray, Jonathan
Lynn, Tim Brooke-Taylor, Oja Kodar | 29 min | OF –
Scenes from Don Quichotte | 1971 | R+B: Orson
Welles, nach dem Roman von Miguel de Cervantes | K:
Jack Draper, Ricardo Navarete, Giorgio Tonti | D: Orson
Welles, Akim Tamiroff | 25 min | OF – Paris, Italien,
London und Spanien waren Orte und Länder, denen
sich Welles sehr verbunden fühlte. In Fernsehfilmen
möchte er sie dem amerikanischen Publikum näher
bringen, doch die Filme werden nicht ausgestrahlt.
DON QUICHOTTE war ein Lieblingsprojekt, an dem Welles 30 Jahre lang arbeite, das er aber nie vollendete.
Orson Welles
▶ Freitag, 31. Juli 2015, 18.30 Uhr
82
Tempo di Flamenco (Flamenco Lessons) | Italien
1962 | R+B: Orson Welles | K: José Manuel de la
Chica, Ricardo Navarete, Orson Welles | D: Orson Welles, Paola Mori, Beatrice Welles | 26 min | ohne Dialog
| Teil der Fernsehserie NELLA TERRA DI DON CHISCIOTTE, die als eine Art Tagebuch auf einer Reise von
Welles mit Frau und Tochter durch Spanien entstand. –
Mr. Arkadin (Herr Satan persönlich) | GB 1955 |
R+B: Orson Welles | K: Jean Bourgoin | M: Paul Misraki
| D: Orson Welles, Paola Mori, Robert Arden, Patricia
Medina, Akim Tamiroff, Michael Redgrave | 105 min
(rekonstruierte Fassung) | OmU | CITIZEN KANE Nachkriegs-Europa: Ein Reporter recherchiert den Lebensweg eines mächtigen Moguls. »Arkadin is a person
who has made his way largely in a corrupt world; he doesn’t try to be more than that world, he’s trapped in it
and is the best he could be within that frame of reference. He is the best possible ›expression‹ of that universe.« (Orson Welles)
▶ Freitag, 31. Juli 2015, 21.00 Uhr
F for Fake Trailer | 1976 | R+B: Orson Welles |
K: Gary Graver, Michael Stringer, Christian Odasso |
M: Michel Legrand | D: Gary Graver, Oja Kodar, Orson
Welles, Elmyr de Hory, Clifford Irving | 9 min | OF | Als
F FOR FAKE drei Jahre nach seiner Premiere einen
amerikanischen Verleiher fand, stellte Welles einen
Trailer her, der neu gedrehtes Material verarbeitete und
das Konzept von F FOR FAKE auf die Spitze treibt: Dem
Zuschauer werden Versprechungen gemacht und Szenen vorgeführt, die im Film selber gar nicht vorkommen. – Filming The Trial | 1981 | R+B: Orson Welles
| K: Gary Graver | D: Orson Welles, Joseph McBride,
Myron Meisel, Todd McCarthy, Richard Wilson | 86 min
| OF | Als Ausgangsmaterial für einen weiteren Essayfilm ließ sich Orson Welles am 14.11.1981 nach einer
Vorführung von THE TRIAL zu einer Publikumsdiskussion in die university of Southern california einladen.
Gary Graver filmte die Veranstaltung mit einer 16mmKamera.
▶ Samstag, 1. august 2015, 18.30 Uhr
The Immortal Story (Stunde der Wahrheit) | F 1968
| R+B: Orson Welles, nach der Novelle von Isak Dinesen | K: Willy Kurant | M: Erik Satie | D: Orson Welles,
Jeanne Moreau, Roger Coggio, Norman Eshley, Fernando Rey | 58 min | engl. OF | Ein alter reicher Kaufmann versucht mithilfe seines Buchhalters, eine Geschichte, die unter Seeleuten erzählt wird, wahr werden zu lassen. – Orson Welles’ The Dreamers | USA
1982 | R: Orson Welles | B: Orson Welles, Oja Kodar,
nach den Novellen »The Dreamers« und »Echoes« von
Isak Dinesen | K: Gary Graver | D: Oja Kodar, Orson
Welles | 25 min | OF | Probeszenen für einen aufwändigen Kostümfilm, die Welles im Wohnzimmer und im
Vorgarten seines Hauses in Hollywood drehte. »When
they brought the news to Ernest Hemingway that he’s
been given the Nobel prize for Literature, he said: ›It
should have gone to Isak Dinesen.‹ She was a Dane
who wrote under that name, and I’ve been in love with
her since I opened her first book.« (Orson Welles)
▶ Sonntag, 2. august 2015, 18.30 Uhr
f
münchen
Donnerstag, 5. März 2015
19.00 Open Scene
Freitag, 6. März 2015
Strop (Die Decke) / Pytel blech (Ein Sack Flöhe)
ČSSR 1962 | Věra Chytilová | 42 + 43 min | OmU
Seite 6
21.00 Deutsche Filme 2014 Der blinde Fleck
Deutschland 2013 | Daniel M. Harrich | 92 min | OmeU
Seite 12
18.30 Věra Chytilová
Samstag, 7. März 2015
18.30 Věra Chytilová
O něčem jiném (Von etwas anderem)
ČSSR 1963 | Věra Chytilová | 90 min | OmU
21.00 Deutsche Filme 2014 Phoenix
Deutschland 2014 | Christian Petzold | 98 min | OmeU
Seite 6
Seite 12
Sonntag, 8. März 2015
18.30 Věra Chytilová
Perličky na dně (Perlen auf dem Meeresgrund)
ČSSR 1965 | Věra Chytilová, Jaromil Jireš, Jiří Menzel, Jan Němec, Evald Schorm
| 105$min | OmU
21.00 Deutsche Filme 2014 Fräulein Else
Deutschland 2013 | Anna Martinetz | 67 min | OmeU | Zu Gast: Anna Martinetz
Seite 7
Seite 12
Dienstag, 10. März 2015
18.30 Deutsche Filme 2014 Der blinde Fleck
Deutschland 2013 | Daniel M. Harrich | 92 min | OmeU
21.00 Naher Osten
Bab’ Aziz (Der Tanz des Windes)
Tunesien 2005 | Nacer Khemir | 98 min | OmU | Einführung: Verena Hein
Seite 12
Seite 25
Mittwoch, 11. März 2015
18.30 Deutsche Filme 2014 Phoenix
Deutschland 2014 | Christian Petzold | 98 min | OmeU
21.00 DEFA: Die
besten Jahre
Schaut auf diese Stadt
DDR 1962 | Karl Gass | 85 min | Einführung: Ralf Schenk
Seite 12
Seite 20
Donnerstag, 12. März 2015
18.30 Věra Chytilová
Sedmikrásky (Tausendschönchen)
ČSSR 1966 | Věra Chytilová | 73 min | OmU
Cesta – portrét Věry Chytilové (Die Reise: Porträt Vera Chytilova)
Tschechien 2004 | Jasmina Bralić-Blažević | 53 min | OmeU
21.00 Deutsche Filme 2014 Städtebewohner
Deutschland 2014 | Thomas Heise | 90 min | OmeU
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Seite 13
Samstag, 14. März 2015
18.30 Věra Chytilová
Ovoce stromů rajských jíme (Früchte des Paradieses)
ČSSR 1970 | Věra Chytilová | 99 min | OmU
21.00 Deutsche Filme 2014 Die geliebten Schwestern
Deutschland 2014 | Dominik Graf | 171 min (Director’s Cut)
kalenderübersicht
19.00 Open Scene
Freitag, 13. März 2015
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Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
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münchen
Sonntag, 15. März 2015
18.30 Věra Chytilová
Hra o jablko (Spiel um den Apfel / Ein bisschen schwanger)
ČSSR 1977 | Věra Chytilová | 100 min | OmU
21.00 Deutsche Filme 2014 Rico, Oskar und die Tieferschatten
Deutschland 2014 | Neele Leana Vollmar | 96 min
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Dienstag, 17. März 2015
18.30 Deutsche Filme 2014 Die geliebten Schwestern
Deutschland 2014 | Dominik Graf | 139 min
21.00 Naher Osten
Persepolis
Frankreich 2007 | Vincent Paronnaud, Marjane Satrapi | 96 min | OmU
Einführung: Parastou Forouhar
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Mittwoch, 18. März 2015
18.30 Deutsche Filme 2014 Rico, Oskar und die Tieferschatten
Deutschland 2014 | Neele Leana Vollmar | 96 min
21.00 DEFA: Die
besten Jahre
… und deine Liebe auch
DDR 1962 | Frank Vogel | 92 min
Einführung: Stefan Drößler
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Donnerstag, 19. März 2015
19.00 Open Scene
Louise Bourgeois: The Spider, the Mistress and the Tangerine
USA 2008 | Marion Cajori, Amei Wallach | 99 min | OF
Einführung: Julienne Lorz (Haus der Kunst)
Freitag, 20. März 2015
18.30 Věra Chytilová
Panelstory aneb Jak se rodí sídliště (Geschichte der Wände)
ČSSR 1980 | Věra Chytilová | 96 min | OmU
21.00 Deutsche Filme 2014 Im Labyrinth des Schweigens
Deutschland 2014 | Giulio Ricciarelli | 123 min | OmeU
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Samstag, 21. März 2015
18.30 Věra Chytilová
Faunovo velmi pozdní odpoledne (Fauns allzuspäter Nachmittag)
ČSSR 1983 | Věra Chytilová | 99 min | OmU
Kalenderübersicht
21.00 Deutsche Filme 2014 Anderson
Deutschland 2014 | Annekatrin Hendel | 95 min | OmeU
84
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Sonntag, 22. März 2015
17.30 Film und
Psychoanalyse
Blade Runner
USA 1982 | Ridley Scott | 117 min | OmU
Einführung: Matthias Baumgart, Mathias Lohmer, Corinna Wernz
21.00 Deutsche Filme 2014 Love Steaks
Deutschland 2013 | Jakob Lass | 90 min | OmeU
Seite 27
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Dienstag, 24. März 2015
18.30 Deutsche Filme 2014 Im Labyrinth des Schweigens
Deutschland 2014 | Giulio Ricciarelli | 123 min | OmeU
21.00 Naher Osten
Je veux voir (Lass es mich sehen)
Libanon 2008 | Joana Hadjithomas, Khalil Joreige | 75 min | OmeU
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Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
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münchen
Mittwoch, 25. März 2015
18.30 Deutsche Filme 2014 Love Steaks
Deutschland 2013 | Jakob Lass | 90 min | OmeU
21.00 DEFA: Die
besten Jahre
Sonntagsfahrer
DDR 1963 | Gerhard Klein | 87 min
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Donnerstag, 26. März 2015
19.00 Open Scene
Office Killer
USA 1997 | Cindy Sherman | 82 min | OF | Zu Gast: Cindy Sherman
Freitag, 27. März 2015
18.30 Věra Chytilová
Praha – neklidné srdce Evropy (Prag, das unruhige Herz Europas)
ČSSR 1984 | Věra Chytilová | 59 min | OmU
Mí Pražané mi rozumějí (Meine Prager verstehen mich)
Tschechien 1991 | Věra Chytilová | 59 min | OmeU
21.00 Deutsche Filme 2014 Kreuzweg
Deutschland 2014 | Dietrich Brüggemann | 110 min | OmeU
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Seite 15
Samstag, 28. März 2015
18.30 Věra Chytilová
Vlčí bouda (Die Wolfsbaude)
ČSSR 1987 | Věra Chytilová | 92 min | OmU
21.00 Deutsche Filme 2014 Westen
Deutschland 2013 | Christian Schwochow | 102 min | OmeU
Seite 9
Seite 15
Sonntag, 29. März 2015
18.30 Věra Chytilová
Vzlety a pády (Aufstieg und Fall)
Tschechien 2000 | Věra Chytilová | 108 min | OmeU
21.00 Deutsche Filme 2014 Jack
Deutschland 2014 | Edward Berger | 102 min | OmeU
Seite 9
Seite 15
Dienstag, 31. März 2015
18.30 Deutsche Filme 2014 Kreuzweg
Deutschland 2014 | Dietrich Brüggemann | 110 min | OmeU
21.00 Naher Osten
Microphone (Mikrofon)
Ägypten 2010 | Ahmad Abdalla | 122 min | OmeU
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18.30 Deutsche Filme 2014 Westen
Deutschland 2013 | Christian Schwochow | 102 min | OmeU
Seite 15
Deutschland – Endstation Ost
DDR 1964 | Frans Buyens | 84 min
Seite 21
18.30 Jacques Tati
Jour de fête (Tatis Schützenfest)
Frankreich 1949 | Jacques Tati | 86 min | OmU
Seite 30
21.00 Věra Chytilová
Šašek a královna (Der Narr und die Königin)
ČSSR 1988 | Věra Chytilová | 111 min | OmU
21.00 DEFA: Die
besten Jahre
Donnerstag, 2. April 2015
19.00 Open Scene
Freitag, 3. April 2015
kalenderübersicht
Mittwoch, 1. April 2015
85
Seite 9
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
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münchen
Samstag, 4. April 2015
18.30 Jacques Tati
Les vacances de M. Hulot (Die Ferien des Monsieur Hulot)
Frankreich 1953 | Jacques Tati | 95 min | OmU
21.00 Věra Chytilová
Kopytem sem, kopytem tam (Einmal hin, einmal her)
ČSSR 1989 | Věra Chytilová | 129 min | OmU
Seite 30
Seite 9
Sonntag, 5. April 2015
18.30 Jacques Tati
Mon Oncle (Mein Onkel)
Frankreich 1958 | Jacques Tati | 116 min | OmU
21.00 Věra Chytilová
Dědictví aneb Kurvahošigutntág (Das Erbe oder: Fuckoffjungsgutntag) Seite 9
Tschechien 1993 | Věra Chytilová | 120 min | OmeU
Seite 31
Montag, 6. April 2015
18.30 Jacques Tati
Tati sur les pas de M. Hulot (Jacques Tati trifft Monsieur Hulot)
Frankreich 1989 | Sophie Tatischeff | 102 min | dtF
Seite 31
21.00 Věra Chytilová
Pasti, pasti, pastičky (Große Fallen, kleine Fallen)
Tschechien 1998 | Věra Chytilová | 124 min | OmeU
Seite 10
18.30 Jacques Tati
Jour de fête (Tatis Schützenfest)
Frankreich 1961 | Jacques Tati | 79 min | OmU
Seite 30
21.00 Naher Osten
Soullam ila Dimashk (Leiter nach Damaskus)
Syrien 2013 | Mohamed Malas | 95 min | OmeU
Seite 26
18.30 Jacques Tati
Play Time (Tatis herrliche Zeiten)
Frankreich 1967 | Jacques Tati | 124 min | ohne Dialog
Seite 31
21.00 DEFA: Die
besten Jahre
Der geteilte Himmel
DDR 1964 | Konrad Wolf | 110 min
Seite 21
18.30 Jacques Tati
Trafic (Tati im Stoßverkehr)
Frankreich 1971 | Jacques Tati | 98 min | OmU
Seite 32
21.00 Věra Chytilová
Vyhnání z ráje (Vertreibung aus dem Paradies)
Tschechien 2001 | Věra Chytilová | 124 min | OmeU
Seite 10
18.30 Jacques Tati
Parade
Schweden 1974 | Jacques Tati | 89 min | OmU
Seite 32
21.00 Věra Chytilová
Pátrání po Ester (Ester)
Tschechien 2005 | Věra Chytilová | 128 min | OmeU
Seite 10
18.30 Jacques Tati
Les vacances de M. Hulot (Die Ferien des Monsieur Hulot)
Frankreich 1978 | Jacques Tati | 89 min | OmU
Seite 31
21.00 Věra Chytilová
Hezké chvilky bez záruky (Schöne Momente)
Tschechien 2006 | Věra Chytilová | 108 min | OmeU
Seite 10
Dienstag, 7. April 2015
Mittwoch, 8. April 2015
Donnerstag, 9. April 2015
19.00 Open Scene
Kalenderübersicht
Freitag, 10. April 2015
86
Samstag, 11. April 2015
Sonntag, 12. April 2015
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
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münchen
Dienstag, 14. April 2015
18.30 Audiodeskription
Zuckerbaby
Seite 34
BRD 1984 | Percy Adlon | 86 min | mit Audiodeskription | Zu Gast: Martina
Wiemers (Deutsche Hörfilm), Juliana Bauhofer (Projekt Inklusion im Kulturreferat)
21.00 Naher Osten
Man Negahdar Jamali, western misazam (Ich heiße Negahdar Jamali
und drehe Western)
Iran 2012 | Kamran Heidari | 65 min | OmeU | Einführung: Silvia Bauer
Seite 26
18.30 Audiodeskription
The Battle of the Century (Alles in Schlagsahne)
USA 1927 | Clyde Bruckman | 16 min | mit Audiodeskription
Spuk um Mitternacht
USA 1931 | James Parrott | 40 min | mit Audiodeskription
Seite 34
21.00 DEFA: Die
besten Jahre
Denk bloß nicht ich heule
DDR 1965/1990 | Frank Vogel | 91 min | Einführung: Ralf Schenk
Seite 21
18.30 Jacques Tati
Jour de fête (Tatis Schützenfest)
Frankreich 1995 | Jacques Tati | 77 min | OmU
Seite 30
21.00 Jacques Tati
On demande une brute (Grobian gesucht) / Gai dimanche
Seite 32
(Fröhlicher Sonntag) / Soigne ton gauche (Achte auf deine Linke) /
L’école des facteurs (Die Schule der Briefträger)
Frankreich 1934–1946 | Charles Barrois, Jacques Berr, René Clément, Jacques Tati |
76 min | OmU
Mittwoch, 15. April 2015
Donnerstag, 16. April 2015
19.00 Open Scene
Freitag, 17. April 2015
Samstag, 18. April 2015
18.30 Jacques Tati
L’illusionniste (Der Illusionist)
Frankreich 2010 | Sylvain Chomet | 80 min | OmU
21.00 Jacques Tati
Cours du soir (Abendschule) / Forza Bastia 1978 ou l’île en fête
Seite 32
(Vorwärts Bastia!)
Frankreich 1967–1978 | Nicolas Ribowski, Jacques Tati, Sophie Tatischeff | 57 min | OmU
Anneliese Rothenberger gibt sich die Ehre / VIP-Schaukel
BRD 1975–1977 | Ekkehard Böhmer, Edgar von Heeringen | 29 min
Sonntag, 19. April 2015
17.30 Film und
Psychoanalyse
Her
USA 2013 | Spike Jonze | 126 min | OmU
Einführung: Eva Friedrich, Katharina Leube-Sonnleitner
Seite 28
21.00 Jacques Tati
L’illusionniste (Der Illusionist)
Frankreich 2010 | Sylvain Chomet | 80 min | OmU
Seite 32
18.30 Audiodeskription
Mein München
Deutschland 2000 | Percy Adlon | 89 min | mit Audiodeskription
Seite 34
21.00 Naher Osten
The Iranian Film (Der iranische Film)
Marokko 2014 | Yassine El Idrissi | 67 min | OmeU | Einführung: Silvia Bauer
Seite 26
Dienstag, 21. April 2015
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
kalenderübersicht
Seite 32
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münchen
Mittwoch, 22. April 2015
18.30 Audiodeskription
Vom Reiche der sechs Punkte
Deutschland 1927 | Hugo Rütters | 95 min | mit Audiodeskription
Seite 34
21.00 DEFA: Die
besten Jahre
Das Kaninchen bin ich
DDR 1965/1990 | Kurt Maetzig | 118 min
Seite 22
Donnerstag, 23. April 2015
19.00 Architekturfilmtage
99 Dom-Ino
Seite 38
Italien 2014 | Joseph Grima | 130 min | OmeU | Zu Gast: Joseph Grima, Martina Muzi
Freitag, 24. April 2015
18.30 Architekturfilmtage
Two Baroque Churches / Wotruba /
Seite 38
Die Böhms – Architektur einer Familie
1955–2014 | Charles & Ray Eames, Thomas Draschan, Maurizius Staerkle-Drux | 104 min
21.00 Architekturfilmtage
La Sapienza
Italien 2014 | Eugène Green | 107 min | OmeU | Zu Gast: Eugène Green
Seite 38
Samstag, 25. April 2015
18.30 Architekturfilmtage
Johann Bernhard Fischer von Erlach – Der Baumeister Salzburgs /
Seite 38
Office Baroque / My Summer 77 with Gordon Matta-Clark
1977–2013 | Renate Lachinger, Eric Convents, Roger Steylaerts, Cherica Convents |
104 min | Einführung: Andreas Kreul
21.00 Architekturfilmtage
Himmelstigen (Stairway to Heaven) / Balthasar Neumann und
die Würzburger Residenz / Der Barockschmied Oegg / Raum im
kreisenden Licht / Building
1936–2003 | Nils Vest, Dieter Wieland, Carl Lamb, Anouk De Clercq | 118 min
Einführung: Andreas Kreul
Seite 38
Kalenderübersicht
Sonntag, 26. April 2015
88
18.30 Architekturfilmtage
Vielfalt erforschen / Béton brut / Get Luder / Beton / Wotruba Wien / Seite 38
Blockhaus / Maillarts Brücken
2001–2014 | Katrin Leuthe & Rainer Knepperges, Timothy Smith, Jonathan Carr, Gustav
W. Trampitsch, Aglaia Konrad, Heinz Emigholz | 112 min | Einführung: Matthieu Wellner
21.00 Architekturfilmtage
Beyond Metabolism
Deutschland 2014 | Stefanie Gaus & Volker Sattel | 42 min | OmU
Tower House
Österreich 2013 | Karl-Heinz Klopf | 62 min | OmU
Seite 38
Deutschland, bleiche Mutter
BRD 1980 | Helma Sanders-Brahms | 151 min
Seite 39
18.30 Kriegsende
Journey To Justice
USA 2006 | Steve Palackdharry | 106 min | OmU
Seite 39
21.00 DEFA: Die
besten Jahre
Berlin um die Ecke
DDR 1965/1990 | Gerhard Klein | 85 min
Seite 22
Dienstag, 28. April 2015
19.00 Kriegsende
Mittwoch, 29. April 2015
Donnerstag, 30. April 2015
19.00 Open Scene
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
f
münchen
Freitag, 1. Mai 2015
18.30 Jahrgang 1945
Fassbinder, Schroeter, Wenders: Die Anfänge
Seite 45
Vortrag von Rainer Gansera mit Filmbeispielen | 30 min
Das kleine Chaos / Alabama: 2000 Light Years / Aggression
BRD 1967–1969 | Rainer Werner Fassbinder, Wim Wenders, Werner Schroeter | 55 min
21.00 Jahrgang 1945
Katzelmacher
BRD 1969 | Rainer Werner Fassbinder | 88 min | Einführung: Rainer Gansera
Seite 46
Samstag, 2. Mai 2015
18.30 Jahrgang 1945
Der Stadtstreicher / Der Bräutigam, die Komödiantin und der Zuhälter Seite 46
/ Same Player Shoots Again / 3 amerikanische LP’s / Himmel hoch
BRD 1966–1969 | Rainer Werner Fassbinder, Jean-Marie Straub, Wim Wenders, Werner
Schroeter | 68 min | Einführung: Rainer Gansera
21.00 Jahrgang 1945
Eika Katappa
BRD 1969 | Werner Schroeter | 144 min | Einführung: Rainer Gansera
Seite 46
18.30 Jahrgang 1945
Werner Schroeters Anfänge im Underground
Vortrag von Stefan Drößler mit Filmbeispielen | 30 min
Magdalena / Home Movie / Maria Callas singt 1957 Rezitativ und Arie
der Elvira aus Ernani 1844 von Giuseppe Verdi / Argila
BRD 1968–1969 | Werner Schroeter | 50 min
Seite 46
21.00 Jahrgang 1945
Die Angst des Tormanns beim Elfmeter
BRD 1972 | Wim Wenders | 100 min | Einführung: Rainer Gansera
Seite 47
18.30 Kriegsende
Die Widerständigen. Zeugen der Weißen Rose
Deutschland 2008 | Katrin Seybold | 92 min
Seite 40
21.00 Franz Josef Strauß
Schnipp-Schnapp Schüsse / Zur Person: Franz-Josef Strauß / Hier Strauß
1959–1965 | Walter Heynowski, Günter Gaus, Don Alan Pennebaker | 108 min
Seite 51
Sonntag, 3. Mai 2015
Dienstag, 5. Mai 2015
18.30 Kriegsende
Nein! Zeugen des Widerstandes in München 1933–1945 /
Ludwig Koch. Der mutige Weg eines politischen Menschen
Deutschland 1998–2000 | Katrin Seybold | 83 min
Seite 40
21.00 DEFA: Die
besten Jahre
Spur der Steine
DDR 1966 | Frank Beyer | 139 min
Seite 22
Donnerstag, 7. Mai 2015
19.00 Open Scene
Das falsche Wort. Wiedergutmachung an Zigeunern (Sinte) in Deutschland?
BRD 1987 | Katrin Seybold | 83 min | Einführung: Monika Bobzien
Freitag, 8. Mai 2015 bis Sonntag, 17. Mai 2015
DOK.fest München: Retrospektive Avi Mograbi
Seite 52
18.30 Kriegsende
Night Will Fall (Hitchcocks Lehrfilm für die Deutschen)
GB 2014 | André Singer | 76 min | OF
Seite 40
21.00 Franz Josef Strauß
Der Kandidat
Seite 51
BRD 1980 | Stefan Aust, Volker Schlöndorff, Alexander Kluge, A. von Eschwege | 129 min
Avi Mograbi
Dienstag, 19. Mai 2015
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
kalenderübersicht
Mittwoch, 6. Mai 2015
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münchen
Mittwoch, 20. Mai 2015
18.30 Kriegsende
München 1945 / Fronleichnam 3. Juni 1945 München
Seite 40
Deutschland 1945 | Willi Cronauer | 85 min | Kommentierung: Elisabeth Angermair
21.00 DEFA: Die
besten Jahre
Karla
DDR 1966/1990 | Herrmann Zschoche | 123 min
Seite 22
18.30 Jahrgang 1945
Die Ehe der Maria Braun
BRD 1978 | Rainer Werner Fassbinder | 120 min | Einführung: Rainer Gansera
Seite 47
21.00 Jahrgang 1945
Polizeifilm
BRD 1969 | Wim Wenders | 11 min
Der Bomberpilot
BRD 1970 | Werner Schroeter | 65 min | Einführung: Stefan Drößler
Seite 47
18.30 Jahrgang 1945
Falsche Bewegung
BRD 1975 | Wim Wenders | 103 min | Einführung: Rainer Gansera
Seite 47
21.00 Jahrgang 1945
Episode aus Deutschland im Herbst / Die dritte Generation
Seite 48
BRD 1978–1979 | Rainer Werner Fassbinder | 136 min | Einführung: Rainer Gansera
Donnerstag, 21. Mai 2015
19.00 Open Scene
Freitag, 22. Mai 2015
Samstag, 23. Mai 2015
Sonntag, 24. Mai 2015
19.00 Jahrgang 1945
Im Lauf der Zeit
BRD 1976 | Wim Wenders | 175 min | Einführung: Rainer Gansera
Seite 48
Palermo oder Wolfsburg
BRD 1980 | Werner Schroeter | 179 min | Einführung: Stefan Drößler
Seite 48
Montag, 25. Mai 2015
19.00 Jahrgang 1945
Kalenderübersicht
Dienstag, 26. Mai 2015
90
18.30 Hou Hsiao-hsien
Fenger ti ta cai (Cheerful Wind) / Erzide dawanou (Der Sandwich-Mann) Seite 55
Taiwan 1981–1983 | Hou Hsiao-hsien | 123 min | OmeU
21.00 Edmund Meisel
Bronenosec Potemkin (Panzerkreuzer Potemkin)
Seite 64
SU 1925 | Sergej Eisenstein | 70 min | Deutsche Premierenfassung von Piel Jutzi
Mittwoch, 27. Mai 2015
18.30 Hou Hsiao-hsien
Fenggui laide ren (Die fernen Tage meiner Kindheit)
Taiwan 1983 | Hou Hsiao-hsien | 98 min | OmeU
Seite 56
21.00 DEFA: Die
besten Jahre
Jahrgang 45
DDR 1966/1990 | Jürgen Böttcher | 94 min
Seite 23
18.30 Jahrgang 1945
Warnung vor einer heiligen Nutte
BRD 1971 | Rainer Werner Fassbinder| 103 min | Einführung: Rainer Gansera
Seite 48
21.00 Jahrgang 1945
Querelle – Ein Pakt mit dem Teufel
Seite 49
BRD 1982 | Rainer Werner Fassbinder | 107 min | engl. OF | Einführung: Rainer Gansera
Donnerstag, 28. Mai 2015
19.00 Open Scene
Freitag, 29. Mai 2015
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
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münchen
Samstag, 30. Mai 2015
Reverse Angle: NYC March ’82 / Hammett / Arbeitskopie Hammett
USA 1980–1982 | Wim Wenders | 250 min | OF
Einführung: Rainer Gansera, Stefan Drößler
Seite 49
18.30 Jahrgang 1945
Willow Springs
USA 1973 | Werner Schroeter | 78 min | OF
Einführung: Rainer Gansera
Seite 49
21.00 Jahrgang 1945
Weisse Reise
Schweiz 1980 | Werner Schroeter | 55 min | frz. OmU
Chambre 666
Frankreich 1982 | Wim Wenders | 50 min | engl. OF
Einführung: Rainer Gansera
Seite 49
18.30 Hou Hsiao-hsien
Dongdong de jiaqi (Große Ferien)
Taiwan 1984 | Hou Hsiao-hsien | 98 min | OmeU
Seite 56
21.00 Edmund Meisel
Der heilige Berg
Deutschland 1926 | Arnold Fanck | 106 min | \ Richard Siedhoff
Seite 64
18.30 Hou Hsiao-hsien
Tongnian wangshi (Geschichten einer fernen Kindheit)
Taiwan 1985 | Hou Hsiao-hsien | 136 min | OmeU
Seite 56
21.00 DEFA: Die
besten Jahre
Das siebente Jahr
DDR 1969 | Frank Vogel | 83 min
Seite 23
18.30 Hou Hsiao-hsien
Lianlian fengchen (Liebe, Wind, Staub)
Taiwan 1986 | Hou Hsiao-hsien | 110 min | OmeU
Seite 56
21.00 Paul Thomas
Anderson
Hard Eight (Last Exit Reno)
USA 1996 | Paul Thomas Anderson | 102 min | OF
Seite 68
18.30 Hou Hsiao-hsien
The Electric Princess Picture House / La Belle Époque
2007–2011 | Hou Hsiao-hsien | 8 min
HHH – Portrait de Hou Hsiao-hsien (Porträt Hou Hsiao-Hsien)
Frankreich 1997 | Olivier Assayas | 92 min | OmeU
Seite 56
21.00 Paul Thomas
Anderson
Boogie Nights
USA 1997 | Paul Thomas Anderson | 155 min | OmU
Seite 68
17.30 Film und
Psychoanalyse
Abre los Ojos (Öffne die Augen)
Spanien 1997 | Alejandro Amenábar | 114 min | OmeU
Einführung: Salek Kutschinski, Andreas Hamburger
Seite 28
21.00 Paul Thomas
Anderson
The Dirk Diggler Story / Cigarettes & Coffee
USA 1988–1993 | Paul Thomas Anderson | 56 min | OF
Seite 68
18.30 Jahrgang 1945
Sonntag, 31. Mai 2015
Dienstag, 2. Juni 2015
Mittwoch, 3. Juni 2015
Donnerstag, 4. Juni 2015
19.00 Open Scene
Freitag, 5. Juni 2015
Sonntag, 7. Juni 2015
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
kalenderübersicht
Samstag, 6. Juni 2015
91
f
münchen
Dienstag, 9. Juni 2015
18.30 Hou Hsiao-hsien
Niluohe nüer (Tochter des Nils)
Taiwan 1987 | Hou Hsiao-hsien | 92 min | OmeU
Seite 57
21.00 Edmund Meisel
Berlin. Die Sinfonie der Großstadt
Deutschland 1927 | Walther Ruttmann | 65 min
Seite 65
Beiqing chengshi (Eine Stadt der Traurigkeit)
Taiwan 1989 | Hou Hsiao-hsien | 158 min | OmeU
Seite 57
Mittwoch, 10. Juni 2015
19.00 Hou Hsiao-hsien
Donnerstag, 11. Juni 2015
19.00 John Smith
Om / Gargantuan / The Girl Chewing Gum / The Black Tower / Blight /
unusual Red cardigan
GB 1976–2011 | John Smith | 68 min | OF
Zu Gast: John Smith
Seite 59
Freitag, 12. Juni 2015
18.30 John Smith
Associations / Worst Case Scenario / Throwing Stones / Pyramids /
Skunk / Flag Mountain / White Hole / Dad’s Stick
GB 1975–2012 | John Smith | 73 min | OF
Zu Gast: John Smith
Seite 59
21.00 Paul Thomas
Anderson
Magnolia
USA 1999 | Paul Thomas Anderson | 193 min | OmU
Seite 68
18.30 Hou Hsiao-hsien
Ximeng rensheng (Der Meister des Puppenspiels)
Taiwan 1993 | Hou Hsiao-hsien | 142 min | OmeU
Seite 57
21.00 Paul Thomas
Anderson
Punch-Drunk Love
USA 2002 | Paul Thomas Anderson | 95 min | OmU
Seite 69
18.30 Hou Hsiao-hsien
Haonan haonu (Good Men, Good Women)
Taiwan 1995 | Hou Hsiao-hsien | 108 min | OmeU
Seite 57
21.00 Paul Thomas
Anderson
A Prairie Home Companion (Robert Altmans Last Radio Show)
USA 2006 | Robert Altman | 103 min | OmU
Seite 69
18.30 Hou Hsiao-hsien
Nanguo zaijian, nanguo (Goodbye South, Goodbye)
Taiwan 1996 | Hou Hsiao-hsien | 112 min | OmeU
Seite 58
21.00 Edmund Meisel
Oktjabr’ (Zehn Tage, die die Welt erschütterten)
SU 1928 | Sergej Eisenstein | 116 min | OmU
Seite 65
18.30 Hou Hsiao-hsien
Hai shang hua (Die Blumen von Shanghai)
Taiwan 1998 | Hou Hsiao-hsien | 112 min | OmeU
Seite 58
21.00 DEFA: Die
besten Jahre
Weite Straßen – stille Liebe
DDR 1969 | Herrmann Zschoche | 76 min
Seite 23
Zuschauerkino
Seite 70
Samstag, 13. Juni 2015
Sonntag, 14. Juni 2015
Kalenderübersicht
Dienstag, 16. Juni 2015
92
Mittwoch, 17. Juni 2015
Donnerstag, 18. Juni 2015
19.00 Open Scene
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
f
münchen
Freitag, 19. Juni 2015
18.30 Hou Hsiao-hsien
Qianxi manbo (Millennium Mambo)
Taiwan 2001 | Hou Hsiao-hsien | 105 min | OmeU
Seite 58
21.00 Paul Thomas
Anderson
There Will Be Blood
USA 2007 | Paul Thomas Anderson | 158 min | OmU
Seite 69
18.30 Hou Hsiao-hsien
Kohi jiko (Café Lumière)
Japan 2003 | Hou Hsiao-hsien | 103 min | OmeU
Seite 58
21.00 Paul Thomas
Anderson
The Master
USA 2012 | Paul Thomas Anderson | 144 min | OmU
Seite 69
18.30 Hou Hsiao-hsien
Zuihaode shiguang (Three Times)
Taiwan 2005 | Hou Hsiao-hsien | 136 min | OmeU
Seite 58
21.00 Paul Thomas
Anderson
Inherent Vice (Natürliche Mängel)
USA 2014 | Paul Thomas Anderson | 148 min | OmU
Seite 69
18.30 Pedro Costa
Ossos (Haut und Knochen)
Portugal 1997 | Pedro Costa | 94 min | OmeU
Zu Gast: Pedro Costa
Seite 73
21.00 Edmund Meisel
Bronenosec Potemkin (Panzerkreuzer Potemkin)
Seite 65
SU 1925 | Sergej Eisenstein | 49 min | deutsche Tonfassung (1930) von Alois J. Lippl
Goluboj ekspress (Le train mongol | Der blaue Express)
SU 1929 | Ilja Trauberg | 57 min | französische Tonfassung (1932) von Abel Gance OmU
Samstag, 20. Juni 2015
Sonntag, 21. Juni 2015
Dienstag, 23. Juni 2015
Mittwoch, 24. Juni 2015
19.00 Pedro Costa
No Quarto da Vanda (In Vandas Zimmer) / Tarrafal
Portugal 2000–2007 | Pedro Costa | 196 min | OmeU | Zu Gast: Pedro Costa
Seite 73
Donnerstag, 25. Juni 2015
19.00 Pedro Costa
Juventude Em Marcha (Jugend voran!) / O nosso homem (Unser Mann) Seite 73
Portugal 2006–2011 | Pedro Costa | 178 min | OmeU | Zu Gast: Pedro Costa
Freitag, 26. Juni 2015 bis Samstag, 4. Juli 2015
17.30 Film und
Psychoanalyse
Soljaris (Solaris)
Seite 28
SU 1972 | Andrej Tarkovskij | 167 min | OmU
Einführung: Andreas Hamburger, Salek Kutschinski, Vivian Pramataroff-Hamburger
Dienstag, 7. Juli 2015
20.00 Orson Welles
The Hearts of Age / Too Much Johnson / The Mercury Wonder Show /
The Fountain of Youth (Der Jungbrunnen) / The Golden Honeymoon
USA 1934–1971 | Orson Welles | 90 min | OF
Seite 77
Citizen Kane Trailer / Citizen Kane
USA 1941 | Orson Welles | 123 min | OmU
Seite 77
93
Mittwoch, 8. Juli 2015
20.00 Orson Welles
kalenderübersicht
Filmfest München
Sonntag, 5. Juli 2015
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
f
münchen
Donnerstag, 9. Juli 2015
The Magnificent Ambersons (Der Glanz des Hauses Amberson)
USA 1942 | Orson Welles | 111 min (rekonstruierte Videofassung) | OF
Einführung: Stefan Drößler
Seite 77
18.30 Orson Welles
It’s All True: Based on an Unfinished Film by Orson Welles
USA 1942 | Bill Krohn, Myron Meisel, Richard Wilson | 88 min | OF
Seite 77
21.00 Orson Welles
The Hearts of Age / Too Much Johnson / The Mercury Wonder Show /
The Fountain of Youth (Der Jungbrunnen) / The Golden Honeymoon
USA 1934–1970 | Orson Welles | 90 min | OF
Seite 77
18.30 Orson Welles
The War of the Worlds (Krieg der Welten) / The Orson Welles Show
1955–1978 | Orson Welles | 90 min | OF
Seite 78
21.00 Orson Welles
Citizen Kane Trailer / Citizen Kane
USA 1941 | Orson Welles | 123 min | OmU
Seite 77
18.30 Orson Welles
Orson Welles’ Moby Dick / Scenes from The Other Side of the Wind /
Orson Welles’ Magic Show / The Spirit of Charles Lindbergh
1971–1984 | Orson Welles | 90 min | OF
Einführung: Stefan Drößler
Seite 78
21.00 Orson Welles
The Magnificent Ambersons (Der Glanz des Hauses Amberson)
USA 1942 | Orson Welles | 88 min | OF
Seite 77
Macbeth
USA 1948 | Orson Welles | 107 min | OmU
Seite 78
Othello
GB 1952 | Orson Welles | 91 min | OmU
Seite 78
Chimes at Midnight (Falstaff)
Spanien 1965 | Orson Welles | 113 min | OF
Seite 79
18.30 Orson Welles
King Lear / King Lear Tape
1953–1983 | Andrew McCollough, Orson Welles | 95 min | OF
Seite 79
21.00 Orson Welles
Macbeth
USA 1948 | Orson Welles | 107 min | OmU
Seite 78
20.00 Orson Welles
Freitag, 10. Juli 2015
Samstag, 11. Juli 2015
Sonntag, 12. Juli 2015
Dienstag, 14. Juli 2015
20.00 Orson Welles
Mittwoch, 15. Juli 2015
20.00 Orson Welles
Donnerstag, 16. Juli 2015
Kalenderübersicht
20.00 Orson Welles
94
Freitag, 17. Juli 2015
Samstag, 18. Juli 2015
18.30 Orson Welles
Return to Glennascaul (Rückkehr nach Glennascaul) / Filming Othello Seite 79
(Erinnerungen an Othello)
1951–1978 | Hilton Edwards, Orson Welles | 107 min | OF
21.00 Orson Welles
Othello
GB 1952 | Orson Welles | 91 min | OmU
Seite 78
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
f
münchen
Sonntag, 19. Juli 2015
18.30 Orson Welles
Orson Welles on Stage in Dublin / Shylock / Falstaff /
Lucy Meets Orson Welles
1938–1975 | Orson Welles, Greg Garrison, James V. Kern | 83 min | OF
Seite 79
21.00 Orson Welles
Chimes at Midnight (Falstaff)
Spanien 1965 | Orson Welles | 113 min | OF
Seite 79
Orson Welles’ Vienna
1969 | Orson Welles | 8 min | OmU
The Third Man (Der dritte Mann)
GB 1949 | Carol Reed | 104 min | OmU
Seite 80
The Lady from Shanghai (Die Lady von Shanghai)
USA 1948 | Orson Welles | 87 min | OmU
Seite 80
Police (Polizei) / Touch of Evil (Im Zeichen des Bösen)
1955–1958 | Orson Welles | 123 min | OF + OmU
Seite 80
18.30 Orson Welles
Journey into Fear (Von Agenten gejagt)
USA 1943 | Norman Foster | 81 min (rekonstruierte Videofassung) | OF
Einführung: Stefan Drößler
Seite 80
21.00 Orson Welles
Orson Welles’ Vienna
1969 | Orson Welles | 8 min | OmU
The Third Man (Der dritte Mann)
GB 1949 | Carol Reed | 104 min | OmU
Seite 80
18.30 Orson Welles
The Stranger (Die Spur des Fremden)
USA 1946 | Orson Welles | 95 min | OF
Seite 81
21.00 Orson Welles
The Lady from Shanghai (Die Lady von Shanghai)
USA 1948 | Orson Welles | 87 min | OmU
Seite 80
18.30 Orson Welles
The Deep
1969 | Orson Welles | 115 min (Arbeitsfassung) | OF
Einführung und Kommentierung: Stefan Drößler
Seite 81
21.00 Orson Welles
Police (Polizei) / Touch of Evil (Im Zeichen des Bösen)
1955–1958 | Orson Welles | 123 min | OF + OmU
Seite 80
Orson Welles in Deutschland
Vortrag von Stefan Drößler mit Filmbeispielen | 90 min
Seite 81
The Trial (Der Prozess)
GB 1962 | Orson Welles | 118 min | OmU
Seite 81
Dienstag, 21. Juli 2015
20.00 Orson Welles
Mittwoch, 22. Juli 2015
20.00 Orson Welles
Donnerstag, 23. Juli 2015
20.00 Orson Welles
Freitag, 24. Juli 2015
Samstag, 25. Juli 2015
Dienstag, 28. Juli 2015
20.00 Orson Welles
95
Mittwoch, 29. Juli 2015
20.00 Orson Welles
kalenderübersicht
Sonntag, 26. Juli 2015
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
f
münchen
Donnerstag, 30. Juli 2015
Orson Welles’ The Golden Honeymoon / F for Fake (F wie Fälschung)
1970–1973 | Orson Welles | 102 min | OF
Seite 81
18.30 Orson Welles
St. Germain des Prés / Viva Italia / Orson Welles’ London /
Scenes from Don Quichotte
GB 1955–1971 | Orson Welles | 104 min | OF
Seite 82
21.00 Orson Welles
Tempo di Flamenco (Flamenco Lessons)
Italien 1962 | Orson Welles | 26 min | ohne Dialog
Mr. Arkadin (Herr Satan persönlich)
GB 1955 | Orson Welles | 105 min (rekonstruierte Fassung) | OmU
Seite 82
18.30 Orson Welles
F for Fake Trailer / Filming The Trial
1976–1981 | Orson Welles | 93 min | OF
Seite 82
21.00 Orson Welles
The Trial (Der Prozess)
GB 1962 | Orson Welles | 118 min | OmU
Seite 81
18.30 Orson Welles
The Immortal Story (Stunde der Wahrheit)
Frankreich 1967 | Orson Welles | 58 min | engl. OF
Orson Welles’ The Dreamers
USA 1982 | Orson Welles | 25 min | OF
Seite 82
21.00 Orson Welles
Orson Welles’ The Golden Honeymoon / F for Fake (F wie Fälschung)
1970–1973 | Orson Welles | 102 min | OF
Seite 81
20.00 Orson Welles
Freitag, 31. Juli 2015
Samstag, 1. August 2015
Sonntag, 2. August 2015
Kalenderübersicht
orson Welles bei den Dreharbeiten zu The immoRTal SToRy
Sommerpause: Das Filmmuseum ist geschlossen vom 3. August bis zum 2. September 2015
96
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel. 089/233 96450
FürUnterstützungundKooperationbeiderRealisierungunseresProgrammsdankenwir:
Věra Chytilová · Tschechisches Zentrum München
(Anett Browarzik, Ondřej Černý) · Národní filmový
archiv, Prag (Michal Bregant, Daniel Vadocký, Tomas
Zurek) · Česká televize, Prag (Leoš Morávek, Robert
Valica) · Le Bon Film, Basel (Beat Schneider) · Europe's
Finest, Köln (Antje Buchholz)
Kreul, Bremen · Waltraud Loges, London · Nils Vest,
Kopenhagen · Matthieu Wellner, München
Kriegsende1945 · Cinephil, Tel Aviv (Tal Barnea) ·
Deutsche Kinemathek, Berlin (Anke Hahn) · Stadtarchiv
München (Elisabeth Angermair)
DEFA:DiebestenJahre · DEFA-Stiftung, Berlin (Ralf
Schenk, Juliane Haase) · Deutsche Kinemathek, Berlin
(Anke Hahn, Christos Acrivulis)
Fassbinder / Schroeter / Wenders · Arsenal – Institut für Film und Medienkunst e.V., Berlin (Gesa
Knolle) · Deutsche Kinemathek, Berlin (Anke Hahn) ·
Münchner Volkshochschule (Klaus Blanc) · Neue Road
Movies, Berlin (Wim Wenders, Bernadette Kamp) · Wim
Wenders Stiftung, Düsseldorf (Bernd Eichhorn)
CommonGrounds · Museum Villa Stuck, München
(Verena Hein, Roland Wenninger) · Trigon-Film,
Ennetbaden (Andreas Furler) · Silvia Bauer, München ·
Irit Neidhardt, Berlin
Franz Josef Strauß · Deutsches Rundfunkarchiv,
Babelsberg (Ute Eick) · Filmmuseum der Landeshauptstadt Düsseldorf (Andreas Thein) · Münchner
Stadtmuseum (Henning Rader, Rudolf Scheutle)
Film und Psychoanalyse · Akademie für
Psychoanalyse und Psychotherapie, München ·
(Matthias Baumgart, Eva Friedrich, Andreas
Hamburger, Vivian Pramataroff-Hamburger, Salek
Kutschinski, Mathias Lohmer, Katharina LeubeSonnleitner, Corinna Wernz) · Filmoteca Española,
Madrid (Catherine Gautier, Mercedes de la Fuente)
HouHsiao-hsien · Center for Moving Image Arts at
Bard College, Annandale-on-Hudson (Richard I.
Suchenski) · Taipei Cultural Center, New York (Amber
Wu) · Ministry of Culture of the Republic of China
(Taiwan) · Österreichisches Filmmuseum, Wien (Regina
Schlagnitweit) · Patrick Holzapfel, Wien
DeutscheFilme2014 · Rainer Gansera, München ·
Christiane Peitz, Berlin · Ralf Schenk, Berlin
Audiodeskription · Alpha-Omega Digital, München
(Thomas Bakels) · Cinematographische Commerzanstalt, Triesenberg (Nadine Konzack, Cornelia Liebig)
· Deutsche Hörfilm gGmbH, Berlin (Martina Wiemers) ·
Percy Adlon, Los Angeles · Juliana Bauhofer, München
· Christian Ketels, Großdingharting
Architekturfilmtage · Bayerische Architektenkammer, München (Präsident Lutz Heese, Sabine
Picklapp) · Eames Office, Los Angeles (Geneviève
Fong) · Library of Congress / Moving Image Section,
Washington (Amy Gallick, Lynanne Schweighofer) ·
Space Caviar, Genoa (Martina Muzi) · Madeleine
Bernstorff, Berlin · Cherica Convents, Brüssel · Fritz
Göttler, München · Eugène Green, Paris · Andreas
Edmund Meisel · arte, Mainz (Nina Goslar) ·
Cinémathèque Française, Paris (Elsa Colombani, Emilie
Cauquy) · Deutsche Kinemathek, Berlin (Anke Hahn) ·
Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, Wiesbaden (Gudrun Weiss) · Österreichisches Filmmuseum, Wien
(Alexander Horwath, Oliver Hanley)
Paul Thomas Anderson · Cinémathèque Suisse,
Lausanne (André Schäublin) · Arndt Pawelczik, Köln
Pedro Costa · Filmfest München (Bernhard Karl,
Susana Borges Gomes) · Johannes Beringer, Berlin ·
Pedro Costa, Lissabon · Mark Peranson, Toronto
Orson Welles · Cinémathèque Suisse, Lausanne
(André Schäublin) · Filmoteca Española, Madrid
(Catherine Gautier) · Oja Kodar, Primosten
Fotonachweis· Cinémathèque Suisse, Lausanne (Carina Carballo) · Deutsche Hörfilm gGmbH, Berlin (Martina
Wiemers) · Filmmuseum München (Claudia Engelhardt, Oleksandr Osherov, Gerhard Ullmann, Wolfgang Woehl) ·
Národní filmový archiv, Prag · Österreichisches Filmmuseum, Wien (Christine Bruck) · Martin Reinhart, Wien
Das Kino der Stadt
Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München
Tel 089/233 96450 · Fax 089/233 23931 · www.muenchner-stadtmuseum.de/film