Dokumentationsportal - Bestand, Infoblätter, Inhaltsangaben

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Dokumentationsportal - Bestand, Infoblätter, Inhaltsangaben
Mediathek der UB Graz
Österreich Box 1896 - 1995
Filmdokumente zur österreichischen Zeitgeschichte
von Hannes Leidinger, Verena Moritz, Karin Moser, 6 Teile = 6 DVDs
Filmarchiv Austria 2008-2011
Sign. I 651.996 /1-6
Inhaltsverzeichnis
DVD 1 1896 - 1995: das Ende der Donaumonarchie
3
Kap. 1. Das Kaiserhaus – Repräsentation
3
Kap. 2. Alltag – Lebenswelten
5
Kap. 3. Wirtschaft und Fortschritt
7
Kap. 4. Machtanspruch und Nationalismus
9
Kap. 5. Der Erste Weltkrieg
12
Kap. 6. Das Ende der Monarchie
15
Kap. 7. Film und "Wirklichkeit"
18
Kap. 8. Biografien
20
DVD 2 1918 - 1938: Zwischen den Weltkriegen
22
Kap. 1 - Vom Konsens zum Bürgerkrieg
22
Kap. 2 - Großraumdenken
24
Kap. 3 - Krise und Elend
25
Kap. 4 - Zwischen Tradition und Moderne
26
Kap. 5 - Gegenkulturen
28
Kap. 6 - Das autoritär-faschistische Regime
29
DVD 3 1938–1945 Die Herrschaft des Nationalsozialismus
31
Kap. 1: Der "Anschluss"
33
Kap. 2: Gleichschaltung
35
Kap. 3: NS-Wirtschaftspolitik
38
Kap. 4: Alltag im Nationalsozialismus
40
Kap. 5: Kultur
41
Kap. 6: Expansionspolitik
44
Kap. 7: NS-Europa
47
Kap: 8: Weltkrieg
48
Kap. 9: Der totale Krieg
50
Kap. 10: NS-Verbrechen
52
Kap. 11: Widerstand
55
Mediathek, Universitätsstraße 15/K2, A-8010 Graz, 2. Stock Tel.: +43/ 0316/ 380 - 1591
Stand 02/2012
DVD 4 1945–1955 Der Weg zum Staatsvertrag
56
Kap. 1: Die Alliierten
56
Kap. 2: Das politische Österreich
58
Kap. 3: Schatten der Vergangenheit
60
Kap. 4: Aufbau und Fortschritt
62
Kap. 5: Eine Nation entsteht
65
Kap. 6: Der Staatsvertrag
68
Kap. 7: Blick zurück
69
Kap. 8. Biografien
70
DVD 5 1955 –1968: Konsolidierung im Kalten Krieg
71
Kap. 1. Entscheidungsträger
71
Kap. 2. Aufschwung
73
Kap. 3. Tradition und Neubeginn
75
Kap. 4. Demokratie und "Altlasten"
78
Kap. 5. Aktive Neutralität
79
Kap. 6. Zwischen Ost und West
81
Kap. 7. Aufbruch und Rebellion
83
Kap. 8. Das Schlüsseljahr 1955
85
Kap. 9. Biografien
86
DVD 6 1968–1995: Der Wohlfahrtsstaat im Wandel
88
Kap. 1. Kräfteverhältnisse
88
Kap. 2. Wohlfahrtsstaat: Chancen und Krisen
91
Kap. 3. Tradition und Selbstverständnis
95
Kap. 4. Modernisierung und Liberalisierung
97
Kap. 5. Geschichtsbewusstsein
100
Kap. 6. Das dritte Lager – Rechtspopulismus
102
Kap. 7. Zivilgesellschaft
103
Kap. 8. Die große Geschichte
105
Kap. 9. Biografien
108
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DVD 1
1896 - 1995: das Ende der Donaumonarchie
Kap. 1. Das Kaiserhaus – Repräsentation
Die Krone bildete die Spitze der hierarchischen Ordnung. Auf dem Gottesgnadentum beruhte die
Macht der kaiserlichen Dynastie. Danach kamen der Hof, die Kirche, Armee und Zivilverwaltung,
Nationen und Gesellschaftsschichten. Standesdünkel, soziale Gegensätze, ungleiche Einkommensund Vermögensverteilung charakterisierten das »Reichsgefüge«. Das Leben und Wirken des
Kaiserhauses wurde idealtypisch verklärt. Die »Laufbilder« trugen dazu bei, den »Habsburgermythos«
zu festigen.
Der Besuch Kaiser Franz Josefs in Braunau am Inn
A 1903, stumm, s/w, Länge: 2’14’’
Franz Joseph bestieg während der Revolution von 1848 mit 18 Jahren den Thron. Ganz auf seine von
Gott gegebenen Vorrechte vertrauend, regierte er zunächst absolutistisch. Die gesellschaftlichen und
politischen Veränderungen blieben ihm ebenso fremd wie die technischen, wissenschaftlichen und
künstlerischen Errungenschaften. Der Film DER BESUCH KAISER FRANZ JOSEFS IN BRAUNAU AM INN wurde
1903 vom Wanderkino-Betreiber und Kinopionier Johann Bläser gedreht. Es handelt sich um die
ersten erhaltenen Filmaufnahmen von Kaiser Franz Joseph.
Kaiser Franz Joseph als Regent und als Mensch
A 1930, stumm, s/w, Länge: 3’
Der »alte Mann in Schönbrunn«, der die »Ehre und Würde« des Reiches nicht zuletzt mit
Waffengewalt zu wahren suchte, verkörperte Anfang des 20. Jahrhunderts die Kontinuität, aber auch
die Schwäche der Dynastie und des monarchischen Herrschaftsprinzips. Dem Kaiser wurde auch
filmisch gehuldigt. Der »kaiserliche Waidmann«, der der Jagd frönte, war allgegenwärtig.
Naturverbunden und von seinen »ihn liebenden Untertanen« umgeben, wurde der Kaiser in der
Filmpropaganda präsentiert.
Kaiser Franz Josef I. eröffnet die Adria-Ausstellung in Wien
A 1913, stumm, s/w, Länge: 3’3’’
Die Adria-Ausstellung war die letzte große Schau der österreichisch-ungarischen Monarchie vor dem
Ersten Weltkrieg. Entlang eines eigens angelegten Kanals, in dem der Dampfer »Wien« mit einem
Restaurant vor Anker lag, wurden bekannte Gebäude der adriatischen Küste nachgebaut. Zu sehen
waren etwa Rekonstruktionen eines Campaniles, das St. Georgshaus von Lovrano, das Stadttor von
Zara oder der Rektorenpalast von Ragusa (heute Dubrovnik). Die Aufnahmen zeigen Kaiser Franz
Joseph bei einer Besichtigung des Geländes am 26. Juni 1913.
Die oesterreichisch ungarische Armee
A ca. 1912, stumm, s/w, Länge: 1’38’’
Das Verhältnis zwischen Kaiser Franz Joseph und dem Thronfolger Franz Ferdinand war aus
mehreren Gründen angespannt. Letzterer hatte durch die »unstandesgemäße« Ehe mit der Gräfin
Sophie Chotek, der späteren Fürstin Hohenberg, den Unmut des Regenten erregt. Auch politisch
gingen die beiden unterschiedlichen Charaktere auf Konfrontationskurs. Franz Ferdinand liebäugelte
mit einem grundlegenden Umbau des Reichsgefüges. Seine Residenz im Schloss Belvedere stellte
zunehmend ein eigenständiges Machtzentrum dar. Die Aufnahmen zeigen Franz Ferdinand im
Rahmen einer Frühjahrsparade auf der Schmelz in Wien.
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Vermählung des künftigen Thronfolgers Erzherzog Karl Franz Josef mit Prinzessin Zita von Parma auf
dem Schloss zu Schwarzau am 21. Oktober
A 1911, stumm, s/w, Länge: 4’9’’
Kaiser Franz Joseph konnte sich eher für seinen Großneffen Karl als für den Thronfolger Franz
Ferdinand erwärmen. Karl heiratete 1911 die 19-jährige Prinzessin Zita von Bourbon-Parma, die wie
er zur Hocharistokratie gehörte. Er sollte nach der Ermordung Franz Ferdinands der neue Thronfolger
und schließlich der letzte Kaiser und König von Österreich-Ungarn werden.
Kaisers Geburtstag in Payerbach
A 1917, stumm, s/w, Länge: 2’36’’
Der Kriegspropagandafilm zeigt Kaiser Karl anlässlich seines 30. Geburtstages am 17. August
1917 in Payerbach. Der junge Kaiser wird sowohl als liebevoller Familienvater als auch als
führender Militär präsentiert. Das Kaiserpaar, seine Familie und hochrangige Militärs sind zu
Beginn auf dem Areal der Villa Wartholz in Reichenau an der Rax zu sehen.
Seine Majestät der Kaiser und König im wiedereroberten Görz
A 1917, stumm, s/w, Länge: 1’50’’
Mit Stolz präsentiert das k. u. k. Pressequartier den Bericht über die wiedereroberte Stadt Görz. Ein
gut gelaunter Kaiser und eine souverän wirkende Heeresführung werden ins Bild gesetzt.
Nach dem Kriegseintritt Italiens gegen Österreich-Ungarn versuchte die italienische Heeresleitung am
Isonzo vorzustoßen. Im Sommer 1916 gelang Italien die Eroberung von Görz. Im Oktober 1917 kam
die italienische Front ins Wanken, Görz wurde von den österreichisch-ungarischen Truppen
zurückerobert. 1918 ging das gesamte Gebiet nach dem Waffenstillstand an Italien.
Internationaler eucharistischer Kongress in Wien
F 1912, stumm, s/w, Länge: 1’48’’
Trotz einiger antiklerikaler Gesetze in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts geriet der
religionskritische Liberalismus ins Hintertreffen. Thron und Glaube bildeten eine Einheit. Der Kaiser
symbolisierte unter anderem durch sein Protektorat für den Internationalen Eucharistischen Kongress
im Jahr 1912 das staatstragende Bündnis. Untermauert wurde es außerdem durch die konfessionellen
Verhältnisse: Österreich war ein katholisches Land. In der westlichen Reichshälfte der
Donaumonarchie lebten 1910 79 Prozent Katholiken.
Die allerhöchsten Herrschaften des österreichischen Kaiserhauses bei den Enthüllungsfeierlichkeiten
des Kaiserin Elisabeth Denkmals im k. k. Volksgarten zu Wien am: 4. Juni 1907
A 1907, stumm, s/w, Länge: 2’10’’
Der Hofstaat mit seinem steifen Zeremoniell diente ganz dem Bestreben, »Glanz und Erhabenheit«
der monarchischen Stellung zum Ausdruck zu bringen. Der Dynastie und dem Kaiser, der die
Regierungen ernannte und entließ, stand ein Heer von Lakaien und Hofbeamten zu Diensten. Auch
anlässlich der Enthüllung des Kaiserin-Elisabeth-Denkmals traf der gesamte Hofstaat zusammen. In
den beiden Reichshälften Österreich und Ungarn gaben weiterhin Krone und Adel im Bund mit der
Generalität und der Hochbürokratie den Ton an.
Ein Tag aus dem Familienleben seiner k. u. k. Hoheit des Herrn Erzherzog Leopold Salvator
A 1914, stumm, s/w, Länge: 2’26’’
Der Adel, der in einigen Bereichen der Zentralverwaltung sowie in der Administration einzelner
Kronländer über erheblichen Einfluss verfügte, bildete auch nach dem Ende des Habsburgerreiches
eine relativ geschlossene Gesellschaft mit beträchtlichem Grundbesitz.
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Viele Aristokraten betrachteten ihr Vermögen als Standesprivileg und weniger als
Investitionspotenzial. Dem sozialen Prestige diente vor allem die Jagd. Auch deshalb vergrößerte sich
in manchen Gebieten der Anteil des Waldes. Die Bilder rund um das Schloss Wilhelminenberg in
Wien veranschaulichen am Beispiel des Erzherzogs Leopold Salvator das alltägliche Leben der
Aristokratie.
Kap. 2. Alltag – Lebenswelten
Standesdünkel und soziale Gegensätze charakterisierten das »Reichsgefüge«. Aristokraten und Teile
des Bürgertums mochten die Herrschaft der Habsburger als »gute Zeit« empfinden. Für das Gros der
Unterprivilegierten auf dem Land und in den Städten blieb das Leben hingegen beschwerlich. Die
Widersprüche werden in den Filmen kaum sichtbar. Der »Zauber der Montur«, die Paraden und
Umzüge, die Feste des Adels und speziell des Herrscherhauses verdecken den Blick auf Armut und
Ausgrenzung. Auch der Alltag gerät selten ins Bild. Bisweilen finden sich Aufnahmen von
Freizeitvergnügungen im Prater, im Freibad oder auch im Kino.
Wien gegen Ende des Ersten Weltkrieges
A ca. 1918, stumm, s/w, Länge: 1’6’’
Maximal sieben Prozent der Bevölkerung in der österreichischen Hälfte der k. u. k. Monarchie lassen
sich dem Bürgertum zurechnen. Davon gehörte wiederum eine extrem schmale Schicht
wohlhabenden Kreisen an, die Banken und Großbetriebe leiteten und von einer zunehmenden
Industrialisierung vorrangig profitierten. Zudem vergrößerte sich das Heer der Beamten und
Angestellten, der Greißler, Gast- und Schankwirte. Die Bilder zeigen Bürger und deren Kinder beim
Freizeitgenuss im Wiener Volksgarten und im Stadtpark.
Über den Arlberg
D 1911, stumm, s/w, Länge: 1’21’’
Mittelbäuerliche Schichten, patriarchalische Strukturen und geringe Ernteerträge prägten das
traditionsverhaftete Dorfleben im Gebiet der späteren österreichischen Republik. Speziell
»Kleinhäusler« konnten keine Überschüsse für den Markt erzielen. Selbstständige, deren Zahl in der
Land- und Forstwirtschaft zwischen 1891 und 1910 um rund 30 Prozent anstieg, waren vielfach von
Elend bedroht. Inleute, Gesinde und Dienstboten zählten zudem nicht viel in einer Welt, die von
einigen wenigen wohlhabenden Hofbesitzern geprägt wurde. In ökonomisch benachteiligten Regionen
kam es zur Abwanderung.
Das Stahlwerk der Poldihütte während des Weltkrieges
A 1916, stumm, s/w, Länge: 2’42’’
In Österreich gehörten um 1900 nur drei Prozent der Beschäftigten Gewerkschaften an. Doch nur die
gewerkschaftliche
Organisation
verhalf
einzelnen
Gruppen
zu
Reallohnzuwächsen.
Nichtsdestoweniger bildete sich in der Habsburgermonarchie eine breite »Arbeiterklasse« heraus. In
den Fabriken leisteten Frauen, Männer, Jugendliche und sogar Kinder ein enormes Pensum.
Typen und Szenen aus dem Wiener Volksleben
A 1911, stumm, s/w, Länge: 1’29’’
Not und Ausgrenzung von Randgruppen und Unterschichten blendeten die Filmaufnahmen meist aus.
Dabei fehlte es nicht an Widersprüchen. Der Film TYPEN UND SZENEN AUS DEM WIENER VOLKSLEBEN zeigt
mit teils sarkastischem Humor eine andere Seite der Residenzstadt. Eine betagte Frau muss sich
ihren Lebensunterhalt mit dem Verkauf von Blumen sichern. Heruntergekommene Männer sind auf
der Suche nach Alkohol – ein Spiegel der Zeit. In Wien führten die beklemmenden Lebensverhältnisse
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zu einem Ansteigen der Zahl der Alkoholkranken und der Tuberkulosefälle. 1911 kam es aufgrund der
steigenden Lebenshaltungskosten sogar zu Unruhen.
Blumenkorso im Mai
F ca. 1908, stumm, s/w, Länge: 1’26’’
Im Jahr 1886 hatte die Tradition des Blumenkorsos in Wien ihren Anfang genommen. Ausgangspunkt
war ein von der Fürstin Pauline Metternich organisiertes Frühlingsfest am 29. und 30. Mai. Jahr für
Jahr begeisterten sich die Wiener für die prächtig geschmückten Kutschen und Automobile des
Korsos. Als Begleitprogramm fanden Konzerte sowie sportliche und artistische Darbietungen statt.
In der Prater-Hauptallee
F ca. 1908, stumm, s/w, Länge: 50’’
Die Prater Hauptallee wurde in den Jahren 1537/38 im Auftrag von Ferdinand I. angelegt. Sie
erstreckt sich über viereinhalb Kilometer vom Praterstern bis zum Lusthaus. Zur Kaiserzeit galt
sie als Flanier- und Parademeile der vornehmen Wiener Gesellschaft. Entlang der Hauptallee
wurden ab dem 18. Jahrhundert Kaffeehäuser errichtet. Dort spielten unter anderem auch
Tanzkapellen, wie jene von Johann Strauß, auf.
Kaiser-Huldigung im Wiener k. k. Prater
A 1911, stumm, s/w, Länge: 2’54’’
Alljährlich wurde des Geburtstages Kaiser Franz Josephs I: am 18. August feierlich im Rahmen von
Kaiser-Huldigungsfeierlichkeiten gedacht.
Bis 1918 zählte der Prater zum kaiserlichen Besitz und wurde vom Oberhofmeisteramt verwaltet. Die
Aufnahmen zeigen einen Teil des Festzugs sowie eine Fahrt mit der Hochschaubahn, der »Scenic
Railway«, die im April 1909 ihren Betrieb aufgenommen hatte.
Osijek zur zeit der österreichisch-ungarischen Monarchie
A 1913, stumm, s/w, Länge: 1’38’’
Festivitäten, wie etwa anlässlich des Besuchs von Erzherzog Leopold Salvator in Osijek (Kroatien),
brachten verschiedenen Gesellschaftsgruppen zusammen. Auch darin sollten sich der Zusammenhalt
und die Vitalität des Reiches versinnbildlichen. Gemeinsam mit den Aufnahmen von unbeschwertem
Freizeitvergnügen, von höfischem Glanz und kaiserlicher Autorität schufen Filme über Aufmärsche
und Festveranstaltungen das Bild der »guten Kaiserzeit«, das in der späteren Habsburgernostalgie
wieder auflebte. Die Aufnahmen aus Osijek stammen vom Filmverleiher und Kinobesitzer Ignatz
Reinthaler. Dem Filmpionier sind bedeutende historische Dokumente aus der Kaiserzeit zu
verdanken.
Johann Strauss an der schönen blauen Donau
A 1913, stumm, s/w, Länge: 1’46’’
Auch noch über seinen Tod hinaus feierte das Volk seinen »Walzerkönig« Johann Strauß (1825–
1899). Ein Spielfilm widmete sich 14 Jahre nach seinem Ableben dem großen Künstler. Sein Leben
wird mit fiktionalen Inhalten wiedergegeben. Dem »Meister der Operette« wird mit diesem Film ein
Denkmal gesetzt. Am Ende steht das reale Ehrenmal für den Künstler.
Rauschlied aus »Künstlerblut«
D ca. 1909, Ton, s/w, Länge: 3’28’’
Das »Rauschlied« aus Edmund Eyslers Operette Künstlerblut ist aufs Engste mit der Theaterkultur
Wiens verbunden und präsentiert den populären Volksschauspieler Alexander Girardi (1850–1918).
Girardi profilierte sich als Charakterdarsteller in Raimund-Stücken und als (Gesangs-)Komiker in
Operetten. Beim vorliegenden Dokument handelt es sich um ein Tonbild, eine Form des »tönenden«
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Filmdokuments, das zwischen 1904 und 1909 ein unverzichtbarer Teil des Kinos war. Die Tonbilder
konnten bei einer Länge von etwa drei Minuten Gesangsstücke, aber auch gesprochene Dialoge
durch eine komplexe mechanische Verkopplung von Filmprojektor und Grammophon verblüffend
realistisch reproduzieren.
Kundgebung für Kaiser Franz Josef vor dem Brigittenauer-Kino anlässlich seines Geburtstages
A ca. 1914, stumm, s/w, Länge: 37’’
Eine begeisterte Menschenmenge jubelt zu Ehren des Geburtstages von Kaiser Franz Joseph I., dem
hier vor dem Brigittenauer-Kino gehuldigt wird. Es ist dies die einzige erhaltene Filmaufnahme des
Brigittenauer-Kinos (im 20. Wiener Gemeindebezirk) aus der Kaiserzeit.
Zur Kinoausstellung
A 1912, stumm, s/w, Länge: 1’8’’
1895 fand die erste Filmvorführung vor Publikum statt. Jenes Medium, das im 20. Jahrhundert den
Ton angeben sollte, war geboren. Eine neue Unterhaltungs-, aber auch Propagandabranche trat ihren
Siegeszug an. Die Filmindustrie entstand, hielt ihre Gründungskongresse ab und organisierte im
Oktober 1912 eine erste »Internationale Kinoausstellung«. Zwischen 1903 und dem Beginn des
Ersten Weltkrieges stieg die Zahl der Wiener »Lichtspieltheater« von drei auf rund 150.
Gänsehäufel 1911
A 1911, stumm, s/w, Länge: 6’6’’
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden Strombäder am Donaukanal errichtet. Diese standen im
Interesse der öffentlichen Gesundheitspflege. Ihr Betrieb war nicht auf Gewinn ausgerichtet.
Zusehends nutzten breitere Bevölkerungsschichten die Schwimm- und Bademöglichkeiten. Man gab
sich freizügiger.
Am 5. August 1907 wurde das »Strandbad der Commune Wien«, das Gänsehäufel, eröffnet. Es war
für 666 Badegäste angelegt. Im Jahr 1913 war Platz für 7.200 Personen, und im Jahr 1917 zählte man
schon bis zu 12.000 Badegäste an einem Tag.
Kap. 3. Wirtschaft und Fortschritt
Vom Industrialisierungsprozess, den mittlerweile nicht mehr die Textilbranche, sondern
Maschinenbau, Chemie und Elektrifizierung trugen, profitierten vornehmlich Banken und
Unternehmer. Als nachteilig erwiesen sich aber Exportschwächen und ein vergleichsweise niedriges
Wirtschaftswachstum der Monarchie. In der Wissenschaft, etwa im Bereich der Medizinischen Schule,
konnten aber herausragende Leistungen erbracht werden.
Zugleich zeigten sich Fortschritte in technisch-organisatorischer Hinsicht. Der Ausbau des
Schienennetzes galt speziell in Gebirgsregionen als Vorzeigeprojekt. Die Elektrifizierung des Verkehrs
schritt voran. In gehobenen Kreisen wurde das Automobil immer beliebter.
Wien um 1908
F 1908, stumm, s/w, Länge: 59’’
Das Leben am Wiener Nachmarkt um 1908 war rege. Waren aus verschiedenen Teilen der Monarchie
wurden feilgeboten. Und doch hatte die Habsburgermonarchie vor 1914 eine negative Handelsbilanz.
Dazu kam die Abhängigkeit vom Deutschen Reich, das um 1900 die Hälfte der österreichischen
Staatsschulden trug. Trotzdem wiesen die Handelsströme den Donauraum als fest ineinander
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verflochtene Wirtschaftseinheit aus. Mehr als vier Fünftel der von Ungarn ausgeführten Agrarprodukte
gingen nach Österreich, das wiederum 60 Prozent seiner Textilien an die östliche Reichshälfte der k.
u. k. Monarchie abgab.
Glasbläser
A 1912, stumm, s/w, Länge: 50’’
Um 1900 dominierte in vielen Wirtschaftsbereichen noch das Handwerk. Lehrlinge und Gesellen
sahen sich oft mit Perspektivlosigkeit, Krankheit, schlechten Arbeits- und Wohnverhältnissen
konfrontiert. Die Sozialgesetzgebung und die Entstehung von Selbsthilfeorganisationen brachten erst
allmählich Verbesserungen.
Der Beitrag zeigt einen Lehrfilm zur Glasbläserei. Noch wurde das Handwerk erlernt, doch bald kam
auch hier die maschinelle Massenproduktion in der Fabrik zum Tragen.
A Day at an Austrian iron mine
A 1911, stumm, s/w, Länge: 1’33’’
Die Industrialisierung erfasste nicht gleichmäßig das ganze Land. Das Entwicklungsgefälle zwischen
den Regionen war enorm. Insgesamt konnte das Habsburgerreich aber gegenüber dem Ausland
aufholen.
Auch die Eisengewinnung am Erzberg wurde modernisiert. Um 1906 wurden Stoßbohrmaschinen
eingeführt und ein Pressluftnetz über den Berg ausgebaut. Dynamit war schon seit den 1870er-Jahren
im Einsatz. Später erfolgte die Einführung elektrischer Minenzünder.
Das Stahlwerk der Poldihütte während des Weltkrieges
A 1916, stumm, s/w, Länge: 1’21’’
Trotz aller Schwächen ging die Monarchie nicht an ihren ökonomischen Defiziten zugrunde. Vielmehr
entstanden gut drei Viertel der Großunternehmen schon vor 1914. Diese Betriebe verfügten über die
Kapazitäten, den technologischen Fortschritt zu gewährleisten. Der Industrieanteil am
Volkseinkommen der österreichischen Reichshälfte stieg zwischen 1870 und 1913 von 35 auf 50
Prozent. Die Landwirtschaft verlor hingegen insgesamt an Bedeutung. Die Aufnahmen zeigen die
Poldihütte, ein 1889 gegründetes Werk in Kladno, das sich unter anderem auf die Produktion von
gezogenem und geschliffenem Präzisionsstahl spezialisiert hatte.
Unblutige Reposition einer angeborenen Hüftverrenkung
A 1922, stumm, s/w, Länge: 1’4’’
Adolf Lorenz begründete mit seiner unblutigen Reposition (Wiedereinrichtung) der angeborenen
Hüftgelenksverrenkung die moderne Orthopädie. Das Filmdokument zeigt die Behandlung einer
doppelseitiger Hüftverrenkung bei einem kleinen Mädchen. Der Beitrag ist nur ein Zeugnis jener
herausragenden Leistungen, die speziell von Medizinern in der späten Donaumonarchie erbracht
wurden. Beispielsweise gelangten Ärzte in der Augenheilkunde, Chirurgie, Gynäkologie, Neurologie,
Pathologie, Physiologie und Psychiatrie zu bahnbrechenden Erkenntnissen. Auch Vererbungslehre,
Technik und Naturwissenschaft sowie die Studien des Physikers Ludwig Boltzmann ließen
aufhorchen.
Eröffnung der elektrischen Bahn Wien–Pressburg
A 1914, stumm, s/w, Länge: 57’’
Als wichtigstes Transportmittel für Personen und Güter betrachtete man die Eisenbahn. Deren
Stellenwert unterstrich die österreichische Reichshälfte der Donaumonarchie 1896 mit der Errichtung
eines eigenen dafür zuständigen Ministeriums. Mit den dampfgetriebenen Lokomotiven wurden
inzwischen selbst entlegene Gebiete erschlossen. Während die Verstaatlichung der wichtigsten
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Bahnlinien voranschritt, verlängerte das Habsburgerreich sein Schienennetz bis 1913 auf 46.000
Kilometer.
Le Ring
F 1896, stumm, s/w, Länge: 50’’
Die ersten Filmaufnahmen der Wiener Innenstadt aus den 1890er-Jahren verweisen auf den
technischen Entwicklungsstand. Pferde ziehen neben den Kutschen auch die Straßenbahnen, deren
Elektrifizierung bis nach 1908 andauerte. In den Privathaushalten spürte man von den Innovationen
noch wenig. Um 1900 verfügten selbst in der Kaiserhauptstadt lediglich drei Prozent aller Wohnungen
über einen Stromanschluss.
Wien um 1908
F 1908, stumm, s/w, Länge: 1’40’’
Zwölf Jahre nach den ersten Filmaufnahmen aus der Wiener Innenstadt hat sich das Straßenbild
neuerlich verändert. Neben der Pferde- fahren nun auch elektrische Straßenbahnen. Kutschen und
Automobile drängen sich im zunehmend dichter werdenden Verkehr am Opernring. Die Zeit ist
schneller und mobiler geworden. Von 7.000 Autos entfielen allein 4.000 auf Wien. Das Straßenbild der
Reichszentren begann sich zu verändern. 1908 hob man das Fahrverbot in der Wiener Innenstadt auf.
Zeitgleich trat das Automobil-Haftpflichtgesetz in Kraft.
Die internationale Alpenfahrt 1912
A 1912, stumm, s/w, Länge: 1’58’’
Motorräder und »Benzindroschken« blieben den Pionieren der Technik und den Interessierten der
Oberschicht vorbehalten. Bei der Internationalen Alpenfahrt 1912 stellt vor allem der Adel seine
Begeisterung für die rasante Fahrt mit dem Automobil unter Beweis.
Der Verbrennungsmotor trat seinen Siegeszug an. Zwischen 1907 und 1911 verdoppelte sich die Zahl
der Kraftfahrzeuge in der westlichen Hälfte der k. u. k. Monarchie.
Unser Kaiser am Flugfelde in Wiener Neustadt
A 1910, stumm, s/w, Länge: 43’’
Der Beginn der österreichischen Luftfahrt lässt sich mit dem 11. August 1882 festlegen, als Victor
Silberer mit seinem Ballon »Vindobona« in Wien eine erste Freifahrt durchführte. Seither entwickelte
sich ein zunehmendes Interesse für das Flugwesen. Die Aufnahmen zeigen Kaiser Franz Joseph I.
bei der Besichtung diverser Flugzeuge in Wiener Neustadt, wo der erste Flughafen in ÖsterreichUngarn entstand. Ab 1911 wurden hier Feldpiloten ausgebildet, 1913 das gesamte Flugfeld vom
Militär gemietet. Im Jahr 1915 kam es zur Gründung der Österreichischen Flugzeugfabrik A.G.
Kap. 4. Machtanspruch und Nationalismus
Österreich-Ungarn zerbrach nicht durch den Aufstand der Unterschichten. Die Führer der
Arbeiterbewegung etwa plädierten vielmehr für den Zusammenhalt im Donauraum, scheiterten aber,
ebenso wie alle anderen Befürworter des Gesamtreiches, am Nationalismus. Der »völkische Geist«
behinderte die Arbeitsfähigkeit des Parlaments. Krone und Regierung, ohnehin kaum demokratisch
gesinnt, neigten daher oft zum »Notverordnungsregime«, während die Nationalitätenfrage gleichzeitig
zur Verflechtung von innen- und außenpolitischen Belangen führte: »Deutschtümelei«, »polnische
Frage«, »italienischer Irredentismus«, serbische, rumänische und ukrainische Interessen stellten die
Grenzen der Donaumonarchie infrage.
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Kaiser Franz Josef in Sarajewo. Die Reise durch Bosnien und Herzegowina
A 1910, stumm, s/w, Länge: 47’’
Als Folge der Gegenreformation war die Monarchie vom Katholizismus dominiert, obwohl etwa die
protestantischen Minderheiten beider Bekenntnisse unter den Ungarn und Slowaken einflussreiche
Gruppen bildeten. In den Grenzgebieten, in Galizien, Siebenbürgen, Bosnien und der Herzegowina
brachten darüber hinaus Muslime, orthodoxe Christen und Juden den konfessionellen Pluralismus des
Habsburgerreiches zum Ausdruck. Jene Kindergruppen, die dem betagten Kaiser bei seinem Besuch
in Sarajewo huldigen, gehören sowohl der christlichen als auch der muslimischen Konfession an.
Typen und Szenen aus dem Wiener Volksleben
A 1911, stumm, s/w, Länge: 33’’
Der wachsende, hauptsächlich von christlichsozialen und deutschnationalen Vereinigungen getragene
Antisemitismus richtete sich nicht zuletzt gegen jene jüdischen Bevölkerungsgruppen, die als
»Kleinhändler« und Vertreter einer strengeren Glaubensauslegung stereotypen Feindbildern
entsprachen. Galizische »Ostjuden« dienten speziell nach 1914 als Sündenböcke. Vor allem ihnen
lastete man ungerechtfertigterweise die katastrophalen Folgen des Ersten Weltkriegs an. Das Beispiel
aus dem Film TYPEN UND SZENEN AUS DEM WIENER VOLKSLEBEN ist ein früher Beleg für den
Antisemitismus. Ein jüdischer Händler wird in verächtlicher Weise vom Tisch gewiesen.
Dr. Karl Luegers Geburtstag 1908 in Lovrano
A 1908, stumm, s/w, Länge: 1’7’’
Der Wiener Bürgermeister Dr. Karl Lueger umringt von ihm nahestehenden Menschen, Bewunderern
und Gesinnungsgenossen, die in launiger Stimmung in Lovrano (heute Lovran in Istrien) seinen
Geburtstag feiern. Der Aufstieg der Christlichsozialen unter seiner Führung wurde durch den
Börsenkrach von 1873 begünstigt, der antikapitalistische, antisemitische und antiliberale Strömungen
förderte. Konservative Strukturen und Denkansätze erstarkten wieder. Der Liberalismus und der mit
ihm einhergehende Reformeifer kamen zusehends zum Erliegen.
Wien. das lEichenbegängnis des Reichstagsabgeordneten Franz Schuhmeier
A 1913, stumm, s/w, Länge: 1’43’’
Im Zuge der Wahlrechtsreformen, die schließlich 1907 in der westlichen Reichshälfte der
Donaumonarchie zum »allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten« Männerwahlrecht führten,
entstanden Massenparteien. Bei den deutschsprachigen »Untertanen« des Kaisers bildeten sich drei
große Lager: die Sozialdemokraten, die Deutschnationalen und die Christlichsozialen. Deren
Gegensätze deuteten sich in der Ermordung des sozialdemokratischen Arbeiterführers Franz
Schuhmeier an. Noch bildete die Einzeltat, ausgeführt vom Bruder des christlichsozialen
Parteifunktionärs Leopold Kunschak, eine Ausnahme. Der Streit zwischen christlichen und
marxistischen Ideen eskalierte nach 1918.
Die Krönungsfeierlichkeiten in Budapest, 27.–30. dezember 1916
A 1916, stumm, s/w, Länge: 3’47’’
Im Dezember 1916 wird der neue Kaiser von Österreich zum König von Ungarn gekrönt. Seit 1867
war das österreichische Kaiserreich eine »Doppelmonarchie«. Karl stand nun als Herrscher zwei
weitgehend selbstständigen Reichsteilen vor. »Gemeinsame« Ministerien für die Außenpolitik, die
Kriegführung und die Finanzen sowie Privilegien der Krone und Beratungen zwischen den beiden
Parlamenten konnten die Brüchigkeit dieses Systems allerdings kaum verdecken. Ungarns
Bestrebungen, einen völlig unabhängigen Staat zu schaffen, belasteten die »k. u. k.« Monarchie. Auch
die Vorherrschaft der »Deutschösterreicher« und der »Magyaren« im habsburgischen Vielvölkerreich
stieß zusehends auf Widerstand.
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Huldigungsfestzug anlässlich des 60-jährigen Regierungsjubiläums Kaiser Franz Josefs
A 1908, stumm, s/w, Länge: 2’15’’
Anlässlich seines 60-jährigen Kronjubiläums fanden für Kaiser Franz Joseph I. groß angelegte
Feierlichkeiten statt. Die Bilder vom Huldigungszug der Völker trügen. Ungarn, Tschechen, Kroaten
und Italiener weigerten sich, vor dem Kaiser zu defilieren.
Die Nationalitätenfrage blieb ungelöst. Die Polen, ebenso wie die Ungarn, strebten nach einem
unabhängigen Staat. In der ungarischen Reichshälfte litten Slowaken, Rumänien und selbst die mit
einer Autonomie ausgestatteten Kroaten unter der bisweilen repressiven Magyarisierungspolitik. Die
Belgrader Regierung galt den Serben, Kroaten und Rumänen als Hoffnung und Anlaufstation für
südslawische Anliegen.
Kaiser Franz Joseph I. als Regent und als Mensch
A 1930, stumm, s/w, Länge: 1’40’’
1866 unterlagen habsburgische und sächsische Einheiten den Preußen in der Schlacht bei
Königgrätz. Die Hohenzollern setzten sich damit in Deutschland als wichtigste Dynastie durch.
Preußen verzichtete auf territoriale Forderungen. Wien akzeptierte die Entstehung des deutschen
Kaiserreichs unter der Regie der Berliner Regierung, mit der man sich auf der Grundlage des
»Zweibundes« 1879 enger zusammenschloss. Treffen zwischen Franz Joseph I. und Wilhelm II.
wurden zum außenpolitischen Signal für die anderen Staaten Europas. Als Österreich-Ungarn 1908
Bosnien-Herzegowina annektierte, stellte sich Wilhelm II. demonstrativ in »unerschütterlicher
Bündnistreue« hinter die Entscheidung der k. u. k. Führung.
Kaiser Franz Josef in Sarajewo. die Reise durch Bosnien und Herzegowina
A 1910, stumm, s/w, Länge: 1’4’’
Die Donaumonarchie versuchte ihren Großmachtstatus durch eine offensivere Außenpolitik am
Balkan und in der Adriaregion zu wahren. Nach dem Russisch-Türkischen Krieg 1877/78 okkupierten
k. u. k. Truppenverbände im Einvernehmen mit dem Berliner Kongress Bosnien-Herzegowina. Dieses
Territorium war allerdings noch nicht frei vom Einfluss Istanbuls. Österreich-Ungarn entschloss sich
1908 eigenmächtig zur Annexion des südöstlich an das Habsburgerreich angrenzenden Gebietes.
Damit führte die Führung in Wien den europäischen Kontinent bereits sechs Jahre vor dem Ersten
Weltkrieg an den Rand einer Katastrophe.
Die k. u. k. Kriegsmarine
A 1918, stumm, s/w, Länge: 2’3’’
1866 musste Kaiser Franz Joseph I. Venetien an Italien abtreten. Das Apenninenkönigreich als
aufstrebender Nationalstaat hatte schon 1859 die reichste österreichische Provinz, die Lombardei,
erhalten. Die Donaumonarchie versuchte daher umso mehr, die Stärke der österreichischen k. u. k.
Marine an der Adria, und damit die eigene Großmachtstellung, zu demonstrieren.
Unter Erzherzog Ferdinand Maximilian wurde die österreichische Marine ab 1857 reorganisiert. Nach
dem Verlust von Venedig wurde Pola (Pula, Kroatien) österreichischer Hauptkriegshafen, dem Cattaro
(Kotor) und Sebenico (Šibenik) folgten.
Kaiser Franz Joseph I. als Regent und als Mensch
A 1930, stumm, s/w, Länge: 2’32’’
Die Armee galt als »einigendes Band der Doppelmonarchie«. Mit Manövern im Osten und Südosten
des Reiches wollte man vor allem gegenüber den potenziellen Kriegsgegnern Serbien und Russland
Stärke zeigen. Die durch den Ausgleich von 1867 in ein »gemeinsames kaiserliches und königliches
Heer«, in die »königlich-ungarische Honvéd« und die »kaiserlich-königliche Landwehr«, unterteilte
Streitmacht Österreich-Ungarns war allerdings kleiner als das Aufgebot vergleichbarer Staaten.
Zudem hinkte sie bezüglich der Bewaffnung in etlichen Bereichen hinterher.
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Huldigungsfeierlichkeiten anlässlich des Namenstages König Peter I. von Serbien
SRB 1911, Ton, s/w, Länge: 1’5’’
Lange war Belgrads außenpolitischer Kurs auf Wien ausgerichtet. Ab 1900 trat jedoch eine
entscheidende Wendung in den bilateralen Beziehungen ein. Das kleine Königreich Serbien unter
Peter I. forderte eine »habsburgische Großmacht« heraus, die den »lästigen« Konkurrenten durch
einen Handelskrieg zur Räson bringen wollte. Derartige Maßnahmen blieben aber weitgehend
wirkungslos. Die k. u. k. Diplomatie verlor an Prestige, während Serbien im Zuge der Balkankriege
und der Verdrängung des Osmanischen Reiches aus Südosteuropa an Einfluss gewann.
Ausrufung der Tschechoslowakischen Republik
ČSR 1918, stumm, s/w, Länge: 56’’
Die »Deutschösterreicher« begriffen sich als »Staatsvolk Cisleithaniens«. Über die Parteigrenzen
hinaus verteidigten sie ihre Vorrechte. Speziell in Böhmen kam es in der Folge zu schweren Konflikten
mit den Tschechen. In Mähren gelangte man wiederum nur durch nationale Separation zu einem
Interessenausgleich. Was man den Magyaren 1867 zugestanden hatte, blieb den Tschechen
verwehrt. In ihren Augen bedeutete das eine Missachtung des böhmischen Staatsrechtes. Mit dem
Ende der Monarchie entfernte das tschechoslowakische Volk zuallererst sämtliche deutschsprachigen
Beschilderungen und monarchischen Hoheitszeichen.
Kap. 5. Der Erste Weltkrieg
Das Eintreten des Thronfolgers Franz Ferdinand für den Zusammenschluss aller Südslawen unter
Habsburgs Zepter, widersprach dem Ausgleich von 1867 und den Zielen Belgrads. Am 28. Juni 1914
wurden er und seine Frau in Sarajewo durch die Schüsse serbischer Attentäter getötet. Die Gefahr
eines europäischen »Großkrieges« durchaus erkennend, rief Kaiser Franz Joseph zu den Waffen.
Russland, Frankreich und England bildeten die »Entente«, der sich unter anderem Japan und
Rumänien, 1915 Italien und 1917 die USA anschlossen. Auf Seiten der »Mittelmächte« kämpften
Österreich-Ungarn, das Deutsche Reich, Bulgarien und das Osmanische Reich. Die anfängliche
Kriegsbegeisterung wich rasch der Ernüchterung. Die rasante Technisierung der Kriegsführung zog
industrialisiertes Massentöten nach sich.
Das Attentat auf den Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand am 28. Juni 1914 in Sarajevo
A 1914, stumm, s/w, Länge: 2’57’’
Thronfolger Franz Ferdinand tendierte zu einer friedlichen Lösung der internationalen Spannungen,
auch auf dem Balkan. Sein Eintreten für einen »trialistischen Umbau« des Donauraumes, für den
Zusammenschluss aller Südslawen unter Habsburgs Zepter, widersprach allerdings dem Ausgleich
von 1867 und den Zielen Belgrads. Am 28. Juni 1914 wurden er und seine Frau in Sarajewo durch die
Schüsse serbischer Attentäter getötet.
In Sarajewo reagierte man auf das Attentat mit Übergriffen auf die serbische Minderheit; deren
Geschäfte und Häuser wurden beschädigt.
Die Einholung der Leichname Sr. k. u. k. Hoheit des Erzherzog-Thronfolgers und Gemahlin
F 1914, stumm, s/w, Länge: 3’10’’
Kaiser Franz Joseph und die Hofgesellschaft reagierten auf das Ableben des Thronfolgerpaares, das
eine nicht standesgemäße Ehe eingegangen war, kühl und distanziert. Dem »Ansehen« der Dynastie
und des Reiches verpflichtet, bekundete Wien aber an einem Einlenken gegenüber der
verhandlungsbereiten Belgrader Regierung weniger Interesse als an einem antiserbischen
»Strafgericht« mit deutscher Rückendeckung. Die Gefahr eines europäischen »Großkrieges«
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durchaus erkennend, rief Franz Joseph seine »braven Völker« zu den Waffen. Der Erste Weltkrieg
begann, obwohl ein längerer Waffengang für die »Ehre« der Dynastie und das »Imperium« weder
ökonomisch noch militärisch ausreichend vorbereitet worden war.
Wien im Krieg
A 1916, stumm, s/w, Länge: 1’29’’
Der Propagandafilm WIEN IM KRIEG zeigt auf launige Weise, mit welcher Begeisterung die Truppen der
k. u. k. Armee 1914 in den Krieg zogen. Österreich-Ungarns Bereitschaft, gegen Serbien mit
Waffengewalt vorzugehen, löste eine Kettenreaktion aus. Der lokale Konflikt am Balkan entwickelte
sich zum europäischen und schließlich zum globalen Kräftemessen. Trotz der abweichenden Haltung
einzelner Regionen und Gesellschaftsschichten stellte sich die Bevölkerung überwiegend hinter die
Entscheidung der Regierenden. Patriotismus und Militarismus triumphierten.
Kompilationsrolle von Originalen Wochenschauen aus dem Ersten Weltkrieg
A/D 1914, stumm, s/w, Länge: 54’’
Soldaten zu Beginn des Ersten Weltkrieges: Die Frontbilder zeigen »friedliche« Bilder, man macht
eine Pause, posiert für die Kamera, zieht motiviert in den Krieg. Drei von vier Männern mussten im
Habsburgerreich ab 1914 zum Militär einrücken. Die Donaumonarchie mobilisierte bis 1918 mehr als 8
Millionen Mann.
Schon bald folgte die Ernüchterung. Front und Hinterland wurden von einer wachsenden
Versorgungskrise heimgesucht. Die Zahl der Gefangenen und Gefallenen nahm kein Ende.
Se. Exz. Feldmarschall Conrad von Hötzendorf besichtigt die Truppen und Stellungen im Fleimstal
A 1917, stumm, s/w, Länge: 3’7’’
Österreich-Ungarns Generalstabschef Franz Conrad von Hötzendorf glaubte durch Präventivschläge
gegen Italien und Serbien einem Mehrfrontenkrieg entgehen zu können. Die Rüstungsanstrengungen
aller Großmächte verringerten nach Conrads Meinung allerdings von Monat zu Monat die
Erfolgsaussichten einer österreichisch-ungarischen Offensive. Der Stabschef, dessen Ansichten viele
k. u. k. Offiziere teilten, wurde zwar vom vorsichtigeren Außenministerium gebremst. Trotzdem
kokettierten auch dessen Mitarbeiter, wie viele ihrer Zeitgenossen, mit einem »läuternden Stahlbad«.
Die Eroberung Przemyśls durch russische Truppen 1915 und Besuch des Zaren
RUS 1915, stumm, s/w, Länge: 1’13’’
Zar Nikolaus II. besucht im vorliegenden russischen Propagandafilm seine erfolgreichen Truppen in
der eroberten polnischen Stadt Przemyśl (deutsch Prömsel) an der Grenze zur Ukraine. Russland
sollte im Weltkrieg eine bedeutende Rolle zukommen. Serbien wusste im Fall einer bewaffneten
Auseinandersetzung mit der Donaumonarchie das Zarenreich an seiner Seite. Russland wiederum
hatte sich mit Frankreich und England verbündet. Ein lokaler Konflikt, wie auf dem Balkan, konnte
damit einen Flächenbrand auslösen. Seit 1909 trugen die deutschen Planungen diesem Umstand
Rechnung: Berlin plante den Zweifrontenkrieg. Nach der Kriegserklärung Österreich-Ungarns an
Serbien befahl Russland die Generalmobilmachung zur serbischen Unterstützung.
Türkei (Konstantinopel): Kriegskundgebung der Bevölkerung bei der Fatih Moschee
A/D 1914, stumm, s/w, Länge: 55’’
Anfangs versuchte das Osmanische Reich eine Teilnahme am Ersten Weltkrieg zu vermeiden. Das
deutsche Angebot, das Osmanische Reich bei der Rückeroberung verlorener Provinzen auf dem
Balkan zu unterstützen, veranlasste den General und Kriegsminister Enver Pascha, ein Kriegsbündnis
mit Österreich-Ungarn und dem Deutschen Reich einzugehen.
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Die Mittelmächte wurden zusehends von Deutschland dominiert, während die Habsburgermonarchie
in ein immer engeres Abhängigkeitsverhältnis zum Hohenzollernreich geriet und die übrigen
»Waffenbrüder« – Bulgarien und das Osmanische Reich – eine untergeordnete Rolle spielten.
Italien (Rom): der König von Italien besichtigt seine kriegsmässig ausgerüsteten Elite-truppen
A/D 1914, stumm, s/w, Länge: 1’6’’
Der italienische König, Viktor Emanuel III., und der Kronprinz, Umberto, begutachten im vorliegenden
Filmbeitrag eine Elite-Kavallerieeinheit der italienischen Armee. Die Beziehungen zwischen Rom und
Wien erwiesen sich zusehends als problematisch. Italien blieb zunächst neutral, verlangte dann aber
eine – vertraglich zugesicherte – territoriale Kompensation angesichts der k. u. k.
Expansionsbestrebungen am Balkan. 1915 verwandelte sich die diplomatische Verstimmung in offene
Feindschaft. Die italienische Regierung schloss sich den Entente-Mächten an, die dem neuen
Bündnispartner dafür die Brennergrenze und verschiedene Erwerbungen an der Adria und in Afrika
zusicherten. Die Front im Südwesten wurde auf längere Sicht zum wichtigsten Kampfschauplatz der k.
u. k. Armee.
Mit Herz und Hand fürs Vaterland
A 1915, stumm, s/w, Länge: 2’7’’
Propagandafilme wie die Produktion MIT HERZ UND HAND FÜRS VATERLAND verwiesen auf die moderne
Kriegsführung. Funkvorrichtungen, Militärflugzeuge und Bombenangriffe wurden massenwirksam in
Szene gesetzt. Sowohl an den »statischen« Fronten im Westen Europas als auch im östlichen
»Bewegungskrieg« hatte die rasante Technisierung aber vor allem eine sprunghafte Steigerung der
»Vernichtungseffizienz« zu Folge. Die Feuerkraft des industrialisierten Massentötens begrub innerhalb
weniger Monate die Vorstellungswelten traditionsgebundener Berufssoldaten. Kavalleristen gingen im
Sperrfeuer von Artillerie und Maschinengewehren zugrunde. Gas-, Panzer- und Luftangriffe kündigten
eine neue Kriegführung an.
Bei den Tiroler Kriegsadlern im Winter
A ca. 1916, stumm, s/w, Länge: 3’22’’
Dieser Beitrag aus einer Kriegswochenschau vermittelte dem zeitgenössischen Kinopublikum sehr
anschaulich die Aufgaben einer Aufklärungsgruppe an der italienischen Front. Spionageflüge im
Dienste des Vaterlandes werden als gefährliches, aber ehrenhaftes Unterfangen dargestellt. Die
Modernität der Ausrüstung (Fotoapparat, Bomben, Flugeinsatz) sollte eine Überlegenheit der eigenen
Truppen demonstrieren.
Phönix-Flugzeugwerke, früher österreichisch-ungarische Albatros Flugzeugwerke Ges. m. b. h. Wien
A ca. 1916, stumm, s/w, Länge: 1’35’’
Die Phönix-Flugzeugwerke waren eine österreichisch-ungarische Flugzeugwerft mit Sitz in Wien und
zählten zu den Prestigeunternehmen der k. u. k. Monarchie. Die Firma wurde wie so viele andere in
den »Kriegsdienst« gestellt. Man baute Modelle der Firmen Albatros und Brandenburg nach. Das
erste selbst konzipierte Flugzeug war die Phönix C.I. Es handelte sich hierbei um einen Aufklärungsund Mehrzweck-Doppeldecker, der dem Bordschützen ein ausgezeichnetes Schussfeld bot. Der
vorliegende Film soll den reichlichen Bestand an für die Kriegsführung nötigen Rohstoffen und Waffen
belegen – was nicht den realen Gegebenheiten entsprach.
Das Stahlwerk der Poldihütte während des Weltkrieges
A 1916, stumm, s/w, Länge: 1’40’’
Die Kriegswirtschaft forderte allen den größten Einsatz ab. Es folgte die Einbindung der
Zivilbevölkerung und insbesondere der Frauen in den »totalen Krieg«. Sie eroberten neue
Arbeitsgebiete für sich. Die Mitverantwortung der »Heimatfront« setzte Demokratisierungseffekte in
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Gang und veränderte die Ansprüche der Gesellschaft an den Staat. Der Filmbeitrag zeigt Frauen bei
der Erzeugung von Granaten in den Werken der Poldihütte.
Die Eroberung Przemyśls durch russische Truppen 1915 und Besuch des Zaren
RUS 1915, stumm, s/w, Länge: 2’10’’
Riesige Kampfverbände waren zu versorgen, zu lenken und disziplinieren. Hinzu kam die Verwaltung
von Flüchtlings- und Kriegsgefangenenmassen. Von den mindestens sieben Millionen Soldaten, die
im Ersten Weltkrieg in die Hände gegnerischer Einheiten fielen, stammten fast drei Millionen aus den
Reihen der habsburgischen Truppen. Allein beim Fall der Festung Przemyśl im März 1915 mussten
sich rund 120.000 k. u. k Soldaten den russischen Belagerern ergeben. Umgekehrt verlor das
Romanow-Imperium ca. eine Million Mann an Österreich-Ungarn und 1,4 Millionen an das Deutsche
Reich. 1914/15 wiederholten sich Meldungen über katastrophale Lebensbedingungen an den
Internierungsorten.
Weihnachtsgaben für die verbündeten Truppen
A ca. 1915, stumm, s/w, Länge: 1’1’’
An der »Heimatfront« wurde für die Soldaten im Feld gestrickt und genäht. Zu Beginn des Krieges
konnte man noch Tabakwaren und selbst gebastelte Weihnachtsbäume verschicken. Die Ressourcen
gingen jedoch bald zur Neige. Schließlich sammelte man Brennnesseln für die Kleiderproduktion und
fertigte aus Zeitungspapier Schuheinlagen, die gegen die Nässe schützen sollten.
Metallene Hausgeräte in einer Kriegs-Metall-Einkaufsstelle der Metallzentrale
A ca. 1917, stumm, s/w, Länge: 53’’
Der Weltkrieg entwickelte sich vor allem auch zur Ressourcenschlacht. Die Mittelmächte mussten
nicht zuletzt auf diesem Gebiet eine entscheidende Niederlage hinnehmen. Die Donaumonarchie war
zur Requisition von Metallgeräten aus privaten Haushalten gezwungen. Im katholischen Österreich
machte man schließlich nicht einmal mehr vor den Kirchenglocken halt.
Zur Zeichnung der 7. Kriegsanleihe
A ca. 1917, stumm, s/w, Länge: 1’41’’
Die Kriegspropaganda berichtete vom erfolgreichen Kampf der eigenen Truppen und vom
Fortschreiten der Produktion. Zugleich wurde dazu aufgerufen, sich an einer Kriegsanleihe zu
beteiligen. Die Diskrepanz der Propagandameldungen mit dem tatsächlichen Mangel an Rohstoffen,
Gütern und Waffen wurde offensichtlich. Die von der Bevölkerung erworbenen Wertpapiere sollten die
Finanzierung des Krieges sichern. Selbst unter den Kriegsfolgen leidend, setzten die »Untertanen«
ihre letzten Vermögenswerte ein, um der Regierung Kredit zu gewähren. Werbeanzeigen, Postkarten
und auch Filme riefen das Volk zu seiner »patriotischen Pflicht« auf, Kriegsanleihen zu zeichnen. Das
Geld war für immer verloren.
Kap. 6. Das Ende der Monarchie
Front und Hinterland wurden von einer wachsenden Versorgungskrise heimgesucht. Flüchtlings- und
Kriegsgefangenenmassen waren kaum mehr zu »verwalten«. Neue Waffen forderten einen hohen
Blutzoll. Inmitten des Elends und des Sterbens empfanden die Menschen den Tod von Kaiser Franz
Joseph als Vorboten des völligen Zusammenbruchs, den Karl, der letzte Habsburgerherrscher, nicht
mehr verhindern konnte. Im Schatten des Hohenzollernreiches ging die Donaumonarchie unter. Ihre
Völker konnte Karl durch die Rückkehr zum Parlamentarismus und letztlich durch die angekündigte
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Umwandlung der westlichen, österreichischen Reichshälfte in einen Bundesstaat nur noch in die
vollständige Souveränität entlassen.
Die Trauerfeierlichkeiten für weiland Sr. Majestät Kaiser Franz Joseph I.
A 1916, stumm, s/w, Länge: 2’43’’
Am 21. November 1916 starb Kaiser Franz Joseph im Alter von 86 Jahren. Mitten im Weltkrieg diente
sein Begräbnis am 30. November zur Selbstinszenierung der Monarchie. Im Beisein der
Hofgesellschaft und der Repräsentanten verbündeter Länder wurde der Prunk der Habsburger zur
Schau gestellt. Den Tod des Langzeitregenten (insgesamt 68 Jahre) deuteten viele als den
Schlusspunkt einer Ära.
Die zehnte Isonzoschlacht
A 1917, stumm, s/w, Länge: 2’5’’
Der Filmausschnitt zeigt die Montage eines Kinematographen am Kriegsflugzeug K 210 sowie einen
Flug über Triest. Zu sehen ist zudem Gottfried von Banfield, der zu einem Kriegshelden hochstilisiert
wurde. Er war ab 1916 Kommandant der Segelflugstation Triest, die Angriffe gegen die italienischen
Häfen und die Isonzofront flog. Er gilt als einer der erfolgreichsten Flieger der österreichischungarischen Armee. Für seine militärischen Verdienste wurde er 1917 zum Maria-Theresien-Ritter
und Freiherrn ernannt. Propagandistische Filme dieser Art sollten noch 1917 die Stärke einer bereits
stark geschwächten Armee vermitteln und die Moral an der »Heimatfront« stärken.
Die zwölfte Isonzoschlacht
A 1917, stumm, s/w, Länge: 4’11’’
Zwölf blutige Isonzoschlachten fanden während des Ersten Weltkrieges an der Südostfront zwischen
Italien und Österreich-Ungarn statt. Tagelange Artillerievorbereitung auf engstem Raum, mühsame
Munitionstransporte durch die Gebirgslandschaft, Angriffe der Infanterie, teilweise erbitterte
Gegenwehr bis auf Nahkampfentfernung und das Ringen um jede Bergspitze zeichneten diese
Auseinandersetzungen aus. Der Film der k. u. k. Propagandastelle konzentriert sich auf eigene
Erfolge und weist die Gegner als Verräter, Feiglinge und Unterlegene aus. Doch immer wieder lassen
die Bilder auch die Zerstörungskraft und das Leid dieses Kampfes erahnen.
Ein Heldenkampf in Schnee und Eis
A 1917, stumm, s/w, Länge: 2’5’’
Ein Propagandabericht der Wochenschau über den »heldenhaften« Gebirgskampf österreichischer
Soldaten an der Südfront gegen Italien im Ersten Weltkrieg. Auch im Hochgebirge wurden die
Auseinandersetzungen trotz des ungeeigneten Geländes nicht minder heftig ausgetragen. Nicht selten
kam Sprengstoff zum Einsatz, um ganze Berggipfel mitsamt der feindlichen Besatzung zu vernichten.
Doch auch die Natur suchte ihre Opfer. Im Kriegswinter 1916/17 starben mehr Soldaten durch
Lawinen als durch feindlichen Kugelhagel. Ausgelöst wurden die Lawinen aber oftmals durch
Artilleriebeschuss über den feindlichen Stellungen.
Seine Majestät Kaiser Karl I. in Tirol
A 1917, stumm, s/w, Länge: 2’32’’
Erzherzöge als Armeekommandanten ließen den Krieg als Angelegenheit der Habsburger erscheinen.
Kaiser Karl verstärkte diesen Eindruck, indem er sich 1916 zum »Allerhöchsten Kriegsherrn« ausrufen
ließ. Obwohl die Entscheidungen in der Regel von Generalstäblern und insbesondere vom mächtigen
deutschen Bündnispartner getroffen wurden, lag wenigstens in der Öffentlichkeit die Verantwortung
bei der Dynastie und ihrem Oberhaupt. Der Herrscher selbst schmälerte mit gut gemeinten, aber oft
unüberlegten Schritten währenddessen sein Ansehen.
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Besuch Kaiser Karls I. im grossen Hauptquartier am 26. Januar 1917
D 1917, stumm, s/w, Länge: 2’27’’
Nach außen hin signalisierten Wilhelm II. und Kaiser Karl Bündnistreue. Hinter den Kulissen mehrten
sich aber die Divergenzen. Ohne deutsches Wissen nahm Karl mit Frankreich Kontakt auf und machte
territoriale Zugeständnisse auf Kosten des Hohenzollernreiches. Der Länderschacher, der schon
bisher die Kriegszielpolitik gekennzeichnet und ein Ende der Kampfhandlungen verhindert hatte,
bestimmte weiterhin die politisch-militärischen Strategien. Karls Fühlungnahme mit der Entente blieb
indes erfolglos, wurde allerdings im Frühjahr 1918 publik. Der österreichisch-ungarische Monarch sah
sich bloßgestellt und suchte umso eilfertiger die Aussöhnung mit Berlin.
Bilder aus Judicarien (Südtirol)
A 1918, stumm, s/w, Länge: 1’39’’
K. u. k. Soldaten im italienischen Teil Südtirols. Die Habsburgermonarchie demonstriert im Sommer
1918 nochmals ihre Gebietsansprüche. Nur wenige Monate später werden Trentino und Südtirol an
das Königreich Italien angegliedert.
Die Erstaufführung des Propagandafilms BILDER AUS JUDICARIEN findet am 2. August 1918 und damit
kurz vor dem Zusammenbruch der Monarchie und der Abtrennung Südtirols statt.
Das Kind meines nächsten
A 1918, stumm, s/w, Länge: 2’26’’
Der »patriotische« Spielfilm DAS KIND MEINES NÄCHSTEN verweist darauf, dass an der Front und im
Todeskampf alte Rivalitäten zwischen den Waffenbrüdern keine Bedeutung mehr haben. Die
Kameradschaft steht an erster Stelle. Der Film hatte die Aufgabe, die Moral am Schlachtfeld und an
der »Heimatfront« hochzuhalten.
Der Sinn der hier demonstrierten Aufopferung für die Monarchie wurde jedoch schon längst
hinterfragt. Die Erlebnisse auf den Kriegsschauplätzen wirkten ernüchternd. Von den mehr als 65
Millionen mobilisierten Soldaten des Ersten Weltkrieges fielen 8,5 Millionen, davon 1,8 Millionen
deutsche, 1,7 Millionen russische, 1,4 Millionen französische und 1,2 Millionen österreichischungarische Heeresangehörige.
Defilee von österreichischen Kriegsinvaliden im Ersten Weltkrieg
A ca. 1918, stumm, s/w, Länge: 1’16’’
21 Millionen Verwundete – knapp vier Millionen davon aus der Donaumonarchie – stellten
jahrzehntelang eine Herausforderung für das soziale Netz der Nachkriegsgesellschaften dar und
machten gleichzeitig die Folgen des vierjährigen »Massenschlachtens« sichtbar. Die Filmsequenz
zeigt berührende Aufnahmen von versehrten Soldaten in Wien gegen Ende des Ersten Weltkrieges.
Kompilationsrolle von originalen Wochenschauen aus dem Ersten Weltkrieg
A/D 1914, stumm, s/w, Länge: 58’’
Die Lebensmittelmengen erreichten nicht einmal die Hälfte des Friedensniveaus von 1913.
Rationierungen brachten keine Besserung. Die Städte hungerten. Selbst in den Dörfern sammelten
sich Frauen und Kinder, um ein wenig Essen aus der Militärküche zu erhalten.
Die k. u. k. Kriegsmarine
A 1918, stumm, s/w, Länge: 1’37’’
Die Tragödie des k. u. k. Prestige-Schlachtschiffs Szent István steht sinnbildlich für den Untergang der
Monarchie. Im Juni 1918 versenkte ein italienisches Schnellboot mit zwei Torpedos die Szent István,
89 Seeleute fanden den Tod. Es war der letzte Angriff der k. u. k. Kriegsmarine. Die k. u. k. Offensive
an der Piave war gescheitert.
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Zur Geschichte der UdSSR: Russland unter Lenin und Trotzki 1917–1924
D 1969, stumm, s/w, Länge: 41’’
Der deutsche Generalstab ermöglichte Lenin und anderen russischen Revolutionären die Rückkehr
nach Russland. Sie sollten den Krieg gegen Österreich-Ungarn und Deutschland schnell beenden.
Nach dem Sieg der Bolschewiken wurden Friedensverhandlungen in Brest-Litowsk geführt. Sie
scheiterten allerdings an den harten Bedingungen der Deutschen, die Gebietsabtretungen und
Reparationszahlungen von Russland einforderten. Die Arbeiter in Österreich-Ungarn protestierten,
Arbeitsniederlegungen folgten. Lenins Forderungen nach Frieden, der nationalen Selbstständigkeit für
alle Völker und der Verstaatlichung der Produktionsmittel fanden auch außerhalb Russlands
Widerhall.
Der Friedensschluss Österreich-Ungarns mit Rumänien
A 1918, stumm, s/w, Länge: 2’10’’
Das Deutsche Reich, das den Handlungsspielraum Wiens weiter einschränkte, hoffte noch immer auf
den Sieg. Nach weiteren Kämpfen diktierte man Russland sowie dem besiegten Rumänien einen
demütigenden Frieden. Die damit verknüpfte Hoffnung, sich möglichst große Mengen an
Lebensmitteln und Rohstoffen zu sichern, erfüllte sich nicht. Zudem konnten die Mittelmächte die
östlichen Gebieten nicht unter ihre Kontrolle bringen. Aufstände an den Grenzen zur entstehenden
Sowjetunion nährten die Angst vor »dem Bolschewismus«. Im September führte der Zusammenbruch
Bulgariens zum Rückzug der Mittelmächte. Auch die deutsche Heeresleitung plädierte nun für einen
Waffenstillstand, den Österreich-Ungarn am 3. November 1918 unterzeichnete.
Ausrufung der tschechoslowakischen Republik
ČSR 1918, stumm, s/w, Länge: 2’58’’
Lenin und US-Präsident Woodrow Wilson hatten vom Selbstbestimmungsrecht der Völker
gesprochen. Repräsentanten der zentraleuropäischen Nationalitäten beriefen sich darauf.
Bemühungen Kaiser Karls, sein Reich in letzter Minute durch ein Föderalisierungskonzept zu retten,
beschleunigten unterdessen lediglich den Auflösungsprozess der Monarchie. Am 28. Oktober wurde
in Prag ein souveräner tschechoslowakischer Staat ausgerufen. Am nächsten Tag begann sich der
neue südslawische Staat der Kroaten, Serben und Slowenen zu formieren.
Ausrufung der Republik in Wien
A 1918, stumm, s/w, Länge: 1’53’’
Am 11. November 1918 verzichtete Kaiser Karl auf die Regierungsgeschäfte. In Wien wurde die
»Deutschösterreichische Republik« ausgerufen. Es kam zu Tumulten. Zwei Todesopfer waren
zu beklagen. »Rote Garden« versuchten das Parlament zu stürmen, aus der Fahne wurde der
weiße Streifen entfernt, um die Gründung eines Staates nach russischem Vorbild zu
signalisieren. In den kommenden Monaten gingen österreichische Kommunisten mit der
Losung, den Donauraum als Einheit unter revolutionären Vorzeichen zu bewahren, in die
Offensive. Die Räteregierungen in Ungarn und Bayern konnten sich jedoch nur kurz halten.
Das kommunistische Konzept eines Bundes mitteleuropäischer Sowjetrepubliken scheiterte.
Kap. 7. Film und "Wirklichkeit"
Die frühen Filme zeigen vor allem den »imperialen Glanz« höfischer und kirchlicher Feste im Beisein
der »Würdenträger«. Das Licht fällt auf den »gottgewollten« Monarchen. Ein bärtiger Franz Joseph –
als Inbegriff der Dauerhaftigkeit? Ein knabenhafter Karl – als Symbol der Jugendlichkeit? Niemand
kann mit »dem« Kaiser konkurrieren. Seine »Untertanen« bilden nur »Silhouetten«. Die
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Schattenseiten sind im visuellen Gedächtnis kaum gespeichert. Armut, Krankheit, soziale Dünkel,
Ausgrenzung, nationale und ideologische Konflikte, schließlich Kriegsgräuel und Massensterben – all
das können nur wenige »Laufbilder« andeuten.
Kaiser Franz Joseph I. als Regent und als Mensch
A 1930, stumm, s/w, Länge: 2’24’’
Ein »Bildungsfilm« aus dem Jahr 1930, entstanden unter der »historischen Beratung« hoher Militärs,
lässt Franz Joseph als großen Herrscher eines einst bedeutenden Reichs erscheinen. Ein Großvater
erzählt seinen Enkeln von jener Zeit, als Österreich noch »groß und mächtig« und »die führende
Macht in Deutschland und Italien« war. Ein Mythos über den Tod und das Ende der Monarchie hinaus
wird schon in der Zwischenkriegszeit kreiert und gezielt auch über den Film tradiert.
Unser Kaiser
A 1917, stumm, s/w, Länge: 3’52’’
Der junge Kaiser Karl und seine Frau Zita werden als »Hoffnungsträger der Monarchie« präsentiert.
Karl ist ein Herrscher für all seine »Untertanen«. Das Reich wird bereist, überall werden die Hoheiten
mit Jubel empfangen, der Kaiser steht als militärisches Ideal, als »erster österreichisch-ungarischer
Soldat« dem Heer vor. Eine heile Welt hat Einzug gehalten. Verluste an der Front, Mangel, Krankheit,
Hunger und der Wunsch der Völker auf Selbstbestimmung bleiben ausgespart.
Besuch Sr. Majestät Kaiser Karl und Kaiserin Zita in Bulgarien
A 1917, stumm, s/w, Länge: 2’32’’
Gegen Ende des Ersten Weltkrieges: Kaiser Karl und Kaiserin Zita versuchen im Chaos Normalität zu
demonstrieren. Offizielle Besuche werden fortgeführt, Spitäler aufgesucht, verbündete Streitkräfte
konsultiert, nochmals ziehen Paraden vorbei. Nichts lässt den Untergang erahnen. Die geschönten
Propagandabilder stammen von den Kameramännern Raimund Cerny und dem noch jungen Gustav
Ucicky, der sich später vor allem als Regisseur einen Namen macht und auch für das NS-Regime
einige einschlägige Propagandafilme drehen wird.
Der Vormarsch der Mittelmächte ins Hauptquartier Cadornas
A 1917, stumm, s/w, Länge: 4’
Die Filmpropaganda bemühte sich, die Erfolge an der Südwestfront im Spätherbst 1917 zu
verherrlichen. Die gewonnene Beute wurde demonstrativ präsentiert. Tatsächlich mangelte es im
Land und an der Front an allem. In der 12. Isonzoschlacht hatten k. u. k. Verbände, gemeinsam mit
deutschen Truppen, die italienischen Stellungen durchbrochen. Der Vormarsch der Verbündeten bis
zur Piave entpuppte sich letztlich aber als Pyrrhussieg. Die militärische Kraftanstrengung überforderte
das erschöpfte Habsburgerreich. Die Magazine im Hinterland waren leer.
Ein k. u. k. Feldkino-Zug während des Ersten Weltkrieges
A 1917, stumm, s/w, Länge: 1’17’’
Nach vielen Monaten, oft sogar Jahren, der Entbehrungen im Krieg mussten auch die Soldaten stetig
bei »Laune« gehalten werden. Fahrbare Feldkinos brachten Aktualitäten, erbauende
Propagandaberichte und unterhaltsame Filme zu den Truppen.
Das Kind meines nächsten
A 1918, stumm, s/w, Länge: 1’57’’
Romantisch verklärt zeichnet der »patriotische« Spielfilm DAS KIND MEINES NÄCHSTEN die Arbeit der
Frauen an der »heimatlichen Front« nach. Durch den Krieg zu alleinerziehenden Müttern gewordene
Frauen könnten mit der Unterstützung staatlicher Institutionen rechnen – so die Botschaft des Films.
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Der und die Einzelne werden aber auch aufgefordert, ihren Teil beizutragen und somit »ihre Pflicht«
zu erfüllen.
Das Kinderelend in Wien
A 1919, stumm, s/w, Länge: 2’30’’
Nach dem Ersten Weltkrieges macht es sich die staatliche Filmhauptstelle zur Aufgabe, auf
Missstände hinzuweisen und Aufklärung zu betreiben. DAS KINDERELEND IN WIEN zeigt in drastischer
Weise die reale Situation der Nachkriegsgesellschaft, allen voran die der Kinder. Vergleichende
Filmaufnahmen stellen unter Beweis, wie sich der Allgemeinzustand der Bevölkerung verschlechtert
hat. In Abfällen wird nach Nahrung gesucht, aus Mangel an Wohnungen wird in Eisenbahnwaggons
gelebt. Rachitis, Skrofulose und Tuberkulose setzen dem Nachwuchs zu. Auch unter den Kindern gibt
es Kriegsversehrte. Sie sind die späten Opfer des Krieges.
Karl Kraus. aus eigenen Schriften
A ca. 1930, Ton, s/w, Länge: 2’34’’
Karl Kraus, Autor, Kultur- und Sprachkritiker, prangerte in seinem satirischen Drama Die letzten Tage
der Menschheit die Dummheit, Gewinnsucht, Arglist sowie die skrupellose Kriegstreiberei einer
Generation an. Seine Stellungnahmen gegen den Krieg und sein direkter Angriff auf bekannte
Persönlichkeiten in der von ihm gegründeten Zeitschrift Die Fackel, ließen die k. u. k. Zensur aktiv
werden. Wiederholt wurde das Blatt beschlagnahmt. 1930 liest Kraus aus »Die Raben«. Ein Heer an
toten Soldaten erscheint dabei vor dem geistigen Auge – die Raben sind die Gewinner des Krieges,
sie müssen niemals Hunger leiden. Sie folgen den Heerscharen nach.
Kap. 8. Biografien
Franz Conrad von Hötzendorf (1852–1925): Conrad war seit 1906 Chef des k. u. k. Generalstabs.
Ab 1908/09 setzte er sich für einen Präventivkrieg gegen die serbische Expansion und die Politik der
Irredenta in Italien ein. 1911 vorübergehend entlassen, arbeitete er im Ersten Weltkrieg eng mit der
deutschen Obersten Heeresleitung zusammen. 1917 trat er aufgrund von Differenzen mit Kaiser Karl
zurück.
Franz Ferdinand (1863–1914): Der Thronfolger und Neffe Franz Josephs war ab 1899 General der
Kavallerie beziehungsweise seit 1913 Generalinspekteur der gesamten bewaffneten Macht.
Sympathien für einen föderalistischen Staatsumbau, unter anderem für einen dritten, südslawischen
Reichsteil, stellten den Ausgleich mit Ungarn infrage, kollidierten aber auch mit den nationalen
Interessen der Belgrader Regierung. Der Thronfolger wurde gemeinsam mit seiner Frau am 28. Juni
1914 in Sarajewo ermordet. Das Attentat serbischer Verschwörer löste den Ersten Weltkrieg aus.
Kaiser Franz Joseph I. (1830–1916): Franz Joseph, der im Zuge der Revolution von 1848 den Thron
bestieg, herrschte zunächst absolutistisch. Nach den militärischen Niederlagen von 1859 und 1866,
durch die das Habsburgerreich aus Deutschland und Italien abgedrängt wurde, musste er
Zugeständnisse an seine »Untertanen« machen. Durch den Ausgleich mit Ungarn entstand 1867 die
»Doppelmonarchie« mit zwei weitgehend selbstständigen Reichshälften. Der westliche, später offiziell
Österreich genannte Teil des Gesamtstaates erlebte zudem eine schrittweise Demokratisierung, die
der Monarch eher hinnahm als begrüßte. Außenpolitisch spielte Franz Joseph mit seinem
dynastischen Prestigedenken und seiner Bereitschaft zur Politik der Stärke eine verhängnisvolle Rolle
bei der Auslösung des Ersten Weltkrieges.
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Kaiser Karl (1887–1922): Eine materiell erschöpfte Donaumonarchie vor dem Zusammenbruch zu
retten, überforderte den jungen Kaiser, der am 30. Dezember 1916 überdies zum ungarischen König
gekrönt wurde. Halbherzige und unbedachte Schritte führten zum Scheitern von
Friedensverhandlungen, die der Regent ohne Wissen der verbündeten Deutschen führte. Unsicher
blieb die Führung außerdem in Nationalitätenfragen. Man wich einer fundamentalen Reform aus, ein
Völkermanifest vom 16. Oktober 1918 kam zu spät. Österreich-Ungarn ging unter. Am 12. und am 16.
November 1918 wurden in Wien und Budapest Republiken proklamiert. Nach zwei vergeblichen
Restaurationsversuchen in Ungarn während des Jahres 1921 starb Karl am 1. April 1922 im Exil auf
der Atlantikinsel Madeira.
Kaiser Wilhelm II. (1859–1941): Der deutsche Kaiser und preußische König bestieg 1888 den Thron
und steuerte außenpolitisch einen riskanten Kurs, nachdem er den Rückversicherungsvertrag mit
Russland nicht verlängert und durch den Flottenbau die Rivalität Großbritanniens herausgefordert
hatte. Das Deutsche Reich, ohnehin durch den »Erzfeind« Frankreich bedroht, sah sich von mehreren
Gegnern umgeben, als es die Donaumonarchie in ihrer Balkanpolitik unterstützte. Wilhelm ermutigte
im Juli 1914 Österreich-Ungarn zum Kampf mit Serbien, versuchte dann aber, als es zu spät war, den
großen Krieg zu verhindern. Bis 1918 bildete die deutsche Oberste Heeresleitung das eigentliche
Machtzentrum. Mit Wilhelms Abdankung und Flucht in die Niederlande endete die Monarchie in
Deutschland.
König Peter I. (1844–1921): Peter Karadjordjevic lebte von 1858 bis 1903 im Exil. Bei seiner
Rückkehr wurde er zum serbischen König gekrönt. Die Thronbesteigung im Jahr 1903 markierte
zugleich die Machtergreifung der russophilen »Radikalen Volkspartei« in Belgrad. Deren Gründer,
Nikola Pasic, war ab 1904 fast ununterbrochen Ministerpräsident. Er übte die tatsächliche politische
Herrschaft aus.
Wladimir I. Lenin (1870–1924): Früh in der russischen Revolutionsbewegung tätig, verbrachte Lenin
mehrere Jahre in der Emigration. Durch den Sturz des Zaren kam er im Frühjahr 1917 wieder nach
Russland, wo er im Zuge der »Oktoberrevolution« mit seiner Partei der Bolschewiki zur Herrschaft
gelangte. Als Partei- und Regierungschef ließ er sich gleichermaßen von seinem Machtinstinkt wie
von programmatischer Flexibilität leiten: Ungeachtet seiner (welt-)revolutionären Überzeugung trat er
für einen Frieden mit den »imperialistischen« Mittelmächten ein, um die junge Sowjetmacht zu
stabilisieren. Darum sprach er sich später auch bei gleichzeitiger Beibehaltung der Einparteiendiktatur
für die »Neue Ökonomische Politik« mit privatwirtschaftlichen Elementen aus.
Karl Lueger (1844–1910): Lueger avancierte zur Schlüsselfigur bei der Gründung der
Christlichsozialen Partei. Deren Anliegen verknüpfte er mit den Interessen des Kleingewerbes und des
Mittelstandes, aber auch mit einem scharfen Antisozialismus und Antisemitismus. Seiner Partei
sicherte er damit eine Massenbasis in Wien und in den Alpenländern. In der k. u. k. Haupt- und
Residenzstadt betrieb Lueger als Bürgermeister ab 1897 außerdem eine vorausschauende
Kommunalpolitik. Darüber hinaus trat er für die Gleichberechtigung der Nationalitäten und den
österreichisch-ungarischen Gesamtstaat ein. Die Christlichsozialen wandelten sich damit von einer
Protestbewegung zu einer »Reichspartei«.
Franz Schuhmeier (1864–1913): Schon mit 32 Jahren in die sozialdemokratische Parteileitung
gewählt, gehörte Schuhmeier seit 1900 dem Wiener Gemeinderat und seit 1901 auch dem Reichsrat
an. Er fiel im Februar 1913 einem Attentat zum Opfer, das Paul Kunschak, der Bruder des bekannten
christlichsozialen Politikers und Arbeiterführers Leopold Kunschak, verübte. Der Mörder, der im
Zustand einer schweren Depression gehandelt haben soll, wurde zum Tode verurteilt. Das Urteil
wurde zunächst in 20 Jahre Kerker umgewandelt; 1918 wurde Kunschak im Zuge der allgemeinen
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politischen Amnestie nach dem Ersten Weltkrieg begnadigt. Beim Begräbnis Schuhmeiers trat indes
eine »Masse« in Erscheinung, die sich als zukünftiger Handlungsträger zu verstehen und als
politische Gegenkultur ihre Teilnahme am öffentlichen Leben einzufordern begann.
Zar Nikolaus II. (1868–1918): Seit 1894 Herrscher des Zarenreiches, hielt Nikolaus am
autokratischen Prinzip fest. Die Revolution von 1905/06 zwang ihn zu konstitutionellen Versprechen.
Dem Parlamentarismus waren jedoch weiterhin enge Grenzen gesetzt. Außenpolitisch suchte die
Zarenregierung das Bündnis mit Frankreich und England. Die russische Unterstützung für die
serbische Regierung trug wesentlich zur Auslösung des Ersten Weltkriegs bei, in dem Nikolaus II. ab
1915 persönlich den Oberbefehl über seine Streitkräfte innehatte. Militärische Niederlagen sowie die
katastrophale Wirtschaftslage führten schließlich zur »Februarrevolution« 1917. Nikolaus dankte ab,
wurde interniert, dann nach Sibirien verbannt und schließlich im Juli 1918 mit seiner Familie von den
Bolschewiken ermordet.
DVD 2
1918 - 1938: Zwischen den Weltkriegen
Kap. 1 - Vom Konsens zum Bürgerkrieg
Deutschösterreich ist und bleibt Republik
A 1919, stumm, s/w, Länge: 4´58´´, Produktion: Staatliche Filmhauptstelle
Am 13. August 1919 nehmen Mitglieder der Koalitionsregierung eine Parade der Volkswehr ab.
Staatliche und militärische Vertreter treten vehement gegen die Monarchie auf und bekennen sich zur
Republik Österreich.
Das zweite internationale sozialistische Jugendtreffen in Wien, 12. Bis 24. Juli 1929
A 1929, vertonte Fassung 1979, s/w, Länge: 2´31´´
Produktion: Zentralstelle für das Bildungswesen, Kamera: Josef Ambor, Hans Glück, Adolf Loos,
Sprecher: Otto Kerry
Beim Zweiten Internationalen Sozialistischen Jugendtreffen in Wien 1929 rufen zwei der
bedeutendsten Vertreter der österreichischen Sozialdemokratie, Friedrich Adler und Otto Bauer, die
europäische Jugend zum vereinten Freiheitskampf auf.
Alt-Bundeskanzler Dr. Ignaz Seipels letzte Fahrt
A 1932, Ton, s/w, Länge: 2´56´´
Produktion: Selenophon Licht- und Tonbildgesellschaft m.b.H.
Begräbnisfeierlichkeiten für Ignaz Seipel: Bundespräsident Miklas und Bundeskanzler Dollfuß
gedenken der politischen Lagerkämpfe. Die Sozialdemokraten Karl Renner und Otto Glöckel sind
beim Begräbnis zugegen.
50 Jahre unserer Republik
A 1968, Ton, s/w, Länge: 1´20´´
Hergestellt mit Unterstützung der österreichischen Bundesregierung, Regie: Hellmut Andics
Der politische Kampf zwischen dem »bürgerlich-bäuerlichen Lager« und der Linken wird anhand einer
Gegenüberstellung des Christlichsozialen Ignaz Seipel und des Sozialdemokraten Otto Bauer erörtert.
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Bilder vom sozialdemokratischen Parteitag
A 1927, stumm, s/w, Länge: 2´57´´
Produktion: Kiba
Am 29. Oktober 1927 trifft im Ottakringer Arbeiterheim die Prominenz der österreichischen
Sozialdemokratie (Karl Seitz, Friedrich Adler, Karl Renner) zusammen.
Bürgermeister Seitz spricht
A 1930, Ton, s/w, Länge: 3´14´´
Produktion: unbekannt
Karl Seitz, Bürgermeister und Landeshauptmann von Wien sowie Vorsitzender der SDAP, appelliert
an die Österreicher, am 9. November 1930 zur Nationalratswahl zu gehen.
Der grosse Aufmarsch der Heimwehr in der Steiermark
A 1933, Ton, s/w, Länge: 1´43´´
Produktion: Fox Tönende Wochenschau
Festveranstaltung im Rahmen eines Aufmarsches der Heimwehr in der Steiermark. Anwesend ist
auch der Landeshauptmann Anton Rintelen.
Fahnenenthüllung des Republikanischen Schutzbundes Hallein
A 1926, stumm, s/w, Länge: 1´48´´
Produktion: G. Huber-Film, Salzburg
Die FAHNENENTHÜLLUNG DES REPUBLIKANISCHEN SCHUTZBUNDES HALLEIN zählt zu den raren Dokumenten
sozialdemokratischer Festkultur außerhalb des Roten Wien.
Der Brand des Justizpalastes in Wien
A 1927, stumm, s/w, Länge: 5´48´´
Produktion: Gustav Mayer, Kamera: Rudi Mayer
Der 15. Juli 1927. Demonstranten stecken den Justizpalast in Brand. Die Polizei geht mit größter
Härte vor. Tote und Verletzte bleiben zurück. Der Film entschärft die Schreckensszenen. Montage und
Kommentar verzerren den tatsächlichen Ablauf der Ereignisse.
Darstellung des Ordnungsdienstes der Wiener Polizei. Zweiter Februar, Erster Mai 1930
A 1930, stumm, s/w, Länge: 2´31´´
Produktion: Bundessicherheitswache (Wien)
Die Aufnahmen vom 1. Mai 1930 demonstrieren anhand der aufmarschierenden Heimwehren und der
sozialdemokratischen Schutzbündler den schwelenden Konflikt zwischen den Lagern. Die Wiener
Polizei versucht die rivalisierenden Gruppen voneinander abzuschirmen.
1933. Österreich in Bild und Ton
A 1933/2005, Ton, s/w, Länge: 1´12´´
Produktion: Filmarchiv Austria
Das Parlament wird ausgeschaltet. Bundeskanzler Engelbert Dollfuß regiert autoritär. In Österreich
wächst der nationalsozialistische Einfluss.
Die Februarrevolte 1934 in Wien
A 1934, Ton, s/w, Länge: 5´47´´
Produktion: Sicherheitswache Abt. 26, Bundespolizeidirektion Wien
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Der Februar 1934 aus der Sicht der »Sieger«. Die Regierung spricht von einer marxistischen Revolte,
von gut gerüsteten und vorbereiteten Aufständischen. In Wirklichkeit ist es ein verzweifeltes
Rückzugsgefecht, improvisiert und ohne Aussicht auf Erfolg.
Kap. 2 - Großraumdenken
50 Jahre unserer Republik
A 1968, Ton, s/w, Länge: 1´21´´
Hergestellt mit Unterstützung der österreichischen Bundesregierung, R: Hellmut Andics
Dem Friedensvertrag von St. Germain folgen Grenzkämpfe in Kärnten und im Burgenland.
Ausrufung der Republik in Wien
A 1918, stumm, s/w, Länge: 1´47´´
Produktion: Filmstelle im Auftrag des Staatsrates, Wien
Am 12. November 1918 wird anlässlich der Ausrufung der Republik der weiße Mittelstreifen aus der
österreichischen Flagge entfernt, um die Gründung eines Staates nach russischem Vorbild zu
signalisieren.
Die Wiener Arbeiterschaft im Wahlkampf
A 1927, stumm, s/w, Länge: 2´35´´
Produktion: Astor Pamela Wochenschau, Wien
Die österreichische Sozialdemokratie holt sich während der Wahlkämpfe Unterstützung aus
Deutschland und wünscht, wie es die Anschlusskundgebung im Wahlkampf des Jahres 1927 unter
Beweis stellt, eine Vereinigung beider Staaten.
Wiener Kundgebung gegen die Besetzung des Ruhrgebietes
A 1923, stumm, s/w, Länge: 2´37´´
Produktion: unbekannt
Französische und belgische Truppen sind ins Ruhrgebiet eingerückt. Vor der Universität Wien kommt
es vor diesem Hintergrund zu Protesten einer vorwiegend deutschnationalen Studentenschaft..
Besuch des tschechoslowakischen Aussenministers Dr. Benesch bei Bundeskanzler Dr.
Dollfuss
(Aus: ÖSTERREICH IN BILD UND TON Nr. 21a/1933)
A 1933, Ton, s/w, Länge: 1´
Produktion: Selenophon Licht- und Tonbildgesellschaft m.b.H.
Der Prager Regierung war die Unabhängigkeit Österreichs ein Anliegen. Der tschechoslowakische
Außenminister Eduard Benesch betont gegenüber Kanzler Dollfuß die Bedeutung, die er diesem
persönlichen Kontakt beimisst.
Mussolinis Reise nach Deutschland
(Aus: JAHRESSCHAU DER BUNDESPOLIZEIDIREKTION IN WIEN 1937)
A 1937, Ton, s/w, Länge: 1´27´´
Produktion: Sicherheitswache Abt. 26, Bundespolizeidirektion Wien
Das Dokument zeigt Benito Mussolini in Innsbruck, wo er seinen antimarxistischen Kurs und seine
Annäherung an die faschistischen Kräfte Österreich weiter vorantreibt, obwohl Kritik an seiner
Südtirolpolitik laut wurde.
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Mediathek UB Graz
NSDAP-Kundgebung zum 1. mai 1933 in der Wiener Engelmann-Arena
A 1933, Ton, s/w, Länge: 4´43´´
Produktion: unbekannt
NS-Großkundgebungen wie jene vom 1. Mai 1933 wurden zu machtvollen Manifestationen einer
radikalisierten Anschlussbewegung. Antisemitische und völkische Parolen schürten den Hass gegen
Andersgesinnte.
Kap. 3 - Krise und Elend
In Memoriam Dr. Schober
A 1932, stumm, s/w, Länge: 1´52´´
Produktion: Schulabteilung der Sicherheitswache Wien, Bundespolizeidirektion Wien
Die militärische Lage 1918, Hunger und Kriegsmüdigkeit führen zum Zusammenbruch.
Essensrationen und Selbsthilfeaktionen wie das Suchen von Brennholz in den angrenzenden Wäldern
schaffen nur kurzfristig Abhilfe.
Kinderelend in Wien
(Alternativtitel: BILDER AUS EINER VOM UNTERGANGE BEDROHTEN STADT)
A 1919, stumm, s/w, Länge: 55´´
Produktion: Staatliche Filmhauptstelle
Das Dokument zeigt Kinderausspeisungen in Schönbrunn und in einem öffentlichen Wiener Park.
Die Kinderklinik in wIen
(Alternativtitel: DIE KINDERKLINIK PROFESSOR PIRQUETS IN WIEN)
A 1919, stumm, s/w, Länge: 2´40´´
Produktion: Staatliche Filmhauptstelle
In Österreich und speziell in der Bundeshauptstadt registriert man eine ungewöhnlich hohe Zahl an
Tuberkuloseerkrankungen. Filme sollten die Bevölkerung über Heilungschancen und Therapien
informieren. In den hier gezeigten Ausschnitten steht die Behandlung der Kinder im Mittelpunkt.
50 Jahre unserer Republik
A 1968, Ton, s/w, Länge: 3´9´´
Hergestellt mit Unterstützung der österreichischen Bundesregierung, Regie: Hellmut Andics
Anleihen sollten helfen, das österreichische Budgetdefizit zu beseitigen. Doch eine nachhaltige
Konjunkturbelebung bleibt aus. Ein 1931 von Österreich und Deutschland geheim erarbeiteter
Zollunionsvertrag soll Abhilfe schaffen.
Die Erste Republik
A 1925, stumm, s/w, Länge: 1´7´´
Produktion: Filmdienst, Bundesministerium für Unterricht
In vielen Ländern reagierte man auf die Notlage Österreichs. Schweden schickt Lebensmittel und
Medikamente. Im vorliegenden Filmdokument bedankt sich die Wiener Bevölkerung mit einer großen
Kundgebung bei einer schwedischen Delegation.
1934. Österreich in Bild und Ton
A 1934/2005, Ton, s/w, Länge: 46´´
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Mediathek UB Graz
Viele Geldinstitute überleben das Ende der Inflationszeit nicht. Auch die mächtige Credit-Anstalt steht
vor dem Zusammenbruch. Der Staat greift ein. Das Budget wird zusätzlich belastet.
Unser Bundeskanzler für das Heer der Arbeitslosen in Steyr
(Aus: JAHRESSCHAU DER BUNDESPOLIZEIDIREKTION WIEN 1932)
A 1932, stumm, s/w, Länge: 1´47´´
Produktion: Schulabteilung der Sicherheitswache Wien, Bundespolizeidirektion Wien
Mit der Weltwirtschaftskrise steigt die Zahl der Arbeitslosen weiter an. Wirtschaftsregionen, wie die im
Filmdokument präsentierte Eisen- und Stahlbranche im Raum Steyr, verwandeln sich in einen
»Friedhof von Fabriken und Gewerbebetrieben«.
Kap. 4 - Zwischen Tradition und Moderne
Der Selbstanschluss-Fernsprecher
A 1929, stumm, s/w, Länge: 2´5´´
Produktion: Ing. Karl Köfinger
Die Zahl der Telefonanschlüsse steigt in den Dreißigerjahren rapide an. Die genaue Handhabung des
Telefons muss aber, wie der Beitrag zeigt, bisweilen noch detailliert erklärt werden.
Der 500.000. Abonnent der Ravag
(Aus: ÖSTERREICH IN BILD UND TON Nr. 26b/1933)
A 1933, Ton, s/w, Länge: 1´14´´
Produktion: Selenophon Licht- und Tonbildgesellschaft m.b.H.
Schneller noch als das Kino setzt sich der Rundfunk als Massenmedium durch. Ende 1933 begrüßt
die »Radio-Verkehrs-AG« bereits ihren fünfhunderttausendsten Abonnenten.
Winterfreuden am Arlberg
A 1930, stumm, s/w, Länge: 2´16´´
Produktion: Ing. Karl Köfinger
Schifahrer werden mit Raupenschlitten zu den Abfahrten gebracht. Der Wintersport am Arlberg, in
Kitzbühel und Seefeld entwickelt sich zum wirtschaftlichen Hoffnungsgebiet.
Dorfsymphonie
A 1935, stumm, s/w, Länge: 1´52´´
Produktion: Selenophon Licht- und Tonbildgesellschaft m.b.H., Regie: Max Zehenthofer, Kamera:
Hans Nigman, Hans Imber
Die Filmpropaganda des »Ständestaates« idealisiert eine technikfreie, »gesunde« Landwirtschaft
sowie den Zusammenhalt der bäuerlich-katholischen Großfamilie.
Elektrifizierung der Tauernbahn
(Aus: ÖSTERREICH IN BILD UND TON Nr. 28a/1933)
A 1933, Ton, s/w, Länge: 1´57´´
Produktion: Selenophon Licht- und Tonbildgesellschaft m.b.H.
Immer mehr Dampfloks sollen von elektrischen Zügen abgelöst werden. Bilder von Ausbauarbeiten
zur Elektrifizierung der Tauernbahn.
Kronfelds Vierländerflug
(Aus: ÖSTERREICH IN BILD UND TON Nr. 8b/1933)
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Mediathek UB Graz
A 1933, Ton, s/w, Länge: 3´1´´
Produktion: Selenophon Licht- und Tonbildgesellschaft m.b.H.
Das Filmdokument zeigt den österreichischen Segelflugpionier Robert Kronfeld, der mittels seiner
selbst gebauten Maschine »Austria« den Schleppflugtransport demonstriert.
Verkehrserziehungswoche der Wiener Polizei
(Aus: ÖSTERREICH IN BILD UND TON Nr. 24b/1937)
A 1937, Ton, s/w, Länge: 1´21´´
Produktion: Selenophon Licht- und Tonbildgesellschaft m.b.H.
Die Mobilisierung der Bevölkerung nimmt stetig zu. Die Behörden entschließen sich zu einer rigorosen
Verkehrsregelung. Im vorliegenden Filmdokument erteilen Polizisten praktischen Verkehrsunterricht.
Wie ein Volkswohnbau der Gemeinde Wien entsteht
A 1926, stumm, s/w, Länge: 2´57´´
Produktion: Ing. Karl Köfinger
Im »Roten Wien« entstehen bis 1934 knapp 64.000 Wohnungen. Die Aufnahmen zeigen die Bauten
als Errungenschaften der Sozialdemokratie.
Internationaler Kongress des PEN-Clubs in Österreich
A 1928, stumm, s/w, Länge: 1´21´´
Produktion: unbekannt
Das hohe künstlerische Niveau österreichischer Kulturschaffender findet in der Zwischenkriegszeit
seine Fortsetzung. Das Filmdokument zeigt Größen der Literatur beim Schriftsteller-Kongress des
P.E.N.-Clubs in Wien.
Aus Österreichs Hochschulen
(Alternativtitel: ÖSTERREICHS HOCHSCHULEN)
A 1936, Ton (teilweise), s/w, Länge: 3´6´´
Produktion: Selenophon Licht- und Tonbildgesellschaft m.b.H., Regie: Bruno Lötsch
Österreich präsentiert seine wissenschaftlichen und kulturellen Leistungen. An zehn Hochschulen
studieren 18.000 junge Menschen. Das Filmdokument zeigt die vielseitigen Arbeiten an der Universität
Wien.
Der internationale Frauentag in Wien
A 1931, Ton, s/w, Länge: 1´45´´
Produktion: Selenophon Licht- und Tonbildgesellschaft m.b.H. und Gustav Mayer
Im Filmbeitrag ruft die Führerin der internationalen Frauenbewegung in Wien, »Gemeinderätin Bock«,
die »arbeitenden Frauen« der Welt zum gemeinsamen Kampf auf.
regierUng schafft Arbeit: die Frau im freiwilligen Arbeitsdienst
(Aus: ÖSTERREICH IN BILD UND TON Nr. 24a/1933)
A 1933, Ton, s/w, Länge: 1´21´´
Produktion: Selenophon Licht- und Tonbildgesellschaft m.b.H.
Im vaterländisch organisierten »freiwilligen Arbeitsdienst« werden die Frauen in Haushaltslehre
unterwiesen. Ihre Uniform ist das Dirndl.
Die Stadt ohne Juden
A 1924, stumm, s/w, Länge: 2´8´´
Produktion: H.K.B.Film, Walterskirchen & Bittner, Regie: Hans Karl Breslauer, Kamera: Hugo Eywo,
Darsteller: Hans Moser, Eugen Neufeld, Mizzi Griebl, Gisela Werbezirk, Armin Berg u.a. Der Film DIE
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Mediathek UB Graz
STADT OHNE JUDEN,
basierend auf einem Roman von Hugo Bettauer, spiegelt den Antisemitismus der
Zeit wider.
Kap. 5 - Gegenkulturen
Fronleichnamsfest in Traunkirchen
(Aus: ÖSTERREICH IN BILD UND TON Nr. 3b/1933)
A 1933, Ton, s/w, Länge: 1´44´´
Produktion: Selenophon Licht- und Tonbildgesellschaft m.b.H.
Fronleichnamsfeiern im oberösterreichischen Salzkammergut. Sommerfrische und Fremdenverkehr
fördern den Folklorismus. Daneben ist die »authentische Volkskultur« ein Fundament der
christlichsozialen Partei.
Die Maifeier der Wiener Arbeiterschaft 1927
A 1927, stumm, s/w, Länge: 3´15´´
Produktion: unbekannt
Umzüge der Linken stellen eine Art imitative Konkurrenz zu den christlichen Prozessionen dar.
Insbesondere dem 1. Mai, dem Tag der Arbeit, kommt diesbezüglich eine zentrale Funktion zu.
Ehrung des Bundeskanzlers in Klosterneuburg
(Aus: ÖSTERREICH IN BILD UND TON Nr. 43a/1934)
A 1934, Ton, s/w, Länge: 1´48´´
Produktion: Selenophon Licht- und Tonbildgesellschaft m.b.H.
Das austrofaschistische Regime will ein überholtes, ständisch-feudal-hierarchisches Modell
wiederbeleben und die Arbeiterschaft »entproletarisieren«. Bundeskanzler Dollfuß richtet sich im
vorliegenden Filmdokument vehement gegen das sozialistische Lebensmodell.
Der 1. mai in Wien. Aufmarsch der Stände
(Aus: ÖSTERREICH IN BILD UND TON Nr. 48b/1934)
A 1934, Ton, s/w, Länge: 5´42´´
Produktion: Selenophon Licht- und Tonbildgesellschaft m.b.H.
Über groß angelegte historische Inszenierungen, wie der Ständehuldigung am 1. Mai, will das Regime
ein rückwärtsgewandtes Weltbild visualisieren und die Massen mobilisieren.
Das zweite internationale sozialistische Jugendtreffen in wien, 12. bis 24. juli 1929
A 1929, stumme Fassung, s/w, Länge: 3´35´´
Produktion: Zentralstelle für das Bildungswesen der Sozialistischen Arbeiterpartei DeutschÖsterreichs. Von Gemeindebauten über Kindergärten, vom Konsumverein über Bäder und Heilstätten
reichte das Gesamtkonzept des »Roten Wien«. Seine Metaphorik deutet Vergangenheit und Zukunft
neu. Die Tatkraft der Jugend wird in einer Theateraufführung beschworen.
Der französische Unterrichtsminister Herriot besucht mit dem Präsidenten des Wiener
Stadtschulrates Otto Glöckel eine Zeichenstunde bei Richard Rothe im Pädagogischen Institut
der Stadt Wien
A 1927, stumm, s/w, Länge: 45´´
PRODUKTION: UNBEKANNT
Otto Glöckel besucht eine Schulklasse. Mit seinem Namen ist die sozialistische Reformpädagogik
verknüpft.
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Mediathek UB Graz
Fussball-Länderkampf Österreich – Ungarn
(Aus: ÖSTERREICH IN BILD UND TON Nr. 46a/1934)
A 1934, Ton, s/w, Länge: 2´52´´
Produktion: Selenophon Licht- und Tonbildgesellschaft m.b.H.
Auf dem Fußballplatz ist Österreich zu Beginn der Dreißigerjahre eine Großmacht. Zu sehen ist ein
Match zwischen Österreich und Ungarn.
Charlie Chaplin in Wien
(Aus: SELENOPHON TONFILMSCHAU AUSTRIA)
A 1931, Ton, s/w, Länge: 1´57´´
Produktion: Selenophon Licht- und Tonbildgesellschaft m.b.H.
Charlie Chaplin in der österreichischen Bundeshauptstadt. Die Begeisterung seiner Fans kennt keine
Grenzen.
Von den Festspielen 1933. Aufführung des Jedermann am Domplatz
(Aus: ÖSTERREICH IN BILD UND TON Nr. 15a/1933)
A 1933, TON, S/W, LÄNGE: 6´24´´
Produktion: Selenophon Licht- und Tonbildgesellschaft m.b.H.
Die seit 1920 stattfindenden Salzburger Festspiele repräsentierten Kontinuität. Die »hohe Kunst« steht
im Dienst eines elitär-konservativen Denkens.
Kap. 6 - Das autoritär-faschistische Regime
Die gewaltige Vaterländische Kundgebung auf dem Trabrennplatz
(Aus: JAHRESSCHAU DER BUNDESPOLIZEIDIREKTION 1933)
A 1933, stumm, s/w, Länge: 1´55´´
Produktion: Sicherheitswache Abt. 26, Bundespolizeidirektion Wien
»Vaterländische Kundgebungen«, Katholikentag, Erinnerung an die Türkenkriege: Im September 1933
kündigt Engelbert Dollfuß den christlich-autoritären »Ständestaat« an.
Die Vaterländische Front
(Alternativtitel: DAS WERDEN UND DIE BEDEUTUNG DER VATERLÄNDISCHEN FRONT)
A 1938, Ton, s/w, Länge: 1´55´´
Produktion: Selenophon Licht- und Tonbildgesellschaft m.b.H.
Die politische Opposition ist ausgeschaltet, eine Einheitspartei, die Vaterländische Front, gegründet.
Ein berufsständisch organisiertes, katholisch autoritäres System soll eine christlich-harmonische
Gesellschaft mit sich bringen.
Verbrecherischer Eisenbahnanschlag bei Wels
(Aus: ÖSTERREICH IN BILD UND TON Nr. 45b/1934)
A 1934, Ton, s/w, Länge: 1´34´´
Produktion: Selenophon Licht- und Tonbildgesellschaft m.b.H.
NS-Aktivisten verüben Anschläge. Die Urheber werden in den offiziellen Wochenschauen Österreichs
aber nicht genannt.
Bundeskanzler Dr. Dollfuss tot
29
Mediathek UB Graz
A 1934, Ton, s/w, Länge: 2´18´´
Produktion: Selenophon Licht- und Tonbildgesellschaft m.b.H.
Im Zuge des NS-Putsches am 25. Juli 1934 wird Kanzler Dollfuß getötet, das Begräbnis zum
Ausgangspunkt für eine Art »Märtyrerkult«. Bei den Trauerfeierlichkeiten spricht Bundespräsident
Miklas. Seine Stimme ist im Off zu hören.
Vaterländische Front – Heimatschutz. Grosse Kundgebung in Horn
(Aus: ÖSTERREICH IN BILD UND TON Nr. 18b/1936)
A 1936, Ton, s/w, Länge: 1´57´´
Produktion: Selenophon Licht- und Tonbildgesellschaft m.b.H.
Schuschnigg entmachtet die Heimwehrführer zusehends, trotzdem behalten sie ein beträchtliches
Maß an Eigenleben. Bei einer Kundgebung des Heimatschutzes in Horn sind Ernst Rüdiger von
Starhemberg, Egon Berger-Waldenegg und Eduard Baar-Baarenfels zu sehen.
Wiener Mode
(Alternativtitel: MODE IN WIEN)
A 1934, Ton, s/w, Länge: 2´54´´
Produktion: Gewerbeförderungsinstitut der Kammer für Handel, Gewerbe und Industrie in Wien,
Regie: Alfred Kunz, Adi Mayer
Sport, Landschaft, Mode, Musik und Kunst bestimmen einen Bilderkanon, der in Form und Inhalt
zugleich dem konservativen Kulturverständnis Vorschub leistet. Traditionsdenken soll zudem den
österreichischen Patriotismus fördern.
Regierung schafft Arbeit: Bau der Grossglockner-Strasse
(Aus: ÖSTERREICH IN BILD UND TON Nr. 10b/1933)
A 1933, Ton, s/w, Länge: 1´55´´
Produktion: Selenophon Licht- und Tonbildgesellschaft m.b.H.
Der Bau der Glockner-Straße als Prestigeprojekt. Die Berichte darüber dienen der Propaganda des
Ständestaates.
Die Unterzeichnung des Dreierpaktes
(Aus: ÖSTERREICH IN BILD UND TON Nr. 42b/1934)
A 1934, Ton, s/w, Länge: 1´28´´
Produktion: Selenophon Licht- und Tonbildgesellschaft m.b.H.
Benito Mussolini, Engelbert Dollfuß und Ungarns Ministerpräsident Gyula Gömbös unterzeichnen
1934 mit den »Römischen Protokollen« einen gegen Berlin, aber auch gegen Paris gerichteten
Freundschaftspakt.
50 Jahre unserer Republik
A 1968, Ton, s/w, Länge: 1´23´´
Hergestellt mit Unterstützung der österreichischen Bundesregierung, Regie: Hellmut Andics
Mussolini beginnt den Kolonialkrieg in Abessinien und wird international geächtet. Der »Duce«
verbündet sich mit Deutschland. Österreich verliert seine Schutzmacht. Nun sucht Schuschnigg eine
Verständigung mit Hitler.
Staatssekretär Dr. Schmidt in Berlin
(Aus: ÖSTERREICH IN BILD UND TON Nr. 48a/1936)
A 1936, Ton, s/w, Länge: 1´6´´
Produktion: Selenophon Licht- und Tonbildgesellschaft m.b.H.
30
Mediathek UB Graz
Guido Schmidt, österreichischer Staatssekretär und schließlich Minister für Äußeres, steht als
Vertrauensmann von Schuschnigg für den Ausgleich mit Deutschland.
50 Jahre unserer Republik
A 1968, Ton, s/w, Länge: 1´50´´
Hergestellt mit Unterstützung der österreichischen Bundesregierung, Regie: Hellmut Andics
Im geheim gehaltenen »Gentleman’s Agreement«, einem Zusatzdokument des Juliabkommens 1936,
macht Schuschnigg den Nationalsozialisten weitere Zugeständnisse. Im Filmbeitrag schildert Kurt
Schuschnigg im Rückblick seine Sicht der Dinge.
Die grosse Rede des Bundeskanzlers vor dem Bundestag
A 1938, Ton, s/w, Länge: 2´9´´
Produktion: Selenophon Licht- und Tonbildgesellschaft m.b.H.
Den ständigen neuen Forderungen der Nationalsozialisten und des Deutschen Reiches tritt Kurt
Schuschnigg mit einer patriotischen Rede entgegen.
Einmarsch in Österreich
(Aus: UFA TONWOCHE Nr. 393)
D 1938, Ton, s/w, Länge: 4´14´´
Produktion: Universum Film AG
Adolf Hitler und die Wehrmacht werden begeistert empfangen. Abseits der Jubelbilder beginnt der
Terror gegen Juden sowie gegen vermeintliche oder tatsächliche NS-Gegner. Am Beginn des Beitrags
spricht Hermann Göring.
DVD 3
1938–1945 Die Herrschaft des Nationalsozialismus
Unser Geschichtsverständnis wird maßgeblich von Bildern geprägt. Über sie und den Kontext, in dem
sie entstanden sind, gilt es, Bilanz zu ziehen. Zudem ist unser Bildgedächtnis immer wieder kritisch zu
hinterfragen. Überblick und Neuinterpretation sind daher Voraussetzungen für eine visuelle
Zeitgeschichte, die das Filmarchiv Austria mit der DVD-Edition »Österreich im 20. Jahrhundert« bieten
will. Die Veröffentlichung vereint dabei alle wesentlichen Filmdokumente zur Entwicklung des Landes
– vom Ende der Kaiserzeit bis zur Gegenwart. Sechs DVDs beleuchten aus innen- und
außenpolitischer, aus wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Sicht unterschiedliche Zeitspannen, die
sich nach Ansicht der Gestalter durch einschneidende Ereignisse und spezifische Problemlagen
voneinander unterscheiden. Am Anfang steht der Ausklang einer Epoche, die späte Donaumonarchie:
Das Fin de Siècle mit all seinen gesellschaftlichen und politischen Umbrüchen, seinen
wissenschaftlichen und kulturellen Leistungen, seinen nationalen Bewegungen und Zerwürfnissen, die
im Ersten Weltkrieg enden, soll durch konservierte und restaurierte Filme, beginnend mit dem Jahr
1896, in Erinnerung gerufen werden. Nach dem »Tod des Doppeladlers« im Jahr 1918 werden die
Erste Republik und das autoritärfaschistische Regime in der Zwischenkriegszeit beleuchtet. Eine
Konfliktgesellschaft präsentiert sich in Bildern und Gegenbildern. Sie verweisen auf innen- und
außenpolitische Kämpfe, auf fehlendes Demokratiebewusstsein, den ökonomischen Zusammenbruch
und soziale Spannungen, auf den Versuch, an alten Machtpositionen und Denkstrukturen
festzuhalten, und den Traum vom vereinten »Großdeutschland«. Das schwer Vermittelbare steht nicht
zuletzt im Mittelpunkt des dritten Zeitabschnitts. Die Jahre, in denen Österreich dem »Dritten Reich«
angehörte, sind daher nicht allein im Zusammenhang mit dem »Anschluss«, dem Verlauf und den
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Mediathek UB Graz
Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges zu zeigen. Rassismus und Antisemitismus, Themen, die in
allen Epochen traurige Bedeutung erlangen, werden mit der nationalsozialistischen
Schreckensherrschaft zum kaum visualisierbaren Massenverbrechen: Nur wenige Filmdokumente
zeigen Ausgrenzung, Verfolgung und »Ausmerzung« der Andersdenkenden und »Andersartigen«. 2
Unter weitgehender Ausblendung der NS-Gräuel pflegt dann im vierten Teil die junge Zweite Republik
unter anderem mithilfe der staatlichen AUSTRIA WOCHENSCHAU das Selbstbild patriotischer
Einigkeit. Der Kleinstaat wird nun, anders als nach 1918, bejaht. Das »Wir-Gefühl« verstärkt sich
durch die vierfache alliierte Besatzung. Die nationale Identität knüpft dabei zum Teil an den Bildkanon
der Dreißigerjahre an. Eine Kultur-, Tourismus- und Sport-»Großmacht« verdeckt ihre inneren
Widersprüche. Proporz, Sozialpartnerschaft und wirtschaftlicher Aufschwung erweisen sich in dieser
Hinsicht als nützlich. Im fünften Zeitabschnitt geht es darum ebenso wie um die Entwicklung der
neutralen Alpenrepublik vor dem Hintergrund des Kalten Krieges. Diese Konsolidierungsphase leitet
über zu den Alleinregierungen ab der Mitte der Sechzigerjahre, zur darauf folgenden Reformphase
und verspäteten Rezeption der Studentenbewegung von 1968. Die sechste DVD, die das letzte
Kapitel der jüngeren österreichischen Vergangenheit behandelt, erschließt dazu gleichermaßen
Filmquellen wie zur Neupositionierung Österreichs mit dem Fall des Eisernen Vorhangs und dem
Beitritt zur Europäischen Union. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die zur Veranschaulichung der
Geschichte Österreichs im 20. Jahrhundert verwendeten Filmdokumente ihrer Provenienz
entsprechend quellenkritisch aufbereitet und kontextualisiert sind. Sie fügen sich in ein gestalterisches
Konzept ein, das große politische Entwicklungslinien in Form von Längsschnitten aufzeigt. Dadurch
werden Kontinuitäten sichtbar, zum Beispiel in der Frage des Antisemitismus, im weitgehenden
Fehlen eines liberalen Gedankenguts und im Hang zu sozialkooperativen Systemen. Ebenso treten
Brüche und Transformationsprozesse zutage, etwa beim Übergang vom Großraumdenken zur
Kleinstaatsmentalität, von der Mangel- zur Überflussgesellschaft oder von der Industriegläubigkeit der
Nachkriegszeit zur ökologischen Bewegung der Siebziger- und Achtzigerjahre. Andererseits werden
aber auch Zäsuren im Sinne der Ereignisgeschichte berücksichtigt und überdies gesellschaftliche
Rahmenbedingungen abgedeckt. Wirtschaft, Tourismus, Kunst, Kultur, Wissenschaft, Bildung, Sport
und Technik spielen ebenso eine Rolle wie sozialgeschichtliche Aspekte, die Problematik der
nationalen Selbstdarstellung oder die jeweilige Sicht auf das Rollenverständnis der Geschlechter.
Jede DVD ist in einzelne große Themenblöcke gegliedert, denen als Orientierungshilfe entsprechende
historische Grundinformationen vorangestellt sind. Der Kurzinhalt der Filmbeiträge ist in diesem
Booklet nachzulesen. Es gibt auch entsprechende filmografische Angaben, die auf die Herkunft sowie
das Entstehungsjahr des Filmdokuments verweisen. Darüber hinaus finden sich auf den einzelnen
DVDs Sammlungen mit Kurzbiografien zu den wichtigsten historischen Persönlichkeiten, die in den
ausgewählten Filmaufnahmen zu sehen sind.
1938–1945 – Die Herrschaft des Nationalsozialismus
Die Jahre von 1938 bis 1945 gehören gleichermaßen zur deutschen wie zur österreichischen
Geschichte. Der »Anschluss« ist hierfür beispielgebend: Die Annexion durch das »Dritte Reich« als
Intervention von außen verband sich mit der Machtübernahme durch die NSDAP im Inneren. Damit
verschwand ein Kleinstaat, dessen schwache Landesidentität fast vollständig beseitigt wurde. Sogar
die »Ostmark« als Teil des nationalsozialistischen Deutschland erinnerte noch zu sehr an etwas
Separates. Sie wandelte sich deshalb zu den »Donau- und Alpengauen«, die unmittelbar den
zentralen Reichsbehörden unterstellt waren. Zugleich bedeutete die NS-Herrschaft Krieg, Verfolgung
und Terror. Von den etwa sieben Millionen Einwohnern der »Ostmark« kamen ungefähr 250.000 als
Wehrmachtssoldaten und zirka 30.000 als Zivilisten insbesondere bei Luftangriffen ums Leben. Etwa
6.000 Roma sowie 65.000 Juden und 25.000 nichtjüdische Häftlinge ermordete man in Gefängnissen,
Konzentrations- und Vernichtungslagern. Weitere 20.000 Menschen wurden als »unwertes Leben« in
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Mediathek UB Graz
der Euthanasieanstalt Schloss Hartheim bei Linz umgebracht. Tausende Österreicher bezahlten ihren
Widerstand gegen das Gewaltregime mit dem Tod. Weit mehr schlossen sich jedoch den »neuen
Herren« an. 700.000 »Ostmärker« waren Mitglied der NSDAP. Das »visuelle Gedächtnis« in Bezug
auf das nationalsozialistische Regime speist sich in erster Linie aus den Bildern der Täter. Deren
Decodierung ist folglich Voraussetzung für die Herangehensweise an Filmdokumente, die das »Dritte
Reich« hervorgebracht hat. Dabei gilt es zu beachten, dass zwischen 1938 und 1945 individuelle
Freiheiten zugunsten einer »Volksgemeinschaft« verloren gingen, die von der Führung dafür als
Trägerin des »Herrenmenschentums« hochstilisiert und mit materiellen Sicherheiten ausgestattet
wurde. In der Propaganda wurde die »Ausmerzung« des »Abnormen« zwar bisweilen angesprochen.
Die Verbrechen des Regimes blieben jedoch der Kamera fast immer verborgen. Nur in Details und
Fragmenten, in geheimen, privaten oder unbeabsichtigten Aufnahmen vor 1945 sowie in den alliierten
Filmen nach der Befreiung wird das tatsächliche Gewaltpotenzial des NS-Terrors erkennbar.
Kap. 1: Der "Anschluss"
Die fortschreitende außenpolitische Isolierung Österreichs seit 1936/37, das Desinteresse der
demokratischen Westmächte an einem Fortbestand des austrofaschistischen Ständestaates und der
zunehmend aggressive Kurs Hitlers bedrohten die Eigenständigkeit Österreichs in immer stärkerem
Maße. Das »Berchtesgadener Abkommen« im Februar 1938 markierte schließlich den Anfang vom 4
Ende. Schuschnigg überließ nach massiven Drohungen durch Hitler dem »gemäßigten
Nationalsozialisten« Seyß-Inquart das wichtige Innen- und Sicherheitsministerium. Die
österreichischen Nationalsozialisten konnten nun immer offener gegen den Ständestaat vorgehen,
während dessen Repräsentanten zunehmend wie gelähmt wirkten. Dem rapide schwindenden
Handlungsspielraum versuchte Schuschnigg durch die überraschende Abhaltung einer
Volksbefragung am 13. März »für ein freies und deutsches, unabhängiges und soziales, für ein
christliches und einiges Österreich« zu begegnen. Hitler und Göring aber wollten die Initiative nun
nicht mehr aus der Hand geben. In verschiedenen Ultimaten wurden eine Absetzung der
Volksbefragung und der Rücktritt des Bundeskanzlers erzwungen. Obwohl Bundespräsident Miklas
noch einige Zeit hinhaltenden Widerstand leistete, war am Morgen des 12. März 1938 eine
österreichische nationalsozialistische Regierung im Amt. Trotzdem – man wollte jegliche unliebsame
Überraschungen vermeiden – marschierte bereits seit den Nachtstunden die Wehrmacht ohne auf
Widerstand zu stoßen in Österreich ein (vgl. 1.1). Der begeisterte Empfang der Invasoren durch die
österreichische Bevölkerung (vgl. 1.1) veranlasste Hitler, der ursprünglich vom Konzept einer längeren
Übergangsphase ausging, nun doch zur sofortigen Durchführung des Anschlusses. Noch am
Vormittag des 13. März wurde gleichzeitig in Berlin und Wien das »Gesetz über die
Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich« bekannt gegeben. Hitlers Fahrt nach Wien
glich einem Triumphzug. Den Höhepunkt bildete seine Rede auf dem Wiener Heldenplatz am 15.
März, wo er »den Eintritt meiner Heimat in das Deutsche Reich« verkündete (vgl. 1.2).
Übergangskanzler Seyß-Inquart wurde allerdings bald zur Seite gedrängt. Mit der Eingliederung
Österreichs in das Deutsche Reich war hauptsächlich der aus der Pfalz stammende
»Reichskommissar« Josef Bürckel befasst. Unverzüglich begannen die neuen Machthaber mit der
Verfolgung der Juden und der politischen Gegner, während sie mit beträchtlichem
propagandistischem Aufwand die übrige Bevölkerung für sich zu gewinnen suchten. Die
Ausschmückung des öffentlichen Raumes mit nationalsozialistischen Zeichen und Symbolen, Fahnen
und Führerbildern erreichte ungeahnte Dimensionen. Zahlreiche höchstrangige Vertreter des NSRegimes besuchten Österreich im Zeichen des Wahlkampfes für die Volksabstimmung vom 10. April
(vgl. 1.3). Druck und Manipulation zum einen (vgl. 1.4), Festveranstaltungen und inszenierte
Hilfsbereitschaft zum anderen verfehlten ihre Wirkung nicht. Den auch von Österreichs Bischöfen und
33
Mediathek UB Graz
dem prominenten Sozialdemokraten Karl Renner befürworteten »Anschluss« bejahten bei der
Volksabstimmung 99,6 Prozent der Wahlberechtigten. Das von Bürckel im Wiener Konzerthaus
verkündete Wahlergebnis (vgl. 1.5) wurde auch im Ausland aufmerksam verfolgt und die –
oberflächlich betrachtet – formal korrekt durchgeführte Wahl zur Kenntnis genommen. Hier erfüllte die
Volksabstimmung einen Hauptzweck: Der gewaltsame Anschluss erhielt ein 5 pseudodemokratisches
Mäntelchen umgehängt, das die ehemaligen Siegermächte ruhigstellte und das sie als Ausdruck des
»freien Selbstbestimmungsrechtes der Völker« zur Kenntnis nehmen konnten. Gleichzeitig mit der
Wehrmacht kamen auch Vertreter der Reichsbehörden, reichsdeutsche Polizeieinheiten (vgl. 1.6) und
Wirtschaftsvertreter ins Land, die den Anschluss administrativ in geregelte Bahnen lenken sollten. Bis
1940 erfolgte dann der Abbau der österreichischen Landesadministration. An ihre Stelle traten vor
allem die Reichsgaue als staatliche Verwaltungsbezirke, Selbstverwaltungskörperschaften und
territoriale Einheiten der NSParteiorganisation. Das Burgenland hörte gänzlich auf zu existieren und
wurde auf die beiden Gaue Niederdonau und Steiermark aufgeteilt. Das gleiche Schicksal ereilte
Vorarlberg, das in Tirol eingegliedert wurde. Entscheidungsträger auf ehemaligem österreichischem
Staatsgebiet waren nunmehr die sieben Gauleiter (vgl. 1.7).
1.1 Der Einmarsch
Eintreffen motorisierter deutscher Truppen-Abteilungen In Wien Und Graz
(Aus: OSTMARK WOCHENSCHAU Nr. 13/1938)
A 1938, Ton, s/w, Länge: 1’
Produktion: Selenophon Licht- und Tonbildgesellschaft m.b.H.
Am 12. März 1938 um 5.30 Uhr überschritt die Deutsche Wehrmacht mit rund 65.000 Mann die
Grenze und stieß auf keinerlei Widerstand. Die Vorausabteilungen der 2. Panzerdivision erreichten
Wien noch in der Nacht. Auch während der Ankunft der Wehrmacht in Graz säumten begeisterte
Österreicher die Straßen.
1.2 Die »Wiedervereinigung«
UFA TON-WOCHE Nr. 393
D 1938, Ton, s/w, Länge: 2’14’’
Produktion: Universum Film AG
Der überwältigende Empfang durch die österreichische Bevölkerung veranlasste Hitler zur sofortigen
Durchführung des Anschlusses. Bereits am Vormittag des 13. März wurde in Berlin und Wien
gleichzeitig das »Gesetz über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich« bekannt
gegeben.
1.3 Die Wahlkampfmaschinerie
OSTMARK WOCHENSCHAU Nr. 16b/1938
A 1938, Ton, s/w, Länge: 3’57’’
Produktion: Selenophon Licht- und Tonbildgesellschaft m.b.H.
Der Wahlkampf für die Volksabstimmung über den »Anschluss« am 10. April 1938 stellte sich als
Mischung aus Drohung und Manipulation dar, aber auch als umfassende »Propagandaschlacht« und
permanentes »Volksfest«. Zahlreich erschien die NS-Prominenz zur Unterstützung des Wahlkampfes
in Österreich.
1.4 Die Volksabstimmung
Ein Volk – Ein Reich – Ein Führer
D 1938, Ton, s/w, Länge: 2’9’’
Produktion: unbekannt
34
Mediathek UB Graz
Der Wahlwerbefilm, der unter anderem darauf hinweist, dass ein Wahlzettel nur dann gültig sei, wenn
dort das »Ja« angekreuzt sei, gibt einen Eindruck davon, wie sehr diese Volksabstimmung eine bloße
Farce darstellte.
1.5 Das Abstimmungsergebnis
Feierliche Meldung des Ergebnisses der Volksabstimmung an den Führer durch
Gauleiter Bürckel
(Aus: OSTMARK WOCHENSCHAU Nr. 16a/1938)
A 1938, Ton, s/w, Länge: 1’39’’
PRODUKTION: Selenophon Licht- und Tonbildgesellschaft m.b.H. Arthur Seyß-Inquart konnte
gemeinsam mit Josef Bürckel das für Diktaturen übliche Wahlergebnis präsentieren: 99,75 Prozent
stimmten für den Anschluss.
1.6 Verwaltungsumbau
Jahresschau 1938 der Bundespolizeidirektion Wien
A 1938, stumm, s/w, Länge: 58’’
PRODUKTION: Bundessicherheitswache (Wien)
Auch innerhalb der Verwaltung kam es zu Umstrukturierungen und Gleichschaltungen. So wurden
beispielsweise noch während des Einmarsches 16.000 reichsdeutsche Polizisten nach Österreich
verlegt, die die Kontrolle über den österreichischen Polizeiapparat übernahmen.
1.7 Gauleiter
Landeck im Fahnenschmuck zur Volksabstimmung April 1938
A 1938, stumm, Farbe, Länge: 2’44’’
PRODUKTION: Amateuraufnahme
Nachdem man Vorarlberg mit Tirol vereinigt hatte und das Burgenland auf die Steiermark und
»Niederdonau« aufgeteilt worden war, kam den sieben Gauleitern auf dem früheren österreichischen
Staatsgebiet die entscheidende politische und administrative Rolle zu.
Kap. 2: Gleichschaltung
Die Gesellschaft wurde im »Dritten Reich« von einem enormen Mobilisierungselan erfasst. Sozialstaat
und Leistungsideale sollten helfen, Standesdünkel zu überwinden. Gleichzeitig wurde mithilfe der
absurden NS-Rassentheorien die »arische Rasse« als allen anderen Rassen überlegen propagiert.
Einerseits ließ sich so eine imaginäre »Volksgemeinschaft« begründen (vgl. 2.1), andererseits ließen
sich von der »arischen Rasse« ausgehend alle »Feindrassen«, »Minderwertigen«, »Unerwünschten«
und »Andersdenkenden« leicht ausgrenzen. Das Nebeneinander von Modernisierung und
Antimoderne charakterisierte den Nationalsozialismus in hohem Maße. Dem »Volksgenossen« kamen
sozialpolitische Maßnahmen und marktwirtschaftliche Lenkungsmechanismen zugute. Ehe- und
Kirchenbeitragsgesetz, Entkonfessionalisierung des Unterrichts und Beseitigung des klerikalpolitischen Vereinswesens brachten die Entflechtung von Kirche und Staat. In den Betrieben und in
paramilitärischen Organisationen gingen individuelle Freiheiten verloren. Germanentümelei und »Blutund-Boden- Ideologie« erinnerten an eine mythisierte Vergangenheit, während Urbanisierung und
Industrialisierung auf die Zukunft ausgerichtet waren. Das NS-Frauenbild ließ einige Freiheiten zu,
reduzierte die Frau im Wesentlichen aber auf die Rolle als Mutter möglichst vieler Kinder (vgl. 2.5), die
sie dem Führer zu »schenken« habe. Die Volksgemeinschaft wurde nach militärischen Vorstellungen
gestaltet. Entindividualisierung und Führerprinzip bildeten das Fundament im Berufsleben und bei der
Freizeitgestaltung. Nicht zuletzt die Arbeiterschaft, die in Österreich schon 1934 ihre Autonomie
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Mediathek UB Graz
verloren hatte, stand ganz unter der Kontrolle des Regimes. Regimetreue Arbeiter und Angestellte
kamen jedoch auch in den Genuss von Vergünstigungen, die ihnen im Rahmen der
Freizeitorganisation »Kraft durch Freude« (vgl. 2.2) angeboten wurden. Zudem richtete sich die
staatliche Wirtschaftslenkung, die anfangs auch nichtmilitärischen Zwecken diente, immer mehr auf
die Rüstung aus. »Deutsche Arbeitsfront«, »Bund Deutscher Mädel«, »Hitlerjugend«,
»Reichsarbeitsdienst«, Wehrmacht und unzählige Parteiverbände fungierten als kriegsvorbereitende
Kollektivierungs-, Disziplinierungs- und Politisierungsorgane (vgl. 2.3, 2.4). Hierzu gehörte auch die
»Organisation Todt«, die für den Bau des Westwalles und die Arbeiten an der Autobahn – den
»Straßen des Führers« – gegründet wurde, während des Krieges aber hauptsächlich
Befestigungsarbeiten (vgl. 2.8) an allen Fronten durchführte. Die Bevölkerung wurde langsam mit dem
Gedanken eines neuen Krieges vertraut gemacht. Der Reichsluftschutzbund warnte vor den Gefahren
des Luftkrieges, vermittelte aber auch gleichzeitig das trügerische Bild von wirksamen
Schutzmaßnahmen dagegen (vgl. 2.6). Im Zeichen des Hakenkreuzes wurden Mut und Tapferkeit,
Gehorsam, Wehrfähigkeit und Opferwille zu den höchsten »Tugenden« einer Kampfgemeinschaft
hochstilisiert, deren Aufgabe es war, die gewaltsamen und teils rassistisch motivierten
Expansionspläne des Nationalsozialismus in die Tat umzusetzen. Als Vorbilder und
Identifikationsfiguren dienten hochdekorierte Soldaten, meistens Angehörige der Panzerwaffe, der
Luftwaffe (vgl. 2.7) oder U-Boot-Kommandanten. Der Krieg, der als Bedrohung von außen dargestellt
wurde, führte zu einem engeren Zusammenrücken der »Volksgemeinschaft«. Der Bedrohung konnte
als Kollektiv besser begegnet werden, und diese Sichtweise wurde von der Führung auch nach
Kräften gefördert. Die Rolle der an der Front stehenden Männer übernahmen nun oftmals die Frauen,
sei es als Bäuerin am heimischen Hof oder in der Industrie und am Dienstleistungssektor (vgl. 2.9).
Eine der letzten kollektiven Großanstrengungen während der Zeit des NS-Regimes waren bei
Näherrücken der Fronten die unfachmännisch durchgeführten Befestigungen an den Reichsgrenzen
(vgl. 2.10).
2.1 Der »Volkskörper«
[Impressionen einer Österreichreise]
A 1939, stumm, Farbe, Länge: 1’53’’
PRODUKTION: Amateuraufnahme Albert Messany
Die absurde Rassentheorie des Nationalsozialismus propagierte die Überlegenheit der sogenannten
»arischen Rasse« gegenüber allen anderen »Rassen«. Gleichzeitig zog sie hieraus die Berechtigung,
die als minderwertig Bezeichneten zu unterdrücken und zu vernichten.
2.2 KdF-Freizeit
Abfahrt des ersten KdF-Zuges aus Wien
(Aus: OSTMARK WOCHENSCHAU Nr. 14a/1938)
A 1938, Ton, s/w, Länge: 49’’
PRODUKTION: Selenophon Licht- und Tonbildgesellschaft m.b.H. Von der DAF-Unterorganisation
»Kraft durch Freude« (KdF) wurden Theater- und Filmvorführungen, Sport-, Tanz- und Musikfeste
ebenso veranstaltet wie die von vielen Beschäftigten erträumten Urlaubsreisen. Gleich nach dem
Anschluss erhielten auch österreichische Parteiangehörige die Möglichkeit von KdF-Reisen.
2.3 HJ und BDM
Hitlerjugend-Treffen in Linz
(Aus: OSTMARK WOCHENSCHAU Nr. 16a/1938)
A 1938, Ton, s/w, Länge: 1’20’’
PRODUKTION: Selenophon Licht- und Tonbildgesellschaft m.b.H. Hitlerjugend und »Bund Deutscher
Mädel«, kurz HJ und BDM, lockten mit sportlichen, technischen und kulturellen Angeboten, formierten
dabei jedoch schon das militarisierte und politisch indoktrinierte Kollektiv.
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Mediathek UB Graz
2.4 Reichsarbeitsdienst
Arbeitsdienst
D 1940, stumm, s/w, Länge: 2’15’’
PRODUKTION: Kulturfilminstitut GmbH Dr. H. Cürlis
Mit der Einführung der sechsmonatigen Arbeitsdienstpflicht entstand in Deutschland 1935 der
»Reichsarbeitsdienst« (RAD), eine vormilitärisch ausgebildete Gruppe von jungen Menschen, die,
altersmäßig zwischen HJ und Wehrpflichtigen stehend, anfänglich vor allem zur Bodenkultivierung
eingesetzt war.
2.5 Die Frau als Mutter
Was du ererbt …
D 1939, stumm, s/w, Länge: 1’26’’
PRODUKTION: Rassenpolitisches Amt der NSDAP
Selbst die Mütter stilisierte das nationalsozialistische Regime zu »Führerinnen« der Haushalte hoch,
während die kinderreiche Familie als beste Vorbildung für die Eingliederung in das kampfbereite
Kollektiv galt.
2.6 Vorbereitung auf den Ernstfall
Was jeder wissen muss!
D ca. 1941, Ton, s/w, Länge: 1’32’’
PRODUKTION: unbekannt
Die Bevölkerung wurde schon früh auf die Möglichkeit von Luftangriffen oder den Einsatz von
Kampfgas hingewiesen und in entsprechenden Übungen mit Schutzmaßnahmen vertraut gemacht.
2.7 Uniformierte Gesellschaft
[Begrüssung des Jagdfliegers Nowotny in Wien]
(Aus: DEUTSCHE WOCHENSCHAU Nr. 48/1943)
D 1943, Ton, s/w, Länge: 57’’
PRODUKTION: Universum Film AG
Neben der Partei versinnbildlichte sich in der Wehrmacht der Sieg des Männerbündischen, des
Idealbildes des Ritterkreuzträgers, des ebenso lässigen wie zackigen Jagdfliegers. Die hierarchisch
geordnete Armee verteilte Ränge und Orden, bot Aufstiegschancen und förderte die »Werte« des
Militarismus.
2.8 Organisation Todt
[DEUTSCHE KÜSTENBEFESTIGUNGEN]
(Aus: DEUTSCHE WOCHENSCHAU Nr. 22/1943)
D 1943, Ton, s/w, Länge: 3’1’’
PRODUKTION: Universum Film AG
Die Gründung der Organisation Todt (OT) geht auf den Auftrag Hitlers an den Generalinspektor für
das Straßenwesen Todt zur Errichtung des Westwalles zurück. In weiterer Folge war die OT für den
Bau von militärischen Anlagen, Rüstungsprojekten sowie Schutzanlagen in Deutschland und den
besetzten Gebieten zuständig.
2.9 Frauen im Krieg
[Vermittlung von Frauen für den Totalen Kriegseinsatz]
(Aus: DEUTSCHE WOCHENSCHAU Nr. 36/1944)
D 1944, Ton, s/w, Länge: 1’38’’
PRODUKTION: Universum Film AG
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Mediathek UB Graz
Mit längerer Kriegsdauer und der Einberufung aller »wehrfähigen« Männer wandelte sich auch die
Rolle der Frau. Obwohl weiterhin das offizielle Bild von der Frau als Mutter galt, war ihre
Arbeitsleistung in Industrie-, Versorgungs- und Dienstleistungsbetrieben bald nicht mehr
wegzudenken.
2.10 Dienstverpflichtungen
[Schanzarbeiten zur Befestigung der Ostgrenze]
(Aus: DEUTSCHE WOCHENSCHAU Nr. 43/1944)
D 1944, Ton, s/w, Länge: 1’14’’
PRODUKTION: Universum Film AG
Schon im Sommer 1938 hatte man rund 400.000 Beschäftigte für die Errichtung des Westwalls mittels
zeitlich begrenzter Stellungsbefehle mobilisiert. Als gegen Ende des Krieges die Fronten näher an das
Reich heranrückten, wurden Grenzbefestigungen ebenfalls mithilfe von Dienstverpflichteten
ausgeführt.
Kap. 3: NS-Wirtschaftspolitik
Ein wichtiger Beweggrund für den Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich war die durch die
immense Wiederaufrüstung stark angespannte wirtschaftliche Lage Deutschlands. Das Reich
benötigte dringend Devisen und Arbeitskräfte, um den eingeschlagenen Kurs weiterverfolgen zu
können. Österreichische Devisen und Goldreserven waren in Berlin also hochwillkommen (vgl. 3.1).
Aber auch die Österreicher setzten nach dem Anschluss große Erwartungen in den wirtschaftlichen
Aufschwung. Sie hofften vor allem auf die Beseitigung der immer noch hohen Arbeitslosigkeit. Dieser
Erwartungen war sich das NS-Regime durchaus bewusst und setzte auf kurzfristig umsetzbare
Maßnahmen (vgl. 3.2). Propagandaträchtig wurde auch gleich nach dem Anschluss der erste
Bauabschnitt einer Reichsautobahn auf österreichischem Boden bei Salzburg eröffnet.
Wirtschaftspolitisch war der Wert des Autobahnbaus eher gering einzuschätzen. Sein Wert für die
Führung ergab sich eher aus seiner breiten Präsenz in der Öffentlichkeit (vgl. 3.3) und damit seiner
»gefühlten« Arbeitsplätze schaffenden Wirkung. Der NS-Staat ließ der privaten Verfügung über
Produktionsmittel und Gewinne weiten Raum. Dennoch steuerte er – nicht zuletzt mithilfe des
Vierjahresplanes, für den Hermann Göring verantwortlich zeichnete – einen insbesondere auch auf
die ökonomische Autarkie des »Dritten Reiches« abzielenden Wirtschaftskurs. Der enorme
Rohstoffbedarf und der Anspruch auf ökonomische Autarkie zwangen dazu, auch in unrentable
Ressourcen (vgl. 3.4 und 3.5) zu investieren. Der erste Vierjahresplan startete 1936. Seine zentralen
Forderungen waren: 1. Die deutsche Armee muss in vier Jahren einsatzfähig sein. 2. Die deutsche
Wirtschaft muss in vier Jahren kriegsfähig sein. Jeder, der mit einigermaßen offenen Augen durch das
Leben ging, musste bei all der gerne zur Schau gestellten Militarisierung (vgl. 3.6) erkennen, das
Deutschland erneut auf einen großen Krieg zusteuerte. Auf landwirtschaftlichem Sektor dominierte in
der Propaganda ein stark romantisiertes Bild (vgl. 3.7). Die Ausübung landwirtschaftlicher Tätigkeiten
wurde dort ausschließlich als Handarbeit dargestellt. Dem steht eine tatsächliche Modernisierung
gegenüber, die in den Dreißigerjahren einsetzte (vgl. 3.8) und vom Regime durchaus auch gefördert
wurde. Preis- und Lohnregulierungen gehörten zu diesem System, aber auch aufgeblähte Bürokratien
wie die der »Deutschen Arbeitsfront«. Sie erfüllten Kontrollfunktionen und ließen wenig Platz für
individuelle Freiheiten oder spezifische Interessen der Beschäftigen. Solange die
Wohlfahrtsmaßnahmen Wirkung zeigten, sah die »Volksgemeinschaft« über derartige Nachteile aber
ebenso hinweg wie über die Ausbeutung und Ausrottung der »Fremdarbeiter«, die zu fixen Größen
der NS-Bilanzbuchhaltung wurden. Ein ökonomischer und technisch-organisatorischer Strukturwandel
vollzog sich zugunsten der Produktionskonzentration. Dabei spielten die Verbrechen des Regimes
38
Mediathek UB Graz
eine wichtige Rolle: Die »Arisierung« von rund 33.000 jüdischen Mittelund Kleinbetrieben trug ebenso
zur Schaffung von Großunternehmen bei wie die Erfordernisse der Kriegswirtschaft. Bis 1945 wurden
immer mehr ausländische Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge eingesetzt. Die
»regressive Modernisierung« des NS-Systems basierte nicht zuletzt auf Sklavenarbeit.
3.1 Österreichische Vermögenswerte
Ankunft des Generalfeldmarschalls Hermann Göring in Wien
(Aus: OSTMARK WOCHENSCHAU Nr. 14a/1938)
A 1938, Ton, s/w, Länge: 2’
PRODUKTION: Selenophon Licht- und Tonbildgesellschaft m.b.H.
Die wirtschaftliche Lage Deutschlands war 1938 aufgrund der Wiederaufrüstung stark angespannt. Es
gab kaum noch freie Arbeitskräfte, und die Vermögenswerte des Reiches waren erschöpft. In dieser
Situation kam die »Übernahme« Österreichs sehr gelegen.
3.2 Konjunkturbelebung
Neueinstellung von Arbeitern in Wien
(Aus: OSTMARK WOCHENSCHAU Nr. 14b/1938)
A 1938, Ton, s/w, Länge: 42’’
PRODUKTION: Selenophon Licht- und Tonbildgesellschaft m.b.H.
Die Bevölkerung verknüpfte die Machtübernahme durch den Nationalsozialismus insbesondere auch
mit der Hoffnung auf die Beseitigung der ökonomischen Krise. Das NS-Regime war sich dieser
Hoffnungen durchaus bewusst und inszenierte propagandistisch wirksame Wiedereinstellungen von
Arbeitern.
3.3 Infrastrukturmaßnahmen
Die Autobahnen wachsen
(Aus: OSTMARK WOCHENSCHAU Nr. 6a/1938)
A 1938, Ton, s/w, Länge: 1’13’’
PRODUKTION: Selenophon Licht- und Tonbildgesellschaft m.b.H.
Die
Reichsautobahnen
waren
ein
zentrales
Propagandaund
Prestigeobjekt
der
nationalsozialistischen Machthaber. Sie waren als ein in die Ewigkeit weisendes Bauwerk des
»Tausendjährigen Reiches« gedacht.
3.4 Industrie
Die Hermann-Göring-Werke bauen
D 1942, Ton, s/w, Länge: 6’
PRODUKTION: Weid-Film
Trägerin des Aufschwungs nach dem »Anschluss« war nicht der effektvoll in Szene gesetzte Straßenund insbesondere Autobahnbau, sondern die Industrie. Die Zahl der Beschäftigten stieg in diesem
Sektor zwischen 1939 und 1944 von 490.000 auf knapp 690.000.
3.5 Autarkiebestrebungen
Baumeisterin Chemie
D 1940, Ton, s/w, Länge: 4’52’’
PRODUKTION: Universum Film AG
Um die Abhängigkeit von ausländischen Rohstoffen zu reduzieren, unternahm Deutschland riesige
Anstrengungen zu ihrer Erzeugung auf synthetischem Weg, auch wenn dies oftmals unrentabel war.
3.6 Aufrüstung
39
Mediathek UB Graz
Ehrenparade für Prinzregent Paul
(Aus: DEGETO WELTSPIEGEL Nr. 1/1939)
D 1939, stumm, s/w, Länge: 48’’
PRODUKTION: Degeto/Universal Film AG
Allgemeine Wehrpflicht und Aufrüstung kennzeichneten die Remilitarisierung Deutschlands. Hitler
nutzte gern offizielle Anlässe, um der Weltöffentlichkeit die Stärke »seiner« neuen Wehrmacht
vorzuführen.
3.7 Der »Nährstand«
Autarkie im Bergdorf
A 1939, Ton, s/w, Länge: 3’29’’
PRODUKTION: Wien-Film
Obwohl der NS-Staat die Modernisierung Deutschlands vorantrieb, dominierten in Filmen über den
Bauernstand idyllische Bilder, in denen landwirtschaftliche Tätigkeiten wie vor hundert Jahren
verrichtet werden.
3.8 Modernisierung und Antimoderne
[Mähdrescher auf einem Feld in Niederösterreich]
A ca. 1938, stumm, s/w, Länge: 1’29’’
PRODUKTION: Amateuraufnahme Julius Jandl
Das im Nationalsozialismus stereotype Bild des in traditioneller Handarbeit tätigen Bauern entsprach
längst nicht mehr dem Alltag. Bereits seit den frühen Dreißigerjahren begann in Österreich die
umfassende Modernisierung der landwirtschaftlichen Betriebe.
Kap. 4: Alltag im Nationalsozialismus
Neben Hakenkreuzfahnen verdeutlichte im Frühjahr 1938 auch das massenhafte Auftreten von
Parteiangehörigen im Straßenbild unübersehbar die nationalsozialistische Machtübernahme. Die
Nationalsozialisten veränderten das Alltagsleben der Bevölkerung durch Reglementierungen und
neue Massenorganisationen nachhaltig. Gesellschaftliche Nischen und eigenständige Milieus wurden
durch Verbote von Vereinen und Verbänden vielfach aufgelöst. Bei vielen Menschen jedoch, sofern
sie nicht aus politischen oder rassistischen Gründen verfolgt und ausgegrenzt wurden, herrschte
durch positiv empfundene Veränderungen nach vergleichsweise kurzer Zeit eine Aufbruchstimmung.
Bei den meisten Arbeitern und kleineren Angestellten trat das propagierte Gleichheitsideal der
Volksgemeinschaft in den Vordergrund. Zur erfolgreichen Einbindung der Arbeiterschaft in den
Nationalsozialismus gehörte auch die Übernahme und Adaptierung des roten Zeichensystems. Aus
diesem Grund erklärte das NS-Regime den 1. Mai zum Staatsfeiertag bei voller Lohnfortzahlung.
Mithilfe
der
bekannten
NS-Propagandamaschinerie,
mit
Massenaufmärschen
und
Großkundgebungen, deutete sie den 1. Mai im Sinne des Nationalsozialismus um (vgl. 4.1). Nach
1933 erfolgte in Deutschland eine Ausdehnung der Uniformierung auch auf viele Teile des
Alltagslebens. 1938 waren mittlerweile alle Deutschen erfasst und in das NS-Disziplinierungssystem
eingebunden. Mit Kriegsbeginn wurde beispielsweise die Arbeitsdienstpflicht auch für weibliche
Jugendliche eingeführt, die als »Arbeitsmaiden« Mütter im Haushalt entlasteten oder zu
landwirtschaftlichen Hilfsdiensten herangezogen wurden. Neben dem kriegswirtschaftlichen Aspekt
stand aber auch hier die Förderung der NS-Gesinnung im Vordergrund. Privatfilme zeigen deutlich,
wie sehr sich die Deutschen diesem ständigen Druck bereits unterworfen hatten (vgl. 4.3). Eine
Möglichkeit, diesem ständigem Propagandadruck zu entgehen, boten naturgemäß die
althergebrachten Vergnügungsstätten wie der Prater in Wien (vgl. 4.4) beziehungsweise die noch
40
Mediathek UB Graz
verbliebenen Nischen des Privatlebens. Alle anderen Ereignisse des Alltagslebens waren mit
NSSymbolik durchsetzt (vgl. 4.5).
4.1 Der 1. Mai
Der Tag der nationalen Arbeit
(Aus: OSTMARK WOCHENSCHAU Nr. 19a/1938)
A 1938, Ton, s/w, Länge: 3’45’’
PRODUKTION: Selenophon Licht- und Tonbildgesellschaft m.b.H.
Um in der Arbeiterschaft Sympathien für den Nationalsozialismus zu fördern, erklärte das NSRegime
den 1. Mai zum Staatsfeiertag bei gleichzeitiger Lohnfortzahlung. Ausklang der Feierlichkeiten waren
Volksfeste, wie hier im Wiener Prater.
4.2 Heimat des Führers
Niederösterreich. Die Vaterheimat des Führers
(Aus: OSTMARK WOCHENSCHAU Nr. 20b/1938)
A 1938, Ton, s/w, Länge: 1’15’’
Die Heimholung seiner Heimat in das Deutsche Reich stand im März 1938 im Mittelpunkt der
Propagandaaktivitäten des gebürtigen Österreichers Hitler. Allerdings wurde es nie geduldet, dass in
Hitlers Heimat ein Sonderbewusstsein unter der Bevölkerung entstand.
4.3 Die »Volksgemeinschaft«
Wir Arbeitsmaiden im Bezirk Südmark!
A ca. 1940, stumm, Farbe, Länge: 6’10’’
Kurz nach Kriegsbeginn wurde die Arbeitsdienstpflicht auch für weibliche Jugendliche eingeführt, die
als »Arbeitsmaiden« Mütter im Haushalt entlasteten oder zu landwirtschaftlichen Hilfsdiensten
herangezogen wurden.
4.4 Ablenkung vom Krieg
Deutschland auf der Leinwand. Der Prater
D ca. 1942, Ton, s/w, Länge: 6’30’’
Mit zunehmender Kriegsdauer suchte die Bevölkerung vermehrt im Kino, im Theater, mit
Unterhaltungsmusik oder – wie im vorliegenden Filmausschnitt über den Wiener Prater – an
Vergnügungsstätten Zerstreuung vom Kriegsgeschehen.
4.5 Verordnete Festlichkeiten
6. Landesschiessen 1943 in Innsbruck
A 1943, Ton, Farbe, Länge: 3’40’’
Propagandistisch inszenierte Massenveranstaltungen dienten im Nationalsozialismus der
Sichtbarmachung der »Volksgemeinschaft«. Die Propaganda erzielte durchaus eine beachtliche
Wirkung, weite Bevölkerungsteile identifizierten sich mit dem NS-Ideologieangebot.
Kap. 5: Kultur
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten änderte sich auch die Kulturpolitik grundlegend.
Kunst und Kultur wurden in den Dienst des NS-Regimes gestellt. Jeder tätige Künstler musste Mitglied
der Reichskulturkammer sein, unliebsamen Kulturschaffenden wurde die Mitgliedschaft – und damit
41
Mediathek UB Graz
die Ausübung ihrer Kunst – verweigert. Es gab die Forderung nach einer neuen,
nationalsozialistischen Kunst, die im Einklang mit der Blut-und-Boden-Ideologie des Regimes stehen
sollte. Wie diese Kunst auszusehen habe, war allerdings nicht ganz klar. Meistens definierte sie sich
über das, was abgelehnt und unter »undeutsch« und »artfremd« zusammengefasst wurde. Den
Anfang machten die Bücherverbrennungen im Mai 1933. Teil dieser Aktion »Wider den undeutschen
Geist« war es auch, allgemeingültige Listen für die »Säuberung« öffentlicher und privater Bibliotheken
von missliebigem Schriftgut zu schaffen. Stattdessen füllten nun parteikonforme Bücher die
entstandenen Lücken, die dem neuen System und seiner Kunstauffassung dienten (vgl. 5.1). In
Österreich war schon während des Ständestaates der Literaturbetrieb durch eine klerikaltraditionalistisch-konservative Strömung gekennzeichnet. Nach dem »Anschluss« brachen die letzten
Dämme. Entweder man emigrierte, oder man huldigte – wie im »Bekenntnisbuch österreichischer
Dichter« – dem neuen Regime. Auch die Musik stellten die Nationalsozialisten in den Dienst der
Politik. Zu den großen deutschen Komponisten zählten Beethoven, Bach, Mozart, Haydn, Bruckner,
Brahms und selbstverständlich Wagner, der als musikalischer Wegbereiter des Nationalsozialismus
galt (vgl. 5.2). Die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Rundfunkgeräten brachte der
Unterhaltungs- und Schlagermusik überdies einen immensen Popularitätsschub. Einerseits sollte das
Rundfunkprogramm mit seinem attraktiven Programm die Abwanderung der Hörer zu den
sogenannten »Feindsendern« verhindern, andererseits aber auch durch seinen Populärcharakter
einen Kontrapunkt zum Kriegsgeschehen bilden. Gleichzeitig setzte man die neue Technik aber auch
als aktive Verbindung zur Front ein. Mit dem »Wunschkonzert«, das jeden Sonntag von der halben
Bevölkerung verfolgt wurde, suggerierte man eine Nähe zur Front und zu den Angehörigen, die nur
auf diese Weise erreicht werden konnte. Auf diese Weise leistete das Radioprogramm einen nicht zu
unterschätzenden Beitrag zur Steigerung des »Durchhaltewillens« der Bevölkerung. Als
Unterabteilung der Reichskulturkammer fungierte die Reichsfilmkammer. Jeder in der Filmindustrie
Tätige musste ihr angehören, um seinen Beruf weiter ausüben zu können. Auch hier diente die
Kammer als Reglementierungselement, durch das missliebige Künstler aus der NSKultur ferngehalten
werden konnten. Viele Künstler, die keine Aufnahme in die Reichsfilmkammer fanden –
Ausschließungsgründe waren beispielsweise ein jüdischer Stammbaum oder die Mitgliedschaft bei
der inzwischen verbotenen Kommunistischen Partei –, emigrierten ins Ausland. Goebbels maß dem
Film eine entscheidende Rolle in der NS-Propaganda zu, entsprechend viel Aufmerksamkeit widmete
er ihm auch. Um propagandistisch wirksam zu sein, musste ein Film nicht unbedingt den
Nationalsozialismus zum Thema haben. Viel lieber versuchte Goebbels auf eine sublimere Weise,
NS-Gedankengut zu transportieren. Unterhaltungsfilme, die autoritäre Führerpersönlichkeiten und
Strukturen oder die Überlegenheit der weißen Rasse zum Thema hatten (vgl. 5.3), waren in seinen
Augen weitaus erfolgreicher als beispielsweise ein unbedingt regimetreuer »Hitlerjunge Quex« oder
»Hans Westmar«. Eine eigentliche NS-Malerei hat es nicht gegeben. Allgemein anerkannt war ein
konservativer Malstil, der Landschaften, Stillleben, Bauerntum, Handwerker, Tiere, Porträts und Akte
zum Thema hatte. Hauptsächlich definierte sich die NS-Malerei im negativen Sinne über das, was sie
nicht sein wollte. Dazu wurde die Ausstellung »Entartete Kunst« auf Reise durch Deutschland
geschickt. Die Eröffnung der ersten Großen Deutschen Kunstausstellung im Haus der deutschen
Kunst in München 1937 sollte der Öffentlichkeit erstmals ein geschlossenes Bild der neuen NS-Kunst
geben (vgl. 5.4). Der Schwerpunkt lag in den Münchner Ausstellungen auf Malerei und Plastik. Die
NSSkulptur sah sich in direkter Nachfolge der klassischen Antike. Jedoch wurde der menschliche
Körper auf das Bild eines imaginären nordischen Menschen hin stark idealisiert dargestellt. Vor allem
das heroische Pathos der monumentalen Männerfiguren eines Arno Breker oder Josef Thorak kann
hier als stilbildend angesehen werden (vgl. 5.5). In ihrer ins absurde gesteigerten Monumentalität
repräsentieren diese Figuren den »arischen« Herrschaftsanspruch am besten. So sollte
beispielsweise am Walserberg, an der geplanten Autobahnstrecke München–Wien, ein zwölf Meter
hohes Monument von Thorak als »Denkmal der Arbeit« errichtet werden. Architektur besaß aufgrund
ihrer öffentlichen Sichtbarkeit – aber auch, da sich Hitler selber gerne als verhinderten Baumeister sah
42
Mediathek UB Graz
– große Aufmerksamkeit bei den NS-Machthabern. Trotzdem gab es keine eigene NSArchitekturtheorie. Man definierte sich auch hier über das, was man ablehnte, nämlich die Moderne.
Prinzipiell orientierte sich die NS-Architektur am Neoklassizismus. Ihre schlicht-monumentalen, stark
rechtwinkligen und symmetrischen Formen sind auch heute noch im Stadtbild leicht zu identifizieren.
Weitere Identifikationsmerkmale sind eine sparsame Dekoration und eine horizontale Linienführung,
auch unterstützt durch betonte Fenstereinrahmungen und Fensterbänder. Obwohl meist in
Stahlskelettbauweise ausgeführt, soll die aufgesetzte Steinfassade das Gefühl von Monumentalität
und Dauer vermitteln. Dies gilt zumindest für die Repräsentationsarchitektur. Es lassen sich vier NSArchitekturformen voneinander unterscheiden: Neben der Repräsentationsarchitektur existierte noch
der sogenannte »Heimatschutzstil«, der hauptsächlich für HJ-Heime und Siedlungen gewählt wurde
und bodenständige Bauformen aufgriff. Industriebauten zeigten weiterhin Formen der Neuen
Sachlichkeit – hier war ein modernes Erscheinungsbild sogar erwünscht – jedoch wurden etwaige
»Gefolgschaftshäusern« oder Verwaltungsbauten wiederum als Repräsentationsarchitektur errichtet.
Schließlich sei noch auf die Festungsarchitektur verwiesen (Flaktürme, Atlantikwall etc.). Flaktürme
und Bunker in den Städten wurden in einer offensichtlichen Anlehnung an mittelalterliche
Burgenarchitektur errichtet und vermittelten so im alltäglichen Luftkrieg ein trügerisches
Sicherheitsgefühl (vgl. 5.6). Auch in die Stadtplanung griffen die Nazis – zumindest auf dem Papier –
vehement ein. Neben den Umgestaltungsplänen für die Reichshauptstadt Berlin gab es auch Pläne
zur Umgestaltung der Gauhauptstädte. Jedoch wurde aufgrund der Kriegsereignisse nur ein
verschwindend geringer Teil der Planungen auch umgesetzt (vgl. 5.7).
5.1 Literatur
[Deutsche Buchausstellung in Madrid]
(Aus: UFA TON-WOCHE 1939)
D 1939, Ton, s/w, Länge: 50’’
PRODUKTION: Universum Film AG
»Gerade die Literatur, deren einziges Werkzeug und Qualitätskriterium die Sprache ist, hätte mit einer
Ideologie, die von Anfang an darauf abzielte, die Sprache zu manipulieren und zu ihren Zwecken zu
missbrauchen, in Konflikt geraten müssen.« (Anna Mitgutsch)
5.2 Musik
Der Führer in Bayreuth
(Aus: OSTMARK WOCHENSCHAU Nr. 32a/1938)
A 1938, Ton, s/w, Länge: 55’’
PRODUKTION: Selenophon Licht- und Tonbildgesellschaft m.b.H.
Die Verschmelzung der nationalsozialistischen Ideologie mit dem Wagner’schen Universum wird
nirgends sichtbarer als in den vorliegenden Szenen der quasireligiösen Verehrung des ausdruckslos
dastehenden Hitlers durch – großteils weibliche – Festspielbesucher.
5.3 Film
[Emil Jannings bei Goebbels]
(Aus: DEUTSCHE WOCHENSCHAU Nr. 16/1941)
D 1941, Ton, s/w, Länge: 25’’
PRODUKTION: Universum Film AG
Die gesamte Filmproduktion Deutschlands stand während des »Dritten Reiches« unter Aufsicht
Goebbels und seines Ministeriums für Volksaufklärung und Propaganda und diente der Verbreitung
des nationalsozialistischen Gedankengutes.
5.4 Malerei
Der Führer eröffnet den Tag der Deutschen Kunst in München
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Mediathek UB Graz
(Aus: OSTMARK WOCHENSCHAU Nr. 29b/1938)
A 1938, Ton, s/w, Länge: 1’27’’
Der Bericht über die Kunstausstellung 1938 in München bringt gleich als drittes Bild das großformatige
Gemälde »Die Bauernfamilie« (2,25 x 2,60 Meter) des oberösterreichischen Malers Anton Lutz, das
als Paradebeispiel für die Darstellung des idealisierten Bauerntums gelten kann.
5.5 Skulptur
Künstler bei der Arbeit
D 1943, Ton, s/w, Länge: 1’44’’
PRODUKTION: Bavaria Filmkunst GmbH
Vor allem das heroische Pathos der monumentalen Männerfiguren eines Arno Breker oder Josef
Thorak kann als stilbildend für die NS-Skulptur angesehen werden, und repräsentieren in ihrer ins
absurde gesteigerten Monumentalität auch am besten den »arischen« Herrschaftsanspruch.
5.6 Architektur
Eröffnung der deutschen Kunstausstellung in München
(Aus: UFA TON-WOCHE Nr. 410)
D 1939, Ton, s/w, Länge: 1’55’’
PRODUKTION: Universum Film AG
Architektur besaß aufgrund ihrer öffentlichen Sichtbarkeit – aber auch, da sich Hitler selber gerne als
verhinderten Baumeister sah – große Aufmerksamkeit bei den NS-Machthabern. Trotzdem gab es
keine eigene NS-Architekturtheorie.
5.7 »Kulturhauptstadt des Führers«
Linz. Die Nibelungenbrücke kurz vor ihrer Vollendung
(Aus: UFA TON-WOCHE Nr. 499)
D 1940, Ton, s/w, Länge: 1’
PRODUKTION: Universum Film AG
Linz wurde von Hitler als eine der fünf »Führerstädte« bestimmt. Alsbald machte man sich in der
Region große Hoffnungen auf einen Aufschwung. Trotz weitreichender Umgestaltungspläne für Linz
wurden lediglich die Donaubrücke und die dazugehörigen Kopfbauten während des Krieges realisiert.
Kap. 6: Expansionspolitik
Etappenweise zerschlug die Berliner Regierung unter Adolf Hitler die Versailler Friedensordnung von
1919. Mit der angeblichen »Entrechtung« Deutschlands durch die Siegermächte des Ersten
Weltkrieges legitimierte man die Aufrüstung und allgemeine Wehrpflicht, aber auch die Vereinigung
aller Deutschen im »Dritten Reich«. Ein erster Schritt wurde mit der Wiedereingliederung des
Saarlandes in das Deutsche Reich (vgl. 6.1) getan, das bis dahin unter französischer Verwaltung
stand. Da die Rechtmäßigkeit der Abstimmung außer Zweifel stand und sowohl von Frankreich als
auch vom Völkerbund anerkannt wurde, setzte dieser den 1. März 1935 als Stichtag für die
Wiedervereinigung fest. Rund 90 Prozent der wahlberechtigten saarländischen Bevölkerung stimmten
für die Vereinigung mit dem Deutschen Reich. Der Einmarsch in das entmilitarisierte Rheinland im
Frühjahr 1936 entsprach diesem außenpolitischen Kurs ebenso wie der »Anschluss« Österreichs. Die
weiteren Expansionsgelüste des Regimes wurden zwar weiter mit »völkischen« Argumenten
untermauert, erwiesen sich aber immer öfter als unverhohlener Imperialismus, der über die Grenzen
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Mediathek UB Graz
»nationaler Interessen« hinaus zur »Eroberung« von »neuem Lebensraum« schritt. Außenpolitisch
konnte Hitler ab 1936 Italien als wichtigen Bündnispartner gewinnen. Trotz anfänglicher Skepsis des
Duce dem deutschen Diktator gegenüber brachte die deutsche Unterstützung für Mussolinis
Abessinien-Abenteuer die Wende. Höhepunkt der Annäherung zwischen Berlin und Rom stellte die
Unterzeichnung des »Stahlpaktes« im Mai 1939 dar (vgl. 6.2). Von einer »Achse Berlin–Rom« sprach
Mussolini schon 1936 anlässlich der Unterzeichnung eines Freundschaftsvertrages zwischen beiden
Ländern. Mit dem »Anschluss« vergrößerte sich der Einfluss des »Dritten Reiches« in Mittel- und
Südosteuropa. Aus österreichischer Sicht wurden in der Folge Verbindungen wiederhergestellt, die
1918 unterbrochen worden waren. Als nächsten Coup plante Hitler nun die Annektierung des
Sudetenlandes und in absehbarer Zeit die »Zerschlagung der Rest-Tschechei«. Um einen Grund zum
Handeln zu haben, wurden von der deutschen Propaganda bewaffnete Übergriffe gegen die
deutschsprachige Minderheit im Sudetenland provoziert. Zum ersten Mal nahm Hitler nun auch einen
Krieg zur Erreichung seiner Ziele in Kauf. Das Münchner Abkommen vom September 1938 (vgl. 6.3)
sprach Gebiete Böhmens, Südmährens und der Slowakei den »Gauen Ober- und Niederdonau« zu.
Die aggressiv-expansive Außenpolitik des NS-Regimes äußerte sich auch in der offiziell nie bekannt
gegebenen Beteiligung am Spanischen Bürgerkrieg (vgl. 6.5). Die Kämpfe in Spanien dienten vor
allem der Erprobung von modernem Kriegsgerät und modernen Kriegstaktiken. Schon hier verübten
Wehrmachtsangehörige Kriegsverbrechen. Der Sieg der Nationalisten beruhte zu einem nicht
geringen Teil auch auf die Intervention durch die »Legion Condor«. Zur Erreichung seiner Ziele
schreckte Hitler nicht einmal vor einem Pakt mit dem »Bolschewismus« zurück. Im sogenannten
»Hitler-Stalin-Pakt« 1939 wurden weitreichende Absprachen über Einflusszonen in Mittel- und
Südosteuropa getroffen (vgl. 6.6). Außerdem hielt sich Hitler auf diese Weise während des
Skandinavien- und des Westfeldzuges den Rücken frei. Mehr oder weniger freiwillig traten Ungarn,
Rumänien, die Slowakei, Bulgarien (vgl. 6.7), Jugoslawien und Kroatien dem 1940 zwischen
Deutschland, Japan und Italien geschlossenen Dreimächtepakt bei. In den meisten Fällen handelte es
sich hier aber eher um Satellitenstaaten als um echte Verbündete. Südkärnten, Oberkrain und die
Untersteiermark gingen erst mit dem deutschen Überfall auf Jugoslawien im April 1941 an Kärnten
und die Steiermark (vgl. 6.8).
6.1 Revisionismus
[Abstimmung im Saargebiet]
(Aus: UFA TON-WOCHE Nr. 228)
D 1935, Ton, s/w, Länge: 1’
PRODUKTION: Universum Film AG
Etappenweise zerschlug die Berliner Regierung unter Adolf Hitler die Versailler Friedensordnung von
1919. Die Abstimmung zur Wiedereingliederung des Saarlandes 1935 entsprach diesem
außenpolitischen Kurs.
6.2 Bündnisse
Politischer und militärischer Pakt Deutschland – Italien
(AUS: OSTMARK WOCHENSCHAU 1939)
A 1939, Ton, s/w, Länge: 1’34’’
PRODUKTION: Selenophon Licht- und Tonbildgesellschaft m.b.H.
Wichtigster Bündnispartner Deutschlands war seit 1936 Italien. Reichsaußenminister Ribbentrop und
der italienische Außenminister Ciano zeigen sich in dieser Wochenschau gut gelaunt in Mailand
anlässlich der Vorbesprechungen zum »Stahlpakt«.
6.3 Sudetenkrise
Heimkehr ins Reich
D 1939, stumm, s/w, Länge: 2’27’’
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Mediathek UB Graz
PRODUKTION: Basse-Film
Am 29. September 1938 fand die Münchner Konferenz statt. Hier einigten sich die Regierungschefs
Deutschlands, Großbritanniens, Frankreichs und Italiens auf die Angliederung des mehrheitlich
deutschsprachigen Sudetengebietes an das Deutsche Reich.
6.4 Das »Reichsprotektorat«
[Jahrestag der Errichtung des Reichsprotektorates Böhmen und Mähren]
(Aus: DEUTSCHE WOCHENSCHAU Nr. 16/1941)
D 1941, Ton, s/w, Länge: 54’’
PRODUKTION: Universum Film AG
Im März 1939 marschierte Deutschland in Prag ein und bildete das »Reichsprotektorat Böhmen und
Mähren«, das formell eine autonome Landesverwaltung behielt, aber unter strikter deutscher
Oberaufsicht stand.
6.5 »Legion Condor«
[Heimreise der Legion Condor]
(Aus: DEGETO WELTSPIEGEL Nr. 1/1939)
D 1939, stumm, s/w, Länge: 1’24’’
PRODUKTION: Degeto/Universum Film AG
Obwohl Deutschland sich offiziell nicht am Spanischen Bürgerkrieg beteiligte, geriet die
Verabschiedung der deutschen »Legion Condor« aus Spanien und besonders der Empfang in
Hamburg zu einem Großereignis.
6.6 Der Nichtangriffspakt
Deutsche und Russen In Brest-Litowsk
(Aus: DEGETO WELTSPIEGEL Nr. 5/1939)
D 1939, stumm, s/w, Länge: 31’’
PRODUKTION: Degeto/Universum Film AG
Ungeachtet der bisherigen ideologischen Gegensätze unterzeichneten das »Dritte Reich« und die
Sowjetunion am 23. August 1939 einen Nichtangriffspakt. Der »Hitler-Stalin-Pakt« erleichterte der NSFührung die Entfesselung des Zweiten Weltkrieges und erweiterte die Interessenssphäre der UdSSR
nach Westen.
6.7 Balkanpolitik
Sonderbericht der Deutschen Wochenschau: [Einmarsch in Bulgarien]
(Aus: DEUTSCHE WOCHENSCHAU Nr. 11/1941)
D 1941, Ton, s/w, Länge: 2’1’’
PRODUKTION: Universum Film AG
Sofort nach dem bulgarischen Beitritt zum Dreimächtepakt im März 1941 verlegte Deutschland 14
Divisionen nach Bulgarien, die für den Angriff auf Griechenland im April vorgesehen waren.
6.8 Die Zerstörung Jugoslawiens
[Ankunft volksdeutscher Flüchtlinge in Wien]
(Aus: DEUTSCHE WOCHENSCHAU Nr. 16/1941)
D 1941, Ton, s/w, Länge: 1’14’’
PRODUKTION: Universum Film AG
Nach einem gegen den Dreimächtepakt gerichteten Staatsstreich in Belgrad entschied sich Berlin für
den Einmarsch in Jugoslawien. Wie im Polenfeldzug rechtfertigte die NS-Propaganda mit
aufgebauschten Meldungen über die angebliche Unterdrückung »volksdeutscher« Minderheiten
diesen Schritt.
46
Mediathek UB Graz
Kap. 7: NS-Europa
Die Revidierung der Friedensverträge von Versailles war ein Hauptziel des NS-Regimes. Bis zum
Angriff auf Polen wurden etliche Gebiete dem Deutschen Reich einverleibt (vgl. 7.1). Bisweilen nutzte
man auch die ehemalige k. k. Haupt- und Residenzstadt als Stützpunkt der NS-Politik im Donau- und
Balkanraum. Die beiden Wiener Schiedssprüche vom November 1938 und vom August 1940 brachten
territoriale Zugewinne für das mit Deutschland kooperierende Ungarn (vgl. 7.2). Budapest erreichte
damit teilweise eine Revision der mit den Pariser Friedensverträgen von 1919/20 gezogenen
Grenzen. Den Ehrgeiz von Arthur Seyß-Inquart, eine eigene Ostmarkfunktion in Südosteuropa
aufzubauen, blockierte allerdings der Wiener Gauleiter Josef Bürckel. Die maßgeblichen
Entscheidungen fielen in Berlin und Berchtesgaden. Mit den Blitzkriegen zu Beginn der bewaffneten
Auseinandersetzungen änderten sich die politischen und geografischen Gegebenheiten in Europa
schlagartig. In den besetzten Ländern konnten sich nunmehr Gruppierungen frei entfalten, die offen
mit dem Nationalsozialismus kooperierten (vgl. 7.3). Zudem warben Wehrmacht und Waffen-SS
Verbündete für den Dienst in ihren Formationen an und fanden auch zahlreiche ideologische Söldner
(vgl. 7.4), die bereit waren, den Vernichtungsfeldzug der Nationalsozialsten mitzutragen. Mit der
Eroberung der ersten Gebiete im Osten während des Polenfeldzuges konnte schließlich auch mit der
angekündigten Siedlungspolitik in diesen Gebieten begonnen werden (vgl. 7.5). Vor allem aus den
baltischen Staaten, aus Russland und der Ukraine, aber auch aus Rumänien und Bulgarien stammten
die Siedler, die den Platz der vertriebenen polnischen Bevölkerungsteile einnehmen sollten. Je länger
der Krieg dauerte, umso mehr versuchte Deutschland die Europa-Idee für seine Zwecke zu nutzen
(vgl. 7.6). Unter Führung des Reiches sollten die Völker Europas in den Kampf gegen den
»Bolschewismus« geführt werden. Ein größerer Erfolg blieb diesen Initiativen aber versagt. Die
Aussicht, als Vasall Hitlers in den Krieg zu ziehen, war für die meisten Menschen in den besetzten
Gebieten keine Option. Dies vor allem auch deshalb, weil man das Reich von seiner repressiven Seite
kannte. So wurden beispielsweise Hunderttausende Zwangsarbeiter aus den besetzten Gebieten in
der deutschen Rüstungsindustrie eingesetzt. 7.1 Gebiets-Annexionen ZUSAMMENKUNFT EINER
DEUTSCH-TSCHECHISCHEN KOMMISSION ZUR FESTLEGUNG DER NEUEN GRENZE (Aus:
JAHRESSCHAU 1938 DER BUNDESPOLIZEIDIREKTION WIEN) A 1938, stumm, s/w, Länge: 1’32’’
PRODUKTION: Bundessicherheitswache Wien Nach der deutschen Annexion des Sudetenlandes am
1. und 2. Oktober 1938 erfolgte die Festlegung des neuen Grenzverlaufs. Im Bild errichtet eine
deutsch-tschechoslowakische Grenzkommission bei Znaim neue Grenzmarkierungen.
7.2 Wiener Schiedssprüche
[Konferenz in Wien]
(Aus: DEUTSCHE WOCHENSCHAU Nr. 37/1940)
D 1940, Ton, s/w, Länge: 37’’
PRODUKTION: Universum Film AG
Mit Rückendeckung Berlins erhielten die Ungarn in den beiden »Wiener Schiedssprüchen« vom
November 1938 und August 1940 slowakische Territorien sowie das nördliche, zu Rumänien
gehörende Siebenbürgen. Ungarns Regierung geriet dadurch allerdings in immer stärkere
Abhängigkeit vom NS-Regime.
7.3 Kollaboration
[Utrecht. Aufmarsch der NSB]
47
Mediathek UB Graz
(Aus: DEUTSCHE WOCHENSCHAU Nr. 22/1941)
D 1941, Ton, s/w, Länge: 1’9’’
PRODUKTION: Universum Film AG
In allen Ländern Europas gab es mehr oder weniger starke rechtsnationale Gruppierungen, die dem
Aufstieg des Nationalsozialismus in Deutschland positiv gegenüberstanden. Der Bericht zeigt einen
Aufmarsch der niederländischen »National-Sozialistischen Bewegung« NSB unter Parteiführer
Mussert.
7.4 Ideologische Söldner
[Der Grossmufti von Jerusalem besucht die SS-Division »Handschar«]
(Aus: HRVATSKI SLIKOPISNI TJEDNIK Nr. 109)
HR 1944, Ton, s/w, Länge: 51’’
PRODUKTION: Staatlicher Filmverband
Die SS versuchte auch in den besetzten Gebieten Soldaten anzuwerben. Seit 1943 war der
sogenannte »Großmufti von Jerusalem« Mohammed Amin al-Husseini mit der Aufstellung islamischer
SS-Verbände betraut.
7.5 Bevölkerungspolitik
Ostland – Deutsches Land
D 1940, stumm, s/w, Länge: 3’
PRODUKTION: Reichsjugendführung
Nach dem Polenfeldzug und der Aufteilung Polens zwischen der UdSSR und Deutschland begann
das Deutsche Reich mit der Vertreibung der polnischen und jüdischen Bevölkerung und der
Ansiedlung sogenannter »Volksdeutscher«.
7.6 »Bollwerk Europa«
Gründung des Europäischen Jugendverbandes in Wien
A 1942, stumm, s/w, Länge: 4’
PRODUKTION: Amateuraufnahme
Mit zunehmender Kriegsdauer versuchte Deutschland die Europa-Idee für seine Zwecke zu nutzen. In
den Herbst 1942 datiert die Gründung des Europäischen Jugendverbandes. Alle teilnehmenden
Länder, außer Japan und Spanien, stammten aus dem deutschen Machtbereich.
Kap: 8: Weltkrieg
Die »Blitzkriege« gegen Polen (vgl. 8.1), Dänemark und Norwegen (vgl. 8.2), Belgien, Holland und
Frankreich (vgl. 8.3) brachten 1939/40 eine vorerst zurückhaltende Bevölkerung »Großdeutschlands«
vollends auf die Seite der Reichsregierung. In Europa dominierte das NSRegime. Die Wehrmacht, in
der rund 1,2 Millionen Österreicher zwischen 1939 und 1945 dienten, war auf der Höhe ihres
Prestiges. Der erste Rückschlag im deutschen Siegeszug über Europa holte sich die Luftwaffe in
England. Es gelang nicht, die englische Lufthoheit über die Insel zu brechen (vgl. 8.4), und daher
wurde eine geplante Invasion Englands auf unbestimmte Zeit verschoben. Zwischen August 1940 und
Juni 1941 blieb Großbritannien der einzige Gegner Deutschlands, der zähen Widerstand leistete.
Auch auf dem Balkan engagierte sich das Königreich, um den Einfluss des Deutschen Reiches zu
begrenzen. Aber auch die Balkanstaaten wurden in einem Blitzkrieg von wenigen Wochen besiegt
(vgl. 8.5). Der überraschende Angriff auf die Sowjetunion im Juni 1941 veränderte schließlich das
Kräfteverhältnis in diesem Krieg entscheidend. Die militärische Leistungsfähigkeit der UdSSR wurde
in Deutschland völlig unterschätzt. Als die deutsche Offensive im Schlamm und später im Schnee vor
48
Mediathek UB Graz
Moskau liegen blieb (vgl. 8.6), wurden die Schwächen der deutschen Kriegsmaschinerie
offensichtlich, die lediglich auf kurze Militärschläge ausgerichtet war. Mit dem Angriff auf die UdSSR
öffnete sich das Heer darüber hinaus in besonderer Weise dem Parteieinfluss. Die militärischen
Operationen wurden zu rassistischen Vernichtungsfeldzügen. Der japanische Angriff auf den USStützpunkt Pearl Harbor vom 7. Dezember 1941 (vgl. 8.7) und die Kriegserklärung Deutschlands an
die USA markierten schließlich die Ausweitung der kriegerischen Auseinandersetzungen zum
»Weltkrieg«. Gegen Ende des Jahres 1942 erreichte das Deutsche Reich seine größte
Machtausdehnung. Deutsche U-Boote stießen bis zur amerikanischen Küste und in den Indischen
Ozean vor (vgl. 8.8). Deutsche Truppen standen in Nordafrika (vgl. 8.9), auf dem Balkan, in
Frankreich und in Norwegen. Der weiteste Vorstoß an der Ostfront reichte bis nach Stalingrad an der
Wolga.
8.1 Überfall auf Polen
Beginn des Feldzuges gegen Polen
(Aus: UFA TON-WOCHE Nr. 37)
D 1939, Ton, s/w, Länge: 1’45’’
PRODUKTION: Degeto/Universum Film AG
Die Aufnahmen zeigen die Beschießung der Westerplatte in Danzig am 1. September 1939 durch das
deutsche Linienschiff »Schleswig Holstein«, das sich offiziell auf einem Freundschaftsbesuch in
Danzig befand. Der Angriff auf die Westerplatte markiert den Beginn des Zweiten Weltkrieges.
8.2 Unternehmen Weserübung
Deutsche Truppen besetzen Norwegen
D 1940, stumm, s/w, Länge: 2’2’’
PRODUKTION: Universum Film AG
Am 9. April 1940 begann die Invasion von Dänemark und Norwegen durch deutsche See- und
Luftstreitkräfte. Trotz hoher Verluste bei den Seestreitkräften war bald der Großteil beider Länder
unter deutscher Kontrolle.
8.3 Westfeldzug
Feldzug in Frankreich
D 1940, stumm, s/w, Länge: 3’
PRODUKTION: Universum Film AG
Im Juni 1940 begann der siegreiche Feldzug gegen Belgien, die Niederlande und Frankreich. Nach
dem Waffenstillstand von Compiégne erlebten die Franzosen die Teilung ihres Landes in ein
besetztes und in ein von Deutschland abhängiges unbesetztes Gebiet.
8.4 Luftschlacht um England
[Luftangriff auf England]
(Aus: DEUTSCHE WOCHENSCHAU 1940)
D 1940, Ton, s/w, Länge: 3’5’’
PRODUKTION: Universum Film AG
Zur Vorbereitung der Invasion Englands begann im August 1940 die sogenannte Luftschlacht um
England, deren Ziel es war, die Lufthoheit über England zu erlangen.
8.5 Balkanfeldzug
[Krieg in Griechenland]
(Aus: DEUTSCHE WOCHENSCHAU 1941)
D 1941, Ton, s/w, Länge: 2’46’’
PRODUKTION: Universum Film AG
49
Mediathek UB Graz
Seit Oktober 1940 stand eine italienische Invasionsarmee in Griechenland. Erst mit dem Eingreifen
Deutschlands gelang es aber, die griechischen Streitkräfte Ende April 1941 zur Kapitulation zu
zwingen und die britischen Verbände zu verdrängen.
8.6 »Unternehmen Barbarossa«
[Nachschub im Schneesturm]
(Aus: DEUTSCHE WOCHENSCHAU 1942)
D 1942, Ton, s/w, Länge: 1’20’’
PRODUKTION: Universum Film AG
Das »Unternehmen Barbarossa« wurde unter Aufbietung bekannter Feindbilder als
antibolschewistischer Kreuzzug verstanden. Der rasche Vormarsch weckte die Hoffnung auf einen
weiteren »Blitzsieg« wie im Westen – bis die Truppen im Herbst 1941 vor Moskau im Schlamm und
später im Schnee stecken blieben.
8.7 Die Ausweitung zum Weltkrieg
[Japanischer Angriff auf Pearl Harbor]
(Aus: DEUTSCHE WOCHENSCHAU Nr. 2/1942)
D 1942, Ton, s/w, Länge: 56’’
PRODUKTION: Universum Film AG
Der japanische Angriff auf den US-Stützpunkt Pearl Harbor vom 7. Dezember 1941 markierte die
Ausweitung der kriegerischen Auseinandersetzungen zum »Weltkrieg«. Die Bilder zeigen
Archivaufnahmen der US-Pazifikflotte, die teilweise bei diesem Angriff auf Hawaii vernichtet wurde.
8.8 Seekrieg
[U-Boot-Krieg im Indischen Ozean]
(Aus: HRVATSKI SLIKOPISNI TJEDNIK Nr. 109)
HR 1944, Ton, s/w, Länge: 4’2’’
PRODUKTION: Staatlicher Filmverband
Lediglich mit der U-Boot-Waffe gelang es, die englische Versorgung empfindlich zu stören. Große
Versenkungserfolge in den Jahren 1940 und 1941 schufen zusammen mit der nationalsozialistischen
Propaganda den Mythos des heldenhaften U-Boot-Fahrers.
8.9 Afrikafeldzug
[Nordafrika. Eroberung von Marsa Matruk]
(Aus: DEUTSCHE WOCHENSCHAU Nr. 29/1942)
PRODUKTION: Universum Film AG
Zur Unterstützung der Italiener entsandte die Wehrmacht das »Afrikakorps«. Anfangs gelang es, die
Briten bis Ägypten zurückzuschlagen, aber kurz nach dem Debakel von Stalingrad musste sich die
Wehrmacht auch in Nordafrika geschlagen geben.
Kap. 9: Der totale Krieg
1942 wendete sich das Blatt. Die USA engagierten sich auch auf dem europäischen Kriegsschauplatz
und unterstützten ihre Verbündeten mit umfangreichen Kriegslieferungen. Noch brachte die deutsche
Sommeroffensive 1942 weitere gewaltige Gebietsgewinne. Statt weiter Richtung Moskau zu
marschieren, stieß das deutsche Heer nun in den Südosten vor. Ziel waren die Ölfelder im Kaukasus
und Stalingrad. Der erbitterte Kampf um die Stadt (vgl. 9.1) wurde auch vor allem deshalb geführt, weil
sie Stalins Namen trug. Ende 1942 gelang es der Roten Armee mit einer überraschenden
50
Mediathek UB Graz
Zangenbewegung, die deutsche 6. Armee in Stalingrad einzuschließen. Im Februar 1943 gerieten die
kläglichen Reste der Armee in sowjetische Gefangenschaft. Zur Ablenkung und Aufmunterung der
Soldaten vom grausamen Kriegsalltag mussten auch prominente Schauspieler und Sänger immer
wieder Dienst in der Truppenbetreuung leisten (vgl. 9.2). Die Menschen suchten als Ablenkung vom
Krieg vermehrt Zuflucht in Kino- und Theatervorstellungen. Nach der Kapitulation in Stalingrad folgten
weitere erfolgreiche Sowjetoffensiven im Osten. Die Landung der Westmächte in Sizilien und der
Rückzug aus Nordafrika markieren weitere Rückschläge der Wehrmachtsführung. Mittlerweile musste
die Wehrmacht die Initiative endgültig abgeben und befand sich an allen Fronten auf dem Rückzug.
Anfangs ließen sich die Rückzugsbewegungen noch als »Frontbegradigungen« erklären, die
Niederlage »Hitlerdeutschlands« wurde aber spätestens mit der Eröffnung der lange erwarteten
»zweiten Front« – der Invasion in der Normandie (vgl. 9.3) am 6. Juni 1944 – absehbar. Die deutsche
Führung hatte der Invasionsarmee nur noch wenig entgegenzusetzen. Dennoch führte die NSFührung den aussichtslosen Kampf als »totalen Krieg« bis zum völligen Zusammenbruch fort. Auch
die Zivilisten im Hinterland bekamen die Auswirkungen der selbstzerstörerischen Entscheidung zu
spüren. Lange bevor die gegnerischen Bodentruppen »großdeutsches« Territorium betraten,
verwüsteten alliierte Luftangriffe die Städte des »Altreichs« und der »Ostmark« (vgl. 9.4). Im Herbst
1944 wurde der »Volkssturm« als letzter Versuch aufgestellt, die gegnerischen Fronten aufzuhalten
(vgl. 9.5). Obwohl die Alliierten die Reichsgrenzen teilweise schon überschritten hatten, übten sich die
verantwortlichen Nationalsozialisten weiterhin in Durchhalteparolen (vgl. 9.6). Die Rote Armee drang
Ende März 1945 von Ungarn kommend in Ostösterreich ein und besetzte Wien (vgl. 9.7), die
westlichen Bundesländer wurden von den übrigen Alliierten besetzt. Im Mai 1945 akzeptierte die
Wehrmacht die bedingungslose Kapitulation. Im letzten Kriegsjahr kamen mehr Menschen ums Leben
als im gesamten Kriegsverlauf vorher.
9.1 Kriegswende in Stalingrad
[Kämpfe in den Vorstädten von Stalingrad]
(Aus: DEUTSCHE WOCHENSCHAU Nr. 42/1942)
D 1942, Ton, s/w, Länge: 1’46’’
PRODUKTION: Universum Film AG
Der Name Stalingrad wurde zum Synonym für die Kriegswende. Die vorliegenden Filmaufnahmen
geben nur eine schwache Ahnung von den schweren Kämpfen in dieser Stadt. Die Kapitulation der
deutschen 6. Armee im Kessel von Stalingrad markiert das Ende der deutschen Expansionsbewegung
im Zweiten Weltkrieg.
9.2 Truppenbetreuung
[Varieté-Veranstaltung vor Verwundeten]
(Aus: DEUTSCHE WOCHENSCHAU 1944)
D 1944, Ton, s/w, Länge: 3’49’’
PRODUKTION: Universum Film AG
Zur Ablenkung und Aufmunterung der Soldaten vom Kriegsalltag müssen auch prominente
Schauspieler und Sänger immer wieder Dienst in der Truppenbetreuung leisten. Das vorliegende
Beispiel zeigt aber die Betreuung von Verwundeten, die sich zur Erholung in Wien befinden.
9.3 Invasion
Invasion. Vom Atlantikwall bis Paris
GB 1946, Ton, s/w, Länge: 9’50’’
PRODUKTION: Phoenix Film London
Am 6. Juni 1944 begann in der Normandie die »Operation Overlord«, die Eröffnung der zweiten Front
in Europa. Das Ende des Krieges schien für Europa mit einem Mal in greifbare Nähe gerückt.
51
Mediathek UB Graz
9.4 Luftkrieg
Wien im August 1945
USA 1945, stumm, s/w, Länge: 1’30’’
PRODUKTION: US-Army
Der Luftkrieg mit Masseneinflügen alliierter Bomber gehörte in Deutschland spätestens seit Mitte 1942
zum Alltag. Während die amerikanischen Bombenangriffe hauptsächlich industrielle und militärische
Ziele angriffen, konzentrierten sich die englischen Bomber vorwiegend auf nächtliche
Flächenbombardements der Städte.
9.5 Das letzte Aufgebot
[Vereidigung von Volkssturm-Einheiten]
(Aus: DEUTSCHE WOCHENSCHAU Nr. 48/1944)
D 1944, Ton, s/w, Länge: 3’3’’
PRODUKTION: Universum Film AG
Das »Dritte Reich« hatte den Krieg schon verloren, als Propagandaminister Joseph Goebbels zum
»totalen Krieg« aufrief. Alle waffenfähigen Männer zwischen 16 und 60 Jahren wurden zum
»Volkssturm« eingezogen.
9.6 Durchhalteparolen
[Minister Goebbels in einem Kölner Rüstungswerk]
(Aus: DEUTSCHE WOCHENSCHAU Nr. 43/1944)
D 1944, Ton, s/w, Länge: 3’1’’
PRODUKTION: Universum Film AG
Am 4. Oktober 1944 verkündet Propagandaminister Goebbels in einem Kölner Rüstungswerk, »dass
wir dieses Gebiet niemals aufgeben werden und es verteidigen werden wie eine Festung bis zum
letzten Atemzug«. Zwei Wochen später eroberten die Amerikaner Aachen.
9.7 Die totale Niederlage
Die Befreiung Wiens
UdSSR 1945, Ton, s/w, Länge: 3’12’’
PRODUKTION: Rote Armee
Die Aufnahmen zeigen die Schlacht um Wien Anfang April 1945 aus Sicht der Roten Armee. Im Mai
1945 akzeptierte die Wehrmacht die bedingungslose Kapitulation.
Kap. 10: NS-Verbrechen
Rassismus und Antisemitismus waren zentrale Wesensmerkmale des Nationalsozialismus, der in
dieser Hinsicht auf eine erschreckend hohe Zustimmung in der Bevölkerung zählen durfte. Eines der
Ziele der nationalsozialistischen Ideologie war die »Verbesserung« der »arischen Rasse«. Durch
Maßnahmen wie Ehestandsdarlehen, Kinderbeihilfen oder auch Steuererleichterungen sollte der
»rassisch gewünschte« Nachwuchs gefördert werden. Gleichzeitig sollte die Fortpflanzung von
(angeblich) erbkranken Menschen sowie von sozial und rassisch nicht erwünschten Menschen
unterbunden werden. Um Sympathie für diese Politik wurde unter der Bevölkerung auch mithilfe von
pseudodokumentarisch gehaltenen Filmen geworben (vgl. 10.1). Am Anfang der NS-Rassenpolitik
stand die Ausgrenzung von Bevölkerungsteilen (vgl. 10.2), der aber bald schon die Erfassung und
Konzentrierung in Ghettos folgen sollte (vgl. 10.3). Nach dem »Anschluss« 1938 trat in der »Ostmark«
unter solchen Bedingungen ein bislang ungekanntes Aggressionspotenzial zutage. Die
Gewaltbereitschaft ging mit »wilden Arisierungen« einher, welche die Reichsführung in ein System
52
Mediathek UB Graz
organisierter und staatlich geduldeter Raubzüge umwandelte (vgl. 10.4). Zur Untermauerung seiner
aggressiven Rassenpolitik förderte der NS-Staat gezielt die Arbeit der deutschen Rassetheoretiker.
Sie erhielten beste Arbeitsbedingungen und konnten ihre pseudowissenschaftlichen Untersuchungen
unter anderem auch an Kriegsgefangenen durchführen (vgl. 10.5), die in den ersten Jahren des
Krieges in großer Zahl nach Deutschland gelangten. Von der Ausgrenzung zur Ermordung war es nur
noch ein kleiner Schritt. Der ideologische Vernichtungsfeldzug im Osten führte zu einer weiteren
Radikalisierung der deutschen Rassenpolitik. So wurden etwa die Politischen Kommissare der Roten
Armee nicht als Soldaten anerkannt, sondern als rein politisch-ideologische Elite angesehen. Der
»Kommissarbefehl« ordnete ihre umgehende Erschießung bei Ergreifung an (vgl. 10.6). Vier
»Einsatzgruppen« verübten hinter der russischen Front systematischen Massenmord an
Kommunisten, Partisanen, »Zigeunern«, »Asozialen« und vor allem an Juden (vgl. 10.7). Sprachlich
wurden diese Massenexekutionen als »Vergeltungs- und Sühnemaßnahmen« oder als
»Bandenbekämpfung« bezeichnet. Bis Mitte 1942 ermordeten die Einsatzgruppen auf diese Weise
über eine Million Menschen. Im Juli 1941 beauftragte Göring den Chef des
Reichssicherheitshauptamtes, »mir in Bälde einen Gesamtentwurf über die organisatorischen,
sachlichen und materiellen Vorausmaßnahmen zur Durchführung der angestrebten Endlösung der
Judenfrage vorzulegen«. Den Massenerschießungen der Einsatzgruppen in Russland folgten dann ab
1942 die Deportationen in die Vernichtungslager, in denen der systematische und industrialisierte
Massenmord am europäischen Judentum stattfand. Die große jüdische Gemeinde in Wien mit zirka
185.000 Menschen wurde auf diese Weise nahezu »ausgelöscht«. Indes erweiterte der »SS-GestapoKomplex« schrittweise seine Machtsphäre. Das Terrorimperium Heinrich Himmlers, das rücksichtslos
alle Oppositionellen und sogenannten »Minderwertigen« verfolgte, errichtete in Mauthausen eines der
brutalsten Konzentrationslager des »Großdeutschen Reiches«, das wiederum mit 49 Nebenlagern
verbunden war (vgl. 10.9). In ihnen fand schätzungsweise die Hälfte der insgesamt rund 200.000
Häftlinge den Tod.
10.1 »Euthanasie«
Erbkrank
D 1936, stumm, s/w, Länge: 3’37’’
PRODUKTION: Rassenpolitisches Amt der NSDAP
Das pervertierte Leistungsprinzip des Nationalsozialismus definierte körperliche und geistige
Behinderungen als unnützen Kostenfaktor. Die brutale Rechnung diente zur »Legitimierung« der
Ermordung von Menschen, die nicht in die NS- Rassentheorie passten.
10.2 Ausgrenzung
Die NSKK-Alpenfahrt 1938
(Aus: OSTMARK WOCHENSCHAU Nr. 32a/1938)
A 1938, Ton, s/w, Länge: 32’’
Das »Dritte Reich« verdrängte die Juden aus dem öffentlichen Leben und nahm ihnen mit den
Nürnberger Gesetzen vom September 1935 die bürgerliche Gleichberechtigung. Das zufällig im Bild
sichtbare Schild verbietet dem jüdischen Bevölkerungsteil den Zutritt zur Schönbrunner
Schlossanlage.
10.3 Verfolgung
[Impressionen einer Österreichreise]
A 1939, stumm, Farbe, Länge: 41’’
PRODUKTION: Amateuraufnahme Albert Messany
Die Bilder mit anwesender Schutzpolizei könnten auf die »Aktion Arbeitsscheu Reich« hindeuten, bei
der die Verhaftung von »Zigeunern« vorgenommen wurde, oder aber es ist einer der vielen Versuche
zu sehen, Sinti und Roma durch Schutzpolizei über die Landesgrenze abzuschieben.
53
Mediathek UB Graz
10.4 Arisierung
Wien. Eröffnung der Ausstellung »Der ewige Jude«
(Aus: OSTMARK WOCHENSCHAU Nr. 32a/1938)
A 1938, Ton, s/w, Länge: 1’25’’
PRODUKTION: Selenophon Licht- und Tonbildgesellschaft m.b.H.
Auf Anordnung der NSDAP fand am 9. November 1938 ein Pogrom statt, die sogenannte
»Reichskristallnacht«. Zur Vorbereitung solcher Ausschreitungen gehörten auch Ausstellungen wie
»Entartete Kunst« oder die Ausstellung »Der ewige Jude« in der Wiener Nordwestbahnhalle.
10.5 Rassenwahn
Rassenkundliche Untersuchungen an Gefangenen Franzosen und Belgiern im
Kriegsgefangenenlager Kaisersteinbruch
A 1940, stumm, Farbe, Länge: 1’43’’
PRODUKTION: Amateuraufnahme Albert Messany
Zur Untermauerung seiner aggressiven Rassenpolitik förderte der NS-Staat gezielt die Arbeit der
deutschen Rassentheoretiker. Unter der Leitung des Direktors des Naturhistorischen Museums in
Wien fanden im Kriegsgefangenenlager Kaisersteinbruch Untersuchungen an Kriegsgefangenen statt.
10.6 »Kommissarbefehl«
[russlandfeldzug. Gefangene Kommissare]
(Aus: DEGETO WELTSPIEGEL Nr. 44/1942)
D 1942, stumm, s/w, Länge: 21’’
PRODUKTION: Degeto/Universum Film AG
Während des Russlandfeldzuges übernahm die Wehrmacht die ideologischen Kriegsziele ihres
»Führers« vorbehaltlos. Politische Kommissare der Roten Armee wurden nicht als Soldaten
anerkannt, sondern als reine politisch-ideologische Elite angesehen und sofort erschossen.
10.7 Einsatzgruppen
Judenexekution in Libau
D 1941, stumm, s/w, Länge: 21’’
PRODUKTION: Amateuraufnahme Reinhard Wiener
Vier »Einsatzgruppen« verübten hinter der russischen Front systematischen Massenmord an
Kommunisten, Partisanen, »Zigeunern«, »Asozialen« und vor allem an Juden. Sprachlich wurden
diese Massenexekutionen als »Vergeltungs- und Sühnemaßnahmen« oder als »Bandenbekämpfung«
bezeichnet.
10.8 Kriegsgefangene
Rassenkundliche Untersuchungen an Gefangenen Franzosen und Belgiern im
Kriegsgefangenenlager Kaisersteinbruch
A 1940, stumm, Farbe, Länge: 43’’
PRODUKTION: Amateuraufnahme Albert Messany
3,3 Millionen Angehörige der Sowjetarmee hatte die Wehrmacht 1941 gefangen genommen, 1,4
Millionen gingen davon bis Jahresende zugrunde. Eines der größten Kriegsgefangenenlager auf
österreichischem Boden war das STALAG XVII A in Kaisersteinbruch.
10.9 »Endlösung«
KZ Ebensee
USA 1945, stumm, s/w, Länge: 1’8’’
PRODUKTION: USFA
54
Mediathek UB Graz
Im Juli 1941 beauftragte Göring den Chef des Reichssicherheitshauptamtes mit der »Gesamtlösung
der Judenfrage«. Den Massenerschießungen folgten ab 1942 die Deportationen in die
Vernichtungslager. Die Aufnahmen zeigen das Mauthausen-Nebenlager Ebensee kurz nach seiner
Befreiung.
Kap. 11: Widerstand
Aufsehen erregte das von der tschechoslowakischen Exilregierung in London organisierte Attentat auf
Reinhard Heydrich im Frühjahr 1942. Die Briten unterstützten das Unternehmen aufgrund Heydrichs
Tätigkeit als Chef des Reichssicherheitshauptamtes, für die Tschechoslowaken war er aufgrund
seiner Rolle als stellvertretender Reichsprotektor von Böhmen und Mähren von Interesse. Zur
Vergeltung machten die Deutschen die beiden Orte Lidice und Ležáky dem Erdboden gleich. Alle
männlichen Bewohner über 15 Jahren wurden getötet, die Frauen in Konzentrationslager
eingewiesen, während die Kinder in ein Lager nach Lodz verschleppt wurden. Die aufwendig
inszenierte Totenfeier für Heydrich fand in Berlin in der Neuen Reichskanzlei statt (vgl. 11.1). Das
Attentat von Claus Graf Schenk von Stauffenberg auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 (vgl. 11.2) zeigte,
dass das Militär speziell nach den Niederlagen an den Fronten nicht mehr bedingungslos hinter dem
Führer stand. In Wien gelang es an diesem Tag, die NS-Elite in »Verwahrung« zu nehmen. Nachdem
aber in Berlin die Männer um Stauffenberg gescheitert und hingerichtet worden waren, beeilten sich
Wehrmachtsstäbe, Partei- und Staatsinstitutionen, dem »Führer« gegenüber Loyalität zu zeigen. In
Österreich stellten sich im Übrigen verschiedene Gruppierungen gegen das NS-System, ohne eine
einheitliche Oppositionsbewegung zu bilden. Neben konservativen, christlichen und legitimistischen
Kreisen bekämpften vor allem Kommunisten das Regime. Insgesamt wurden 2.700 Österreicherinnen
und Österreicher wegen erwiesener Widerstandstätigkeit verurteilt und hingerichtet. Weitere 25.000
kamen in Gefängnisse und Konzentrationslager. Ihnen standen allerdings 700.000 »ostmärkische«
NSDAP-Mitglieder gegenüber, an deren Seite sich wiederum eine noch größere Zahl von
Beitrittswilligen, Sympathisanten, Mitläufern und Mitwissern, partiell Überzeugten und stillen Duldern
einfand. In den besetzten Gebieten regte sich auch immer wieder der bewaffnete Widerstand. Am
bekanntesten ist wohl die französische Resistance, aber auch in anderen Ländern gab es
Widerstandsaktionen. Als die Rote Armee den Stadtrand von Warschau erreichte, entschloss sich der
polnische Widerstand zur bewaffneten Befreiung der Hauptstadt. Mit der Niederschlagung des
Aufstandes wurde SS-Obergruppenführer Erich von dem Bach-Zelewski betraut, der als »Chef der
Bandenkampfverbände« in Russland einschlägige Erfahrung besaß. In 64 Tagen Kampf wurden
170.000 Zivilisten getötet und nach der Niederschlagung die Stadt faktisch dem Erdboden
gleichgemacht (vgl. 11.3). Am wirkungsvollsten war der Widerstand der russischen und
jugoslawischen Partisanen (vgl. 11.4), die zeitweise ganze Landstriche unter ihre Kontrolle bringen
konnten und die Stationierung erheblicher Streitkräfte notwendig machten.
11.1 Das Heydrich-Attentat
[Trauerfeier für Heydrich in Prag und Berlin]
(Aus: DEUTSCHE WOCHENSCHAU Nr. 26/1942)
D 1942, Ton, s/w, Länge: 3’40’’
PRODUKTION: Universum Film AG
Mithilfe der britischen Regierung organisierte die tschechoslowakische Exilregierung ein Attentat auf
Reinhard Heydrich. Heydrich starb am 4. Juni 1942 an seinen Verletzungen. Die aufwendig
inszenierte Totenfeier fand in Berlin in der Neuen Reichskanzlei statt.
11.2 Der 20. Juli 1944
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Mediathek UB Graz
Anschlag auf den Führer
D 1944, stumm, s/w, Länge: 3’28’’
PRODUKTION: Universum Film AG
Nach dem fehlgeschlagenen Attentat vom 20. Juli 1944 empfängt Hitler Mussolini im Hauptquartier
Wolfsschanze. Sowohl in Deutschland als auch in der »Ostmark« stellten sich nur kleine
Gruppierungen gegen das NS-System.
11.3 Warschauer Aufstand
[Beendigung des Warschauer Aufstandes]
(Aus: DEUTSCHE WOCHENSCHAU Nr. 44/1944)
D 1944, Ton, s/w, Länge: 52’’
PRODUKTION: Universum Film AG
Als die Rote Armee den Stadtrand von Warschau erreichte, entschloss sich der polnische Widerstand
zum bewaffneten Kampf. In 64 Tagen Kampf wurden 170.000 Zivilisten getötet und nach der
Niederschlagung durch die Deutschen die Stadt faktisch dem Erdboden gleichgemacht.
11.4 Partisanen
Partizanski Dokument
YU 1945, stumm, s/w, Länge: 2’36’’
PRODUKTION: Amateuraufnahme
Der äußerst brutal geführte Partisanenkampf in Jugoslawien forderte besonders unter der
Zivilbevölkerung viele Opfer, da als Sühnemaßnahme für getötete Wehrmachtssoldaten oft 50 bis 100
Geiseln getötet wurden. Unsere Aufnahmen zeigen das Heer der kommunistischen Partisanen Anfang
1945.
DVD 4
1945–1955 Der Weg zum Staatsvertrag
Kap. 1: Die Alliierten
Mit der Moskauer Deklaration vom November 1943 bekundeten die Alliierten ihr Interesse an einem
unabhängigen österreichischen Staat. Der Sieg über das »Dritte Reich« und die Administration der
eroberten Gebiete hatten aber zunächst Priorität. Zonen- und Kontrollabkommen der Siegermächte
legten die Grundsätze der Besatzungspolitik fest. Die Alpenrepublik musste auf die volle Souveränität
warten, nachdem der Kalte Krieg ab 1947/48 in seine heiße Phase getreten war. Erst nach Stalins
Tod gab es Anzeichen für eine Entspannung im Ost-West-Konflikt.
Die Stimme Österreichs
A 1953, Ton, s/w, Länge: 3’14’’
Der »totale Krieg«, den die NS-Führung beschworen hatte, war über das Hinterland gekommen. Den
Luftangriffen folgten die alliierten Bodentruppen, allen voran die Rote Armee. Während SSStandgerichte noch wahre Blutorgien zelebrierten, tobte an den Fronten der »reguläre Krieg«. Der
Waffenstillstand brachte dann aber noch keinen Frieden. Plünderungen und Vergewaltigungen durch
Besatzungstruppen waren speziell im Osten des Landes an der Tagesordnung. Die alliierten
Befehlshaber versuchten indes Ordnung zu schaffen.
Enthüllung des Denkmals der Roten Armee
56
Mediathek UB Graz
A 1945, Ton, s/w, Länge: 14’08’’
Der 19. August 1945, der Tag der Enthüllung des sowjetischen Befreiungsdenkmals am Wiener
Schwarzenbergplatz, blieb im Wesentlichen eine Sache der Siegermächte. Deren
Oberkommandierende in Österreich kamen wenig später bei ersten gemeinsamen Gesprächen zu
keinem Resultat, demonstrierten nach außen hin im Rahmen einer Parade aber Einigkeit. Unweit des
»Russendenkmals« konstituierte sich dann am 11. September der Alliierte Rat. Dieses Organ, das
sich in einer ersten Proklamation zur Moskauer Deklaration bekannte, hatte die oberste Gewalt im
Land inne.
Zeitgeschehen – schnell gesehen, Nr. 1
A 1945, Ton, s/w, Länge: 40’’
Am 9. Juli 1945 einigten sich die Alliierten über die Besatzungszonen in Österreich. Die UdSSR
bekam Niederösterreich, das Burgenland und Oberösterreich nördlich der Donau. Salzburg,
Oberösterreich südlich der Donau und das steirische Ausseerland gingen an die USA, Kärnten,
Osttirol und die Steiermark ohne Ausseerland an Großbritannien, Vorarlberg und Tirol ohne Osttirol an
Frankreich. Wien wurde nach Bezirken aufgeteilt – mit Ausnahme der Innenstadt: Sie erhielt den
Status eines internationalen, turnusmäßig jeden Monat von einem anderen Bündnispartner
verwalteten Sektors.
Usa – Hilfe für uns
(Aus: WELT IM FILM Nr. 132/1947)
A 1947, Ton, s/w, Länge: 59’’
Das vor 1938 in deutscher Hand befindliche Vermögen, ebenso wie alle Unternehmen, die bis 1945 in
deutschen Besitz übergegangen, errichtet oder ausgebaut worden waren, beanspruchte trotz
Verstaatlichungsgesetz des Wiener Parlaments die Sowjetunion für sich. Sie sah darin eine
Entschädigung für die Zerstörung des russischen Kapitalstocks vor 1945 und bildete schließlich aus
300 Betrieben ein ostösterreichisches Wirtschaftsimperium, die USIA, mit 40.000 Beschäftigten im
Jahr 1950. Der Westen entwickelte indes ökonomische Gegenstrategien.
Autodiebstahl [die Vier im Jeep]
(Aus: WELT IM FILM Nr. 100/1947)
A 1947, Ton, s/w, Länge: 1’40’’
In Wien stand der 1. Bezirk unter gemeinsamer Verwaltung (interalliierte Kommandantur). Die übrigen
Bezirke waren in vier Zonen eingeteilt. Die Überwachung oblag den »Vier im Jeep«. Amerikaner,
Russen, Franzosen und Briten versahen den Dienst gemeinsam. Die »Vier im Jeep« wurden zum
Symbol der noch nicht vollständig wiedererlangten Souveränität des Landes. Sie standen aber auch
für eine mögliche Verständigung der Alliierten, nicht zuletzt in Hinblick auf Österreichs Zukunft.
[Westliche Hilfe]
(Aus: WELT IM FILM Nr. 164/1948)
A 1948, Ton, s/w, Länge: 2’
Die zahlreichen Hilfsaktionen der westlichen Alliierten für Österreich waren nicht zuletzt mit dem Ziel
verbunden, die Westorientierung des Landes im politischen wie ökonomischen Sinne zu sichern. Die
mannigfaltige Unterstützung für die Alpenrepublik basierte freilich nicht nur auf der Bereitstellung
finanzieller Mittel. Arbeit für Österreicherinnen in Großbritannien und die Verschickung von
Großstadtkindern aufs Land gehörten ebenso zu diesem Hilfsprogramm wie etwa die Übergabe
diverser Sachgüter an österreichische Behörden.
Josef Stalin gestorben
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 11/1953)
57
Mediathek UB Graz
A 1953, Ton, s/w, Länge: 2’25’’
»Josef Stalin ist tot«, berichtete die AUSTRIA WOCHENSCHAU im Frühjahr 1953. Der »rote Diktator«, der
die Sowjetunion mit Säuberungswellen in Schrecken versetzt und Millionen in den Tod geschickt
hatte, werde nun, deutete der Wochenschaukommentar aus einer christlichen Perspektive süffisant
an, einem höheren Richter gegenübertreten. Unter den Nachfolgern Stalins gab es dann übrigens
bald Anzeichen eines politischen Tauwetters. In dieser Phase nahm die Wiener Regierung einen
neuen Anlauf zum Abschluss des Staatsvertrages.
Kap. 2: Das politische Österreich
Am 27. April 1945 proklamierte die Provisorische Regierung unter Karl Renner die Selbstständigkeit
Österreichs. Renners Kabinett, zunächst nur durch die Sowjetunion gestützt, wurde im Herbst von den
Bundesländern und den Westmächten anerkannt. Die Wahlen vom November 1945 bestätigten dann
die Vorherrschaft von Volkspartei und Sozialisten. Verlierer war die KPÖ, später als dritte Kraft
verdrängt vom Verband der Unabhängigen (VdU) als Vorgängerorganisation der FPÖ.
Währenddessen schränkten die Alliierten ihre eigenen Befugnisse ein. Das Wiener Parlament verfügte
schon ab 1946 über einen größeren Handlungsspielraum.
Die Stimme Österreichs
A 1953, Ton, s/w, Länge: 34’’
Der Provisorischen Regierung unter Karl Renner gehörten zehn Sozialisten, neun ÖVP-Mitglieder,
sieben Kommunisten und drei Parteilose an. Das Allparteienkabinett, in dem die KPÖ mit dem Innenund Unterrichtsressort Schlüsselpositionen erhielt, wurde von den Sowjetrepräsentanten umgehend
anerkannt und proklamierte noch am selben Tag die Selbstständigkeit Österreichs. Im Westen
reagierte man auf diese Entwicklung allerdings mit Argwohn. England, das in Renner eine Marionette
des Kremls sah, legte am 29. April bei den sowjetischen Behörden Protest gegen den einseitigen
Schritt der UdSSR ein.
Zeitgeschehen – schnell gesehen, Nr. 2
A 1945, Ton, s/w, Länge: 1’17’’
Im September 1945 ging Karl Renner daran, Länderkonferenzen nach Wien zu berufen. In diesem
Zusammenhang wurde die Erweiterung des Allparteienkabinetts durch Politiker aus den westlichen
Bundesländern beschlossen. Diesem eindeutigen Bekenntnis zu einem unteilbaren Österreich folgte
am 20. Oktober ein Beschluss der Besatzungsmächte über die »Ausdehnung der Autorität der
erweiterten Provisorischen Regierung Renner auf ganz Österreich«. Letztere müsse dafür, so die
Militärkommissare, die Kontrollbefugnisse des Alliierten Rates anerkennen und sich zur Abhaltung von
freien Wahlen verpflichten.
[Nationalratswahlen 1949]
A 1949, stumm, s/w, Länge: 2’09’’
Am 9. Oktober 1949 fanden die zweiten Nationalratswahlen der Zweiten Republik statt. Die aus den
Novemberwahlen 1945 hervorgegangene Führungsrolle von ÖVP und SPÖ wurde zwar bestätigt,
beide Parteien erlitten aber hohe Verluste. Eigentlicher Wahlsieger war der Verband der
Unabhängigen, der sich mit sechzehn Mandaten deutlich vor dem Linksblock (KPÖ) mit fünf
Parlamentssitzen positionierte. Das Wahlergebnis war unter anderem auf das veränderte
Wählerpotenzial, die Amnestie für minderbelastete Nationalsozialisten (21. April 1948) und die
Rückkehr vieler Kriegsgefangener zurückzuführen.
58
Mediathek UB Graz
Grosskundgebung bei Engelmann
(Aus: WIR SIND DABEI Nr. 17/1949)
A 1949, Ton, s/w, Länge: 2’02’’
Die sowjetische Wochenschau präsentiert die KPÖ als »Massenbewegung«. In der vollbesetzten
Engelmann-Arena werden der KPÖ-Vorsitzende Johann Koplenig und der Begründer der
Linkssozialisten Erwin Scharf begeistert empfangen. Tatsächlich errang die KPÖ nie mehr als 5,4 %
der Stimmen (1945). Das ehemalige SPÖ-Mitglied Erwin Scharf trat für eine Aktionsgemeinschaft mit
den Kommunisten ein und wurde aus der Sozialistischen Partei ausgeschlossen. Eine
Wahlveranstaltung der ÖVP mit Leopold Figl wird hier als Misserfolg gedeutet. Der Bildausschnitt
erweckt den Eindruck, dass nur eine kleine Gruppe dem Kanzler zuhört.
Die ungleichen Brüder
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 5/1949)
A 1949, Ton, s/w, Länge: 1’52’’
Im August 1947 trat das erste Lohn- und Preisabkommen, das dem Schwarzhandel entgegenwirken
und die Inflation eindämmen sollte, in Kraft. Gemäß Vereinbarung zwischen Arbeitgebern und
Arbeitnehmern wollte man dadurch die Löhne um 250, die Preise von Industriewaren um 200 bis 500
und von Agrarerzeugnissen um 190 Prozent erhöhen. Bis 1951 folgten weitere vier Lohn- und
Preisabkommen.
Arbeiterproteste gegen neue Massensteuern
(Aus: WIR SIND DABEI Nr. 21/1949)
A 1949, Ton, s/w, Länge: 3’20’’
Im Zuge der gegen die Inflation gerichteten Lohn- und Preisabkommen stiegen die Preise stets
schneller als die nur nominell erhöhten Löhne. Die Folgen dieser Politik konnten alle Arbeitnehmer
direkt spüren. Protestaktionen blieben nicht aus. Jene anlässlich des dritten Lohn- und
Preisabkommens wurden von der sowjetischen Wochenschau dramatisch in Szene gesetzt: Die Opfer
werden gezeigt, die »Schuldigen« angeprangert, die Massen mobilisieren sich und geraten in einen
Konflikt mit der Polizei. Doch zum großen Streik kam es erst ein Jahr später.
[Demonstration im September 1950]
A 1950, stumm, s/w, Länge: 1’32’’
Das vierte Lohn- und Preisabkommen, das die Sozialpartner nach der Kürzung der US-Hilfe
ausgehandelt hatten, löste in Anbetracht der zu erwartenden Teuerungswelle Unruhen unter der
Arbeiterschaft aus. Am 26. September 1950 waren etwa 120.000 Beschäftigte im Ausstand, davon
40.000 aus den sowjetisch dominierten USIA-Betrieben. Die KPÖ, die sich vor die Streikenden stellte,
fand jedoch selbst in der UdSSR keinen entschlossenen Verbündeten. Die Fortsetzung der Proteste
scheiterte sowohl an den Beschäftigten als auch an der Zurückhaltung Moskaus.
1. Mai 1952
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 19/1952)
A 1952, Ton, s/w, Länge: 1’20’’
Am 1. Mai, dem »Tag der Arbeit«, dem traditionellen Feiertag der Arbeiterbewegung, blickte die SPÖFührung auf bisher Geleistetes zurück. Der Staatsvertrag und das Ende der alliierten Besatzung
waren aber noch nicht erreicht. Die »Befreiung von der Befreiung«, wie es im Beitrag doppeldeutig
heißt, ließ auf sich warten.
Matinee Der ÖVP
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 2/1953)
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Mediathek UB Graz
A 1953, Ton, s/w, Länge: 1’29’’
Für die ÖVP nannte 1953 Ferdinand Graf, Staatssekretär für Inneres zwischen 1945 und 1956, den
Hauptfeind seiner Partei: den »Weltbolschewismus« und mit ihm den Marxismus. Damit standen auch
die ideologischen Grundlagen des österreichischen Sozialismus am Pranger. Während man auf
höchster Regierungsebene zusammenarbeitete, lebten hinter den Kulissen Feindbilder der Ersten
Republik weiter. Das Bürgerkriegsjahr 1934 wurde eher verdrängt als aufgearbeitet.
Österreich-Debatte vor der UNO
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 3/1953)
A 1953, Ton, s/w, Länge: 1’50’’
Auf Initiative der Wiener Regierung nahmen die Vereinten Nationen 1952 eine Resolution an, in der
von den Großmächten eine Einigung über den Staatsvertrag und die Wiederherstellung der vollen
Souveränität Österreichs gefordert wurde. Die Ostblockländer und einige andere Staaten nahmen an
der Abstimmung jedoch nicht teil. Schon zuvor hatte die Sowjetunion am 14. August einen Kurzvertrag
des Westens zurückgewiesen, der weder auf Entmilitarisierungs- und Entnazifizierungsproblematiken
noch auf die Ablöse des »Deutschen Eigentums« eingegangen war.
Parteitag der SPÖ
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 47/1955)
A 1955, Ton, s/w, Länge: 1’58’’
Adolf Schärf, Vizekanzler und SPÖ-Vorsitzender von 1945 bis 1957, hob 1955 am Parteitag der SPÖ
die Verdienste der Sozialisten während der Besatzungszeit hervor. Zugleich teilte er die Ablehnung
der Sowjetunion mit der ÖVP, deren bürgerlicher und christlich-konservativer Ausrichtung man aber
distanziert gegenüberstand. Das Lagerdenken konnte trotz großer Koalition nicht völlig überwunden
werden. Resultat dieser Haltung war die Proporzdemokratie. Vom Sportverein bis zur alpinen
Schutzhütte unterlag alles einer parteipolitischen Zuordnung.
Kap. 3: Schatten der Vergangenheit
1945 lebten eine Million fremdsprachige und 600.000 deutschsprachige Displaced Persons (DPs) in
der Alpenrepublik. Vertriebene aus der Tschechoslowakei kamen hinzu. Schließlich vergrößerten die
Heimkehrer aus der Kriegsgefangenschaft das Heer der Entwurzelten. Mit deren Schicksal
identifizierte sich eine österreichische Nachkriegsgesellschaft, die sich vorwiegend als Opfer von Krieg
und Faschismus empfand. Nach einer kurzen Phase der strengeren Entnazifizierung wurde die
Mitverantwortung am Nationalsozialismus kaum mehr thematisiert
Denkmal für die Opfer des Faschismus
(Aus: WELT IM FILM Nr. 129/1947)
A 1947, Ton, s/w, Länge: 1’02’’
Die Nachkriegsgesellschaft nahm das Gedenken an die Opfer des Faschismus, wie am Wiener
Zentralfriedhof zu Allerheiligen 1947, zwiespältig auf. Einerseits vermochte man damit den
Opferstatus Österreichs zu untermauern; andererseits fühlte sich die große Zahl von Mitläufern und
Mitgliedern der NSDAP kompromittiert. Der Widerspruch forderte die Bereitschaft zur Verdrängung.
Dem offenkundigen Schweigen stand ein nicht immer nur unterschwelliges Einverständnis mit den
nationalsozialistischen Ideen gegenüber.
Übergabe des Internierungslagers bei Salzburg
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Mediathek UB Graz
(Aus: WELT IM FILM Nr. 116/1947)
A 1947, Ton, s/w, Länge: 1’04’’
Marcus W. Orr war der erste auf österreichischem Boden gefallene US-Soldat. Nach ihm benannte die
amerikanische Besatzungsmacht ein Lager in Glasenbach, wo unter anderem die Entnazifizierung
durchgeführt werden sollte. Bald jedoch betrachteten die Westmächte frühere Nationalsozialisten als
Verbündete im Kampf gegen den Kommunismus. Die österreichischen Parteien wiederum buhlten um
die 480.000 »Minderbelasteten«, die 1948 amnestiert wurden. Während NS-Gedankengut salonfähig
blieb, zog sich die »Wiedergutmachung« für die Opfer des »Dritten Reiches« hin.
Prozess der SS
(Aus: LES ACTUALITES FRANÇAISES Nr. 37/1946)
A 1946, Ton, s/w, Länge: 1’02’’
Im August 1946 wurde das Gerichtsverfahren gegen den SS-Führer Leo Pilz und vierzehn
Gefängniswärter der Haftanstalt Stein abgeschlossen. Als die Rote Armee im April 1945 vorgerückt
war, hatten die Wärter 229 Häftlinge sowie fünf Justizwachebeamte, darunter den Anstaltsleiter Franz
Kodré, erschießen lassen. Fünf der Angeklagten wurden zum Tode verurteilt und hingerichtet. Die
französische Wochenschau brachte bis in den Sommer 1946 regelmäßig Berichte zum Thema
Nationalsozialismus. Die geistige Entnazifizierung Österreichs war ein erstrangiges Ziel der
französischen Besatzungsmacht.
Guido Schmidt-Prozess. Bundeskanzler Figl sagt aus
(Aus: WELT IM FILM Nr. 95/1947)
A 1947, Ton, s/w, Länge: 2’05’’
Österreichische Gerichte behandelten im Zuge der Entnazifizierung 137.000 Fälle. Einer davon betraf
Guido Schmidt, den Staatssekretär und Minister für Äußeres in der Schuschnigg-Regierung. Seine
Person erinnerte an das Juliabkommen 1936, an den Versuch des autoritären »Ständestaates«, sich
mit Hitler zu arrangieren. Schmidt, kein Nationalsozialist, aber betont deutschnational, wurde
vorgeworfen, die NS-Machtergreifung unter Täuschung Schuschniggs gefördert zu haben. Obwohl
nicht alle Verdachtsmomente gegen den Angeklagten ausgeräumt werden konnten, endete der
Prozess schließlich mit einem Freispruch.
Erzbischof Garbett zu Besuch in Österreich
(Aus: WELT IM FILM Nr. 101/1947)
A 1947, Ton, s/w, Länge: 47’’
Allein in Wien gab es im Jahr 1946 54.500 Displaced Persons (DPs). Weitere 46.000 Ausländer
hatten bis zu dieser Zeit um Aufenthaltsgenehmigungen angesucht. Noch mehr »Landfremde«
befanden sich aber in Oberösterreich. Hier registrierte man Ende 1946 210.000 DPs. Viele waren im
Raum Linz untergebracht, unter anderem im Lager Auhof. Versorgt wurden Ausländer und
Einheimische damals im Übrigen hauptsächlich von der UNRRA, der United Nations Relief and
Rehabilitation Administration, sowie von der UNICEF und vom Roten Kreuz.
DP’s kehren heim
(Aus: WELT IM FILM Nr. 102/1947)
A 1947, Ton, s/w, Länge: 1’04’’
Nach 1945 befanden sich auf österreichischem Territorium Hunderttausende »Verschleppte«,
Flüchtlinge, Zwangsdeportierte und ehemalige Kriegsgefangene. Auch diesen Menschen gegenüber,
von denen viele oft jahrelang und unter unmenschlichen Bedingungen zur Zwangsarbeit
herangezogen worden waren, entwickelte sich keine angemessene Haltung. Ihre Heimkehr setzte
vielmehr einen Schlusspunkt unter ein weiteres Kapitel der verdrängten Schuld. Erst in den letzten
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Mediathek UB Graz
Jahren machten Diskussionen rund um das Thema »Restitution« wieder auf das Schicksal dieser
Opfer des NS-Regimes aufmerksam.
Abflug jüdischer DP’s nach Israel
(Aus: WELT IM FILM Nr. 183/1948)
A 1948, Ton, s/w, Länge: 1’15’’
150.000 Juden flohen vor osteuropäischen Pogromen nach Österreich. Von hier wollten sie nach
Palästina oder in andere Länder emigrieren. Angesichts eines derartigen Exodus befürchtete die
Regierung »Überfremdung« und ein offenes Aufleben des Antisemitismus. Die britisch-amerikanische
Wochenschau WELT IM FILM blendete solche Hintergründe aus. Ebenso wenig wurde über die
Judenverfolgungen im »Dritten Reich« gesprochen. Auschwitz, die »Endlösung«, der Holocaust
blieben unerwähnt.
Wiedersehen in der Heimat
(Aus: FOX TÖNENDE WOCHENSCHAU Nr. 42/1953)
A 1953, Ton, s/w, Länge: 1’28’’
Im Großen und Ganzen war die Rückführung österreichischer Kriegsgefangener aus den meisten
Staaten bis Ende 1946 abgeschlossen. Die Ausnahme bildete die Sowjetunion. Von dort trafen 1947
insgesamt 34 größere Transporte ein, die knapp 48.000 Österreicher aus der UdSSR heimbrachten.
Von 1948 bis 1950 kehrten rund 15.000 Österreicher aus der Sowjetunion zurück. Bis 1955 kamen
weitere 20 Transporte mit mehreren hundert ehemaligen Kriegsgefangenen.
Hilfe für die Heimkehrer
(Aus: WELT IM FILM Nr. 140/1948)
A 1948, Ton, s/w, Länge: 1’49’’
An eine Wiedereingliederung ins Berufsleben konnten viele Heimkehrer noch nicht denken. Die Züge
beförderten anfangs vor allem Kranke und Invalide. Lange Krankenhausaufenthalte und
Genesungsprozesse waren notwendig, um die psychischen und physischen Folgeerscheinungen der
Gefangenschaft einigermaßen zu überwinden.
Erste Weihnachten daheim
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 51/1953)
A 1953, Ton, s/w, Länge: 51’’
Für die Familien bedeutete die Gefangenschaft ihrer Angehörigen eine besondere Belastung. Speziell
die Leistungsfähigkeit und Fantasie der Frauen waren gefordert, um das Überleben in der
Nachkriegszeit zu sichern. Die Integration der Heimkehrer gestaltete sich indes schwierig. Sie fanden
ein ihnen fremdes Land mit veränderten Bedingungen vor und mussten sich erst wieder eingewöhnen.
Kap. 4: Aufbau und Fortschritt
Trotz Versorgungskrise und Kriegsschäden ging es in Österreich rasch bergauf. Alliierte
Unterstützung, Währungsstabilisierung, Hochkonjunktur und beginnende Sozialpartnerschaft halfen
der Wirtschaft auf die Beine. Vom sogenannten »Marshallplan« profitierten dann vor allem Elektrizität,
Bahn und Industrie als Verkörperungen des Fortschritts. Der Technisierungsprozess veränderte dabei
auch die Agrargebiete. Während die Bauernhöfe »aufrüsteten«, veränderte sich das Konsumverhalten
der gesamten Republik: Schrittweise stieg der Lebensstandard.
Zeitgeschehen – schnell gesehen, Nr. 1
62
Mediathek UB Graz
A 1945, Ton, s/w, Länge: 2’ 49’’
Durch Luftangriffe wurde Wiener Neustadt fast völlig zerstört. Schwere Schäden hatten aber auch
Wien, Graz, Klagenfurt, Villach, Innsbruck, Linz und die Orte der Mur-Mürz-Furche zu verzeichnen.
Die Trümmerjahre nach 1945 mussten den Schutt der Vergangenheit auch im übertragenen Sinn
beseitigen. Der Antifaschismus, so wie er im Filmbeitrag unter dem Einfluss sowjetischer Instanzen in
Szene gesetzt wurde, war jedoch nicht der geeignete Weg, um mit der NS-Vergangenheit
»aufzuräumen«. Die bloße Umkehrung nationalsozialistischer Propagandamotive legte vielmehr die
Unbeholfenheit der Verantwortlichen offen.
Industrie im Aufbau
(Aus: WELT IM FILM Nr. 128/1947)
A 1947, Ton, s/w, Länge: 2’27’’
Während der NS-Herrschaft hatte sich der industrielle Schwerpunkt nach Westösterreich verlagert.
Dort machte sich der Aufschwung bald bemerkbar. Die Ergebnisse schlugen sich in den
gesamtösterreichischen Statistiken nieder. Die Kapazität der Roheisenerzeugung erreichte 1946
bereits 1,6 Millionen Tonnen, gegenüber 389.000 Tonnen 1937. Im Jahr 1950 überschritt das
Bruttonationalprodukt bereits das Niveau des Rekordjahres 1913. Die österreichische Wirtschaft
kehrte auf den Wachstumspfad vor dem Ersten Weltkrieg zurück. Die lange Krise der Zwischen- und
Nachkriegszeit war vorbei.
Intellektuelle in Not
(Aus: WIR SIND DABEI Nr. 21/1949)
A 1949, Ton, s/w, Länge: 1’39’’
Eine andere Seite der Nachkriegszeit: Die sowjetische Wochenschau greift die österreichische
Regierung an. Man würde Kasernen statt Schulen bauen und mit den Westalliierten an einer
Remilitarisierung arbeiten. Als Opfer dieser Politik werden Lehrer, Ärzte und Musiker präsentiert, die in
ihrem erlernten Beruf keine adäquate Anstellung finden. Dass die Wahl im Oktober 1949 gegen die
KPÖ und die Linkssozialisten entschieden wurde, wird zwar verbittert, aber trotzdem kämpferisch
vermerkt.
Währungsreform
(Aus: WELT IM FILM Nr. 131/1947)
A 1947, Ton, s/w, Länge: 1’07’’
Wegen der rückgestauten Inflation in den vergangenen Jahren musste Österreich mit einer riesigen
Geldmenge fertig werden, der ein verhältnismäßig kleiner Güterumlauf gegenüberstand. Schalter- und
Schillinggesetz des Jahres 1945 dienten daher ebenso als Abschöpfungsmaßnahmen wie ein
Beschluss des Ministerrates Ende 1947, der die Zustimmung des Alliierten Rates erhalten hatte.
Damit wurde eine zweite Währungsreform durchgeführt, bei der pro Kopf 150 Schillinge im Verhältnis
1:1 umgetauscht und weitere Beträge um zwei Drittel abgewertet wurden.
Truman und Marshall zur Europa-Hilfe
(Aus: WELT IM FILM Nr. 140/1948)
A 1948, Ton, s/w, Länge: 1’40’’
Das US-Hilfsprogramm für Europa (Marshallplanhilfe) wurde am 3. April 1948 vom Kongress in
Washington verabschiedet. Nach Ablehnung der Mitarbeit durch die sowjetisch dominierten Länder
kamen neben den politischen Partnern der USA unter anderen die neutrale Schweiz und das besetzte
Österreich in den Genuss von Hilfsleistungen. Deren Verteilung erfolgte auf Vorschlag der
Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit (OEEC), der späteren OECD.
Durchführung und Verwaltung der Aktion lagen bei der Economic Cooperation Administration (ECA) in
Washington.
63
Mediathek UB Graz
Mister King in Wien
(Aus: WELT IM FILM Nr. 183/1948)
A 1948, Ton, s/w, Länge: 36’’
Zur raschen Intensivierung von Investitionen, nicht zuletzt auf dem Gebiet der öffentlichen Wirtschaft,
kam es im Zuge der Marshallplanhilfe durch ein spezielles Finanzierungsinstrument: Der Gegenwert
der erhaltenen Hilfsgüter musste von den betreffenden Unternehmen in Schilling auf sogenannte
Counterpart-Konten eingezahlt werden. Von diesen konnten die hinterlegten Beträge gegen eine
geringe Verzinsung abberufen werden. Die Kontrolle über den gesamten Transfermechanismus
sicherten sich die USA durch ihren Einfluss auf den Warenstrom sowie ihre Entscheidungsbefugnis
bei der Sonderkontengeldvergabe.
Usia-Betriebe Siemens-Schuckert und AEG-Union
(Aus: WIR SIND DABEI Nr. 18/1949)
A 1949, Ton, s/w, Länge: 1’24’’
Als erfolgreiches Gegenprogramm zur Westhilfe offerierten die Sowjets die Leistungen der USIABetriebe. Die aus dem »Deutschen Eigentum« in sowjetische Hand übergegangenen
Unternehmenseinheiten sollten, laut Beitrag, nach Abschluss des Staatsvertrages in österreichischen
Besitz übergehen. Über die Ablöseleistungen für die USIA-Betriebe, die Zistersdorfer Ölquellen und
die Donau-Dampfschifffahrts-Gesellschaft (DDSG), die hier mit Bedacht nicht erwähnt werden, sollte
aber noch bis 1955 diskutiert werden.
Licht und Kraft für Österreich
A 1949, Ton, s/w, Länge: 3’04’’
Im Streifen LICHT UND KRAFT FÜR ÖSTERREICH wurden 1949 die Leistungen des Ministeriums für
Energiewirtschaft in den Mittelpunkt gestellt. Speziell eine Reihe von Kraftwerksbauten symbolisierte
in dieser Hinsicht die Nachkriegsmühen. Zum Inbegriff von Wiederaufbau und Fortschritt wurde das
Wasserkraftwerk Kaprun. DAS LIED VON KAPRUN hieß ein Film, der die Lobpreisung der Technik mit
dem Genre der Heimat- und Bergschnulze verknüpfte. Über den Einsatz von Fremd- und
Zwangsarbeitern an der Großbaustelle während der NS-Zeit sprach man hingegen nicht.
Strassen- und Brückenbau in Österreich
(Aus: austria wochenschau Nr. 36/1952)
A 1952, Ton, s/w, Länge: 2’06’’
Das österreichische Ministerium für Handel- und Wiederaufbau musste hohe Geldbeträge zur
Verfügung stellen, um die stark in Mitleidenschaft gezogene Infrastruktur des Landes
wiederherzustellen. Davon profitierte der Einzelne ebenso wie Wirtschaft und Fremdenverkehr.
Welser Volksfest
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 36/1952)
A 1952, Ton, s/w, Länge: 1’01’’
Der Aufwärtstrend manifestierte sich unter anderem in zahlreichen Ausstellungen und
Wirtschaftsmessen. Als Volksbelustigung und Leistungsschau dienten sie überdies zur Veränderung
der Konsumbedürfnisses innerhalb der Bevölkerung. Regelmäßige Veranstaltungen wie das Welser
Volksfest führten deutlich vor Augen, wie das neue Warenangebot im Zeichen des
Technisierungsprozesses auch den ländlichen Alltag zu prägen begann.
Wien–Buchs elektrisch
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 52/1952)
A 1952, Ton, s/w, Länge: 1’48’’
64
Mediathek UB Graz
»Der Westbahnhof«, so der Schriftsteller Gerhard Fritsch, »ist der erste Wiener Großbau, gegen den
der Wiener Geschmack nicht wie sonst immer aus Konservativismus … Sturm lief. Er gefiel. Man ist
sogar stolz auf ihn. Und er steht erst seit 1951!« Grund zur Freude hatte man dann auch im Dezember
1952. Die Strecke Wien–Buchs (Schweiz) wurde in Betrieb genommen. Die Westbahn war dadurch
vollständig elektrifiziert.
30 Jahre Rundfunk in Österreich
(Aus: FOX TÖNENDE WOCHENSCHAU Nr. 39/1954)
A 1954, Ton, s/w, Länge: 52’’
Im Herbst 1954 wurde die Fernsehtechnik in Österreich erstmals öffentlich präsentiert. Im
Künstlerhaus wurde anlässlich der Ausstellung »30 Jahre Rundfunk in Österreich« ein Fernsehstudio
eingerichtet. Sein öffentliches Fernseh-Versuchsprogramm startete der österreichische Rundfunk am
1. August 1955. Die ersten Sendungen konnten die Zuschauer über die Bildschirme in den Auslagen
der Radio- und nun auch Fernsehhändler mitverfolgen. Die Versuchssendungen wurden dreimal
wöchentlich jeweils für eine Stunde ausgestrahlt.
Kap. 5: Eine Nation entsteht
Die Habsburgermonarchie hatte keinen starken Reichspatriotismus entwickelt und war vor allem am
Nationalitätenkonflikt gescheitert. Der »Anschluss« an Deutschland endete im Schrecken des
Nationalsozialismus und in der Katastrophe des Zweiten Weltkrieges. In der entstehenden Zweiten
Republik bemühte man sich nun, explizit politische Positionen aus der offiziellen Eigendefinition
weitestgehend zu verbannen. Ein zum Teil an der Selbstdarstellung des »Ständestaates« orientiertes
Österreichbild fand breite Akzeptanz und wurde nicht selten Teil der Alltagskultur.
Zeitgeschehen – schnell gesehen, Nr. 2
A 1945, Ton, s/w, Länge: 2’57’’
Tradition im nationalen Zuschnitt stand hoch im Kurs. Mit Dirndlfolklorismus und Alpenromantik konnte
der Fremdenverkehr fast nahtlos an die Österreich-Werbung der Zwischenkriegszeit anknüpfen. Dabei
verband man althergebrachten »österreichischen Geschmack« mit neuem städtischem Chic der
»Wiener Art«, wie es eine Modenschau aus dem Jahr 1945 unter Beweis stellen will.
Im Weissen Rössl am Wolfgangsee
(Aus: WELT IM FILM Nr. 120/1947)
A 1947, Ton, s/w, Länge: 2’02’’
»Im Weißen Rössl«, ein von Ralph Benatzky komponierter Operettenwelterfolg aus den frühen
Dreißigerjahren, entsprach der nationalen Selbstdarstellung im Dienste des Tourismus. Dieser
entwickelte sich im Übrigen bald wieder zur wichtigen Wachstumsbranche. Zwischen 1950 und 1960
erhöhte sich die Zahl der Gästebetten um 88 Prozent. Die Zahl der Nächtigungen stieg von 17
Millionen (1951) auf 64 Millionen (1966).
30 Jahre Schausammlungen des Wiener technischen Museums
(Aus: WELT IM FILM Nr. 152/1948)
A 1948, Ton, s/w, Länge: 2’06’’
»Heimat bist du großer Söhne«, heißt es in der österreichischen Bundeshymne. Auch die Besinnung
auf die Leistungen österreichischer Erfinder, ob Josef Ressel oder Carl Auer von Welsbach, fügte sich
in das Konzept eines Österreichbewusstseins, das aus einer positiv besetzten Vergangenheit Kraft für
die anstehenden Aufgaben im Rahmen des Wiederaufbaus schöpfen sollte.
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Das Österreich-Buch
(Aus: WELT IM FILM Nr. 182/1948)
A 1948, Ton, s/w, Länge: 2’47’’
Eine Reihe von Publikationen sollte der Bevölkerung Wissen über das eigene Land vermitteln. Solche
Arbeiten förderten dabei gleichzeitig ein neues Gemeinschaftsgefühl. »Lerne Österreich kennen, es ist
ein schöner Teil der Welt. Lerne Österreich in deinem Wesen finden, es ist ein guter Teil von dir«,
stand im Vorwort des im Auftrag des Bundespressedienstes im Jahr 1948 herausgegebenen
illustrierten »Österreich-Buchs«.
Der Stephansdom Wieder erstanden
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 19/1952)
A 1952, Ton, s/w, Länge: 1’29’’
Am 13. April 1945 wurde der Wiener Stephansdom, Sinnbild österreichischer Identität und Religiosität,
infolge von Kriegseinwirkungen fast vollständig zerstört. Der Wiederaufbau zog sich über Jahre hin.
1948 war das Langhaus vollendet, 1950 das Dach. 1951 hatte man das Gewölbe in allen Jochen
wiedererrichtet. Ein Jahr später war auch der Innenraum fertig. Am 26. April 1952 wurde der »Steffl«
als Wahrzeichen des Landes und der Hauptstadt feierlich eröffnet. Die neu gegossene Glocke, die
»Pummerin«, hielt ihren Einzug in den Dom.
Festspielsaison in Österreich
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 31/1952)
A 1952, Ton, s/w, Länge: 1’55’’
Wie schon nach dem politischen Umbruch 1918 betonte man 1945 die Kulturtradition, das »große
Erbe«, auch mit vielen »Festivals«. Am 12. August 1945 wurden in diesem Sinn die ersten Salzburger
Festspiele nach dem Zweiten Weltkrieg eröffnet. 1946 gab es dann in Bregenz ein erstes »Spiel auf
dem See«. Aufgeführt wurden hier zunächst vor allem Operetten. 1949 eröffnete man die Seebühne.
Festliche Premiere des Österreich-Films
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 48/1952)
A 1952, Ton, s/w, Länge: 1’
Filmpremiere im Wiener Apollo-Kino: In Gegenwart alliierter Repräsentanten und österreichischer
Prominenz wurde mit 1. APRIL 2000 der Österreich-Ideologie-Film schlechthin gezeigt. Im Jahr 2000,
so der Inhalt, verantwortet sich der Ministerpräsident der Alpenrepublik vor dem Weltgerichtshof durch
den Hinweis auf die seit tausend Jahren geübte Friedfertigkeit Österreichs; dies und Erlebnisse der
Mitglieder des Tribunals in Wien führen zum Freispruch des Landes. 1. APRIL 2000 gilt als Lehrstück
über die Konstruktion und Inszenierung nationaler Identität.
Das Barockmuseum eröffnet
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 7/1953)
A 1953, Ton, s/w, Länge: 54’’
Nach zwölfjähriger Unterbrechung wurde am 4. Februar 1953 das durch Bomben schwer beschädigte
Barockmuseum im Unteren Belvedere wieder eröffnet. In ihm verkörperte sich nicht nur in gewisser
Weise das konservative Kulturklima der Nachkriegszeit. Vielmehr ließ sich das Habsburgerreich als
barocke »Großmacht« in den Dienst der nationalen Eigendefinition nach 1945 stellen. Prinz Eugen,
der Bauherr des Wiener Belvedere, der »große Kriegsheld«, der »Freund von Wissenschaft und
Kunst«, versinnbildlichte neben anderen Persönlichkeiten der Vergangenheit das »ewige Österreich«.
Österreich drittbeste Fussballnation
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 28/1954)
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A 1954, Ton, s/w, Länge: 2’
Breitenwirksam vermittelte man österreichische Identität durch Sportereignisse. Der dritte Platz bei der
Fußballweltmeisterschaft 1954 war ein Höhepunkt der österreichischen Fußballgeschichte.
Überraschend besiegte die österreichische Elf den Titelverteidiger Uruguay. Die Jahre 1945 bis 1955
waren nicht nur die erfolgreichsten des österreichischen Fußballs, es wurden auch Zuschauerzahlen
erreicht wie niemals zuvor oder danach. Es gab kaum Spiele der Nationalmannschaft, die von weniger
als 60.000 Fans besucht wurden.
Die Österreich-Rundfahrt 1954 rollt
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 29/1954)
A 1954, Ton, s/w, Länge: 1’21’’
Als Gemeinschaftserlebnis einer ganzen Nation galt auch die Österreich-Radrundfahrt. Sie verband
die einzelnen Bundesländer, inszenierte den Großglockner als »Berg der Nation« und repräsentierte
auf diese Weise die Einheit der Republik. Der Radrennfahrer Adolf Christian sicherte sich 1954 nicht
nur den Sieg bei der Österreich-Rundfahrt, sondern wurde auch österreichischer Staatsmeister der
Amateure. 1957 belegte er den dritten Platz bei der Tour de France.
15. Internationales Hahnenkamm-Rennen
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 4/1955)
A 1955, Ton, s/w, Länge: 2’47’’
Die »Wintersport-Großmacht« Österreich erwählte schon in den Fünfzigerjahren den Kitzbüheler
Hahnenkamm zu ihrem Kultort. Am Mikrofon zu hören war Heribert Meisel, dessen legendären, im
Wiener Dialekt gestalteten Reportagen selbst in Deutschland Begeisterung auslösten. Damals fehlten
noch die prominenten Besucher und Großevents abseits der Piste. Das Interesse galt allein den
Skifahrern. Die Ski-Stars des Jahres 1955 hießen Thea Hochleitner, Regina Schöpf, Dagmar Rom,
»Putzi« (Josefa) Frandl sowie Toni Spieß und Anderl Molterer (»der weiße Blitz aus Kitz«).
Die Staatsoper wird eröffnet
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 46/1955)
A 1955, Ton, s/w, Länge: 3’30’’
Bei einem Bombenangriff am 12. März 1945 brannte die Wiener Staatsoper nahezu völlig aus. Erst im
November 1955 kam es zur Neueröffnung dieses Wahrzeichens der »österreichischen Hochkultur«.
An diesem Abend wurde »Fidelio« von Ludwig van Beethoven aufgeführt. Bereits am Vormittag hatte
im Rahmen eines Staatsaktes der Unterrichtsminister den »Schlüssel der Oper« übergeben.
Rückblick 1952
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 52/1952)
A 1952, Ton, s/w, Länge: 6’43’’
Max(i) Böhm führt durch das Jahr 1952. In bedeutungsschwangerem Sprechmodus berichtet er über
den österreichischen Katholikentag und vom »Triumphzug« der Pummerin nach Wien. Ob Religion,
Kultur oder Sport – stets wird auf die ungeliebte alliierte Besatzung verwiesen. Die Österreicher fühlen
sich »gepflanzt«, ihrer Freiheit und Würde beraubt. Der Rückblick 1952 bietet einen Bilderbogen, der
auf das Selbstverständnis der österreichischen Nation in all seinen Facetten verweist.
Rückblick 1954
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 1/1955)
A 1955, Ton, s/w, Länge: 9’56’’
Heinz Conrads präsentiert Erfolge und Schicksalsschläge, die Österreich bewegten. Das neue
nationale Selbstbewusstseins wird von einem beinahe grenzenlosen Aufbauwillen und einer
verklärenden monarchischen Nostalgie getragen. Der Kalte Krieg und sein »Opfer« Österreich werden
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laufend ins Spiel gebracht. Gegen die sowjetische Macht, die schon so manches »aus dem Land
hinausgetragen hat«, bleiben mehr oder weniger offensichtliche Seitenhiebe nicht aus. In dem
»kleinen Land, das Großes schaffen kann« fehlt zum letzten Glück nur noch das Ende der alliierten
Besatzung, um nicht mehr »Fünfter im eigenen Land zu sein«.
Kap. 6: Der Staatsvertrag
Mit der Gründung der NATO und des Warschauer Paktes steckten die Supermächte ihre
Einflusssphären ab. Zwischen den Blöcken lag Österreichs Zukunft in einer bewaffneten Neutralität
nach Schweizer Muster. Die USA äußerten sich dazu positiv, die Sowjetunion legte sich nicht quer.
Österreichs Regierung nutzte ihre Chance. Eine Delegation unter der Führung von Bundeskanzler
Julius Raab gelangte in Moskau zu Verhandlungsergebnissen, die im Wesentlichen von allen
Siegermächten akzeptiert wurden. Am 15. Mai 1955 kam es zur Staatsvertragsunterzeichnung.
Beginn der Botschafterkonferenz
(Aus: FOX TÖNENDE WOCHENSCHAU Nr. 19/1955)
A 1955, Ton, s/w, Länge: 2’09’’
Bei der im Mai 1955 stattfindenden Botschafterkonferenz in Wien wurden die letzten Fragen
hinsichtlich des Abzugs der alliierten Truppen, der Größe der österreichischen Streitkräfte sowie der
Ablöseleistungen für die USIA-Betriebe, die Zistersdorfer Ölquellen und die Donau-DampfschifffahrtsGesellschaft (DDSG) geklärt. Letztendlich fielen Höhe und Umfang der Ablöse für das »Deutsche
Eigentum« viel geringer aus, als es die Bestimmungen in der Vertragsfassung des Jahres 1949
vorgesehen hatten.
Österreichs grosser Tag
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 21/1955)
A 1955, Ton, s/w, Länge: 10’44’’
Der Staatsvertrag war unter Dach und Fach. Die Außenminister der Alliierten unterzeichneten am 15.
Mai 1955 um 11.30 Uhr im Marmorsaal des Wiener Belvedere das Schlussdokument. Anschließend
traten die Beteiligten auf den Balkon und zeigten sich der versammelten Menge.
Österreich ist frei!
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 44/1955)
A 1955, Ton, Farbe, Länge: 11’23’’
Der in Farbe gedrehte Film zeigt zunächst die Staatsvertragsunterzeichnung. Dabei wird ein Mythos
begründet. Den Satz »Österreich ist frei« sagte Außenminister Leopold Figl bereits im Marmorsaal
des Oberen Belvedere. Durch die Montage wird hingegen der Eindruck erweckt, Figl habe die
berühmt gewordenen Worte auf dem Balkon gesagt. Diesen Szenen folgt der Bericht über den Abzug
der Besatzungstruppen.
Die letzten Stunden in Österreich
(Aus: FOX TÖNENDE WOCHENSCHAU Nr. 39/1955)
A 1955, Ton, s/w, Länge: 2’14’’
Mit der Ratifizierung des Staatsvertrages begann eine Frist von 90 Tagen, die für den Abzug der
alliierten Truppen vorgesehen war. Das letzte Truppenkontingent – ein britisches – verließ Österreich
am 25. Oktober 1955. Am darauffolgenden Tag beschloss der Nationalrat das Gesetz über die
immerwährende Neutralität Österreichs. Das Gesetz trat am 5. November 1955 in Kraft und wurde am
6. Dezember des Jahres von den alliierten Mächten anerkannt.
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Kap. 7: Blick zurück
Der 15. Mai 1955 gilt als einer der wenigen Jubeltage in der österreichischen Geschichte des 20.
Jahrhunderts. Die runden Geburtstage der vollständigen Souveränität beging man daher stets
feierlich. Dabei spielte der 26. Oktober 1955 eine mindestens ebenso bedeutsame Rolle. An diesem
Tag beschloss der Nationalrat das Bundesverfassungsgesetz über die immerwährende Neutralität.
Der 26. Oktober wurde zuerst in den Schulen zum »Tag der Fahne« erhoben. 1965 machte man ihn
dann unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Neutralitätserklärung zum Nationalfeiertag, für den
seit 1967 die Feiertagsruhe gilt.
Österreich Feiert den Jahrestag der Befreiung
(Aus: FOX TÖNENDE WOCHENSCHAU Nr. 21/1960)
A 1960, Ton, s/w, Länge: 1’35’’
Fünfzehn Jahre sind seit der Befreiung Österreichs und fünf Jahre seit dem Abschluss des
Staatsvertrages vergangen. Bei einer Festsitzung im Parlament wird dieser Zeit gedacht. Die
amerikanische FOX TÖNENDE WOCHENSCHAU konzentriert sich, anders als die offizielle österreichische
Aktualitätenschau, auf die militärischen Feierlichkeiten. Schon ab 1949 kam es in der Westzone zum
verdeckten Aufbau der B-Gendarmerie, die zum Grundstock des österreichischen Bundesheeres
werden sollte. Deren Ausrüstung stammte zumeist aus amerikanischen Beständen.
10 Jahre Staatsvertrag
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 21/1965)
A 1965, Ton, s/w, Länge: 3’14’’
Anlässlich des zehnten Jahrestages der Unterzeichnung des Staatsvertrages fand im Schloss
Belvedere in Wien ein Staatsakt statt, an dem die Außenminister der Signatarmächte teilnahmen. Für
Österreich sprachen Außenminister Bruno Kreisky und Bundeskanzler Josef Klaus, der die
Neutralitätserklärung besonders hervorhob. Wie zehn Jahre zuvor zeigten sich die Außenminister auf
dem Balkon den Zuschauern. Die Wichtigkeit des Gedenktages für das Selbstbewusstsein der
Alpenrepublik wurde deutlich zum Ausdruck gebracht.
25 Jahre Parlament
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 52/1970)
A 1970, Ton, s/w, Länge: 3’19’’
Im Dezember 1970 gedachte das Parlament seiner Wiederherstellung als demokratische Körperschaft
vor 25 Jahren. Am 19. Dezember 1945 war das Volkshaus nach den Wahlen vom November wieder
eröffnet worden. Die Nationalversammlung, also Bundes- und Nationalrat, wählte einstimmig Karl
Renner zum Staatsoberhaupt. Am nächsten Tag gab Leopold Figl als Bundeskanzler seine
Regierungserklärung ab. Der Weg zum Wiederaufbau der Republik, erklärte Bundespräsident Franz
Jonas in seiner Gedenkrede 1970, war allerdings bis zum Staatsvertrag noch nicht vollendet
gewesen.
20 Jahre neutrales Österreich
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 44/1975)
A 1975, Ton, s/w, Länge: 1’47’’
Nachdem der letzte fremde Soldat Österreich verlassen hatte, beschloss der Nationalrat das
Verfassungsgesetz über die immerwährende Neutralität. An diesen Zusammenhang zwischen der
selbstständigen Entscheidung der Volksvertretung und dem Abzug der Besatzungstruppen erinnerte
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Bundeskanzler Bruno Kreisky 1975 im Rahmen der traditionellen Ministerratssitzung am
Nationalfeiertag. Die neutrale Alpenrepublik bemühte sich um eine Vermittlerrolle im Kalten Krieg.
Wien wurde UNO-Metropole und Konferenzort zwischen den verfeindeten Blöcken.
Kap. 8. Biografien
John Foster Dulles (1888–1959): 1953–1959 US-Außenminister. Bruder von Allen W. Dulles, dem
Leiter des amerikanischen Nachrichtendienstes in Europa während des Zweiten Weltkrieges und
späteren CIA-Chef. John F. Dulles war 1918/19 Mitglied der amerikanischen Friedensdelegation in
Paris und 1945–1950 Delegierter der USA bei der UNO. Als Außenminister versuchte er unter
Präsident Eisenhower dem Kommunismus durch ein globales Netz von Sicherheitspakten zu
begegnen. Seine Politik des »Containment« und des »Roll back« (Eindämmungspolitik gegenüber
bzw. Zurückdrängen der UdSSR), ergänzt durch den Gedanken der massiven (militärischen)
Vergeltung, stieß Ende der Fünfzigerjahre im Westen zunehmend auf Kritik.
Leopold Figl (1902–1965): Unterzeichnete als österreichischer Außenminister (1953–1959) den
Staatsvertrag. 1934–1938 war er Direktor des Niederösterreichischen Bauernbundes. Einen Großteil
der NS-Zeit verbrachte er im Konzentrationslager. 1945 Mitbegründer und bis 1951 Obmann der ÖVP.
1945 Vizekanzler und Landeshauptmann von Niederösterreich. Ab Dezember 1945 bis 1953
Bundeskanzler. 1959–1962 Präsident des österreichischen Nationalrats. 1962–1965 erneut
Landeshauptmann von Niederösterreich.
Theodor Körner (1873–1957): Österreichischer Bundespräsident 1951–1957. Körner hatte 1915–
1918 die Funktion des Generalstabschefs der Isonzo-Armee inne. Nach dem Ende der
Donaumonarchie war er maßgeblich am Ausbau des Heeres der Ersten Republik beteiligt. 1924–1933
gehörte er für die SPÖ dem Bundesrat an. 1934 und erneut nach dem 20. Juli 1944 war Körner in
Haft.
Harold Macmillan (1894–1986): 1955 britischer Außenminister. Macmillan war 1924–1929 und 1931–
1964 konservativer Abgeordneter im Unterhaus. 1942–1945 Ministerresident im Alliierten
Hauptquartier in Algier, 1945 Minister für Luftfahrt, 1951–1954 für Wohnungsbau und lokale
Verwaltung, 1954/55 für Verteidigung und 1955–1957 Schatzkanzler. Als Premierminister (ab 1957)
gelang ihm eine Verbesserung der durch die Suezkrise angespannten Beziehungen zu den USA.
Seine Bemühungen um einen britischen EWG-Beitritt scheiterten am Veto Frankreichs. Nach seinem
Rücktritt 1963 leitete er das Verlagshaus Macmillan Publishers Limited.
Wjatscheslaw Michailowitsch Molotow (1890–1986): Eigentlich W. M. Skrjabin, Außenminister der
UdSSR 1939–1949 und 1953–1956. Ab 1906 bei den Bolschewiki, galt er als einer der engsten
Mitarbeiter Stalins. 1921–1957 war er Mitglied, 1921–1930 auch Sekretär des ZK der KPdSU, 1926–
1957 Mitglied des Politbüros bzw. des Präsidiums des ZK. Von 1931 bis 1941 bekleidete er zudem
das Amt des Vorsitzenden des Rates der Volkskommissare, ab 1941 das des stellvertretenden
Vorsitzenden. Als Machtrivale und scharfer Kritiker der Politik Chruschtschows wurde Molotow Ende
Juni 1957 aller Führungsämter enthoben und 1962 als »Parteifeind« aus der KPdSU ausgeschlossen.
Antoine Pinay (1891–1994): 1955 französischer Außenminister. Pinay wurde 1929 Bürgermeister
von Saint-Chamond, 1936–1938 unabhängiger Abgeordneter und 1938–1940 Senator. Danach blieb
er, trotz Meinungsverschiedenheiten, auf der Seite von Marshall Pétain. 1946 war Pinay Mitglied der
2. Konstituante, 1946–1958 Abgeordneter der Nationalversammlung, 1950/51 und 1952 Minister für
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öffentliche Arbeiten, vom März bis Dezember 1952 Ministerpräsident und Finanzminister. 1958
unterstützte er die Berufung de Gaulles, wurde Finanzminister und 1959/60 Finanz- und
Wirtschaftsminister. 1973/74 trat er als Médiateur, eine Art Ombudsmann, in Erscheinung.
Julius Raab (1891–1964): Erreicht als österreichischer Bundeskanzler (1953–1961) die alliierte
Zustimmung zum Staatsvertrag. 1927–1934 war Raab Abgeordneter der Christlichsozialen, ab 1934
Heimwehrführer und im Februar/März 1938 Bundesminister für Handel und Verkehr in der Regierung
Schuschnigg. Nach 1938 arbeitete er in einer Straßenbaufirma. 1945 wurde Raab zum Mitbegründer
der ÖVP, von April bis Dezember Staatssekretär für öffentliche Bauten in der Provisorischen
Regierung. Von 1945 bis 1961 gehörte er überdies dem Nationalrat an. Gemeinsam mit Figl
befürwortete Raab die Zusammenarbeit mit dem einstigen Gegner, der SPÖ, und legte damit den
Grundstein für die friedliche innenpolitische Entwicklung der Zweiten Republik.
Karl Renner (1870–1950): Als Staatskanzler der Provisorischen Regierung (April bis Dezember 1945)
proklamierte er die Wiederherstellung der Republik Österreich. Renner wurde 1907
sozialdemokratischer Abgeordneter im (alt-)österreichischen Reichsrat. 1918/19 als Leiter der
Staatskanzlei und 1919/20 als Staatskanzler war er österreichischer Regierungschef, bis Oktober
1920 zudem Staatssekretär für Äußeres und dabei Leiter der österreichischen Friedensdelegation.
1920–1934 gehörte er dem Nationalrat an, dessen erster Präsident er 1931–1933 war. Renner wurde
1934 vorübergehend verhaftet; 1938 votierte er für den »Anschluss« an das Deutsche Reich. Vom
Dezember 1945 bis zu seinem Tod bekleidete er das Amt des Bundespräsidenten.
Die
vier
Oberbefehlshaber
der
alliierten
Truppen
in
Österreich:
Emile-Marie Béthouart (F), Mark Clark (USA), Iwan Konjew (UdSSR), Richard McCreery (GB). Sie
kamen am 23. August 1945 zusammen. Das Treffen verlief ergebnislos. Wenig später aber hieß es:
»Vom 11. September 1945 an haben die Oberstkommandierenden der Sowjetunion, der Vereinigten
Staaten von Amerika, des Vereinigten Königreichs und der französischen Republik in Österreich, die
als Mitglieder des Alliierten Rates zusammengetreten sind, die oberste Macht in Österreich
übernommen, in Dingen, die Österreich als Ganzes betreffen. Kraft dieser Macht übt jeder
Oberstkommandierende volle Autorität innerhalb der Zone aus, die von den Truppen seiner Nation
besetzt ist.«
DVD 5
1955 –1968: Konsolidierung im Kalten Krieg
Kap. 1. Entscheidungsträger
Die Kooperation zwischen den beiden Großparteien, der ÖVP und der SPÖ, prägte Österreich
sowohl in der Besatzungszeit als auch in den »langen« Fünfzigerjahren. Auf Bundes- und
Länderebene, in den Berufsverbänden und Interessenvertretungen garantierten Proporz und
Sozialpartnerschaft Stabilität und inneren Frieden. Ökonomie und Gesellschaft profitierten
davon vielfach, obwohl das politische System eine Liberalisierung der Zweiten Republik
bisweilen auch behinderte. Mit der ersten ÖVP-Alleinregierung 1966 wurde der großkoalitionäre
Konsens erstmals brüchig.
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Wahlen am Frühlingssonntag
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU nr. 20/1959)
A 1959, Ton, s/w, Länge: 1’27’’
Von 1947 bis 1966 stand die von ÖVP und SPÖ gebildete »Große Koalition« für die Überwindung der
Gegensätze aus der Zwischenkriegszeit. Hinter den Kulissen blieben soziale Dünkel und
weltanschauliche Vorbehalte zwischen den Parteien allerdings bestehen. Österreich wurde weiterhin
von einer Lagermentalität geprägt.
Bundesparteitag der FPÖ
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 25/1964)
A 1964, Ton, s/w, Länge: 53’’
Der Verband der Unabhängigen, der VdU, in dessen Reihen sich zahlreiche ehemalige
Nationalsozialisten befanden, bildete gegenüber den Regierungsparteien nur eine schwache
Opposition. Die Reputation des »dritten Lagers« nahm noch weiter ab, als es zu einem Machtkampf
innerhalb der Partei zwischen einem liberaleren und einem deutschnationalen Flügel kam. Letzterer
setzte sich schließlich durch. Als Freiheitliche Partei Österreichs trat die neue Formation an, die den
VdU »beerbte«, bei den Nationalratswahlen 1956 allerdings ein wesentlich schlechteres Ergebnis
erreichte als die »Unabhängigen« zuvor.
Maifeier der Volkspartei im Konzerthaus
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 19/1964)
A 1964, Ton, s/w, Länge: 1’12’’
Mit dem Lagerdenken überwog das Bestreben der Koalitionsparteien, Einflusssphären aufzuteilen.
Das Proporzsystem umfasste alle Lebensbereiche. Ihm war auch die Selbstdarstellung Österreichs
»in Bild und Ton« unterworfen. Die AUSTRIA WOCHENSCHAU gehörte dem Staat sowie – zu gleichen
Teilen – einer »schwarzen« und einer »roten« Film- beziehungsweise Kinogesellschaft. Die Beiträge
spiegeln das Gleichgewicht der Kräfte wider: Veranstaltungen der ÖVP und der SPÖ hielten einander
in der Berichterstattung die Waage, wie es die Beiträge anlässlich der Maifeiern beider Lager im Jahr
1964 belegen.
Maiaufmarsch der Sozialisten
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 19/1964)
A 1964, Ton, s/w, Länge: 1’47’’
SPÖ und ÖVP wurden innerhalb der staatlichen AUSTRIA WOCHENSCHAU in gleicher Weise mit
Beiträgen bedacht. Auch hier kam der Proporz zum Tragen. Die Maifeiern der SPÖ standen im Jahr
1964 ganz im Zeichen von »75 Jahre SPÖ«. Die Sozialisten präsentierten sich als moderne
Zukunftskraft. Mit schwungvollen Big-Band-Klängen feierte die Sozialistische Jugend den 1. Mai. Die
Jugendorganisationen, Studenten- und Akademikerverbände beider Lager dienten als
Kaderschmieden. Sie bildeten unter der Schirmherrschaft der großen Lager »Karrierebrüderschaften«
und Netzwerke der Macht.
100. Sitzung der paritätischen Kommission
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 51/1966)
A 1966, Ton, s/w, Länge: 45’’
Der Korporatismus etablierte sich nach 1945 auf der organisatorischen Basis hoher Zentralisation.
Einheitlicher Gewerkschaftsbund – repräsentiert durch mächtige Vorsitzende wie Johann Böhm –,
Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft, Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammer und
Arbeiterkammertag erweiterten ihren Handlungsspielraum und bezeugten damit den Vormarsch der
»Sozialpartner«. Die 1957 gegründete »Paritätische Kommission für Lohn- und Preisfragen« hatte bis
in die Achtzigerjahre ohne gesetzliche Legitimation eine Schlüsselposition in der Republik inne.
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Das waren die Wahlen
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 11/1966)
A 1966, Ton, s/w, Länge: 2’17’’
1966 wurde eine ÖVP-Alleinregierung unter Josef Klaus angelobt. Für einen Augenblick hielt
das Land den Atem an. Skeptiker zweifelten am Erfolg des »Experimentes« und erinnerten an
die Konflikte der Ersten Republik. Tatsächlich aber fühlten sich Bundeskanzler Klaus und
seine Minister dem Konsensklima der Nachkriegszeit verpflichtet.
Europas Frauen tagen
(Aus: WELTJOURNAL Nr. 40/1965)
A 1965, Ton, s/w, Länge: 41’’
Die Europäische Frauenunion tagt, die Themen zentrieren sich noch immer auf traditionell
»weibliche Bereiche« – Familienpolitik, Arbeitsmarkt für den Nachwuchs, Sozialfürsorge und
Kulturaustausch. Obwohl es eine wachsenden Zahl an weiblichen Mitarbeitern in der
Dienstleistungsgesellschaft gab, wurde die Vorherrschaft der Männer nicht infrage gestellt.
Unter den Entscheidungsträgern fehlten weiterhin die Frauen.
Der österreichische Presserat ist gegründet
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 7/1961)
A 1961, Ton, s/w, Länge: 40’’
Die übliche Postenbesetzung beim Radio, insbesondere aber beim Fernsehen, das dem Kino
den Rang als bevorzugtes visuelles Massenmedium streitig machte, rief relativ schnell
Widerspruch hervor. 1963 riefen daher unabhängige Journalisten und Zeitungsherausgeber zu
der Unterschriftenaktion »Gegen das Parteidiktat im Rundfunk« auf. Aufgrund des Erfolgs
dieses Unternehmens (372.725 Unterschriften) wurde 1964 das Rundfunk-Volksbegehren, das
die Unabhängigkeit der staatlichen Sendeanstalt zum Ziel hatte, eingeleitet.
40 Jahre österreichischer Rundfunk
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 52/1964)
A 1964, Ton, s/w, Länge: 43’’
Ein 1964 von Journalisten und Zeitungsherausgebern initiiertes Volksbegehren (das erste der
Zweiten Republik) gegen den Proporz bei Radio und Fernsehen unterschrieben 832.352
Österreicher. Darauf basierend, wurde 1966 das Rundfunkgesetz erlassen. Das Verhältnis
zwischen Politik und »vierter Gewalt« blieb allerdings spannungsgeladen. Regierung und
Parteien versuchten Einfluss zu nehmen und fürchteten das Informationsmonopol des ORF.
Kap. 2. Aufschwung
Bundeskanzler Julius Raab und Finanzminister Reinhard Kamitz forcierten mit
Steuersenkungen, dem Ausbau der Infrastruktur und der Liberalisierung des Außenhandels
eine Öffnung hin zur Marktwirtschaft, ohne staatlichen Eingriffen grundsätzlich eine Absage zu
erteilen. Der Regierungskurs stellte das Vertrauen in die Währung wieder her. Zugleich stieg
das Bruttoinlandsprodukt, wobei die Industrie einerseits und die internationale Konjunktur
andererseits maßgeblichen Anteil am Wirtschaftswachstum hatten.
Staatsbesuch in Moskau
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(aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU nr. 30/1958)
A 1958, Ton, s/w, Länge: 2’15’’
Eine Regierungsdelegation unter Bundeskanzler Julius Raab traf 1958 auf eine entgegenkommende
Kremlführung. Die Sowjetunion verzichtete auf Rohöllieferungen, zu denen Österreich aufgrund des
Staatsvertrags verpflichtet gewesen wäre. Zeitgleich halfen Weltbank und Vereinigte Staaten von
Amerika mit Anleihen und landwirtschaftlichen Gütern aus.
Die VÖEST baut riesen LD-Tiegel für Italien
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 15/1963)
A 1963, Ton, s/w, Länge: 1’23’’
Als Motor des Aufschwungs fungierte die Industrie. Verstaatliche Unternehmen wie die VOEST in Linz
und die Alpine Montan in Donawitz setzten sich mit der Erfindung des LD-Blasstahlverfahrens
international an die Spitze des technischen Fortschritts. Der österreichische Export wuchs und erhöhte
sich insgesamt zwischen 1953 und 1962 von 13 auf 33 Milliarden Schilling.
Das neue Kaltwalzwerk der VÖEST
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 22/1963)
A 1963, Ton, s/w, Länge: 57’’
Die Expansion der Wirtschaft zeigte sich insbesondere bei der »Verstaatlichten«. Die Ausfuhren der
heimischen Eisen- und Stahlproduzenten versechsfachten sich während der Fünfzigerjahre. Die
staatseigenen Betriebe galten als »unsinkbare Schlachtschiffe«, als Schutz vor Arbeitslosigkeit, aber
auch als Spielwiese eines neofeudalen Parteiproporzes.
20 Jahre verstaatlichte Industrie
(Aus: WELTJOURNAL Nr. 20/1966)
A 1966, Ton, s/w, Länge: 58’’
1960 herrschte in Österreich beinahe Vollbeschäftigung. Die Zahl jener, die eine Anstellung suchten,
sank im darauffolgenden Jahr noch einmal um ein Fünftel und erreichte damit einen Rekordtiefstand.
Die Arbeitslosenrate lag bei 0,6 Prozent. Vor allem der Bau von Wasserkraftwerken, Straßen und
Wohnungen sowie die Auftragslage der verstaatlichten Betriebe waren dafür verantwortlich. Die
Beschäftigten konnten sich indes über einen Anstieg der Reallöhne freuen. Das Pro-Kopf-Einkommen
wuchs von 1958 bis 1963 um 21 Prozent.
Zum Tag der Fahne
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 43/1957)
A 1957, Ton, s/w, Länge: 1’11’’
Das stürmische Wirtschaftswachstum der Fünfziger- und Sechzigerjahre erfasste ganz Europa. Die
Regierungen schufen vor diesem Hintergrund zusätzliche Anreize für Investitionen, um die Konjunktur
aufrechtzuerhalten. Ein von vielen Ländern vertretener Wirtschaftskurs sollte dabei liberale Prinzipien
mit Lenkungsmechanismen der öffentlichen Hand verbinden. Letztere dienten in der Ära Kreisky
verstärkt der Hebung des Sozialniveaus und der Absicherung der Vollbeschäftigung.
Freizeitausstellung »gestern–heute–morgen«
(Aus: WELTJOURNAL Nr. 40/1963)
A 1963, Ton, s/w, Länge: 1’2’’
Seit 1959 galt in der Alpenrepublik die 45-Stunden-Woche. 1964 führte man den Drei-Wochen-Urlaub
ein. Arbeiterkammer und Gewerkschaftsbund sorgten sich in dieser Phase um die sinnvolle
Freizeitgestaltung. Volksbildung und körperliche Ertüchtigung wurden propagiert: Sport,
Kulturveranstaltungen, Bücher und verschiedene Hobbys.
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Mediathek UB Graz
Reiseland Österreich
(Aus: WELTJOURNAL Nr. 37/1964)
A 1964, Ton, s/w, Länge: 2’24’’
Bauboom und Mobilisierung begünstigten den Fremdenverkehr. Die Übernachtungen
vervierfachten sich zwischen 1951 und 1966. Mitte der Sechzigerjahre verzeichnete man rund
64 Millionen Übernachtungen in Österreich, das – zunächst als Billigland – zu den beliebtesten
Destinationen zählte. Wochenschauen und Heimatfilme trugen unter diesen Bedingungen dem
Tourismus Rechnung.
Kap. 3. Tradition und Neubeginn
Die Alpenrepublik feierte eine katholisch-konservative Barockkultur, pflegte Klischees der
Habsburgerzeit und stellte die »Schönheiten der Natur« ebenso in den Dienst des Fremdenverkehrs
wie die Inszenierung als Festspiel-, Musik- und Sportnation. In verschiedenen Kunstsparten
entstanden jedoch Zirkel, die gegen geistige Enge und Traditionalismus auftraten, Konventionen
hinterfragten und Erwartungshorizonte erschütterten. Zugleich orientierte sich die Jugend zunehmend
an der amerikanischen Konsumgesellschaft. Hollywoodfilme, Jeans, Coca-Cola, Jazz und Rock ’n’
Roll trugen die Codes der Modernität. Die Situation der Frauen hatte sich indes kaum verändert:
Haushalt und Kinderbetreuung galten als ihre »Domäne«. In der Arbeitswelt blieben sie weiter
benachteiligt.
Festliches Österreich
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 23/1959)
A 1959, Ton, s/w, Länge: 1’24’’
(Ausschnitt)
Vor allem in den Fünfziger- und Sechzigerjahren klammerte sich die Zweite Republik an das »große
Erbe«. Wie schon in der Zwischenkriegszeit und hauptsächlich im »Ständestaat« dominierte die
Verklärung einer weiter zurückliegenden Vergangenheit. Ein konservatives Kulturklima knüpfte an
Traditionen der katholischen Barockgroßmacht Österreich an.
Hundert Jahre seit Erzherzog Johann
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 20/1959)
A 1959, Ton, s/w, Länge: 48’’
Der Habsburgermythos lebte in seiner entpolitisierten Version fort. Dabei bot sich speziell die
Persönlichkeit des Erzherzogs Johann an: Dieser war nicht selbst Regent gewesen, schien daher von
der »höheren Verantwortung« befreit und der Machtsphäre des Wiener Hofes entrückt. Zudem
erinnerte er als steirischer »Landesvater« an die föderale Struktur und die regionalen Unterschiede in
der Alpenrepublik, konnte gleichzeitig aber auch durch seine Liebe zur »einfachen«
Postmeisterstochter als »volksnaher« Kinoheld des sentimentalen Heimatfilms figurieren.
IX. Olympische Winterspiele Innsbruck 1964
(Aus: WELTJOURNAL Nr. 6/1964)
A 1964, Ton, s/w, Länge: 3’54’’
Mehr noch als seine Fußballer feierte Österreich »Skistars« wie etwa Toni Sailer, Anderl Molterer,
Egon Zimmermann oder Josef Stiegler. Die Alpenrepublik konnte sich 1964 auch vor der
Weltöffentlichkeit als Wintersport-Großmacht präsentieren. Innsbruck war 1964 erstmals
Austragungsort der Olympischen Winterspiele. Die heimischen »Asse« zeigten sich dabei in Bestform.
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Mediathek UB Graz
Mit vier Gold-, fünf Silber- und drei Bronzemedaillen belegte das Gastgeberland den zweiten Platz in
der (inoffiziellen) Nationenwertung.
Der Ball der Oberösterreicher und der Opernball
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 9/1966)
A 1966, Ton, s/w, Länge: 1’56’’
Der »milde Blick zurück« überblendete die jüngeren Ereignisse, den Bürgerkrieg 1934 und die NSHerrschaft. Man setzte auf die Imitation höfisch-aristokratischer Lebenswelten. Über die »Brüche« von
1938 und 1945 hinaus versinnbildlichte sie sich in Tanzveranstaltungen und vornehmlich im Wiener
Opernball als alljährlichem »Höhepunkt der Saison«.
Österreichischer Festspielsommer
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 31/1964)
A 1964, Ton, s/w, Länge: 2’12’’
Bregenzer und Salzburger Festspiele gehörten, wie schon in der Besatzungszeit, zu den Fixpunkten
des Kulturkalenders. Sie wurden Teil der österreichischen Identität und Selbstdarstellung. In diesem
Zusammenhang symbolisierten vor allem die Veranstaltungen in der »Mozartstadt« immer noch einen
elitären, ständisch-gegenreformatorischen Gesellschaftsentwurf im Schatten des Doms und der
erzbischöflichen »Burg«.
Ehrenzeichen für Herbert von Karajan
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 26/1963)
A 1963, Ton, s/w, Länge: 37’’
Die Alpenrepublik betrachtete vor allem die Sängerknaben und die Wiener Philharmoniker als ihre
kulturellen »Botschafter«. Die »nationalen Klangkörper« pflegten das Erbe der »großen Komponisten«
und erinnerten an die »Walzerstadt« Wien. Auch die künstlerische Leitung der Staatsoper lag in den
Händen österreichischer Stars von Weltruf: Die Nachfolge von Karl Böhm trat Herbert von Karajan an.
Der aus der »Mozartstadt« Salzburg stammende Karajan hatte bereits große internationale Erfolge
gefeiert, als er in der Bundeshauptstadt tätig wurde und das »klassische Erbe« auch medial besser zu
inszenieren begann.
Selbstgeschneiderte Kleider
(Aus: WELTJOURNAL Nr. 22/1964)
A 1964, Ton, s/w, Länge: 1’6’’
Konservativ und rückständig gestaltet sich das weibliche Rollenbild in den Fünfziger- und
Sechzigerjahren. Die Frau hatte sich den Kindern, der Küche und der Kirche zu widmen. Ein
Ausflug in die Modewelt war nur in der Fantasie erlaubt. Der Anstand der ordentlichen
Hausfrau blieb gewahrt. Die selbst gestalteten Kleider sollten, wie es der pejorative Unterton
des männlichen Kommentators verrät, vor allem das schwer verdiente Gehalt des Ehemannes
schonen.
Geknüpfte Kunstwerke
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 6/1963)
A 1963, Ton, s/w, Länge: 45’’
Nach wie vor galten Haushalt und Familie als Domäne der Frauen. Noch immer wählten sie vor
allem traditionell weibliche Berufe. In der Arbeitswelt waren sie zudem benachteiligt. Während
der Fünfziger- und Sechzigerjahre sanken ihre Gehälter sogar im Vergleich zu den
Männereinkommen. Reformen, die auch speziell den Frauen mehr und vor allem gleiche Rechte
einräumten, sollten erst im Verlauf der Siebzigerjahre folgen.
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Mediathek UB Graz
Blumen, Frauen, schöne Augen
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 35/1958)
A 1958, Ton, s/w, Länge: 1’4’’
Schön und liebreizend präsentieren sich die Damen beim Auto-Blumenkorso am Wörthersee. Als
»schöne Modelle« werden sie angepriesen. Ihr Wert definiert sich über Äußerlichkeiten. Die weibliche
Emanzipation ließ in Österreich noch mehr als ein Jahrzehnt auf sich warten.
Wiens Surrealisten in der Galerie »Synthese«
(Aus: WELTJOURNAL Nr. 27/1964)
A 1964, Ton, s/w, Länge: 54’’
Trotz des konservativen Kulturparadigmas in der frühen Zweiten Republik fehlte es schon in den
Fünfzigerjahren keineswegs an Unbehagen gegenüber geistiger Enge und Traditionalismus. In
verschiedenen Kunstsparten entstanden Zirkel, die sich gegen Verdrängung und erstarrte Formen zu
Wehr setzten. Den Art-Club etwa beherrschten zwischen 1947 und 1959 vor allem fortschrittliche
Vertreter der bildenden Kunst. Individualismus, Abstraktion sowie die Rezeption des Expressionismus
trafen oft auf Unverständnis und Intoleranz. Einzig den an die Surrealisten anknüpfenden
»Phantastischen Realisten« begegnete man mit größerem Interesse.
Galerie Wulfengasse zeigt Werke von Maria Lassnig
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 30/1964)
A 1964, Ton, s/w, Länge: 44’’
Noch wirkten beim Publikum ästhetische Maßstäbe der NS-Zeit nach. Die »Moderne« wurde nicht
selten herabgewürdigt. Die heute international geschätzte und gewürdigte österreichische Malerin und
Animationsfilmerin Maria Lassnig musste 1943 die Wiener Akademie der bildenden Künste verlassen,
da ihre Werke als »entartet« eingestuft wurden. In den Sechzigerjahren lebte sie vorwiegend in Paris
und malte erste Körperbewusstseinsaquarelle. Später war ihre künstlerische Heimat New York. In den
Achtzigerjahren übernahm sie eine Professur für Malerei an der Hochschule für angewandte Kunst in
Wien.
Gschnas in der Secession
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 8/1957)
A 1957, Ton, s/w, Länge: 59’’
Die »langen«, konservativen Fünfzigerjahre brachten einen widersprüchlichen Antiamerikanismus
hervor. Die Ablehnung der US-Massenkultur durch die Elterngenerationen führte zu Konflikten mit der
Jugend. Diese orientierte sich zunehmend an der vielfach gescholtenen Konsumgesellschaft
amerikanischer Prägung. Hollywoodfilme, Jeans und Coca-Cola, Jazz und Rock ’n’ Roll trugen die
Codes der Modernität. Der Wiener Klarinettist Fatty George (Franz Georg Pressler) machte indes den
Mainstream-Jazz in Österreich populär.
Massenhysterie beim Empfang der Beatles
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 10/1964)
A 1964, Ton, s/w, Länge: 1’13’’
Die Jugend, auch in Österreich, hatte neue Idole, die sich gegen das Establishment stellten. Die
neuen Musikhelden fand man abseits des deutschsprachigen Raums. Der Beat begeisterte, der
Schlager hatte bei vielen schon ausgedient. Die ältere Generation und die offiziellen Medien
reagierten mit Ablehnung und Unverständnis. Noch wurde die jugendliche Begeisterung als
Massenhysterie deklariert. Bald schon gab aber die Jugend die Moden vor. Die späteren
Wochenschauformate sind schneller, poppiger und orientieren sich am jugendlichen Lifestyle.
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Mediathek UB Graz
Kap. 4. Demokratie und "Altlasten"
Die Zeit nach 1955 war charakterisiert vom Bekenntnis zur Neutralität eines Kleinstaates, dessen
Existenz und Lebensfähigkeit von den Österreichern in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts infrage
gestellt worden war. Unter Observanz der Alliierten wandte sich die Mehrheit der Bevölkerung vom
großdeutschen Gedankengut ab. Faschistische Altlasten und rechtes Gedankengut lebten aber
weiter, wie der Fall des Hochschullehrers Taras Borodajkewycz bewies. Die Großparteien versuchten
indes, Konsens zu demonstrieren und Demokratiebewusstsein zu schaffen. Der »Fall Habsburg«
wurde zum Zankapfel der Großen Koalition. Demokraten wie Monarchisten gingen auf die Straße.
Zum österreichischen Nationalfeiertag
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 44/1965)
A 1965, Ton, s/w, Länge: 55’’
Nach dem Zerfall der Donaumonarchie hatte die Alpenrepublik das »Schweizer Modell« nicht
ernsthaft in Erwägung gezogen. Mit dem Jahr 1955 wurden die Neutralität und die »kleinere Heimat«,
der Abschied vom Großraumdenken, aber zu Grundfesten der österreichischen Identität. 1965
beschloss der Ministerrat, den »Tag der Fahne« zum Nationalfeiertag zu machen. Damit wurde an
den 26. Oktober 1955 erinnert, als nach dem Abzug der letzten Besatzungssoldaten der Nationalrat
das Neutralitätsgesetz verabschiedete.
Vollversammlung des Bundesjugendringes
(Aus: WELTJOURNAL Nr. 49/1964)
A 1964, Ton, s/w, Länge: 45’’
Im großkoalitionären Klima wurde die Verständigung zwischen den einst verfeindeten Lagern
zum politischen Prinzip der Zweiten Republik erklärt, wie es sich auch hier am Beispiel des
Österreichischen Bundesjugendringes zeigt. Von der Annäherung früherer Kontrahenten im
Schatten der NS-Diktatur war die Rede. Entgegenkommen, Verhandlungs- und
Kompromissbereitschaft schufen Rahmenbedingungen zur Konsolidierung Österreichs ab
1945. Der Konsens garantierte den sozialen Frieden, widersprach jedoch einer liberaleren
Gesprächskultur und verhinderte eine offenere Auseinandersetzung mit der Vergangenheit
Unser EFTA-Partner England
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 42/1960)
A 1960, Ton, s/w, Länge: 2’7’’
Die österreichischen Regierungen wollten an der europäischen Einigung als Form der Westintegration
teilnehmen. Für sie stellte die westliche Demokratie die Basis für den erfolgreichen Kampf gegen den
»östlichen« Kommunismus dar.
Noch war man der Ansicht, dass die demokratische Gesinnung der Bevölkerung gefestigt werden
müsse. So präsentierte man auch in der staatlichen Wochenschau die Vorzüge der Demokratie, die
sich vor allem durch Rede- und Meinungsfreiheit sowie durch die Teilnahme aller an der politischen
Entscheidungsfindung festmachen ließen.
Parlamentsdebatte um Habsburg
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 25/1966)
A 1966, Ton, s/w, Länge: 1’45’’
Politisch stellten legitimistische Strömungen seit Langem eine Randerscheinung dar. Ungeachtet
dessen kam es innerhalb einer schon ramponierten Großen Koalition während der Sechzigerjahre
78
Mediathek UB Graz
zum Streit in der »Habsburg-Frage«. »Thronprätendent« Otto hatte zwar auf die
Herrschaftsansprüche verzichtet, die Sozialisten misstrauten ihm aber immer noch und wollten von
seiner Einreise nichts wissen. Erst nach 1966 entspannte sich die Lage. Bruno Kreisky suchte den
persönlichen Ausgleich mit Otto Habsburg.
demonStration gegen Monarchisten-Treffen
(Aus: FOX TÖNENDE WOCHENSCHAU Nr. 48/1960)
A 1960, Ton, s/w, Länge: 1’29’’
Die Habsburger verfügen über beträchtlichen Grundbesitz in Österreich. Außerdem hat man ihnen
einige repräsentative Anwesen, allen voran die Kaiservilla in Bad Ischl, zugesprochen. Dennoch fühlt
sich das »Erzhaus« nach wie vor um einen Teil seines Vermögens betrogen. Restitutionsansprüche
belasteten daher bis in die jüngste Zeit das Verhältnis zwischen der Republik und dem früheren
Herrschergeschlecht.
Demonstrationen gegen Borodajkewycz
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 14/1965)
A 1965, Ton, s/w, Länge: 1’24’’
Das Bildungsressort sah Mitte der Sechzigerjahre keinen Anlass, gegen »völkische« und
antisemitische Reden des Wiener Hochschullehrers Taras Borodajkewycz aufzutreten. Das
Fernsehen und einige kritische Studenten mussten sich des Falles annehmen. Demonstrationen
folgten, bei denen 1965 ein junger Neonazi den ehemaligen KZ-Häftling Ernst Kirchweger durch
Schläge tödlich verletzte. Das Begräbnis Kirchwegers galt als Protest gegen den faschistischen
Ungeist. Dennoch blendeten auch danach alle politischen Lager die österreichische Mitverantwortung
am Nationalsozialismus weitgehend aus.
Kap. 5. Aktive Neutralität
Die Alpenrepublik wollte am europäischen Einigungsprozess teilnehmen und betrieb eine »aktive
Neutralitätspolitik«. Österreich nahm als Mitglied der Vereinten Nationen an Friedensaktionen teil und
wollte durch den Beitritt zur EFTA auch wirtschaftliche Vorteile nutzen. Als ureigenstes Interesse galt
zudem Südtirol. Mit Unterstützung der UNO versuchte man eine Autonomie-Regelung für Südtirol
voranzutreiben.
Der Wunsch, Wien zur »Atomweltstadt« zu machen, sollte den internationalen Status Österreichs zu
einer Zeitm als die nukleare Kraft noch als hoffnungsvolle Energieform galt, hervorheben.
Der UNO-Generalsekretär am Ballhausplatz
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 29/1956)
A 1956, Ton, s/w, Länge: 48’’
Die einseitige und durch die Signatarmächte des Staatsvertrags nicht garantierte Neutralitätserklärung
entsprach nur bedingt dem Schweizer Modell. Anders als die Eidgenossen, die erst seit 2002 den
Vereinten Nationen angehören, entschloss sich die Alpenrepublik zu diesem Schritt schon im
Dezember 1955. Österreich beteiligte sich seither an mehreren Friedensaktionen und entsandte im
Rahmen von UN-Truppenverbänden eigene Kontingente in verschiedene Krisenregionen. Das Land
bekannte sich speziell unter Bruno Kreisky zu einer »aktiven Neutralitätspolitik«.
Österreich Mitglied des Europarates
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 18/1956)
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Mediathek UB Graz
A 1956, Ton, s/w, Länge: 50’’
Trotz der Neutralitätserklärung rechneten die Vereinigten Staaten von Amerika Österreich im Ernstfall
zu ihren Verbündeten. Washington stellte Ausrüstungsgegenstände und finanzielle Mittel für das
Bundesheer zur Verfügung. Die Entscheidungsträger in Wien bekundeten gleichzeitig ihr Interesse an
der Westintegration der Alpenrepublik. Unter solchen Bedingungen beschloss der Nationalrat im März
1956 den Beitritt zum Europarat. Ein Jahr später unterschrieb Österreich außerdem die Europäische
Konvention zum Schutz der Menschenrechte.
Am Horizont: Europa!
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 6/1957)
A 1957, Ton, s/w, Länge: 53’’
Die 1951 gegründete Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), die unter der
Bezeichnung »Montanunion« Bekanntheit erlangte, stellte einen aus Belgien, der BRD, Frankreich,
Italien, Luxemburg und den Niederlanden bestehenden Wirtschaftsblock dar. Diese Länder schlossen
sich mit der Bildung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) noch enger zusammen. Sie
erklärten sich zum Verzicht auf einen Teil ihrer Souveränitätsrechte bereit und planten auch in
Kriegszeiten eine Kooperation. Die neutrale Alpenrepublik sah sich unter solchen Umständen
gezwungen, nach Alternativen Ausschau zu halten.
EFTA-Gipfelkonferenz in Wien
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 22/1965)
A 1965, Ton, s/w, Länge: 2’48’’
Mit der Mitgliedschaft bei der 1960 geschaffenen Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) waren
keine außerökonomischen Verpflichtungen verbunden. Der EFTA, der neben Österreich unter
anderen die Schweiz, Großbritannien und die skandinavischen Länder angehörten, wurde jedoch
lediglich als Not- und Übergangslösung empfunden. Selbst die Engländer sahen langfristig wenig
Nutzen in der von ihr initiierten EFTA. Schon 1961 bekundete London Interesse an einer Aufnahme in
die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft.
Aussenminister Kreisky über Südtirol
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 41/1960)
A 1960, Ton, s/w, Länge: 2’38’’
Das Südtirolproblem fand international Beachtung. Die Alpenrepublik brachte die Angelegenheit vor
die UNO, die diesbezüglich 1960 eine Resolution verabschiedete. Die Bildung von Kommissionen
sowie Verhandlungen zur Klärung der Lage verliefen vor dem Hintergrund italienischen und
»deutschen« beziehungsweise deutschnationalen Terrors.
Trauerfeier in Südtirol
(Aus: FOX TÖNENDE WOCHENSCHAU Nr. 27/1961)
A 1961, Ton, s/w, Länge: 1’7’’
Nach dem Abbruch der Verhandlungen zwischen Italien und Österreich über ein AutonomieAbkommen für Südtirol waren seit Beginn des Jahres 1961 mehrere Sprengstoffattentate
verübt worden, die ihren Höhepunkt in der Nacht des Herz-Jesu-Festes vom 11. auf den 12.
Juni erreichten. Sie ist als die »Feuernacht« in die Geschichte Südtirols eingegangen. Am
19. Juni 1961 waren zwei Südtiroler von einer italienischen Patrouille erschossen worden.
Nachdem Verhandlungen am 25. Juni 1961 erneut scheiterten, erreichten die Attentate ihren
Höhepunkt.
Minister Kreisky vor dem Politischen Ausschuss der UNO
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 44/1960)
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Mediathek UB Graz
A 1960, Ton, s/w, Länge: 1’50’’
Das extrem belastete Verhältnis zwischen Rom und Wien führte zu Verzögerungen bei der Erfüllung
des 1969 vereinbarten »Südtirol-Pakets«. Erst 1992 gab Österreich eine Streitbeilegungserklärung ab.
Heute räumen Experten allerdings ein, dass kaum eine europäische Minderheit jene Privilegien
genießt, die den Deutschsprachigen in der Region Bozen-Trient zugestanden worden sind.
Unterschrift auf den Atom-Vertrag
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 50/1957)
A 1957, Ton, s/w, Länge: 41’’
Nach 1945 war man bestrebt, den internationalen Status Österreichs zu unterstreichen. Global
agierende Organisationen sollten dazu angehalten werden, in Wien einen Standort zu eröffnen. Der
Umstand, dass die Atombehörde (IAEA) eine Zweigstelle in der Bundeshauptstadt eröffnete, wurde zu
einer Zeit, als die nukleare Kraft noch als hoffnungsvolle Energieform galt, stolz zelebriert.
Die neue Weltkraft: Mensch und Atom
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 40/1957)
A 1957, Ton, s/w, Länge: 57’’
Bisher positiv besetzte Begriffe wie Industrie, Technik und Atomkraft werden nach und nach
kritisch hinterfragt. Die friedliche Nutzung der nuklearen Kraft wird zwar noch ins Zentrum
gestellt, doch das Misstrauen wächst. Die atomare Zerstörungsgewalt erzeugt zunehmend
Angst.
Kap. 6. Zwischen Ost und West
Österreich grenzte sich vom »Ostblock« ab und begriff sich als »Außenposten der freien Welt« im
Schatten des »Eisernen Vorhangs«. Aus der Sicht der USA galt der neutrale Kleinstaat im Ernstfall als
potenzieller Bündnispartner der Westmächte. Nach außen hin präsentierten sich die Österreicher
jedoch meist als unparteiische Vermittler. Wien wurde zum Schauplatz internationaler Gipfeltreffen,
eine Entwicklung, die seit Längerem den Interessen Moskaus entsprach und nach anfänglichem
Zögern auch von Washington gutgeheißen wurde.
Sonderbericht der Austria Wochenschau: Ungarn
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 45/1956)
A 1956, Ton, s/w, Länge: 9’15’’
Moskau leitete 1956 eine »Entstalinisierung« ein, die in den kommunistischen Ländern zu
Forderungen nach einer Liberalisierung führten. In Ungarn gipfelten die Änderungswünsche,
Kundgebungen und Unruhen in einem »Volksaufstand«, der von sowjetischen Truppen
niedergeschlagen wurde. Österreich lehnte diesen »Panzerkommunismus« verhältnismäßig
unverblümt ab, plädierte für das Ende der Kampfhandlungen im Nachbarland und für die Achtung der
ungarischen Freiheitsrechte.
Ungarns Sehnsucht nach Freiheit
(Aus: FOX TÖNENDE WOCHENSCHAU 1956)
A 1956, Ton, s/w, Länge: 6’45’’
Die Ungarnberichterstattung der amerikanischen FOX TÖNENDEN WOCHENSCHAU setzt auf
dramatische Bilder. Die Gewalt des sowjetischen Militärs wird ins Zentrum stellt. Der
Kommentar ist parteiisch, deutliche Worte der Ablehnung werden gesprochen: »Die ganze freie
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Mediathek UB Graz
Welt« hilft dem ungarischen Volk, das vor dem »sowjetischen Terror« auf der Flucht ist. Im
amerikanischen Konsulat stellen Ungarnflüchtlinge den Antrag auf eine Einreisebewilligung.
Eine neue Heimat in Freiheit steht in Aussicht.
Zum Tag der Fahne
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 43/1957)
A 1957, Ton, s/w, Länge: 1’31’’
Das Bestreben Österreichs, vor der Weltöffentlichkeit als Teil der westlichen Wertegemeinschaft zu
gelten, drückte sich auch darin aus, dass die Grenzen für die magyarischen Flüchtlinge durchlässig
blieben. 180.000 Kinder, Frauen und Männer trafen im Spätherbst 1956 in den österreichischen
Auffanglagern ein. Aus der Bevölkerung schlug ihnen eine Welle der Hilfsbereitschaft entgegen. Die
humanitären Maßnahmen wurden von einem Ministerkomitee koordiniert. Bundeskanzler Raab stellte
bei dieser Gelegenheit den Antrag, die USA um zehn Millionen Schillinge aus dem Sonderkonto der
Marschallplanhilfe zu ersuchen.
Satelliten-Politik
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 42/1957)
A 1957, Ton, s/w, Länge: 1’36’’
Als es der Sowjetunion am 4. Oktober 1957 erstmals gelang, den Erdsatelliten Sputnik I
erfolgreich zu starten, bedeutete dies einen schweren Rückschlag für die amerikanische
Wissenschaft. Die UdSSR lag im Kampf um die Weltraumforschung voran. Der Kalte Krieg
wurde nun auch über die Raumfahrt ausgetragen. Gerüchte, dass der Sputnik geheime Waffen
transportierte und mittels des Satelliten Infrarotaufnahmen von den USA gemacht würden,
beunruhigten die Amerikaner. Im Februar 1958 konnte ein US-Satellit erfolgreich gestartet
werden. Doch das sowjetische Material war belastbarer und technisch ausgereifter.
Blitzkrieg um den Frieden der Welt
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 24/1961)
A 1961, Ton, s/w, Länge: 5’32’’
Die Alpenrepublik verstand sich als Brücke, als Ort der Begegnung zwischen Ost und West. Bei
alledem schwang das Bedürfnis eines Kleinstaates nach internationaler Anerkennung mit. Tatsächlich
blickte die Welt Anfang Juni 1961 auf Österreich, als sich der Ministerpräsident der UdSSR, Nikita S.
Chruschtschow, und der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, John F. Kennedy, in Wien
trafen. Der »Zweier-Gipfel« brachte allerdings keine konkreten Ergebnisse.
Ein Jahr danach … Berlin ein Weltproblem
(Aus: FOX TÖNENDE WOCHENSCHAU Nr. 33/1962)
A 1962, Ton, s/w, Länge: 2’41’’
Seit 1952 hatte die DDR die sowjetische Besatzungszone zum Westen hin abgeriegelt. In der
Nacht vom 12. zum 13. August 1961 versperrten Volkspolizei, Betriebskampfgruppen und
Nationale Volksarmee die Berliner Sektorengrenze mit Stacheldrahtverhauen und Steinwällen.
In den darauffolgenden Wochen wurde zwischen Ost- und West-Berlin eine 46 Kilometer lange
Mauer errichtet. Im Westen war man fassungslos. Im Osten wurde der Mauerbau von der
Propagandamaschinerie als »antifaschistischer Schutzwall« bejubelt.
Jahrestag der Berliner Schandmauer
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 34/1962)
A 1962, Ton, s/w, Länge: 1’46’’
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Mediathek UB Graz
Über 28 Jahre sollte die Berliner Mauer Teil einer innerdeutschen Grenze sein. Die Errichtung dieser
Grenzanlage stellte einen neuen Höhepunkt im Verlauf des Kalten Krieges dar. Die DDR-Führung
wollte vor allem den Flüchtlingsstrom in den Westsektor unterbinden. Doch weiterhin versuchten
DDR-Bürger, die Mauer zu überwinden. Mindestens 235 Menschen wurden im Zuge einer
Fluchtaktion an der Berliner Mauer getötet.
An der Weltkatastrophe vorbei
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 2/1963)
A 1963, Ton, s/w, Länge: 53’’
Das Gipfeltreffen in Wien 1961 brachte keine Entspannung der Lage. Das Wettrüsten der
Supermächte wurde fortgesetzt. Im Herbst 1962 führte die Stationierung sowjetischer Raketen auf
Kuba zu einer schweren Krise. Im Oktober wurde zudem ein amerikanisches U-2-Flugzeug über Kuba
abgeschossen. Die US-Stabschefs waren für eine rasche militärische Vergeltung. Chruschtschow
überlegte den Einsatz von Atomwaffen. Die Vernunft siegte. Die Sowjets erklärten sich bereit, die
Raketen zu entfernen. Die USA garantierten, nicht noch einmal eine Invasion auf Kuba zu
unternehmen. Ein Atomkrieg wurde verhindert.
J.F. Kennedy tot
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 48/1963)
A 1963, Ton, s/w, Länge: 6’6’’
Am 22. November 1963 fällt der US-Präsident John F. Kennedy in Dallas einem Schussattentat
zum Opfer. Die USA und die westliche Hemisphäre stehen unter Schock. Über die
Medienberichterstattung verfolgt man minutiös die letzten Lebensminuten des Präsidenten und
die Begräbnisfeierlichkeiten. Die Wochenschau transportiert bereits den Mythos des jungen,
charismatischen Präsidenten. Vor allem sein geradezu »heroischer Kampf« gegen den
Kommunismus wird hervorgehoben.
Prager Frühling
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 35/1968, WELTJOURNAL Nr. 37/1968)
A 1968, Ton, s/w, Länge: 6’32’’
An eindeutigen Stellungnahmen fehlte es in Österreich nicht, als Streitkräfte des Warschauer Paktes
den »Prager Frühling« beendeten. Die AUSTRIA WOCHENSCHAU griff die Argumentation tschechischer
Demonstranten auf, die das militärische Einschreiten Moskaus und seiner Verbündeten mit dem
Gewaltpotenzial des Nationalsozialismus verglichen. Weniger couragiert zeigte sich, gemessen am
Jahr 1956, die Wiener Regierung. Sie verurteilte die Vorgänge in der ČSSR verspätet und dachte aus
Angst vor sowjetischen Repressalien sogar daran, die Grenzen für Flüchtlinge aus der
Tschechoslowakei zu schließen.
Kap. 7. Aufbruch und Rebellion
1968 – ein Jahr der Krisen, des Aufbruchs und der Rebellion. Die amerikanische
Bürgerrechtsbewegung war an ihrem Höhepunkt angelangt. Den US-Verlusten im Vietnamkrieg und
den bekannt gewordenen Kriegsverbrechen folgten weltweite Proteste. Studenten gingen für
Hochschulreformen und für das Ende des Vietnamkrieges auf die Straße. Alternative
Gesellschaftsmodelle wurden gesucht, das Diktat von Parteien und Verbänden hinterfragt, die
Demokratie wurde beim Wort genommen.
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Mediathek UB Graz
Der Marsch auf Washington
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 36/1963)
A 1963, Ton, s/w, Länge: 2’23’’
Die amerikanische Bürgerrechtsbewegung (Civil Rights Movement) setzte sich für die
Gleichberechtigung der Afroamerikaner ein und stellte sich gegen die Rassentrennung, die alle
öffentlichen Einrichtungen betraf. Ihr populärster Protagonist Martin Luther King rief zum
zivilen Ungehorsam gegen die gesetzlich festgeschriebene Diskriminierung auf.
Den Höhepunkt der Bürgerrechtsbewegung bildete der Marsch auf Washington, an dem
250.000 Menschen teilnahmen. Im April 1968 fiel Martin Luther King einem Attentat zum Opfer.
Vietnamkrise auf dem Höhepunkt
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 33/1964)
A 1964, Ton, s/w, Länge: 5’34’’
Der Vietnamkrieg begann in den Fünfzigerjahren als Bürgerkrieg. Aufgrund der Unterstützung
Nordvietnams durch die UdSSR und China sowie Südvietnams durch die USA entwickelte sich daraus
ein klassischer Stellvertreterkrieg der Großmächte. Die Tet-Offensive der nordvietnamesischen Armee
und des Vietcongs im Jänner 1968 kam für die US-Armee völlig überraschend. Der kurzfristige
Rückzug amerikanischer Truppen und die Berichte über die US-Kriegsverbrechen in My Lai führten zu
einem Umschwung der öffentlichen Meinung in den Staaten. Der Einsatz in Vietnam wurde
zunehmend kritisch hinterfragt und abgelehnt.
Studentenunruhen in New York
(Aus: FOX TÖNENDE WOCHENSCHAU Nr. 20/1968)
A 1968, Ton, s/w, Länge: 39’’
Im Frühjahr 1968 hielten Studenten fünf Gebäude der Columbia University in New York eine
Woche lang besetzt. Der Entwurf für eine neue Sporthalle, der offensichtlich getrennte
Zugänge für schwarze und weiße Studenten vorsah, empörte viele Studenten und Aktivisten.
Man schloss sich gegen den geplanten Neubau sowie gegen Regierungsbeamte und Offiziere,
die am Universitätsgelände Soldaten für den Einsatz in Vietnam rekrutieren wollten,
zusammen. Die Besetzung der Universität wurde durch die New Yorker Polizei gewaltsam
beendet.
Studentenunruhen in der Deutschen Bundesrepublik
(Aus: FOX TÖNENDE WOCHENSCHAU Nr. 17/1968)
A 1968, Ton, s/w, Länge: 3’30’’
In Berlin kam es bereits im Februar 1968 zu Studentenprotesten gegen den Vietnamkrieg. Nachdem
im April Rudi Dutschke, Vorstandsmitglied des Sozialistischen Studentenbundes, von einem
Hilfsarbeiter, dem rechtsextreme Tendenzen nachgesagt wurden, niedergeschossen worden war,
brachen
großangelegte
Protestkundgebungen
los.
Es
kam
zu
teilweise
blutigen
Auseinandersetzungen mit der Polizei. Die Tat wurde vor allem der Berichterstattung des AxelSpringer-Konzerns angelastet.
studenteNunruhen in Paris
(Aus: FOX TÖNENDE WOCHENSCHAU Nr. 20/1968)
A 1968, Ton, s/w, Länge: 1’16’’
Die rigide Hausordnung und die kalte Architektur der Universitätsanlage in Nanterre
provozierte im Mai 1968 heftige Studentenproteste, die zur Schließung des Komplexes führten.
Aus Solidarität schlossen sich die Pariser Studenten den Protesten an und besetzten die
Sorbonne, die daraufhin polizeilich geräumt und geschlossen wurde. Um die 570 Personen
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Mediathek UB Graz
wurden verhaftet. Im Quartier Latin errichteten die Studenten Barrikaden. Es kam zu
Straßenschlachten mit der Polizei.
chAos durch Generalstreik
(Aus: FOX TÖNENDE WOCHENSCHAU Nr. 22/1968)
A 1968, Ton, s/w, Länge: 2’12’’
Die französischen Gewerkschaften solidarisierten sich mit den Studenten und riefen zum
Generalstreik auf. Gemeinsam demonstrierte man gegen härtere Arbeitszeitregelungen und
forderte eine Erhöhung des Mindestlohns. Fabriken wurden besetzt, acht Millionen Franzosen
befanden sich im Streik. Das Land war lahmgelegt. Präsident de Gaulle löste das Parlament auf
und drohte mit der Verhängung des Ausnahmezustands. Die Streikfront der Studenten
bröckelte, die Arbeiter kehrten in die Fabriken zurück. Ende Juni gewannen die Konservativen
bei den Parlamentswahlen die absolute Mehrheit.
Studenten und Mittelschüler demonstrieren
(Aus: VON WOCHE ZU WOCHE, 1.6.1968)
A 1968, Ton, s/w, Länge: 3’13’’
Die Vorgänge im Mai 1968 in Paris waren Vorbild für die Aktionen österreichischer Studentinnen und
Studenten. Ende Mai besetzten sie die Universität Wien, hissten die Rote Fahne und hielten
Diskussionsveranstaltungen ab. Der Unmut richtete sich unter anderem gegen überfüllte Hörsäle, eine
Desorganisation des Studiums und gegen veraltete Studienordnungen, die teilweise noch in der
Monarchie erlassen worden waren. Zudem sollte das Entscheidungsmonopol der Professoren
zugunsten eines pluralen Entscheidungssystems fallen.
Gschnasfest – Hippies so lang der Fasching dauert!
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 6/1968)
A 1968, Ton, Farbe, Länge: 1’14’’
Die
österreichischen
Kinowochenschauen
betrachtete
die
»68er-Bewegung«
als
Faschingsscherz, als »Hippie-Gschnasfest«. Das Jahr 1968 verlief in Österreich ruhiger als
etwa in der BRD und in Frankreich. Kritik am bestehenden Bildungssystem und kleinere
Konflikte innerhalb der »Linken« führten zu Protesten mit vorläufig begrenzter Wirkung.
Kap. 8. Das Schlüsseljahr 1955
1955 wird zu dem Schlüsseljahr der Zweiten Republik. Die Unterzeichnung des Staatsvertrages, das
Wiedererlangen der Souveränität und die Neutralitätserklärung sind Pfeiler des österreichischen
Selbstverständnisses. Die »Stunde Null« hat begonnen. Was unmittelbar davor war, wird verdrängt.
Schon in den zeitgenössischen audiovisuellen Quellen wird der Mythos des Befreiungsjahres 1955
(und eben nicht 1945) geprägt. Euphorisch wird der Weg zum Staatsvertrag und vor allem der Abzug
der alliierten Mächte zelebriert.
Die Botschafterkonferenz hat begonnen
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 19/1955)
A 1955, Ton, Farbe, Länge: 32’’
Auf der Botschafterkonferenz, die im Mai 1955 in Wien stattfand, wurden letzte schwierige
Fragenkomplexe, wie etwa der endgültige Räumungstermin für die alliierten Truppen, die Größe der
österreichischen Streitkräfte sowie Beschränkungen der Rückgabeübertragung deutschen Eigentums
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Mediathek UB Graz
an deutsche Staatsbürger diskutiert. Ein euphorisches Stimmungsbild der Tagung übermittelt der
Beitrag der AUSTRIA WOCHENSCHAU. Der Staatsvertrag war bereits zum Greifen nahe.
Wachablöse – zum letzen mal?
(Aus: WELTJOURNAL Nr. 19/1955)
A 1955, Ton, Farbe, Länge: 1’10’’
Der Erste Bezirk, die Innere Stadt, wurde bereits 1945 zum internationalen Sektor erklärt und im
Turnus von einer Besatzungsmacht verwaltet. Allmonatlich wechselte das Kommando in der
internationalen Zone. Im Mai 1955 findet die Wachablöse zum allerletzten Mal statt. Unzählige
Zuschauer drängen sich, um dem militärischen Schauspiel noch einmal beizuwohnen.
Österreich ist frei!
(Aus: FOX TÖNENDE WOCHENSCHAU Nr. 21/1955)
A 1955, Ton, s/w, Länge: 4’40’’
Die Unterzeichnung des Staatsvertrages wird auch von der amerikanischen FOX TÖNENDEN
WOCHENSCHAU feierlich in Szene gesetzt. Leopold Figl und Wjatscheslaw Michailowitsch Molotow
geben im Originalton Stellungnahmen zur Unterzeichnung des österreichischen Staatsvertrages ab.
Es sind anlässlich dieses Ereignisses die einzigen O-Töne der beiden Staatsmänner, die noch
erhalten sind.
Der Schlag der Pummerin verkündet die Freiheit Österreichs. Am Balkon des Schloss Belvedere
demonstrieren Figl, Molotow und Dulles einen Schulterschluss. Der Staatsvertrag sei, so der
Kommentar, Ausgangspunkt einer neuen glücklichen Epoche für Österreich.
Die historische Stunde
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 31/1955)
A 1955, Ton, Farbe, Länge: 3’51’’
Mit der Hinterlegung der französischen Ratifizierungsurkunde in Moskau tritt der Staatsvertrag
endgültig in Kraft. Bei der letzten Sitzung des Alliierten Rates wird dessen Auflösung
beschlossen. Noch einmal marschieren alle Truppenkontingente der vier Mächte auf. Unter
dem begeisterten Ansturm unzähliger Zuschauer wird eine großangelegte Parade abgehalten.
Musikstücke der alliierte Truppen sind zu hören, die Amerikaner stimmen als
freundschaftlichen Gruß den Radetzkymarsch an. Über allem tönt aber letztlich die
österreichische Bundeshymne, die den Beitrag stimmungsvoll begleitet.
Rückblick 1955
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 1/1956)
A 1956, Ton, Farbe, Länge: 2’31’’
1955 – das Jahr der Ernte! Nochmals passieren die wichtigsten Stationen der
Staatsvertragsunterzeichnung Revue. Die letzten Kriegsgefangenen und verschleppten Personen
kehren aus der Sowjetunion zurück. Nun kann für alle der Aufbau und das Wirtschaftswunder
beginnen. Es herrscht bereits Hochkonjunktur – ökonomisch und kulturell. Burgtheater und Staatsoper
nehmen den Spielbetrieb wieder auf, die Lipizzaner haben in die Spanische Hofreitschule
zurückgefunden. Der Kommentar verkündet: »Es geht halt doch nichts über Tradition«, »Österreich ist
wieder frei und eine kulturelle Weltmacht«.
Kap. 9. Biografien
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Mediathek UB Graz
Nikita S. Chruschtschow (1894–1971): Chruschtschow wurde in den Dreißigerjahren mit
»Säuberungsaktionen« in der Ukraine beauftragt. Er organisierte dort im Zweiten Weltkrieg den
Abtransport der Industrie und den Partisanenkampf gegen die Deutschen. Nach Stalins Tod wurde er
einer der vier Sekretäre des ZK. Schließlich setzte er sich gegen die parteinterne Konkurrenz durch.
1958 wurde er Ministerpräsident. Er leitete eine vorsichtige »Entstalinisierung« ein. 1961 traf er in
Wien auf den US-Präsidenten John F. Kennedy. Es folgte ein schwerer Konflikt mit den USA, der in
der Kubakrise mündete. 1964 wurde Chruschtschow als Partei- und Regierungschef der UdSSR
gestürzt.
Leopold Figl (1902–1965): Figl unterzeichnete als österreichischer Außenminister (1953–1959) den
Staatsvertrag. 1934–1938 war er Direktor des Niederösterreichischen Bauernbundes. Einen Großteil
der NS-Zeit verbrachte er im Konzentrationslager. 1945 war er Mitbegründer und bis 1951 Obmann
der ÖVP. Zudem wurde er 1945 Vizekanzler und Landeshauptmann von Niederösterreich. Ab
Dezember 1945 bis 1953 amtierte Figl als Bundeskanzler. 1959–1962 war er Präsident des
österreichischen Nationalrats, 1962–1965 erneut Landeshauptmann von Niederösterreich.
John Fitzgerald Kennedy (1917–1963): Als 35. Präsident der Vereinigten Staaten (1961–1963) war
Kennedy mit der Verbesserung des Bildungswesen und des Sozialsystems sowie mit der Rassenfrage
befasst. International bemühte sich Kennedy um den Dialog mit der »Dritten Welt«. Die Kubakrise und
der Anfang des amerikanischen Engagements in Vietnam führten in seiner Amtszeit zu schweren
Konflikten im Kalten Krieg. Ein Gipfeltreffen mit Nikita S. Chruschtschow in Wien 1961 blieb
ergebnislos.
M ARTIN LUTHER KING JR. (1929–1968): DER BAPTISTENPFARRER MARTIN LUTHER KING JR. W AR SEIT
MITTE DER FÜNFZIGERJAHRE IN DER BÜRGERRECHTSBEWEGUNG DER USA AKTIV. 1957 ÜBERNAHM ER DEN
VORSITZ DER BEWEGUNG FÜR DEN GEWALTLOSEN W IDERSTAND GEGEN DISKRIMINIERUNG UND
RASSENHETZE. ANLÄSSLICH DES MARSCHS AUF W ASHINGTON FORDERTE ER EINE FREIE UND ZUGLEICH AUF
GLEICHHEIT BERUHENDE GESELLSCHAFT. ER WAR MEHRMALS INHAFTIERT. 1964 ERHIELT ER DEN
FRIEDENSNOBELPREIS.
Josef Klaus (1910–2001): Der Jurist und ÖVP-Politiker war 1949–1961 Landeshauptmann von
Salzburg und 1961–1963 Finanzminister. Er wurde 1964 österreichischer Bundeskanzler, leitete
zunächst eine Große Koalition und stand dann, von 1966 bis 1970, an der Spitze der ersten, von der
Volkspartei gebildeten Alleinregierung der Zweiten Republik. Unter Klaus begann eine sozialliberalere
Ära in der österreichischen Nachkriegsgeschichte, die später mit den Reformen unter Bruno Kreisky
fortgesetzt wurde.
Theodor Körner (1873–1957): Körner war von 1945 bis 1951 Wiener Bürgermeister und von 1951 bis
1957 österreichischer Bundespräsident. Er hatte in den Jahren 1915–1918 die Funktion des
Generalstabschefs der Isonzoarmee inne. Nach dem Ende der Donaumonarchie war er maßgeblich
am Ausbau des Heeres der Ersten Republik beteiligt. 1924–1933 gehörte er für die SPÖ dem
Bundesrat an. 1934 im Zuge der Februarkämpfe und erneut nach dem 20. Juli 1944 war Körner in
Haft.
Bruno Kreisky (1911–1990): Kreisky trat 1926 der Sozialistischen Arbeiter-Jugend bei. Er war
während des »Ständestaates« aus politischen Gründen inhaftiert. Als politisch und rassisch Verfolgter
ging er 1938 ins schwedische Exil. Nach 1945 war er zunächst österreichischer Diplomat in
Stockholm, dann kehrte er nach Wien zurück. Kreisky wurde Berater von Theodor Körner. 1953–1957
bekleidete er das Amt eines Staatssekretärs im Außenministerium. 1959–1966 war er Außenminister
und seit 1967 auch Vorsitzender der SPÖ. Von 1970 bis 1983 prägte Kreisky als Bundeskanzler von
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Mediathek UB Graz
SPÖ-Alleinregierungen eine ganze Epoche der Zweiten Republik durch soziale Reformen und
verstärktes außenpolitisches Engagement.
Friedrich Peter (1921–2005): Peter trat der NSDAP und der Waffen-SS bei und gehörte im Zweiten
Weltkrieg Einheiten an, die an zahlreichen Kriegsverbrechen beteiligt waren. Nach 1945 war er im
Schuldienst tätig. Beim Übergang vom »Verband der Unabhängigen« zur »Freiheitlichen Partei
Österreichs« spielte er eine entscheidende Rolle. Von 1958 bis 1978 war er Bundesparteiobmann und
von 1970 bis 1985 Klubobmann der FPÖ. Peter verfolgte dabei einen eher liberalen Kurs.
Diskussionen über seine SS-Vergangenheit schadeten seiner politischen Karriere, obwohl er von
Bruno Kreisky verteidigt wurde. Nachdem er 1987 aus dem Parlament ausgeschieden war, trat er
1992 wegen Differenzen mit Jörg Haider aus der FPÖ aus.
Bruno Pittermann (1905–1983): Der Arbeiterkammerfunktionär und überzeugte Sozialdemokrat
wurde 1934 inhaftiert und auch während der NS-Zeit verfolgt. Nach 1945 gehörte er dem Nationalrat
an. Pittermann war von 1957 bis 1967 Vorsitzender der SPÖ. Bis 1966 bekleidete er außerdem das
Amt des Vizekanzlers, wobei er in der ersten Hälfte der Sechzigerjahre auch für die Verstaatlichte
Industrie zuständig war.
Julius Raab (1891–1964): Raab erreichte als österreichischer Bundeskanzler (1953–1961) die
alliierte Zustimmung zum Staatsvertrag. In der Zwischenkriegszeit war er Abgeordneter der
Christlichsozialen, Heimwehrführer und im Februar/März 1938 Bundesminister für Handel und Verkehr
in der Regierung Schuschnigg. Nach 1938 war er in einer Straßenbaufirma tätig. 1945 wurde er zum
Mitbegründer der ÖVP, von April bis Dezember 1945 hatte er das Amt des Staatssekretärs für
öffentliche Bauten in der Provisorischen Regierung inne. Von 1945 bis 1961 gehörte er überdies dem
Nationalrat an. Gemeinsam mit Figl befürwortete Raab die Zusammenarbeit mit dem einstigen
Gegner, der SPÖ, und legte damit den Grundstein für die friedliche innenpolitische Entwicklung der
Zweiten Republik.
Adolf Schärf (1890–1965): Schärf gehörte bis 1934 dem Bundesvorstand der Sozialdemokratie an.
1933/34 war er überdies Mitglied des Bundesrates. 1934 sowie zwischen 1938 und 1945 wurde er
mehrmals verhaftet. Von 1945 bis 1957 war er Vizekanzler, Nationalratsabgeordneter und
Vorsitzender der SPÖ. Ab 1957 hatte Schärf das Amt des Bundespräsidenten inne. 1963 wurde er
von den Wählern in dieser Funktion bestätigt.
DVD 6
1968–1995: Der Wohlfahrtsstaat im Wandel
Kap. 1. Kräfteverhältnisse
Die Zusammenarbeit von SPÖ und ÖVP bestimmte die Entwicklung Österreichs in der zweiten Hälfte
des 20. Jahrhunderts. Proporz und politische Einflussnahme blieben weiterhin aktuell.
Alleinregierungen und »kleine Koalitionen« änderten an den Grundstrukturen wenig. Auf Landes- und
Bundesebene, in Berufs- und Interessenverbänden blieben die Oppositionsparteien eingebunden.
Dennoch kam es zu maßgeblichen Veränderungen. Eine Liberalisierung und Demokratisierung des
erstarrten Systems der Fünfzigerjahre forderten neben Bürgerinitiativen und außerparlamentarischen
Institutionen auch die Großparteien, die sich zudem mit der Lockerung der Lagerbindungen, der
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Mediathek UB Graz
Auflösung »klassischer« sozialer Milieus und einer wachsenden Zahl von Protestbewegungen
auseinandersetzen mussten.
Die neue Regierung wird angelobt
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 18/1970)
A 1970, Ton, s/w, Länge: 1’58’’
Den auf Konsens bedachten VP-Kurs setzte auch das von Bruno Kreisky geführte SPÖ-Kabinett fort.
Reformmaßnahmen und die Hochkonjunktur zwischen 1968 und 1975 begünstigten zudem eine
weitgehend konfliktfreie Entwicklung der Alpenrepublik.
Parteitag der SPÖ
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 18/1972)
A 1972, Ton, s/w, Länge: 2’30’’
Die Auflagenstärke und Verbreitung einiger Zeitungen und Zeitschriften erreichte ein
demokratiepolitisch bedenkliches Ausmaß. Eine im internationalen Vergleich hohe
Medienkonzentration bedrohte die Meinungsvielfalt. Der »telegene« Bundeskanzler Bruno
Kreisky behielt in diesem Zusammenhang aber vor allem auch den wachsenden Einfluss des
Fernsehens im Auge. Das neue Rundfunkgesetz vom 10. Oktober 1974 legte die
Entscheidungsgewalt bei TV und Radio in die Hände eines ORF-Kuratoriums mit damals
stabiler sozialistischer Mehrheit. Interventionen der Parteien blieben über die Ära Kreisky
hinaus ein »Dauerbrenner« der österreichischen Mediengeschichte.
Katholiken und das neue Programm der SPÖ
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 16/1978)
A 1978, Ton, s/w, Länge: 2’11’’
Das Bekenntnis der Kirche zum »freien Staat« ging mit dem Abbau ideologischer Barrieren und
den Reformbemühungen des zweiten Vatikanischen Konzils einher. Darüber hinaus kam es zur
Annäherung zwischen Christen und Sozialisten. Ambivalent war und ist jedoch die Beziehung
des Klerus zu Modernisierungsschüben. Vor allem bei der Sexualmoral fehlte es nicht an
Konfliktstoff. Auch in den Siebzigerjahren stand Rom Empfängnisverhütung, Abtreibung und
Fristenlösung ebenso
ablehnend gegenüber wie Änderungen
des Ehe- und
Scheidungsrechtes.
Wahlen in die Kammer für Arbeiter und Angestellte
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 37/1969)
A 1969, Ton, Farbe, Länge: 1’37’’
Die Kammer für Arbeiter und Angestellte wurde 1945 in den einzelnen Bundesländern auf
Basis des Arbeiterkammergesetzes von 1920 neu gegründet. Die Arbeiterkammer hat in der
Zweiten Republik mehr gesellschaftlichen Einfluss und politisches Gewicht als davor. So
stehen ihr etwa durch das Begutachtungsrecht von Gesetzesentwürfen rechtliche
Einflussmöglichkeiten zu. Die österreichische Gewerkschaftsbewegung wollte mit den
Arbeiterkammern nicht nur ein Instrument zur Interessenvertretung gegenüber dem Staat,
sondern
auch
ein
politisches
Gegengewicht
zu
den
bereits
existierenden
Unternehmerkammern schaffen.
8. Bundeskongress des ÖGB
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 40/1975)
A 1975, Ton, s/w, Länge: 1’6’’
Mächtige Funktionäre wie der langjährige ÖGB-Vorsitzende und Nationalratspräsident Anton
Benya standen für die Beibehaltung des politischen Systems der Zweiten Republik. Nachteilig
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Mediathek UB Graz
wirkte sich dabei jedoch die auch von Benya verkörperte personelle Verschränkung von
Parteien, Behörden und Wirtschaftsverbänden aus. Das Parlament segnete oft nur noch ab,
was die Spitzen der Interessenvertretungen zuvor bereits ausgehandelt hatten. Die Autorität
des »Hohen Hauses« wurde untergraben. Stabilität und Prosperität schienen die
Sozialpartnerschaft dennoch zu rechtfertigen, obwohl sie in ökonomischer Hinsicht und bei
gesellschaftlichen Reformprozessen bisweilen lähmend wirkte.
Bauer und Betrieb
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 11/1977)
A 1977, Ton, s/w, Länge: 2’28’’
Das gesamte Sozialgefüge befand sich im Umbau. Eine wachsende Zahl von Angestellten, mit
der auch die weibliche Berufstätigkeit anstieg, entzog den bisherigen Klassenparteien den
Boden. Zu dieser Entwicklung trugen auch andere Transformationsprozesse bei: Der
»unabhängige Bauer« wurde zur rhetorischen Figur. Er wich der Agroindustrie und dem
Hofbesitzer im Nebenerwerb. Gleiches galt für den »typischen Proletarier«. Der Arbeiteranteil
sank bei den SPÖ-Mitgliedern und betrug 1978 nur noch 30 Prozent.
Die neue Regierung
(Aus: SCOPE Nr. 27/1983)
A 1983, Ton, Farbe, Länge: 2’24’’
Dem Wahlgang 1983 gingen die Protestbewegung gegen das Kraftwerk Zwentendorf, der AKHSkandal und der Versuch, den Bau eines Konferenzzentrums (Austria Center Vienna) zu verhindern,
voraus. Die SPÖ verlor bei der Wahl nach 12 Jahren ihre absolute Mehrheit, blieb aber
stimmenstärkste Partei. Die ÖVP konnte vier Mandate dazugewinnen, die FPÖ errang trotz eines
leichten Stimmenverlusts ein weiteres Mandat. Erstmals waren auch zwei grüne Listen zur Wahl
angetreten, die den Einzug in das Parlament aber nicht schafften. Bruno Kreisky trat zurück. Es kam
zu einem Regierungsbündnis zwischen der SPÖ mit dem neuen Kanzler Fred Sinowatz und der FPÖ
unter Norbert Steger, der Vizekanzler und Handelsminister wurde.
Nationalratswahlen 1986
(Aus: HALLO KINO Nr. 25/1986)
A 1986, Ton, Farbe, Länge: 1’8’’
Nach der Affäre rund um die Präsidentschaftskandidatur Kurt Waldheims trat Fred Sinowatz 1986 als
Bundeskanzler zurück. Franz Vranitzky setzte als neuer Leiter der Regierung die Koalition mit der
FPÖ fort. Nachdem Jörg Haider mithilfe des deutschnationalen Flügels der FPÖ zum neuen
Parteiobmann gewählt worden war, beendete Vranitzky die »kleine Koalition«. Bei der
Nationalratswahl blieb die SPÖ stimmenstärkste Partei, verlor aber zehn Mandate. Die ÖVP musste
einen Verlust von vier Mandaten verzeichnen. Die FPÖ unter Haider konnte ihren Stimmenanteil
beinahe verdoppeln. Die Grüne Alternative zog unter ihrer Spitzenkandidatin Freda Meissner-Blau mit
acht Mandaten erstmals in das Parlament ein.
Nationalratswahl 1994
(Aus: HALLO KINO Nr. 10/1994)
A 1994, Ton, Farbe, Länge: 2’34’’
Im Zuge der Nationalratswahl des Jahres 1994 schafften erstmals in der Zweiten Republik fünf
Parteien den Einzug in das Parlament. Stärkste Partei wurde, trotz Stimmenverlusten, die SPÖ. Auch
der Koalitionspartner ÖVP verlor Wähler, erreichte jedoch neuerlich den zweiten Platz. Große
Zuwächse verzeichnete die FPÖ, sie wurde drittstärkste Kraft im Parlament. Die Grünen konnten
unter der Leitung Madeleine Petrovics viertstärkste Partei im Nationalrat werden. Das Liberale Forum
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Mediathek UB Graz
von Heide Schmidt schaffte beim ersten Antreten zur Nationalratswahl den Sprung über die VierProzent-Hürde und zog als fünfte Partei in das Parlament ein.
Kap. 2. Wohlfahrtsstaat: Chancen und Krisen
Durch den Aufschwung bildete sich eine Konsum- und Freizeitgesellschaft. Es zeigten sich aber auch
die Folgen und Grenzen des Wohlstands: Dem Übergewicht wurde der Kampf angesagt. Der
Ölschock der Siebzigerjahre machte die Begrenztheit der Ressourcen bewusst. Der Sozialstaat wurde
ausgebaut, das Wohlfahrtssystem hob die Ansprüche der Bevölkerung. Zur Aufrechterhaltung der
Vollbeschäftigung und zur Hebung des Lebensstandards wirkte die öffentliche Hand ökonomischen
Schwankungen entgegen. Doch ließen sich die Wachstumsraten der Fünfziger- und Sechzigerjahre
nicht mehr erreichen. Privatisierungsmaßnahmen und Sparpakete waren die Folge. Politische
Skandale belasteten zudem das Vertrauen in die involvierten politischen Eliten.
Wir Österreicher
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 15/1969)
A 1969, Ton, s/w, Länge: 1’33’’
Die Konsumgesellschaft etablierte sich in Wellen und revolutionierte das Privatleben. Das
Warenangebot schuf zugleich neue Wünsche, steigerte die Nachfrage und führte zu mehr Wachstum.
Bei den Wirtschaftsmessen präsentierte man stolze Bilanzen. Die AUSTRIA WOCHENSCHAU fasste sie
1969 zusammen. Österreich, hieß es hier, sei in der zweiten Hälfte der Sechzigerjahre zu einem
»Land der Millionen« geworden: »1966 wurde der millionste Kühlschrank angeschafft. 1968 der
millionste Fernsehapparat und das millionste Auto.«
Neues Verkaufszentrum in Vösendorf
(Aus: FOX TÖNENDE WOCHENSCHAU Nr. 26/1972)
A 1972, Ton, s/w, Länge: 1’13’’
Der Textilhändler Hans Dujsik realisierte im Jahr 1976 seine Idee, vor den Toren Wiens eine
Einkaufsstadt zu errichten. Der Bau der Shopping City Süd (SCS) wurde in 22 Monaten und mit einem
Kostenaufwand von 692,7 Millionen Schilling verwirklicht. Das zu Beginn umstrittene Projekt ist heute
eines der beliebtesten Einkaufsziele. Das zweitgrößte Einkaufszentrum Europas fand mit der
Einrichtung eines »Teppichlandes« in Vösendorf im Jahr 1972 seinen Vorläufer.
Sport ist g’sund
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 1/1973)
A 1973, Ton, s/w, Länge: 3’2’’
Immer öfter wandte man sich den gesundheitlichen Konsequenzen des steigenden Konsums
zu. Der Alkoholverbrauch war gestiegen. Eine »Fresswelle« hatte schon den Beginn des
Aufschwungs markiert. Mit Klagen über Gewichtsprobleme avancierten »Diät« und »Fitness«
zu Schlüsselbegriffen der Wohlstandsgesellschaft. Auch die offiziellen Stellen nahmen sich
immer öfter des Themas an: Gesundheitsvorsorge und körperliche Ertüchtigung wurden
angeraten, Wander- und Laufveranstaltungen organisiert.
Donauinsel: ein Volksfest im neuen Freizeitparadies
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 24/1981)
A 1981, Ton, s/w, Länge: 2’8’’
1981 wird die Wiener Donauinsel eröffnet. Das von Donau und Neuer Donau eingeschlossene
Freizeitgelände erstreckt sich über 21 km und entstand im Zuge der Hochwasserregulierung der
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Mediathek UB Graz
Donau. Die Donauinsel zählt inzwischen zu den beliebtesten Naherholungsgebieten der Wiener. Sei
1984 findet hier jährlich das Donauinselfest statt, das mittlerweile größte Musikfestival Europas.
Autoloser Tag in Österreich
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 5/1974)
A 1974, Ton, s/w, Länge: 5’21’’
Der Ölpreisschock des Jahres 1973 traf Österreich etwas verzögert, führte aber auch hier zu
spürbaren Konsequenzen. Die Regierung verordnete etwa einen autofreien Tag: Jeder Kfz-Besitzer
musste nach freier Wahl einen Tag in der Woche auf das Autofahren verzichten. Durch das »Pickerl«
war dieser Tag an der Windschutzscheibe anzuzeigen und einzutragen. Weltweite Rezessionen,
erhöhte Staatsausgaben, um dem Wirtschaftsabschwung entgegenzuwirken, sowie der auch
ökologisch bedingte Zweifel an bisherigen Wachstumsphilosophien zerstörten aber trotz aller
konjunkturbelebenden Maßnahmen den Optimismus der Nachkriegsepoche.
Schulbuchaktion
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 6/1973)
A 1973, Ton, s/w, Länge: 1’7’’
Der sozialistische Unterrichtsminister Fred Sinowatz setzte sich zum Ziel, die »Bildungskrise« der
Sechzigerjahre endgültig zu überwinden. 200 Schulen wurden in den Siebzigerjahren errichtet, die
Anzahl des Lehrpersonals erheblich erhöht und die Klassenschülerhöchstzahl herabgesetzt. Zudem
sollten Bildungsbarrieren abgebaut und die Chancengleichheit für alle verwirklicht werden. Schulgeld
und AHS-Aufnahmeprüfungen wurden abgeschafft, die Schülerfreifahrt und die Schulbuchaktion
eingeführt.
Neuregelung der Kinderbeihilfe
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 23/1977)
A 1977, Ton, s/w, Länge: 1’45’’
Die Regierungsparteien und insbesondere die SPÖ sorgten für den zügigen Ausbau des
Wohlfahrtsstaates. Soziale Mindeststandards, zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch eine Seltenheit,
betrachtete man nun als Selbstverständlichkeit. Ende der Fünfzigerjahre gelang es etwa, auch die
Selbstständigen in die Sozialversicherung einzubeziehen. 1978 wurde der Kinderabsetzbetrag im
Einkommenssteuerrecht direkt in die Familienbeihilfe übergeführt. Die Familienbeihilfe wurde damit
erhöht. Es erhielten erstmalig auch jene Familien Kinderbeihilfe, die vorher den Steuerabsetzbetrag
nicht ausnutzen konnten.
Älter werden – Jung bleiben
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 25/1977)
A 1977, Ton, Farbe, Länge: 1’33’’
Mit den entsprechenden gesetzlichen Rahmenbedingungen verlagerte sich die Fürsorgefunktion von
der Familie, dem Freundeskreis und der Nachbarschaft hin zur öffentlichen Hand. Vor allem im
Bereich der Altenfürsorge und -pflege wurden neue Wege der staatlichen Organisation gefunden. Das
Altwerden in der Familie wurde zur Ausnahme. Der Absicherung gegen Lebensrisiken standen jedoch
Bürokratisierungs- und Zentralisierungserscheinungen sowie steigende, zum Teil überhöhte
Ansprüche der Bürger gegenüber.
Kampf gegen Armut
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 6/1978)
A 1978, Ton, Farbe, Länge: 2’8’’
92
Mediathek UB Graz
Auch im Wohlstandsstaat gibt es immer noch Bereiche, wo die Armut ihren Platz findet. Diese Lücken
zu schließen, erklärte Bruno Kreisky, der stets mahnend an die Folgen der Not der Dreißigerjahre
erinnerte, zu einem der grundlegendsten Ziele der Sozialpolitik. Dabei strich er immer die Pflicht der
Regierung hervor, den Bürgern das Recht auf Arbeit zu gewährleisten.
Wahlkampf in österreich 1979
(Aus: ZEIT IM BILD, 7.4.1979)
A 1979, Ton, Farbe, Länge: 1’26’’
Bruno Kreisky gab der Vollbeschäftigungspolitik immer absoluten Vorrang. Das Budget wurde
belastet, um möglichst viele neue Arbeitsplätze zu schaffen. Doch die hohen Wachstumsraten
aus den Zeiten des Aufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg ließen sich nicht mehr erreichen.
Negative Leistungsbilanzen und explodierende Kosten manifestierten sich während der
Achtzigerjahre in Budgetdefiziten, in Krisen des Wohlfahrtssystems und der »Verstaatlichten«.
Die Zeit der »Vollbeschäftigung« war vorbei. Kurzfristige arbeitspolitische Maßnahmen sollten
der Krise gegensteuern.
Dachgleiche beim neuen AKH
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 19/1979)
A 1979, Ton, s/w, Länge: 1’42’’
Der als Prestigeprojekt gedachte Neubau des Allgemeinen Krankenhauses in Wien wurde zu einem
Politskandal. Im Herbst 1981 ging es bei einem aufsehenerregender Prozess um gewerbsmäßigen
Betrug, verbotene Intervention und Untreue im Zusammenhang mit dem Bau des AKH. Ein
parlamentarischer Untersuchungsausschuss prüfte diesbezüglich außerdem das Verhalten des SPFinanzministers und Vizekanzlers Hannes Androsch. Die Causa AKH und andere Vorwürfe wegen
privater Transaktionen und Verflechtungen führten zum Rücktritt von Androsch.
Weinskandal
(Aus: ZEIT IM BILD, 12. und 19.7.1985)
A 1985, Ton, Farbe, Länge: 2’30’’
Der Glykol-Weinskandal des Jahres 1985 hatte den Ruf des österreichischen Weinbaus nachhaltig
geschädigt. Einige Winzer und Händler in Österreich, aber auch in Deutschland, hatten über Jahre
ihren Wein mit dem Frostschutzmittel Diethylenglykol gepanscht. Der Wein sollte so gesüßt und der
Geschmack verstärkt werden. Weltweit wurde der österreichische Wein boykottiert, der Weinexport
brach zusammen. In der Folge trat in Österreich eines der strengsten Weingesetze der Welt in Kraft.
Heute ist der österreichische Wein global wieder sehr gefragt.
Semperitverkauf
(Aus: ZEIT IM BILD, 31.5.1985)
A 1985, Ton, Farbe, Länge: 2’41’’
Das österreichische Traditionsunternehmen Semperit schlitterte bereits im Verlauf der Siebzigerjahre
in eine Krise. Das Bankunternehmen Creditanstalt, Mehrheitsaktionär der Semperit AG, unterstützte
diesen Prozess durch eine laufende Unterfinanzierung des Betriebs. Zudem führte die Ölkrise zu
Absatzschwierigkeiten auf dem Reifenmarkt. Staatliche Hilfen konnten nur begrenzt helfen. 1985
verkaufte die Creditanstalt die Reifensparte der Firma an den deutschen Konkurrenten Continental AG
Hannover. In den folgenden Jahren wurde die Belegschaft systematisch abgebaut. 2002 verlegte man
die Reifenproduktion von Traiskirchen nach Tschechien, 950 Jobs gingen verloren.
VOEST-Krise
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Mediathek UB Graz
(Aus: ZEIT IM BILD, 26.11.1985)
A 1985, Ton, Farbe, Länge: 1’41’’
1985 wurden enorme Erdöl-Fehlspekulationen der VOEST-Tochterfirma »Intertrading« publik. Der im
Februar 1986 präsentierte Bericht wies einen Gesamtverlust von über elf Milliarden Schilling aus. Der
dafür verantwortliche Manager Gernot Preschern wurde entlassen und in einem Prozess zu fünf
Jahren Haft verurteilt. Der gesamte Vorstand der VOEST mit ihrem Generaldirektor Heribert Apfalter
wurde abgesetzt. Im Staatsunternehmen, das durch die Stahlkrise und die Misswirtschaft bereits
geschwächt war, reagierte man mit Massenkündigungen und Betriebsschließungen. In der Folge
wurde das Unternehmen umstrukturiert und 1995 die Privatisierung des bisherigen Staatsbetriebes
eingeleitet.
SOS – Lucona
(Aus: INLANDSREPORT, 3.3.1988)
A 1988, Ton, Farbe, Länge: 2’10’’
Das Schiff »Lucona« wurde 1977 vom Konditoreibesitzer Udo Proksch angeblich mit einer
Uranzerkleinerungsanlage beladen und mittels Sprengstoff aus den österreichischen
Heeresbeständen im Indischen Ozean versenkt. Bei der Sprengung kam die Hälfte der Besatzung
ums Leben. Um die Versicherungssumme der nicht existenten Ladung kam es zu einem Prozess. Zur
Klärung der Verbindungen Udo Prokschs zu hochrangigen SP-Politikern (Club 45) wurde ein
parlamentarischer Untersuchungsausschuss eingesetzt. Nationalratspräsident Leopold Gratz und
Innenminister Blecha traten zurück. Proksch wurde wegen sechsfachen Mordes zu lebenslanger Haft
verurteilt. Sein Kompagnon Hans Peter Daimler wurde wegen Beihilfe zum sechsfachen Mord zu 14
Jahren Haft verurteilt.
Noricum – der Prozess
(Aus: INLANDSREPORT, 6.7.1989)
A 1989, Ton, Farbe, Länge: 1’54’’
Die VOEST-Krise hatte 1989 ein Nachspiel. Journalisten deckten auf, dass die VOEST-Tochterfirma
»Noricum« illegal Waffen an den Irak und den Iran geliefert hatte. Damit wurde nicht nur gegen die
Neutralität, sondern auch gegen ein neues Bundesgesetz, das Waffenlieferungen an kriegsführende
Staaten untersagte, verstoßen. Die Justiz erhob gegen 18 verantwortliche Manager Anklage. Auch
Spitzenpolitiker der SPÖ standen unter Verdacht. 1993 wurden die angeklagten Manager wegen
Neutralitätsgefährdung verurteilt. Die in der Sache zuständigen Politiker Kanzler Sinowatz und
Außenminister Leopold Gratz sprach man frei. Innenminister Karl Blecha wurde unter anderem wegen
Urkundenunterdrückung zu einer bedingten neunmonatigen Haftstrafe verurteilt.
Konsumpleite
(Aus: DER REPORT, 21.3.1995)
A 1995, Ton, Farbe, Länge: 1’27’’
1995 musste Konsum Österreich in Insolvenz gehen. Der Schuldenberg lag bei 26 Milliarden Schilling.
Das einstige Paradeunternehmen der Sozialdemokratie, das den Arbeitnehmern günstige
Warenpreise garantieren sollte, konnte mit den Diskontern nicht mehr mithalten. Schließlich musste
der Ausgleich angemeldet werden. Schuld daran waren aber auch zahlreiche Managementfehler. Die
Konsum-Filialen wurden großteils an Rewe Österreich, Spar, Julius Meinl und Löwa verkauft, die
BAWAG-Anteile an dem Unternehmen gingen an die Bayerische Landesbank. 2001 wurde der
Konsum-Direktor Hermann Gerharter wegen betrügerischer Krida zu sechs Monaten Haft und 15
Monaten auf Bewährung verurteilt.
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Mediathek UB Graz
Kap. 3. Tradition und Selbstverständnis
Die Identitätskonstruktion der frühen Zweiten Republik blieb auch im sozialliberaleren Klima ab den
späten Sechzigerjahren dominant. In der Fremdenverkehrswerbung beziehungsweise der
Unterhaltungsbranche war dieser Sachverhalt bis in die Achtzigerjahre ebenso erkennbar wie in der
Würdigung der Salzburger Festspiele und im bisweilen chauvinistischen Enthusiasmus für die Erfolge
heimischer Sportler. Pummerin, Donauwalzer, Neujahrskonzert, Opernball und Festspiele ordnen
überdies nach wie vor den Jahreszyklus und erinnern »die Nation« in regelmäßigen Abständen an
ihre traditionalistischen Fundamente.
Höchste Zeit für einen Urlaub in Österreich
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 11/1975)
A 1975, Ton, Farbe, Länge: 1’25’’
Das Spektrum der österreichischen Tourismuswerbung erweiterte sich langsam. Man warb zwar
weiterhin mit der Schönheit der österreichischen Landschaft und griff auf Ikonen des konservativen
Kulturparadigmas zurück. Doch nun verwies man zunehmend auf modernes Ambiente, Sport und
Fitness, um auch neue potenzielle Gäste für einen Urlaub in Österreich zu begeistern.
Die Lipizzaner begeistern
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 23/1981)
A 1981, s/w, Farbe, Länge: 2’
Die tänzerischen Darbietungen der edlen Pferde der Spanischen Hofreitschule begeistern Jahr für
Jahr Touristen, die zu einem Besuch nach Wien kommen. Nicht selten gastieren die Lipizzaner als
»Botschafter der österreichischen Kulturnation« in aller Welt. Seit dem 16. Jahrhundert werden die
Lipizzaner gemäß der klassischen Reitkunst in Wien ausgebildet.
Opernball 1989
(Aus: HALLO KINO Nr. 3/1989)
A 1989, Ton, Farbe, Länge: 1’37’’
Der Wiener Opernball gilt als der Höhepunkt des Faschings. Neben Persönlichkeiten aus Politik und
Kultur findet sich heute vornehmlich die »Seitenblicke-Gesellschaft« am »Ball der Bälle« ein. Der
Opernball steht für ein traditionell rückwärtsgewandtes Kulturverständnis. Seit einigen Jahren bildet
der Life Ball zugunsten der Aids-Hilfe einen bunten und modernen Kontrast zur althergebrachten
Balltradition.
Festspiele Rounding
(Aus: HALLO KINO Nr. 13/1989)
A 1989, Ton, Farbe, Länge: 2’43’’
Manche Veranstaltungen wie etwa der »Steirische Herbst« in Graz oder die »Ars Electronica«
in Linz orientieren sich deutlich an der modernen Kunst. Trotzdem überwiegt bei der
wachsenden Zahl von Festspielen das »Klassische« und »Anerkannte«. Salzburg steht
weiterhin im Zentrum der Aufmerksamkeit. Neben den künstlerischen Produktionen geht es
allerdings immer öfter um Medienereignisse und »Seitenblicke-Events«.
Udo Jürgens – Ich bin wieder da!
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 45/1972)
A 1972, Ton, s/w, Länge: 2’46’’
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Mediathek UB Graz
Neben dem »klassischen Erbe«, das Österreich hauptsächlich vor der internationalen
Öffentlichkeit präsentierte, fand beim heimischen Publikum auch der durch Radio, Fernsehen
und Schallplatten verbreitete »Schlager« Anklang. Peter Alexander und Udo Jürgens galten
über Jahrzehnte hin als heimische »Aushängeschilder« des Metiers.
Volksmusik in Österreich
(Aus: SCOPE Nr. 29/1982)
A 1982, Ton, Farbe, Länge: 1’46’’
Allmählich erhielt eine kommerzialisierte Form der Volksmusik Zulauf, die durch TVUnterhaltungssendungen wie den MUSIKANTENSTADL auch im Ausland popularisiert wurde. Die
»volkstümliche« Musik wurde zum neuen Verkaufsschlager und sollte den Tourismus im »Musikland
Österreich« ankurbeln.
Jahresrückblick 1973: Ankunft Schranz in Wien
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 1/1973)
A 1973, Ton, s/w, Länge: 1’57’’
Skistar Karl Schranz wurde 1972 aufgrund eines Streits um den Amateurstatus der Athleten von den
Olympischen Winterspielen im japanischen Sapporo ausgeschlossen. Die Kommerzialisierung des
Sports konnten ihre Gegner allerdings langfristig nicht verhindern. In Österreich herrschten indes
Empörung und Unverständnis für die Entscheidung des Internationalen Olympischen Komitees. Das
Land stellte sich hinter Schranz und begrüßte ihn als verhinderten Triumphator der Wettkämpfe.
Olympiade 1976: Klammer Gold
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 7/1976)
A 1976, Ton, s/w, Länge: 3’11’’
Von den Olympischen Winterspielen in Innsbruck 1976 blieb aus österreichischer Sicht vor allem der
Abfahrtssieg von Franz Klammer unvergesslich. Klammer schrieb sich damit in das »nationale
Gedächtnis« ein.
In memoriam Jochen Rindt
(Aus: FOX TÖNENDE WOCHENSCHAU Nr. 38/1970)
A 1970, Ton, s/w, Länge: 1’21’’
Der in Mainz geborene und bei seinen Großeltern in Graz aufgewachsene Rennfahrer Jochen
Rindt war der erste österreichische Star der Formel 1. Sein leichter und schneller Fahrstil
zeichneten ihn aus. Er starb 1970 im Verlauf des Trainings zum Großen Preis von Monza. Am
Ende der Rennsaison wurde er posthum zum Weltmeister erklärt.
Niki Lauda verunglückt am Nürburgring
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 32/1976)
A 1976, Ton, teilweise Farbe, Länge: 4’25’’
Ein weiterer sportlicher Held der Nation findet sich in Niki Lauda, dem Dominator mehrerer
Rennsaisonen. Laudas schwerer Unfall auf dem Nürburgring im Jahr 1976 schockierte ganz
Österreich. Er konnte seine Karriere erfolgreich fortsetzen und wurde insgesamt dreimal Formel-1Weltmeister .
Cordoba 1978
(Aus: SPORT AM MONTAG, 26.6.1978)
A 1978, Ton, s/w, Länge: 3’46’’
Die Fußballer konnten nicht mehr an die Leistungen des legendären Wunderteams oder der
Nationalelf nach 1945 anknüpfen. Der Sieg über Deutschland bei der WM in Argentinien 1978 wurde
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Mediathek UB Graz
enthusiastisch gefeiert, obwohl letztlich beide Mannschaften ausschieden. »Antipreußische« Reflexe
verbanden sich mit einem latenten Minderwertigkeitskomplex. Gerade auch im Verhältnis zum
»großen Bruder« kamen bisweilen chauvinistische Tendenzen zum Vorschein.
Kap. 4. Modernisierung und Liberalisierung
In den Sechzigerjahren signalisierten unter anderen auch die ÖVP- und insbesondere die SPÖAlleinregierung Reformbereitschaft. Soziale Maßnahmen, Neuerungen beim Wehrdienst,
Veränderungen im Justiz- und Bildungswesen, die Einführung der Fristenlösung und vor allem die
längst notwendige rechtliche Gleichstellung von Mann und Frau folgten. Der aufkeimenden
Fremdenfeindlichkeit gegenüber den Arbeitsmigranten wollte man mit positiver Berichterstattung über
die Zuwanderer entgegentreten.
Währenddessen schritt eine neue »industrielle Revolution« voran: Mit dem Bau eines U-Bahnnetzes
wurde die Beschleunigung des öffentlichen Verkehr vorangetrieben. Das Zeitalter der
Computertechnik brach an und ließ die Welt näher zusammenrücken.
Beratungsstellen für Gastarbeiter eingerichtet
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 7/1972)
A 1972, Ton, s/w, Länge: 1’47’’
Anfang der Sechzigerjahre begann Österreich Arbeitskräfte für spezielle Branchen, wie etwa für das
Bau- und Textilgewerbe, in Jugoslawien und in der Türkei anzuwerben. Die ursprüngliche Idee war es,
die Arbeitsmigranten nur für kurze Zeit ins Land zu holen. Bis zum Ende der Siebzigerjahre ließen sich
Hunderttausende Menschen nieder, holten ihre Familien nach Österreich und bauten sich neue
Existenzen auf. Zu Beginn der Siebzigerjahre wurden erstmals Beratungsstellen für die Zuwanderer
eingerichtet, um ihnen bei der Organisation ihres Lebens in Österreich behilflich zu sein.
Gastarbeiter: ein Sonntagnachmittag
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 3/1974)
A 1974, Ton, s/w, Länge: 3’51’’
Das Verhalten der Alpenrepublik gegenüber Minderheiten und Zuwanderern ist kein Ruhmesblatt der
jüngeren Geschichte Österreichs. Antisemitismus, aber auch Fremdenfeindlichkeit gegenüber
Asylanten und Arbeitsmigranten sind weit verbreitet. Alte und neue xenophobe Stereotypen prägen
den öffentlichen Diskurs. Noch immer mangelt es an Konzepten für ein gelungenes Zusammenleben
und einen Austausch zwischen den Bevölkerungsgruppen. 1974 versuchte die Politik unter anderem
über die staatlich gelenkte Wochenschau die Bedeutung der Gastarbeiter für das Land Österreich
herauszustreichen: »Sie arbeiten, damit es auch uns gut geht«, lautete der Tenor.
Der einmillionste Steuerzahler
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 7/1973)
A 1973, Ton, s/w, Länge: 57’’
Auto, Telefon und Fernsehen gehörten bald zur Grundausstattung der österreichischen
Haushalte. Automatisierung, Intensivierung des Verkehrs und Verwendung von Kunststoffen
wurden zur Alltagserfahrung. Die EDV veränderte Produktion, Verwaltung und Warenverkehr
grundlegend. So wurde etwa das österreichische Finanzwesen 1973 auf elektronische
Datenverarbeitung umgestellt. Eine weitere »industrielle Revolution« fand statt. Zum Merkmal
dieser Epoche wurde ab den Achtzigerjahren die Erfahrung von Beschleunigung, Verdichtung
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Mediathek UB Graz
und Entterritorialisierung durch die Computertechnik sowie das Bewusstsein von die ganze
Welt umfassenden, als »Globalisierung« wahrgenommenen Wirkungszusammenhängen.
U-Bahn: nächstes Jahr geht’s los
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 20/1977)
A 1977, Ton, s/w, Länge: 56’’
Ende der Sechzigerjahre wurde der Bau eines Wiener U-Bahnnetzes beschlossen, das
großteils auf den Verbindungslinien der Stadtbahn beruhte. 1976 fand der erste Probebetrieb
der Linie U4 auf der Strecke Heiligenstadt–Friedensbrücke statt.
Riesige Aufgabe: Umwelterziehung
(Aus: SCOPE Nr. 13/1984)
A 1984, Ton, Farbe, Länge: 3’34’’
Waren nach dem Zweiten Weltkrieg rauchende Fabrikschlote noch ein Symbol der wirtschaftlichen
Zugkraft und damit positiv besetzt, so änderte sich diese Sichtweise gegen Ende der Siebzigerjahre
schlagartig. Die Industriegläubigkeit der Ära des Wiederaufbaus wich umweltpolitischer
Verantwortung. Saurer Regen, Waldsterben, Luftverschmutzung, atomare Gefahren wurden bewusst
wahrgenommen. Auch in die Schulen hielt das Thema Umweltschutz Einzug. In verschiedenen
Lehrfächern wurde der verantwortliche Umgang mit der Umwelt den Schülern nähergebracht.
Recyclingpapier und wiederbefüllbare Milchflaschen lagen im Trend.
Ambros: Bob Dylan auf wienerisch
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 47/1978)
A 1978, Ton, s/w, Länge: 1’51’’
Die Transformationsprozesse ab den Sechzigerjahren sind vornehmlich auf kulturellem Gebiet
erkennbar. Der in Schlager- und Popmusik bislang verpönte Dialektgesang wurde Ausdruck einer
neuen Jugendkultur. Die Anfang der Siebzigerjahre einsetzende Dialektwelle in der heimischen
Popmusik, repräsentiert unter anderen von Wolfgang Ambros und Georg Danzer, gilt inzwischen als
kanonisiert.
Falco bei den Wiener Festwochen
(Aus: HALLO KINO Nr. 2/1985)
A 1985, Ton, Farbe, Länge: 1’16’’
Die Radiosender Ö3 und FM4 standen und stehen für ein neues Selbstverständnis der Jugend
und propagierten außerdem eine österreichische Popkultur, die Ende der Siebzigerjahre und zu
Beginn der Achtzigerjahre besonders produktive Phasen erlebte. Nicht zufällig fiel in diese Zeit
der Aufstieg des international bislang erfolgreichsten österreichischen Popstars »Falco«.
Heisses Eisen § 144
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 8/1972)
A 1972, Ton, s/w, Länge: 3’31’’
Schon die Zulassung der Antibabypille, an deren Entwicklung 1951 die gebürtigen Österreicher
Carl Djerassi und Walter Hohlweg maßgeblich beteiligt waren, führte zu zahlreichen
Diskussionen. Ursprünglich sollte »die Pille« nur als Mittel zur Behebung von
Menstruationsstörungen und ausschließlich an verheiratete Frauen abgegeben werden.
Anfang der Siebzigerjahre entbrannte der Kampf gegen die Kriminalisierung des
Schwangerschaftsabbruchs unter dem Motto »Mein Bauch gehört mir«. Gegner und
Befürworter des Abtreibungsparagraphen 144 gingen gleichermaßen auf die Straße.
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Mediathek UB Graz
Pro und Kontra § 144
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 31/1973)
A 1973, Ton, s/w, Länge: 2’23’’
Am 1.1.1975 trat in Österreich ein neues Strafgesetzbuch in Kraft, das den Schwangerschaftsabbruch
innerhalb der ersten drei Monate straffrei stellte. ÖVP und FPÖ hatten dem Strafgesetz aufgrund
dieser Fristenlösung die Zustimmung verweigert. Das Strafgesetzbuch wurde jedoch mit den Stimmen
der alleinregierenden SPÖ im Parlament beschlossen. Die Organisation »Aktion Leben« stellte sich
ebenfalls gegen die Fristenlösung und startete 1975 ein Volksbegehren, das 900.000 Österreicher
unterzeichneten. Das neue Gesetz konnte damit allerdings nicht zu Fall gebracht werden.
Das neue Familienrecht
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 13/1974)
A 1974, Ton, s/w, Länge: 1’2’’
Die Familienrechtsreform der Siebzigerjahre des Justizministers Christian Broda schaffte etwa
die Stellung des Ehemanns als Oberhaupt der Familie ab und legte die Gleichberechtigung der
Frau in der Ehe fest. Der Mann konnte seiner Frau nicht mehr untersagen, berufstätig zu sein.
Beide Partner waren nun verpflichtet, zum Unterhalt der Familie beizutragen, sei es durch
Erwerbstätigkeit oder durch Hausarbeit. Mutter und Vater wurden gleiche Rechte und Pflichten
gegenüber den Kindern eingeräumt.
Reform des Scheidungsrechtes
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 36/1978)
A 1978, Ton, s/w, Länge: 2’40’’
Im neuen Scheidungsrecht wurde die Möglichkeit der einvernehmlichen Scheidung geschaffen. Bei
einer Auflösung der Ehe wurde nun eine Teilung des Vermögens vorgenommen. Im Ehe- und
Scheidungsrecht galt von nun an das Prinzip persönlicher Entscheidungsfreiheit und
Selbstverantwortung.
Frauenenquete
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 50/1980)
A 1980, Ton, s/w, Länge: 2’6’’
1979 wird erstmals ein Staatssekretariat für Frauenfragen unter der Leitung von Johanna
Dohnal (SPÖ) eingerichtet. Es wurden Fachbereichs-Arbeitsgruppen für frauenspezifische
Fragen im Bereich des Unterrichts, der Justiz, für den Sozialbereich, für Kunst und Kultur, für
internationale Belange und für die Gleichbehandlung der Frauen im öffentlichen Dienst
eingerichtet.
Frauen in Männerberufen
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 13/1981)
A 1981, Ton, s/w, Länge: 1’15’’
Junge Frauen eroberten allmählich auch bisherige »Männerdomänen« und wurden dabei auch von
der Politik unterstützt. Trotzdem sind auch heute laut der Wirtschaftskammer Österreich noch 66
Prozent der Mädchen in nur sechs »traditionell weiblichen« Lehrberufen tätig (Friseurin,
Einzelhandelskauffrau, Bürokauffrau, Restaurantfachfrau, Gastronomiefachfrau und Köchin). Auch
werden an den Universitäten nur acht Prozent der Professuren von Frauen wahrgenommen, obwohl
über die Hälfte aller Universitätsabsolventen in Österreich weiblich sind. Der Weg zur
Gleichberechtigung ist noch nicht abgeschlossen.
Gewalt in der Familie
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Mediathek UB Graz
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 32/1981)
A 1981, Ton, s/w, Länge: 1’37’’
1978 wurde in Österreich das erste Frauenhaus eingerichtet. Gewalt in der Familie sollte auch
politisch nicht mehr tabuisiert werden. Frauen und ihren Kindern konnte nun unmittelbar geholfen und
Schutz geboten werden. Auch rechtliche und finanzielle Beratung war und ist gewährleistet. Das erste
in Wien errichtete Haus war wenige Tage nach seiner Eröffnung bereits überfüllt – ein Zeichen für die
Notwendigkeit dieser Einrichtung. Wien zählte zu den ersten Städten Europas mit einem Frauenhaus.
Konferenz zur Gleichstellung von Mann und Frau
(Aus: HALLO KINO Nr. 12/1989)
A 1989, Ton, Farbe, Länge: 41’’
Trotz gesetzlicher Maßnahmen vor allem in sozialer und ökonomischer Hinsicht lässt die echte
Gleichstellung der Frauen weiter auf sich warten. Beim Lohngefälle zwischen den
Geschlechtern liegt Österreich laut EU-Beschäftigungsbericht hinter Großbritannien und Irland
an drittschlechtester Stelle.
Kap. 5. Geschichtsbewusstsein
Die Zweite Republik sah sich als Opfer des Zweiten Weltkriegs und des »Dritten Reichs«. Die
konfliktreiche Zwischenkriegszeit etwa wurde meist tabuisiert. Kam sie dennoch zur Sprache, so blieb
der öffentliche Diskurs über Bürgerkrieg und »Austrofaschismus« oft emotionell und sachlich
unausgewogen. Der Monarchie trauerten allerdings nur noch wenige Österreicher nach. Das
Vertrauen in die Demokratie war gefestigt. Ab Mitte der Achtzigerjahre zwang die internationale
Aufregung um die Wehrmachtsvergangenheit des Bundespräsidenten Kurt Waldheim zu einer
genaueren Beschäftigung mit dem »Anschluss« und der »Ostmark«, mit dem Verhalten des Landes
gegenüber Opfern und Tätern des Nationalsozialismus.
Begräbnis Kaiserin Zita
(Aus: HALLO KINO Nr. 8/1989)
A 1989, Ton, Farbe, Länge: 2’2’’
1989 wurde die letzte Kaiserin Österreich-Ungarns zu Grabe getragen. Noch immer fanden sich
Monarchisten ein, um der verstorbenen Regentin Zita zu huldigen und dem Kaiserreich
nachzutrauern. Doch für die Mehrzahl der Österreicher war die Monarchie nur mehr ein Teil der
Vergangenheit, der dem nostalgischen Rückblick, einem althergebrachten Selbstverständnis und vor
allem dem Fremdenverkehr diente. Am demokratischen Status Österreichs bestand kein Zweifel
mehr.
12. Februar 1934: Bürgerkrieg in Österreich
(Aus: SCOPE Nr. 8/1984)
A 1984, Ton, Farbe, Länge: 4’27’’
Die Kinowochenschau 1984 machte deutlich, dass die Großparteien in Bezug auf die
Zwischenkriegszeit zu keiner gemeinsamen Sprache gefunden hatten. SPÖ und ÖVP hielten
getrennte Veranstaltungen ab. In der Analyse der Dreißigerjahre besteht bis heute keine Einigkeit. Die
»Linke« spricht von der Zerschlagung der Sozialdemokratie, der Zerstörung des Parlamentarismus
und der Etablierung des »Austrofaschismus«. Konservative Kreise würdigen hingegen den Kampf des
»Ständestaates« gegen die NSDAP.
Der Nationalsozialismus in Österreich
100
Mediathek UB Graz
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 4/1973)
A 1973, Ton, s/w, Länge: 1’26’’
Die »Moskauer Deklaration« der Alliierten vom November 1943 nahm Österreich nur in Teilen
zur Kenntnis. Die darin ausgesprochene Mitverantwortung der »Ostmark« am NS-Regime
verschwand hinter dem »Opfermythos«. Das Land sah sich vor allem als »erste Beute« der NSEroberungspolitik. Ehemalige NSDAP-Mitglieder wurden rasch integriert. »Ewiggestriges
Gerede« beherrschte nicht selten die Stammtische. Die tatsächlichen Opfer des NS-Regimes
warteten (lange) vergeblich auf Anerkennung, Entschädigungen und Rückerstattungen von
Raubgut. Man tat sich 1973 noch sichtlich schwer, das Thema »Nationalsozialismus in
Österreich« aufzuarbeiten.
Bundespräsidentenwahl 1986
(Aus: HALLO KINO Nr. 13/1986)
A 1986, Ton, Farbe, Länge: 51’’
Im Präsidentschaftswahlkampf 1985/86 kam es zu rechtsstaatlich bedenklichen
Vorverurteilungen des VP-Kandidaten und früheren UNO-Generalsekretärs Kurt Waldheim.
Allerdings hatte dieser seine Biografie beschönigt, mit »Erinnerungslücken« zu kämpfen und
als Wehrmachtsoffizier »nur seine Pflicht getan«. Die Affäre polarisierte Österreich. Einerseits
wählte man »jetzt erst recht« einen in der Folge besonders durch die »Watchlist«Entscheidung der USA international geächteten Diplomaten und Politiker. Andererseits
formierte sich ein Gegenlager, das die ehrliche Aufarbeitung der Geschichte forderte.
Bundeskanzler Franz Vranitzky in den USA
(Aus: HALLO KINO Nr. 13/1987)
A 1987, Ton, Farbe, Länge: 1’41’’
Bundeskanzler Franz Vranitzky übernahm de facto die Außenvertretung des Bundespräsidenten. Kurt
Waldheim war zu einem Symbol der von Österreich verdrängten NS-Vergangenheit geworden. Die
bedenklichen und mitunter sogar antisemitischen Äußerungen mancher seiner Befürworter hatten
Waldheims, aber auch Österreichs internationaler Reputation nachhaltig geschadet.
50 Jahre danach. Was geschah im März 1938?
(Aus: HALLO KINO Nr. 1/1988)
A 1988, Ton, Farbe, Länge: 2’51’’
Nach der »Causa Waldheim« begann eine offene Auseinandersetzung mit der NSVergangenheit. Das Gedenkjahr 1988 sollte die Mitschuld der Österreicherinnen und
Österreicher an den Gräueln des Nationalsozialismus klar zum Ausdruck bringen. Vor allem die
Jugend wurde in den Schulen und bei diversen Veranstaltungen dazu angehalten, sich mit der
Zeit des Nationalsozialismus kritisch auseinanderzusetzen. Auch die offizielle staatliche
Wochenschau leistet dazu ihren Beitrag.
Märztage 1938. Bedenktage im Gedenkjahr 1988
(Aus: HALLO KINO Nr. 7/1988)
A 1988, Ton, Farbe, Länge: 3’
Die Schuld vieler Österreicher an der Beraubung, Verfolgung und Ermordung jener, die vom
Nationalsozialismus als »andersartig« diffamiert worden waren sowie insbesondere der
hausgemachte Antisemitismus, der die Geschichte des Landes auf tragische Weise
mitbestimmt hatte, standen 1988 im Zentrum des Gedenkens an den »Anschluss« und die
101
Mediathek UB Graz
»Reichskristallnacht« 1938. Eine Reihe von Ausstellungen und Veranstaltungen befasste sich
mit diesen Themen.
Vranitzky in Israel
(Aus: ZEIT IM BILD, 9.6.1993)
A 1993, Ton, Farbe, Länge: 3’4’’
Nicht zuletzt an die NS-Opfer wandte sich Bundeskanzler Franz Vranitzky mit seinen Reden, als er
von der österreichischen Mitschuld am NS-Terror sprach. Die Erinnerungskultur veränderte sich. Sie
führte auch zur wissenschaftlichen Erforschung des NS-Vermögensentzugs und zu einer neuen
Entschädigungspolitik. Trotz des unverkennbaren Perspektivenwechsels warnen Kritiker aber vor
einer bloßen Ritualisierung des Gedenkens ebenso wie vor neuerlichen Versuchen einer
Verharmlosung des NS-Regimes.
Österreich ist frei!
(Aus: HALLO KINO Nr. 2/1985)
A 1985, Ton, Farbe, Länge: 1’20’’
Angesichts der österreichischen Geschichte bietet sich die Vergangenheit eigentlich kaum als
identitätsstiftendes Element der Alpenrepublik an. Lediglich der Staatsvertrag und der Abzug
der Alliierten scheinen eine Ausnahme zu bilden. Neben dem Nationalfeiertag sind es die
»runden Geburtstage«, an denen das Land seine Souveränität und Neutralität bejubelt. Das
»Glücksjahr« 1955 hat folglich das gesellschaftliche Bewusstsein tief geprägt.
Kap. 6. Das dritte Lager – Rechtspopulismus
Ethnische Minderheiten und Zuwanderern waren und sind in Österreich mit Vorurteilen und Ablehnung
konfrontiert. So stieß das Aufstellen zweisprachiger Ortstafeln in Kärnten von Beginn an auf den
heftigen Widerstand der deutschsprachigen Bevölkerung. Zudem entschied sich der Nationalrat erst
1993 für die Anerkennung der Roma als »Volksgruppe«. Vier ihrer Angehörigen kamen 1995 bei
einem Sprengstoffattentat im burgenländischen Oberwart ums Leben.
Diskussionen über die NS-Vergangenheit, über Zuwanderung und Fremdenfeindlichkeit führten zu
einer Polarisierung der Gesellschaft, die durch das Auftreten der FPÖ unter Jörg Haider verstärkt
wurde.
Ortstafelstreit 1973
(Aus: ZEIT IM BILD, 22.5.1973)
A 1973, Ton, s/w, Länge: 1’3’’
Selbst »angestammte« Minoritäten wie die Slowenen wurden nur zögerlich als eigenständige
ethnisch-kulturelle Gemeinschaften toleriert. Als 1972 die Regierung Kreisky den Artikel 7 des
Staatsvertrags endlich erfüllen und zweisprachige Ortstafeln in Kärnten aufstellen wollte, stieß
sie auf den vehementen Widerstand der lokalen deutschsprachigen Bevölkerung. Der Kärntner
»Ortstafelstreit« ist bis heute nicht bereinigt.
Der Wahlkampf auf seinem Höhepunkt
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 39/1975)
A 1975, Ton, s/w, Länge: 1’43’’
Friedrich Peter, von 1958 bis 1978 Bundesparteiobmann der FPÖ, tolerierte 1970 die Bildung einer
Minderheitsregierung unter der SPÖ. Im Gegenzug versprach Kreisky eine Wahlrechtsreform, die
kleineren Parteien zugute kommen sollte. Diskussionen über Friedrich Peters SS-Vergangenheit
102
Mediathek UB Graz
schadeten seiner politischen Karriere, obwohl er von Bruno Kreisky verteidigt wurde. Die FPÖ erhielt
bis in die Siebzigerjahre maximal zehn Prozent der Wählerstimmen. Ab 1979 befand sie sich sogar im
Sinkflug. Gegen die FPÖ-Führung unter Norbert Steger, die mit der SPÖ zusammenarbeitete,
formierte sich in den Achtzigerjahren parteiintern Widerstand.
Haider wird Parteiobmann
(Aus: INLANDSREPORT, 18.9.1986)
A 1986, Ton, Farbe, Länge: 1’27’’
Eine betont nationale Strömung unter Jörg Haider setzte sich 1986 gegen Norbert Steger durch. SPÖChef Franz Vranitzky lehnte daraufhin eine Kooperation mit der FPÖ unter Haider ab. Eine große
Koalition zwischen Sozialisten und Volkspartei bildete sich. Die Freiheitlichen gewannen in der Folge
durch rechtspopulistische Sprüche und eine effektvolle Oppositionspolitik gegen das Establishment
rasch an Terrain. Nach der Bildung einer »schwarz-blauen« Regierung unter Wolfgang Schüssel im
Jahr 2000 schlitterte Haiders Partei allerdings in die Krise.
Lichtermeer in Wien
(Aus: HALLO KINO Nr. 1/1993)
A 1993, Ton, Farbe, Länge: 2’34’’
Die Alpenrepublik erlebte eine stärkere Polarisierung. Rechtspopulistische Parolen der FPÖ trugen
dazu in keinem geringen Ausmaß bei. Sie führten unter anderem zu einer Lichterprozession, dem
»Lichtemeer«, in Wien, bei der im Jänner 1993 mehr als 250.000 Menschen gegen Demagogie und
Ausländerfeindlichkeit Stellung bezogen.
Liberales Forum
(Aus: ZEIT IM BILD, 19.2.1993)
A 1993, Ton, Farbe, Länge: 2’22’’
1993 trat Heide Schmidt mit einigen anderen Abgeordneten aus der FPÖ aus. Sie gründete das
Liberale Forum (LIF) und wandte sich damit gegen die vielfach europa- und ausländerfeindliche
Haltung der Freiheitlichen. Dennoch änderten sich die politischen Kräfteverhältnisse langfristig nur
geringfügig. ÖVP, SPÖ und Sozialpartner waren trotz Rückschlägen weiterhin die tonangebenden
Kräfte. Eine mobilere »Zivilgesellschaft« blieb zum größten Teil in den traditionellen Strukturen der
Zweiten Republik verankert.
Attentat in Oberwart
(Aus: ZEIT IM BILD, 5.2.1995)
A 1995, Ton, Farbe, Länge: 47’’
Erst 1993 entschied sich der Nationalrat für die Anerkennung der Roma als »Volksgruppe«. Vier ihrer
Angehörigen kamen 1995 durch ein Sprengstoffattentat im burgenländischen Oberwart ums Leben.
Der Mordanschlag ist das bisher schwerste Attentat in Österreich seit 1945 mit innenpolitischem
Hintergrund. Im Oktober 1997 wurde der Bombenattentäter Franz Fuchs festgenommen. Als Urheber
einer Serie von 25 Briefbomben und mehreren Sprengstoffattentaten mit vier Toten und mehreren
Verletzten wurde er 1999 zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Franz Fuchs beginn im Jahr
2000 Selbstmord.
Kap. 7. Zivilgesellschaft
Ungeachtet einer kleinen Gruppe, die repräsentative Demokratie und bürgerlichen Rechtsstaat radikal
in Zweifel zog, führte eine moderatere Rezeption von 1968 später zu schrittweisen Liberalisierungs-
103
Mediathek UB Graz
und Individualisierungstendenzen. Diese Entwicklungen traten im Protestverhalten der Friedens- und
Jugendbewegung, in Fragen des Umweltschutzes, der Frauenemanzipation und der
Armutsbekämpfung zutage. Die Besetzung des Schlachthofs St. Marx, der Protest gegen die
Kraftwerkspläne in Zwentendorf und Hainburg sowie der Beginn der Opernballdemonstrationen
zeugen vom Entstehen einer »Zivilgesellschaft«.
Rückblick 1968
(Aus: FOX TÖNENDE WOCHENSCHAU Nr. 1/1969)
A 1969, Ton, s/w, Länge: 4’30’’
Der sonst oft beschaulich gestaltete Rückblick auf das vergangene Jahr weist 1968 Brüche auf.
Verklärende Bilder aus dem Leben Königin Elisabeths von England und Jubelbilder von den
Erfolgen der österreichischen Sportler werden von blutigen Kampf- und Protestszenen
abgelöst. Krisen- und Aufbruchstimmung dominieren den Blick zurück. Den
Studentenprotesten in Paris und den Berichten über die Bürgerrechtsbewegung folgen
Kriegsbilder aus Vietnam und die Information über die Ermordung von Martin Luther King und
Robert Kennedy. Auch das liberale Aufflackern in Prag wird letztlich von Schreckensbildern
der Niederschlagung des Prager Frühlings begleitet.
Anti-Schah-Demo 1969
(Aus: ZEIT IM BILD, 22.1.1969)
A 1969, Ton, s/w, Länge: 49’’
Größere Demonstrationen als im Jahr 1968 folgten in Österreich Anfang 1969. Sie richteten sich
gegen den Schah von Persien, der mit diktatorischer Gewalt jede Opposition sowie politische
Diskussion und Freiheit unterband. Auch US-Präsident Richard Nixon war Ziel einer groß angelegten
Demonstration in Salzburg im Jahr 1972, die sich gegen den von den USA geführten Vietnamkrieg
richtete. Die in Österreich einsetzende Protestbewegung wies »1968« hier verspätet als Phänomen
internationaler Vernetzung aus. Die Bilder sprechen für sich, die ZEIT IM BILD kam hier ohne
Kommentar aus.
10 Jahre Arena-Besetzung
(Aus: OHNE MAULKORB SPEZIAL, 24.8.1986)
A 1986, Ton, Farbe, Länge: 2’3’’
unehmend traten Liberalisierungs- und Individualisierungstendenzen der Gesellschaft im
Protestverhalten von Teilen der Bevölkerung zutage. Große Aufmerksamkeit zog die Besetzung
des Schlachthofs St. Marx in Wien auf sich. Ihn verwandelte die sogenannte »ArenaBewegung« in ein Veranstaltungs- und Kommunikationszentrum. Obwohl die Aktion nur von
Juni bis Oktober 1976 andauerte, wirkte der Wunsch nach kulturellem, sozialem und
politischem Wandel weit über den Augenblick und die Bundeshauptstadt hinaus als Signal
einer Neuorientierung.
Die Volksabstimmung über Zwentendorf
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 43/1978)
A 1978, Ton, Farbe, Länge: 1’50’’
Den fast uneingeschränkten Fortschrittsglauben bremste ab den Siebzigerjahren ein wachsendes
Umweltbewusstsein. Neben dem Waldsterben wurden vor allem neue Kraftwerksprojekte ab den
Siebzigerjahren kontrovers diskutiert. Die Energiepolitik der SPÖ und der Gewerkschaften stieß auf
zunehmenden Widerstand. Eine Volksbefragung über die Inbetriebnahme des Kernkraftwerks
Zwentendorf endete mit einer knappen Niederlage der Regierung. Die Ablehnung der Nuklearenergie
verstärkte sich durch die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl 1986. Unsichere Atommeiler in den
Nachbarstaaten gerieten ins Fadenkreuz heimischer Umweltschützer und Politiker.
104
Mediathek UB Graz
Vom Frieden
(Aus: SCOPE Nr. 22/1982)
A 1982, Ton, Farbe, Länge: 2’15’’
Im Vorfeld der Nationalratswahl von 1970 wurde in Österreich ein »Anti-Bundesheer-Volksbegehren«
gestartet, das den Beginn einer neuen Friedensbewegung markiert. Das Volksbegehren stieß auf
große Resonanz und wurde von der SPÖ mit dem Slogan »Acht Monate sind genug« wahlstrategisch
genutzt. Im Zuge der Debatte um das Heer wurde die österreichische Landesverteidigung kritisch
hinterfragt. Zugleich fand ein verstärkter Konnex mit der internationalen Friedensbewegung statt. Das
zeigte sich etwa 1982, als auch in Österreich groß angelegte Demonstrationen gegen die
Rüstungspolitik der NATO stattfanden.
Konrad-Lorenz-Volksbegehren
(Aus: POLITIK AM FREITAG, 14.12.1984)
A 1984, Ton, Farbe, Länge: 2’1’’
Die Auseinandersetzung um den Bau des Donaukraftwerkes in Hainburg wurde ab August 1983
prekär. Die Bundesregierung unter Kanzler Fred Sinowatz (SPÖ) und Vizekanzler Norbert
Steger (FPÖ) sowie die Bauindustrie unterstützten das Projekt. Daraufhin wurde eine
»Aktionsgemeinschaft gegen das Kraftwerk Hainburg« gegründet. Man entschloss sich, ein
Volksbegehren gegen den Kraftwerksbau einzuleiten, das unter der Patronanz des
Nobelpreisträgers Konrad Lorenz stand und letztlich 353.906 Unterschriften einbrachte. Eine
der führende Kräfte der Hainburg-Bewegung war die Journalistin Freda Meissner-Blau. Sie
gründete Mitte der Achtzigerjahre die »Grüne Alternative – Liste Meissner-Blau«, die bei ihrem
ersten Antreten 1986 prompt den Einzug ins Parlament schaffte.
Hainburg
(Aus: ZEIT IM BILD, 10.12.1984 und 19.12.1984)
A 1984, Ton, Farbe, Länge: 2’29’’
Noch heftigere Konflikte als Zwentendorf 1978 löste ein energiewirtschaftliches Bauprojekt in der
Hainburger Au 1984 aus. Die schließlich sogar gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen
Arbeitern und Sicherheitskräften einerseits und einer steigenden Zahl von Aubesetzern andererseits
veranlassten die rot-blaue Koalition unter Fred Sinowatz zum Einlenken. Der Kanzler verkündete am
21. Dezember 1984 einen sogenannten »Weihnachtsfrieden«. Im neuen Jahr stand fest, dass in
Hainburg kein hydraulisches Kraftwerk entstehen würde.
Opernballdemo
(Aus: HALLO KINO Nr. 5/1988)
A 1988, Ton, Farbe, Länge: 1’3’’
Während das offizielle Österreich weiterhin die traditionelle Festkultur pflegte, organisierte sich eine
Bewegung gegen das Establishment. Der Höhepunkt der Faschingssaison, der Wiener Opernball,
wurde 1987 erstmals von einer Demonstration begleitet. Damals richtete sich der Protest gegen den
Ballgast Franz Josef Strauß, Ministerpräsident von Bayern. Der Unmut gegen die geplante
Wiederaufbereitungsanlage für atomare Brennstoffe in Wackersdorf wurde kundgetan. In den
darauffolgenden Jahren blieb die Opernballdemonstration politisch motiviert.
Kap. 8. Die große Geschichte
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Mediathek UB Graz
Die Globalisierung machte sich zusehends in Österreich bemerkbar. Schloss man sich
einerseits der Begeisterung für die erste Mondlandung an, so fürchtete man andererseits das
Wettrüsten der Supermächte und war entsetzt, als der Terror auch vor der »Insel der Seligen«
nicht haltmachte.
Vorübergehend nahm man sich gerne als Zentrum der Welt wahr, wenn Persönlichkeiten
internationaler Relevanz, wie etwa der Papst oder Vertreter der Großmächte, in Österreich Station
machten. Zugleich näherte sich Österreich immer mehr an die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft,
die spätere EG beziehungsweise EU, an. Seit Jahresbeginn 1995 ist Österreich EU-Mitglied.
Ein Traum ging in Erfüllung: Die Mondlandung
(Aus: FOX TÖNENDE WOCHENSCHAU Nr. 30/1969)
A 1969, Ton, s/w, Länge: 2’27’’
Am 20. Juli 1969 um 21.17 Uhr mitteleuropäischer Zeit fand die erste Mondlandung statt. Sie
war ein weltweites Medienereignis. Millionen Menschen auf der ganzen Welt verfolgten via TVBildschirm die ersten Schritte Neil Armstrongs auf dem Erdtrabanten.
Den USA war mit der Mondlandung mitten im Kalten Krieg ein Prestigeerfolg geglückt. Bisher war die
Sowjetunion in der Raumfahrt vorangelegen – vom ersten Satelliten über den ersten Menschen im All
bis hin zum ersten sogenannten Weltraumspaziergang. Nun hatten die USA im jahrelang Ringen um
die Vorherrschaft im All einen bedeutenden Sieg errungen.
Terror in Wien
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 52/1975)
A 1975, Ton, s/w, Länge: 5’29’’
Ungeachtet des Entgegenkommens der Wiener Regierung blieb auch die Alpenrepublik von arabischpalästinensischen Gewaltaktionen nicht verschont. 1973 kam es zu einer Geiselnahme, 1975 wurden
bei einem Anschlag auf das Wiener Hauptquartier der OPEC drei Menschen getötet. Es folgten 1979
die Ermordung des Wiener Stadtrates und Präsidenten der Österreichisch-Israelischen Gesellschaft
Heinz Nittel, 1981 das Bombenattentat auf das jüdische Bethaus in der Seitenstättengasse mit zwei
Todesopfern sowie 1985 der Feuerangriff auf israelische Flugpassagiere in Schwechat, bei dem
erneut zwei Menschen starben.
Treffen Sadat – Peres – Brandt – Kreisky
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 29/1978)
A 1978, Ton, s/w, Länge: 2’19’’
Vor allem in der zweiten Hälfte der Siebzigerjahre legte die Alpenrepublik in der Nahostfrage ein
besonderes Engagement an den Tag. Österreich vermittelte Treffen zwischen den Präsidenten der
USA und Ägyptens, brachte später arabisch-israelische Verhandlungen zustande und trug damit
schließlich 1978 zum Vertrag von Camp David bei. Bruno Kreisky äußerte sich indes unzufrieden mit
dem Erreichten. Nachdrücklich wies er auf die Bedeutung der Palästinenser hin, deren Zukunft nach
den bisherigen Abkommen völlig unklar war.
EWG-Abkommen: Wir haben es geschafft
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 31/1972)
A 1972, Ton, s/w, Länge: 1’13’’
Österreich bemühte sich, trotz wütender sowjetischer Pressekommentare, um enge Kooperation mit
der EWG. 1972 kam ein Freihandelsabkommen zwischen Wien und Brüssel zustande, das die
stufenweise Beseitigung aller Zölle und Verkehrsbeschränkungen im Gewerbe- und Industriebereich
sowie signifikante Liberalisierungsschritte in der Landwirtschaft vorsah.
Die Übergabe der UNO-City
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Mediathek UB Graz
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 35/1979)
A 1979, Ton, s/w, Länge: 2’39’’
Die diplomatische Aufwertung des neutralen Kleinstaates lag zunächst keineswegs im
Interesse der USA. Sie sahen darin eine Benachteiligung ihrer Bündnispartner, allen voran der
BRD. Entsprechend reserviert verhielt sich Washington daher in der Debatte um Wien als
dritten UNO-Standort neben Genf und New York. Erst in den Siebzigerjahren gaben die
Amerikaner aus logistischen, finanziellen und politischen Gründen grünes Licht. Ab 1973
entstand daraufhin auf einer Grundfläche von 17 Hektar ein markanter Gebäudekomplex. Die
»UNO-City« konnte den Vereinten Nationen am 23. August 1979 übergeben werden.
Das Gipfeltreffen: Breschnew und Carter
(Aus: AUSTRIA WOCHENSCHAU Nr. 25/1979)
A 1979, Ton, Farbe, Länge: 1’44’’
Im Redoutensaal der Hofburg unterzeichneten 1979 der Präsident der Vereinigten Staaten, Jimmy
Carter, und der Staats- und Parteichef der UdSSR, Leonid Breschnew, das SALT-II-Abkommen, das
die Begrenzung der strategischen Rüstung vorsah. Die Entspannungspolitik wurde kurz danach durch
den Einmarsch sowjetischer Truppen in Afghanistan stark belastet. Trotzdem begannen im November
1981 Verhandlungen zwischen den Supermächten über die in Europa stationierten
Mittelstreckenwaffen.
KSZE Aussenmnister-Gipfel
(Aus: HALLO KINO Nr. 7/1989)
A 1989, Ton, Farbe, Länge: 46’’
Seit Juli 1973 tagte in Genf die Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, kurz KSZE.
Deren Tagungen profitierten in der Folge auch von Impulsen aus Wien. 1975 lag dann das Ergebnis
auf dem Tisch: Die »Helsinki-Schlussakte« betonte die gegenseitige Nichteinmischung in innere
Angelegenheiten, die friedliche Beilegung von Streitfällen und die Wahrung der Menschenrechte. Das
globale Tauwetter nutzte nicht zuletzt Österreich. Es vergrößerte seinen Aktionsradius und bemühte
sich um den europäischen Einigungsprozess.
Der Papst in Österreich
(Aus: SCOPE Nr. 38/1983)
A 1983, Ton, s/w und Farbe, Länge: 3’41’’
Papst Johannes Paul II. besuchte anlässlich des Katholikentages 1983 Österreich. Sein Engagement
im Ost-West-Konflikt war auch hier Thema. Johannes Paul II. verwies auf Österreichs Brückenfunktion
zwischen Ost und West. Die »Europavesper« am Heldenplatz und die Messe im Wiener Donaupark
wurden zu einem Event der Massen.
Ungarn und der Eiserne Vorhang
(Aus: HALLO KINO Nr. 12/1989)
A 1989, Ton, Farbe, Länge: 53’’
Unter den Schlagworten »Glasnost« und »Perestrojka« vollzog sich in der UdSSR unter Michail
Gorbatschow eine Liberalisierung, die schließlich aus der Sicht des Kremls ungewollte
Auswirkungen auf die fest gefügte Staatengemeinschaft des Warschauer Pakts hatte. Die
Vorgeschichte der dramatischen »Wende« spielte sich in unmittelbarer Nachbarschaft der
Alpenrepublik ab: Ungarn befand sich bereits in einem grundlegenden Reformprozess. Der
Eiserne Vorhang fiel 1989.
Tausende DDR-Bürger flüchten in die Freiheit
(Aus: HALLO KINO Nr. 14/1989)
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Mediathek UB Graz
A 1989, Ton, Farbe, Länge: 1’10’’
Das Ende der kommunistischen Herrschaft in Osteuropa und den Zerfall der Sowjetunion spürte
Österreich, anders als die meisten westlichen und neutralen Länder, hautnah. 1989 fiel die Berliner
Mauer, das Symbol des Kalten Krieges schlechthin. Über Ungarn gelangten Bürger der DDR über die
burgenländische Grenze in den Westen. Der bisherige »Sonderweg« der rot-weiß-roten Außenpolitik
musste überdacht werden. Mit der formellen Beilegung des Ost-West-Konflikts suchte Österreich eine
neue Position in Europa.
Österreichs Bundesheer an der jugoslawischen Grenze
(Aus: HALLO KINO Nr. 7/1991)
A 1991, Ton, Farbe, Länge: 1’1’’
In den Jubel über den Untergang des »realen Sozialismus« mischte sich Entsetzen über den
aufflammenden Nationalismus. Tschechen und Slowaken trennten sich 1993 friedlich, in
Südosteuropa kam es jedoch zu bewaffneten Auseinandersetzungen, die in »ethnische
Säuberungen« und Massenmord mündeten. Der Zerfall Jugoslawiens begann in unmittelbarer
Nähe Österreichs. Das Bundesheer wurde aufgrund der Kämpfe in Slowenien an die Grenze
beordert.
Bundeskanzler Vranitzky bei Präsident Bill Clinton
(Aus: HALLO KINO Nr. 5/1994)
A 1994, Ton, Farbe, Länge: 1’48’’
Während der noch blutigeren und länger dauernden Kriegsereignisse in anderen Regionen des
Balkans, insbesondere in Bosnien-Herzegowina und im Kosovo, stellte sich die Wiener
Regierung, allen voran VP-Außenminister Alois Mock, gegen die Serben und befürwortete
unter anderem die Unabhängigkeit Kroatiens. Im gleichen Sinne wurden die Gespräche des
österreichischen Kanzlers mit dem US-Präsidenten geführt. Skeptiker sprachen in diesem
Zusammenhang von einem leichtfertigen Umgang mit der Neutralität.
Österreich im Eilschritt nach Europa
(Aus: HALLO KINO Nr. 7/1994)
A 1994, Ton, Farbe, Länge: 3’3’’
Am 17. Juli 1989 stellte Außenminister Alois Mock das formelle Gesuch um Aufnahme der
Alpenrepublik in die Europäische Gemeinschaft. Moskau akzeptierte die Entwicklung. Im Frühjahr
1994 schloss man die Beitrittsverhandlungen ab. 67 Prozent der Bevölkerung unterstützten kurz
darauf bei einer Volksabstimmung den Kurs der Regierung. Am 24. Juni 1994 wurde in Korfu der
Vertrag mit der Europäischen Union unterzeichnet, der Österreich seit dem 1. Jänner 1995 als
vollwertiges Mitglied angehört.
Kap. 9. Biografien
Anton Benya (1912–2001): Benya war wegen seiner illegalen Tätigkeit für die freien Gewerkschaften
1934 und 1937 in Haft. Er gehörte 1956 bis 1986 dem Parlament als Abgeordneter an. 1971–1983
war er erster Nationalratspräsident. Bedeutung erlangte er aber vor allem als Präsident des
Österreichischen Gewerkschaftsbundes zwischen 1963 und 1987. Gemeinsam mit dem Präsidenten
der Bundeswirtschaftskammer, Rudolf Sallinger, galt er als wesentlicher Garant der
Sozialpartnerschaft.
108
Mediathek UB Graz
Erhard Busek (geb. 1941): Busek wird zum katholisch-liberalen Flügel der ÖVP gezählt. Er war
1976–1989 Landesparteiobmann der Wiener Volkspartei und 1978–1987 Vizebürgermeister der
Bundeshauptstadt. 1989–1994 fungierte er als Minister für Wissenschaft und Forschung. Er bekleidete
1991–1995 das Amt des Vizekanzlers in der großen Koalition sowie des Bundesparteiobmanns der
ÖVP. Busek ist seit 1995 vor allem international tätig. Schwerpunktmäßig befasst er sich unter
anderem im Rahmen der EU-Erweiterung mit dem Donauraum, Ost- und Südosteuropa.
Leonid I. Breschnew (1906–1982): Breschnew war seit den Dreißigerjahren KP-Funktionär, er
gehörte seit 1952 dem ZK an. Ab 1957 war er Mitglied und 1964 beziehungsweise 1966
Generalsekretär des Präsidiums der KPdSU. 1960–1964 und ab 1977 fungierte er als Vorsitzender
des Präsidiums des Obersten Sowjets und war damit auch das Staatsoberhaupt. Er unterzeichnete
1979 in Wien das SALT-II-Abkommen.
James Earl (»Jimmy«) Carter (geb. 1924): Carter war langjähriger Gouverneur von Georgia und von
1977 bis 1981 39. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Er unterzeichnete 1979 in Wien
das SALT-II-Abkommen. Carter unterlag nach geringen innen- und außenpolitischen Erfolgen bei den
Wahlen 1980 deutlich dem Republikaner Ronald Reagan.
Jörg Haider (1950–2008): Haider löste 1986 Norbert Steger als FPÖ-Parteiobmann ab. Er betrieb
unter anderem mit rechtspopulistischen Losungen erfolgreiche Oppositionspolitik. Haider war von
1989 bis 1991 Kärntner Landeshauptmann, ein Amt, das er seit April 1999 wieder innehatte. Im Jahr
2000 war er maßgeblich an der Bildung der »schwarz-blauen« Koalition beteiligt, hielt sich dann aber
im Hintergrund und trat vom Posten des FPÖ-Vorsitzenden zurück. Parteiinterne Machtkämpfe und
Wahlniederlagen führten schließlich zur Spaltung des »dritten Lagers«. Haider trat 2005 an die Spitze
des BZÖ.
Franz Jonas (1899–1974): Jonas übernahm 1949 die Leitung der Wiener SPÖ und wurde 1950 deren
stellvertretender Bundesparteivorsitzender. 1951–1965 bekleidete er das Amt des Wiener
Bürgermeisters, 1952/53 war er Bundesrat, 1953–1965 Nationalrat. Jonas war von 1965 bis 1974
österreichischer Bundespräsident.
Rudolf Kirchschläger (1915–2000): Kirchschläger war 1962–1967 stellvertretender Generalsekretär
für Auswärtige Angelegenheiten, 1963–1966 Kabinettsdirektor des Außenministeriums, 1967–1970
Gesandter in der ČSSR, 1970–1974 Außenminister. Kirchschläger wurde 1974 als parteiloser
Kandidat der SPÖ zum Bundespräsidenten gewählt und 1980 in seiner Funktion als Staatsoberhaupt
bestätigt.
Josef Klaus (1910–2001): Der Jurist und ÖVP-Politiker war 1949–1961 Landeshauptmann von
Salzburg und 1961–1963 Finanzminister. Er wurde 1964 österreichischer Bundeskanzler, leitete
zunächst eine große Koalition und stand dann, von 1966 bis 1970, an der Spitze der ersten, von der
Volkspartei gebildeten Alleinregierung der Zweiten Republik. Unter Klaus begann eine sozialliberalere
Ära in der österreichischen Nachkriegsgeschichte, die später mit den Reformen unter Bruno Kreisky
fortgesetzt wurde.
Bruno Kreisky (1911–1990): Kreisky trat 1926 der Sozialistischen Arbeiter-Jugend bei. Er war
während des »Ständestaates« aus politischen Gründen inhaftiert. Als politisch und rassisch Verfolgter
befand er sich ab 1938 im schwedischen Exil. Er war zunächst nach 1945 österreichischer Diplomat in
Stockholm und kehrte dann wieder nach Wien zurück. Kreisky wurde Berater von Theodor Körner.
1953–1957 bekleidete er das Amt eines Staatssekretärs im Außenministerium. 1959–1966 war er
Außenminister und seit 1967 auch Vorsitzender der SPÖ. Von 1970 bis 1983 prägte Kreisky als
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Bundeskanzler von SPÖ-Alleinregierungen eine ganze Epoche der Zweiten Republik durch soziale
Reformen und verstärktes außenpolitisches Engagement.
Freda Meissner-Blau (geb. 1927): Die Journalistin arbeitete 1961 und 1969–1972 als freie
Mitarbeiterin bei der UNESCO und war 1962–1968 Generalsekretärin am Institut für Höhere
Studien und Wissenschaftliche Forschung in Wien. 1975–1980 war sie in der Österreichischen
Mineralölverwaltungs AG tätig. Sie war eine der führenden Kräfte der Hainburg-Bewegung. In
den Achtzigerjahren gründet sie die »Grüne Alternative – Liste Meissner-Blau«, die bei ihrem
ersten Antreten 1986 den Einzug ins Parlament schafft. 1986 kandidierte sie für das Amt des
Bundespräsidenten, unterlag aber bereits im ersten Wahlgang gegenüber Waldheim und
Steyrer. Sie war die erste Klubobfrau der Grünen.
Alois Mock (geb. 1934): In der ÖVP-Alleinregierung wurde er 1969 Unterrichtsminister. In der Ära
Kreisky war er 1971–1978 Bundesobmann des ÖAAB, 1978–1987 Obmann des VP-Parlamentsklubs
und 1979–1989 Bundesparteiobmann der Volkspartei. Als Außenminister von 1987 bis 1995 suchte er
im Zuge der »Wende« in Osteuropa Kontakt mit den Reformländern. Gemeinsam mit der BRD
drängte er auf die möglichst rasche Anerkennung Kroatiens und Sloweniens als unabhängige Staaten.
Den Abschluss seiner Amtszeit bildete der EU-Beitritt Österreichs. Bis 1999 blieb er Abgeordneter des
Nationalrats, dem er 1970 das erste Mal angehört hatte.
Friedrich Peter (1921–2005): Peter trat der NSDAP und der Waffen-SS bei und gehörte im Zweiten
Weltkrieg Einheiten an, die an zahlreichen Kriegsverbrechen beteiligt waren. Nach 1945 war er im
Schuldienst tätig. Beim Übergang vom »Verband der Unabhängigen« zur »Freiheitlichen Partei
Österreichs« spielte er eine entscheidende Rolle. Von 1958 bis 1978 war er Bundesparteiobmann und
von 1970 bis 1985 Klubobmann der FPÖ. Peter verfolgte dabei einen eher liberalen Kurs.
Diskussionen über seine SS-Vergangenheit schadeten seiner politischen Karriere, obwohl er von
Bruno Kreisky verteidigt wurde. Nachdem er 1987 aus dem Parlament ausgeschieden war, trat er
1992 wegen Differenzen mit Jörg Haider aus der FPÖ aus.
Heide Schmidt (geb. 1948): Die Juristin Heide Schmidt war in den Jahren 1988–1990
Generalsekretärin der FPÖ, von 1990 bis 1993 Bundesparteiobmann-Stellvertreterin der FPÖ
und 1992 Bundespräsidentschaftskandidatin. 1993 trat Heide Schmidt mit einigen anderen
Abgeordneten aus der FPÖ aus. Sie gründete das Liberale Forum (LIF) und wandte sich damit
gegen die vielfach europa- und ausländerfeindliche Haltung der Freiheitlichen. 1994–1999 war
Schmidt Klubobfrau des Liberalen Forums, bis 2000 dessen Bundessprecherin.
Fred Sinowatz (1929–2008): Der aus dem Burgenland stammende SP-Politiker war 1971–1983
Minister für Unterricht und Kunst und 1983–1988 Bundesparteivorsitzender. Von 1983 bis 1986 stand
er als Regierungschef einer kleinen, »rot-blauen« Koalition vor. 1986, nach der Niederlage des
sozialistischen Präsidentschaftskandidaten Kurt Steyrer, trat Sinowatz als Bundeskanzler zurück.
1988 verzichtete er auf alle politischen Funktionen.
Josef Taus (geb. 1933): Taus arbeitete unter anderem im Bankwesen und war von 1967 bis 1975
Vorsitzender im Aufsichtsrat der Verstaatlichten Industrie. Schon 1966 als Staatssekretär in die
Regierung berufen, wurde Taus 1975 zum Bundesparteiobmann der ÖVP gewählt, trat jedoch nach
mehreren Wahlniederlagen 1979 zurück. Danach war er hauptsächlich in der Privatwirtschaft tätig.
1991 legte er sein Abgeordnetenmandat zurück.
Franz Vranitzky (geb. 1937): Vranitzky ist seit Studententagen Mitglied der SPÖ. Er war Wirtschaftsund finanzpolitischer Berater des Kabinetts Kreisky. 1981 wurde er zum Generaldirektor der
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Creditanstalt-Bankverein, 1984 Finanzminister. 1986 schlug ihn Bundeskanzler Fred Sinowatz als
seinen Nachfolger vor. In der Folge führte Vranitzky bis 1997 eine große Koalition an. Nach der
»Watchlist«-Entscheidung gegen Bundespräsident Waldheim übernahm er de facto die
Außenvertretung des Staatsoberhaupts. Er lehnte stets eine Zusammenarbeit mit der FPÖ unter Jörg
Haider ab. 1997 trat er als Regierungschef zurück. Zugleich legte er das Amt des SPÖParteivorsitzenden zurück, das er seit 1988 bekleidet hatte.
Kurt Waldheim (1918–2007): Waldheim war 1968–1970 Außenminister, 1971–1981 Generalsekretär
der Vereinten Nationen. Seine Präsidentschaftskandidatur 1985/86 löste grundsätzliche Diskussionen
über das Verhalten vieler Österreicher in der NS-Zeit aus, nachdem Waldheim die Öffentlichkeit nur
zögerlich über seine Rolle als Offizier der deutschen Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg informiert hatte.
In der Folge der »Watchlist«-Entscheidung der USA blieb er als Staatsoberhaupt von 1986 bis 1992
auf diplomatischer Ebene weitgehend isoliert.
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