Giuseppe Bevilacqua: Una questione hölderliniana. Follia e poesia

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Giuseppe Bevilacqua: Una questione hölderliniana. Follia e poesia
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selber drei Seiten später richtigstellt;I5 all das ist schon vor vielen Jahren von Martin Decker-Hauff und Wilfried Setzler aufgedeckt worden,16 was Kuhn in seinem Aufsatz von 1992 auch ausführlich zitiert,
aber spöttisch kommentiert: ,,Da sieht man gleich, wohin politische
Voreingenommenheit führt" .17
Tatsächlich aber zeigt die Behandlung der Tübinger Verhältnisse,
daß es gerade auf Seiten der Autoren Kuhn und Schweigard ein sehr
ausgeprägtes „Wunschdenken"18 gibt, das ihrer guten Sache, nämlich
der Entdeckung und Darstellung einer ersten politischen Studentenbewegung in Deutschland, einen Bärendienst erweist. Es bleiben die anfangs hervorgehobenen historiographischen Verdienste des Bandes, die
ihn auch bei Fehlern im Detail insgesamt lesenswert machen.
Michael Franz
15 Vgl. Karl Klüpfel: Geschichte und Beschreibungder Universität Tübingen, Tübingen 1849, 268 und 271, wo die Geschichte(von Klüpfelselbst) eine
,,unbegründete Sage" genannt wird.
16 Hansmartin Decker-Hauff und Wilfried Setzler:Die Universität Tübingen von 1477 bis 1977 in Bildern und Dokumenten, Tübingen 1977, 196.
17 Kuhn [Anm. 1], 18.
18 Exakt diesen Vorwurf machte Kuhn [Anm. 1], 17 Adolf Beck, der den
,,TübingerFreiheitsbaum" eine „Legende" genannt hatte (in: SchwäbischeHeimat 29, 1978, 152-158).
Giuseppe Bevilacqua: Una questione hölderliniana. Follia e poesia nel
tardo Hölderlin, Firenze: Olschki 2007, 170 S. ISBN 978-88-2225668-3
Der lange an der Universität Florenz tätige und heute emeritierte Germanist und Übersetzer Giuseppe Bevilacqua - dem man u. a. eine wertvolle und vollständige Übertragung der Gedichte Paul Celans verdankt
- ist wahrscheinlich der Doyen der Hölderlin-Forschung in Italien,
wenn man bedenkt, daß er schon 1956 an dem sogenannten „Friedensfeier-Streit" mitwirkte und 1960 in diesem Jahrbuch die fast gleichzeitig erschienenen Übersetzungen der Gedichte Hölderlins von Giorgio
Vigolo und Leone Traverso besprach. Nun legt Bevilacqua eine Monographie über die späten Tübinger Jahre des Dichters vor, die manche Ergebnisse der Hölderlin-Philologie radikal in Frage stellt und ein neues
homogenes Bild des kranken und alten Autors verspricht.
Bevilacquas Hauptthese ist, daß die Ode 'Wenn aus der Feme .. .'
nicht von Hölderlin sei, wie übrigens auch die von Christoph Theodor
Schwab 1846 in der Erstausgabe der Werke veröffentlichten Gedichte
'Der Spaziergang' und 'Das fröhliche Leben'. Während aber bei diesen
beiden Texten das Manuskript fehlt und eine Fälschung Schwabs prinzipiell nicht auszuschließen ist, ist im Fall von 'Wenn aus der Ferne .. .'
eine Handschrift überliefert, die zweifellos von Hölderlin stammt.
Trotzdem behauptet Bevilacqua, daß dieses Gedicht „unmöglich" aus
der Feder des Dichters hervorgegangen sei (167). Zu diesem Schluß
kommt der Verfasser durch eine punktuelle stilistische Textanalyse sowie durch eine akribische biographische Recherche, die unterschiedliche
Indizien zusammenbringt und sich so spannend wie ein Kriminalroman
liest. Die als Fragment überlieferte alkäische Ode 'Wenn aus der Ferne .. .' - behauptet Bevilacqua - enthalte Wiederholungen, Ungenauigkeiten und platte Formulierungen in einem solchen Maß, daß sie sich
stilistisch, lexikalisch und metrisch von allen bekannten Texten Hölderlins (einschließlich jener aus der späten Zeit) stark unterscheide. Vor allem sei aber ihr Textduktus den sonstigen „Turmgedichten" ganz fremd.
Denn 'Wenn aus der Ferne .. .' läßt eine schroff klagende Frau sprechen,
die sich eben „aus der Feme" an ihren Geliebten wendet, wobei
35, 2006-2007, Tübingen 2007, 421-427.
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Bevilacqua - wie schon andere Interpreten vor ihm - diese Feme als das
Jenseits auslegt (11, 19). Der Verfasser vertritt jedoch die Meinung, daß
der Text nicht zu einer späteren Fortsetzung oder Bearbeitung des
Romans 'Hyperion' gehört (wie heute von vielen Editoren und Interpreten angenommen wird), sondern daß er stark biographische Elemente enthält, die auf die Beziehung des Dichters zu Susette Gontard
anspielen. Gerade diese fast ostentative biographische Dimension
scheint aber Bevilacqua problematisch, da auf der anderen Seite die Berichte über die Krankheit des Dichters und die pathologische Dynamik
der Schizophrenie eine solche Bezogenheit auf das eigene Leben ausschließen (98). Zu Recht erinnert der Verfasser daran (65), wie in den
,,Turmgedichten" das Ich verschwindet (mit Ausnahme der oben erwähnten, von Schwab herausgegebenen Texte, deren Authentizität nicht
zuletzt aus diesem Grund angezweifelt wird [65-82], und freilich mit
Ausnahme des Vierzeilers 'Das Angenehme dieser Welt ...', der aber gerade einen Verzicht auf die Subjektivität darstellt [51]) und die Sprache
sowohl Pronomina als auch das Präteritum als Erzählform vermeidet
(45), dies hingegen ist eines der wesentlichen Merkmale des Ich-bezogenen Rollengedichts 'Wenn aus der Ferne .. .'. In der Tat läßt sich das Gedicht kaum den anderen nach 1808 geschriebenen Texten zuordnen,
weshalb es in den Arbeiten über diese Zeit nur am Rande behandelt
wurde. Aber auch eine frühere Datierung scheint für Bevilacqua ausgeschlossen oder zumindest sehr schwierig. Aufgrund einer Analyse der
Papiersorte wie auch aufgrund einer Notiz Mörikes ist es am wahrscheinlichsten, die Entstehung des Textes auf die Jahre 1823-24 festzulegen (86-92). Vor diesem Hintergrund kommt der Verfasser zu der
These, daß die Ode eine raffinierte Fälschung Waiblingers sei, der Hölderlin den Text diktiert haben mag (153-155). Diese Vermutung wird
durch eine subtile und fundierte Analyse des Verhältnisses des jungen
und ambitionierten Schriftstellers zu dem alten Dichter untermauert. Es
handle sich da um die komplexe Beziehung zwischen dem exaltierten
Waiblinger (ein „Borderline"-Fall, behauptet Bevilacqua [113-125]),
der auf der Suche nach Identifikationsmodellen war, und dem schizophrenen Hölderlin, der sich dem jungen Menschen unterworfen habe.
Durch verschiedene Indizien und eine psychologische Charakterisierung
Waiblingers versucht Bevilacqua, die mögliche Fälschung und ihre
Gründe zu rekonstruieren. Der junge Waiblinger könnte Mörike den
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gefälschten Text geliefert haben, um seine frustrierten Ambitionen und
seine megalomanen Pläne zu befriedigen. Wie Bevilacqua übrigens beweisen kann, gehörte die Fälschung und die skrupellose Benutzung
fremder Texte zu den angewandten Strategien Waiblingers (162-167),
sich in den literarischen Kreisen durchzusetzen.
Trotz der rhetorisch glänzenden Argumentation, trotz der vielen vorgebrachten Indizien vermag die These Bevilacquas nicht ganz zu überzeugen. Zunächst erscheint es methodologisch fragwürdig, einen Text
als Fremdkörper zu erklären, weil er nicht zu einem vorbestimmten
Autorenbild paßt. Mag es auch stimmen, daß 'Wenn aus der Ferne ... '
kein gelungenes Gedicht ist, so ist dies noch kein Beweis für seine mangelnde Authentizität. Das gilt auch für die Zugehörigkeit des Textes zu
den anderen „Turmgedichten". Die Tatsache, daß die Ode nicht die
Merkmale der anderen Verse aufweist, sollte eher zu einem differenzierten Bild der gesamten Produktion dieser Zeit führen und nicht zur
Bestätigung der angewandten interpretatorischen Kategorien durch das
Kaschieren der Ausnahme. Im einzelnen sind übrigens auch die Argumente, welche der Verfasser zur Unterstützung seiner These anbringt,
nicht immer stimmig. Bevilacqua vergißt z.B., daß 'Emilie vor ihrem
Brauttag' auch ein Rollengedicht ist, in dem eine Frau zu Wort kommt.
In dieser Hinsicht wäre 'Wenn aus der Ferne .. .' kein Unikum. Nicht
richtig ist ferner die Feststellung, daß Hölderlins Oden das Enjambement vermeiden (35). Auch das Einschieben von ganz gewöhnlichen
Sprachelementen, ja von „Floskeln", in eine höhere Stillage scheint mir
keine Ausnahme in der Lyrik Hölderlins zu sein, obwohl die Forschung
dieses Phänomen vernachlässigt hat. Schließlich bleibt das Problem der
Datierung der Handschrift trotz der akkuraten Rekonstruktion Bevilacquas nicht eindeutig lösbar.
Wenn aber die inkriminierte Ode tatsächlich ein Produkt Waiblingers ist, wie kann man dann den Text so vollständig auf die Biographie
Hölderlins beziehen, wie es der Verfasser tut? Bevilacqua übernimmt
u.a. die bekannte Spekulation Pierre Bertaux', Hölderlin habe auf der
Rückreise von Bordeaux nach Nürtingen in Frankfurt bei der sterbenden Susette Station gemacht (24-28, 142-149). Dieses Ereignis sei
nämlich in der Ode bearbeitet worden, was eine entsprechende Kenntnis der Vorkommnisse bei Waiblinger voraussetzen würde. Das ist aber
schwer nachvollziehbar, da der Schriftsteller in seiner Hölderlin-Bio-
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graphie diese Episode nicht erwähnt. Auch die mit dieser Spekulation
verbundene Hypothese, daß sich das „Meer" im Gedicht auf den Aufenthalt Hölderlins in Bordeaux beziehen würde (Bevilacqua will noch
einige Verbindungen zu 'Andenken' feststellen), scheint mir sehr problematisch. Viel einfacher ist es, das Meer auf die griechische Landschaft zu beziehen und die ganze Ode als eine Variation des 'Hyperion'Komplexes zu verstehen. Davon will Bevilacqua jedoch nichts wissen,
da er behauptet, daß die evozierten szenischen Elemente nicht zu dem
Bild Kalaureas gehören (21) und vielmehr eine Erinnerung an Frankfurt, Kassel und Triberg - hier irrt der Verfasser, gemeint ist Bad
Driburg - darstellen würden (was wiederum eine detaillierte Kenntnis
dieser biographischen Episoden seitens Waiblingers voraussetzen
würde). Zwar erwähnt der Verfasser, auf dem Konvolut, das die Ode
enthält, sei auch ein 'Hyperion'-Fragment zu lesen. Diese Koexistenz
der beiden Texte auf demselben Träger ist aber für ihn nicht relevant,
wobei er sich auf die Autorität Beißners stützt (52). Daher wird auch im
ganzen Buch dieses 'Hyperion'-Fragment, dessen handschriftliche Lage
einen möglichen Zusammenhang mit der Ode zumindest denkbar erscheinen läßt, nicht berücksichtigt. Eine solche Auslassung ist aus mehreren Gründen zweifelhaft. Zunächst scheint mir eine direkte Beziehung
zwischen beiden Texte zu bestehen, und zwar so, daß in dem Prosatext
Hyperion auf die im Gedicht entworfene Frage Diotimas, ob er sich an
sie erinnern würde, exakt antwortet (und dabei die Formel „ich kann
dir das wohl sagen", welche auf das „so sage" Diotimas repliziert,
wiederholt [MAI, 910]1). Vor allem stellt sich aber die Frage: Wenn die
Ode 'Wenn aus der Feme .. .' eine Konstruktion Waiblingers ist, wie
steht es mit dem anderen auf demselben Textträger enthaltenen Prosatext? Handelt es sich auch in diesem Fall um eine Fälschung Waiblingers? Oder ist anzunehmen, daß Hölderlin den von Waiblinger diktierten Text auf ein schon angeschriebenes Papier setzte? Selbst wenn man
zu diesem Schluß käme, bliebe noch zu erklären, warum Hölderlin in
seinem Wahnsinn fähig war, den Roman zu bearbeiten (oder fortzusetzen), während er in seinem Zustand nur die von jeglicher Dramatik
entfernten „Fenstergedichte" hätte entwerfen können (wie Bevilacqua
behauptet). Entweder war der Dichter tatsächlich in seiner Krankheit
gefangen, die ihm nur erlaubte, jene kurzen, wenn auch wunderschönen
Texte zu schreiben, in denen das Ich nie vorkommt und nur eine programmatische Harmonie der Natur beschworen wird, oder er konnte
gelegentlich frei arbeiten und sich u. a. dem Projekt einer Bearbeitung
oder Fortsetzung des Romans widmen. Auf jeden Fall bleibt Bevilacqua
dem Leser die Erklärung hinsichtlich der Koexistenz· beider Entwürfe
auf demselben Konvolut schuldig.
Fragwürdig ist die These des „Diktats" auch wegen des handschriftlichen Duktus der Ode. Vor der ersten Strophe steht nämlich der durchgestrichene Ansatz „Auf einem Pfa" (vgl. FHA 9, 48-49)2. Daraus kann
man schließen, daß der Text den Charakter eines Entwurfs hat, wie
auch die Varianten im Text bestätigen, die sich nicht auf ein Verschreiben beim Zuhören zurückführen lassen. Und daß der letzte Vers mitten
im Satz unvollendet bleibt, ist bei Hölderlin nicht so ungewöhnlich, wie
Bevilacqua behauptet. Insgesamt läßt sich der Eindruck nicht vermeiden, daß der Verfasser zur Untermauerung seiner Argumente oft Befunde anführt, die anders (und besser) gedeutet werden könnten. Das gilt
auch für die Erwähnung der ersten Strophe von 'Wenn aus der Feme .. .'
(mit dem falschen Titel 'An Diotima' und einigen Abweichungen) in der
Hölderlin-Biographie Waiblingers. Gerade dieses Zitat scheint eher ein
Beweis für die Authentizität des Gedichts zu sein. Denn warum hätte
der Autor seine Fälschung mit einem falschen Titel (und einer Variante!)
veröffentlichen sollen?
Trotz der Unzulänglichkeit der dargelegten These ist das Buch ein
kostbarer Gewinn für die internationale Hölderlin-Forschung. Es gelingt Bevilacqua zu zeigen, wie die Krankheit kein Hindernis für die
Lyrik des späteren Hölderlin gewesen ist und daß die Schizophrenie
nicht mit der hohen ästhetischen Qualität einiger Texte dieser Zeit unvereinbar war. Im Gegenteil, das Werk dieser Periode läßt sich für den
Verfasser nur im Rahmen des pathologischen Zustands des Dichters
erklären. Deshalb sei der vage und „poetische" Ausdruck der „Umnachtung" ganz falsch und ungeeignet, das Spezifische der menschlichen
Friedrich Hölderlin. SämtlicheWerke, Frankfurter Ausgabe [FHA].Historisch-kritischeAusgabe,hrsg. von DietrichE. Sattler,20 Bde.und 3 Supplemente,Frankfurt a.M. 1975 ff.
2
t Friedrich Hölderlin. SämtlicheWerke und Briefe[MünchnerAusgabe =
MA], hrsg. von Michael Knaupp, 3 Bde.,München/Wien1992-1993.
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Situation Hölderlins zu erfassen. Darüber hinaus enthält das Buch
außerordentlich feine stilistische und biographische Bemerkungen. Beispielsweise ist der Verfasser der Meinung, daß alle Pseudonyme, deren
sich Hölderlin im Turm bedient hat, einen italienischen Ursprung haben, einschließlich des bisher wenig untersuchten ,Killalusimeno•, das
als der italienische Satz zu verstehen wäre: ,,chi {ce) l'ha, l'usi meno"
{,,wer es hat, verwende es weniger") (83). Dabei beziehe sich Hölderlin
auf seinen Vornamen Friedrich, der somit abgelehnt wird. Die als Name
mißverstandene Formulierung Killalusimeno kommt nämlich bei der
Biographie Waiblingers {der hier Glauben geschenkt wird) im Zusammenhang mit der Erwähnung Friedrichs des Großen vor, als Hölderlin sagt: ,,Ich, mein Herr, bin nicht mehr von demselben Namen"
{StA VII 3, 69).3 Interessanterweise hatte schon Jochen Bertheau, den
Bevilacqua nicht zu kennen scheint, einen ähnlichen phonetischen Erklärungsversuch geliefert, nur mit einem anderen Ergebnis. Im Gascognischen gibt es offenbar die Wendung: ,,Qu'il a laus y meno" ("daß er
den Verstand verloren hat").4
Vor allem aber zeigt die Monographie Bevilacquas einige noch zu erfüllende Aufgaben der Hölderlin-Forschung. Denn nach diesem Buch ist
eine ernste textkritische Auseinandersetzung mit der Authentizität der
Turmgedichte mehr als erforderlich (ich tendiere dazu, Bevilacqua recht
zu geben, wenn er die Authentizität der Gedichte 'Spaziergang' und
'Das fröhliche Leben' in Frage stellt). Aber noch dringender erscheint
mir das Problem der späten 'Hyperion'-Fragmente. Inwiefern kann man
davon ausgehen, daß Hölderlin sich im Turm noch mit seinem Roman
beschäftigte? Die Materialien, die vorhanden sind {einiges ist sicher verschollen; vgl. StA III, 360), weisen nicht so sehr auf eine Fortsetzung, als
vielmehr auf eine Bearbeitung des veröffentlichten Romans hin. Gerade
der Prosatext, der mit den Worten „ich kann dir das wohl sagen" beHölderlin. SämtlicheWerke. Stuttgarter Ausgabe [StA],hrsg. von Friedrich Beißner und Adolf Beck, 8 in 15 Bdn., Stuttgart 1943-1985.
4 Vgl. Jochen Bertheau: Hölderlins französische Bildung, Frankfurt a.M.
2003, 120. -Anders Pierre Bertaux: Friedrich Hölderlin, Frankfurt a.M. 1978,
188f. - Zu den rätselhaften Namensbildungenvgl. schonWilhelmWindelband:
Über Friedrich Hölderlin und sein Geschick. In: ders., Präludien. Aufsätze und
Reden zur Einleitung in die Philosophie, Tübingen/Freiburgi.Br. 1884, 146175.
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ginnt und sich auf demselben Träger der Ode 'Wenn aus der Feme ...'
befindet, könnte ein Brief Hyperions an Diotima nach seiner Abfahrt
aus Kalaurea sein. Dementsprechend ließe sich auch die Ode 'Wenn aus
der Feme .. .' einordnen (als Brief Diotimas an Hyperion), ohne an das
Jenseits zu denken (denn die „Urwelt" kann auch die ursprüngliche
Welt vor der Zivilisation sein, Hölderlin verwendet das Wort auch so in
'Hyperion' [MAI, 715]), ohne auf komplexe biographische Spekulationen rekurrieren zu müssen.S Hat nun Hölderlin im Turm versucht, seinen Roman zu bearbeiten, indem er neue, in den zweiten Teil (freilich
schwer) zu integrierende Briefe entworfen hat? Als eine Art ergänzender
Kommentar zu dem schon Gedruckten? Vielleicht zu dem Zeitpunkt des
neuen Unabhängigkeitskriegs in Griechenland, als er plötzlich wieder
Interesse für die politischen Ereignisse zeigte und täglich in der neuen
Ausgabe des 'Hyperion' las {vgl. StA VII 2, 565)?6 Zuletzt aber muß
noch einmal festgestellt werden: Solange keine neuen Dokumente auftauchen, bleibt für uns das Leben Hölderlins im Turm dunkel. Deshalb
seien auch gewagte Rekonstruktionen willkommen, wenn sie mit höchster Intelligenz, stilistischer Eleganz und kriminalistischem Spürsinn
vorgehen, wie es Bevilacqua in seinem Buch hervorragend tut.
Luigi Reitani
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Bevilacquameint u.a., daß die „Gärten" im Gedicht nicht zu der Waldinsel Kalaureas passen würden. Die BegegnungenHyperions mit Diotima finden aber (nach dem Muster Rousseaus)gerade in einem Garten statt!
6 Dies würde auch zur Datierung Bevilacquaspassen, der mit guten Argumenten die von Sattler und Knaupp vertretene frühere Festlegung des Textes
,,um 1808" ablehnt.
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