Landtag von Baden-Württemberg Antrag Stellungnahme

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Landtag von Baden-Württemberg Antrag Stellungnahme
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 12 /
12. Wahlperiode
30. 01. 98
2430
Antrag
der Abg. Gerd Scheffold u. a. CDU
und
Stellungnahme
des Ministeriums für Umwelt und Verkehr
Wettbewerb bei der Medizinisch-Psychologischen
Untersuchung
Antrag
Der Landtag wolle beschließen,
die Landesregierung zu ersuchen
zu berichten:
1. Wie sind die Steigerungsraten im Bereich der Medizinisch-Psychologischen
Untersuchung (MPU) in Baden-Württemberg in den Jahren 1994 bis 1997 bei
a) den Aktenübersendungen seitens der Stadt- und Landkreise,
b) den Untersuchungen,
c) den Nachschulungen
– NAFA
– Modell „Leer“
– Modell „Mainz“,
d) entsprechend den spezifischen Anlaßgruppen (Drogen, Alkohol, Verkehrsund Strafdelikte, Busfahrerprüfung),
e) wie viele der Betroffenen kommen jeweils aus anderen Bundesländern?
2. Treffen Berichte über außerordentliche Steigerungen zu? Wenn ja, was sind die
Ursachen?
Eingegangen: 30. 01. 98 / Ausgegeben: 19. 03. 98
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Landtag von Baden-Württemberg – 12. Wahlperiode
Drucksache 12 / 2430
3. In welchem Umfang differieren die Untersuchungsergebnisse nach Regionen
bzw. Niederlassungen? Was ist die Ursache für größere Abweichungen?
4. In welchem Umfang findet nach Erkenntnis der Landesregierung bei den Betreibern in diesem Zusammenhang Mischfinanzierung statt? Gibt es neue Erkenntnisse hinsichtlich der Kostendeckung (Drucksache 12/323 Ziffer 8)?
5. In welchem Stadium befindet sich der vom Umwelt- und Verkehrsausschuß
geäußerte Wunsch nach einer institutionellen Trennung zwischen MPU und
Nachschulung?
6. Wie beurteilt die Landesregierung das faktische Monopol bei der MPU in Baden-Württemberg? Wie beurteilt die Landesregierung die Erfahrungen anderer
Bundesländer, in denen Wettbewerb auf diesem Gebiet vorherrscht?
7. Was sind die Kriterien für die Anerkennung als MPU-berechtigte Stelle?
8. Wie sind in diesem Zusammenhang der Stand und die Inhalte geplanter gesetzlicher Novellen, zum Beispiel Straßenverkehrsgesetz, Promillegesetz, Drogengesetz, Führerscheinverordnung?
13. 01. 98
Gerd Scheffold, Behringer,
Scheuermann, Mappus, Dr. Steim CDU
Stellungnahme
Mit Schreiben vom 2. März 1998 Nr. 34–3853.7/218 nimmt das Ministerium für
Umwelt und Verkehr zu 1. und 2. – Modell „Mainz 77“ – im Einvernehmen mit
dem Justizministerium zu dem Antrag wie folgt Stellung:
Zu 1.:
Die Fahrerlaubnisbehörden in Baden-Württemberg führen keine Statistik darüber,
in wieviel Fällen Akten an die Medizinisch-Psychologischen Untersuchungsstellen (MPU) übersandt werden. Dies könnte auch nur mit einem unverhältnismäßig
hohen Aufwand ermittelt werden.
Die Zahl der Untersuchungen ist nach Angaben des TÜV Süddeutschland in den
Jahren 1994 bis 1996 jährlich um 700 bis 900 Gutachten zurückgegangen. 1997
war eine Stagnation auf dem niedrigeren Niveau festzustellen.
Ein ähnliches Bild zeigt sich auch bei den Nachschulungsmodellen „Leer“ und
„NAFA“. Lediglich bei Kursen nach dem Modell „Mainz 77“ ist in den Jahren 1994 bis 1997 eine Zunahme um ca. 21 % zu verzeichnen.
Innerhalb der insgesamt rückläufigen Untersuchungszahlen hat sich eine leichte
Verschiebung hinsichtlich der untersuchten Anlaßgruppen ergeben. Die Anlaßgruppe „Alkohol“ ging von 1994 bis 1997 um 15 % zurück, dagegen stieg die Anlaßgruppe „Drogen“ um 48 %. Eine leicht ansteigende Tendenz konnte auch im
Bereich „Verkehrs- und Strafdelikte“ beobachtet werden. Von Busfahrern wird vor
der Erteilung der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung in Baden-Württemberg
keine MPU verlangt.
Eine Umfrage des TÜV Süddeutschland ergab, daß die Zahl der Betroffenen aus
anderen Bundesländern in den grenznahen Niederlassungen wie etwa Mannheim
oder Baienfurt bei ca. 10 % des Untersuchungsaufkommens liegt.
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Landtag von Baden-Württemberg – 12. Wahlperiode
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Zu 2.:
Steigerungen sind nur im Bereich der Nachschulung nach dem Modell „Mainz 77“
eingetreten. Die Gründe hierfür sind nicht bekannt. Im übrigen wird auf die Stellungnahme zu Frage 1 verwiesen.
Zu 3.:
Die Fahreignungsbegutachtung erfolgt aufgrund differenzierter, bundesweit einheitlicher Berurteilungskriterien. Diese sind in ein Qualitätssicherungssystem des
Verbandes der technischen Überwachungsvereine (VdTÜV) eingebunden. Darüber hinaus sorgt ein internes Qualitätssicherungsprogramm des TÜV Süddeutschland mit detaillierten Verfahrensanweisungen und Gutachtenauditierungen für
eine einheitliche Durchführung der Medizinisch-Psychologischen Untersuchung
und Beurteilung im Einzelfall. Der Gutachter ist allerdings in seiner Entscheidung
letztlich unabhängig und nicht weisungsgebunden.
Die Untersuchungsergebnisse des TÜV Süddeutschland in Baden-Württemberg
insgesamt weichen statistisch nicht signifikant vom bundesweiten Durchschnitt ab.
Auch die Ergebnisse der einzelnen Niederlassungen unterscheiden sich nicht vom
Bundesdurchschnitt; gewisse Streubreiten sind auf unterschiedliche Untersuchungszahlen in den einzelnen Untersuchungsstellen zurückzuführen.
Zu 4.:
Bei der TÜV MPI GmbH findet nach wie vor eine Mischfinanzierung statt – die
Gebühren für MPU-Gutachten und die Entgelte für Nachschulungskurse werden
zusammengerechnet. Im Bereich der Medizinisch-Psychologischen Untersuchung
ergäbe sich sonst eine Kostenunterdeckung. Nach wie vor ist davon auszugehen,
daß eine Kostendeckung insgesamt nur durch die Einbeziehung freiwirtschaftlicher Dienstleistungen, insbesondere der Nachschulungskurse erreicht wird.
Zu 5.:
Das Ministerium für Umwelt und Verkehr hat sich auf Bundesebene für eine institutionelle Trennung von Begutachtung und Nachschulung eingesetzt. Dieses Anliegen wird von fast allen Ländern unterstützt. In der künftigen Fahrerlaubnisverordnung soll die institutionelle Trennung festgeschrieben werden.
Zu 6.:
Medizinisch-Psychologische Untersuchungen werden in Baden-Württemberg vom
TÜV Süddeutschland und vom Institut für Rechts- und Verkehrsmedizin der Universität Heidelberg erstellt. Nachschulungen für alkoholauffällige Kraftfahrer bietet der TÜV Süddeutschland und im Rahmen des Führerscheins auf Probe auch die
Gesellschaft für Ausbildung, Fortbildung und Nachschulung e. V. (AFN) in Köln
an. Nach Ansicht der Landesregierung ergeben sich aus der dominierenden Stellung des TÜV Süddeutschland keine nachteiligen Wirkungen für die betroffenen
Verkehrsteilnehmer oder für die Qualität von Gutachten oder Kursen. Zum einen
stehen die Untersuchungsstellen des TÜV Süddeutschland jedenfalls im grenznahen Bereich im Wettbewerb mit Untersuchungsstellen in anderen Bundesländern.
Der Betroffene kann sich nämlich seine Medizinisch-Psychologische Untersuchungsstelle frei wählen. Darüber hinaus sind die Medizinisch-Psychologischen
Untersuchungsstellen in ein Qualitätssicherungskonzept eingebunden. Zum anderen werden Untersuchungen in allen Untersuchungsstellen und Nachschulungen
nach bundesweit einheitlichen Kriterien und Vorgaben durchgeführt. Ein Wettbewerb über den Preis ist bei den Untersuchungen nicht möglich, da die Entgelte in
einer bundesrechtlichen Gebührenordnung vorgegeben sind. Schließlich darf nicht
außer acht gelassen werden, daß der TÜV Süddeutschland ein flächendeckendes
Netz von Untersuchungsstellen in Baden-Württemberg aufgebaut hat, welches den
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Bürgern auch im ländlichen Raum in zumutbarer Entfernung die Durchführung
entsprechender Untersuchungen und Nachschulungen ermöglicht. Andere Anbieter haben diese Serviceleistung – abgesehen von der DEKRA in den neuen Bundesländern – bisher nicht erbracht. Sie haben sich die lukrativen Standorte in Ballungsgebieten für ihre Untersuchungsstellen ausgesucht.
Soweit in anderen Bundesländern mehrere Medizinisch-Psychologische Untersuchungsstellen im Wettbewerb miteinander stehen, sind die Erfahrungen sehr unterschiedlich. Es gibt Länder, in denen nach der Zulassung weiterer Träger Probleme entstanden sind. So haben sich Anbieter zu Lasten der Bürger nicht an die
Gebührenordnung gehalten. Andere hatten überdurchschnittlich hohe Quoten an
negativen Gutachten. Auch waren Gutachten in sich nicht schlüssig und nachvollziehbar. Andere Länder haben berichtet, daß es auch mit mehreren Trägern keine
Schwierigkeiten gegeben hat. Es kann jedenfalls nicht festgestellt werden, daß
Wettbewerb auf diesem Gebiet qualitätssteigernd wirkt.
Zu 7.:
Nach § 3 Abs. 3 Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) wird die Anerkennung von Medizinisch-Psychologischen Untersuchungsstellen vom Ministerium für Umwelt und Verkehr ausgesprochen. Sie kann an Auflagen gebunden
werden. Die näheren Einzelheiten sind in einer Richtlinie für die amtliche Anerkennung von Medizinisch-Psychologischen Untersuchungsstellen festgelegt (vgl.
GABl. 1991 Nr. 34 S. 1066).
Zu 8.:
Wie bisher wird die Ermächtigung, zur Klärung von Eignungsfragen MedizinischPsychologische Gutachten einzuholen, im Straßenverkehrsgesetz (StVG) geregelt.
Die näheren Einzelheiten für die Anerkennung einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchungsstelle sollen Teil der künftigen Fahrerlaubnisverordnung
(FeV) werden. Danach kann die Anerkennung erteilt werden, wenn die in einer
Anlage genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Diese entsprechen im wesentlichen den bisher in der o. g. Richtlinie genannten Anforderungen. Darüber hinaus
soll die institutionelle Trennung zwischen Begutachtung und Nachschulung sowie
eine Qualitätssicherung in der Form der Akkreditierung normiert werden.
Schließlich sollen in der künftigen Fahrerlaubnisverordnung die Vorschriften über
die Medizinisch-Psychologische Untersuchung präziser gefaßt werden. Insbesondere ist vorgesehen, die Anlässe, die zu einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung führen können, den Inhalt und die Schlußfolgerungen aus den Gutachten
sowie die Durchführung der Begutachtung in der Verordnung selbst zu regeln.
Aus § 24 a StVG (neu) – Promillegesetz und Drogengesetz – ergeben sich keine
zusätzlichen Anforderungen.
In Vertretung
Finkenbeiner
Ministerialdirektor
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