28.12.1895: 120 Jahre Kinematographie
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28.12.1895: 120 Jahre Kinematographie
28.12.1895: 120 Jahre Kinematographie 28.12.1895: 120 Jahre Kinematographie Wir schreiben den 28. Dezember 1895 in Paris. Im Le Salon Indien du Grand Café war ein Zimmer im Keller des Grand Café, auf dem Boulevard des Capucines 14 in der Nähe der Place de l'Opéra im Zentrum von Paris vorbereitet. Knapp 40 Personen nahmen darin auf einfachen Klappstühlen Platz. Vor ihnen stand ein bislang unbekanntes technisches Gerät, das auf eine Roll-Leinwand kaum breiter als 1,5 m scheinbar lebende Bilder zeigte. Einen Franc hatte jeder von Ihnen bezahlt, dafür gab es zehn Filme von rund 1 bis 2 Minuten Dauer zu sehen. Und dieses Ereignis gilt heute als die Geburtsstunde der Kinematografie, denn es handelte sich um die erste öffentliche Filmvorführung von den Brüdern August und Louis Lumière, Söhne des Fotografen Antoine Lumière aus Lyon. Heute befindet am gleichen Ort das Hotel Scribe, das in seinen Räumen das Cafe Lumière in Erinnerung an diesen historischen Moment beherbergt. Vorläufer Auf diesen Termin hat man sich nun schon seit Jahrzehnten weltweit geeinigt, aber die Erfindung der Kinematografie hatte eine Reihe von Vorläufern, eine Parallelhandlung und sogar einen Kriminalfall. Bereits im September wollte nämlich der Franzose Louis Aime Le Prince dem französischen Patentamt die Arbeitsweise seines (nachweislich vorhandenen) Filmwiedergabeapparats vorführen. Doch Le Prince verschwand auf der Reise in Frankreich spurlos, nachdem er am 16. September 1890 zum letzten Male in Dijon den Eisenbahnzug Dijon—Paris bestiegen und sich von seinem Bruder verabschiedet hatte. Man nimmt heute an, dass er ermordet wurde, aber es gibt angeblich noch in der Präfektur eine riesengroße Polizeiakte, die das nicht bestätigt. Auch sein Gepäck mit den wertvollen Zeichnungen, Patentunterlagen und Apparaten blieb spurlos verschwunden. Und als Vorläufer muss insbesondere auch Thomas Alva Edison gesehen werden, der 1889 seinen mit W. K. Dickson erfundenen „Kinetoskop“-Apparat zum Betrachten fotografisch aufgenommener Einzelbewegungen auf den Markt brachte. Es handelte sich dabei um ein Modell, wie es noch einige Jahrzehnte später in Vergnügungsstätten und Gasthäusern aufgestellt war und bei denen Einzelpersonen nach Einwurf eines Geldstückes an einer seitlich angebrachten Kurbel drehten, worauf man mehr oder weniger delikate bewegte Bilder betrachten konnte. Das war zwar die Ausnutzung des kinematischen Prinzips mit Einzelbildern, das seinerseits bereits viele Vorläufer hatte, aber es bot nur einer einzelnen Person die Betrachtung, den fortlaufenden Stillstand des Einzelbildes gab es in diesem Sinne nicht, sondern pro Bild wurde nur ein ganz kurzer Lichtblitz abgegeben, der das scheinbare Stehen des Einzelbilds zu Folge hatte. Es war keine Projektion und eignete sich in dieser Form auch nicht dazu. Allerdings benutzte Edison dafür Filmbänder mit einer Breite von 35 mm, die perforiert waren, und als Edison-Perforation bis auf den heutigen Tag (mit geringfügigen Änderungen der Lochform) noch bei mechanischen Projektoren benutzt wird. Page 1 of 13 28.12.1895: 120 Jahre Kinematographie Und - jetzt kommen wir zur Parallelhandlung - denn tatsächlich gab es schon kurz vorher öffentliche Filmvorführungen durch die deutschen Brüder Skladanowsky, und zwar im November 1895 im Berliner Varieté Wintergarten. Bereits 1892 stellte Max Skladanowski seinen ersten Film-Aufnahmeapparat her. Die größte Schwierigkeit bei dessen Anfertigung war die Schaffung eines Mechanismus, der das unperforierte Filmband ruckweise vor die Aufnahmelinse brachte und es während des kurzen Stillstandes zur fotografischen Aufnahme bereit stellte. Da er als junger Erfinder keine Geldmittel besaß, mußte er selbst einen solchen Aufnahmeapparat mit Hilfe einfachster Werkzeuge bauen. Die Bildfortschaltung bei der Aufnahme war extrem unpräzise,. Als es ihm gelang, eine Serienaufnahme von rund 48 Einzelbildern innerhalb von sechs Sekunden anzufertigen, kopierte er diese Streifen auf CelloidinPapier, zerschnitt sie in die einzelnen Bildchen und legte diese der Reihenfolge nach übereinander. Blätterte man diese Päckchen von Bildern schnell durch, so erschienen dem Betrachter die sich ändernden Bilder als eine fortlaufende und natürliche Bewegung. Skladanowski versah seinen Aufnahmeapparat mit einer rotierenden Abblendescheibe, die das Licht nur dann auf den Film fallen ließ, wenn dieser stillstand. Später gelang es ihm, einen Doppelprojektor mit zwei endlos geklebten Filmschleifen zu entwickeln, jede Bewegungsperiode enthielt bis zu 48 Einzelbildern bei 8 Bildwechseln je Sekunde. Aufnahmeapparat und Wiedergabeapparat waren von Max Skladanowsky entwickelt und selbst gebaut. Damit begann er zusammen mit seinem Bruder Emil vom 1. bis 31. November 1895 im Berliner Wintergarten lebende Photographien vorzuführen.Die Filmstreifen wiesen beiderseitig fünf Perforationslöcher je Bild auf auf, die Perforation war von Hand mit Hilfe einer Art Brieflocher hergestellt. Tatsächlich benutzten sie zur Vorführung zwei etwa drei Meter lange Page 2 of 13 28.12.1895: 120 Jahre Kinematographie Filmbänder, die über den Doppelprojektor wechselweise geschaltet wurden. Beim Projizieren des einen Bildstreifens wurde der andere Streifen für die Projektion des nächsten Bildes fortgeschaltet. Es gab also keine fortlaufende Handlung oder Bewegungsstudie auf einem Filmstreifen. Negativaufnahme, man erkennt die unterschiedlichen Bildabstände zwischen den Bildern Page 3 of 13 28.12.1895: 120 Jahre Kinematographie Positiv. Die Bilder wurden vor dem Kopieren von Hand ausgeschnitten, abwechselnd auf zwei Filmstreifen verteilt, justiert und nachträglich mit einer Art Aktenlocher perforiert. Die Perforation wurde mit Schuhösen verstärkt Page 4 of 13 28.12.1895: 120 Jahre Kinematographie BioscopeDoppelprojektor Um es vorweg zu nehmen, die Entwicklung der Kinematographie wurde durch ihn nicht beeinflußt. Zwar gab es nach 1925 heftige Pressefehden um Skladanowsky. Die Ursache hierzu ist im wesentlichen darin zu suchen, daß Skladanowsky widerspruchsvolle Angaben über seine Arbeiten machte, besonders spätere Apparate und Filme fälschlich als seine Anfangsapparate und seine ersten Filme ausgab und Vorträge über seine Arbeiten hielt, die von nicht sachverständigen Zuhörern leicht mißverstanden werden konnten. Eine sachliche Beurteilung seiner Arbeiten wurde durch dieses Verhalten immer wieder unmöglich gemacht. Im Gegensatz zu diesen Vorführungen von Ringfilmen mit Einzelbildern in beschränkter Anzahl gestatteten die Erfindungen Edisons 1893 und Lumières 1895 Vorführungen beliebig langer, vom Page 5 of 13 28.12.1895: 120 Jahre Kinematographie Negativ unmittelbar kopierbarer Filme. Ersterer zeigte Normalfilme im Betrachtungsapparat, letzterer in Projektion. Es gab auch noch andere Vorläufer, die sich mit dem Bau eines Kinematographens beschäftigten. 1893 führte zum Beispiel der Schausteller Georges Demeny in Paris seine Kamera und seinen Bildwerfer mit einen Schlägerantrieb vor, bei dem eine exzentrisch gelagerte Rolle auf einer Scheibe unmittelbar unterhalb des Bildfensters bei jedem Umlauf eine Schleife, eine Delle, in den Film schlägt, der dann von der Nachwicklung weitergezogen wird und so den Film um eine Bildhöhe verschiebt. Der Amerikaner Jean Aime Le Roy der im Dezember 1893 eine Vorführung mit dem Edisonschen Kinetoskop gesehen hatte und dadurch zur Konstruktion eines eigenen Projektionsapparates angeregt worden war, führte mit seinem Apparat im Handel befindliche Edisonsche Kinetoskopfilme in dem Geschäft des Optikers Riley in New York einem Publikum von Agenten und Theaterangehörigen vor. Die Amerikaner bezeichnen dies als die erste objektive Kinoprojektion. Weitere Vorführungen erfolgten bis zum März 1896, deren bekannteste in Brooklyn, in Verona Hall und im Bijon Theater stattfanden, zum Teil als Einzelnummern in Benefizvorstellungen (Wohltätigkeitsvorstellungen) an Sonnabenden. Diese Darbietungen wurden in der Fachwelt aber kaum bekannt und Le Roy gehört zu denjenigen Bahnbrechern der Kinematografie, die in FilmGeschichtswerken nicht oder nur nebenbei erwähnt werden. Die Entwicklung Lumières Anders als die Brüder Skladanowsky konnten die Brüder Lumière von ganz anderen Grundlagen ausgehen. Sie waren die Söhne von Claude Antoine Lumière (1840–1911), einem Porträtfotografen. Er versuchte sich in der Herstellung von Gelatine-Trockenplatten und dem Sohn Louis gelang es, eine Fotoplatte mit erhöhter Empfindlichkeit zu entwickeln. 1882 begannen Louis und Auguste gemeinsam die Fabrikation von fotografischen Platten. Die Firma entwickelte sich großartig, 1894 stellten die Lumière-Brüder etwa 15 Millionen Fotoplatten her und hatten 300 Arbeiter angestellt. Französische Briefmarke anläßlich des 60. Jahrestages der Cinematographie 1955 mit den Brüdern Lumière und Page 6 of 13 28.12.1895: 120 Jahre Kinematographie deren erster Kamera 1894 begann Auguste Lumière sich mit der Aufnahme und Wiedergabe von fortlaufenden Einzelbildern zu beschäftigen. Er stellte einen kinematografischen Aufnahmeapparat vor und fertigt damit die allerersten Filmaufnahmen, die das Verlassen der Belegschaft seiner Fabrik nach Feierabend zeigten. Warum gelten nun sie als die Erfinder der Kinematographie. Vom 13. Februar 1895 datiert ein französisches Patent Nummer 245032 der Brüder Lumière in Lyon, das einen Apparat beschrieb, der das Problem löste, „mit einem einzigen Objektiv von einer bewegten Szene eine sehr große Anzahl von Einzelbildern auf einem lichtempfindlichen Zelluloidband aufzunehmen, von dem so erhaltenen Negativ wiederum positive Streifen zu kopieren und schließlich diese auf einen Schirm derart vergrößert zu projizieren, dass diese Bilder gleichzeitig von einem zahlreichen Publikum betrachtet werden können“. Dieser Apparat wurde von den Brüdern Lumiére als Kinematograph bezeichnet, einem Wort, das erstmalig in einer französischen Patentschrift auf den Namen Leon Guilleaume Bouly vom 12. Februar 1892 erscheint. Es ist also in Frankreich als Bezeichnung für Apparate zur Erzeugung lebender Bilder geprägt worden. Und Lumiére beschreibt darin erst einmal das, was später mit dem Begriff Greifer-Filmfortschaltung bezeichnet wird. „Das Hauptmerkmal dieses Apparats besteht darin, dass der Mechanismus mit kurzen Unterbrechungen auf eine regelmäßig perforiertes Filmband einwirkt, und zwar derart, dass er dasselbe in eine regelmäßige Bewegung versetzt, die durch kurze Ruhepausen unterbrochen wird, die zur Aufnahme oder zur Vorführung der Bilder dienen. Aus dieser Anordnung ergibt sich, dass das Filmband während der Abwärtsbewegung der Stifte (des Greifers) nach unten gezogen wird und während ihrer Aufwärtsbewegung stillsteht. Während des Stillstands greifen die Stifte in die Perforation des Films ein, und wenn der im Antrieb vorgesehene Exzenter auf dem toten Punkt angelangt und ihre Geschwindigkeit gleich Null ist, wird der Film wieder los gelassen. Die Stifte sollen das Filmband ohne jeden Druck ergreifen und loslassen, sodass die Perforationen nicht beschädigt werden. Das Band rollt aus einer Kassette ab, wo es einfach auf einer festen Achse gehalten wird. In der Bildführung wird ein Fenster eingeschnitten, dass die gleiche Größe hat, wie die der aufeianderfolgenden Bilder. Dieses Fenster wird abwechselnd verdeckt oder freigegeben durch einen Verschluss, der aus einer einfach ausgeschnittenen kreisrunden Scheiben besteht. Der Ausschnitt dieser Scheibe entspricht einem Sektor mit einem Winkel, die man je nach Belichtungsdauer ändern und der bis zu 170° betragen kann.“ Page 7 of 13 28.12.1895: 120 Jahre Kinematographie Grundprinzip des Greifermechanismus der Brüder Lumiére, der das entscheidende Element für den guten Bildstand war „Dieser (Greifer-)Mechanismus kann zur Herstellung von Negativfilmen durch direkte Aufnahme der wiederzugeben Szene, zum Kopieren von Positivfilmen und zur Vorführung oder Projektion der aufgenommenen Szenen auf eine Wand verwendet werden. Man kann auf diese Weise sehr scharfe Bilder erzielen, die rasch aufeinanderfolgen, zum Beispiel 20 Sekunden mit einer Belichtungszeit von etwa 1/50 Sekunden bei vollständigem Stillstand der Bilder. Das belichtete Band gleitet zwanglos in einem lichtdichten Behälter, der sich unterhalb des Apparats findet. Aus diesem Behälter wird es in der Dunkelkammer entnommen, um entwickelt zu werden. Das Kopieren der Positive findet ebenfalls zu einem lichtempfindlichen Film statt, der genau die gleiche Perforation aufweist, wie das Negativ. Die beiden gegeneinander gelegten Filme, Negativ und Positiv, laufen wie beschrieben durch den Apparat durch, wobei die Geschwindigkeit je nach dem Grad der Empfindlichkeit oder der Beleuchtung geändert werden kann. Und schließlich kann man diese so erhaltenen Positive mit dem (Greifer-)Mechanismus auf eine Wand projizieren. Diese Bilder folgen in absolut gleicher Weise aufeinander und sie nehmen genau dieselbe Stelle ein, wie bei der Aufnahme. Sie sind einzeln im Ruhestand und während einer Zeitdauer, die fast genau der Unterbrechung zwischen zwei Page 8 of 13 28.12.1895: 120 Jahre Kinematographie aufeinanderfolgenden Bildern entspricht, sichtbar, was außerordentlich günstig für die Schärfe und den Zusammenhang der Bilder ist.“ Die ersten Lumiére-Filme hatten noch auf beiden Seiten je ein Rundloch als Perforation, ein Jahr später gingen sie auf die Edison-Vierlochperforation über Dieses Greifer-Prinzip wurde ganz schnell durch zusätzliche Entwicklungen anderer verbessert. Aber bereits der erste von Lumière gebaute Apparat lieferte nach Angaben von Zeitzeugen sehr Page 9 of 13 28.12.1895: 120 Jahre Kinematographie bemerkenswerte Resultate; den benötigten Film stellten sie selbst in ihren Werken zu Lyon her, indem sie das Zelluloid auf einen langen, genau nivellierten und mit Glasplatten bedeckten Tisch ausgegossen und die Gießeinrichtung auf zwei seitlich befestigten Schienen bewegten. Auf dieses auf den Glasplatten getrocknete Zelluloid wurde mit der gleichen auf Schienen bewegten Vorrichtung die Bromsilbergelatine-Emulsion aufgegossen, die die Lumières damals für die hochempfindliche Qualität der Trockenplatten herstellten. Nachdem auch dieser Aufguss getrocknet war, wurde das Band abgelöst, in 34,8 mm breite Streifen geschnitten und an beiden Seiten perforiert. Diese Perforation bestand in je einem runden Loch von 2,8 mm Durchmesser pro Bild, das Bildfenster hatte genau 19 mm Höhe bei 26 mm Breite. Wesentlich für die Zuerkennung der Erfindung der Kinematographie ist es, dass die Brüder Lumière heute würde man sagen in einem kompletten System Aufnahme-Bearbeitung-Wiedergabe dachten. Die wesentliche Erfindung war der Greiferantrieb, der über alle Arbeitsschritte wie Aufnahme, Kopierung und Wiedergabe den hervorragenden Bildstand mitführte. Ein weiterer großer Vorzug ihres Kinematographen war die gute Qualität der fotografischen Aufnahme, weil sie in der Lage waren, eigenes Filmmaterial mit höherer Empfindlichkeit herzustellen. Und letztendlich, was damals, anders als heute durch die Standardisierung, einen großen Stelllenwert hatte, die Vereinigung von Kamera und Projektor in einem Gerät. Als Fabrikbesitzer waren sie zudem finanziell unabhängig und konnten ihre Erfindung ab 1896 in Serie herstellen. Die ersten Filme hatten oft nur eine Kameraeinstellung und dauerten selten länger als 1 Minute. Sie dokumentierten kurzen Szenen aus dem Alltagsleben. Page 10 of 13 28.12.1895: 120 Jahre Kinematographie Zeitgenössischer Stich der Lumièreschen Aufnahmekamera in Aktion Die Filmvorführungen eroberten schnell die ganze Welt und fanden eine ungeheures publizistisches Echo. Die Brüder Lumière hingegen interessierten sich allerdings weniger für die Filme selbst als für die technische Seite des neuen Verfahrens. Ende der 1890er Jahre verkauften sie ihre Apparate und Patente an die Firma Pathe Freres. Die durchgängige Entwicklung des Systems Kinematographie durch die Brüder Lumière ist deshalb nicht vergleichbar mit den nennen wir sie mal originellen Konstruktionen von Skladanowsky in Berlin. Er unternahm mit seinem Bioscope-Filmapparat noch mehrere Auslandsreisen In der Hoffnung, mit seinen Entwicklungen Erfolg zu haben. Seine Apparate waren aber noch zu unvollkommen, die primitiven Bildbänder rissen ständig. Er war gewissermaßen eine tragische Figur bei der Entwicklung der Kinematographie, keineswegs der einzige übrigens. Er wurde durch die verbesserten Apparate überflügelt und musste anderen, erfolgreicheren Erfindern Platz machen. 1897 verkaufte er seine gesamten Geräte an Pathe Freres. Und zu den Lumières ist zu sagen, dass sie schon im Mai 1895 ihren Cinematographen und die damit gemachten Filme einem Publikum zeigten, Wissenschaftlern, Literaten, Künstler und anderen der Upper Class. Der Unterschied lag darin, dass sie geladen waren, also nicht öffentlich für Jedermann mit Eintrittsgeld zu besuchen waren. Das erfolgte erst am 28. Dezember 1895, also einen Monat nach den öffentlichen Vorführungen durch Skladanowsky. Ganz wesentlich war, dass im Gegensatz zur Konstruktion der Brüder Skladanowsky Lumière einen einzigen Filmstreifen benutze, auf dem die einzelnen Bilder folgerichtig hintereinander enthalten Page 11 of 13 28.12.1895: 120 Jahre Kinematographie waren. Und das ist das bis auf den heutigen Tag gleichgebliebene Prinzip. Weitere Entwicklungen Bereits vor 1900 gab es mehrere verschiedene Kameras und Projektoren von unterschiedlichen Firmen, die sowohl für Einloch-Perforation wie bei Lumière als auch mit der Vierloch-Perforation von Edison aufnahmen und wiedergaben. Auch Lumière ging schon 1896 dazu über, seine Filme mit dieser Edison-Perforation zu versehen. Dieser frühe Schritt hat ganz maßgeblich zur weiteren Entwicklung der Kinematographie geführt, denn es gab in den Anfangsjahren immer wieder Ärger mit den unterschiedlichen Perforationen, Perforationsabständen usw. Zum Teil war das damals sogar gewünscht oder gewollt, um sich die Konkurrenz vom Halse zu halten. Aber es zeigte sich schon bald, dass die Kraft der lebendigen Fotografien auf alle Menschen in allen Ländern eine große Faszination ausübte und man die damaligen Stummfilme auch überall in gleicher Weise verstand. Das führte dann relativ früh zu einer Standardisierung des 35-mm-Films mit der Vierlochperforation und im weiteren Zuge zu einer Standardisierung der meisten filmtechnischen Geräte. In Deutschland war es insbesondere Oskar Meßter (einem der Mitbegründer der DKG, heute FKTG), der sich von Beginn an, also schon 1895, an der Entwicklung der Kinematographie durch den Bau von Aufnahme- und Vorführgeräten beteiligen und bahnbrechende Entwicklungen in späteren Jahren vorweisen konnte. Er gilt als der Vater des Malteserkreuzes, vor allem für die Filmwiedergabe. 1900: Die Kinematographie boomt Wurden die ersten Filme noch überwiegend auf Jahrmärkten oder in Gaststätten gezeigt, so etablierten sich schon sehr früh eigens dafür benutzte oder gebaute Filmtheater. Am 26. April 1896 wurde in Berlin unter den Linden 21 das erste Kino eröffnet und bereits am 1. Mai 1896 als zweites Kino ein Lichtspielhaus in der Friedrichstraße, Ecke Taubenstraße, das mit Geräten von Páthe bestückt war Ende Oktober 1896 machte Oskar Meßter mit einer selbstkonstruierten Kamera seine erste, 20 m lange Filmaufnahme vor dem Brandenburger Tor in Berlin. 1899 erschien in Paris die erste Zeitschrift auf dem Gebiet der Kinematographie „Nachrichtenblatt für Photographie und Kinematographie“ und im gleichen Jahr veröffentlichte der Engländer H.V.Hopwood das erste Kinobuch „LivingPictures“ in London, das zu einem der wichtigsten Nachschlagewerke der Frühzeit der Kinemaografie wurde. Ganz besonders eindrucksvoll waren viele sensationelle Entwicklungen kinematographischer Art auf der Weltausstellung 1900 in Paris, Projektionen bis auf 18 x 24 Meter Größe. Lumière beabsichtigte für die Vorführungen auf der Weltausstellung einen 75 mm breiten Film einzusetzen. Eine spezielle Breitfilm-Kamera wurde konstruiert, und es wurden damit verschiedene Szenen am Eröffnungstag der Weltausstellung aufgenommen.Der Projektor wurde aber nicht rechtzeitig fertig. Die Compagniè Gènèrale Transatlantique führte in ihrem Ausstellungs-Pavillon das „Phonorama“ vor. Es war eine Nadelton-Filmapparatur, die sich ihre Erfinder Berthon, Dussaud und Jaubertam1.7.1897 in Frankreich hatten schützen lassen. Das Phono-Cinema-Theatre, das von Clement Maurice geleitet wurde, war ebenfalls ein Anziehungspunkt der Ausstellungsbesucher, weil dort ein NadeltonfilmProgramm geboten wurde, in dem unter anderem Sarah Bernardt zu sehen war. Der Begriff Filmstar wurde geboren. Das „Cineorama“ des französischen Erfinders Grimoin-Sanson war das erste Panoramakino der Welt. Es stand ebenfalls auf der Weltausstellung. Das Cineorama hatte einen Page 12 of 13 28.12.1895: 120 Jahre Kinematographie Durchmesser von 30 m die Panoramawand war 855 m2 groß. Zehn Breitfllm-Projektoren waren in einer Betonröhre unterhalb der Zuschauer-Plattform untergebracht. Die Filmbreite war mit 70 mm doppelt so groß wie die des Normalfilms. Die Bildgröße betrug 50x55 mm. Die Ära des Films startete durch. Filme in YouTube Erfreulicherweise finden sich sowohl von Skladanowsky, Lumière und auch anderen Cinematograhen (z.B. Messter) Originalfilme in YouTube. Allerdings bleibt festzuhalten, dass sie alle für die heutige Wiedergabe bearbeitet wurden. Bei den Filmen von Skladanowsky ist nachträglich der Bildstand meist wesentlich stabilisiert worden, so dass gerade diese Unzulänglichkeit seines Verfahrens nicht mehr so deutlich wird wie damals. Und auch die ersten Lumière-Filme zeigten noch ein extremes Flimmern, weil sie direkt mit 16 Bildern je Sekunde vorgeführt wurden. Erst um 1901 gab es eine technisch sehr einfache, aber dennoch sehr bedeutungsvolle Erfindung: Theodor Pätzold und Carl Siemens entwickelten die Dreiflügelblende, das heißt der Projektionslichtstrahl wurde drei Mal unterbrochen, und lage dadurch bei rund 48 Hz oberhalb der Verschmelzungsfrequenz des menschlichen Auges, waren defacto also flimmerfrei. Alle 10 Kurzfilme der Brüder Lumière siehe http://info.arte.tv/de/die-bruder-lumieres-und-die-erfindung-des-kinos [1] Boljour: Das Weblog von Norbert Bolewski Page 13 of 13