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SONDERLESUNGEN ZU DEN VIGILIEN IN HEIIGENKREUZ Beinhaltet jene und nur jene Sonderlesungen zu den Vigilien der Hochfeste, Feste und Memorien, die sich nicht in den allgemeinen Lektionaren finden 1. Auflage: Heiligenkreuz 2007 2. veränderte Auflage: Heiligenkreuz 2008 2 Sonderlesungen zu den _________________________________________________________________ Dieses Lektionar „SONDERLESUNGEN ZU DEN VIGILIEN IN HEILIGENKREUZ“ enthält alle jene Lesungen zu den Vigilien für Heiligenkreuz, die sich nicht in den allgemeinen Lektionaren finden. Es wurde auf Grundlage der bisher verwendeten Sonderlesungen von P. Karl Wallner OCist zusammengestellt, von Kandidat Georg Thurn korrigiert und von Fr. Pio Suchentrunk gebunden. Ut in omnibus glorificetur Deus & Beata Maria Virgo 1. Auflage: Heiligenkreuz, 20. Mai 2006 2. Auflage: Heiligenkreuz, 23. Okt. 2007 Vigilien in Heiligenkreuz 3 4 Sonderlesungen zu den 12. Jänner HL. AELRED VON RIEVAULX ZWEITE LESUNG Aelred von Rievaulx († 1167), Aus dem Traktat „Über die Gottesliebe“ Herr Jesus, welch große Freude liegt in deiner Liebe, welch große Ruhe verbindet sich mit der Freude, welch große Sorglosigkeit mit der Ruhe! Wer dich liebt, irrt sich nicht in seiner Wahl, denn es gibt nichts Besseres als dich; auch in seiner Hoffnung täuscht er sich nicht, denn nichts wird mit mehr Gewinn geliebt. Man braucht nicht zu fürchten, das Maß zu überschreiten, weil in der Liebe zu dir kein Maß vorgeschrieben ist. Man braucht nicht zu fürchten, dass der Tod eine irdische Freundschaft zerstört, denn das Leben stirbt nicht. In der Liebe zu dir gibt es keine Furcht vor einem Ärgernis, denn es gibt überhaupt keine Liebe, wenn man sich nicht gerade nach ihr sehnt. Der Argwohn spielt keine Rolle, denn du urteilst nach dem Zeugnis des Gewissens. Hierin besteht die Freude, weil die Furcht ausgeschlossen ist. Hierin liegt die Ruhe, weil der Zorn verstummt. Hierin besteht die Sorglosigkeit, weil die Welt ausgeschaltet wird. Meine Seele, wenn du dies vernimmst, sollst du wie ein weggeworfenes Gefäß sein: du sollst dich ganz von dir lösen und in Gott übergehen und so nicht mehr für dich leben wollen, noch für dich sterben, sondern für ihn, der für dich gestorben und auferstanden ist. Wer wird mir die Gnade schenken, von diesem Kelch des Heiles trunken gemacht, von diesem Staunen des Geistes durchströmt und von dieser lieblichen Müdigkeit überfallen zu werden, damit ich niemals das suche, was mein ist, sondern was Jesus Christus gehört, da ich doch meinen Herrn und Gott aus meinem ganzen Herzen, aus meiner ganzen Seele und mit all meiner Kraft liebe und da ich meinen Nächsten liebe wie mich selbst. Ich will nicht suchen, was mir, sondern was meinem Nächsten nützt. O Wort, das die Erfüllung bringt, o Wort der Liebe, der höchsten Vollkommenheit und der süßen Wonne! O Wort, das zusammenfasst und abkürzt, in dem das ganze Gesetz und die Propheten bestehen. Vigilien in Heiligenkreuz 5 Wer aber besitzt diese Liebe? Das erklärt die Wahrheit mit den Worten: „Wer meine Gebote hat und sie hält, liebt mich.“ Wer die Gebote Gottes im Gedächtnis hat und sie in seinem Leben hält, wer sie in seinen Gesprächen beachtet und in seinem Verhalten bewahrt, wer sie beim Zuhören besitzt und beim Tun einhält oder wer sie bei seinem Tun besitzt und sie beharrlich beobachtet, der ist es, der Gott liebt. Im Werk also erweist sich die Liebe, dann spricht man ihren Namen nicht ohne Frucht aus. RESPONSORIUM R: Die Liebe ist langmütig; die Liebe ist gütig. Sie prahlt nicht und bläht sich nicht auf. * Die Liebe hört niemals auf. V: Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt. * Die Liebe hört niemals auf. 15. Jänner HLL. MAURUS UND PLACIDUS ZWEITE LESUNG Gregor der Große († 604), Aus den Dialogen über das Leben und die Wunder der italischen Väter Eines Tages, während der ehrwürdige Benedikt sich in seiner Zelle aufhielt, ging der junge Placidus an den See, um Wasser zu holen. Er ließ das Gefäß unvorsichtig ins Wasser hinabgleiten und fiel dabei selbst in den See. Sogleich ergriff ihn eine Welle und trieb ihn vom Ufer weg. Der Mann Gottes erkannte dies in seiner Zelle, ließ sofort den Maurus rufen und sagte zu ihm: „Bruder Maurus, lauf! Der Knabe, der zum Wasser ging, ist in den See gefallen, und das Wasser trägt ihn schon weit hinein.“ Maurus bat um den Segen, eilte auf Befehl des Abtes davon und lief zu der Stelle, wohin die Wellen den Knaben schon mitgerissen hatten; er lief über das Wasser, wobei es ihm vorkam, als gehe er noch auf festem Boden, ergriff den Knaben bei den Haaren und kehrte sofort wieder zurück. Als er wieder festen Boden unter seinen Füßen hatte, kam er zu sich und blickte zurück; da merkte er, dass er über das Wasser geeilt war. Er wunderte sich und erschrak über den Vorfall. Er kehrte zum Abt zurück und erzählte, was geschehen war. Der ehrwürdige Benedikt schrieb das Wunder nicht seinem Verdienst zu, sondern dem Gehorsam des Maurus. Maurus dagegen meinte, es sei allein auf Befehl Bene- 6 Sonderlesungen zu den dikts geschehen, er sei sich einer solchen Wunderkraft nicht bewusst. Den freundschaftlichen Streit, der nun entstand, weil beide demütig waren, entschied schließlich der gerettete Knabe, als er sagte: „Als ich aus dem Wasser gezogen wurde, sah ich über meinem Kopf den Mantel des Abtes und meinte, dass er selber mich aus dem Wasser ziehe.“ RESPONSORIUM R: Als Placidus in den See gefallen war, sprang Maurus hinzu und eilte in der Kraft Gottes über das Wasser. * Auch mächtige Wasser können die Liebe nicht löschen. V: Die höchste Stufe der Demut ist der Gehorsam ohne Zögern. Er zeichnet die aus, denen die Liebe zu Christus über alles geht. * Auch mächtige Wasser können die Liebe nicht löschen. 22. Jänner SEL. LADISLAUS BATTHYÁNY-STRATTMANN ZWEITE LESUNG Dr. Ladislaus Batthyány-Strattmann († 1931), Aus dem Buch „Öffne deine Augen und sieh!“ für seine Patienten Willst du ein Mittel kennen lernen, mit dessen Hilfe du beim guten Gott alles erreichen kannst? Dieses Mittel ist das Gebet. Durch das Gebet gewinnst du Anteil an der Allmacht Gottes. Jesus versichert uns: „Amen, amen, ich sage euch ... alles, worum ihr meinen Vater in meinem Namen bittet, das gebe ich euch“ (vgl. Joh 14,13). Schon dieses Wort „Vater“ zeigt, dass du dich mit kindlichem Vertrauen und Liebe ihm zuwenden musst. Wir alle ohne Ausnahme brauchen unbedingt das Gebet. Der Erlöser selbst offenbart: Bittet, und es wird euch gegeben“ (Lk 11,9). Das ist nicht nur ein Rat, sondern sein Gebot! Wer nicht bittet, der wird auch nicht erhalten. Darüber sagt der heilige Augustinus: Gott, der Herr, wünscht und will, dass wir Gnade erlangen. Er gibt seine Gnade aber nur denen, die darum bitten. Einige antworten manchmal darauf: Gott weiß doch, was ich brauche. Auf diesen Einwand antworte ich: Auch der Vater weiß, was sein Kind braucht, was ihm Freude bereitet. Er erwartet doch, Vigilien in Heiligenkreuz 7 dass es darum bittet. Dadurch wird sich das Kind nämlich dessen bewusst, von wem es die Gaben erhalten hat und wem es dafür Dank sagen muss. Haben wir einen größeren Wohltäter als Gott? Ihm haben wir all unser körperliches und geistiges Wohl zu verdanken. Zögern wir also nicht, uns ihm ganz anzuvertrauen, ihn darum zu bitten und ihm dafür jeden Tag ehrlichen Dank zu sagen. Andere wenden ein: Oft habe ich gebetet, doch bekam ich das Erbetene nicht. Gibt denn der Vater jeder Bitte seiner Kinder nach? Doch nur denen, die ihrem Wohle dienen! Gott ist unendlich weise, seine wunderbaren Fügungen und Wege sind unerforschlich (vgl. Röm 11,33). Deshalb dürfen wir ihm ruhig die Entscheidung übergeben, welche von unseren Bitten unserem Wohl dienen, sodass er sie uns gibt. Bete mit Ausdauer! Wir haben nämlich kein Versprechen darüber, dass unser Gebet gleich erhört wird. Denk an die heilige Monika! Sie betete viele Jahre hindurch, damit sich der Geist ihres Sohnes dem Licht der Wahrheit öffne, und ihr Flehen wurde erhört. Ihr Sohn wurde der große heilige Augustinus. Bete mit vollem Vertrauen! Zum Gebet ist unser Herz leider nicht groß genug. Wir wissen doch: In einen kleinen Krug passt nur wenig Wasser, in einen großen Krug aber mehr. Unser Herz wird - mit einem Gleichnis gesagt - durch Vertrauen und Hoffnung geweitet, damit viel Gnade hineinströmt. Misstrauen und Hoffnungslosigkeit mindern den Umfang unseres Herzens und schränken das Maß der einfließenden Gnaden ein. Bete das „Vater unser“. Denk oft über die einzelnen Worte und Bitten nach. Unter deinen Bitten sollen immer die Herrlichkeit Gottes und das Heil deiner Seele am wichtigsten sein. Wenn du seit langem nicht gut gebetet hast, fang an! Das Gebet ist besonders in der Zeit der Versuchung wichtig. Wer seine Waffen im Kampf nicht benützt, wird besiegt. Im geistlichen Kampf ist aber das Gebet unsere beste Waffe, die uns nie im Stich lässt. Bete am Morgen, wenn du aufstehst. Neben der Pflege und Sorge für deinen Körper ist es wichtig, dass du auch deinen Schöpfer und Vater nicht vergisst. Du brauchst ja den ganzen Tag seinen Segen. Genauso wichtig ist das Abendgebet. Sage Gott Dank für alles, was du erhalten hast, und entfache in deinem Geist eine tiefe Reue. Wie ein Magnet zieht das Gebet den väterlichen Segen Gottes auf dich und auf alle Not leidenden Menschen. RESPONSORIUM: 8 Sonderlesungen zu den R: In eurem Herzen herrsche der Friede Christi; dazu seid ihr berufen als Glieder des einen Leibes. Seid dankbar! * Denn ihr alle seid eins geworden in Christus Jesus. V: Singt dem Herrn ein neues Lied! Sein Lob erschalle in der Gemeinde der Frommen. * Denn ihr alle seid eins geworden in Christus Jesus. 26. Jänner HLL. VÄTER ROBERT, ALBERICH UND STEPHAN ERSTE LESUNG Aus dem Brief an die Philipper (Phil 1,27-2, 18) Vor allem: Lebt als Gemeinde so, wie es dem Evangelium Christi entspricht. Ob ich komme und euch sehe oder ob ich fern bin, ich möchte hören, dass ihr in dem einen Geist feststeht, einmütig für den Glauben an das Evangelium kämpft und euch in keinem Fall von euren Gegnern einschüchtern lasst. Das wird für sie ein Zeichen dafür sein, dass sie verloren sind und ihr gerettet werdet, ein Zeichen, das von Gott kommt. Denn euch wurde die Gnade zuteil, für Christus da zu sein, also nicht nur an ihn zu glauben, sondern auch seinetwegen zu leiden. Denn ihr habt den gleichen Kampf zu bestehen, den ihr früher an mir gesehen habt und von dem ihr auch jetzt hört. Wenn es also Ermahnung in Christus gibt, Zuspruch aus Liebe, eine Gemeinschaft des Geistes, herzliche Zuneigung und Erbarmen, dann macht meine Freude dadurch vollkommen, dass ihr eines Sinnes seid, einander in Liebe verbunden, einmütig und einträchtig, dass ihr nichts aus Ehrgeiz und nichts aus Prahlerei tut. Sondern in Demut schätze einer den andern höher ein als sich selbst. Jeder achte nicht nur auf das eigene Wohl, sondern auch auf das der anderen. Seid untereinander so gesinnt, wie es dem Leben in Christus Jesus entspricht: „Er war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, wie Gott zu sein, sondern er entäußerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich. Sein Leben war das eines Menschen; er erniedrigte sich und war gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz. - Darum hat ihn Gott über alle erhöht und ihm den Namen verliehen, der größer ist als alle Namen, damit alle im Himmel, auf der Erde und unter Vigilien in Heiligenkreuz 9 der Erde ihre Knie beugen vor dem Namen Jesu und jeder Mund bekennt: Jesus Christus ist der Herr - zur Ehre Gottes, des Vaters!“ Darum, liebe Brüder - ihr wart ja immer gehorsam, nicht nur in meiner Gegenwart, sondern noch viel mehr jetzt in meiner Abwesenheit: Müht euch mit Furcht und Zittern um euer Heil! Denn Gott ist es, der in euch das Wollen und das Vollbringen bewirkt, noch über euren guten Willen hinaus. Tut alles ohne Murren und Bedenken, damit ihr rein und ohne Tadel seid, Kinder Gottes ohne Makel mitten in einer verdorbenen und verwirrten Generation, unter der ihr als Lichter in der Welt leuchtet. Haltet fest am Wort des Lebens, mir zum Ruhm für den Tag Christi, damit ich nicht vergeblich gelaufen bin oder mich umsonst abgemüht habe. Wenn auch mein Leben dargebracht wird zusammen mit dem Opfer und Gottesdienst eures Glaubens, freue ich mich dennoch, und ich freue mich mit euch allen. Ebenso sollt auch ihr euch freuen; freut euch mit mir! RESPONSORIUM R: Dies ist das Erbe der heiligen Väter: Seid eines Sinnes, einander in Liebe verbunden! * Seid so gesinnt, wie es dem Leben in Christus Jesus entspricht! V: In Demut schätze einer den anderen höher als sich selbst. * Seid so gesinnt, wie es dem Leben in Christus Jesus entspricht! ZWEITE LESUNG Stephan Harding († 1134), Vorwort und 1. Kapitel der „Charta Charitatis“ Bevor die Zisterzienserabteien zu blühen begannen, haben Herr Stephan und seine Brüder verordnet, dass in keiner Weise in irgend eines Bischofs Diözese Abteien gegründet werden, bevor dieser das Dekret, das zwischen Cîteaux und den daraus hervorgehenden Klöstern verfasst worden ist, anerkannt und bestätigt hat. So soll Ärgernis erregenden Schwierigkeiten ausgewichen werden. Um einem Bruch des gegenseitigen Friedens vorzubeugen, haben obgenannte Brüder in diesem Dekret auch klar ausgesprochen und bestimmt und ihren Nachfolgern hinterlassen, in welcher Weise, oder besser, in welcher Liebe die Mönche, die in den Abteien auf der ganzen Welt dem Leib nach zwar getrennt, dem Geist nach aber unzertrennlich und innig verbunden bleiben sollen. Sie glaubten auch, diesem Dekret den Namen „Charta Charitatis“ geben zu sollen, weil dessen Bestimmun- 10 Sonderlesungen zu den gen die Last jeglicher Abgabe verwirft und nur die Liebe und das Wohl der Seelen in den göttlichen und menschlichen Dingen vor Augen hat. Wir erkennen, dass wir alle, wenn auch unnütze, Diener des einen wahren Königs, Herrn und Meisters sind. Deshalb legen wir den Äbten und unseren Mitbrüdern, den Mönchen, die Gottes Barmherzigkeit durch uns Armselige an verschiedenen Orten der klösterlichen Zucht unterworfen hat, keine irdischen Abgaben auf. Da wir nämlich das Verlangen haben, ihnen und allen Kindern der heiligen Kirche nützlich zu sein, so haben wir nicht vor, etwas gegen sie zu tun, was sie bedrücken und ihren Besitz verringern könnte, damit wir nicht, während wir aus ihrer Armut uns zu bereichern suchen, dem Laster der Habsucht anheim fallen, das nach dem Apostel „dem Götzendienst gleichkommt.“ Die Sorge für ihre Seelen wollen wir uns jedoch vorbehalten - um der Liebe willen -, damit, wenn sie vom heiligen Vorsatz und der Beobachtung der Heiligen Regel abzugehen versuchen - Gott möge es verhüten! - sie durch unsere Fürsorge auf den rechten Pfad des Lebens zurückkehren können. Nun ist es aber unser Wille und wir befehlen ihnen, dass sie die Regel des heiligen Benedikt in allen Stücken befolgen, wie sie im Neuen Kloster beobachtet wird. Sie sollen in den Wortlaut der Heiligen Regel keinen anderen Sinn hineintragen, sondern sie verstehen und halten, wie unsere Vorfahren, die heiligen Väter, die Mönche des Neuen Klosters nämlich, sie verstanden und gehalten haben und wie wir sie heute verstehen und halten. Und da wir alle ihre Mönche, die zu uns kommen, in unserem Kloster aufnehmen und ebenso sie die unsrigen in ihren Klöstern, deshalb scheint es uns angebracht - und das ist unser Wille -, dass bei ihnen die Gebräuche, der Gesang und alle Bücher für die Tagzeiten, Metten und Messen mit den Gebräuchen und Büchern des Neuen Klosters übereinstimmen. So soll in unseren Handlungen keine Verschiedenheit herrschen, sondern wir sollen in der einen Liebe, unter derselben Regel, nach den gleichen Bräuchen leben. RESPONSORIUM R: Wir wollen also eine Schule für den Dienst des Herrn gründen. * Wir wollen in der einen Liebe, unter derselben Regel, nach den gleichen Bräuchen leben. V: Wer im klösterlichen Leben und im Glauben Fortschritte macht, dem weitet sich das Herz. Er geht den Weg der Gebote Gottes in unsagbarer Freude der Liebe. * Wir wollen in der einen Liebe, unter derselben Regel, nach den gleichen Bräuchen leben. Vigilien in Heiligenkreuz 11 27. Jänner HLL. TIMOTHEUS UND TITUS ZWEITE LESUNG Johannes Chrysostomus († 407), Aus einer Homilie zu Ehren des heiligen Paulus Ich habe einen guten Kampf gekämpft. Selbst im Kerker lebte Paulus wie im Himmel. Wunden und Schläge nahm er lieber auf sich, als andere nach Ehrenpreisen greifen. Die Mühen liebte er nicht weniger als den Lohn des Kampfes, ja er hielt die Mühen selbst für den Kampfpreis und nannte sie aus diesem Grund auch Gnade. Siehe, Kampfpreis war es ihm, „aufzubrechen und bei Christus zu sein.“ Im Fleisch zu bleiben bedeutete für ihn Kampf. Und doch zog er diesen (Kampf) jenem (Kampfpreis) vor und erklärte, dieser sei für ihn notwendiger als jener. Von Christus fern sein war ihm Kampf und Mühe, Kampf und Mühe im Übermaß. Bei ihm sein galt ihm dagegen als Kampfpreis. Dennoch zog er den Kampf um Christi willen vor. Hier könnte jemand gewiss auch sagen, das alles sei ihm eben um Christi willen angenehm gewesen. So denke ich auch; denn was uns Betrübnis verursacht, schuf ihm große Freude. Was soll ich die Gefahren und die übrigen Leiden aufzählen? Denn er war in fortwährender Trübsal. Deshalb sagte er: „Wer leidet, ohne dass ich mit ihm leide? Wer kommt zu Fall, ohne dass ich von Sorge verzehrt werde?“ Ich ermahne euch, dieses Vorbild der Tugend nicht nur zu bewundern, sondern auch nachzuahmen. Dadurch können wir den gleichen Kranz erlangen wie er. Wunderst du dich zu hören: Wenn du dasselbe vollbringst wie Paulus, dann kannst du dasselbe erlangen wie er? Dann höre, was er selbst sagt: „Ich habe den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, die Treue gehalten. Jetzt liegt für mich der Kranz der Gerechtigkeit bereit, den mir der Herr, der gerechte Richter, an jenem Tag geben wird, aber nicht nur mir, sondern allen, die sehnsüchtig auf sein Erscheinen warten.“ Siehst du: er ruft alle zur gleichen Gemeinschaft! Weil also allen das gleiche in Aussicht steht, lasst uns dafür sorgen, dass wir der verheißenen Güter wert werden. Wir wollen nicht bloß auf die große Last des von ihm Vollbrachten schauen, sondern auch auf die angespannte Bereitwilligkeit, mit der er eine so große Gnade gewann, und auf die Verwandtschaft der Natur! Denn er war in allem ein Mensch wie wir. So scheint uns dann auch das ganz Schwere leicht und ohne Gewicht. Und wenn wir uns diese kurze Zeit abgemüht haben, 12 Sonderlesungen zu den werden wir schließlich den niemals alternden, unsterblichen Kranz tragen und so zur Vollendung gelangen: durch die Gnade und Menschenfreundlichkeit unseres Herrn Jesus Christus, dem Macht und Herrlichkeit ist jetzt und immer und in Ewigkeit. Amen. RESPONSORIUM R: Bemühe dich um Gerechtigkeit, Frömmigkeit, Glauben, Liebe, Standhaftigkeit und Sanftmut! * Kämpfe den guten Kampf des Glaubens, ergreife das ewige Leben! V: Rede, wie es der gesunden Lehre entspricht! * Kämpfe den guten Kampf des Glaubens, ergreife das ewige Leben! 31. Jänner KIRCHWEIHE DER ABTEIKIRCHE UNSERER LIEBEN FRAU VON HEILIGENKREUZ ERSTE LESUNG Aus der Offenbarung des Johannes (Offb 21,9-27) Es kam einer von den sieben Engeln, die die sieben Schalen mit den sieben letzten Plagen getragen hatten. Er sagte zu mir: Komm, ich will dir die Braut zeigen, die Frau des Lammes. Da entrückte er mich in der Verzückung auf einen großen, hohen Berg und zeigte mir die heilige Stadt Jerusalem, wie sie von Gott her aus dem Himmel herabkam, erfüllt von der Herrlichkeit Gottes. Sie glänzte wie ein kostbarer Edelstein, wie ein kristallklarer Jaspis. Die Stadt hat eine große und hohe Mauer mit zwölf Toren und zwölf Engeln darauf. Auf die Tore sind Namen geschrieben: die Namen der zwölf Stämme der Söhne Israels. Im Osten hat die Stadt drei Tore und im Norden drei Tore und im Süden drei Tore und im Westen drei Tore. Die Mauer der Stadt hat zwölf Grundsteine; auf ihnen stehen die zwölf Namen der zwölf Apostel des Lammes. Und der Engel, der zu mir sprach, hatte einen goldenen Messstab, mit dem die Stadt, ihre Tore und ihre Mauer gemessen wurden. Die Stadt war viereckig angelegt und ebenso lang wie breit. Er maß die Stadt mit dem Messstab; ihre Länge, Breite und Vigilien in Heiligenkreuz 13 Höhe sind gleich: Zwölftausend Stadien. Und er maß ihre Mauer; sie ist 144 Ellen hoch nach Menschenmaß, das der Engel benutzt hatte. Ihre Mauer ist aus Jaspis gebaut, und die Stadt ist aus reinem Gold, wie aus reinem Glas. Die Grundsteine der Stadtmauer sind mit edlen Steinen aller Art geschmückt; der erste Grundstein ist ein Jaspis, der zweite ein Saphir, der dritte ein Chalzedon, der vierte ein Smaragd, der fünfte ein Sardonyx, der sechste ein Sardion, der siebte ein Chrysolith, der achte ein Beryll, der neunte ein Topas, der zehnte ein Chrysopras, der elfte ein Hyazinth, der zwölfte ein Amethyst. Die zwölf Tore sind zwölf Perlen; jedes der Tore besteht aus einer einzigen Perle. Die Straße der Stadt ist aus reinem Gold, wie aus klarem Glas. Einen Tempel sah ich nicht in der Stadt. Denn der Herr, ihr Gott, der Herrscher über die ganze Schöpfung, ist ihr Tempel, er und das Lamm. Die Stadt braucht weder Sonne noch Mond, die ihr leuchten. Denn die Herrlichkeit Gottes erleuchtet sie, und ihre Leuchte ist das Lamm. Die Völker werden in diesem Licht einhergehen, und die Könige der Erde werden ihre Pracht in die Stadt bringen. Ihre Tore werden den ganzen Tag nicht geschlossen - Nacht wird es dort nicht mehr geben. Und man wird die Pracht und die Kostbarkeiten der Völker in die Stadt bringen. Aber nichts Unreines wird hineinkommen, keiner, der Gräuel verübt und lügt: Nur die, die im Lebensbuch des Lammes eingetragen sind, werden eingelassen. RESPONSORIUM R: Deine Mauern, Jerusalem, sind erbaut aus edlem Gestein, halleluja; deine Tore hallen wieder von Jubelgesängen, halleluja, * und alle deine Häuser werden sprechen: Halleluja, halleluja. V: Dein lebendiges Licht wird die Erde erleuchten. * Und alle deine Häuser werden sprechen: Halleluja, halleluja. ZWEITE LESUNG Aus der Klosterneuburger und Wiener Continuatio Der heilige Leopold errichtete in seiner Markgrafschaft zwei Klöster, zuerst Klosterneuburg, dann das zum Heiligen Kreuz für die Grauen Mönche, das offensichtlich gar bedeutend ist. Keines von beiden konnte er baulich vollenden, da er früher starb. Er gab aber beiden zur Vollendung der Baulichkeiten Meierhöfe und Dörfer in reicher Zahl. Im Jahr 1187 wurde das Kloster Heiligenkreuz vom ehr- 14 Sonderlesungen zu den würdigen Kardinal Theobald, dem Bischof von Ostia und Veletri, dem Legaten des Apostolischen Stuhles, am 31. Jänner, am Samstag in der ersten Woche nach Septuagesima unter großer Feierlichkeit und Anteilnahme von Klerus und Volk geweiht. Zur selben Zeit, am 27. Februar, wurde vom selben Kardinal ein Altar zum Heiligen Kreuz und einer zum heiligen Mauritius konsekriert, der Michaelsaltar aber schon am 1. Februar. Im Jahr des Herrn 1240, am Oktavtag der Apostel Petrus und Paulus, kam Herzog Friedrich nach Heiligenkreuz. In seiner Begleitung war der ehrwürdige Bischof von Passau, Rudgerus. Ihn, die Zierde der Fürsten, und die vielen Begleiter, Barone, Magnaten und Adelige, umdrängte die nachfolgende Schar der Kleriker und Laien. Dort wurde vom Bischof von Passau, Rudgerus, dem Hochaltar eine zweite, damals konsekrierte Marmorplatte aufgelegt und dann die Weihe des ganzen Klosters erneuert. Im Jahre 1295, am 2. Sonntag nach Ostern, wurde in Heiligenkreuz der Chor mit den dort stehenden Altären und die Kapelle für die Kranken von den ehrwürdigen Bischöfen Bernhard von Passau und Heinrich von Seckau geweiht. Zu dieser Weihe kam so viel Volk, dass nicht nur das ganze Kloster, sondern auch eine halbe Meile weit der Wald voll von Menschen war. Der Eintritt in die Regularräume des Klosters war während der ganzen Weihefestoktav Männern und Frauen gestattet. Zu dieser Zeit war eine so strenge Kälte, dass durch den Schnee und Regen viele Besucher umkamen. RESPONSORIUM R: Wie liebenswert ist mir deine Wohnung, Herr der Heerscharen! * Meine Seele verzehrt sich in Sehnsucht nach dem Haus des Herrn. V: Selig, die in deinem Hause wohnen. Sie werden dir allezeit Loblieder singen. * Meine Seele verzehrt sich in Sehnsucht nach dem Haus des Herrn. Vigilien in Heiligenkreuz 15 14. Februar HLL. CYRILL UND METHOD ERSTE LESUNG Aus dem ersten Brief an die Thessalonicher (1 Thess 2,1-13.19-20) Ihr wisst selbst, Brüder, dass wir nicht vergebens zu euch gekommen sind. Wir hatten vorher in Philippi viel zu leiden und wurden misshandelt, wie ihr wisst; dennoch haben wir im Vertrauen auf unseren Gott das Evangelium Gottes trotz harter Kämpfe freimütig und furchtlos bei euch verkündet. Denn wir predigen nicht, um euch irrezuführen, in schmutziger Weise auszunutzen oder zu betrügen, sondern wir tun es, weil Gott uns geprüft und uns das Evangelium anvertraut hat, nicht also um den Menschen, sondern um Gott zu gefallen, der unsere Herzen prüft. Nie haben wir mit unseren Worten zu schmeicheln versucht, das wisst ihr, und nie haben wir aus versteckter Habgier gehandelt, dafür ist Gott Zeuge. Wir haben auch keine Ehre bei den Menschen gesucht, weder bei euch noch bei anderen, obwohl wir als Apostel Christi unser Ansehen hätten geltend machen können. Im Gegenteil, wir sind euch freundlich begegnet: Wie eine Mutter für ihre Kinder sorgt, so waren wir euch zugetan und wollten euch nicht nur am Evangelium Gottes teilhaben lassen, sondern auch an unserem eigenen Leben, denn ihr wart uns sehr lieb geworden. Ihr erinnert euch, Brüder, wie wir uns gemüht und geplagt haben. Bei Tag und Nacht haben wir gearbeitet, um keinem von euch zur Last zu fallen, und haben euch so das Evangelium Gottes verkündet. Ihr seid Zeugen, und auch Gott ist Zeuge, wie gottgefällig, gerecht und untadelig wir uns euch, den Gläubigen, gegenüber verhalten haben. Ihr wisst auch, dass wir, wie ein Vater seine Kinder, jeden einzelnen von euch ermahnt, ermutigt und beschworen haben zu leben, wie es Gottes würdig ist, der euch zu seinem Reich und zu seiner Herrlichkeit beruft. Darum danken wir Gott unablässig dafür, dass ihr das Wort Gottes, das ihr durch unsere Verkündigung empfangen habt, nicht als Menschenwort, sondern - was es in Wahrheit ist - als Gottes Wort angenommen habt; und jetzt ist es in euch, den Gläubigen, wirksam. Denn wer ist unsere Hoffnung, unsere Freude, der Kranz unseres Ruhmes vor Jesus, unserem Herrn, wenn er kommen wird? Nicht etwa auch ihr? Ja, ihr seid unsere Ehre und Freude. 16 Sonderlesungen zu den RESPONSORIUM R: Nicht nur am Evangelium Gottes ließen wir euch teilnehmen, sondern auch an unserem eigenen Leben. * Ihr seid uns sehr lieb geworden. V: Ihr seid meine Kinder, für die ich von neuem Geburtswehen leide. * Ihr seid uns sehr lieb geworden. 15. März HL. KLEMENS MARIA HOFBAUER ERSTE LESUNG Aus dem ersten Brief an Timotheus (1 Tim 5,17-22; 6,10-14) Älteste, die das Amt des Vorstehers gut versehen, verdienen doppelte Anerkennung, besonders solche, die sich mit ganzer Kraft dem Wort und der Lehre widmen. Denn die Schrift sagt: Du sollst dem Ochsen zum Dreschen keinen Maulkorb anlegen, und: Wer arbeitet, hat ein Recht auf seinen Lohn. Nimm gegen einen Ältesten keine Klage an, außer wenn zwei oder drei Zeugen sie bekräftigen. Wenn sich einer verfehlt, so weise ihn in Gegenwart aller zurecht, damit auch die anderen sich fürchten. Ich beschwöre dich bei Gott, bei Christus Jesus und bei den auserwählten Engeln: Befolge dies alles ohne Vorurteil, und vermeide jede Bevorzugung! Lege keinem vorschnell die Hände auf, und mach dich nicht mitschuldig an fremden Sünden; bewahre dich rein! Denn die Wurzel aller Übel ist die Habsucht. Nicht wenige, die ihr verfielen, sind vom Glauben abgeirrt und haben sich viele Qualen bereitet. Du aber, ein Mann Gottes, flieh vor all dem! Strebe unermüdlich nach Gerechtigkeit, Frömmigkeit, Glauben, Liebe, Standhaftigkeit und Sanftmut! Kämpfe den guten Kampf des Glaubens, ergreife das ewige Leben, zu dem du berufen worden bist und für das du vor vielen Zeugen das gute Bekenntnis abgelegt hast! Ich gebiete dir bei Gott, von dem alles Leben kommt, und bei Christus Jesus, der vor Pontius Pilatus das gute Bekenntnis abgelegt hat und als Zeuge dafür eingetreten ist: Erfülle deinen Auftrag rein und ohne Tadel, bis zum Erscheinen Jesu Christi, unseres Herrn! Vigilien in Heiligenkreuz 17 RESPONSORIUM R: Bemühe dich um Gerechtigkeit, Frömmigkeit, Glauben, Liebe, Standhaftigkeit und Sanftmut! * Kämpfe den guten Kampf des Glaubens, ergreife das ewige Leben! V: Rede, wie es der gesunden Lehre entspricht! * Kämpfe den guten Kampf des Glaubens, ergreife das ewige Leben! 21. März HEIMGANG UNSERES HL. VATERS BENEDIKT ERSTE LESUNG Aus dem Buch Genesis (Gen 28,10-22) Jakob zog aus Beerscheba weg und ging nach Haran. Er kam an einen bestimmten Ort, wo er übernachtete, denn die Sonne war untergegangen. Er nahm einen von den Steinen dieses Ortes, legte ihn unter seinen Kopf und schlief dort ein. Da hatte er einen Traum: Er sah eine Treppe, die auf der Erde stand und bis zum Himmel reichte. Auf ihr stiegen Engel Gottes auf und nieder. Und siehe, der Herr stand oben und sprach: Ich bin der Herr, der Gott deines Vaters Abraham und der Gott Isaaks. Das Land, auf dem du liegst, will ich dir und deinen Nachkommen geben. Deine Nachkommen werden zahlreich sein wie der Staub auf der Erde. Du wirst dich unaufhaltsam ausbreiten nach Westen und Osten, nach Norden und Süden, und durch dich und deine Nachkommen werden alle Geschlechter der Erde Segen erlangen. Ich bin mit dir, ich behüte dich, wohin du auch gehst, und bringe dich zurück in dieses Land. Denn ich verlasse dich nicht, bis ich vollbringe, was ich dir versprochen habe. Jakob erwachte aus seinem Schlaf und sagte: Wirklich, der Herr ist an diesem Ort, und ich wusste es nicht. Furcht überkam ihn, und er sagte: Wie ehrfurchtgebietend ist doch dieser Ort! Hier ist nichts anderes als das Haus Gottes und das Tor des Himmels. Jakob stand früh am Morgen auf, nahm den Stein, den er unter seinen Kopf gelegt hatte, stellte ihn als Steinmal auf und goss Öl darauf. Dann gab er dem Ort den Namen Bet-El, das heißt „Gotteshaus“. Früher hieß die Stadt Lus. Jakob machte das Gelübde: Wenn Gott mit mir ist und mich auf diesem Weg, den ich eingeschlagen habe, behütet, wenn er mir Brot zum Essen und 18 Sonderlesungen zu den Kleider zum Anziehen gibt, wenn ich wohlbehalten heimkehre in das Haus meines Vaters und der Herr sich mir als Gott erweist, dann soll der Stein, den ich als Steinmal aufgestellt habe, ein Gotteshaus werden. RESPONSORIUM R: Durch den Aufstieg in der Tugend müssen wir jene Leiter errichten, die dem Jakob im Traum erschien. * Die Leiter ist unser Leben, das der Herr himmelwärts aufrichtet, wenn sich unser Herz erniedrigt. (O: Halleluja) V: Jakob sah im Traum eine Leiter, sie reichte bis zum Himmel. Auf ihr stiegen Engel Gottes auf und nieder. * Die Leiter ist unser Leben, das der Herr himmelwärts aufrichtet, wenn sich unser Herz erniedrigt. (O: Halleluja) ZWEITE LESUNG Gregor der Große († 604), Aus den Dialogen über das Leben und die Wunder der italischen Väter Im selben Jahr, da der ehrwürdige Benedikt aus dem Leben scheiden sollte, sagte er einigen Schülern in seiner Umgebung und einigen, die in der Ferne weilten, den Tag seines heiligen Todes voraus. Den Abwesenden zeigte er an, welches Zeichen sie erhalten würden, wenn seine Seele aus dem Leib scheide. Sechs Tage vor seinem Tod ließ er sich sein Grab öffnen. Bald wurde er von einem Fieber befallen und von großer Hitze gequält. Da die Krankheit von Tag zu Tag zunahm, ließ er sich am sechsten Tag von seinen Schülern in das Oratorium tragen. Er stärkte sich dort durch den Empfang des Leibes und Blutes des Herrn für die Todesstunde. Da seine Glieder bereits schwach wurden, hielten ihn seine Schüler mit ihren Händen aufrecht. Er stand da, seine Arme zum Himmel erhoben, und gab betend seinen Geist auf. Am selben Tag hatten zwei seiner Brüder, - der eine in seiner Zelle, der andere in weiter Entfernung, - die gleiche Erscheinung. Sie sahen, wie eine mit Tüchern belegte und von unzähligen Lampen erhellte Straße von der Zelle des Abtes aus genau in östlicher Richtung zum Himmel emporführte. Oben stand ein Mann, in Glanz gehüllt, und mit Ehrfurcht gebietender Geste fragte er sie, wessen Weg das sei, den sie sähen. Sie antworteten darauf, sie wüssten es nicht. Da sprach er zu ihnen: „Dies ist der Weg, auf dem Benedikt, der vom Herrn Geliebte, zum Himmel emporstieg.“ Wie also die anwesenden Schüler den Tod des heiligen Mannes miterlebten, so erfuhren ihn die abwesenden durch das Zeichen, das ihnen vorher angekündigt worden war. Begraben wurde er aber im Oratorium des heiligen Jo- Vigilien in Heiligenkreuz 19 hannes des Täufers, das er selbst nach dem Abbruch des Apolloaltares erbaut hatte. Auch in der Grotte, die er früher in Subiaco bewohnte, glänzt er noch heute durch Wunder, wenn es der Glaube der Bittenden erfordert. RESPONSORIUM R: Der Herr gab ihm die Kraft, den hohen Berg zu ersteigen; auch seine Nachkommen behielten das Erbe. * So sollten sie alle erkennen, wie gut es ist, dem Herrn in allem gehorsam zu sein. (O: Halleluja) V: Gott hat ihm zugesichert, in seinen Nachkommen die Völker zu segnen, sie zahlreich zu machen wie den Staub der Erde. * So sollten sie alle erkennen, wie gut es ist, dem Herrn in allem gehorsam zu sein. (O: Halleluja) 23. April KIRCHWEIHE DER METROPOLITANKIRCHE DES HL. STEPHANUS ZU WIEN ERSTE LESUNG Aus der Apostelgeschichte (Apg 7,44-8,3) Stephanus fuhr in seiner Rede fort: Unsere Väter hatten in der Wüste das Bundeszelt. So hat Gott es angeordnet; er hat dem Mose befohlen, es nach dem Vorbild zu errichten, das er geschaut hatte. Und unsere Väter haben es übernommen und mitgebracht, als sie unter Josua das Land der Heidenvölker besetzten, die Gott vor den Augen unserer Väter vertrieb, bis zu den Tagen Davids. Dieser fand Gnade vor Gott und bat für das Haus Jakob um ein Zeltheiligtum. Salomo aber baute ihm ein Haus. Doch der Höchste wohnt nicht in dem, was von Menschenhand gemacht ist, wie der Prophet sagt: Der Himmel ist mein Thron und die Erde der Schemel für meine Füße. Was für ein Haus könnt ihr mir bauen? spricht der Herr. Oder welcher Ort kann mir als Ruhestätte dienen? Hat nicht meine Hand dies alles gemacht? Ihr Halsstarrigen, ihr, die ihr euch mit Herz und Ohr immerzu dem Heiligen Geist widersetzt, eure Väter schon und nun auch ihr. Welchen der Propheten haben eure Väter nicht verfolgt? Sie haben die getötet, die die Ankunft des Gerechten geweissagt haben, dessen Verräter und Mörder ihr jetzt geworden seid, ihr, die ihr 20 Sonderlesungen zu den durch die Anordnung von Engeln das Gesetz empfangen, es aber nicht gehalten habt. Als sie das hörten, waren sie aufs äußerste über ihn empört und knirschten mit den Zähnen. Er aber, erfüllt vom Heiligen Geist, blickte zum Himmel empor, sah die Herrlichkeit Gottes und Jesus zur Rechten Gottes stehen und rief: Ich sehe den Himmel offen und den Menschensohn zur Rechten Gottes stehen. Da erhoben sie ein lautes Geschrei, hielten sich die Ohren zu, stürmten gemeinsam auf ihn los, trieben ihn zur Stadt hinaus und steinigten ihn. Die Zeugen legten ihre Kleider zu Füßen eines jungen Mannes nieder, der Saulus hieß. So steinigten sie Stephanus; er aber betete und rief: Herr Jesus, nimm meinen Geist auf! Dann sank er in die Knie und schrie laut: Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht an! Nach diesen Worten starb er. Saulus aber war mit dem Mord einverstanden. An jenem Tag brach eine schwere Verfolgung über die Kirche in Jerusalem herein. Alle wurden in die Gegenden von Judäa und Samarien zerstreut, mit Ausnahme der Apostel. Fromme Männer bestatteten Stephanus und hielten eine große Totenklage für ihn. Saulus aber versuchte die Kirche zu vernichten; er drang in die Häuser ein, schleppte Männer und Frauen fort und lieferte sie ins Gefängnis ein. RESPONSORIUM R: Herr Jesus, nimm meinen Geist auf! Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht an! * Halleluja, halleluja. V: Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun! * Halleluja, halleluja. ZWEITE LESUNG Rundfunkbotschaft von Papst Pius XII. anlässlich der Einweihung des wiedererstellten Stephansdomes am 27. April 1952 Liebe Söhne und Töchter der Stadt Wien und der österreichischen Lande! Die Wiederherstellung des Stephansdomes ist Euer gemeinsames Werk. Ihr alle, Regierung und Volk, die Stadt Wien wie die Bundesländer, Körperschaften und Verbände aller Art, wie die Freigebigkeit der einzelnen haben es ermöglicht. Wir sahen im Bild die Zerstörungen und Verwüstungen, die der Krieg dem Dom angetan hatte. Heute steht er wieder da in seiner alten Gestalt, bis in die letzten Einzelheiten fester gefügt und widerstandsfähiger als ehedem. Vigilien in Heiligenkreuz 21 Was Ihr vollbrachtet, ist eine gewaltige Leistung. Wir glauben sie deuten zu dürfen als Erweis Eures entschlossenen Willens, in gegenseitiger Verbundenheit der einzelnen und der Gemeinschaft, in geduldigem Harren und in zähem Wirken Euch hindurchzuarbeiten durch die Unsicherheit und Not dieser Jahre in glücklichere Tage echten Wohlstands in Freiheit und Frieden, Zeiten, die der allmächtige Gott in seiner Güte und Erbarmung Euch schenken möge. Der Stephansdom ist das Wahrzeichen Wiens, Eurer Stadt, der ein Ehrenplatz zukommt unter den kulturschaffenden und kulturspendenden geistigen Mittelpunkten des Erdkreises. Dieses Wahrzeichen, ein katholisches Gotteshaus und selbst beredter Zeuge katholischer Kulturkraft, das mit seinem himmelan strebenden Turm machtvoll zu Gott und den ewigen Wahrheiten emporzieht, es mahnt Euch daran, dass die Seele und das Mark jener Kultur, durch die Ihr groß und reich wart, das Christentum, der katholische Glaube, ist. Wenn Ihr in den Nachkriegsjahren, in Jahren der Armut und der Entbehrungen, es erreicht habt, dass der Dom wieder in seiner vollen Schönheit aus den Ruinen erstand, so nehmen wir dies als Euer lautes Bekenntnis zur christlichen Kultur und zum Glauben Eurer Väter mit seinem ganzen Reichtum und mit seinem unverzichtbaren Anspruch, dem Leben bis in seine letzten Verzweigungen Sinn, Richtung und Gesetz zu sein. Jesus Christus, Gott hochgelobt in Ewigkeit, der Herr der Kirche, möge es in seiner Macht, Liebe und Gnade fügen, dass Eure Stadt und Euer ganzes Land immer eine Heimstätte echten und tiefen Glaubens, christlichen Ehe- und Familienlebens, heiliger Zucht und Sitte, geordneter Freiheit und sozialer Gerechtigkeit seien. Aus solchem Boden erblüht wahres Glück, auf ihm lassen sich bleibende Werke leiblicher Wohlfahrt und irdischen Fortschritts wie geistiger und sittlicher Vervollkommnung errichten. Wien ist in seiner Vergangenheit von schweren Drangsalen heimgesucht worden und hat tödliche Gefahren über sich kommen sehen. Es hat sie alle überstanden. Seine furchtbarste Not, da die Stadt dem Untergang nahe schien, ist bezeichnet mit dem Jahre 1683. Jenes Jahr ist aber auch das Jahr des größten Sieges, den Wien je gesehen hat. Es war nicht nur ein Sieg der Waffen, es war noch mehr ein Sieg der christlichen Idee, Grundlage und Ausgang friedlicher Eroberungen für christliche Gesittung und Daseinsordnung. Es beglückt Uns, dass an der Befreiung Wiens im Jahre 1683 Unser Vorgänger Innozenz XI. ganz wesentlichen Anteil hatte. Euch seien jene Ereignisse Trost und Zuversicht in der gegenwärtigen Stunde. 22 Sonderlesungen zu den RESPONSORIUM R: Auf, lasst uns hinaufziehen zum Berg des Herrn, zum Haus unseres Gottes! * Er lehre uns seine Wege, und wir wollen auf seinen Pfaden gehen! Halleluja. V: Der Herr baut Jerusalem wieder auf, er sammelt die Versprengten Israels. * Er lehre uns seine Wege, und wir wollen auf seinen Pfaden gehen! Halleluja. 29. April HL. KATHARINA VON SIENA ERSTE LESUNG Aus dem Buch der Weisheit (Weish 6,1-20) Hört also, ihr Könige, und seid verständig! Lernt, ihr Gebieter der ganzen Welt! Horcht, ihr Herrscher der Massen, die ihr stolz seid auf Völkerscharen! Der Herr hat euch die Gewalt gegeben, der Höchste die Herrschaft, er, der eure Taten prüft und eure Pläne durchforscht. Ihr seid Diener seines Reiches, aber ihr habt kein gerechtes Urteil gefällt, das Gesetz nicht bewahrt und die Weisung Gottes nicht befolgt. Schnell und furchtbar wird er kommen und euch bestrafen; denn über die Großen ergeht ein strenges Gericht. Der Geringe erfährt Nachsicht und Erbarmen, doch die Mächtigen werden gerichtet mit Macht. Denn der Herrscher des Alls scheut niemand und weicht vor keiner Größe zurück. Er hat Klein und Groß erschaffen und trägt gleiche Sorge für alle; den Mächtigen aber droht strenge Untersuchung. An euch also, ihr Herrscher, richten sich meine Worte, damit ihr Weisheit lernt und nicht sündigt: Wer das Heilige heilig hält, wird geheiligt, und wer sich darin unterweisen lässt, findet Schutz. Verlangt also nach meinen Worten; sehnt euch danach und ihr werdet gute Belehrung empfangen. Strahlend und unvergänglich ist die Weisheit; wer sie liebt, erblickt sie schnell, und wer sie sucht, findet sie. Denen, die nach ihr verlangen, gibt sie sich sogleich zu erkennen. Wer sie am frühen Morgen sucht, braucht keine Mühe, er findet sie vor seiner Türe sitzen. Über sie nachzusinnen ist vollkommene Klugheit; wer ihretwegen wacht, wird schnell von Sorge frei. Sie geht selbst umher, um die zu suchen, die ihrer würdig sind; freundlich erscheint sie ihnen auf allen Wegen und Vigilien in Heiligenkreuz 23 kommt jenen entgegen, die an sie denken. Ihr Anfang ist aufrichtiges Verlangen nach Bildung; das eifrige Bemühen um Bildung aber ist Liebe. Liebe ist Halten ihrer Gebote; Erfüllen der Gebote sichert Unvergänglichkeit, und Unvergänglichkeit bringt in Gottes Nähe. So führt das Verlangen nach Weisheit zur Herrschaft hinauf. Ihr Herrscher der Völker, wenn ihr Gefallen an Thronen und Zeptern habt, dann ehrt die Weisheit, damit ihr ewig herrscht. RESPONSORIUM R: Ich betete, und es wurde mir Klugheit gegeben; * ich flehte, und der Geist der Weisheit kam zu mir. Ich zog sie Zeptern und Thronen vor. Halleluja, halleluja. V: Fehlt es einem von euch an Weisheit, so soll er sie von Gott erbitten; Gott wird sie ihm geben, denn er gibt allen gern. * Ich flehte, und der Geist der Weisheit kam zu mir. Ich zog sie Zeptern und Thronen vor. Halleluja, halleluja. ZWEITE LESUNG Christof Dahm, aus dem Biographisch-Bibliographischen Kirchenlexikon Katharina von Siena stammte aus der kinderreichen Familie des Wollfärbers Benincasa. Sie zeigte schon sehr früh Anzeichen einer außergewöhnlichen Religiosität und erlebte im Alter von etwa sechs Jahren die Vision des thronenden Christus, was sie zum Gelübde der Jungfräulichkeit bewegte. Mit fünfzehn Jahren schloss sie sich in Siena dem Dritten Orden des heiligen Dominikus an und widmete die folgenden Jahre dem Gebet und asketischen Übungen im Haus ihrer Eltern. Unter der geistlichen Anleitung verschiedener Dominikaner lernte sie das Brevier und Viten der Heiligen zu lesen. Sie knüpfte zahlreiche Kontakte zu den Dominikanern wie auch zu Angehörigen anderer Ordensgemeinschaften. Die Kraft ihrer Sprache, die sich in zahlreichen Gebeten und Briefen niederschlug, zog immer mehr Menschen in ihren Bann, so dass sich eine Schar von Gleichgesinnten um Katharina scharte, die in ihr eine „geistliche Mutter“ sahen. Von mystischer Inbrunst durchdrungen, verließ sie im 19. Lebensjahr endgültig Siena und zog mit ihrer Anhängerschaft durch ganz Italien, stets mit dem Ruf „Pace! Frieden!“ auf den Lippen. Katharina fühlte sich dazu berufen, die darniederliegende Kirche aufzurütteln und die Priester an ihre Aufgaben zu erinnern. Dabei scheute 24 Sonderlesungen zu den sie nicht davor zurück, die Missstände beim Namen zu nennen: Sie sagt: „Der schlimmste Gräuel vor Gott ist der Anblick der Blumen, die aus dem mystischen Leib der Kirche sprießen und, anstatt süßen Duft zu verbreiten, nach allen Lastern stinken“. Der Reformeifer war auch die Wurzel ihrer politischen Tätigkeit, die um 1370 einsetzte: von da an wirkt sie für Frieden unter den Christen, für einen Kreuzzug gegen die Ungläubigen und vor allem für die Rückkehr des Papstes aus Avignon nach Rom! Für diese Ziele war sie rastlos tätig und erregte bald die Aufmerksamkeit Papst Gregors XI., der durch Legaten mit der jungen Mystikerin in Verbindung trat. Das Vertrauen des Papstes weckte sofort den Neid anderer kirchlicher Kreise, sodass sich Katharina Pfingsten 1374 auf dem Generalkapitel der Dominikaner in Florenz verantworten musste. Dort brachte sie jedoch ihre Gegner ebenso zum Schweigen wie in ihrer Heimatstadt Siena, die im gleichen Jahr von der Pest heimgesucht wurde und in der Katharina durch ihre rastlose Lehrtätigkeit ebenso Zulauf erhielt wie durch zahllose Heilungswunder, die sich um sie ereigneten. Am 1. April 1375 empfing sie nach einem Bericht ihres geistlichen Beraters, Raimund von Capua, in Pisa die Wundmale Christi, die allerdings bis zu ihrem Tode unsichtbar blieben. Im Juni 1376 zog die stigmatisierte Katharina mit einer kleinen Schar nach Avignon zu Papst Gregor XI. Tatsächlich verließ der Papst Avignon und hielt am 17. Jänner 1377 in Rom feierlich Einzug. Die babylonische Gefangenschaft der Kirche war beendet. Im selben Jahr gründete Katharina bei Siena ein Kloster, verließ jedoch auf Bitten des Papstes den Konvent schon nach wenigen Monaten, um in Florenz als Friedensstifterin zu vermitteln. Ihre letzten Lebensjahre waren vom Ausbruch des großen Papstschismas überschattet. Die Heilige stellte sich mit ihrer gesamten Anhängerschaft auf die Seite von Papst Urban VI. Im Jahre 1378 zog sie mit zahlreichen Anhängern nach Rom, vermochte jedoch nichts auszurichten. Gebete und Briefe aus den letzten Lebensmonaten bezeugen ihre Verzweiflung, zugleich aber auch ihre Hoffnung, dass einzig Gottes Barmherzigkeit noch die Kirche reformieren könne. Die trostlose Situation beschleunigte ihren Tod. Katharina erlitt einen Zusammenbruch in der Basilika von Sankt Peter und starb kurz darauf am 29. April 1380 in Rom im Alter von nur 33 Jahren. 1461 wurde Katharina von Papst Pius II. heilig gesprochen, seit 1939 ist sie neben Franz von Assisi Patronin Italiens, 1999 ernannte sie Johannes Paul II. zur Mitpatronin Europas. Sie ist in Santa Maria sopra Minerva beigesetzt, ihr Haupt wird in San Domenico zu Siena verehrt. Vigilien in Heiligenkreuz 25 RESPONSORIUM R: Öffne mir, meine Tochter, du Miterbin meines Reiches, die das Geheimnis meiner Wahrheit erkannt hat. * Du bist reich geworden durch die Gabe meines Geistes. Halleluja. V: Komm heraus aus der Ruhe der Beschauung und bezeuge meine Wahrheit. * Du bist reich geworden durch die Gabe meines Geistes. Halleluja. 3. Mai HLL. PHILIPPUS UND JAKOBUS ERSTE LESUNG Aus dem Jakobusbrief (Jak 1,1-18) Jakobus, Knecht Gottes und Jesu Christi, des Herrn, grüßt die zwölf Stämme, die in der Zerstreuung leben. Seid voll Freude, meine Brüder, wenn ihr in mancherlei Versuchungen geratet! Ihr wisst, dass die Prüfung eures Glaubens Ausdauer bewirkt. Die Ausdauer aber soll zu einem vollendeten Werk führen; denn so werdet ihr vollendet und untadelig sein, es wird euch nichts mehr fehlen. Fehlt es aber einem von euch an Weisheit, dann soll er sie von Gott erbitten; Gott wird sie ihm geben, denn er gibt allen gern und macht niemand einen Vorwurf. Wer bittet, soll aber voll Glauben bitten und nicht zweifeln; denn wer zweifelt, ist wie eine Welle, die vom Wind im Meer hin und her getrieben wird. Ein solcher Mensch bilde sich nicht ein, dass er vom Herrn etwas erhalten wird: Er ist ein Mann mit zwei Seelen, unbeständig auf all seinen Wegen. Der Bruder, der in niederem Stand lebt, rühme sich seiner hohen Würde, der Reiche aber seiner Niedrigkeit; denn er wird dahinschwinden wie die Blume im Gras. Die Sonne geht auf, und ihre Hitze versengt das Gras; die Blume verwelkt, und ihre Pracht vergeht. So wird auch der Reiche vergehen mit allem, was er unternimmt. Glücklich der Mann, der in der Versuchung standhält. Denn wenn er sich bewährt, wird er den Kranz des Lebens erhalten, der denen verheißen ist, die Gott lieben. Keiner, der in Versuchung gerät, soll sagen: Ich werde von Gott in Versuchung geführt. Denn Gott kann nicht in die Versuchung kommen, Böses zu tun, und er führt auch selbst niemand in die Versuchung. Jeder wird von seiner eige- 26 Sonderlesungen zu den nen Begierde, die ihn lockt und fängt, in Versuchung geführt. Wenn die Begierde dann schwanger geworden ist, bringt sie die Sünde zur Welt; ist die Sünde reif geworden, bringt sie den Tod hervor. Lasst euch nicht irreführen, meine geliebten Brüder; jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk kommt von oben, vom Vater der Gestirne, bei dem es keine Veränderung und keine Verfinsterung gibt. Aus freiem Willen hat er uns durch das Wort der Wahrheit geboren, damit wir gleichsam die Erstlingsfrucht seiner Schöpfung seien. RESPONSORIUM R: Glücklich der Mann, der in der Versuchung standhält; denn wenn er sich bewährt, wird er den Kranz des Lebens erhalten, * der denen verheißen ist, die Gott lieben. Halleluja. V: Ich habe den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, die Treue gehalten. Jetzt liegt für mich der Kranz der Gerechtigkeit bereit, * der denen verheißen ist, die Gott lieben. Halleluja. 11. Mai HLL. ÄBTE VON CLUNY ZWEITE LESUNG Papst Benedikt XVI., Aus der Ansprache, die der Heilige Vater anlässlich seines Besuches am 9. September 2007 an die Mönche und Gläubigen richtete Gerne wollte ich an diesen geschichtsträchtigen Ort kommen, um auf die grundlegende Weisung des heiligen Benedikt aufmerksam zu machen, nach dessen Regel auch die Zisterzienser leben. Benedikt ordnet kurz und bündig an, „dass dem Gottesdienst nichts vorgezogen werden soll.“ (RB 43,3) In einem Kloster benediktinischer Prägung hat daher das Gotteslob, das die Mönche als feierliches Chorgebet halten, immer den Vorrang. Gewiss – und Gott sei Dank! –, die Mönche sind nicht die einzigen, die beten; auch andere Menschen beten: Kinder, Jugendliche und alte Menschen, Männer und Frauen, Verheiratete und Alleinstehende – jeder Christ betet, oder er sollte es zumindest tun. Vigilien in Heiligenkreuz 27 Im Leben der Mönche hat freilich das Gebet eine besondere Stellung: Es ist die Mitte ihres Berufes. Sie sind von Beruf Betende. In der Väterzeit wurde das Mönchsleben als Leben nach der Weise der Engel bezeichnet. Und als das Wesentliche der Engel sah man es an, dass sie Anbetende sind. Ihr Leben ist Anbetung. So sollte es auch bei den Mönchen sein. Sie beten zuallererst nicht um dies oder jenes, sondern sie beten einfach deshalb, weil Gott es wert ist, angebetet zu werden. „Confitemini Domino, quoniam bonus! Danket dem Herrn, denn er ist gütig! Denn seine Huld währt ewig“, rufen viele Psalmen (z. B. Ps 106,1). Ein solches zweckfreies Gebet, das reiner Gottesdienst sein will, wird daher mit Recht „Officium“ genannt. Es ist der „Dienst“, der „heilige Dienst“ der Mönche. Er gilt dem dreifaltigen Gott, der über alles würdig ist, „Herrlichkeit zu empfangen und Ehre und Macht“ (Offb 4,11), da er die Welt wunderbar erschaffen und noch wunderbarer erneuert hat. Zugleich ist das Officium der Gottgeweihten auch ein heiliger Dienst an den Menschen und ein Zeugnis für sie. Jeder Mensch trägt im Innersten seines Herzens die Sehnsucht nach der letzten Erfüllung, nach dem höchsten Glück, also letztlich nach Gott, sei es bewusst oder unbewusst. Ein Kloster, in dem sich die Gemeinschaft täglich mehrmals zum Gotteslob versammelt, bezeugt, dass diese urmenschliche Sehnsucht nicht ins Leere geht. Gott, der Schöpfer, hat uns Menschen nicht in eine beängstigende Finsternis gesetzt, wo wir verzweifelt den letzten Sinngrund suchen und ertasten müssten (vgl. Apg 17,27); Gott hat uns nicht in einer sinnleeren Wüste des Nichts ausgesetzt, wo letztens nur der Tod auf uns wartet. Nein! Gott hat unsere Dunkelheit durch sein Licht hell gemacht, durch seinen Sohn Jesus Christus. In ihm ist Gott mit seiner ganzen „Fülle“ in unsere Welt eingebrochen (Kol 1,19), in ihm hat alle Wahrheit, nach der wir uns sehnen, ihren Ursprung und ihren Gipfelpunkt. Euer erster Dienst für diese Welt muss daher Euer Gebet und die Feier des Gottesdienstes sein. Die Gesinnung eines jeden Priesters, eines jeden gottgeweihten Menschen muss es sein, „dem Gottesdienst nichts vorzuziehen“. Die Schönheit einer solchen Gesinnung wird sich in der Schönheit der Liturgie ausdrücken, so dass dort, wo wir miteinander singen, Gott preisen, feiern und anbeten, ein Stück Himmel auf Erden anwesend wird. Es ist wirklich nicht vermessen, wenn man in einer auf Gott hin konzentrierten Liturgie, in den Riten und Gesängen, ein Abbild des Ewigen sieht. Wie sonst hätten unsere Vorfahren vor Hunderten von Jahren einen so erhabenen Kirchenraum schaffen können wie diesen?! Hier zieht schon die nüchterne Architektur all unsere Sinne hinauf zu dem, „was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat, was 28 Sonderlesungen zu den keinem Menschen in den Sinn gekommen ist: das Große, das Gott denen bereitet hat, die ihn lieben“ (1 Kor 2,9). Bei allem Bemühen um die Liturgie muss der Blick auf Gott maßgebend sein. Wir stehen vor Gott – er spricht mit uns, wir mit ihm. Wo immer man bei liturgischen Besinnungen nur darüber nachdenkt, wie man Liturgie attraktiv, interessant, schön machen kann, ist Liturgie schon verfallen. Entweder ist sie opus Dei mit Gott als dem eigentlichen Subjekt oder sie ist nicht. Ich bitte an dieser Stelle: Gestaltet die heilige Liturgie aus dem Hinschauen auf Gott in der Gemeinschaft der Heiligen, der lebendigen Kirche aller Orte und Zeiten so, dass sie zu einem Ausdruck der Schönheit und Erhabenheit des menschenfreundlichen Gottes wird! RESPONSORIUM R: Wir sind Söhne der Heiligen; * wir erwarten das Leben, das Gott denen geben wird, die ihr Vertrauen niemals von ihm abwenden. Halleluja. V: Wir rühmen uns unserer Hoffnung, mit der wir der Herrlichkeit Gottes entgegengehen. * Wir erwarten das Leben, das Gott denen geben wird, die ihr Vertrauen niemals von ihm abwenden. Halleluja. 13. Mai UNSERE LIEBE FRAU VON FATIMA ZWEITE LESUNG Kommentar der Glaubenskongregation zum 3. Geheimnis von Fatima anlässlich seiner Veröffentlichung im Heiligen Jahr 2000 Am Übergang vom 2. zum 3. Jahrtausend hat Papst Johannes Paul II. entschieden, den Wortlaut des dritten Teils des „Geheimnisses von Fatima“ zu veröffentlichen. Nach den aufregenden und grausamen Ereignissen des 20. Jahrhunderts, das zu den kritischsten der Menschheitsgeschichte zählt und im blutigen Attentat gegen den „milden Christus auf Erden“ gipfelte, wird somit über einer Wirklichkeit ein Vorhang aufgetan, der Geschichte macht und diese Wirklichkeit auf tiefsinnige Weise in einem geistlichen Horizont deutet, für den die heutige Geisteshaltung, die oft das Wasserzeichen des Rationalismus trägt, keinen Sinn hat. Erscheinungen und übernatürliche Zeichen unterbrechen die Geschichte. Sie treten auf lebendige Weise in die menschlichen Fährnisse ein und begleiten den Vigilien in Heiligenkreuz 29 Weg der Welt, wobei sie Gläubige und Ungläubige überraschen. Diese Kundgaben, die dem Inhalt des Glaubens nicht widersprechen können, müssen auf den zentralen Gegenstand der Verkündigung Christi zulaufen: die Liebe des Vaters, der die Menschen zur Umkehr bewegt und die Gnade schenkt, sich in kindlicher Ergebenheit ihm zu überlassen. Das ist auch die Botschaft von Fatima, die mit ihrem bekümmerten Ruf zu Umkehr und Buße tatsächlich zum Herzen des Menschen vordringt. Fatima ist unter den modernen Erscheinungen zweifellos die prophetischste. Der erste und der zweite Teil des „Geheimnisses“, die der Reihe nach zur Vervollständigung der Dokumentation veröffentlicht werden, beziehen sich vor allem auf die schreckliche Vision von der Hölle, die Verehrung des Unbefleckten Herzens Mariens, den Zweiten Weltkrieg und sodann auf die Vorhersage der ungeheuren Schäden, die das vom christlichen Glauben abgefallene und dafür dem kommunistischen Totalitarismus verfallene Russland der Menschheit zufügen würde. Keiner hätte sich das alles im Jahre 1917 vorstellen können. Nachdem Johannes XXIII. und Paul VI. den dritten Teil des Geheimnisses von Fatima nicht veröffentlichen ließen, erbat Johannes Paul II. nach dem Attentat vom 13. Mai 1981 den Umschlag mit dem Text aus dem Geheimarchiv. Wie bekannt, hat er sofort daran gedacht, die Welt dem Unbefleckten Herzen Mariens zu weihen. Er ließ daraufhin einen feierlichen „Vertrauensakt“ in der Basilika Santa Maria Maggiore am 7. Juni 1981, dem Hohen Pfingstfest, feiern. Schwester Lucia bestätigte persönlich, dass dieser feierliche und universale Weiheakt dem entsprach, was Unsere Liebe Frau wollte. Der dritte Teil des Geheimnisses ist eine symbolische Offenbarung, die nochmals an unsere Verantwortung appelliert. Maria sagt: „Wenn man auf meine Wünsche hört, wird Russland sich bekehren, und es wird Friede sein; wenn nicht, dann wird es seine Irrlehren über die Welt verbreiten, usw.“ Von dem Augenblick an, da wir dem Ruf der Botschaft nicht Rechnung trugen, stellen wir fest, dass die Botschaft sich bewahrheitet hat, dass Russland die Welt mit seinen Irrlehren eingenommen hat. Unglück, Tod und Elend drohen, wenn wir nicht den Weg der Sünde, des Hasses, der Rache, der Ungerechtigkeit, der Verletzung der menschlichen Person, des unmoralischen Verhaltens und der Gewalt verlassen. Und sagen wir nicht, dass Gott es ist, der uns so straft; im Gegenteil: Es sind die Menschen, die sich selbst die Strafe bereiten. Maria gibt uns das in ihrer Fürsorge kund und ruft uns auf den guten Weg. 30 Sonderlesungen zu den Die Entscheidung des Heiligen Vaters Papst Johannes Pauls II., das „Dritte Geheimnis“ von Fatima zu veröffentlichen, beschließt einen Zeitabschnitt, der davon gezeichnet ist, dass sich menschliches Wollen auf tragische Weise mit Gewalt und Bosheit verbunden hat. Gleichzeitig ist diese Zeit aber auch durchdrungen von der barmherzigen Liebe Gottes und von der Sorge, mit der die Mutter Jesu und die Mutter der Kirche über uns wacht. Die Madonna, die in Fatima erschienen ist, ruft uns diese vergessenen Werte des Glaubens, der Hingabe, der Sühne und des Opfers ins Gedächtnis. Sie erinnert uns, dass die Zukunft des Menschen in Gott liegt, dass aber jedem von uns dabei eine aktive und verantwortungsvolle Rolle zukommt. RESPONSORIUM R: Ich preise dich, Herr des Himmels und der Erde, * weil du den Kleinen die Geheimnisse deines Reiches geoffenbart hast. Halleluja. V: Es erschien am Himmel ein großes Zeichen: eine Frau umkleidet mit der Sonne. * Weil du den Kleinen die Geheimnisse deines Reiches geoffenbart hast. Halleluja. 15. Mai HL. PACHOMIUS ZWEITE LESUNG Heiliger Pachomius († 367) Aus den Ermahnungen Um Deinetwillen, Herr, sind wir den ganzen Tag dem Tod ausgesetzt. Gib Gott die Ehre, und du wirst stark sein. Denk an die Leiden, die die Heiligen ertragen haben! Lasst uns einmütig zusammenstehen und unserer Berufung die Treue halten! Dabei wollen wir vor allem Sorge tragen, dass wir im klösterlichen Leben, das wir auf uns genommen haben, Fortschritte machen und unseren Gott wohlgefälligen Lebenslauf vollenden dürfen. Man darf uns nicht mit denen vergleichen, die sich an nichtigen, unbedeutenden Dingen erfreuen, damit unser Herz nicht eines Tages den rechten Weg verlässt, in Sünde stürzt und so um die ewige Hoffnung betrogen wird. Erkenntnis bedeutet nämlich, Gott zu erkennen, der das Beste will, denn das schlimmste von allen Vigilien in Heiligenkreuz 31 Übeln ist, wenn man sich dem Gesetz Gottes widersetzt und seinem eigenen Willen frönt. Wer seinen eigenen Willen durchsetzt, wird um die Erkenntnis Gottes betrogen und kann so nicht auf dem Weg der Heiligen gehen; am Jüngsten Tag wird er Verderben und Wehklagen finden. Jetzt also ist es Zeit, Gott zu gefallen, denn man erwirbt das Heil in der Zeit der Drangsal. Bewahren wir also den christlichen Glauben nicht nur in der Zeit der Freude, sondern stehen wir zu ihm auch in der Zeit der Drangsal! Es steht ja geschrieben: „Wenn du dem Herrn, deinem Gott, ein Gelübde machst, sollst du nicht zögern, es zu erfüllen.“ Gott wird die Fülle des unerschütterlichen Glaubens schenken! Die Propheten haben ihn durch den Heiligen Geist erworben, in ihm wurden die Apostel bestärkt, die um des Glaubens willen verschiedene Drangsale auf sich nahmen und so zum verheißenen Lohn gelangten. Da wir dies wissen, wollen wir nicht umherschweifen, getäuscht von Irrtum und Verführung! Bleiben wir vielmehr fest und standhaft, damit wir stets an das göttliche Gesetz denken und so die unsteten Gedanken zügeln, die wie die Wasserwogen daherbrausen. Wir wollen Gott immer vor Augen haben und daran denken, dass der Herr Kreuz und Tod erlitten hat, der uns erlöst und zum Leben erweckt hat. Entsagen wir diesem Leben vollständig, um für Gott allein leben zu können! Liebe Brüder, denken wir an unser Versprechen, wie wir gelobt haben, Gott zu dienen. Darüber wird am Tag des Gerichtes von uns Rechenschaft verlangt. Wir wollen Hunger, Durst und Blöße ertragen, wir wollen wachen, beim Psalmengesang und beim Beten von ganzem Herzen seufzen und weinen, wir wollen sorgfältig unser Gewissen prüfen, ob wir vielleicht in irgendeinem Punkt uns Gottes würdig erweisen, der uns seine unermessliche Güte geschenkt hat. Wir wollen vor Not und Drangsal nicht fliehen, damit wir die Ruhe und den Trost des Herrn erlangen und das ewige Leben empfangen. Amen. RESPONSORIUM R: Um deinetwillen, Herr, sind wir den ganzen Tag dem Tod ausgesetzt; du gibst uns preis wie Schafe, die man zum Schlachten bestimmt hat. * Doch all das überwinden wir durch den, der uns geliebt hat. Halleluja. V: Du machst uns zum Schimpf für unsere Nachbarn. * Doch all das überwinden wir durch den, der uns geliebt hat. Halleluja. 32 Sonderlesungen zu den 21. Mai SEL. FRANZ JÄGERSTÄTTER ZWEITE LESUNG Seliger Franz Jägerstätter († 1943) Aus dem Abschiedsbrief an seine Frau Theresia, den er wenige Stunden vor seiner Hinrichtung am 9. August 1943 verfasste. Gott zum Gruß, herzallerliebste Gattin. Und alle meine Lieben. Heute früh um zirka halb sechs Uhr hieß es sofort anziehen: das Auto wartet schon, und mit mehreren Todeskandidaten ging dann die Fahrt hierher nach Brandenburg. Was mit uns geschehen wird, wussten wir nicht. Erst zu Mittag teilte man mir mit, dass das Urteil bestätigt wurde und heute um vier Uhr nachmittags vollstreckt wird. Ich will euch nun kurz einige Worte des Abschiedes schreiben. Liebste Gattin und Mutter. Bedanke mich nochmals herzlich für alles, was Ihr in meinem Leben alles für mich getan, für all die Liebe und Opfer, die Ihr für mich gebracht habt, und bitte Euch nochmals, verzeiht mir alles, was ich Euch beleidigt und gekränkt habe, sowie Euch auch von mir alles verziehen ist... Christus hat am Kreuze genug gelitten, um die ganze Menschheit zu erlösen. Aber weil jeder Christ ein Glied am mystischen Christusleib ist, hat Gott auch ihm ein bestimmtes Maß an Leiden zugedacht. Da es in der Lebenseinheit mit dem mystischen Christus gelitten wird, darf es auch ‚Leiden Christi‘ oder ‚Drangsal Christi‘ genannt werden. Es kommt der Kirche, die ja der mystische Leib Christi ist, zugute und wird erst vollendet, wenn die leidende und streitende Kirche ganz in die triumphierende übergegangen ist. - Möge Gott mein Leben hinnehmen als Sühn-Opfer nicht bloß für meine Sünden, sondern auch für andere. Liebste Gattin und Mutter. Es war mir nicht möglich, Euch von diesen Schmerzen, die Ihr jetzt um meinetwegen zu leiden habt, zu befreien. Wie hart wird es für unsren lieben Heiland gewesen sein, dass er durch sein Leiden und Sterben seiner lieben Mutter so große Schmerzen bereiten musste. Und das haben Jesus und Maria alles aus Liebe für uns Sünder gelitten. Ich danke auch unserem Heiland, dass ich für ihn leiden durfte und jetzt auch für ihn sterben darf. Und ich vertraue auch auf seine unendliche Barmherzigkeit, dass mir Gott alles verziehen hat und mich auch in der letzten Stunde nicht verlassen wird. Vigilien in Heiligenkreuz 33 Liebste Gattin, denke auch daran, was Jesus denen verheißen hat, welche die neun Herz-Jesu-Freitage halten. Und auch jetzt wird noch Jesus in der heiligen Kommunion zu mir kommen und mich stärken auf der Reise in die Ewigkeit. In Tegel hatte ich die Gnade, viermal die heiligen Sakramente zu empfangen. Grüßet mir auch noch herzlich meine lieben Kinder. Ich werde den lieben Gott schon bitten, wenn ich bald in den Himmel kommen darf, auch für Euch alle ein Plätzchen anzuschaffen. Habe in der letzten Woche die Himmelmutter noch öfter gebeten, wenn es Gottes Wille ist, dass ich bald sterbe, dass ich das Fest Maria Himmelfahrt schon im Himmel mitfeiern darf… Und nun alle meine Lieben lebet alle wohl und vergesset meiner nicht im Gebet. Haltet die Gebote und wir werden uns durch Gottes Gnade bald im Himmel wiedersehen! Jesu Herz, Maria Herz und mein Herz seien ein Herz: verbunden für Zeit und Ewigkeit. Maria mit dem Kinde lieb, uns noch allen Deinen Segen gib! RESPONSORIUM: R: Ich werde nunmehr geopfert und die Zeit meines Aufbruchs ist nahe. Jetzt freue ich mich in den Leiden, die ich für euch ertrage. * Für den Leib Christi, die Kirche, ergänze ich in meinem irdischen Leben, was an den Leiden Christi noch fehlt. (O: Halleluja) V: Bei meiner Verteidigung ist niemand für mich eingetreten, alle haben mich im Stich gelassen. Möge es ihnen nicht angerechnet werden. * Für den Leib Christi, die Kirche, ergänze ich in meinem irdischen Leben, was an den Leiden Christi noch fehlt. (O: Halleluja) 25. Mai HL. BEDA VENERABILIS ZWEITE LESUNG Cuthbert, Aus dem Brief über den Tod Bedas des Ehrwürdigen Als der Dienstag vor Christi Himmelfahrt kam, nahm die Atemnot Bedas zu, und an seinen Füßen zeigte sich ein kleines Geschwür. Trotzdem lehrte und diktierte er den ganzen Tag heiteren Sinnes. Von Zeit zu Zeit sagte er unter anderem: „Lernt schnell! Ich weiß nicht, wie lange ich noch lebe und ob mein Schöpfer 34 Sonderlesungen zu den mich nicht in Kürze wegnimmt.“ Uns schien es aber, als wisse er wohl um sein Sterben Bescheid. Und so durchwachte er die ganze Nacht in Danksagung. Als der Morgen dämmerte, am Mittwoch also, befahl er, sorgfältig weiterzuschreiben an dem, was wir begonnen hatten; das taten wir bis zur dritten Stunde. Von der dritten Stunde an hielten wir die Prozession mit den Reliquien der Heiligen, wie es der Brauch des Tages verlangte. Einer von uns blieb bei ihm. Der sagte zu ihm: „Lieber Meister, von dem Buch, das du diktiert hast, fehlt noch ein Kapitel; wäre es schwer für dich, wenn du weiter gefragt würdest?“ Er sagte: „Es geht schon. Nimm deine Feder, mach sie zurecht und schreibe schnell!“ Der tat so. Zur neunten Stunde sagte Beda zu mir: „Ich habe einige Kostbarkeiten in meinem Kästchen: Pfeffer, Mundtücher und Weihrauch. Lauf schnell und hole mir die Presbyter unseres Klosters, damit ich unter sie das bisschen verteile, das Gott mir gegeben hat!“ Als sie da waren, sprach er zu ihnen, mahnte einen jeden und bat ihn, Messen für ihn zu feiern und die Gebete gewissenhaft zu sprechen. Das versprachen sie ihm gern. Alle trauerten und weinten. Am meisten schmerzte sie sein Wort, dass sie ihn in dieser Welt nicht mehr lange von Angesicht zu Angesicht sehen würden. Doch freuten sie sich, als er sagte: „Es ist Zeit - wenn es meinem Schöpfer so gefällt, dass ich zu dem zurückkehre, der mich gemacht, der mich geschaffen hat, der mich aus dem Nichts formte, als ich noch nicht war. Ich habe lange gelebt, und der erbarmungsvolle Richter hat mich mein Leben lang umsorgt. Die Zeit meines Aufbruchs ist nahe. Ich sehne mich danach, aufzubrechen und bei Christus zu sein, denn meine Seele verlangt danach, Christus, meinen König, in seiner Herrlichkeit zu schauen.“ Vieles andere sagte er noch zu unserer Erbauung und verbrachte den ganzen Tag in Freude bis zum Abend. Der Knabe Wilbert sagte noch: „Geliebter Meister, ein Satz ist noch nicht geschrieben.“ Er antwortete: „Dann schreib ihn schnell!“ Nach einiger Zeit sagte der Knabe: „Nun ist der Satz geschrieben!“ Er darauf: „Gut, du hast die Wahrheit gesagt: Es ist vollbracht! Nimm meinen Kopf in deine Hände; denn es ist mir eine große Freude, im Anblick der heiligen Stätte zu sitzen, an der ich zu beten pflegte. So kann ich sitzend zu meinem Vater beten.“ Und so sang er auf dem Fußboden seiner Zelle: „Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist!“ Als er den Heiligen Geist genannt hatte, tat er den letzten Atemzug. Und so ist er, der sich mit ganzer Hingabe um das Lob Gottes gemüht hatte (wie man ohne Zweifel glauben kann), hinübergegangen zu den himmlischen Freuden, nach denen er sich gesehnt hat. Vigilien in Heiligenkreuz 35 RESPONSORIUM R: Lange habe ich gelebt, und der Herr hat mich mein Leben lang umsorgt; * die Zeit meines Aufbruchs ist gekommen. (O: Halleluja) V: Es ist Zeit, dass ich zu dem zurückkehre, der mich geschaffen hat. * Die Zeit meines Aufbruchs ist gekommen. (O: Halleluja) 1. Juni HL. JUSTINUS ZWEITE LESUNG Aus den Märtyrerakten des heiligen Justin und seiner Gefährten Die Heiligen, die gefangen genommen waren, wurden vor den römischen Präfekten Rustikus geführt. Als sie vor dem Richterstuhl standen, forderte Rustikus Justin auf: „Zeige zuerst deinen Glauben an die Götter und gehorche den Kaisern!“ Justin antwortete: „Niemand kann angeklagt und verurteilt werden, weil er den Geboten unseres Heilands Jesus Christus gehorcht.“ Der Präfekt Rustikus fragte: „Welche Lehre vertrittst du?“ Justin erwiderte: „Alles Wissen suchte ich zu lernen und blieb schließlich bei der wahren Lehre der Christen, auch wenn sie den im Irrtum Befangenen nicht gefällt.“ Der Präfekt Rustikus fragte: „Diese Lehren gefallen dir also, du Elender?“ Justin sprach: „Ja, ich folge ihnen in Übereinstimmung mit dem rechten Glauben.“ Der Präfekt Rustikus fragte: „Welches ist dieser Glaube?“ Justin antwortete: „Wir verehren den Gott der Christen, von dem wir glauben, dass er, der Eine, am Anfang die ganze Welt, die sichtbare und die unsichtbare, geschaffen und aufgebaut hat. Und wir verehren den Herrn Jesus Christus, den Sohn Gottes, von dem die Propheten geweissagt haben, er werde unter den Menschen gegenwärtig sein als Herold des Heils und Lehrer guter Gebote. Ich bin nur ein Mensch und glaube, dass ich in Anbetracht seiner unermesslichen Gottheit nur Unzulängliches sagen kann. Ich bekenne mich aber zur Kraft der Prophetie, weil es eine Vorausverkündigung über den gibt, den ich eben als den Sohn Gottes bezeichnet habe. Denn wisse: Auf Eingebung von oben haben die Propheten im Voraus gesagt, dass dieser zu den Menschen kommen werde.“ Der Präfekt Rustikus fragte: „Du bleibst also dabei, ein Christ zu sein?“ Justin antwortete: „Ja, ich bin ein Christ!“ 36 Sonderlesungen zu den Der Präfekt Rustikus sagte: „Lasst uns nun zu der Sache kommen, um die es geht. Sie ist notwendig und dringend: Kommt und opfert einmütig den Göttern!“ Justin erwiderte: „Niemand, der folgerichtig denkt, kann von der Gottesfurcht zur Gottlosigkeit abfallen.“ Der Präfekt Rustikus sagte: „Wenn ihr nicht gehorcht, werdet ihr schonungslos bestraft.“ Justin erwiderte: „Wir hoffen, wenn wir um unseres Herrn Jesus Christus willen bestraft werden, eben dadurch gerettet zu werden. Denn das wird uns Heil und Zuversicht geben vor dem weit schrecklicheren allgemeinen Gericht unseres Herrn und Retters.“ Ebenso sprachen auch die übrigen Märtyrer: „Tu, wie du willst. Wir sind Christen und opfern den Göttern nicht!“ Da verkündete der Präfekt Rustikus das Urteil: „Diese lehnen es ab, den Göttern zu opfern und dem Befehl des Kaisers zu gehorchen. Sie sollen gegeißelt werden und dann nach der Vorschrift des Gesetzes mit der Strafe der Enthauptung büßen.“ Die Heiligen priesen Gott, gingen hinaus zum üblichen Hinrichtungsort, wurden enthauptet und vollendeten ihr Blutzeugnis im Bekenntnis des Heilands. RESPONSORIUM R: Ich schäme mich des Evangeliums nicht; * es ist eine Macht Gottes und wird jeden retten, der glaubt. (O: Halleluja) V: Nichts fürchte ich, wenn ich nur den Dienst erfülle, den ich übernommen habe: Das Evangelium Christi zu bezeugen. * Es ist eine Macht Gottes und wird jeden retten, der glaubt. (O: Halleluja) 16. Juni HL. LUDGARD ERSTE LESUNG Lebensbeschreibung der heiligen Ludgard nach dem „Calendarium Benedictinum“ Während der Vater schon eine glänzende Partie für seine begabte und anmutsvolle Tochter Ludgard plante, erklärte ihr die Mutter wiederholt: „Wenn du dich mit Christus vermählst, werde ich dir das vornehmste Kloster einrichten; wenn du aber einen sterblichen Mann heiraten willst, sollst du nur einen Kuhhirten bekommen!“ Offenbar auf Veranlassung der Mutter wurde Ludgard auch mit 12 Jahren Klosterschülerin bei den Benediktinernonnen von St. Katharina zu Saint- Vigilien in Heiligenkreuz 37 Trond. Hier begann die Liebe Christi immer mehr von ihrer Seele Besitz zu ergreifen, sodass sie standhaft alle Werbungen ausschlug. Als gar ein Versuch gemacht wurde, sie gewaltsam zu entführen, entschloss sie sich endgültig, Gottesbraut zu werden, und legte die Profess ab. Die Folge war, dass nun ihr geheimnisvolles Mitleben mit dem gekreuzigten Heiland von Tag zu Tag inniger wurde. Ludgard hatte von Gott die Gabe der Krankenheilung erhalten, ebenso eine besonders tiefe Einsicht in die Psalmen; aber da sie in solchen Gaben nicht die erwünschte Förderung im geistlichen Leben sah, wollte sie lieber darauf verzichten und bat den Heiland um nichts weniger als sein heiligstes Herz: „Ich will dein Herz, und zwar so, dass du die Liebe deines Herzens mit meinem Herzen vermischst und ich in dir mein Herz besitze!“ Zeitweise erfüllte sie ein lebhaftes Verlangen nach dem Martyrium; einmal war es so stark, dass ihr nahe dem Herzen eine Ader sprang und sie blutüberströmt zusammenbrach. Mit 21 Jahren wurde Ludgard zur Priorin von Sankt Katharina erwählt. Von da ab dachte sie an einen Ortswechsel. Auf den Rat ihres Beichtvaters entschied sie sich für das strenge Zisterzienserinnenkloster Aywières. Hier konnte sie als einzige Deutsche unter lauter französisch sprechenden Schwestern so recht für sich ihr innerliches Leben pflegen und lief keine Gefahr, nochmals Oberin werden zu müssen. Und doch entfaltete sie andererseits von der Verborgenheit ihrer Zelle aus eine weit reichende Wirksamkeit zum Heil der Seelen und zum Wohl der heiligen Kirche. Geistliche und Laien suchten bei der gotterleuchteten Jungfrau Rat und Hilfe. Vor allem verstand sie es, mutlose Seelen wieder aufzurichten und verhärtete Sünder zur Buße zu bewegen. Für die Bekehrung der Sünder betete und opferte sie ohne Unterlass. So genoss sie im Auftrag des Heilandes sieben Jahre lang nur Brot und schales Bier, um den Zorn Gottes über die Albigensergreuel zu besänftigen, dann wieder zweimal sieben Jahre nur Brot und Gemüse für die Bekehrung der Sünder im Allgemeinen. Dabei vertrat sie aber anderen gegenüber immer den gesunden Grundsatz, dass der Körper in Überschätzung geistlicher Freuden nicht zugrunde gerichtet und unbrauchbar gemacht werden dürfe für die Arbeit an den Seelen. Eine besondere Freundin war die Heilige den Armen Seelen des Fegefeuers; sogar der gewaltige Papst Innozenz III. soll ihr nach seinem Tode erschienen sein und sie um ihre Fürbitte angefleht haben. - Die letzten elf Jahre ihres Lebens verbrachte Ludgard in leiblicher Blindheit. Gott wollte sie dadurch loslösen von dem Trost, den sie im Anblick lieber Freunde fand. Dafür erstrahlte in ihrer Seele immer reiner und heller das ungeschaffene Licht, das sie dann am 16. Juni 1246 zur ewigen Beseligung ganz in sich aufnahm. 38 Sonderlesungen zu den An ihrer Bahre bewahrheitete sich sofort die Voraussage der befreundeten Begine Maria: „Jetzt im Leben tut Ludgard Wunder an den Seelen, nach ihrem Hinscheiden wird sie solche auch an den Leibern vollbringen.“ RESPONSORIUM R: Kein Auge hat es gesehen, und kein Ohr hat es gehört, und in keines Menschen Herz ist es gedrungen, * wie Großes Gott denen bereitet, die ihn lieben. (O: Halleluja) V: Uns hat Gott es enthüllt durch seinen Geist: * wie Großes Gott denen bereitet, die ihn lieben. (O: Halleluja) 3. Juli HL. THOMAS ERSTE LESUNG Aus dem ersten Johannesbrief (1 Joh 1,1-7; 4,7-16a) Was von Anfang an war, was wir gehört haben, was wir mit unseren Augen gesehen, was wir geschaut und was unsere Hände angefasst haben, das verkünden wir: das Wort des Lebens. Denn das Leben wurde offenbart; wir haben gesehen und bezeugen und verkünden euch das ewige Leben, das beim Vater war und uns offenbart wurde. Was wir gesehen und gehört haben, das verkünden wir auch euch, damit auch ihr Gemeinschaft mit uns habt. Wir aber haben Gemeinschaft mit dem Vater und mit seinem Sohn Jesus Christus. Wir schreiben dies, damit unsere Freude vollkommen ist. Das ist die Botschaft, die wir von ihm gehört haben und euch verkünden: Gott ist Licht, und keine Finsternis ist in ihm. Wenn wir sagen, dass wir Gemeinschaft mit ihm haben, und doch in der Finsternis leben, lügen wir und tun nicht die Wahrheit. Wenn wir aber im Licht leben, wie er im Licht ist, haben wir Gemeinschaft miteinander, und das Blut seines Sohnes Jesus reinigt uns von aller Sünde. Liebe Brüder, wir wollen einander lieben; denn die Liebe ist aus Gott, und jeder, der liebt, stammt von Gott und erkennt Gott. Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt; denn Gott ist die Liebe. Die Liebe Gottes wurde unter uns dadurch offenbart, dass Gott seinen einzigen Sohn in die Welt gesandt hat, damit wir durch ihn Vigilien in Heiligenkreuz 39 leben. Nicht darin besteht die Liebe, dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt und seinen Sohn als Sühne für unsere Sünden gesandt hat. Liebe Brüder, wenn Gott uns so geliebt hat, müssen auch wir einander lieben. Niemand hat Gott je geschaut; wenn wir einander lieben, bleibt Gott in uns, und seine Liebe ist in uns vollendet. Daran erkennen wir, dass wir in ihm bleiben und er in uns bleibt: Er hat uns von seinem Geist gegeben. Wir haben gesehen und bezeugen, dass der Vater den Sohn gesandt hat als den Retter der Welt. Wer bekennt, dass Jesus der Sohn Gottes ist, in dem bleibt Gott, und er bleibt in Gott. Wir haben die Liebe, die Gott zu uns hat, erkannt und gläubig angenommen. RESPONSORIUM R: Streck deinen Finger aus: Hier sind meine Hände! Streck deine Hand aus, und leg sie in meine Seite; und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! * Thomas antwortete: Mein Herr und mein Gott! V: Was von Anfang an war, was wir gehört haben, was wir mit unseren Augen gesehen und was unsere Hände angefasst haben, das verkünden wir. * Thomas antwortete: Mein Herr und mein Gott! 8. Juli HL. EUGEN III. ZWEITE LESUNG Bernhard von Clairvaux († 1153), Aus dem Schreiben „De Consideratione“ an Papst Eugen III. Die Liebe drängt mich, aber die Ehrfurcht hält mich zurück. Was liegt überhaupt daran, dass du auf den Stuhl Petri erhoben worden bist? Wenn du dich auf den Flügeln des Windes fortbewegen wolltest, so könntest du dich meiner Liebe nicht entziehen. Die Liebe weiss nicht, was ein Vorgesetzter ist; sie erkennt einen Sohn sogar unter der Papstkrone. Die Liebe stirbt nicht. Wenn ich auch dir gegenüber nicht mehr die Pflichten einer Mutter zu erfüllen habe, so habe ich immer noch ihre Zärtlichkeit. Du hast früher meinem Herzen nahe gestanden; es ist nicht leicht, dich aus demselben zu reißen. Ich werde dir also Ratschläge erteilen, nicht wie ein Meister, sondern wie eine Mutter oder, anders gesagt, wie einer, der liebt. Man wird mich vielleicht für einen Wahnsinnigen halten, aber als solcher werde 40 Sonderlesungen zu den ich nur in den Augen dessen gelten, der nicht liebt, der die Macht der Liebe nicht fühlt. Die Apostel, deine Vorfahren, haben den Auftrag erhalten, die ganze Welt vor den Füßen Christi niederzuwerfen. Du bist ihr Erbe; folglich ist die Welt dein Erbteil. Andere sind zwar auch Pförtner des Himmels und Hirten der Herden; du aber hast den Titel in besonderer Weise ererbt. Jeder von ihnen hat eine Herde, welche ihm besonders zugewiesen ist. Für dich machen alle Herden zusammen nur eine Herde aus, welche dir anvertraut ist. Du bist nicht bloß der Hirte der Schafe, sondern auch der Hirt der Hirten. Mit einem Wort, du bist in des Wortes vorzüglichster Bedeutung der Stellvertreter Christi. Der Päpstliche Stuhl behagt dir vielleicht. Er ist jedoch nur ein Beobachtungsposten, wie der Name „Bischof“ es andeutet, er ist eine Anhöhe, von der aus du - wie ein Wachtposten - einen Blick auf die Welt werfen kannst. Die Welt ist nicht dein Eigentum; dir gehört nur ihre Bewachung und ihre Pflege. Die Gewaltherrschaft über sie ist den Aposteln untersagt worden. Es gibt kein Eisen und kein Gift, das ich so sehr für dich fürchte als die Leidenschaft zu herrschen. Erwäge, dass du das Muster der Frömmigkeit, der Kämpfer für die Wahrheit, der Verteidiger des Glaubens, der Lehrer der Nationen, das Haupt der Christen, der Ruhm der Guten, der Vater der Könige, das Salz der Erde, das Licht der Welt, der Priester des Allerhöchsten, der Stellvertreter Christi, der Gesalbte des Herrn sein musst. RESPONSORIUM R: Weise zurecht, tadle und ermahne in unermüdlicher Belehrung; * verkünde das Wort zu gelegener und ungelegener Zeit! V: Gib Acht auf die ganze Herde, in der dich der Heilige Geist zum Bischof bestellt hat. * Verkünde das Wort zu gelegener und ungelegener Zeit! 11. Juli HL. BENEDIKT VON NURSIA ERSTE LESUNG Aus dem Buch Jesus Sirach (Sir 51,13-30). Als ich jung und noch nicht unstet war, suchte ich eifrig die Weisheit. Sie kam zu mir in ihrer Schönheit, und bis zuletzt will ich sie erstreben. Und wie nach dem Vigilien in Heiligenkreuz 41 Blühen die Trauben reifen, die das Herz erfreuen, so schritt mein Fuß auf geradem Weg; denn schon von Jugend an habe ich sie erkannt. Nur kurz hörte ich hin, und schon fand ich Belehrung in Menge. Sie ist für mich zur Amme geworden; meinem Lehrer will ich danken. Ich hatte im Sinn, Freude zu erleben, ich strebte ohne Rast nach Glück. Ich verlangte brennend nach ihr und wandte von ihr meinen Blick nicht ab. Ich richtete mein Verlangen auf sie, und auf ihren Höhen wanke ich nicht. Meine Hand öffnete ihre Tore, und ich nahm sie leibhaftig wahr. Ich habe ihretwegen meine Hände gereinigt, und ich fand die Weisheit in ihrer Reinheit. Einsicht erwarb ich durch sie von Anfang an, darum lasse ich nicht von ihr. Mein Herz war erregt, sie zu schauen, darum erwarb ich sie als kostbares Gut. Der Herr gab meinen Lippen Erfolg, mit meiner Zunge will ich ihm danken. Kehrt bei mir ein, ihr Unwissenden, verweilt in meinem Lehrhaus! Wie lange noch wollt ihr das alles entbehren und eure Seele dürsten lassen? Ich öffne meinen Mund und sage von ihr: Erwerbt euch Weisheit, es kostet nichts. Beugt euren Nacken unter ihr Joch, und nehmt ihre Last auf euch! Denen, die sie suchen, ist sie nahe, und wer sich ihr ganz hingibt, findet sie. Seht mit eigenen Augen, dass ich mich nur wenig bemühte, aber viel Ruhe gefunden habe. Hört auf meine knapp bemessene Lehre! Durch sie werdet ihr viel Silber und Gold erwerben. Eure Seele freue sich an meinem Lehrstuhl, meines Liedes sollt ihr euch nicht schämen. Tut eure Werke vor der Zeit der Vergeltung, so wird er euch den Lohn geben zur rechten Zeit. Gepriesen sei der Herr auf ewig, gelobt sei sein Name für alle Zeiten. RESPONSORIUM R: Uneigennützig lernte ich Weisheit, neidlos gebe ich sie weiter; * sie ist ein unerschöpflicher Schatz für die Menschen. V: Unglücklich sind alle, die Weisheit und Belehrung verachten; denn Gott liebt nur den, der mit der Weisheit zusammenwohnt. * Sie ist ein unerschöpflicher Schatz für die Menschen. ZWEITE LESUNG Bernhard von Clairvaux († 1153), Aus einem Sermo zum Todestag des heiligen Benedikt Wir feiern heute den himmlischen Geburtstag unseres glorreichen Meisters Benedikt. Nach unserer Gewohnheit bin ich es euch schuldig, für ihn und über ihn eine 42 Sonderlesungen zu den Ansprache zu halten. Seinen liebreichen Namen müsst ihr in aller Freude lieben und ehren, denn er ist euer Führer, euer Meister, euer Gesetzgeber! Und da ich selbst nichts habe, was ich euch vorsetzen könnte, so will ich vom seligen Benedikt drei Brote erbitten, um euch damit zu speisen: Es erquicke euch seine Heiligkeit, es nähre euch seine Gerechtigkeit, es sättige euch seine Frömmigkeit. Ein Baum war der heilige Benedikt, mächtig und fruchtbar, wie der Baum, der an Wasserbächen gepflanzt ist. Deshalb brachte dieser heilige Bekenner des Herrn seine Frucht zur rechten Zeit. Zu seinen Früchten gehören auch jene drei, die ich zuvor nannte: seine Heiligkeit, seine Gerechtigkeit und seine Frömmigkeit. Seine Heiligkeit erkennst du aus seinen Wundern, seine Frömmigkeit aus seiner Lehre, seine Gerechtigkeit aus seinem Leben. Doch warum erzähle ich dir von seinen Wundern? Etwa, damit auch du versuchst, Wunder zu wirken? Gewiss nicht! Aber du sollst dich auf seine Wunder stützen, das heißt: du sollst vertrauen und dich freuen, unter einem solchen Hirten stehen und einen solchen Schutzherrn haben zu dürfen. Überaus mächtig ist nämlich der im Himmel, der sich schon auf Erden als mächtig erwiesen hat. Der Größe seiner Gnade entsprechend wurde er durch die Fülle der Glorie erhöht. Denn der Zahl der Wurzeln entsprechend wachsen bekanntlich die Zweige. Es heißt doch im Sprichwort: „So viele Äste schmücken den Baum, wie ihn Wurzeln stützen.“ So sollen also die Wunder unseres Schutzherrn ein großer Trost für uns sein, wenn wir selbst keine zu vollbringen vermögen. Seine Lehre jedoch unterrichtet uns und lenkt unsere Schritte auf dem Weg des Friedens. Schließlich gibt uns sein gerechtes Leben Kraft und Mut, damit wir umso begeisterter tun, was er lehrte, je sicherer wir sind, dass er selbst nichts anderes lehrte, als was er selbst tat. Denn die lebendigste und wirksamste Lehre ist das eigene Beispiel. Dieses ist die beste Empfehlung für die Lehre, weil es beweist, dass die Lehre wahrhaftig in die Tat umgesetzt werden kann. Auf diese Weise also stärkt uns seine Heiligkeit, unterweist uns seine Frömmigkeit und festigt uns seine Gerechtigkeit. Wie groß muss seine Güte gewesen sein, dass er nicht nur seinen Zeitgenossen diente, sondern sich auch um die künftigen Nachkommen sorgte! Dieser Baum brachte nicht nur jenen, die damals waren, seine Früchte, sondern bis auf den heutigen Tag bleiben seine Früchte und wachsen noch dazu. Fürwahr, er war von Gott und von den Menschen über die Maße geliebt. Er war nicht nur zu seiner Zeit gesegnet - wie es ja viele gibt, die nur von Gott allein geliebt werden, weil er allein sie kennt - nein: auch in seinem Andenken ist er bis heute gesegnet. Vigilien in Heiligenkreuz 43 Denn bis zur Stunde weidet er die Herde des Herrn: Er sättigt sie mit diesen drei Früchten, in welchen sich seine dreifache Liebe zu Gott spiegelt: er nährt sie durch sein Lebensbeispiel, er nährt sie durch seine Lehre, er nährt sie durch seine Fürbitte. Dadurch hilft er euch immerdar, meine Lieben, dass ihr Frucht bringt: Dazu seid ihr ja bestimmt: Gehet hin und bringt Frucht! RESPONSORIUM R: Er war wie ein Baum, der an Wasserbächen gepflanzt ist; wie ein Baum, der seine Frucht bringt zur rechten Zeit: * Benedictus, der Gesegnete. V: Er war ein Mann von ehrwürdigem Leben: Durch die Gnade und dem Namen nach: * Benedictus, der Gesegnete. 23. Juli HL. BIRGITTA VON SCHWEDEN ERSTE LESUNG Aus dem Brief an die Philipper (Phil 3,7-17; 4,8) Was mir ein Gewinn war, das habe ich um Christi willen als Verlust erkannt. Ja, noch mehr: ich sehe alles als Verlust an, weil die Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn, alles übertrifft. Seinetwegen habe ich alles aufgegeben und halte es für Unrat, um Christus zu gewinnen und in ihm zu sein. Nicht meine eigene Gerechtigkeit suche ich, die aus dem Gesetz hervorgeht, sondern jene, die durch den Glauben an Christus kommt, die Gerechtigkeit, die Gott aufgrund des Glaubens schenkt. Christus will ich erkennen und die Macht seiner Auferstehung und die Gemeinschaft mit seinen Leiden; sein Tod soll mich prägen. So hoffe ich, auch zur Auferstehung von den Toten zu gelangen. Nicht dass ich es schon erreicht hätte oder dass ich schon vollendet wäre. Aber ich strebe danach, es zu ergreifen, weil auch ich von Christus Jesus ergriffen worden bin. Brüder, ich bilde mir nicht ein, dass ich es schon ergriffen hätte. Eines aber tue ich: Ich vergesse, was hinter mir liegt, und strecke mich nach dem aus, was vor mir ist. Das Ziel vor Augen, jage ich nach dem Siegespreis, der himmlischen Berufung, die Gott uns in Christus Jesus schenkt. Das wollen wir bedenken, 44 Sonderlesungen zu den wir Vollkommenen. Und wenn ihr anders über etwas denkt, wird Gott euch auch das offenbaren. Nur müssen wir festhalten, was wir erreicht haben. Ahmt auch ihr mich nach, Brüder, und achtet auf jene, die nach dem Vorbild leben, das ihr an uns habt! Was immer wahrhaft, edel, recht, was lauter, liebenswert, ansprechend ist, was Tugend heißt und lobenswert ist, darauf seid bedacht! Was ihr gelernt und übernommen, gehört und an mir gesehen habt, das tut. Und der Gott des Friedens wird mit euch sein. RESPONSORIUM R: Die Welt und alle ihre Schönheit habe ich gering geachtet aus Liebe zu Christus. * Ihn habe ich gefunden, ihn liebe ich, an ihn habe ich geglaubt und mich ihm geweiht. V: Mein Herz fließt über von froher Kunde, ich weihe mein Lied dem König. * Ihn habe ich gefunden, ihn liebe ich, an ihn habe ich geglaubt und mich ihm geweiht. ZWEITE LESUNG Friedrich Wilhelm Bautz, aus dem Biographisch-Bibliographischen Kirchenlexikon Birgitta von Schweden wurde um 1303 in der Nähe von Uppsala. Ihr Vater Birger Persson war Lagmann, das heißt Landrichter, und einer der größten Grundbesitzer des Landes. Birgitta wurde gläubig erzogen und hatte schon im Alter von 7 Jahren Visionen. Mit 11 Jahren verlor sie ihre Mutter; mit 13 Jahren wurde sie mit dem 18-jährigen Ulf Gudmarsson, dem späteren Lagmann von Nerike, vermählt. Ihre Ehe war überaus glücklich. Birgitta wurde Mutter von 8 Kindern. Wegen ihres frommen Wandels und ihrer selbstlosen Wohltätigkeit genoss sie bald hohe Verehrung beim Volk. Als Hofmeisterin bei König Magnus Eriksson übte sie bedeutenden Einfluss aus. Von 1341 bis 1343 unternahm Birgitta mit ihrem Gatten eine Pilgerfahrt nach Santiago di Compostela. Nach ihrer Rückkehr zog sich ihr Gatte in das Zisterzienserkloster Alvastra in Ostgotland zurück, wo er jedoch schon bald darauf starb. Nun ließ sich Birgitta selbst in Alvastra nieder und gab sich den strengsten Bußübungen hin. Zahlreicher als bisher wurden ihr Offenbarungen zuteil: sie nannte sich selbst Braut Christi und entwickelte vor allem eine tiefe Leidensmys- Vigilien in Heiligenkreuz 45 tik in der Verehrung der Wunden des Heilandes. Sie schrieb ihre Offenbarungen in schwedischer Sprache nieder, ihre Beichtväter übersetzten sie ins Lateinische. Eine dieser Offenbarungen gebot ihr die Gründung eines Ordens. Der König selbst ermöglichte nun durch reiche Stiftungen die Verwirklichung dieses göttlichen Auftrags, sodass Birgitta auf dem Königsgut Vadstena ein Kloster für 60 Nonnen und daneben einen gesonderten Konvent für 13 Mönchspriester, 4 Diakone und 8 Laienbrüder gründen konnte. Sie legte damit den Grund zum Birgitten- oder Erlöserorden. Birgittas Tochter, die heilige Katharina von Schweden, wurde die erste Äbtissin dieses Doppelklosters. 1349 reiste Birgitta nach Rom, wo sie bis zu ihrem Tod bleiben sollte. In Rom gründete sie ein Hospiz für schwedische Studenten und Pilger. Ihre eindringlichen, ja gewaltigen Strafreden an den Papst trugen mit dazu bei, dass Papst Urban V. alle Vorkehrungen traf, um von Avignon nach Rom zurückzukehren. Dies tat er auch im Jahre 1367, musste jedoch Rom aufgrund politischer Unruhen schon bald wieder verlassen und nach Avignon zurückkehren. Erst der heiligen Katharina von Siena sollte 10 Jahre später mit der Rückkehr von Papst Gregor XI. ein dauerhafter Erfolg beschieden sein. Birgitta von Schweden erlebte die Bestätigung ihres Ordens. 1372 trat sie noch eine Pilgerreise in das Heilige Land an. Nach ihrer Rückkehr starb Birgitta in hohem Alter am 23. Juli 1373 in Rom, schon 1391 wurde sie heilig gesprochen; ihre Reliquien wurden nach Schweden überführt. Johannes Paul II. erklärte 1999 die heilige Mystikerin aus dem Norden zusammen mit Katharina von Siena und Edith Stein zur Mitpatronin Europas. RESPONSORIUM R: Christus hat uns geliebt und durch sein Blut befreit von unseren Sünden. * Er hat uns die Würde von Königen verliehen und uns zu Priestern gemacht für seinen Gott und Vater. V: Übt die Liebe, denn Christus hat uns geliebt und sich für uns hingegeben. * Er hat uns die Würde von Königen verliehen und uns zu Priestern gemacht für seinen Gott und Vater. (oder: Aus einem der heiligen Birgitta zugeschriebenen Gebet Sei gepriesen, mein Herr Jesus Christus! Du hast deinen Tod vorausgesagt und beim Letzten Mahl irdisches Brot in deinen kostbaren Leib verwandelt. Aus Liebe hast du ihn deinen Aposteln gegeben als Gedächtnis deines kostbaren Leidens. Du hast ihnen mit deinen heiligen und ehrwürdigen Händen die Füße gewaschen und ihnen demütig deine ganze Herablassung gezeigt. 46 Sonderlesungen zu den Ehre sei dir, mein Herr Jesus Christus! In der Angst vor deinem Leiden und deinem Tod hat dein unschuldiger Leib Blut statt Wasser geschwitzt. Und doch hast du unsere Erlösung, die du dir vorgenommen hattest, vollbracht und so die Liebe offenbart, die du zum Menschengeschlecht hegtest. Sei gepriesen, mein Herr Jesus Christus! Du wurdest zu Kajaphas geführt. Du, der Richter der Welt, hast es in Demut geschehen lassen, dass du dem Pilatus zur Verurteilung übergeben wurdest. Ehre sei dir, Herr Jesus Christus! Wegen der Verspottung, die du ertrugst, als du dastandest, in Purpur gekleidet und mit spitzen Dornen gekrönt, und es geduldig ertrugst, dass die Bösen dir in das herrliche Antlitz spieen, dir die Augen verhüllten, dich mit ihren mordgierigen Händen roh auf die Wangen und auf den Nacken schlugen. Ehre sei dir, mein Herr Jesus Christus! Mit deinem ganzen herrlichen blutenden Leib wurdest du zum Tod am Kreuz verurteilt, trugst auf deinen heiligen Schultern unter Schmerzen das Kreuz. Ewiges Lob sei dir, mein Herr Jesus Christus! Du warst im Todeskampf und gabst allen Sündern Hoffnung auf Vergebung, als du dem Räuber, der sich zu dir bekannte, die Herrlichkeit des Paradieses versprachst. Mit deinem kostbaren Blut und durch deinen heiligen Tod hast du die Seelen losgekauft und sie huldvoll aus der Verbannung zum ewigen Leben zurückgeführt. Ewige Ehre sei dir, mein Herr Jesus Christus, du bist am dritten Tage auferstanden von den Toten; du sitzest in deinem himmlischen Reich auf dem Thron deiner Gottheit und wirst wiederkommen am Tag des Gerichtes, die Seelen aller Lebenden und Toten zu richten, du, der du mit dem Vater und dem Heiligen Geist lebst und herrschst in Ewigkeit. Amen.) Vigilien in Heiligenkreuz 47 25. Juli HL. JAKOBUS ERSTE LESUNG Aus dem zweiten Brief an Timotheus (2 Tim 3,10-4,8). Du aber bist mir gefolgt in der Lehre, im Leben und Streben, im Glauben, in der Langmut, der Liebe und der Ausdauer, in den Verfolgungen und Leiden, denen ich in Antiochia, Ikonion und Lystra ausgesetzt war. Welche Verfolgungen habe ich erduldet! Und aus allen hat der Herr mich errettet. So werden alle, die in der Gemeinschaft mit Christus Jesus ein frommes Leben führen wollen, verfolgt werden. Böse Menschen und Schwindler dagegen werden immer mehr in das Böse hineingeraten; sie sind betrogene Betrüger. Du aber bleibe bei dem, was du gelernt und wovon du dich überzeugt hast! Du weißt, von wem du es gelernt hast; denn du kennst von Kindheit an die heiligen Schriften, die dir Weisheit verleihen können, damit du durch den Glauben an Christus Jesus gerettet wirst. Jede von Gott eingegebene Schrift ist auch nützlich zur Belehrung, zur Widerlegung, zur Besserung, zur Erziehung in der Gerechtigkeit; so wird der Mensch Gottes zu jedem guten Werk bereit und gerüstet sein. Ich beschwöre dich bei Gott und bei Christus Jesus, dem kommenden Richter der Lebenden und der Toten, bei seinem Erscheinen und bei seinem Reich: Verkünde das Wort, tritt dafür ein, ob man es hören will oder nicht; weise zurecht, tadle, ermahne - in unermüdlicher und geduldiger Belehrung! Denn es wird eine Zeit kommen, in der man die gesunde Lehre nicht erträgt, sondern sich nach eigenen Wünschen immer neue Lehrer sucht, die den Ohren schmeicheln; und man wird der Wahrheit nicht mehr Gehör schenken, sondern sich Fabeleien zuwenden. Du aber sei in allem nüchtern, ertrage das Leiden, verkünde das Evangelium, erfülle treu deinen Dienst! Denn ich werde nunmehr geopfert, und die Zeit meines Aufbruchs ist nahe. Ich habe den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, die Treue gehalten. Schon jetzt liegt für mich der Kranz der Gerechtigkeit bereit, den mir der Herr, der gerechte Richter, an jenem Tag geben wird, aber nicht nur mir, sondern allen, die sehnsüchtig auf sein Erscheinen warten. 48 Sonderlesungen zu den RESPONSORIUM R: Ich habe den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, die Treue gehalten.* Schon jetzt liegt für mich der Kranz der Gerechtigkeit bereit. V: Ich sehe alles als Verlust an, weil die Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn, alles übertrifft. Christus will ich erkennen und die Gemeinschaft mit seinen Leiden; sein Tod soll mich prägen. * Schon jetzt liegt für mich der Kranz der Gerechtigkeit bereit. 3. August HL. ALTMANN ZWEITE LESUNG Lebensbeschreibung des heiligen Bischofs Altmann nach dem „Calendarium Benedictinum“ Altmann entstammte einem adeligen westfälischen Geschlecht und wurde um 1015 geboren. Seine an der Domschule zu Paderborn erwiesene Begabung und erworbene Bildung öffnete Altmann den Weg in das dortige Domkapitel, wo er alsbald Leiter der Domschule wurde. Kaiser Heinrich III. beförderte ihn zum Propst des am berühmten Aachener Münster bestehenden Kollegiatsstiftes und zugleich zum Kaplan der königlichen Pfalzkapelle. 1064 schloss er sich einer Pilgerfahrt ins Heilige Land an, die der Erzbischof von Mainz leitete. Auf der Rückreise erreichte Altmann in Ungarn die Nachricht von seiner Ernennung zum Bischof von Passau. Die Zustände in seinem Bistum waren keineswegs erfreulich. Die Kirchen und Kapellen waren zumeist bloß aus Holz errichtet, die Sitten der Priester waren wenig beispielhaft, der Zölibat fand weithin keine Beachtung. Nicht viel besser stand es mit den Klöstern. 1067 errichtete Bischof Altmann unmittelbar vor den Mauern der Stadt Passau das Chorherrenstift St. Nikola. Für den östlichen Teil seiner weit ausgedehnten Diözese schuf er 1083 das Chorherrenstift Göttweig. Ältere Klöster, wie St. Florian und St. Pölten, reformierte er durch Einführung der Chorherrenregel. In Kremsmünster und Melk förderte er die Reform und war beteiligt an der Gründung des Chorherrenstiftes Reichersberg am Inn. Im Investiturstreit stand Altmann auf Seiten des Papstes Gregor VII.; dies brachte ihm die Gegnerschaft seines eigenen Dompropstes Eigilbert. Als päpstlicher Le- Vigilien in Heiligenkreuz 49 gat für Deutschland bewog er den gebannten Kaiser Heinrich IV. zum Bußgang nach Canossa. Die Umkehr des Kaisers dauerte aber nicht lange. Bald zog er nach Bayern und kam nach Passau, um den schärfsten und gefährlichsten Gegner im deutschen Episkopat unschädlich zu machen, den Bischof Altmann. Dieser konnte nach Rom flüchten und dann an der Fastensynode 1079 teilnehmen. Papst Gregor sandte ihn abermals als Legaten nach Deutschland, wo er mit dem großen Reformabt Wilhelm von Hirsau für die gregorianische Partei warb. Als Heinrich 1081 einen Rachezug nach Rom unternahm, gelang es Altmann, in den österreichischen Anteil seines Bistums zurückzukehren und dort seine Erneuerungsarbeit fortzusetzen. Altmann starb am 8. August 1091 in Zeiselmauer, dem alten Landgut des Passauer Bistums. Sein Leichnam wurde nach Göttweig überführt und dort vom Erzbischof Tiemo unter großer Anteilnahme von Klerus und Volk bestattet. Sein Andenken blieb hochgeehrt durch alle Jahrhunderte, und schon in den ersten Jahrzehnten nach seinem Tod wurde er in Österreich als Heiliger verehrt. In den Diözesen Passau, Linz und St. Pölten ist sein Kult seit dem 19. Jahrhundert zugelassen. RESPONSORIUM R: Er stritt bis zum Tod für das Gesetz seines Gottes und fürchtete sich nicht vor den Worten der Gottlosen; * denn er war auf einen festen Felsen gegründet. V: Er hat das Leben der Welt gering geachtet und ist zum Reich des Himmels gelangt. * Denn er war auf einen festen Felsen gegründet. 9. August HL. THERESIA BENEDICTA A CRUCE EDITH STEIN ERSTE LESUNG Aus dem 11. Kapitel des Römerbriefs (Röm 11 passim) Ich frage also: Hat Gott sein Volk verstoßen? Keineswegs! Denn auch ich bin ein Israelit, ein Nachkomme Abrahams, aus dem Stamm Benjamin. Gott hat sein Volk nicht verstoßen, das er einst erwählt hat. Es gibt auch in der gegenwärtigen 50 Sonderlesungen zu den Zeit einen Rest, der aus Gnade erwählt ist - aus Gnade, nicht mehr aufgrund von Werken; sonst wäre die Gnade nicht mehr Gnade. Nun frage ich: Sind sie etwa gestrauchelt, damit sie zu Fall kommen? Keineswegs! Vielmehr kam durch ihr Versagen das Heil zu den Heiden, um sie selbst eifersüchtig zu machen. Euch, den Heiden, sage ich: Gerade als Apostel der Heiden preise ich meinen Dienst, weil ich hoffe, die Angehörigen meines Volkes eifersüchtig zu machen und wenigstens einige von ihnen zu retten. Ist die Erstlingsgabe vom Teig heilig, so ist es auch der ganze Teig; ist die Wurzel heilig, so sind es auch die Zweige. Wenn aber einige Zweige herausgebrochen wurden und wenn du als Zweig vom wilden Ölbaum in den edlen Ölbaum eingepfropft wurdest und damit Anteil erhieltest an der Kraft seiner Wurzel, so erhebe dich nicht über die anderen Zweige. Wenn du es aber tust, sollst du wissen: Nicht du trägst die Wurzel, sondern die Wurzel trägt dich. Damit ihr euch nicht auf eigene Einsicht verlasst, Brüder, sollt ihr dieses Geheimnis wissen: Verstockung liegt auf einem Teil Israels, bis die Heiden in voller Zahl das Heil erlangt haben; dann wird ganz Israel gerettet werden, wie es in der Schrift heißt: Der Retter wird aus Zion kommen, er wird alle Gottlosigkeit von Jakob entfernen. Das ist der Bund, den ich ihnen gewähre, wenn ich ihre Sünden wegnehme. Vom Evangelium her gesehen sind sie Feinde Gottes, und das um euretwillen; von ihrer Erwählung her gesehen sind sie von Gott geliebt, und das um der Väter willen. Denn unwiderruflich sind Gnade und Berufung, die Gott gewährt. Und wie ihr einst Gott ungehorsam wart, jetzt aber infolge ihres Ungehorsams Erbarmen gefunden habt, so sind sie infolge des Erbarmens, das ihr gefunden habt, ungehorsam geworden, damit jetzt auch sie Erbarmen finden. Gott hat alle in den Ungehorsam eingeschlossen, um sich aller zu erbarmen. O Tiefe des Reichtums, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unergründlich sind seine Entscheidungen, wie unerforschlich seine Wege! Denn wer hat die Gedanken des Herrn erkannt? Oder wer ist sein Ratgeber gewesen? Wer hat ihm etwas gegeben, so dass Gott ihm etwas zurückgeben müsste? Denn aus ihm und durch ihn und auf ihn hin ist die ganze Schöpfung. Ihm sei Ehre in Ewigkeit! Amen. RESPONSORIUM R: Das ist der Bund, den ich ihnen gewähre, wenn ich ihre Sünden wegnehme. Dann wird ganz Israel gerettet werden. * Denn unwiderruflich sind Gnade und Berufung, die Gott gewährt. Vigilien in Heiligenkreuz 51 V: Gott hat sein Volk nicht verstoßen, das er einst erwählt hat. * Denn unwiderruflich sind Gnade und Berufung, die Gott gewährt. ZWEITE LESUNG Wolfdietrich von Kloeden, aus dem Biographisch-Bibliographischen Kirchenlexikon Edith Stein wurde am 12. Oktober 1891, einem Jom-Kippur-Tag, in einer jüdischen Familie in Breslau geboren. Ihren Vater verlor sie bereits im 2. Lebensjahr. Ediths Mutter war gläubige Jüdin, die darunter litt, dass ihre Tochter sich schon in Jugendjahren vollständig von jeder Art des Gottesglaubens abwandte. Edith Stein war mit einem brillanten Verstand ausgezeichnet und studierte Germanistik, Geschichte, Psychologie und Philosophie in Breslau und Göttingen. Bestimmend wurde ihre Begegnung mit dem Philosophen Edmund Husserl, durch dessen phänomenologische Methode sie dafür begeistert wurde, nach einer letzten Wahrheit zu suchen. Edith Stein promovierte 1917 in Philosophie. Sie intensivierte ihre Suche nach Gott, als sich das befreundete Ehepaar Reinach taufen ließ. Während eines Aufenthaltes bei ihrer Freundin Hedwig Conrad-Martius las sie in nur einer Nacht die Autobiographie der heiligen Theresia von Avila und erkannte: „Das ist die Wahrheit!“ Nach intensiver Vorbereitung empfing sie am 1. Jänner 1922 in Bergzabern in der Pfalz die Taufe. Neben ihrer Tätigkeit als Lehrerin in Speyr folgten weitere philosophische Studien zur Metaphysik des heiligen Thomas von Aquins und zur Phänomenologie Edmund Husserls. Edith Stein suchte immer wieder geistige Kraft durch Aufenthalte in der Benediktinerabtei Beuron und in der Zisterzienserinnenabtei Seligenthal. Eine Lehrtätigkeit als Dozentin in Münster währte nur kurz, da 1933 die Nationalsozialisten in Deutschland die Macht übernahmen und den Juden Lehrverbot erteilten. Doch Gott wollte Edith Stein ohnehin die Berufung zu einer noch tieferen Weise des Eindringens in die letzten Geheimnisse schenken als die Philosophie: Am 14. Oktober 1933 trat sie in den Kölner Karmel ein und erhielt den Namen: Theresia Benedicta a Cruce, also „die vom Kreuz gesegnete Theresia“. 1936 starb ihre Mutter gerade in der Stunde, als Theresia ihre Gelübde erneuerte, was sie tief erschütterte. Im selben Jahr wurde Theresias Schwester Rosa getauft und trat in den Karmel ein. Von ihren Oberinnen wurde Theresia angehalten, die philosophischen Studien fortzusetzen; so entstand als Hauptwerk die „Kreuzeswissenschaft“, ein unvollendetes Werk über Johannes vom Kreuz. Das Eindringen in die Mystik des spanischen Heiligen verband sich mit ihrer eigenen Lei- 52 Sonderlesungen zu den denserfahrung: Fotografien von damals zeigen eine innerlich zermarterte Frau mit ebenso tiefen wie verweinten Augen. Als mit der so genannten „Reichskristallnacht“ am 9. November 1938 der rassistische Wahn der Nationalsozialisten immer gefährlicher wurde, verlegte man Theresia mit ihrer Schwester in den Karmel Echt nach Holland. Doch Anfang Mai 1940 wurde Holland von deutschen Truppen besetzt. Am 26. Juli 1942 ließen die holländischen Bischöfe ein Hirtenschreiben, das sich gegen Willkür und Rassenwahn der Besatzungsmacht richtete, von allen Kanzeln verlesen. Deren Rache folgte unmittelbar und brutal: Sofort wurden alle getauften Nichtarier festgenommen. Am 2. August 1942 wurden Rosa und Theresia verhaftet und in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Theresia sagte zu ihrer Schwester: „Gehen wir für unser Volk!“ Es gibt bewegende Zeugnisse darüber, wie die beiden während des unmenschlichen Transportes und selbst noch im Lager versuchten, andere Leidensgefährten aufzurichten. Unmittelbar nach ihrer Ankunft in Auschwitz-Birkenau wurde Theresia Benedicta a Cruce zusammen mit ihrer Schwester und den anderen jüdischen Deportierten aus Holland in der Gaskammer ermordet. - Die von Christus heimgeholte Jüdin, Religionsphilosophin, Pädagogin, Ordensfrau und Mystikerin Edith Stein wurde von Papst Johannes Paul II. 1997 selig gesprochen, 1998 zur Heiligen erhoben und 1999 zur Kopatronin von ganz Europa erklärt. RESPONSORIUM R: Ich bin mit Christus gekreuzigt. So lebe nun nicht mehr ich, sondern Christus lebt in mir; * der mich liebt und sich für mich hingegeben hat. V: Soweit ich noch in dieser Welt lebt, lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes; * der mich liebt und sich für mich hingegeben hat. (oder: Edith Stein [† 1942], Aus dem Buch „Die Kreuzeswissenschaft“ Christus hat das Joch des Gesetzes auf sich genommen, indem Er es vollkommen erfüllte und für und durch das Gesetz starb. Eben damit hat er die vom Gesetz befreit, die von ihm das Leben empfangen wollen. Aber sie können es nur empfangen, wenn sie ihr eigenes Leben preisgeben, denn die auf Christus getauft sind, sind auf seinen Tod getauft. Sie tauchen unter in sein Leben, um Glieder seines Leibes zu werden, als solche mit ihm zu leiden und mit ihm zu sterben, aber auch mit ihm aufzuerstehen zum ewigen, göttlichen Leben. Dieses öffnet für das Zuströmen seines Lebens. So ist der Glaube an den Gekreuzigten - der lebendige Vigilien in Heiligenkreuz 53 Glaube, der mit liebender Hingabe gepaart ist - für uns der Zugang zum Leben und der Anfang der künftigen Herrlichkeit; darum das Kreuz unser einziger Ruhmestitel: „Ferne sei es von mir, mich zu rühmen; außer im Kreuz unseres Herrn Jesus Christus, durch das mir die Welt gekreuzigt ist und ich der Welt“. Wer sich für Christus entschieden hat, der ist für die Welt tot und sie für ihn. Er trägt die Wundmale des Herrn an seinem Leibe, ist schwach und verachtet vor den Menschen, aber gerade darum stark, weil in den Schwachen Gottes Kraft mächtig ist. In dieser Erkenntnis nimmt der Jünger Jesu nicht nur das Kreuz an, das auf ihn gelegt ist, sondern kreuzigt sich selbst: „Die Christus angehören, haben ihr Fleisch gekreuzigt mit seinen Lastern und Begierden.“ Sie haben einen unerbittlichen Kampf geführt gegen ihre Natur, damit das Leben der Sünde in ihnen ersterbe und Raum werde für das Leben des Geistes. Auf das Letzte kommt es an! Das Kreuz ist nicht Selbstzweck. Es ragt empor und weist nach oben. Doch es ist nicht nur Zeichen - es ist die starke Waffe Christi; der Hirtenstab, mit dem der göttliche David gegen den höllischen Goliath auszieht, womit er machtvoll an das Himmelstor pocht und aufstößt. Dann fluten die Ströme des göttlichen Lichtes heraus und umfangen alle, die im Gefolge des Gekreuzigten sind.) 54 Sonderlesungen zu den 12. August DORNENKRONE CHRISTI ERSTE LESUNG Aus dem Buch Jesaja (Jes 52,13 - 53,12) Seht, mein Knecht hat Erfolg, er wird groß sein und hoch erhaben. Viele haben sich über ihn entsetzt, so entstellt sah er aus, nicht mehr wie ein Mensch, seine Gestalt war nicht mehr die eines Menschen. Jetzt aber setzt er viele Völker in Staunen, Könige müssen vor ihm verstummen. Denn was man ihnen noch nie erzählt hat, das sehen sie nun; was sie niemals hörten, das erfahren sie jetzt. Wer hat unserer Kunde geglaubt? Der Arm des Herrn - wem wurde er offenbar? Vor seinen Augen wuchs er auf wie ein junger Spross, wie ein Wurzeltrieb aus trockenem Boden. Er hatte keine schöne und edle Gestalt, sodass wir ihn anschauen mochten. Er sah nicht so aus, dass wir Gefallen fanden an ihm. Er wurde verachtet und von den Menschen gemieden, ein Mann voller Schmerzen, mit Krankheit vertraut. Wie einer, vor dem man das Gesicht verhüllt, war er verachtet; wir schätzten ihn nicht. Aber er hat unsere Krankheit getragen und unsere Schmerzen auf sich geladen. Wir meinten, er sei von Gott geschlagen, von ihm getroffen und gebeugt. Doch er wurde durchbohrt wegen unserer Verbrechen, wegen unserer Sünden zermalmt. Zu unserem Heil lag die Strafe auf ihm, durch seine Wunden sind wir geheilt. Wir hatten uns alle verirrt wie Schafe, jeder ging für sich seinen Weg. Doch der Herr lud auf ihn die Schuld von uns allen. Er wurde misshandelt und niedergedrückt, aber er tat seinen Mund nicht auf. Wie ein Lamm, das man zum Schlachten führt, und wie ein Schaf angesichts seiner Scherer, so tat auch er seinen Mund nicht auf. Durch Haft und Gericht wurde er dahingerafft, doch wen kümmerte sein Geschick? Er wurde vom Land der Lebenden abgeschnitten und wegen der Verbrechen seines Volkes zu Tode getroffen. Bei den Ruchlosen gab man ihm sein Grab, bei den Verbrechern seine Ruhestätte, obwohl er kein Unrecht getan hat und kein trügerisches Wort in seinem Mund war. Doch der Herr fand Gefallen an seinem zerschlagenen Knecht, er rettete den, der sein Leben als Sühnopfer hingab. Er wird Nachkommen sehen und lange leben. Der Plan des Herrn wird durch ihn gelingen. Nachdem er so vieles ertrug, erblickt er das Licht. Er sättigt sich an Vigilien in Heiligenkreuz 55 Erkenntnis. Mein Knecht, der gerechte, macht die vielen gerecht; er lädt ihre Schuld auf sich. Deshalb gebe ich ihm seinen Anteil unter den Großen, und mit den Mächtigen teilt er die Beute, weil er sein Leben dem Tod preisgab und sich unter die Verbrecher rechnen ließ. Denn er trug die Sünden von vielen und trat für die Schuldigen ein. RESPONSORIUM R: Seht, so haben wir ihn geschaut: Er hatte weder Gestalt noch Schönheit, und jeder wandte den Blick von ihm ab. Er hat unsere Sünden getragen und leidet für uns. Um unserer Missetaten willen wurde er verwundet; * durch seine Wunden sind wir geheilt. V: Fürwahr, er trug unsere Krankheit und lud sich unsere Schmerzen auf. * Durch seine Wunden sind wir geheilt. ZWEITE LESUNG Bernhard von Clairvaux († 1153), Aus dem fünften Sermo zum Fest Allerheiligen. Der Herr spricht zu uns: Bekehret euch zu mir von ganzem Herzen! Offenbar haben wir uns von dir abgewandt, da du uns zur Rückkehr mahnst. Wir sollen umkehren. Doch wie? Mit Fasten, so heißt es, mit Weinen und Klagen! Sonderbar! Wie sollen wir dich denn im Fasten, Weinen und Klagen finden? Die Gerechten, heißt es, sollen in der Freude leben und frohlocken im Angesicht des Herrn. Wird ihn etwa der Gerechte in Freude und Frohlocken finden, wer aber noch nicht gerecht ist nur in Fasten, Weinen und Klagen? Ja, so ist es. Beide haben zwar nur ein Haupt, aber es erweist sich nicht für alle Glieder in derselben Art. Den einen zeigt es sich mit Dornen gekrönt, damit sie sich gleichfalls verdemütigen und zerknirscht werden. Anderen erscheint es herrlich, damit sie von ihm verherrlicht werden, ihm ähnlich werden und ihn rühmen, den sie sehen, so wie er ist. Uns wird indessen dieses Haupt nicht vorgestellt, wie es ist, sondern wie es für uns geworden ist. Nicht mit Herrlichkeit gekrönt, sondern mit den Dornen unserer Sünden bedeckt, wie die Schrift sagt: Geht heraus, ihr Töchter Sions, und seht den König Salomon mit der Krone, mit der ihn seine Mutter gekrönt! Welch ein König, welch eine Krone! Denn die Mutter Synagoge hat sich nicht als Mutter, sondern als Stiefmutter erwiesen und unseren König mit einer Dornenkrone gekrönt. Es sollen sich die Glieder schämen, selbst auf Ehre auszugehen, wenn ih- 56 Sonderlesungen zu den nen ihr Haupt so ruhmlos dargestellt wird, ohne Gestalt und Schönheit. Er ist Salomon, der Friedensfürst. So wird in allem der Lobgesang der Engel erfüllt, in dem sie der Erde den Frieden, dem Himmel die Ehre zuteilen. Es schäme sich das Glied, unter einem dornengekrönten Haupt verweichlicht zu sein! Da gereicht ihm jeglicher Purpur nicht zur Ehre, sondern zum Spott. Es wird aber dereinst Christus kommen; es wird das Haupt in Herrlichkeit erscheinen, und mit ihm werden auch die Glieder leuchten, wenn Christus den Leib unserer Niedrigkeit umgestaltet und der Herrlichkeit des Hauptes gleich gestalten wird. Nach dieser Herrlichkeit lasst uns also mit ganzem Herzen verlangen! RESPONSORIUM R: Die Herrschaft über die Welt hat unser Herr und sein Gesalbter, * und er wird herrschen in Ewigkeit. V: Alle Stämme der Völker werfen sich vor ihm nieder, denn der Herr regiert als König. * Und er wird herrschen in Ewigkeit. 19. August HL. GUERRICUS VON IGNY ZWEITE LESUNG Guerricus von Igny († 1157), Aus einer Predigt über die Auferstehung des Herrn Jesus mit dem Herzen aufnehmen bedeutet mehr als ihn mit den Augen sehen oder von ihm mit den Ohren hören. Wie viel mächtiger ist doch das Einwirken des Geistes auf die Sinne des inneren Menschen als das Einwirken der körperlichen Welt auf die Sinne des äußeren Menschen. Wenn da nur ein Geist ist, dann auch ein und derselbe Sinn und die gleiche Übereinstimmung. Dann ist es wirklich so bei den Jüngern, wie wir es über Jakob lesen: sein Geist lebte auf, der Geist, der durch die Trauer schon fast ausgelöscht, ja in Verzweiflung begraben war. Da möchte wohl, wenn ich nicht irre, ein jeder bei sich selbst sprechen: „Es genügt mir, dass mein Jesus lebt“, denn „für mich ist Christus das Leben und Sterben Gewinn“. So will ich denn „nach Galiläa gehen, auf den Berg, den Jesus genannt hat,“ „ihn sehen“ und ihn anbeten, „bevor ich Vigilien in Heiligenkreuz 57 sterbe“, um nachher nicht mehr zu sterben: „Denn jeder, der den Sohn sieht und an ihn glaubt, hat das ewige Leben und wird leben, auch wenn er stirbt.“ Was aber bezeugt euch die Freude eures Herzens von der Liebe Christi? Heute sind in den Kirchen die Boten der Auferstehung so laut und übereinstimmend zu hören, dass euer Herz sich beglückwünscht und spricht: Sie haben mir gemeldet: Jesus, mein Gott, lebt! Ich habe es gehört, und mein Geist lebt wieder auf, nachdem er vor Enttäuschung entschlafen war, krank vor Mattigkeit oder verzagt vor Kleinmut. Daran kannst du in Wahrheit erkennen, dass dein Geist in Christus wieder ganz lebendig geworden ist, wenn er aufrichtig spricht: „Es genügt mir, wenn Jesus lebt!“ Welch treue Stimme - Stimme, die den Freunden Jesu ziemt! Reine Liebe, die so spricht: „Es genügt mir, wenn Jesus lebt!“ Wenn er lebt, lebe auch ich, weil meine Seele von ihm abhängt, mehr noch: weil er mein Leben ist, mein ganzes Genügen. Denn was kann mir mangeln, wenn Jesus lebt? Ja, alles mag mir fehlen, es liegt nichts daran, wenn nur Jesus lebt. Wenn es ihm so gefällt, mag auch er mir fehlen, wenn nur er selbst lebt und für sich selbst, es ist mir genug. Wenn die Liebe zu Christus das ganze Gemüt eines Menschen so beherrscht, dass er auf sich selbst nichts gibt und selbstvergessen nur für Jesus Christus und die Sache Jesu Christi empfindet, dann, meine ich, ist in ihm die Liebe vollendet. Dem, der so ergriffen ist, bedeutet Armut keine Last. Er spürt Unrecht nicht. Er lacht über Schmähungen, verachtet Schädigungen und hält den Tod für Gewinn. Ja, er ist überzeugt, dass er nicht stirbt; er weiß, dass er eher vom Tod zum Leben schreitet, und spricht im Vertrauen auf Jesus: „Ich will hingehen und ihn sehen, bevor ich sterbe.“ Obwohl wir nicht das Bewusstsein einer so reinen Gesinnung haben, wollen wir dennoch, um Jesus zu schauen, zu dem Berg im Galiläa des Himmels wandern, wohin er uns bestellt hat. Während wir diesen Weg gehen, möge unsere Liebe zu ihm wachsen, damit sie spätestens dann vollendet ist, wenn wir bei ihm ankommen. Im Dahinschreiten wird der Weg, der zunächst noch eng und schwierig ist, breiter, und den Schwachen wächst die Kraft. RESPONSORIUM R: Der Glaube und die Liebe sprechen: Es genügt uns, wenn Jesus lebt: * Halleluja, halleluja. 58 Sonderlesungen zu den V: Der Friede Gottes, der alles Verstehen übersteigt, wird eure Herzen und eure Gedanken in der Gemeinschaft mit Christus Jesus bewahren: * Halleluja, halleluja. 20. August HL. BERNHARD VON CLAIRVAUX ERSTE LESUNG Aus dem Hohenlied (Hld 2,8 - 3,5) Horch! Mein Geliebter! Sieh da, er kommt. Er springt über die Berge, hüpft über die Hügel. Der Gazelle gleicht mein Geliebter, dem jungen Hirsch. Ja, draußen steht er an der Wand unsres Hauses; er blickt durch die Fenster, späht durch die Gitter. Der Geliebte spricht zu mir: Steh auf, meine Freundin, meine Schöne, so komm doch! Denn vorbei ist der Winter, verrauscht der Regen. Auf der Flur erscheinen die Blumen; die Zeit zum Singen ist da. Die Stimme der Turteltaube ist zu hören in unserem Land. Am Feigenbaum reifen die ersten Früchte; die blühenden Reben duften. Steh auf, meine Freundin, meine Schöne, so komm doch! Meine Taube im Felsennest, versteckt an der Steilwand, dein Gesicht lass mich sehen, deine Stimme hören! Denn süss ist deine Stimme, lieblich dein Gesicht. Fangt uns die Füchse, die kleinen Füchse! Sie verwüsten die Weinberge, unsre blühenden Reben. Der Geliebte ist mein, und ich bin sein; er weidet in den Lilien. Wenn der Tag verweht und die Schatten wachsen, komm du, mein Geliebter, der Gazelle gleich, dem jungen Hirsch auf den Balsambergen. Des Nachts auf meinem Lager suchte ich ihn, den meine Seele liebt. Ich suchte ihn und fand ihn nicht. Aufstehen will ich, die Stadt durchstreifen, die Gassen und Plätze, ihn suchen, den meine Seele liebt. Ich suchte ihn und fand ihn nicht. Mich fanden die Wächter bei ihrer Runde durch die Stadt. Habt ihr ihn gesehen, den meine Seele liebt? Kaum war ich an ihnen vorüber, fand ich ihn, den meine Seele liebt. Ich packte ihn, ließ ihn nicht mehr los, bis ich ihn ins Haus meiner Mutter brachte, in die Kammer derer, die mich geboren hat. Bei den Gazellen und Hirschen der Flur beschwöre ich euch, Jerusalems Töchter: Stört die Liebe nicht auf, weckt sie nicht, bis es ihr selbst gefällt. Vigilien in Heiligenkreuz 59 RESPONSORIUM R: Vorbei ist der Winter, verrauscht der Regen. Steh auf, meine Freundin, meine Schöne, so komm doch! * Meine Taube, dein Gesicht lass mich sehen, deine Stimme hören! V: Mitten in der Nacht ertönt der Ruf: Der Bräutigam kommt! Geh ihm entgegen! * Meine Taube, dein Gesicht lass mich sehen, deine Stimme hören! 24. August HL. BARTHOLOMÄUS ERSTE LESUNG Aus dem ersten Brief an die Korinther (1 Kor 4,1-16) Als Diener Christi soll man uns betrachten und als Verwalter von Geheimnissen Gottes. Von Verwaltern aber verlangt man, dass sie sich treu erweisen. Mir macht es allerdings nichts aus, wenn ihr oder ein menschliches Gericht mich zur Verantwortung zieht; ich urteile auch nicht über mich selbst. Ich bin mir zwar keiner Schuld bewusst, doch bin ich dadurch noch nicht gerecht gesprochen; der Herr ist es, der mich zur Rechenschaft zieht. Richtet also nicht vor der Zeit; wartet, bis der Herr kommt, der das im Dunklen Verborgene ans Licht bringen und die Absichten der Herzen aufdecken wird. Dann wird jeder sein Lob von Gott erhalten. Brüder, ich habe das auf mich und Apollos bezogen, und zwar euretwegen, damit ihr an uns lernt, dass der Grundsatz gilt: „Nicht über das hinaus, was in der Schrift steht,“ dass also keiner zugunsten des einen und zum Nachteil des anderen sich wichtig machen darf. Denn wer räumt dir einen Vorrang ein? Und was hast du, das du nicht empfangen hättest? Wenn du es aber empfangen hast, warum rühmst du dich, als hättest du es nicht empfangen? Ihr seid schon satt, ihr seid schon reich geworden, ohne uns seid ihr zur Herrschaft gelangt! Wäret ihr doch nur zur Herrschaft gelangt; dann könnten wir auch mit euch zusammen herrschen. Ich glaube nämlich, Gott hat uns Apostel auf den letzten Platz gestellt, wie Todgeweihte; denn wir sind zum Schauspiel geworden für die Welt, für Engel und Menschen. Wir stehen als Toren da um Christi willen, ihr dagegen seid kluge Leute in Christus. Wir sind schwach, ihr seid stark; ihr seid angesehen, wir sind 60 Sonderlesungen zu den verachtet. Bis zur Stunde hungern und dürsten wir, gehen in Lumpen, werden mit Fäusten geschlagen und sind heimatlos. Wir plagen uns ab und arbeiten mit eigenen Händen; wir werden beschimpft und segnen; wir werden verfolgt und halten stand; wir werden geschmäht und trösten. Wir sind sozusagen der Abschaum der Welt geworden, verstoßen von allen bis heute. Nicht um euch bloßzustellen, schreibe ich das, sondern um euch als meine geliebten Kinder zu ermahnen. Hättet ihr nämlich auch ungezählte Erzieher in Christus, so doch nicht viele Väter. Denn in Christus Jesus bin ich durch das Evangelium euer Vater geworden. Darum ermahne ich euch: Haltet euch an mein Vorbild. RESPONSORIUM R: Nehmt mich als Beispiel, so wie ich Christus als Beispiel nehme! * Denn in Christus Jesus bin ich durch das Evangelium euer Vater geworden. V: Hättet ihr auch zahllose Erzieher in Christus, so doch nicht viele Väter. * Denn in Christus Jesus bin ich durch das Evangelium euer Vater geworden. 30. August HLL. GUARINUS UND AMADEUS ZWEITE LESUNG Amadeus von Lausanne († 1159), Aus einem Sermo zum Fest der Aufnahme Mariens in den Himmel Was sollen wir an Maria zuerst loben? Ihre Reinheit, Demut oder Klugheit, ihren Starkmut oder ihre Milde, ihre Mutterwürde oder ihre Jungfräulichkeit? Viel mehr noch sollten wir die vollkommene Tugend und Gnadenfülle in ihr loben. Als Maria mit ihrem Leib, der die Verwesung nicht schauen sollte, in den Himmel aufgenommen wurde, empfing sie ihr göttlicher Sohn mit diesem Lobpreis: „Ganz schön bist Du, meine Mutter, und kein Makel ist in Dir.“ Ganz schön bist Du, schön in Deinen Gedanken, schön in Deinen Worten, schön in Deinen Taten, schön von der Geburt bis zum Tode, schön in der jungfräulichen Empfängnis, schön in der Gottesmutterschaft, schön im Purpur meiner Passion, schön im leuchtenden Weiß meiner Auferstehung. „Steh auf, meine Freundin, meine Taube, meine Schöne und Unbefleckte und komm! Denn der Winter meiner Abwesenheit ist vorüber, der Winterregen, Deine Vigilien in Heiligenkreuz 61 Tränenströme sind versiegt; die Sonne der Gerechtigkeit ist neu aufgegangen, die Blumen der Engel erblühen vor Deinen Augen. Deine Stimme, Du reinste Taube, erschallt nun im Himmel. Die Zeit Deiner Aufnahme in den Himmel ist nun gekommen.“ Als die Jungfrau der Jungfrauen von Gott und seinem Sohn, dem König der Könige, unter dem Jubel der Engel, der Freude der Erzengel und dem Lobgesang aller Heiligen in die himmlische Herrlichkeit geführt wurde, erfüllte sich die Weissagung Davids, der im Psalm zum Herrn spricht: „Es steht dir zur Rechten die Königin, geschmückt mit dem Golde von Ophir.“ Als Maria unter solchem Lob in den Himmel aufgenommen war, konnte auch sie nicht schweigen. Vor dem Throne Gottes stehend, vor ihrem Sohne, den ihr Leib geboren hat, rief sie aus vollem Herzen: „Nun aber bleibe ich immer bei Dir; Du hast mich ergriffen an meiner Rechten. Nach Deinem Ratschluss hast Du mich geleitet und hast mich in Deine Herrlichkeit aufgenommen.“ RESPONSORIUM R: Heilige und unbefleckte Jungfrau, ich weiß nicht, mit welchem Lob ich dich preisen soll: * Ihn, den die Himmel nicht fassen können, hast du in deinem Schoß getragen. V: Du bist gesegnet unter den Frauen, und gesegnet ist die Frucht deines Leibes. * Ihn, den die Himmel nicht fassen können, hast du in deinem Schoß getragen. 5. September SEL. MUTTER TERESA VON CALCUTTA ZWEITE LESUNG Ansprache von Mutter Teresa von Calcutta († 1997) am 15. März 1988 in Heiligenkreuz an die Mönche und die ca. 2000 Jugendlichen, die an einer Heiligen Messe in der Abteikirche teilgenommen hatten: Bitten wir Unsere Liebe Frau, sie möge uns ein Herz geben, so schön, so rein, so unbefleckt, ein Herz so voll Liebe und Demut, dass wir fähig sind, Jesus im Brot des Lebens zu empfangen, ihn zu lieben, wie sie ihn geliebt hat, und ihm zu dienen in der verachteten Gestalt der Ärmsten der Armen. 62 Sonderlesungen zu den Wir lesen im Evangelium, dass Gott die Welt so sehr geliebt hat, dass er Jesus der reinsten Jungfrau Maria gab. Und sie, als sie Jesus empfangen hatte, ging in Eile, um ihrer Base Elisabeth zu dienen. Sie kam zum Haus Elisabeths, um den demütigen Dienst einer Magd zu tun. Da geschah etwas sehr Merkwürdiges: Als Maria in das Haus kam, sprang das kleine, ungeborene Kind im Schoß Elisabeths vor Freude. Wie merkwürdig, dass Gott sich eines ungeborenen Kindes bediente, um die Ankunft Christi zu verkünden. Und wir wissen, welch schreckliche Dinge heute dem ungeborenen Kind geschehen, dass die Mutter selbst ihr Kind tötet durch die Abtreibung. Die Abtreibung ist zur größten Zerstörung des Friedens geworden, denn sie zerstört die Liebe, sie zerstört das Bild Gottes, sie zerstört das schöne Geschenk, das ein Kind ist, geschaffen für die große Aufgabe, zu lieben und geliebt zu werden. Lasst uns unseren Eltern danken, dass sie uns wollten, dass sie uns liebten, dass sie uns die Freude des Lebens schenkten. Jesus ist gekommen, um die Frohe Botschaft zu verkünden, dass Gott Liebe ist, dass er uns liebt und dass er will, dass wir einander lieben, so wie er jeden einzelnen von uns liebt. Um es uns einfach zu machen, einander zu lieben, sagte Jesus: „Was immer ihr dem geringsten meiner Brüder tut, das tut ihr mir. Wenn ihr einen Becher Wasser in meinem Namen gebt, so gebt ihr ihn mir. Wenn ihr ein kleines Kind in meinem Namen annehmt, nehmt ihr mich an." Und wenn wir sterben und heimgehen zu Gott, dann wird Gott uns wiederum richten nach dieser Liebe, die wir einander erwiesen haben. Er wird jedem von uns sagen: „Kommt, ihr Gesegneten meines Vaters, nehmt das Reich in Besitz. Denn ich war hungrig, und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war nackt, und ihr habt mich bekleidet; ich war obdachlos, und ihr habt mich aufgenommen.“ Wo beginnt diese Liebe? In unserer eigenen Familie. Wie beginnt sie? Wenn wir zusammen beten. Eine Familie, die zusammen betet, bleibt zusammen, und wenn ihr zusammenbleibt, werdet ihr einander lieben, wie Gott jeden von euch liebt. Lehrt eure Kinder beten und betet mit ihnen, denn das Gebet gibt ein reines Herz, und ein reines Herz kann Gott schauen, und wenn wir Gott in jedem erkennen, werden wir einander lieben, so wie Gott jeden von uns liebt. Die Frucht des Gebetes ist die Vertiefung des Glaubens. Die Frucht des Glaubens ist die Liebe. Die Frucht der Liebe ist der Dienst, und die Frucht des Dienstes ist der Friede. Darum wollen wir zusammen beten, dass wir die Gnade erhalten, einander so zu lieben, wie Jesus jeden von uns liebt. Wenn wir auf das Kreuz schauen, erkennen wir, wie sehr uns Jesus geliebt hat. Aber wenn wir auf den Tabernakel schauen, erkennen wir, wie sehr er uns jetzt liebt. Bittet eure Pfarrer, euch die Freude der Anbetung zu geben, - wenigstens Vigilien in Heiligenkreuz 63 einmal in der Woche, damit ihr allein mit Jesus mit ihm die Freude der Liebe teilen könnt. Von Jesus werdet ihr die Gnade und das schöne Geschenk einer Berufung für eure Kinder erhalten. Es ist ein schönes Geschenk von Gott an eine Familie, einen Priester als Sohn oder eine geweihte Jungfrau als Tochter zu haben. Gott hat unsere Kongregation mit vielen schönen Berufungen gesegnet. Das Ziel unserer Kongregation ist es, den Durst Jesu am Kreuz, den Durst nach Liebe, den Durst nach Seelen zu stillen. Wir tun das, wenn wir für das Heil und die Heiligung der Ärmsten der Armen arbeiten. Ich werde für euch beten, dass ihr in der Heiligkeit wachst durch diese Liebe untereinander. Ihr aber betet auch für uns, dass wir das Werk Gottes mit großer Liebe fortsetzen und dass wir alle zusammen etwas Schönes für Gott tun. Gott segne euch! RESPONSORIUM: R: Wir haben die Liebe, die Gott zu uns hat, erkannt und gläubig angenommen. * Gott ist die Liebe! Wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott bleibt in ihm. V: Wenn jemand sagt: Ich liebe Gott, aber seinen Bruder hasst, ist er ein Lügner. Denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, kann Gott nicht lieben, den er nicht sieht. * Gott ist die Liebe! Wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott bleibt in ihm. 7. September SEL. OTTO VON FREISING ZWEITE LESUNG Otto von Freising († 1158), Aus der Chronik oder der Geschichte von den zwei Staaten Die Seligkeit der Heiligen besteht also in der Schau des Schöpfers nach dem Wort des Herrn: „Das ist das ewige Leben, dass sie dich, den wahren Gott, und den du gesandt hast, Jesum Christum, erkennen“; es ist zu verstehen: ,samt dem Geist’, der in beiden wohnt. „Das ist“, so sagt er, „das ewige Leben.“ Denn was ist das ewige Leben anderes als eben die Seligkeit? Wäre es ein zeitliches Leben, dann wäre es kein seliges, da es ja dann wegen des Endes voll Angst wäre. Ferner könnte ein noch so langes Leben, das mit irgendeinem Mangel behaftet wäre, 64 Sonderlesungen zu den nicht selig genannt werden, sondern nur ein Leben, das Not und Elend nicht kennt und dem eine Fülle von Glück aller Art zuströmt. Das also ist das ewige und selige, das selige und ewige Leben, „dass sie dich, den wahren Gott, und den du gesandt hast, Jesum Christum, erkennen.“ Man beachte, dass er den Genuss der Seligkeit ein Erkennen der Gottheit nennt. Daher bemühen sich manche in diesem Leben vergebens um die Erfassung des göttlichen Wesens, das, im Diesseits von den Frommen kaum „durch einen Spiegel in geheimnisvoller Andeutung“ geschaut, zu sehen, wie es ist, und voll zu erkennen ihnen erst im künftigen Leben verheißen ist. Es erfreuen sich also die Heiligen der höchst wonnevollen und ewig seligen Schau Gottes nach dem Wort des Psalmisten: „Den Segen wird geben, der das Gesetz gegeben hat, sie werden von Kraft zu Kraft schreiten, er wird geschaut werden als der Gott der Götter in Sion.“ Gibt es etwas Größeres, etwas Wonnevolleres, etwas Herrlicheres? Wie heiß ersehnen wir schon hier, wo wir in der Finsternis wandeln, unsere Sonne, wie innig wünschen wir das irdische Licht herbei! Wenn schon hier das ersehnte Licht mit Freuden empfangen und mit Bewunderung angeschaut wird, wenn der Blick, oft geblendet, sich immer wieder nach oben richtet, um es zu sehen, wenn es nie seinen Wert durch Gewöhnung verliert noch durch häufigen Genuss Überdruss erzeugt, welche Freude mag dann wohl das Licht des Lichtes denen bereiten, die es schauen, welche Bewunderung ihnen einflößen, ohne doch Überdruss hervorzurufen! Wenn wir schon irdische Könige und Kaiser in ihrer flüchtigen, vergänglichen Herrlichkeit mit Bewunderung und einer gewissen Freude sehen, von welcher unvorstellbaren Freude, welcher unausdenkbaren Wonne des Herzens müssen dann die durchströmt werden, die den König der Könige, den Schöpfer des Alls in seiner unvergleichlichen Pracht und Herrlichkeit schauen werden, umgeben von den himmlischen Heerscharen der Engel und Menschen! Und sie werden ihn nicht nur schauen, sondern den Geschauten lieben und den Geliebten loben. Daher sagt der Psalmist so schön: „Selig, die in deinem Hause wohnen, sie werden dich immerdar loben.“ Das also ist die Seligkeit, Gott, „auf den zu schauen die Engel begehren“, unaufhörlich zu sehen, ohne dessen satt zu werden, den Geschauten unablässig zu lieben, ohne dessen überdrüssig zu werden, den Geliebten immerdar zu loben, ohne dessen müde zu werden, und sich daran in unsagbarem Jubel des Herzens, in unvorstellbarer Wonne ohne Beimischung von Trübsal in alle Ewigkeit zu erfreuen. Da dies im Diesseits nicht voll zu verwirklichen ist, bleibt es mit vollem Recht dem himmlischen Staat vorbehalten. Daher sagt wieder der Psalmist: „Wie Fröh- Vigilien in Heiligenkreuz 65 liche wohnen alle in dir.“ Damit, dass er nicht sagt „fröhlich“, sondern „wie Fröhliche“, deutet er an, dass die Freude dort unsere irdische weit übertrifft. RESPONSORIUM R: Was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat, was keinem Menschen in den Sinn gekommen ist, * das hat Gott denen bereitet, die ihn lieben. V: Die kleine Last unserer gegenwärtigen Not bringt uns dereinst ein Übermaß an Herrlichkeit. * Das hat Gott denen bereitet, die ihn lieben. (oder: Otto von Freising († 1158), Aus der Chronik der Geschichte von den zwei Staaten) „Und ich hörte eine starke Stimme von dem Throne sprechen.“ Hören wir, was diese Stimme spricht, diese süße Stimme, diese Stimme der Freude, aus der Höhe ertönend, von dem erhabenen Throne der Gottheit sanft erschallend: „Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen, und er wird unter ihnen wohnen.“ Was ist das für eine Hütte? Sollte sie etwa zu denen gehören, von denen es heißt: „Wie schön sind deine Hütten, Jakob, und deine Zelte, Israel?“ Oder vielmehr zu denen, nach denen sich der Psalmist sehnt und die er aus tiefstem Herzen preist: „Wie lieblich sind deine Zelte, Herr der Heerscharen, meine Seele verlangt und sehnt sich nach den Vorhöfen des Herrn?“ Die Zelte Jakobs sind Zelte von Kämpfern im Kampf des gegenwärtigen Lebens, erfüllt vom Ernst des Kampfes und der Waffenübung, aber schön anzuschauen im Hinblick auf die Krone, immer voll Rechtschaffenheit, aber nicht immer voll Herrlichkeit. Die Zelte Gottes sind die Zelte der im Himmelreich Regierenden; in ihnen kennt man keine Furcht; sie sind erfüllt von Ruhe; sie sind lieblich und voller Freude über die empfangene Krone; sie sind nicht nur immer voll Rechtschaffenheit; hier gibt es auch keine Betrübnis, keine Ermüdung durch Arbeit, nur Heiterkeit und Freude. Zutreffend werden also die Zelte Jakobs „schön“, die Zelte Gottes „lieblich“ genannt. Denn was ist schöner, als in der Hoffnung auf die Krone den Kampf mit den Lastern und Begierden aufzunehmen? Was lieblicher, als sich nach dem Siege über die empfangene Krone zu freuen? Es sind also die Zelte Jakobs schön, die Zelte Gottes lieblich, weil man durch die Mühen des Kampfes zum Lohn des Siegespreises gelangt. Weil aber am himmlischen Hofe die verschiedenen Zeltgemeinschaften der heiligen Engel, durch das Band der Liebe umschlossen, nur einen Staat bilden, spricht der Apostel treffend nur von einem Zelte, der Psalmist dagegen von Zelten: während in diesen die 66 Sonderlesungen zu den Scharen der Heiligen vereinigt die eine Gemeinschaft einer Stadt bilden, wird von dem Zelte Gottes treffend gesagt, es sei zum ewigen Aufenthalt bei den Menschen aufgeschlagen. Alles bisher Gesagte jedoch übertrifft an unvorstellbarer Wonne, was nun folgt: „Und er wird unter ihnen wohnen.“ Denn wenn schon der Anblick der Zelte Freude bereitet, um wie viel wonnevoller ist dann der Anblick und der dauernde Aufenthalt ihres Bewohners, der sie gebaut hat! Gott wird also unter ihnen wohnen, sie mit voller, echter Freude füllend, damit sie nie mehr wanken können; er wird ihnen seinen vollen Anblick schenken und, „allen alles geworden“, die vollkommene Seligkeit spenden. Daher die folgenden schönen Worte: „Und sie werden sein Volk sein, und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein.“ In diesem Leben nämlich, wo „die Verflechtung mit dem Irdischen den denkenden Geist niederdrückt“, vergessen wir fast ebenso oft, wie wir von Sorgen und Ängsten bedrückt werden, dass Gott, den wir über alles Wandelbare und Vergängliche stellen sollen, unser Gott ist. In jenem Staat aber, wo die Gottesschau alle zu einer Einheit verschmilzt und so selig macht, dass die mit innerer, ewiger Freude völlig Erfüllten nicht nach draußen zu schweifen brauchen, „werden sie sein Volk sein, und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein.“ Da sie vom Wein ewiger Freude und Heiterkeit so berauscht werden, dass sie von dem Jammer des ganzen vergangenen Lebens nicht mehr berührt werden, fährt Johannes fort: „Und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und Trauer wird nicht mehr sein noch Geschrei, noch Schmerz wird mehr sein, denn diese sind als erste vergangen.“ 11. September HL. PETRUS VON TARANTAISE ZWEITE LESUNG Lebensbeschreibung des heiligen Petrus von Tarantaise nach dem „Calendarium Benedictinum“ Von einfachen Bauersleuten geboren, trat Petrus um 1122 in die Zisterzienserabtei Bonnevaux ein. Sein Ordensberuf war sicher die Frucht der Mildtätigkeit und Frömmigkeit seiner Eltern. 1132 wurde Petrus Abt von Tamie, das eben gegründet worden war. Durch seine aufopfernde Fürsorge für die durchreisenden Fremden, nicht minder aber durch sein leuchtendes Tugendbeispiel stieg sein Ansehen bald derart, dass ihn das Kapitel von Tarentaise 1141 zum Erzbischof wählte. Es Vigilien in Heiligenkreuz 67 bedurfte allerdings der Beredsamkeit eines heiligen Bernhard und des dringenden Wunsches der in Cîteaux versammelten Äbte des Ordens, um ihn zur Annahme der Würde zu bewegen. Auch als Bischof blieb Petrus der einfache, bußfertige Mönch. Da er die Ordensregel in vielen Punkten nicht mehr beobachten konnte, legte er sich außerordentliche Abtötungen auf. Seine Kost war so schlecht, dass sie für die Bettler oft erst genießbar gemacht werden musste. Am nächsten standen seinem sorgenden Herzen sein Klerus und die Armen. Seine Priester suchte er geistig und sittlich zu heben, vor allem auch durch Schaffung eines anständigen Auskommens. Den Armen, derer es im rauen Alpenland genug gab, gehörte eigentlich sein ganzes Bischofsgut. Daneben vergaß er die Reisenden nicht. Für sie erbaute er in seiner Bischofstadt Moûtiers ein großes Spital, das jetzt noch besteht; ebenso sorgte er für Instandhaltung der Hospize auf den Alpenpässen. Wo Petrus hinkam, begleiteten Zeichen und Wunder seine Schritte. Ihm selber bereiteten freilich der Ruf des Wundertäters und der Zulauf des Volkes größte Seelenangst. Einmal glaubte er es nicht mehr aushaken zu können; mitten in der Nacht entfloh er nach Deutschland und verbarg sich dort in einem Zisterzienserkloster. Doch entdeckte bald einer der ausgesandten Späher seine Spur und brachte dem jubelnden Volk seinen Oberhirten zurück. Es ist, als ob diese Flucht vor der Öffentlichkeit der Auftakt gewesen wäre zu der umfassenden kirchenpolitischen Wirksamkeit des Heiligen. Denn seit Ostern 1159 durchzog er Südfrankreich und Oberitalien und kämpfte mit dem Schwert seines feurigen Wortes für den rechtmäßigen Papst Alexander III. Mehrmals treffen wir ihn auch als Vermittler bei Kaiser Friedrich Barbarossa, der vor dem Heiligen eine ehrfurchtsvolle Scheu hatte und ihn nie als Feind behandelte. Gerade war Petrus damit beschäftigt, auch zwischen den Königen Heinrich II. von England und Ludwig VII. von Frankreich eine Versöhnung herbeizuführen, als ihn am 14. September 1174 in der Zisterzienserabtei Bellevaux der Tod ereilte. Schon am 10. Mai 1191 wurde er zur Ehre der Altäre erhoben. RESPONSORIUM R: Weil ich fromm und gerecht bin, Herr, nimmst du mich auf. * Du stellst mich vor dein Antlitz für immer. V: Lieber an der Schwelle stehen im Haus meines Gottes als wohnen in den Zelten der Frevler. * Du stellst mich vor dein Antlitz für immer. 68 Sonderlesungen zu den 12. September MARIA NAMEN ERSTE LESUNG Aus dem Buch Judit (Judit 16,1-17) Judit sang: Stimmt ein Lied an für meinen Gott unter Paukenschall, singt für den Herrn unter Zimbelklang! Preist ihn und singt sein Lob, rühmt seinen Namen und ruft ihn an! Denn der Herr ist ein Gott, der den Kriegen ein Ende setzt; er führte mich heim in sein Lager inmitten des Volkes und rettete mich aus der Gewalt der Feinde. Assur kam von den Bergen des Nordens mit seiner unzählbaren Streitmacht; die Masse der Truppen verstopfte die Täler, sein Reiterheer bedeckte die Hügel. Brandschatzen wollten sie mein Gebiet, die Jugend morden mit scharfem Schwert, den zarten Säugling am Boden zerschmettern, die Kinder als Beute verschleppen, als billigen Raub die Mädchen entführen. Doch der Herr, der Allmächtige, gab sie preis, er gab sie der Vernichtung preis durch die Hand einer Frau. Ihr Held fiel nicht durch die Kraft junger Männer, nicht Söhne von Riesen erschlugen ihn, noch traten ihm hohe Recken entgegen. Nein, Judit, Meraris Tochter, bannte seine Macht mit dem Reiz ihrer Schönheit. Sie legte ihr Witwengewand ab, um den Bedrängten in Israel zu helfen. Sie salbte ihr Gesicht mit duftendem Öl, sie schmückte ihre Haare mit einem Diadem und zog ein Leinenkleid an, um ihn zu verführen. Ihre Sandalen bezauberten sein Auge. So schlug ihre Schönheit sein Herz in Bann. Das Schwert traf seinen Nacken mit Wucht. Die Perser erschraken vor ihrer Kühnheit, die Meder erstarrten vor ihrem Mut. Jubel erfüllt mein armes Volk - sie aber gerieten in Schrecken. Die Meinen waren schwach - sie aber packte Entsetzen. Die einen stimmten den Schlachtruf an - die anderen ergriffen die Flucht. Erbärmliches Volk! Man stieß sie nieder und schlug sie nieder wie Kinder von Ehebrecherinnen; sie kamen um durch das Heer meines Herrn. Ich singe meinem Gott ein neues Lied; Herr, du bist groß und voll Herrlichkeit. Wunderbar bist du in deiner Stärke, keiner kann dich übertreffen. Dienen muss dir deine ganze Schöpfung. Denn du hast gesprochen, und alles entstand. Du sandtest deinen Geist, um den Bau zu vollenden. Kein Mensch kann deinem Wort widerstehen. Meere und Berge erbebten in ihrem Grund, vor dir zerschmelzen die Felsen wie Wachs. Doch wer dich fürchtet, der erfährt deine Gnade. Zu gering ist Vigilien in Heiligenkreuz 69 jedes Opfer, um dich zu erfreuen, alle Fettstücke sind nichts beim Opfer für dich. Wer den Herrn fürchtet, der ist groß für immer. Doch wehe den Völkern, die mein Volk bekämpfen! Am Tage des Gerichts straft sie der allmächtige Herr, er schickt Feuer und Würmer in ihr Gebein; in Ewigkeit sollen sie heulen vor Schmerz. RESPONSORIUM R: Maria sprach: Der Herr hat auf die Niedrigkeit seiner Magd geschaut. * Siehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter. V: Er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen. * Siehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter. 18. September JAHRESGEDÄCHTNIS DER VERSTORBENEN BRÜDER, VERWANDTEN UND WOHLTÄTER UNSERES ORDENS ERSTE LESUNG Aus dem ersten Brief an die Thessalonicher (1 Thess 4,13 - 5,11) Brüder, wir wollen euch über die Verstorbenen nicht in Unkenntnis lassen, damit ihr nicht trauert wie die anderen, die keine Hoffnung haben. Wenn Jesus - und das ist unser Glaube - gestorben und auferstanden ist, dann wird Gott durch Jesus auch die Verstorbenen zusammen mit ihm zur Herrlichkeit führen. Denn dies sagen wir euch nach einem Wort des Herrn: Wir, die Lebenden, die noch übrig sind, wenn der Herr kommt, werden den Verstorbenen nichts voraushaben. Denn der Herr selbst wird vom Himmel herabkommen, wenn der Befehl ergeht, der Erzengel ruft und die Posaune Gottes erschallt. Zuerst werden die in Christus Verstorbenen auferstehen; dann werden wir, die Lebenden, die noch übrig sind, zugleich mit ihnen auf den Wolken in die Luft entrückt, dem Herrn entgegen. Dann werden wir immer beim Herrn sein. Tröstet also einander mit diesen Worten! Über die Zeit und Stunde, Brüder, brauche ich euch nicht zu schreiben. Ihr selbst wisst genau, dass der Tag des Herrn kommt wie ein Dieb in der Nacht. Während die Menschen sagen: Friede und Sicherheit!, 70 Sonderlesungen zu den kommt plötzlich Verderben über sie wie die Wehen über eine schwangere Frau, und es gibt kein Entrinnen. Ihr aber, Brüder, lebt nicht im Finstern, sodass euch der Tag nicht wie ein Dieb überraschen kann. Ihr alle seid Söhne des Lichts und Söhne des Tages. Wir gehören nicht der Nacht und nicht der Finsternis. Darum wollen wir nicht schlafen wie die anderen, sondern wach und nüchtern sein. Denn wer schläft, schläft bei Nacht, und wer sich betrinkt, betrinkt sich bei Nacht. Wir aber, die dem Tag gehören, wollen nüchtern sein und uns rüsten mit dem Panzer des Glaubens und der Liebe und mit dem Helm der Hoffnung auf das Heil. Denn Gott hat uns nicht für das Gericht seines Zorns bestimmt, sondern dafür, dass wir durch Jesus Christus, unseren Herrn, das Heil erlangen. Er ist für uns gestorben, damit wir vereint mit ihm leben, ob wir nun wachen oder schlafen. Darum tröstet und ermahnt einander, und einer richte den andern auf, wie ihr es schon tut. RESPONSORIUM R: Wir wollen euch über die Verstorbenen nicht in Unkenntnis lassen, * damit ihr nicht trauert wie die anderen, die keine Hoffnung haben. V: Wenn Jesus gestorben und auferstanden ist, dann wird Gott durch Jesus auch die Verstorbenen zusammen mit ihm zur Herrlichkeit führen. * Damit ihr nicht trauert wie die anderen, die keine Hoffnung haben. ZWEITE LESUNG 2. Vatikanisches Konzil (1962 - 1965), Aus der Pastoralkonstitution „Gaudium et Spes“ Angesichts des Todes wird das Rätsel des menschlichen Daseins am größten. Der Mensch erfährt nicht nur den Schmerz und den fortschreitenden Abbau des Leibes, sondern auch, ja noch mehr, die Furcht vor dem immerwährenden Erlöschen. Er urteilt aber im Instinkt seines Herzens richtig, wenn er die völlige Zerstörung und den endgültigen Untergang seiner Person mit Entsetzen ablehnt. Der Keim der Ewigkeit im Menschen lässt sich nicht auf bloße Materie zurückführen und wehrt sich gegen den Tod. Doch alle Maßnahmen der Technik, so nützlich sie sind, können die Angst des Menschen nicht beschwichtigen. Unüberwindlich lebt in seinem Herzen das Verlangen nach einem Fortleben. Dem kann die Verlängerung der biologischen Lebensdauer nicht genügen. Vigilien in Heiligenkreuz 71 Während vor dem Tod alle Träume nichtig werden, bekennt die Kirche, belehrt von der Offenbarung Gottes, dass der Mensch von Gott zu einem seligen Ziel jenseits des irdischen Elends geschaffen ist. Außerdem lehrt der christliche Glaube, dass der leibliche Tod, dem der Mensch, hätte er nicht gesündigt, entzogen gewesen wäre, besiegt wird, wenn dem Menschen sein Heil, das durch seine Schuld verloren ging, vom allmächtigen und barmherzigen Erlöser wiedergeschenkt wird. Gott rief und ruft nämlich den Menschen, dass er ihm in der ewigen Gemeinschaft unzerstörbaren göttlichen Lebens mit seinem ganzen Wesen anhange. Diesen Sieg hat Christus, da er den Menschen durch seinen Tod vom Tod befreite, in seiner Auferstehung zum Leben errungen. Jedem also, der ernsthaft nachdenkt, bietet der Glaube, mit stichhaltiger Begründung vorgelegt, eine Antwort auf seine Angst vor der Zukunft an; und zugleich zeigt er die Möglichkeit, mit den geliebten Brüdern, die schon gestorben sind, in Christus Gemeinschaft zu haben in der Hoffnung, dass sie das wahre Leben bei Gott erlangt haben. Auch auf dem Christen liegen ganz gewiss die Notwendigkeit und auch die Pflicht, gegen das Böse durch viele Anfechtungen hindurch anzukämpfen und auch den Tod zu ertragen; aber dem österlichen Geheimnis verbunden und dem Tod Christi gleich gestaltet, geht er, durch Hoffnung gestärkt, der Auferstehung entgegen. Das gilt nicht nur für die Christusgläubigen, sondern für alle Menschen guten Willens, in deren Herzen die Gnade Gottes unsichtbar wirkt. Da nämlich Christus für alle gestorben ist und da es in Wahrheit nur eine letzte Berufung des Menschen gibt, die göttliche, müssen wir festhalten, dass der Heilige Geist allen die Möglichkeit anbietet, diesem österlichen Geheimnis in einer Gott bekannten Weise verbunden zu sein. Solcher Art und so groß ist das Geheimnis des Menschen, das durch die christliche Offenbarung den Glaubenden aufleuchtet! Durch Christus und in Christus also wird das Rätsel von Schmerz und Tod hell, das außerhalb seines Evangeliums uns überwältigt. Christus ist auferstanden, hat durch seinen Tod den Tod vernichtet und uns das Leben geschenkt, damit wir, Söhne im Sohn, im Geist rufen: Abba, Vater! RESPONSORIUM R: Ich bin die Auferstehung und das Leben; * wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt. 72 Sonderlesungen zu den V: Jeder, der lebt und an mich glaubt, wird in Ewigkeit nicht sterben. * Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt. 23. September HL. PATER PIO VON PIETRELCINA ZWEITE LESUNG Papst Johannes Paul II. († 2005), Aus der Predigt bei der Seligsprechung von Pater Pio am 3. Mai 1999 Liebe Brüder und Schwestern! Nach der göttlichen Vorsehung findet die Seligsprechung von Pater Pio am Vorabend des Großen 2000-Jahr-Jubiläums statt, am Ende eines dramatischen Jahrhunderts. Welche Botschaft richtet der Herr damit an uns? Pater Pio gibt uns das fundamentale Zeugnis: Jesus Christus ist der einzige Erlöser der Welt. In Ihm ist die Barmherzigkeit Gottes Fleisch geworden, um der durch die Sünde tödlich verletzten Menschheit das Heil zu schenken. „Durch seine Wunden seid ihr geheilt“ (1 Petr 2,24), ruft uns der Heilige von San Giovanni Rotondo zu, dessen Leib selbst fünfzig Jahre lang von diesen Wunden gezeichnet war. In Gott versunken, stets das Leiden Jesu an sich tragend, war Pater Pio selbst wie gebrochenes Brot für die Menschen, die nach der Barmherzigkeit des göttlichen Vaters hungern. Seine Wundmale waren, wie die des Franziskus, Zeichen der göttlichen Barmherzigkeit. Er suchte nicht den Schmerz, sondern er ertrug einfach das über ihn Verfügte als Weg der Sühne und Läuterung. Er hatte den Wunsch „zu lieben und zu leiden“, und zwar, wie er schreibt: „fest, konstant und eisern“. (Epistolarum I,488) Seine offenen und blutenden Wunden bezeugten die Liebe Gottes für alle Menschen, insbesondere für die körperlich und geistig Kranken. Während Europa in der Heillosigkeit des Zweiten Weltkrieges versank, wirkte der einfache Kapuziner körperliches und seelisches Heil: 1940 errichtete er ein Krankenhaus gleichsam „mit nichts und aus dem nichs“, ebenso rief er Gebetsgruppen ins Leben, die sich weltweit verbreiteten. Liebe Brüder und Schwestern, das Zeugnis von Pater Pio hat einen starken Bezug zur übernatürlichen Dimension, die aber nicht mit „Wundersucht“ verwechselt werden darf. Die charismatische Intensität, mit der Pater Pio die göttlichen Ge- Vigilien in Heiligenkreuz 73 heimnisse feierte, kann uns Heutigen helfen, nicht in Routine und Gewohnheit abzugleiten und das Übernatürliche tiefer zu entdecken: Schaut doch, wie intensiv Pater Pio täglich die Messe gefeiert hat! Zu seinen Lebzeiten war das für viele Priester ein Hinweis auf die Schönheit ihrer eigenen priesterlichen Berufung; für die Ordensleute und Laien, die bereits in den frühen Morgenstunden nach San Giovanni Rotondo eilten, war seine Messfeier eine außergewöhnliche Katechese über den Wert und die Bedeutung des eucharistischen Opfers. Für die Gläubigen, die sich um seinen Altar drängten, waren die Intensität seines „Versunkenseins“ in das Mysterium Erfahrungen der Nähe Gottes. Und alle spürten die persönliche Teilnahme des Paters am Leiden des Erlösers. Die heilige Messe war Mittelpunkt und Quelle seiner gesamten Spiritualität: „In der Messe“, so sagte er, „ist der gesamte Leidensweg enthalten“. Meine Lieben, so lasst uns also getrost aufbrechen in das 3. Jahrtausend! Welch großer Trost ist es, einen solchen Heiligen im Himmel an unserer Seite zu wissen! Möge uns sein Beistand zu hingebungsvolleren Jüngern Christi machen! Die Jungfrau Maria, die Pater Pio mit dem schönen Namen „Heilige Maria von der Gnade“ anrief, helfe uns allen, den Spuren dieses von den Menschen mit Recht so geliebten Ordensbruders zu folgen! RESPONSORIUM R: In Zukunft soll mir niemand mehr solche Schwierigkeiten bereiten: * Denn ich trage die Zeichen Jesu an meinem Leib. V: Ich will mich allein des Kreuzes Jesu Christi rühmen, durch das mir die Welt gekreuzigt ist und ich der Welt. * Denn ich trage die Zeichen Jesu an meinem Leib. 74 Sonderlesungen zu den 13. Oktober HL. KOLOMAN ZWEITE LESUNG Augustinus († 430), Aus einer Predigt über das christliche Martyrium Die ruhmvollen Taten der Märtyrer, von denen die Kirche überall erglänzt, sind uns ein augenscheinlicher Beweis für die Wahrheit des Verses, den wir soeben gesungen haben: „Kostbar ist in den Augen des Herrn der Tod seiner Heiligen.“ Er ist kostbar in unseren Augen und in den Augen des Herrn, für dessen Name dieser Tod erlitten wurde. Aber der Preis für den Tod dieser vielen ist der Tod des einen. Wie viele sind es, deren Tod der eine sterbend erkaufte! Wäre er nicht gestorben, hätte sich das Weizenkorn nicht vermehrt. Ihr habt die Worte gehört, die er beim Herannahen seines Leidens - unserer Erlösung - sprach: „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht.“ Unser Erlöser vollbrachte am Kreuz einen bedeutungsvollen Tausch: Dort wurde das Gefäß, in dem sich der Kaufpreis befand, geöffnet. Als die Lanze Christi Seite aufstieß, floß sein Blut heraus: der Preis für die ganze Welt. Erkauft sind die Glaubenden und die Märtyrer; aber bei den Märtyrern ist der Glaube sichtbar unter Beweis gestellt: Das Blut ist Zeuge! Sie gaben zurück, was ihnen verliehen war, und erfüllten so, was der heilige Johannes sagt: „Wie Christus sein Leben für uns hingegeben hat, so müssen auch wir für die Brüder das Leben hingeben;“ und ein andermal heißt es: „Wenn du an großer Tafel sitzt, achte wohl darauf, was dir vorgesetzt wird“; denn du musst als Gegengabe ein ähnliches Mahl bereiten. Eine große Tafel ist es, an welcher der Herr der Tafel selbst die Speise ist. Niemand sonst gibt sich selbst als Nahrung den Tischgenossen. Christus tut es: Er lädt ein, und er ist selber die Speise. Die Märtyrer wussten, was sie aßen und tranken, und eben dies gaben sie auch zurück. Aber wie hätten sie zurückzugeben vermocht, hätte nicht der Herr zuerst den Kaufpreis aufgebracht und ihnen mitgeteilt, wovon sie geben können? „Wie kann ich dem Herrn all das vergelten, was er mir Gutes getan hat? Ich will den Kelch des Heils ergreifen.“ Was für ein Kelch ist das? Es ist der bittere, aber Heil schaffende Kelch des Leidens. Hätte nicht der Arzt als erster diesen Kelch getrunken, Vigilien in Heiligenkreuz 75 müsste sich der Kranke fürchten, ihn anzurühren. Dieser Kelch des Leidens ist gemeint; denn aus dem Mund Christi erfahren wir, was für ein Kelch das ist: „Vater, wenn es möglich ist, gehe dieser Kelch an mir vorbei!“ Von diesem Kelch sagen die Märtyrer: „Ich will den Kelch des Heils ergreifen und anrufen den Namen des Herrn.“ Du fürchtest also nicht, dabei zu versagen? Weshalb fürchtest du es nicht? Weil es heißt: „Ich will anrufen den Namen des Herrn!“ Wie hätten die Märtyrer siegen können, hätte nicht der in ihnen gesiegt, von dem das Wort stammt: „Freut euch, ich habe die Welt besiegt.“ Der Herrscher des Himmels lenkte Herz und Zunge der Märtyrer. Er überwand durch die Märtyrer den Teufel auf der Erde und krönte sie im Himmel. Selig, die so diesen Kelch tranken! Ihre Leiden sind beendet, und sie haben den Ehrenkranz empfangen. RESPONSORIUM R: Die Heiligen Gottes schritten durch Feuer und Wasser und blieben heil. * Sie empfingen von Gott, dem Herrn, den Siegeskranz. V: Das sind die Heiligen, die zum Zeugnis für Gott ihren Leib hingaben. * Sie empfingen von Gott, dem Herrn, den Siegeskranz. 21. Oktober SEL. KAISER KARL I. VON ÖSTERREICH Aus der „Positio super virtutibus“ zur Seligsprechung von Kaiser Karl I. von Österreich 1918 war das Jahr der Kapitulation. Der 1. Weltkrieg war zu Ende, ebenso war das Schicksal der Donaumonarchie besiegelt. Als sich die Straßen Wiens mit aufgebrachten Menschenmengen füllten, musste Kaiser Karl erkennen, dass er auf einmal allein dastand. Am 11. November unterzeichnete er ein Manifest, in dem er auf jedwede Beteiligung an der Regierung des Staates verzichtete. Er tat dies in dem Bewusstsein, dass es sich dabei nicht um eine Abdankung handelte; denn eine solche hätte Karl nie unterzeichnet, weil das einen Bruch mit dem Eid bedeutet hätte, den er Gott gegenüber abgelegt hatte, als er Kaiser geworden war. Er war getäuscht worden. Schon am 12. November wurde die Monarchie als gestürzt erklärt und Karl noch am selben Abend gezwungen, Wien zu verlassen. 76 Sonderlesungen zu den Ungeachtet all dieser Ereignisse betete Karl, wie jeden Abend, mit den Angehörigen und den Treugebliebenen das Te Deum. Er sagte: „Man darf aus der Hand Gottes nicht nur das Gute annehmen wollen, sondern muss auch dankbar sein können für alles andere, so schwierig und schmerzlich es auch sein mag. Ist nicht vor allem das so lang ersehnte Ende des Krieges gekommen? Und für den Frieden ist jedes Opfer, jeder Verzicht nur recht und billig.“ Karl musste schließlich auch seine österreichische Heimat verlassen, wo sein Leben und das seiner Familie gefährdet waren. Die kaiserliche Familie ging in die Schweiz, und am 3. April erklärte die österreichische Regierung öffentlich, dass der Kaiser ins Exil gegangen war und man zur Konfiszierung seiner Güter schreiten würde. Von der Schweiz aus unternahm Karl zweimal den Versuch, nach Ungarn zurückzukehren, um die Monarchie wiederherzustellen. Von zahlreichen Politikern, vor allem aber von Papst Benedikt XV. wiederholt ermutigt, unternahm Karl I. im Jahre 1921 zweimal den Versuch, den ungarischen Thron zurückzuerobern. Die Folge der Restaurationsversuche, die schon deshalb fehlschlagen mussten, weil der Kaiser jede Gewaltanwendung ablehnte, war die Verbannung. Karl meinte nur: „Auch wenn es fehlgeschlagen ist, müssen wir Gott danken, weil seine Wege nicht die unsrigen sind.“ Am 19. November 1921 kam die kaiserliche Familie in Madeira an. Als der Kaiser die beiden Türme einer Kirche sah, rief er: „Wie sehr erinnert sie mich an die Kirchen meines Landes! Es muss eine der Muttergottes geweihte Kirche sein: gehen wir sofort, sie anzuschauen!“ Es war tatsächlich die Kirche war „Nossa Senhora do Monte“, in der er fünf Monate später beigesetzt werden sollte und bis heute beigesetzt ist. Auf Madeira erwartete den Kaiser eine schwere tödliche Krankheit, die er in Ergebung in den göttlichen Willen und in einer Haltung der Sühne „für seine Völker“ ertrug. Zugleich gewann er durch seine herzliche und zuvorkommende Art die Sympathie der Einheimischen, sodass die anfängliche Zurückhaltung bald in unverhüllte Begeisterung umschlug. Am 1. April 1922 verabschiedete sich Kaiser Karl vom irdischen Leben mit dem Wort „Jesus!“ Es war nicht verwunderlich, dass sich fast alle Inselbewohner eingefunden hatten, als man an einem Frühlingstag den letzten Kaiser Österreichs zu Grabe trug. Jener 34-jährige Mann hatte sie mit etwas in seinen Bann gezogen, das nichts zu tun hatte mit seinem Kaisertum und der einstigen Macht. Was die Menschen an Karl beeindruckte, war die gelebte Heiligkeit inmitten einer so unerfüllbaren und undankbaren Aufgabe: Ein Mann, ein Christ, ein Kaiser, der ganz Verweis auf Gott war: am Hof ebenso wie in den Schützengräben, in der Sorge für seine Familie ebenso wie in einem wahrhaft christlichen Sterben. Seine Heiligkeit ist das ei- Vigilien in Heiligenkreuz 77 gentliche Kaisertum, das seinen Völkern noch von der Ewigkeit her leuchtend entgegenstrahlen wird. RESPONSORIUM R: Ihr seid Licht geworden durch den Herrn. Lebt als Kinder des Lichts! * Das Licht bringt lauter Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit hervor. V: Ihr seid das Licht der Welt. Euer Licht soll vor den Menschen leuchten. * Das Licht bringt lauter Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit hervor. 28. Oktober HLL. SIMON UND JUDAS ERSTE LESUNG Aus dem Brief an die Römer (Röm 8,18-39) Ich bin überzeugt, dass die Leiden der gegenwärtigen Zeit nichts bedeuten im Vergleich zu der Herrlichkeit, die an uns offenbar werden soll. Denn die ganze Schöpfung wartet sehnsüchtig auf das Offenbarwerden der Söhne Gottes. Die Schöpfung ist der Vergänglichkeit unterworfen, nicht aus eigenem Willen, sondern durch den, der sie unterworfen hat; aber zugleich gab er ihr Hoffnung: auch die Schöpfung soll von der Sklaverei und Verlorenheit befreit werden zur Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes. Denn wir wissen, dass die gesamte Schöpfung bis zum heutigen Tag seufzt und in Geburtswehen liegt. Aber auch wir, obwohl wir als Erstlingsgabe den Geist haben, seufzen in unserem Herzen und warten darauf, dass wir mit der Erlösung unseres Leibes als Söhne offenbar werden. Denn wir sind gerettet, doch in der Hoffnung. Hoffnung aber, die man schon erfüllt sieht, ist keine Hoffnung; wie kann man auf etwas hoffen, das man sieht? Hoffen wir aber auf das, was wir nicht sehen, dann harren wir aus in Geduld. So nimmt sich auch der Geist unserer Schwachheit an. Denn wir wissen nicht, worum wir in rechter Weise beten sollen; der Geist selber tritt jedoch für uns ein mit Seufzen, das wir nicht in Worte fassen können. Und Gott, der die Herzen erforscht, weiß, was die Absicht des Geistes ist: Er tritt so, wie Gott es will, für die Heiligen ein. Wir wissen, dass Gott bei denen, die ihn lieben, alles zum Guten führt, bei denen, die nach seinem ewigen Plan berufen sind; denn alle, 78 Sonderlesungen zu den die er im Voraus erkannt hat, hat er auch im Voraus dazu bestimmt, an Wesen und Gestalt seines Sohnes teilzuhaben, damit dieser der Erstgeborene von vielen Brüdern sei. Die aber, die er vorausbestimmt hat, hat er auch berufen, und die er berufen hat, hat er auch gerecht gemacht; die er aber gerecht gemacht hat, die hat er auch verherrlicht. Was ergibt sich nun, wenn wir das alles bedenken? Ist Gott für uns, wer ist dann gegen uns? Er hat seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern ihn für uns alle hingegeben; wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken? Wer kann die Auserwählten Gottes anklagen? Gott ist es, der gerecht macht. Wer kann sie verurteilen? Christus Jesus, der gestorben ist, mehr noch: der auferweckt wurde, sitzt zur Rechten Gottes und tritt für uns ein. Was kann uns scheiden von der Liebe Christi? Bedrängnis oder Not oder Verfolgung, Hunger oder Kälte, Gefahr oder Schwert? In der Schrift steht: Um deinetwillen sind wir den ganzen Tag dem Tod ausgesetzt; wir werden behandelt wie Schafe, die man zum Schlachten bestimmt hat. Doch all das überwinden wir durch den, der uns geliebt hat. Denn ich bin gewiss: Weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Gewalten der Höhe oder Tiefe noch irgendeine andere Kreatur können uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn. RESPONSORIUM R: Was kann uns scheiden von der Liebe Christi? Bedrängnis oder Not oder Verfolgung; Hunger oder Kälte, Gefahr oder Schwert? * All das überwinden wir durch den, der uns geliebt hat. V: Weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Gewalten der Höhe oder Tiefe können uns scheiden von der Liebe Gottes. * All das überwinden wir durch den, der uns geliebt hat. Vigilien in Heiligenkreuz 79 29. Oktober SEL. SCHWESTER RESTITUTA KAFKA ZWEITE LESUNG Schwester Restituta Kafka († 1943), Aus dem ersten Brief nach der Verkündigung des Todesurteils Nach meiner Verurteilung der erste, vielleicht auch letzte Brief. Meine gute Sr. Oberin, wie der Urteilsspruch lautet, wisst Ihr ja alle, da Schwester Longina und Asella sowie Vally und Anny bei der Verhandlung zugegen waren und Euch sicher davon verständigt haben. Meine gute Schwester Oberin, wohl tut es mir von Herzen leid, dass ich Ihnen sowie allen Schwestern solches Leid zufüge; doch kränkt Euch nicht, denn was Gott tut, ist wohlgetan. Ich selbst fühle mich keiner Schuld bewusst, und muss ich mein Leben lassen, so bringe ich gerne das Opfer; denn so hoffe ich, dass ich gnädige Aufnahme bei meinem Heiland finde. Heute, am Fest Allerheiligen, an welchem mich mein Heiland jene herrlichen Wunder betrachten lässt, bitte ich meinen Heiland, auch mich bald in diese Scharen einzureihen. O liebe Schwester Oberin, bitte verzeihen Sie mir all die Sorgen und Leiden, die ich Ihnen bereitet habe, bitte auch alle Schwestern um Verzeihung, vergesst mich nicht in Euren Gebeten, betet viel für mich um eine gute Sterbestunde und dann für meine Seelenruhe. Tausendmal „Vergelt’s Gott“ Ihnen, liebe Schwester Oberin, für alle Liebe und alles Gute, das mir durch Sie zuteil wurde, ebenso allen lieben Schwestern. Allen habe ich von Herzen verziehen, die zu meiner Verurteilung beigetragen haben (…); möge mir der liebe Gott dafür Seelen schenken. Bitte tragt niemandem etwas nach, sondern verzeiht allen von Herzen, wie auch ich es tue. Liebe Schwester Oberin, am 25. 10. schrieb ich Würdigen Mutter, obwohl ich noch keine Ahnung hatte, sogar die Hoffnung, bald wieder bei Euch sein zu können, einen Abschiedsbrief; die Feder wollte nichts anderes schreiben; somit, wenn ich noch einmal schreiben kann, werde ich meinen beiden Schwestern Vally und Anny schreiben, ein letztes Mal; grüßen Sie mir beide herzlich; vielleicht, liebe Schwester Oberin, kann ich Euch noch einmal sehen, möchte mich freuen; jeden Mittwoch ist Besuchstag, vielleicht könnt Ihr Euch erkundigen. Briefe bekam ich keine, weder von Mödling noch vom Mutterhaus noch von Anny. Ob ich sie be- 80 Sonderlesungen zu den komme, weiß ich nicht; es tut mir sehr leid wegen des Bildchens, das Anny mir schickte, wie sie mir beim Besuch erzählte, vielleicht könnt ihr Euch erkundigen hier. Meine liebe Schwester Oberin, grüßen Sie bitte alle meine lieben Bekannten, sie sollen nicht weinen, sondern beten für mich, besonders Schwester Agnes mit ihren lieben Schwestern. Ihr und allen ein inniges „Vergelt’s Gott“ (…), alle Namen ist mir nicht möglich aufzuschreiben, da es mir an Papier fehlt, aber niemanden vergesse ich und bitte, auch mich nicht zu vergessen. Nun, liebe Schwester Oberin, nochmals tausend Dank für alles! Ich grüße Sie und alle Schwestern von ganzem Herzen, bitte vergesst mich nicht im Gebet, auch an Würdige Mutter und Schwestern unserer ganzen Kongregation „Vergelt’s Gott“ für alles! In Jesu Herzen stets vereint. RESPONSORIUM R: Siehe, Gott ist mein Retter; * der Herr ist meine Kraft und Stärke. V: Der Herr ist mein Helfer, was können Menschen mir antun? * Der Herr ist meine Kraft und Stärke. 2. November ALLERSEELEN ERSTE LESUNG Aus dem zweiten Petrusbrief (2 Petr 1,10-11; 2,4-10a; 3,2-15c) Meine Brüder, bemüht euch noch mehr darum, dass eure Berufung und Erwählung Bestand hat. Wenn ihr das tut, werdet ihr niemals scheitern. Dann wird euch in reichem Maß gewährt, in das ewige Reich unseres Herrn und Retters Jesus Christus einzutreten. Gott hat auch die Engel, die gesündigt haben, nicht verschont, sondern sie in die finsteren Höhlen der Unterwelt verstoßen und hält sie dort eingeschlossen bis zum Gericht. Er hat auch die frühere Welt nicht verschont; nur Noach, den Verkünder der Gerechtigkeit, hat er zusammen mit sieben anderen als achten bewahrt, als er die Flut über die Welt der Gottlosen brachte. Auch die Städte Sodom und Gomorra hat er eingeäschert und zum Untergang verurteilt, als ein Beispiel Vigilien in Heiligenkreuz 81 für alle Gottlosen in späteren Zeiten. Den gerechten Lot aber, der unter dem ausschweifenden Leben der Gottesverächter litt, hat er gerettet; denn dieser Gerechte, der mitten unter ihnen wohnte, musste Tag für Tag ihr gesetzwidriges Tun sehen und hören, und das quälte den gerechten Mann Tag für Tag. Der Herr kann die Frommen aus der Prüfung retten; bei den Ungerechten aber kann er warten, um sie am Tag des Gerichts zu bestrafen, besonders die, die sich von der schmutzigen Begierde ihres Körpers beherrschen lassen und die Macht des Herrn verachten. Denkt an die Worte, die von den heiligen Propheten im Voraus verkündet worden sind, und an das Gebot des Herrn und Retters, das eure Apostel euch überliefert haben! Vor allem sollt ihr eines wissen: Am Ende der Tage werden Spötter kommen, die sich nur von ihren Begierden leiten lassen und höhnisch sagen: Wo bleibt denn seine verheißene Ankunft? Seit die Väter entschlafen sind, ist alles geblieben, wie es seit Anfang der Schöpfung war. Wer das behauptet, übersieht, dass es einst einen Himmel gab und eine Erde, die durch das Wort Gottes aus Wasser entstand und durch das Wasser Bestand hatte. Durch beides ging die damalige Welt zugrunde, als sie vom Wasser überflutet wurde. Der jetzige Himmel aber und die jetzige Erde sind durch dasselbe Wort für das Feuer aufgespart worden. Sie werden bewahrt bis zum Tag des Gerichts, an dem die Gottlosen zugrunde gehen. Das eine aber, liebe Brüder, dürft ihr nicht übersehen: dass beim Herrn ein Tag wie tausend Jahre und tausend Jahre wie ein Tag sind. Der Herr zögert nicht mit der Erfüllung der Verheißung, wie einige meinen, die von Verzögerung reden; er ist nur geduldig mit euch, weil er nicht will, dass jemand zugrunde geht, sondern dass alle sich bekehren. Der Tag des Herrn wird aber kommen wie ein Dieb. Dann wird der Himmel prasselnd vergehen, die Elemente werden verbrannt und aufgelöst, die Erde und alles, was auf ihr ist, werden nicht mehr gefunden. Wenn sich das alles in dieser Weise auflöst: wie heilig und fromm müsst ihr dann leben, den Tag Gottes erwarten und seine Ankunft beschleunigen! An jenem Tag wird sich der Himmel im Feuer auflösen, und die Elemente werden im Brand zerschmelzen. Dann erwarten wir, seiner Verheißung gemäß, einen neuen Himmel und eine neue Erde, in denen die Gerechtigkeit wohnt. Weil ihr das erwartet, liebe Brüder, bemüht euch darum, von ihm ohne Makel und Fehler und in Frieden angetroffen zu werden! Seid überzeugt, dass die Geduld unseres Herrn eure Rettung ist! RESPONSORIUM 82 Sonderlesungen zu den R: Christus muss herrschen, bis Gott ihm alle Feinde unter die Füße legt. * Der letzte Feind, der vernichtet wird, ist der Tod. V: Dann gibt der Tod und seine Welt die Toten heraus.* Der letzte Feind, der vernichtet wird, ist der Tod. 9. November KIRCHWEIHE DER LATERANBASILIKA ERSTE LESUNG Aus dem zweiten Buch der Chronik (2 Chr 5,2 - 6,2; 7,1-5) Damals versammelte Salomo die Ältesten Israels, alle Stammesführer und die Anführer der israelitischen Großfamilien in Jerusalem, um die Bundeslade des Herrn aus der Stadt Davids, das ist Zion, heraufzuholen. Am Fest, das ist im siebten Monat, kamen alle Männer Israels beim König zusammen. In Gegenwart aller Ältesten Israels nahmen die Leviten die Lade und brachten sie zugleich mit dem Offenbarungszelt und den heiligen Geräten, die im Zelt waren, hinauf. Die Priester und die Leviten übernahmen den Trägerdienst. König Salomo aber und die ganze Gemeinde Israels, die bei ihm vor der Lade versammelt war, schlachteten Schafe und Rinder, die man wegen ihrer Menge nicht zählen und nicht berechnen konnte. Darauf stellten die Priester die Bundeslade des Herrn an ihren Platz, in die Gotteswohnung des Hauses, in das Allerheiligste, unter die Flügel der Kerubim. Denn die Kerubim breiteten ihre Flügel über den Ort, wo die Lade stand, und bedeckten sie und ihre Stangen von oben her. Die Stangen waren so lang, dass man ihre Spitzen an der Lade vor der Gotteswohnung sehen konnte; draußen aber waren sie nicht zu sehen. Sie blieben dort bis zum heutigen Tag. In der Lade befanden sich nur die zwei Tafeln, die Moses am Horeb hineingelegt hatte, die Tafeln des Bundes, den der Herr mit den Israeliten beim Auszug aus Ägypten geschlossen hatte. Darauf traten die Priester aus dem Heiligtum. Alle, die gekommen waren, unabhängig davon, zu welcher Abteilung sie gehörten, hatten sich geheiligt. Die levitischen Sänger, Asaf, Heman, Jedutun, ihre Söhne und Brüder, standen alle, in Byssus gekleidet, mit Zimbeln, Harfen und Zithern an der Ostseite des Altars. Bei ihnen waren hundertzwanzig Priester, die auf Trompeten bliesen. Es kam wie aus einem Mund, wenn die Trompeter und Sänger gleichzeitig zum Lob und Preis des Herrn sich vernehmen ließen. Als sie mit Vigilien in Heiligenkreuz 83 ihren Trompeten, Zimbeln und Musikinstrumenten einsetzten und den Herrn priesen, „Denn er ist gütig, denn seine Huld währt ewig“, erfüllte eine Wolke den Tempel, das Haus des Herrn. Die Priester konnten wegen der Wolke ihren Dienst nicht verrichten; denn die Herrlichkeit des Herrn erfüllte das Haus Gottes. Damals sagte Salomo: Der Herr sprach, er wolle im Dunkel wohnen. Ich habe ein fürstliches Haus für dich gebaut, eine Wohnstätte für ewige Zeiten. Als Salomo sein Gebet beendet hatte, fiel Feuer vom Himmel und verzehrte das Brandopfer und die Schlachtopfer. Die Herrlichkeit des Herrn erfüllte den Tempel. Die Priester konnten das Haus des Herrn nicht betreten, da die Herrlichkeit des Herrn es erfüllte. Alle Israeliten sahen, wie das Feuer herabfiel und wie die Herrlichkeit des Herrn über dem Tempel erschien. Sie warfen sich mit dem Gesicht zur Erde auf das Steinpflaster nieder, beteten den Herrn an und priesen ihn: „Denn er ist gütig, denn seine Huld währt ewig.“ Dann brachten der König und das ganze Volk vor dem Herrn Opfer dar. Zweiundzwanzigtausend Rinder und hundertzwanzigtausend Schafe ließ König Salomo zum Opfer schlachten. So vollzogen der König und das ganze Volk die Weihe des Hauses Gottes. RESPONSORIUM R: Du bringst sie zu deinem heiligen Berg und erfreust sie; * denn dein Haus wird ein Haus des Gebetes sein für alle Völker. V: Halte deine Augen offen über diesem Hause bei Tag und bei Nacht, über dieser Stätte, von der du gesagt hast, dass dein Name hier wohnen soll! * Denn dein Haus wird ein Haus des Gebetes sein für alle Völker. 11. November HL. MARTIN VON TOURS ERSTE LESUNG Aus dem Jakobusbrief (Jak 2,1-9a. 14-26) Meine Brüder, haltet den Glauben an unseren Herrn Jesus Christus, den Herrn der Herrlichkeit, frei von jedem Ansehen der Person. Wenn in eure Versammlung ein Mann mit goldenen Ringen und prächtiger Kleidung kommt, und zugleich kommt ein Armer in schmutziger Kleidung, und ihr blickt auf den Mann in der prächti- 84 Sonderlesungen zu den gen Kleidung und sagt: Setz dich hier auf den guten Platz!, und zu dem Armen sagt ihr: Du kannst dort stehen!, oder: Setz dich zu meinen Füßen! - macht ihr dann nicht untereinander Unterschiede und fällt Urteile aufgrund verwerflicher Überlegungen? Hört, meine geliebten Brüder: Hat Gott nicht die Armen in der Welt auserwählt, um sie durch den Glauben reich und zu Erben des Königreichs zu machen, das er denen verheißen hat, die ihn lieben? Ihr aber verachtet den Armen. Sind es nicht die Reichen, die euch unterdrücken und euch vor die Gerichte schleppen? Sind nicht sie es, die den hohen Namen lästern, der über euch ausgerufen worden ist? Wenn ihr dagegen nach dem Wort der Schrift: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst! das königliche Gesetz erfüllt, dann handelt ihr recht. Wenn ihr aber nach dem Ansehen der Person urteilt, begeht ihr eine Sünde. Meine Brüder, was nützt es, wenn einer sagt, er habe Glauben, aber es fehlen die Werke? Kann etwa der Glaube ihn retten? Wenn ein Bruder oder eine Schwester ohne Kleidung ist und ohne das tägliche Brot und einer von euch zu ihnen sagt: Geht in Frieden, wärmt und sättigt euch!, ihr gebt ihnen aber nicht, was sie zum Leben brauchen - was nützt das? So ist auch der Glaube für sich allein tot, wenn er nicht Werke vorzuweisen hat. Nun könnte einer sagen: Du hast Glauben, und ich kann Werke vorweisen; zeig mir deinen Glauben ohne die Werke, und ich zeige dir meinen Glauben aufgrund der Werke. Du glaubst: Es gibt nur den einen Gott. Damit hast du Recht; das glauben auch die Dämonen, und sie zittern. Willst du also einsehen, du unvernünftiger Mensch, dass der Glaube ohne Werke nutzlos ist? Wurde unser Vater Abraham nicht aufgrund seiner Werke als gerecht anerkannt? Denn er hat seinen Sohn Isaak als Opfer auf den Altar gelegt. Du siehst, dass bei ihm der Glaube und die Werke zusammenwirkten und dass erst durch die Werke der Glaube vollendet wurde. So hat sich das Wort der Schrift erfüllt: Abraham glaubte Gott, und das wurde ihm als Gerechtigkeit angerechnet, und er wurde Freund Gottes genannt. Ihr seht, dass der Mensch aufgrund seiner Werke gerecht wird, nicht durch den Glauben allein. Wurde nicht ebenso auch die Dirne Rahab durch ihre Werke als gerecht anerkannt, weil sie die Boten bei sich aufnahm und dann auf einem anderen Weg entkommen ließ? Denn wie der Körper ohne den Geist tot ist, so ist auch der Glaube tot ohne Werke. RESPONSORIUM R: Brich dem Hungernden dein Brot, dem Heimatlosen gib ein Obdach; * dann wird dein Licht aufleuchten wie das Morgenrot, und deine Gerechtigkeit schreitet vor dir einher. V: Bekleide den Nackten, und lass deinen Bruder nicht im Stich. * Vigilien in Heiligenkreuz 85 Dann wird dein Licht aufleuchten wie das Morgenrot, und deine Gerechtigkeit schreitet vor dir einher. 13. November ALLERHEILIGEN UNSERES ORDENS ERSTE LESUNG Aus dem Brief an die Epheser (Eph 4,25 - 5,20) Legt deshalb die Lüge ab, und redet untereinander die Wahrheit; denn wir sind als Glieder miteinander verbunden. Lasst euch durch den Zorn nicht zur Sünde hinreißen! Die Sonne soll über eurem Zorn nicht untergehen. Gebt dem Teufel keinen Raum! Der Dieb soll nicht mehr stehlen, sondern arbeiten und sich mit seinen Händen etwas verdienen, damit er den Notleidenden davon geben kann. Über eure Lippen komme kein böses Wort, sondern nur ein gutes, das den, der es braucht, stärkt, und dem, der es hört, Nutzen bringt! Beleidigt nicht den Heiligen Geist Gottes, dessen Siegel ihr tragt für den Tag der Erlösung! Jede Art von Bitterkeit, Wut, Zorn, Geschrei und Lästerung und alles Böse verbannt aus eurer Mitte! Seid gütig zueinander, seid barmherzig, vergebt einander, weil auch Gott euch durch Christus vergeben hat! Ahmt Gott nach als seine geliebten Kinder, und liebt einander, weil auch Christus uns geliebt und sich für uns hingegeben hat als Gabe und als Opfer, das Gott gefällt! Von Unzucht aber und Schamlosigkeit jeder Art oder von Habgier soll bei euch, wie es sich für Heilige gehört, nicht einmal die Rede sein. Auch Sittenlosigkeit und albernes oder zweideutiges Geschwätz schickt sich nicht für euch, sondern Dankbarkeit. Denn das sollt ihr wissen: Kein unzüchtiger, schamloser oder habgieriger Mensch - das heißt kein Götzendiener - erhält ein Erbteil im Reich Christi und Gottes. Niemand täusche euch mit leeren Worten: All das zieht auf die Ungehorsamen den Zorn Gottes herab. Habt darum nichts mit ihnen gemein! Denn einst wart ihr Finsternis, jetzt aber seid ihr durch den Herrn Licht geworden. Lebt als Kinder des Lichts! Das Licht bringt lauter Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit hervor. Prüft, was dem Herrn gefällt, und habt nichts gemein mit den Werken der Finsternis, die keine Frucht bringen, sondern deckt sie auf! Denn man muss sich schämen, von dem, was sie heimlich tun, auch nur zu reden. Alles, 86 Sonderlesungen zu den was aufgedeckt ist, wird vom Licht erleuchtet. Alles Erleuchtete aber ist Licht. Deshalb heißt es: Wach auf, du Schläfer, und steh auf von den Toten, und Christus wird dein Licht sein. Achtet also sorgfältig darauf, wie ihr euer Leben führt, nicht töricht, sondern klug. Nutzt die Zeit; denn diese Tage sind böse. Darum seid nicht unverständig, sondern begreift, was der Wille des Herrn ist! Berauscht euch nicht mit Wein - das macht zügellos -, sondern lasst euch vom Geist erfüllen! Lasst in eurer Mitte Psalmen, Hymnen und Lieder erklingen, wie der Geist sie eingibt! Singt und jubelt aus vollem Herzen zum Lob des Herrn! Sagt Gott, dem Vater, jederzeit Dank für alles im Namen unseres Herrn Jesus Christus! RESPONSORIUM R: Seid einander in Liebe verbunden, in Demut schätze einer den anderen höher ein als sich selbst! * Jeder achte nicht nur auf das eigene Wohl, sondern auch auf das der anderen! V: Nehmt euch der Schwachen an, seid geduldig mit allen; bemüht euch immer, einander und allen Gutes zu tun! * Jeder achte nicht nur auf das eigene Wohl, sondern auch auf das der anderen! ZWEITE LESUNG Augustinus († 430), Aus einer Predigt über den Vergleich zwischen irdischem und überirdischem Leben Hier singen wir das Halleluja noch in Sorge, damit wir es einst singen dürfen in Sicherheit. Weshalb sind wir hier in Sorge? Du willst, dass ich unbesorgt sei? Und ich lese doch: „Das Leben des Menschen auf Erden ist eine Versuchung!“ Du willst, ich soll unbesorgt sein. Aber es wird mir doch gesagt: „Wacht und betet, damit ihr nicht in Versuchung geratet!“ Du willst nicht, dass ich mir Sorgen mache, wo doch die Versuchung so überhand nimmt, dass uns das Gebet vorschreibt zu rufen: „Vergib uns unsre Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern!“ Täglich sind wir Bittsteller und täglich Schuldner. Du willst, dass ich mich sicher fühle, und ich soll doch jeden Tag um Vergebung der Sünden beten und um Schutz in Gefahren! Da sage ich wegen der vergangenen Sünden: „Vergib uns unsre Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern!“ Und sofort füge ich wegen der künftigen hinzu: „Führe uns nicht in Versuchung!“ Wie sollte aber das Volk im Guten sein, wenn es mit mir ruft: „Erlöse uns von dem Bösen?“ Dennoch, obwohl wir bis jetzt in diesem Bösen stecken, liebe Brüder, Vigilien in Heiligenkreuz 87 wollen wir dem guten Gott doch das Halleluja singen, weil er uns vom Bösen erlöst hat. Obwohl wir hienieden mitten in Gefahren und Versuchungen sind, sollen wir und die andern das Halleluja singen; denn „Gott ist treu; er wird nicht zulassen, dass ihr über eure Kraft hinaus versucht werdet.“ So wollen auch wir hier das Halleluja singen. Der Mensch ist zwar immer noch schuldig, aber Gott ist treu! Paulus sagt nicht: „Er wird nicht zulassen, dass ihr versucht werdet“, sondern: „Er wird nicht zulassen, dass ihr über eure Kraft hinaus versucht werdet. Er wird euch in der Versuchung einen Ausweg schaffen, so dass ihr bestehen könnt.“ Du bist in Versuchung geraten. Aber Gott wird dir einen Ausweg schaffen, damit du in der Versuchung nicht untergehst. Wie das Gefäß eines Töpfers sollst du geformt werden durch die Verkündigung, gebrannt werden sollst du durch Drangsale. Gerätst du hinein, so denk an den Ausweg. Denn Gott ist treu: „Der Herr behüte deinen Eingang und deinen Ausgang.“ Dann aber, wenn dieser Leib unvergänglich und unsterblich wird, erlischt auch die Versuchung. Denn „der Leib ist gestorben.“ Warum ist er gestorben? „Wegen der Sünde.“ „Aber der Geist ist Leben.“ Warum? „Wegen der Gerechtigkeit!“ Geben wir also den toten Leib auf? Nein, höre vielmehr: „Wenn der Geist dessen in euch wohnt, der Jesus von den Toten erweckt hat, dann wird der, der Christus Jesus von den Toten auferweckt hat, auch euren sterblichen Leib lebendig machen.“ Jetzt ist der Leib irdisch, dann aber überirdisch. Wie herzerfreuend wird dort das Halleluja sein! Wie sorglos, ohne Widersacher! Dort, wo es keinen Feind mehr gibt, verliert man auch keinen Freund. Dort gibt es Gotteslob, und hier gibt es Gotteslob. Aber hier von Menschen, die in Sorge sind, dort von denen, die sich in Sicherheit wissen, hier von Menschen, die sterben müssen, dort von denen, die ewig leben. Hier in Hoffnung, dort in Wirklichkeit. Hier auf dem Weg, dort in der Heimat. RESPONSORIUM R: Seht unsere Heiligen, die treuen Verkünder, die Väter unseres Glaubens! * Für ihre Kinder beten sie allzeit zu dir, Herr Jesus Christus. V: Damit sie nicht Beute des Bösen werden, breiten sie schützend die Arme über sie aus. * Für ihre Kinder beten sie allzeit zu dir, Herr Jesus Christus. 88 Sonderlesungen zu den 14. November ALLERSEELEN UNSERES ORDENS ERSTE LESUNG Aus dem zweiten Brief an die Korinther (2 Kor 4,1-6.10-18; 5,1-10) Daher erlahmt unser Eifer nicht in dem Dienst, der uns durch Gottes Erbarmen übertragen wurde. Wir haben uns von aller schimpflichen Arglist losgesagt; wir handeln nicht hinterhältig und verfälschen das Wort Gottes nicht, sondern lehren offen die Wahrheit. So empfehlen wir uns vor dem Angesicht Gottes jedem menschlichen Gewissen. Wenn unser Evangelium dennoch verhüllt ist, ist es nur denen verhüllt, die verloren gehen; denn der Gott dieser Weltzeit hat das Denken der Ungläubigen verblendet. So strahlt ihnen der Glanz der Heilsbotschaft nicht auf, der Botschaft von der Herrlichkeit Christi, der Gottes Ebenbild ist. Wir verkündigen nämlich nicht uns selbst, sondern Jesus Christus als den Herrn; uns aber als eure Knechte um Jesu willen. Denn Gott, der sprach: ‚Aus Finsternis soll Licht aufleuchten!’, er ist in unseren Herzen aufgeleuchtet, damit wir erleuchtet werden zur Erkenntnis des göttlichen Glanzes auf dem Antlitz Christi. Wohin wir auch kommen, immer tragen wir das Todesleiden Jesu an unserem Leib, damit auch das Leben Jesu an unserem Leib sichtbar wird. Denn immer werden wir, obgleich wir leben, um Jesu willen dem Tod ausgeliefert, damit auch das Leben Jesu an unserem sterblichen Fleisch offenbar wird. So erweist an uns der Tod, an euch aber das Leben seine Macht. Doch haben wir den gleichen Geist des Glaubens, von dem es in der Schrift heißt: Ich habe es geglaubt, darum habe ich geredet. Auch wir glauben, und darum reden wir. Denn wir wissen, dass der, welcher Jesus, den Herrn, auferweckt hat, auch uns mit Jesus auferwecken und uns zusammen mit euch vor sein Angesicht stellen wird. Alles tun wir euretwegen, damit immer mehr Menschen aufgrund der überreich gewordenen Gnade den Dank vervielfachen, Gott zur Ehre. Darum werden wir nicht müde; wenn auch unser äußerer Mensch aufgerieben wird, der innere wird Tag für Tag erneuert. Denn die kleine Last unserer gegenwärtigen Not schafft uns in maßlosem Übermaß ein ewiges Gewicht an Herrlichkeit, uns, die wir nicht auf das Sichtbare starren, sondern nach dem Unsichtbaren ausblicken; denn das Sichtbare ist vergänglich, das Unsichtbare ist ewig. Vigilien in Heiligenkreuz 89 Wir wissen: Wenn unser irdisches Zelt abgebrochen wird, dann haben wir eine Wohnung von Gott, ein nicht von Menschenhand errichtetes ewiges Haus im Himmel. Im gegenwärtigen Zustand seufzen wir und sehnen uns danach, mit dem himmlischen Haus überkleidet zu werden. So bekleidet, werden wir nicht nackt erscheinen. Solange wir nämlich in diesem Zelt leben, seufzen wir unter schwerem Druck, weil wir nicht entkleidet, sondern überkleidet werden möchten, damit so das Sterbliche vom Leben verschlungen werde. Gott aber, der uns gerade dazu fähig gemacht hat, er hat uns auch als ersten Anteil den Geist gegeben. Wir sind also immer zuversichtlich, auch wenn wir wissen, dass wir fern vom Herrn in der Fremde leben, solange wir in diesem Leib zu Hause sind; denn als Glaubende gehen wir unseren Weg, nicht als Schauende. Weil wir aber zuversichtlich sind, ziehen wir es vor, aus dem Leib auszuwandern und daheim beim Herrn zu sein. Deswegen suchen wir unsere Ehre darin, ihm zu gefallen, ob wir daheim oder in der Fremde sind. Denn wir alle müssen vor dem Richterstuhl Christi offenbar werden, damit jeder seinen Lohn empfängt für das Gute oder Böse, das er im irdischen Leben getan hat. RESPONSORIUM R: Wir wollen euch über die Verstorbenen nicht in Unkenntnis lassen, * damit ihr nicht trauert wie die anderen, die keine Hoffnung haben. V: Wenn Jesus gestorben und auferstanden ist, dann wird Gott durch Jesus auch die Verstorbenen zusammen mit ihm zur Herrlichkeit führen. * Damit ihr nicht trauert wie die anderen, die keine Hoffnung haben. ZWEITE LESUNG Benedikt von Nursia († 547), Aus der Regel Wir wollen uns also mit dem Glauben umgürten, in Treue das Gute tun und unter der Führung des Evangeliums die Wege gehen, die der Herr uns zeigt, damit wir ihn schauen dürfen, der uns in sein Reich gerufen hat. Wenn wir im Zelt seines Reiches wohnen wollen, müssen wir mit guten Taten vorwärts eilen; sonst werden wir nie dorthin gelangen. Aber fragen wir doch den Herrn mit den Worten des Propheten: Herr, wer darf Gast sein in deinem Zelt, wer darf weilen auf deinem heiligen Berg? Brüder, hören wir auf diese Frage die Antwort des Herrn; der zeigt uns den Weg zu seinem Zelt und sagt: Wer makellos lebt und das Rechte tut, wer von Herzen die Wahrheit sagt und mit seiner Zunge nicht verleumdet; 90 Sonderlesungen zu den wer seinem Freund nichts Böses antut und seinen Nächsten nicht schmäht; wer den bösen Teufel, der ihm etwas einflüstert, samt seiner Einflüsterung aus seinem Herzen vertreibt, ihn zunichte macht, seine Gedankenbrut packt und an Christus zerschmettert; wer den Herrn fürchtet und sich wegen seines treuen Dienstes nicht überhebt, sondern überzeugt ist, dass das Gute, das er hat, nicht sein eigenes Werk ist, sondern das Werk des Herrn. Solche Menschen preisen den Herrn, der in ihnen wirkt, und sagen mit dem Propheten: Nicht uns, Herr, nicht uns, sondern deinem Namen gib die Ehre! Der Herr erwartet von uns, dass wir seinen heiligen Mahnungen Tag für Tag durch unsere Taten entsprechen. Deshalb sind uns die Tage dieses Lebens als Gnadenfrist geschenkt, damit wir vom Bösen ablassen, uns bessern. Brüder, wir haben den Herrn gefragt, wer in seinem Zelt wohnen darf, und wir haben die Einlassbedingungen gehört. Nun müssen wir auch die Pflichten eines Bewohners erfüllen! Wir wollen also unser Herz und unseren Leib für den Dienst bereiten, für den heiligen Gehorsam gegen die Gebote! Weil wir das aber mit unserer natürlichen Kraft nicht zustande bringen, wollen wir vom Herrn die Hilfe seiner Gnade erbitten. Wenn wir den Höllenstrafen entrinnen und zum ewigen Leben gelangen wollen, müssen wir jetzt, solange noch Zeit ist und wir in diesem Leib wohnen, jetzt, da wir noch das Licht dieses Lebens schauen und Zeit haben, das alles zu erfüllen, müssen wir jetzt vorwärts eilen und tun, was uns für die Ewigkeit nützt. Wir wollen also eine Schule für den Dienst des Herrn gründen. Bei dieser Gründung ist es unsere Absicht, nichts Hartes, nichts Schweres anzuordnen. Sollten jedoch Vernunft und Billigkeit zur Besserung von Fehlern und zur Bewahrung der Liebe da und dort etwas strengere Anforderungen stellen, so verlass nicht gleich voll Angst und Schrecken den Weg des Heils, der am Anfang nun einmal eng sein muss. Sobald man aber im klösterlichen Leben und im Glauben Fortschritte macht, weitet sich das Herz, und man geht den Weg der Gebote Gottes in unsagbarer Freude der Liebe. Wir wollen uns also nie der Leitung dieses Meisters entziehen, sondern im Kloster bis zum Tod an seiner Lehre festhalten und in Geduld am Leiden Christi teilnehmen, damit wir auch verdienen, Anteil zu haben an der Herrlichkeit seines Reiches. Amen. RESPONSORIUM R: Wir bitten dich, Herr, unser Gott: nimm die Seelen unserer Verstorbenen auf, für die du dein Blut vergossen hast: * Schenke ihnen Anteil an der Herrlichkeit deines Reiches! Vigilien in Heiligenkreuz 91 V: Sie sind den Weg der Gebote Gottes in der Freude der Liebe gegangen; sie haben in Geduld an den Leiden Christi teilgenommen: * Schenke ihnen Anteil an der Herrlichkeit deines Reiches. 15. November HL. MARKGRAF LEOPOLD III. ERSTE LESUNG Aus dem Brief an die Epheser (Eph 5,21-33; 6,10-18) Einer ordne sich dem andern unter in der gemeinsamen Ehrfurcht vor Christus. Ihr Frauen, ordnet euch euren Männern unter wie dem Herrn; denn der Mann ist das Haupt der Frau, wie auch Christus das Haupt der Kirche ist; er hat sie gerettet, denn sie ist sein Leib. Wie aber die Kirche sich Christus unterordnet, sollen sich die Frauen in allem den Männern unterordnen. Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie Christus die Kirche geliebt und sich für sie hingegeben hat, um sie im Wasser und durch das Wort rein und heilig zu machen. So will er die Kirche herrlich vor sich erscheinen lassen, ohne Flecken, Falten oder andere Fehler; heilig soll sie sein und makellos. Darum sind die Männer verpflichtet, ihre Frauen so zu lieben wie ihren eigenen Leib. Wer seine Frau liebt, liebt sich selbst. Keiner hat je seinen eigenen Leib gehasst, sondern er nährt und pflegt ihn - wie auch Christus die Kirche. Denn wir sind Glieder seines Leibes. Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen und sich an seine Frau binden, und die zwei werden ein Fleisch sein. Dies ist ein tiefes Geheimnis; ich beziehe es auf Christus und die Kirche. Was euch angeht, so liebe jeder von euch seine Frau wie sich selbst, die Frau aber ehre den Mann. Und schließlich: Werdet stark durch die Kraft und Macht des Herrn! Zieht die Rüstung Gottes an, damit ihr den listigen Anschlägen des Teufels widerstehen könnt! Denn wir haben nicht gegen Menschen aus Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern gegen die Fürsten und Gewalten, gegen die Beherrscher dieser finsteren Welt, gegen die bösen Geister des himmlischen Bereichs. Darum legt die Rüstung Gottes an, damit ihr am Tag des Unheils standhalten, alles vollbringen und den Kampf bestehen könnt! Seid also standhaft: Gürtet euch mit Wahrheit, zieht als Panzer die Gerechtigkeit an und als Schuhe die Bereitschaft, für das Evangelium vom Frieden zu kämpfen. 92 Sonderlesungen zu den Vor allem greift zum Schild des Glaubens! Mit ihm könnt ihr alle feurigen Geschosse des Bösen auslöschen. Nehmt den Helm des Heils und das Schwert des Geistes, das ist das Wort Gottes! Hört nicht auf, zu beten und zu flehen! Betet jederzeit im Geist; seid wachsam, harrt aus und bittet für alle Heiligen! RESPONSORIUM R: Komm, du guter und treuer Knecht, du bist im Kleinen ein treuer Verwalter gewesen, darum will ich dir ein Großes übertragen. * Komm, nimm teil an der Freude deines Herrn! V: Herr, fünf Talente hast du mir gegeben; siehe, ich habe noch fünf dazugewonnen. * Komm, nimm teil an der Freude deines Herrn! ZWEITE LESUNG Gründungsurkunde des heiligen Leopold aus dem Jahre 1136, mit der er Heiligenkreuz stiftete Im Namen der heiligen und unteilbaren Dreifaltigkeit: Allen Christgläubigen, den gegenwärtigen und zukünftigen Geschlechtern, wünschen wir Frieden und Freude! Es ist ein nützlicher Brauch, die Schenkungen und Stiftungen von Fürsten in Urkunden schriftlich festzuhalten, damit diese Stiftungen den ehrwürdigen Stätten sicher und unversehrt bewahrt bleiben. Ja, es ist ein guter Brauch, all das mit Umsicht dem Gedächtnis der Nachfahren zu überliefern. Daher habe ich, Leopold, von Gottes Gnaden Markgraf von Österreich, in dieser vorliegenden Urkunde festhalten lassen, dass ich auf die Eingebung Gottes, von dem alles Gute kommt, und auf den Wunsch meines geliebten Sohnes Otto hin, der sich in Morimond dem Zisterzienserorden angeschlossen hat, Mönche aus dem genannten Kloster Morimond berufen habe. Ich habe ihnen an dem Ort, der bisher Sattelbach hieß, jetzt aber nach dem siegreichen Zeichen unserer Erlösung „ad Sanctam Crucem“ - „zum heiligen Kreuz“ - genannt wird, eine Stätte zur Klostergründung angewiesen. Da ich mich sehr über ihr eifriges Ordensleben freute, habe ich aus Vorsorge für ihren Lebensunterhalt aufgrund eigener Machtvollkommenheit sowie unter Beistimmung und auf Bitten meiner Gemahlin Agnes und unserer Söhne Albert, Heinrich, Leopold und Ernest das ringsum liegende Land dem allmächtigen Gott, der seligen, allzeit jungfräulichen Jungfrau Maria und den Brüdern übergeben, damit sie sich jetzt und für Zeiten an dem genannten Ort niederlassen. Vigilien in Heiligenkreuz 93 Wir haben ihnen das ganze bebaute und unbebaute Land geschenkt, das uns rechtmäßig gehört: die Äcker, Wiesen, Weiden, Gewässer und Wälder - und zwar innerhalb der Grenzen, die wir im folgenden hier verzeichnen wollen: Vom Zusammenfluss des Sattelbachs und der Schwechat bis Mayerling; von da in der Richtung des so genannten Mühlenweges bis zum Privamtan und auf demselben Weg, der durch den Privamtan zieht, bis zu dem Ort, der Hausruck heißt. Von da an schließlich wieder auf dem genannten Weg bis zum Sattelbach und von da in gerader Richtung bis zu einer Anhöhe, die gewöhnlich Hocheck heißt; und von da über ein Bächlein, das Dornbach genannt wird, auf den Kamm des Berges, der Gaisruck heißt, und von da auf dem Sittendorfer Waldweg und von da bis zu der Stelle, wo ein Bächlein mit dem Namen Marchbach entspringt; von da auf dem Weg, der zum Traiskirchner Weg führt, bis zur Vereinigungsstelle. Von da bis zu einer Quelle, die in einem Ort namens Muchersdorf entspringt und von da auf einen Berg, dessen Name Ebenberg ist; und von da auf den Weg durch den Moggergraben, der zum Sattelbach hinabführt; und flussabwärts bis zum Zusammenfluss mit der Schwechat. Wir wünschen, dass diese unsere Abtretungen und Stiftungen an das Kloster nicht nur unserer Zufriedenheit, Wohlfahrt und Ruhe dienen mögen, sondern auch dem Heil und Seelenfrieden unserer in Christus entschlafenen Eltern. Wir hoffen, dass die göttliche Barmherzigkeit dereinst mit unserer Hinfälligkeit Nachsicht haben möge. Denn wenn wir schon selbst kaum Früchte an guten Werken bringen, so wollen wir wenigstens die, die als Mönche wahrhaftig Gott Frucht bringen, mit unserem Hab und Gut unterstützen - so, wie ein Stock eine Weinpflanze stützt. Damit jedoch das, was wir getan haben, fest und fester bekräftigt und verbürgt werde, so sollen dieser Urkunde die Zeugen und unser Siegel beigefügt werden. Zeugen sind: Chunradus von Peilstein, Otto von Leesdorf, Rapoto von Nöstach, Sterfrit von Pötzleinsdorf, Ulricus von Gaaden, Ulricus von Siegenfeld, Rudgerus und sein Bruder Rupertus von Sittendorf, Anshalmus von Sparbach, Ebergerus von Alland, Hartungus von Rauheneck, Jubort von Tribuswinkel, Ozo und Otfridus von Mayerling, Hartwicus. Dieses ist geschehen im Jahre 1136 nach der Menschwerdung des Herrn, in der 14. Indikte, im 8. Jahr der Königsherrschaft des Herrn Lothar, im 3. Jahr seines Kaisertums. RESPONSORIUM V: Dieser ist es, der vor Gott viel Gutes tat und den Herrn pries von ganzem Herzen. * Er möge eintreten für die Sünden der Menschen! 94 Sonderlesungen zu den V: Seht den Mann, der niemals murrte, der Gott verehrte mit ungeteiltem Herzen. * Er möge eintreten für die Sünden der Menschen! (oder: Papst Innozenz VIII. († 1492), Aus der Bulle zur Heiligsprechung des Markgrafen Leopold) Wir sind von Gott erschaffen und von ihm erlöst worden. Aber dennoch bezeigen wir ihm die schuldige Ehrfurcht nicht, ja, wir lassen ihn nicht nur außer Acht, sondern schmähen und lästern ihn sehr oft. Es sind uns zwar die Gebote des göttlichen und menschlichen Gesetzes zur Beobachtung vorgelegt, aber wir sträuben uns, diesen Geboten Gehorsam zu leisten. Wir wenden unsere Augen davon weg und zeigen uns widerspenstig. Viele Heilige zeigen uns ihr Beispiel, aber wir weigern uns hartnäckig, diese nachzuahmen, und wenn von unserem Heil gesprochen wird, schützen wir unsere Schwachheit oder unsere irdischen Geschäfte vor. Das klare Beispiel des Fürsten Leopold, der verheiratet war und für viele Menschen zu sorgen hatte, ermahnt uns, alle Entschuldigungen fallen zu lassen, um uns im Guten zu üben. Dieser Mann Gottes, in Reichtum erzogen, immer der Freiheit zur Sünde ausgesetzt, mit Ehesorgen und Regierungsgeschäften belastet, vergaß nie den Glauben und die Barmherzigkeit. Leopold war berühmt wegen seiner Einfachheit, Mäßigkeit und Freigebigkeit. Seine Aufrichtigkeit und seine Demut erwarben ihm die Achtung aller Christen. Er stärkte die Schwachen, stützte die Wankenden, richtete die Unterdrückten auf und half den Bedürftigen. Inmitten der häuslichen Sorgen, der Schwierigkeiten der Ehe, der Liebe zu seinen Kindern, der Sorgen um sein Land, hielt er Abstand von der Welt und verwaltete das Zeitliche so, dass er das Ewige nicht aus den Augen verlor. Vierzig Jahre regierte er das Land Österreich. Während in anderen Ländern Mord und Totschlag herrschten, erhielt Leopold das ihm anvertraute Land in langem Frieden. Vigilien in Heiligenkreuz 95 16. November HL. ALBERT DER GROSSE ZWEITE LESUNG Albert der Große († 1280), Aus dem Kommentar zum Lukasevangelium „Tut dies zu meinem Gedächtnis!“ An diesem Satz ist zweierlei zu beachten: Das eine ist der Auftrag, dieses Sakrament zu vollziehen, was mit den Worten gemeint ist: „Tut dies!“ Das andere ist, dass das Sakrament ein Gedächtnis des Herrn ist, der für uns in den Tod geht. Er sagt: „Tut dies!“ Kein Auftrag ist nützlicher, liebevoller und heilsamer, keiner liebenswerter; kein Auftrag kommt dem ewigen Leben so nahe. Das soll nun im Einzelnen gezeigt werden. Der Auftrag ist nützlich zur Vergebung der Sünden, und er ist im Leben das nützlichste, um die Fülle der Gnade zu gewinnen. Der Vater der Geister unterrichtet uns in dem, was nützlich ist, um seine Heiligung zu erlangen. Die Heiligung liegt in seiner Opferhingabe, das heißt darin, dass er sich im Sakrament für uns darbrachte und dass er sich uns hingab zum Genuss: ‘Für euch heilige ich mich’. Christus hat sich selbst durch den Heiligen Geist als makelloses Opfer Gott dargebracht. Er wird unser Gewissen von den toten Werken reinigen, damit wir dem lebendigen Gott dienen. Nichts Liebevolleres können wir tun. Denn was könnte liebevoller sein als das, worin Gott uns gegenüber seine ganze Güte zeigt? Kein Auftrag konnte besser sein für unser Heil. Denn dieses Sakrament ist die Frucht des Lebensbaumes. Wer mit Hingabe und aufrichtigem Glauben davon isst, wird auf ewig den Tod nicht erleiden: ‘Ein Lebensbaum ist die Weisheit für jeden, der nach ihr greift, und wer sie festhält, ist glücklich zu preisen.’ Und: ‘Jeder, der mich isst, wird durch mich leben.’ Kein Auftrag könnte liebenswerter sein. Denn dieses Sakrament wirkt Liebe und Einheit. Es ist höchstes Zeichen der Liebe, dass er sich selbst zur Speise reicht: „Meine Zeltgenossen müssen gestehen: wer gäbe uns von seinem Fleisch, um satt zu werden?“ Es ist, als sagte er: So sehr habe ich sie geliebt und sie mich; ich verlangte danach, in ihrem Herzen zu sein, dass sie mich so genießen, um meinem Leib angegliedert zu werden. Nicht inniger und natürlicher konnten sie mit mir vereinigt werden und ich mit ihnen. Kein Auftrag konnte dem ewigen Leben nä- 96 Sonderlesungen zu den her kommen. Denn die ununterbrochene Dauer des ewigen Lebens kommt daher, dass Gott mit seiner Güte sich selbst den in der Seligkeit Lebenden einflößt. RESPONSORIUM R: Ich habe euch erwählt und dazu bestimmt, dass ihr hingeht und Frucht bringt.* Ihr sollt in meinem Reich mit mir an meinem Tisch essen und trinken. V: Ich vererbe euch das Reich, wie es mein Vater mir vererbt hat. * Ihr sollt in meinem Reich mit mir an meinem Tisch essen und trinken, 20. November HL. MECHTHILD VON HACKEBORN ZWEITE LESUNG Mechthild von Hackeborn († 1299), Aus dem „Buch der besonderen Gnade“ Einst sprach der Herr zu Mechthild: „Suche mich mit deinen fünf Sinnen und mache es wie ein Gastfreund, der beim Nahen eines ganz lieben Freundes aus Fenster und Türen Ausschau hält, ob er wohl schon irgendwo den Ersehnten erspähen kann. So soll die treue Seele in ihren fünf Sinnen, die ihre Fenster sind, mich allezeit suchen. Erblickt sie etwas Schönes und Liebliches, denke sie, wie schön, liebenswert und gut derjenige ist, der dies gemacht hat, und so strebe sie geradewegs zu ihm, der alles erschuf. Hört sie eine angenehme Melodie oder sonst etwas, das sie begeistert, denke sie: ach, wie lieb wird erst die Stimme dessen sein, der dich einst rufen wird, von dem jede Anmut und jeder Wohlklang der Stimme ausging; wenn sie die Menschen etwas reden hört oder wenn etwas vorgelesen wird, horche sie immer gespannt, ob sie wohl etwas vernehme, worin sie den Geliebten finden kann! Und so suchte sie auch in allem, was sie selber redet, die Ehre Gottes und das Heil des Nächsten! Und wenn sie liest oder singt, so überlege sie: Was sagt dir dein Geliebter jetzt gerade, bei diesem Vers, in dieser Lesung, oder was trägt er dir auf? So soll sie ihn in allen Dingen so lange suchen, bis sie etwas von der Süßigkeit Gottes verspürt. Mit dem Geruch- und Tastsinn halte sie es in gleicher Weise und denke daran, wie süß Gottes guter Geist ist und wie selig einst seine Küsse und Umarmungen Vigilien in Heiligenkreuz 97 sein werden! An welchem Geschöpf sie immer sich ergötze, stets behalte sie Gottes Wonnen im Gedächtnis, der all dies Schöne, Erfreuliche und Bezaubernde für uns erschuf, um alle zur Erkenntnis seiner Güte und zur Liebe anzuspornen. Sie mache es wie eine Hausfrau, die ihren Gemahl in all seinen Werken unterstützt und ihn nie allein lässt bei der Arbeit. So nehme sich auch die treue Gottesbraut in ihrem Herzen vor, mitzuhelfen beim Bau der Kirche Gottes, in der noch immer Gott wirksam ist.“ RESPONSORIUM R: Gott ist der Fels meines Herzens und mein Anteil auf ewig. * Gott nahe zu sein ist mein Glück. V: Mein Herz denkt an dein Wort: „Sucht mein Angesicht!“ Dein Angesicht, Herr, will ich suchen. * Gott nahe zu sein ist mein Glück. 24. November HL. ANDREAS DUN-LHAC UND DIE MÄRTYRER VON VIETNAM ZWEITE LESUNG Erzbischof Nguyên Van Thuân von Vietnam († 2002), Aus einem Exerzitienvortrag an Papst Johannes Paul II. und die Römische Kurie im Jubiläumsjahr 2000 Heiliger Vater! Ich selbst habe das Leiden der Kirche in Vietnam gesehen, während ich im Gefängnis war. Ich fühlte, wie die Zeit vorüberging, Tag um Tag, ohne dass ich ein Ende absehen konnte. Ich fragte mich: Wie lange wird die Nacht noch dauern? Zu jener Zeit begann ich, die Bedeutung des Martyriums besser zu verstehen. Christen verachten das Leben nicht: Während ich mich im Gefängnis an die glücklichen Tage meines pastoralen Dienstes als Priester und Bischof erinnerte, dachte ich an die Katholiken meiner Diözese, an meine Brüder, meine Freunde, meine Familie. Was für eine Freude wäre es, sie wieder zu sehen! Ich hatte den Eindruck, dass ich das Martyrium ein bisschen besser verstand: es besteht darin, 98 Sonderlesungen zu den der Liebe des Herrn keine Grenzen zu setzen, nicht einmal die natürliche Grenze, dass man sich selbst retten will, sein eigenes Leben, sein eigenes Glück. Ich fragte mich, so wie es bei Jesaja geschrieben steht: „Wächter, wie lange noch dauert die Nacht? Wächter, wie lange noch dauert die Nacht?“ Wie lange wird die Gefangenschaft dauern? Fünf, zehn, dreizehn Jahre? Und in jenen Zeiten dachte ich an so viele leidende, deportierte, eingesperrte Christen. Ich dachte an jene, die große Schmerzen litten, an die Verfolgungen, die Toten, die Märtyrer in den vergangenen 350 Jahren in Vietnam. Sie haben der Kirche so viele unbekannte Märtyrer geschenkt: an die 150.000. Ich bin der Überzeugung, dass meine priesterliche Berufung auf geheimnisvolle Weise und dennoch ganz wirklich mit dem Blut der Märtyrer Vietnams vereinigt ist, die in dem letzten Jahrhundert bei der Verkündigung des Evangeliums starben. Und sie blieben der Einheit der Kirche treu, trotz Todesdrohungen und Gewalt. Ich glaube, dass die Treue der vietnamesischen Kirche durch das Blut jener Märtyrer erklärt werden kann. Die Priesterund Ordensberufungen, welche die Kirche in Vietnam reich machen, sind aus der Gnade geboren, die aus dem Leiden erwächst. Die Märtyrer haben uns gelehrt, ja zu sagen: ein bedingungsloses Ja, das in der Liebe zum Herrn verwurzelt ist. Es ist ein Erbe. Allerdings muss ein Erbe angetreten werden. Man bekommt es nicht automatisch und selbstverständlich. Es kann auch abgelehnt werden. Das Erbe der Märtyrer ist nicht Heldenmut, sondern Treue. Reife Treue, die auf Jesus schaut, der das Vorbild christlichen Lebens ist, Vorbild eines jeden Zeugen, eines jeden Märtyrers. Im Gefängnis sagte ich mir: „Schaue auf das Kreuz, und du wirst die Lösung für alle deine Ängste finden, die dich quälen.“ Die Märtyrer schauten auf Jesus am Kreuz... Sie beachteten den Rat jener um sie herum nicht: „Rette dich!“ Jesus ist das Vorbild so vieler Märtyrer! Anstelle der Freude, die ihm vorgeschlagen wurde, trug er das Kreuz, und so sitzt zur Rechten Gottes. Wir wissen gar nicht, wie viele Christen in Vietnam in ihrer Einsamkeit auf Jesus schauten, in den letzten Stunden nach dem Todesurteil, in den langen Nächten, in denen sie auf die Hand warteten, die sie tötete, von der sie wussten, dass sie bald kommen würde; in der Kälte der Konzentrationslager, in der Qual und der Erschöpfung sinnloser Märsche. Viele schauten aufmerksam auf den kreuztragenden Herrn und verloren den Mut nicht. Sie fanden eine Kraft, die ihre Henker überraschte. Paulus schreibt über sein Martyrium: „Deswegen bejahe ich meine Ohnmacht, alle Misshandlungen und Nöte, Verfolgungen und Ängste, die ich für Christus ertrage; denn wenn ich schwach bin, dann bin ich stark.“ (2 Kor 12,10) Wir können uns vorstellen, wie erstaunt die Henker waren angesichts dieser Kraft, die von den erschöpften Körpern und den gequälten Menschen ausging. Vigilien in Heiligenkreuz 99 Das sind keine alten Berichte über Vergangenes und Veraltetes! Sie, Heiliger Vater, haben uns eingeladen, in das 3. Jahrtausend einzutreten mit offenen Augen für die Märtyrer und die Heiligkeit der Hingabe. Ein Jahrhundert wie das nun beginnende, in dem es vielen Menschen derart gut geht, dass sie nur mehr am Leben hängen und daher so viel Angst haben, es zu verlieren, ist ein Jahrhundert, das unbedingt den Blick auf das christliche Martyrium braucht. Unsere Märtyrer sind die Kraft der Kirche heute und des beginnenden Millenniums. RESPONSORIUM V: Ich bejahe meine Ohnmacht, alle Misshandlungen und Nöte, Verfolgungen und Ängste, die ich für Christus ertrage; * denn wenn ich schwach bin, dann bin ich stark. V: Ich will dem Herrn nachfolgen und mein Kreuz auf mich nehmen; * denn wenn ich schwach bin, dann bin ich stark. 26. November HL. KOLUMBAN VON LUXEUIL ZWEITE LESUNG Kolumban von Luxeuil († 615), Aus einer Predigt über die Ebenbildlichkeit des Menschen mit Gott Bei Moses heißt es: „Dann sprach Gott: Lasst uns Menschen machen als unser Abbild, uns ähnlich.“ Bitte, betrachtet die hohe Bedeutung dieses Satzes: Gott, der Allmächtige, Unsichtbare, Unfassbare, Unaussprechliche und Unschätzbare, hat den Menschen aus Lehm gebildet und ihn mit der Würde seines Abbildes geadelt! Was hat der Mensch mit Gott zu tun, was die Erde mit dem Geist? Denn: „Gott ist Geist“. Es ist eine tiefe Herablassung von Gott, dass er dem Menschen das Abbild seiner Ewigkeit und die Ähnlichkeit seines Handelns geschenkt hat; die Ähnlichkeit mit Gott ist ein hoher Adel, wenn sie bewahrt wird. Wenn der Mensch die der Seele eingesenkten Kräfte recht gebraucht, dann ist er Gott ähnlich. Die Kräfte, die bei der ersten Erschaffung wie Samen in uns eingesenkt wurden, müssen wir Gott zurückgeben. Er gebietet und lehrt: Das ist das erste Gebot, Gott mit ganzem Herzen zu lieben, weil er uns zuerst geliebt hat, von Anfang an, noch bevor wir waren. Die Liebe Gottes ist die Erneuerung des göttlichen Abbildes. Der liebt Gott, der Gottes Gebot hält; denn Gott spricht: „Wenn ihr mich 100 Sonderlesungen zu den liebt, werdet ihr meine Gebote halten.“ Das ist sein Gebot: die gegenseitige Liebe; denn er sagt: „Das ist mein Gebot: Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe.“ Die wahre Liebe besteht aber nicht nur in Worten, sondern vielmehr in Tat und Wahrheit. Wir wollen also unserm Gott, unserm Vater, sein Abbild unversehrt zurückgeben, in Heiligkeit, weil er heilig ist, nach dem Wort: ,Seid heilig, weil auch ich heilig bin’, in Liebe, weil er die Liebe ist nach dem Wort des Johannes: „Gott ist die Liebe“, in Güte und Wahrheit, weil Gott gütig und wahrhaftig ist. Wer wild und zornig und stolz ist, der malt das Bild eines Tyrannen. Damit wir nicht etwa Tyrannenbilder einführen, möge Christus in uns sein Bild schaffen, weil er sagt: „Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch.“ RESPONSORIUM R: Umgürtet euch und macht euch bereit: Wie er, der euch berufen hat, heilig ist, * so soll auch euer Leben heilig sein. V: Ich bin der Herr, euer Gott. Erweist euch als heilig und seid heilig, weil ich heilig bin! * So soll auch euer Leben heilig sein. 12. Dezember HL. HARTMANN ZWEITE LESUNG Gerhoch von Reichersberg († 1169), Aus einem Brief „Über das Haus Gottes“ Jesus Christus wird im Evangelium zutreffend als „Sohn des Zimmermanns“ bezeichnet, denn er, unser Herr und Meister, ist es, der durch seine Hand das Leben der Kirche, das himmlische Jerusalem, erbaut! Sein Wirken, das er einst seiner Kirche verheißen hat, lässt er jetzt zur Tat werden, wie dies in unserer Zeit durch die vielen Kirchengemeinden erwiesen ist. Machtvoll und wahr verkündet dieser Meister, der Sohn des Zimmermanns, der Kirche, seiner Braut, seinem Reich durch den Propheten Jesaja das Gotteswort: „Ich will meine Hand gegen dich wenden, deine Schlacken will ich mit Lauge ausschmelzen, all dein Blei schmelze ich aus. Ich will dir wieder Richter geben wie am Anfang und Ratsherren wie zu Beginn. Dann wird man dich die Stadt der Gerechtigkeit nennen, die treue Burg“. Vigilien in Heiligenkreuz 101 Begann nicht der Meister in der Salzburger Kirchengemeinde mit der Erfüllung dieser Verheißung? Wo er die eben hier eingesetzten Regularkanoniker im Feuer seines Schmelzofens zu reinigen begann, sodass sie zweifelsohne, von allen Unzulänglichkeiten befreit, zur Lauterkeit gelangen mussten und nunmehr keines Richters oder Ratgebers bedürfen werden, außer deren Beginnen, Lebenswandel und Hinscheiden wird so sein, wie es bei den Urteilen der Bischöfe und dem Rat der Laien in vergangenen Zeiten gewesen ist. Der Meister wirkt auch zu Rom im Lateranensischen Patriarchat, wo durch sein Gnadenwirken das Leben nach der Regel wieder auflebt, das umso rascher das Ableben aller Unzukömmlichkeiten mit sich bringen wird, je mehr der Schmelzofen der Leiden inmitten Babylons stärker angeheizt wird. Wenn die Verkünder eines apostolischen Lebens gemeinsam mit den Verteidigern des Abfalls zum Apostolischen Stuhle kommen, welcher Teil, glaubst du, wird bei diesem Stuhle Recht bekommen, wenn nicht der, dem Simon Petrus in seiner Sache gerne helfend beistehen wird? Es könnte aber nicht nur an Petrus, sondern auch an jeden katholischen Lehrer die Frage gestellt werden, wie er über das Leben der Kleriker denkt, sodass jeder ihrem geistigen Urteil beipflichtet, der sich nicht im Gegensatz zur Kirche stellen will. Sag Petrus, was meinst du dazu? „Die Ältesten“, sagt er, „beschwöre ich als Mitältester, weidet die Herde, die euch anvertraut ist!“ Seht, er sagt nicht: „Folget mit Soldaten dem König“, sondern: „Weidet die Herde, die euch anvertraut ist!“ Und das Leben der Hirten ihnen umschreibend, schließt er so seinen Auftrag: „nicht herrschend über den Klerus, sondern als Vorbild der geschaffenen Herde“. Diesen Grundsatz hat der heilige Papst Gregor schon so gedeutet, als er Augustinus, dem Bischof der Engländer, verbot, von seinen Klerikern abgesondert zu leben, damit er, wenn er als Bischof getrennt vom Klerus lebe, nicht über den Klerus zu herrschen scheine. Glückselig der Bischof, der alle so haben wollte, wie er selbst war. Seine Hand war wahrhaftig eine Schatzkammer, weil er aus dieser alle beschenkte. Keinem musste damals abgeraten werden, einem solchen Papst soviel wie möglich zu Füßen zu legen, da er selbst arm den Armen diente, das apostolische Leben in bewundernswerter und gewissenhafter Weise an seinem Hof, so wie im Kloster, bewahrte, nicht den Klerus beherrschend, sondern ein Vorbild der Herde. Wenn also die Bischöfe sich so verhalten, werden sie nicht nur Mitbrüder derjenigen sein, die ein gemeinsames Leben führen, sondern auch Meister der Regel. Sie sollen nicht von ihren Klerikern getrennt leben. Und wenn sie schon nicht selbst in den Konventen leben können, sollen sie Tüchtige aus Klöstern um sich versammeln und mit ihnen kein weltliches, sondern ein regelgerechtes Leben führen. 102 Sonderlesungen zu den ZWEITE LESUNG R: Sorgt als Hirten für die euch anvertraute Herde Gottes; nicht aus Zwang, sondern freiwillig, wie Gott es will; auch nicht aus Gewinnsucht, sondern aus Neigung. * Seid nicht Beherrscher, sondern Vorbilder für die Herde! V: Wenn dann der oberste Hirt erscheint, werdet ihr den nie verwelkenden Kranz der Herrlichkeit empfangen. * Seid nicht Beherrscher, sondern Vorbilder für die Herde. TOTENOFFICIUM Officium defunctorum ERSTE LESUNG Aus dem ersten Brief an die Korinther (1 Kor 15,12-34) Wenn aber verkündigt wird, dass Christus von den Toten auferweckt worden ist, wie können dann einige von euch sagen: Eine Auferstehung der Toten gibt es nicht? Wenn es keine Auferstehung der Toten gibt, ist auch Christus nicht auferweckt worden. Ist aber Christus nicht auferweckt worden, dann ist unsere Verkündigung leer und euer Glaube sinnlos. Wir werden dann auch als falsche Zeugen Gottes entlarvt, weil wir im Widerspruch zu Gott das Zeugnis abgelegt haben: Er hat Christus auferweckt. Er hat ihn eben nicht auferweckt, wenn Tote nicht auferweckt werden. Denn wenn Tote nicht auferweckt werden, ist auch Christus nicht auferweckt worden. Wenn aber Christus nicht auferweckt worden ist, dann ist euer Glaube nutzlos, und ihr seid immer noch in euren Sünden; und auch die in Christus Entschlafenen sind dann verloren. Wenn wir unsere Hoffnung nur in diesem Leben auf Christus gesetzt haben, sind wir erbärmlicher daran als alle anderen Menschen. Nun aber ist Christus von den Toten auferweckt worden als der Erste der Entschlafenen. Da nämlich durch einen Menschen der Tod gekommen ist, kommt durch einen Menschen auch die Auferstehung der Toten. Denn wie in Adam alle sterben, so werden in Christus alle lebendig gemacht werden. Es gibt aber eine bestimmte Reihenfolge: Erster ist Christus; dann folgen, wenn Christus kommt, alle, die zu ihm gehören. Danach kommt das Ende, wenn er jede Macht, Gewalt und Kraft vernichtet hat und seine Herrschaft Gott, dem Vater, übergibt. Denn er Vigilien in Heiligenkreuz 103 muss herrschen, bis Gott ihm alle Feinde unter die Füße gelegt hat. Der letzte Feind, der entmachtet wird, ist der Tod. Sonst hätte er ihm nicht alles zu Füßen gelegt. Wenn es aber heißt, alles sei unterworfen, ist offenbar der ausgenommen, der ihm alles unterwirft. Wenn ihm dann alles unterworfen ist, wird auch er, der Sohn, sich dem unterwerfen, der ihm alles unterworfen hat, damit Gott herrscht über alles und in allem. Wie kämen sonst einige dazu, sich für die Toten taufen zu lassen? Wenn Tote gar nicht auferweckt werden, warum lässt man sich dann taufen für sie? Warum setzen dann auch wir uns stündlich der Gefahr aus? Täglich sehe ich dem Tod ins Auge, so wahr ihr, Brüder, mein Ruhm seid, den ich in Christus Jesus, unserem Herrn, empfangen habe. Was habe ich dann davon, dass ich in Ephesus, wie man so sagt, mit wilden Tieren gekämpft habe? Wenn Tote nicht auferweckt werden, dann lasst uns essen und trinken; denn morgen sind wir tot. Lasst euch nicht irreführen! Schlechter Umgang verdirbt gute Sitten. Werdet nüchtern, wie es sich gehört, und sündigt nicht! Einige Leute wissen nichts von Gott; ich sage das, damit ihr euch schämt. RESPONSORIUM R: Herr, richte mich nicht nach meinem Tun, denn meine Taten können vor dir nicht bestehen. Darum flehe ich zu dir: * Herr, tilge all meine Frevel! V: Gott, wasche meine Schuld von mir ab und mach mich rein von meiner Sünde. * Herr, tilge all meine Frevel! ZWEITE LESUNG Bernhard von Clairvaux († 1153), Aus dem Sermo zum Tod des Mönches Humbert Humbert, der Diener des Herrn, der demütige Diener und getreue Knecht, ist gestorben! Du trennst uns also, du bitterer Tod. Du reißende Bestie, du bitterste Bitterkeit, du Schrecken und Entsetzen der Kinder Adams! Was hast du da getan? Getötet hast du, an dich gerissen hast du. Aber was? Nur den Leib, denn über die Seele vermagst du nichts. Diese eilt bereits ihrem Schöpfer zu, nach dem sie sich so heiß sehnte und dem sie so tapfer nachfolgte alle Tage ihres Lebens. Doch selbst der Leib, den du jetzt scheinbar besitzt, wird dir wieder entrissen werden, wenn du als letzter Feind vernichtet und vom Siege verschlungen wirst. Jetzt schon besitzt Humbert die Freude und Wonne in alle Ewigkeit. Darum brauchen 104 Sonderlesungen zu den wir ihn nicht zu betrauern, für den es weder Trauer noch Schmerz mehr gibt. Wir dürfen aber auch nicht unseretwegen murren, weil er uns genommen wurde. Eher müssen wir dafür danken, dass er uns so lange belassen ward. Wer weiß, ob er uns nicht deshalb genommen ward, um uns durch seine Fürbitten beim Vater zu beschützen? Wollte Gott, dass es so wäre! Wenn Gott ihn auch wegen unserer Sünden uns entzogen hat, so möge er doch selbst erbitten, dass diese uns gnädig nachgelassen werden und wir nicht Strafe über Strafe dulden müssen. Im Übrigen, Brüder, sage ich euch: Wenn ihr seinem Beispiel folgtet, würdet ihr nicht so leicht durch eitle Gedanken und leeres Geschwätz, durch dumme Späße und ausgelassenes Treiben sündigen. Denn an diese Dinge verschwendet ihr viel von eurem Leben und eurer Zeit. Unwiderruflich fliegt die Zeit dahin, und während ihr den geringen Strafen dieses Lebens zu entgehen sucht, verfallt ihr einer viel größeren Strafe. Das nämlich sollt ihr wissen: Nach dem Leben muss im Reinigungsfeuer all das, was hier vernachlässigt wurde, hundertfach zurückbezahlt werden, bis auf den letzten Heller! Ich weiß gut, dass es für einen zügellosen Menschen hart ist, sich der Zucht zu unterwerfen; für einen geschwätzigen, das Stillschweigen einzuhalten; für einen, der an das Herumreisen gewöhnt ist, an einem Ort zu bleiben. Doch härter - ja viel härter - wird es sein, jene künftigen Qualen zu ertragen. Auch der Mann, der hier begraben liegt, hatte im Anfang - wie ich selbst weiß - viele derartige Versuchungen zu bestehen. Doch er kämpfte mit großer Anstrengung und siegte. Und wie es einst für ihn hart war, den Kampf mit den Versuchungen aufzunehmen, so wäre es später für ihn noch viel härter gewesen, zu jenen Torheiten zurückzukehren. Die gute Gewohnheit war ihm nämlich zur Natur geworden. Übet euch in dieser Lehre und achtet auf das Vorbild, das ihr an ihm gesehen und gehört habt! Dann werdet ihr glücklich zu dem gelangen, zu dem er selbst gekommen ist, zu Gott: Er sei hochgelobt in Ewigkeit! RESPONSORIUM R: Alle, die in den Gräbern sind, werden die Stimme des Menschensohnes hören, und sie werden herauskommen. * Die das Gute getan haben, werden zum Leben auferstehen, die das Böse getan haben, zum Gericht. V: Plötzlich, in einem Augenblick, beim letzten Posaunenschall werden die Toten auferweckt zur Unvergänglichkeit. * Die das Gute getan haben, werden zum Leben auferstehen, die das Böse getan haben, zum Gericht. Vigilien in Heiligenkreuz 105 MARIENSAMSTAGE 1 ZWEITE LESUNG Bernhard von Clairvaux († 1153), Aus einem Sermo zum Lobe der jungfräulichen Gottesmutter Maria wird passend mit einem Stern verglichen; wie nämlich ohne eigene Verletzung das Gestirn seinen Lichtstrahl aussendet, so gebiert die Jungfrau ohne eigene Verletzung den Sohn Gottes, und wie der Strahl dem Gestirne nichts von seinem Glanz nimmt, ebenso wenig nimmt der Jungfrau der Sohn ihre Unversehrtheit. Sie ist also jener edle Stern, der aus Jakob aufgegangen ist, dessen Licht den ganzen Erdkreis erleuchtet, dessen Glanz im Himmel alles übertrifft und in das Reich des Todes dringt; der über die ganze Erde leuchtet und mehr den Geist als den Leib erfreut, der die guten Kräfte fördert, die Leidenschaften beseitigt. Sie, sage ich, ist jener hell leuchtende und erhabene Stern, der über diesem großen und weiten Meer der Welt sich notwendig erhebt, durch Verdienste glänzend, ein leuchtendes Vorbild. Wann immer du erkennst, dass du unter Stürmen und Unwettern eher in den Fluten dieser Welt hin- und hergerissen wirst, als auf festem Boden zu wandeln, wende deine Augen nicht ab vom Glanz dieses Gestirns, willst du von den Stürmen nicht zerschellt werden! Erheben sich die Stürme der Versuchungen, befindest du dich inmitten von Klippen der Trübsal, blicke auf zum Stern, rufe Maria! Wirst du auf den Wogen des Hochmuts, des Ehrgeizes, der Verleumdung, des Neides hin- und hergeschleudert, blicke auf zum Stern, rufe Maria! Erschüttert der Zorn, die Habsucht, die Fleischeslust das Schifflein deiner Seele, blicke auf zu Maria! Bist du über die Abscheulichkeit deiner Laster bestürzt, über den elenden Zustand deiner Seele beschämt, von Schrecken erfasst bei dem Gedanken an das Gericht, beginnst du immer tiefer in den Abgrund der Trostlosigkeit und der Verzweiflung zu sinken, denke an Maria! Mitten in Gefahren, Nöten und Unsicherheiten denke an Maria, rufe Maria an! Ihre Anrufung, der Gedanke an sie möge nie von deinen Lippen und aus deinem Herzen weichen. Um so sicherer durch ihre Fürbitte Hilfe zu erlangen, versäume nicht, ihre guten Beispiele nachzuahmen. Folgst du ihr nach, so wirst du dich nicht verirren; rufst 106 Sonderlesungen zu den du sie an, so kannst du nicht verzweifeln; denkst du an sie, bleibst du dem falschen Weg fern. Solange sie dich an der Hand hält, kannst du nicht fallen. Unter ihrem Schutz hast du nichts zu fürchten. Führt sie dich, ermüdest du nicht. Durch ihre Gunst kommst du sicher ans Ziel. RESPONSORIUM R: Heilige Jungfrau, wir rufen zu dir: * Bitte für uns, die wir zu dir unsere Zuflucht nehmen! V: In Gefahren, Nöten und Unsicherheiten rufen wir: * Bitte für uns, die wir zu dir unsere Zuflucht nehmen! 2 ZWEITE LESUNG Bernhard von Clairvaux († 1153), Aus dem Sermo „De Aquaeductu“ zum Fest Mariä Geburt Der Herr spricht zu den Aposteln: „In allen meinen Prüfungen seid ihr bei mir geblieben. Darum vererbe ich euch das Reich, wie es mein Vater mir vererbt hat: Ihr sollt in meinem Reich mit mir an einem Tisch essen und trinken“ (Lk 22,28ff). Aber wo? „In meinem Reich“, sagt er. Selig ist wahrhaftig, wer im Reich Gottes das Brot essen wird. Geheiligt werde so dein Name, Herr, durch den du inzwischen in uns - wie auch immer - bist und durch den Glauben in den Herzen wohnst, denn dein Name ist bereits über uns angerufen. „Dein Reich komme!“ (Mt 6,10) Ja, es komme das Vollkommene, und das Stückwerk nehme ein Ende. Jetzt „habt ihr“, spricht der Apostel, „einen Gewinn, der zu eurer Heiligung führt und das ewige Leben bringt“ (Röm 6,22). Das ewige Leben ist der nie versiegende Quell, der das ganze Paradies bewässert und nicht nur bewässert, sondern reichlich tränkt; die Quelle der Gärten, der Brunnen lebendigen Wassers, das mächtig herabfließt (Hld 4,15), und „die Wasser eines Stromes erquicken die Gottesstadt“ (Ps 46,5). Wer aber ist dieser Quell des Lebens, wenn nicht Christus, der Herr? „Wenn Christus, unser Leben, offenbar wird, dann werdet ihr mit ihm offenbar werden in Herrlichkeit“ (Kol 3,4), sagt der Apostel. Wahrhaftig, die Fülle selbst hat sich ausgeleert, damit sie uns zur Gerechtigkeit, zur Heiligung und zur Vergebung werde, weil das Leben, die Herrlichkeit und Seligkeit noch nicht offenbar war. Vigilien in Heiligenkreuz 107 Die Quelle wurde bis zu uns abgeleitet, die Wasser abgeleitet in den Straßen; ein Fremder vermag aus ihnen nicht zu trinken. Durch eine Wasserleitung wurde jene himmlische Wasserader herabgeführt, die zwar den Reichtum der Quelle nicht bietet, aber Tropfen der Gnade unseren trockenen Herzen einflößt, den einen mehr, den anderen weniger. Gewiss ist die Wasserleitung voll, damit auch die andern von der Fülle empfangen, nicht aber die Fülle selbst. Ihr habt bereits bemerkt, wenn ich mich nicht täusche, wen ich mit dieser Wasserleitung meine, wer die Fülle der Quelle selbst aus dem Herzen des Vaters empfangen hat und uns davon mitteilt, zwar nicht im vollen Ausmaß, wie sie ist, aber doch soweit wir davon aufnehmen können. Ihr wisst ja, zu wem gesagt worden ist: „Sei gegrüßt, du Begnadete“ (Lk 1,28). Oder wundern wir uns, dass eine solche und so große Wasserleitung gefunden werden konnte, deren oberes Ende ganz nach Art jener Treppe, die der Patriarch Jakob sah (Gen 28,12), bis zum Himmel reicht, ja den Himmel sogar übersteigt und jenen lebendigen Wasserquell, der über dem Himmel ist, erreichen kann (Gen 1,7f)? Ohne Zweifel haben deshalb so lange Zeit hindurch dem Menschengeschlecht die Gnadenströmungen gefehlt, weil jene ersehnte Wasserleitung - von der wir eben sprechen - sie noch nicht vermittelte. RESPONSORIUM R: Lasset uns preisen die selige Jungfrau Maria, * denn aus ihr ging hervor die Sonne der Gerechtigkeit: Christus, unser Gott. V: Du bist gebenedeit unter den Frauen, * denn aus dir ging hervor die Sonne der Gerechtigkeit: Christus, unser Gott. 3 ZWEITE LESUNG Bernhard von Clairvaux († 1153), Aus einem Sermo zum Pfingstfest Christus setzte dort zuerst das Heilmittel der Erlösung an, wo die erste Verwundung geschah: Er stieg seinem Wesen nach in den Schoß der Jungfrau, vom Heiligen Geist empfangen, um unsere Empfängnis zu reinigen, die der böse Geist zwar nicht bewirkte, aber doch irgendwie mitbewirkt hat. Damit das Leben des Gottessohnes auch im Mutterleib nicht untätig sei, heilte der Sohn Gottes wäh- 108 Sonderlesungen zu den rend der neun Monate die alte Wunde, indem er sozusagen die eiternde Fäulnis im tiefsten Grund aufsuchte, damit ewige Gesundheit folge. Schon damals bewirkte Christus unser Heil in der Mitte der Erde (Ps 73,12), das ist im Schoße der Jungfrau Maria, die wegen ihrer wunderbaren Eigentümlichkeit die Mitte der Erde genannt wird. Denn auf Maria, den Mittelpunkt, die Arche Gottes, die Ursache der Dinge, das Interesse aller Zeiten, blicken die Bewohner des Himmels und die Bewohner im Reich des Todes, unsere Vorfahren, wir und jene, die nach uns kommen, deren Kindeskinder und deren Nachkommen: jene im Himmel, damit sie [durch die Auferstehung des Fleisches] vollendet werden, und die im Reich des Todes, damit sie errettet werden; die Vorfahren, weil die Propheten als wahr befunden werden (Sir 36,18); die Nachkommen, damit sie zur Herrlichkeit gelangen. Ja, selig werden dich preisen alle Geschlechter (Lk 1,48), Gottesgebärerin, Herrin der Welt, Königin des Himmels! Alle Geschlechter sage ich! Es gibt nämlich Geschlechter des Himmels und der Erde. Der Vater der Geister ist es, sagt der Apostel, „nach dessen Namen jedes Geschlecht im Himmel und auf Erden benannt wird“ (Eph 3,15). Deshalb werden dich also selig preisen alle Geschlechter, weil du allen Geschlechtern das Leben und die Herrlichkeit geboren hast. In dir finden die Engel Freude, die Gerechten Gnade, die Sünder Verzeihung auf ewig. Mit Recht blicken auf dich die Augen der ganzen Schöpfung; denn in dir, durch dich und aus dir hat die gütige Hand des Allmächtigen alles Geschaffene erneuert. RESPONSORIUM R: Heilige und makellose Jungfrau Maria, ich weiß nicht, wie ich dich loben soll. * Ihn, den die Himmel nicht fassen können, hast du in deinem Schoß getragen. V: Selig werden dich preisen alle Geschlechter: Gottesgebärerin, Herrin der Welt, Königin des Himmels! * Ihn, den die Himmel nicht fassen können, hast du in deinem Schoß getragen. Vigilien in Heiligenkreuz 109 4 ZWEITE LESUNG Bernhard von Clairvaux († 1153), Aus dem Sermo „De Aquaeductu“ zum Fest Mariä Geburt So „weidet er also unter Lilien“, bis der Tag anbricht und auf die Anmut der Blüten der Früchte Überfülle folgt. Einstweilen ist nämlich die Zeit der Blüten, nicht der Früchte, da wir mehr in der Hoffnung als in der Erfüllung leben, im Glauben, nicht in der Anschauung wandeln und mehr der Erwartung als der Erfahrung uns erfreuen. Betrachte auch die Zartheit der Blume und gedenke des Apostelwortes: „Diesen Schatz tragen wir in irdenen Gefäßen“ (2 Kor 4,7). Denn wie viele Gefahren drohen den Blüten! Wie leicht wird die Lilie von spitzen Dornen durchbohrt! Mit Recht singt also der Geliebte: „Eine Lilie unter Disteln ist meine Freundin unter den Mädchen“ (Hld 2,2). Oder war er nicht eine Lilie unter den Dornen, der sprach: „Mit denen, die den Frieden hassen, bin ich friedlich?“ (Ps 119,7) Wenn auch der Gerechte wie eine Lilie blüht, so weidet der Bräutigam doch nicht bei einer Lilie, noch hat er an einem Sonderling Gefallen. Höre ihn, der unter Lilien weilt: „Denn wo zwei oder drei“, sagt er, „in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen“ (Mt 18,20). Jesus liebt stets die offene Mitte! Schlupfwinkel und Schleichwege verabscheut der Menschensohn, der Mittler zwischen Gott und den Menschen. „Der Geliebte ist mein, und ich bin sein; er weidet in den Lilien.“ Trachten wir, Lilien zu besitzen, Brüder! Beeilen wir uns, die Disteln und Dornen auszurotten und Lilien zu pflanzen, damit der Geliebte auch zu uns sich herablasse, um unter uns zu weiden. Gewiss, bei Maria weidet er gerne, und zwar häufig, weil erstaunlich die Menge ihrer Lilien ist. Oder sind das keine Lilien: die Zierde der Jungfräulichkeit, die außerordentliche Demut, die alles Maß übersteigende Liebe? Aber auch wir werden Lilien besitzen, wenn auch minder edle! Doch auch unter diesen wird der Bräutigam zu weiden nicht verschmähen, vorausgesetzt, dass jene schon erwähnten Danksagungen von freudiger Andacht bestrahlt werden, das Gebet durch die Reinheit der Absicht geläutert und das Gewissen durch die Nachlassung in der Beichte gereinigt wird, wie geschrieben steht: „Wären eure Sünden auch rot wie Scharlach, sie sollen weiß werden wie Schnee. Wären sie rot wie Purpur, sie sollen weiß werden wie Wolle“ (Jes 1,18). 110 Sonderlesungen zu den Übrigens, was immer es sein mag, was du darzubringen bereit bist, vergiss nicht, es Maria anzuempfehlen, damit die Gnade durch dieselbe Leitung zu ihrem Spender zurückkehre, durch die sie dir zugeflossen ist. Gott wäre es zwar nicht unmöglich gewesen, auch ohne diese Wasserleitung die Gnade auszugießen, je nachdem er wollte; aber er wollte dir ein Mittel verschaffen. Denn vielleicht sind deine Hände voll Blut oder durch Bestechung befleckt, weil du sie nicht ganz von Geschäftigkeit freigehalten hast. Darum suche das bescheidene Opfer, das du zu bringen wünschst, durch jene so angenehmen und aller Annahme würdigen Hände Mariens darzubringen, wenn du nicht abgewiesen werden willst. Denn gar bewundernswert reine Lilien sind sie, und jener Liebhaber der Lilien wird sich nicht beklagen, dass nicht unter den Lilien gefunden wurde, was immer er in den Händen Mariens findet. RESPONSORIUM R: Alles an dir ist schön, kein Makel haftet dir an. * Komm mit mir, meine Braut, vom Libanon komm du mit mir! V: Der Geliebte ist mein, und ich bin sein; er weidet in den Lilien. * Komm mit mir, meine Braut, vom Libanon komm du mit mir! 5 ZWEITE LESUNG Bernhard von Clairvaux († 1153), Aus einem Sermo zum Lobe der jungfräulichen Gottesmutter Es gibt noch etwas Größeres, was du an Maria zu bewundern hast: die Verbindung der Fruchtbarkeit mit der Jungfrauschaft. Bisher war es nie gehört worden, dass jemand Mutter und Jungfrau zugleich wäre. Und wenn du noch dazu betrachtest, wessen Mutter sie ist: wohin wird dann deine Bewunderung dieser ihrer wunderbaren Hoheit führen? Doch nur zur Einsicht, dass du sie nicht genug bewundern kannst? Wird nicht nach deinem Urteil oder vielmehr nach dem der Wahrheit sie selbst, die Gott zum Sohn hat, auch über alle Chöre der Engel erhöht werden? Oder nennt nicht Maria den Gott und Herrn der Engel kühn ihren Sohn, indem sie spricht: „Kind, warum hast du uns das angetan?“ (Lk 2,48). Wer von den Engeln wagte dies? Es genügt ihnen, und sie halten es für eine große Wohltat, dass sie, die ihrer Natur nach geistig sind, aus Gnade geschaffen sind und Engel Vigilien in Heiligenkreuz 111 genannt werden. Maria aber nennt, da sie sich als Mutter bekennt, jene Majestät, der die Engel mit Ehrfurcht dienen, mit Vertrauen ihren Sohn. Und auch Gott scheut sich nicht, das genannt zu werden, was zu sein er sich herabwürdigte. Denn bald darauf fügt der Evangelist hinzu: „und er war ihnen gehorsam“ (Lk 2,51). Wer, wem? Gott den Menschen; Gott, sage ich, dem die Engel untertan sind, dem die Engelfürsten und Mächte gehorchen, er war Maria untertan; und nicht nur Maria, sondern Mariens wegen auch Josef. Bewundere also beides und siehe zu, was du mehr bewundern sollst, die gütigste Herablassung des Sohnes oder die höchste Würde der Mutter. Beides ist staunenswert, beides ein Wunder. Dass Gott einer Frau gehorcht, ist beispiellose Demut; dass eine Frau Gott gebietet, unvergleichliche Hoheit. Im Loblied der Jungfrauen wird besonders gerühmt, dass sie dem Lamm folgen, wohin es geht (Offb 14,4). Welchen Lobes ist wohl jene würdig, die ihm sogar vorausgeht? Mensch, lerne gehorchen; Erde, lerne untertan sein; Staub, lerne dich demütigen. Von deinem Schöpfer spricht der Evangelist: „und er war ihnen gehorsam“, ohne Zweifel Maria und Josef. Erröte, du stolze Asche! Gott erniedrigt sich, und du erhebst dich? Gott unterwirft sich den Menschen, und du willst über die Menschen herrschen und so dich Gott vorziehen? Wenn ich je so denken sollte, möchte mir doch Gott antworten, was er auch seinem Apostel zurechtweisend antwortete: „Weg mit dir, Satan! Denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen!“ (Mt 16,23). Denn sooft ich den Menschen zu gebieten wünsche, so oft verlange ich Gott vorauszugehen, und dann denke ich wahrhaftig nicht an das, was Gottes ist (Lk 2,49). Denn von ihm steht geschrieben: „und er war ihnen gehorsam.“ Mensch, wenn du es unter deiner Würde hältst, das Beispiel eines Menschen nachzuahmen, so wird es gewiss deiner nicht unwürdig sein, deinem Schöpfer nachzufolgen. Wenn du ihm vielleicht nicht nachfolgen kannst, wohin immer er geht, so folge ihm wenigstens, wohin er sich zu dir herablässt. Das heißt: wenn du den erhabenen Weg der Jungfräulichkeit nicht zu gehen vermagst, so folge wenigstens Gott auf dem sichersten Weg der Demut. RESPONSORIUM R: Selig bist du, Jungfrau Maria; du hast den Herrn getragen, den Erlöser der Welt. * Du hast den geboren, der dich schuf, und bleibst doch Jungfrau in Ewigkeit. V: Jesus kehrte mit Maria und Josef nach Nazaret zurück und war ihnen gehorsam. * Du hast den geboren, der dich schuf, und bleibst doch Jungfrau in Ewigkeit. 112 Sonderlesungen zu den 6 ZWEITE LESUNG Bernhard von Clairvaux († 1153), Aus einem Sermo zum Lobe der jungfräulichen Gottesmutter Der Engel Gabriel wurde also von Gott in jene Stadt gesandt. Zu wem? - Zu einer Jungfrau, die mit einem Mann verlobt war, der Josef hieß (Lk 1,27). Wer ist diese so ehrwürdige Jungfrau, dass sie von einem Engel begrüßt wird, die eine solche Demut hat, dass sie mit einem Zimmermann verlobt ist? Eine wahrhaft schöne Verbindung von Jungfräulichkeit und Demut. Wie muss Gott diese Seele gefallen, in der die Demut die Jungfräulichkeit empfiehlt und die Jungfräulichkeit die Demut schmückt. Welcher Verehrung ist sie würdig, in der die Demut von der Fruchtbarkeit erhöht und die Geburt durch die Jungfräulichkeit geheiligt wird? Du hörst, dass sie Jungfrau ist; du hörst, dass sie demütig ist. Wenn du nicht die Jungfräulichkeit der Demütigen nachahmen kannst, so ahme wenigstens die Demut der Jungfrau nach. Eine lobenswerte Tugend ist die Jungfräulichkeit, aber weit notwendiger ist die Demut. Jene wird geraten, diese befohlen. Zu jener wirst du eingeladen, zu dieser bist du verpflichtet. Von jener heißt es: „Wer das begreifen kann, der begreife es“ (Mt 19,12), von dieser aber: „Wenn ihr nicht umkehrt und wie die Kinder werdet, könnt ihr nicht in das Himmelreich kommen“ (Mt 18,3). Die Jungfräulichkeit wird also belohnt, die Demut gefordert. Du kannst schließlich ohne Jungfräulichkeit gerettet werden, nicht aber ohne Demut. Es kann, sage ich, die Demut gefallen, die den Verlust der Jungfräulichkeit beweint; aber ohne Demut hätte - ich wage es zu sagen - nicht einmal die Jungfräulichkeit Marias Gott gefallen. Auf wem, spricht der Herr, wird mein Geist ruhen außer auf dem Demütigen und Ruhigen? Auf dem Demütigen, spricht er, nicht: auf dem Jungfräulichen! Wäre daher Maria nicht demütig gewesen, so hätte der Heilige Geist nicht auf ihr geruht. Hätte aber dieser auf ihr nicht geruht, so hätte sie auch nicht empfangen. Denn wie hätte sie ohne ihn von ihm empfangen sollen? Es ist also offenbar, damit sie vom Heiligen Geist empfinge, wie sie selbst sagt, hat Gott mehr auf die Demut seiner Magd geschaut (Lk 1,48) als auf ihre Jungfräulichkeit. Und wenn sie auch infolge ihrer Jungfräulichkeit Gott gefiel, so hat sie dennoch nur infolge ihrer Demut empfangen. Ohne Zweifel hat also die Demut bewirkt, dass auch ihre Jungfräulichkeit gefiel. Vigilien in Heiligenkreuz 113 Was sagst du dazu, Hochmütiger, der du die Jungfräulichkeit hältst? Maria übergeht die Jungfräulichkeit und lobpreist die Demut, und du missachtest die Demut und rühmst dich der Jungfräulichkeit? Sie sagt: „Denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut“ (Lk 1,48). Wer ist jene? Die Jungfrau, ganz gewiss, die heilige, die enthaltsame Jungfrau, die demütige Jungfrau. Bist du etwa keuscher als sie? Bist du demütiger als sie? RESPONSORIUM R: Der Engel Gabriel wurde zu der Jungfrau Maria gesandt; die Jungfrau erschrak über das Licht: Fürchte dich nicht, Maria; denn du hast vor Gott Gnade gefunden. * Du wirst empfangen und einen Sohn gebären. Er wird der Sohn des Höchsten genannt werden. V: Sei gegrüßt, du Begnadete, der Herr ist mit dir. * Du wirst empfangen und einen Sohn gebären. Er wird der Sohn des Höchsten genannt werden. 7 ZWEITE LESUNG Bernhard von Clairvaux († 1153), Aus dem Sermo „De Aquaeductu“ zum Fest Mariä Geburt Verehren wir doch Maria im innersten Herzen mit aller Liebe und Andacht, weil dies der Wunsch dessen ist, der wollte, dass wir alles durch Maria haben. Dies ist sein Wille, nur zu unserem Vorteil. Denn in allem und durch alles sorgt sie für die Unglücklichen, tröstet unsere Verzagtheit, erweckt den Glauben, stärkt die Hoffnung, vertreibt das Misstrauen und richtet die Schüchternheit wieder auf! Du scheutest dich, dem Vater zu nahen; allein schon beim Hören seiner Stimme verbargst du dich wie die ersten Menschen nach dem Sündenfall (Gen 3,7f)! Maria hat dir Jesus zum Mittler gegeben! Was sollte bei einem solchen Vater ein solcher Sohn nicht erreichen? Gewiss, ob seiner Ehrfurcht wird er erhört werden: „Denn der Vater liebt den Sohn“ (Hebr 5,7). Oder fürchtest du dich auch, ihr zu nahen? Dein Bruder und dein Fleisch ist er, der in allem versucht worden ist, aber nicht gesündigt hat (Hebr 4,15), damit er barmherzig würde (Hebr 2,17). Diesen Bruder hat Maria dir gegeben. Doch vielleicht fürchtest du auch in ihm noch die göttliche Majestät, weil er dennoch Gott geblieben, wenn auch Mensch geworden ist. Willst du auch bei ihm 114 Sonderlesungen zu den einen Fürsprecher haben? Wende dich an Maria. Denn die reine Menschheit ist in Maria, nicht bloß rein von allem Makel, sondern auch rein durch die Einzigartigkeit der Natur. Aber ohne Bedenken sage ich, dass auch sie wegen ihrer Ehrfurcht Erhörung findet. Gewiss wird der Sohn die Mutter erhören, und der Vater erhört den Sohn. Kinder, sie ist die Treppe der Sünder, sie ist meine größte Zuversicht, sie ist die ganze Grundlage meiner Hoffnung. Wie? Kann der Sohn zurückweisen oder selbst eine Zurückweisung erfahren? Ist es möglich, dass der Sohn nicht erhört oder nicht erhört wird? Nein, beides ist unmöglich. „Du hast“, spricht der Engel, „vor Gott Gnade gefunden“ (Lk 1,30). Welch ein Segen! Stets wird sie Gnade finden, und wir bedürfen allein doch nur der Gnade. Die kluge Jungfrau erbat sich nicht Weisheit wie Salomo, nicht Reichtümer, nicht Ehren, nicht Macht, sondern Gnade. Kein Wunder, denn durch die Gnade allein werden wir gerettet. Was verlangen wir nach Hohem, Brüder? Suchen wir die Gnade, und suchen wir sie durch Maria, denn sie findet, was sie sucht (Mt 7,7) und kann nicht getäuscht werden. Suchen wir Gnade, aber Gnade bei Gott, denn bei den Menschen ist die Gnade trügerisch. Mögen andere Verdienste suchen, wir trachten Gnade zu finden. Wie? Ist es nicht Gnade, dass wir hier sind? Wahrhaftig, „es ist die Barmherzigkeit, dass wir noch nicht vernichtet sind.“ (Klgl 3,22) Was sind wir Menschen? Meineidige Ehebrecher, Mörder, Räuber, der Auswurf dieser Welt! Fragt euer Gewissen, Brüder, und seht, „wo jedoch die Sünde mächtig wurde, da ist die Gnade übergroß geworden“ (Röm 5,20). Maria beruft sich auf keinen Verdienst, sie sucht Gnade. Schließlich vertraut sie nur auf die Gnade und strebt so wenig nach Höherem, dass sie beim Gruß des Engels erschrak „und überlegte, was dieser Gruß zu bedeuten habe“ (Lk 1,29); denn Maria hielt sich des Engelsgrußes für unwürdig. Und vielleicht dachte sie etwa: „Wer bin ich, dass der Engel meines Herrn zu mir kommt?“ - „Fürchte dich nicht, Maria“; wundere dich nicht, dass ein Engel kommt: einer, der noch größer als ein Engel ist, kommt. Wundere dich nicht über den Engel des Herrn: ist ja der Herr des Engels mit dir. Warum aber solltest du nicht einen Engel sehen, da du doch bereits engelhaft lebst? Warum sollte ein Engel nicht jene besuchen, die wie ein Engel lebt? Warum sollte er nicht einen „Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes“ (Eph 2,19) begrüßen? Sicher ist die Jungfräulichkeit ein engelhaftes Leben, und die nicht heiraten noch verheiratet werden, werden wie die Engel Gottes sein. Vigilien in Heiligenkreuz 115 RESPONSORIUM R: Wie schön und herrlich ist die Jungfrau Maria! Unter den Chören der Engel und Heiligen leuchtet sie wie die Sonne. * Die Engel freuen sich, die Erzengel jubeln über die Jungfrau Maria. V: Suchen wir die Gnade, und suchen wir sie durch Maria! * Die Engel freuen sich, die Erzengel jubeln über die Jungfrau Maria. 8 ZWEITE LESUNG Bernhard von Clairvaux († 1153), Aus dem Sermo am Oktavtag von Mariä Himmelfahrt Meinst du nicht, dass Maria die mit der Sonne umgebene Frau ist? Gewiss verweist der Zusammenhang der prophetischen Sicht, dies von der gegenwärtigen Kirche zu verstehen; aber man kann dies auch zutreffend von Maria sagen: denn sie hat sich gleichsam mit einer anderen Sonne umgeben. Wie die geschaffene Sonne in gleicher Weise über Gute und Böse aufgeht, so sieht auch sie nicht auf frühere Verdienste, sondern erweist sich gegen alle einsichtsvoll, überaus gütig, und hat in weitherziger Liebe Erbarmen mit den Nöten aller. Sie ist über alle Mängel erhaben, und was immer gebrechlich oder verdorben ist, überragt sie einzigartig in hervorragendster Erhabenheit und übertrifft alle Kreatur, sodass mit Recht gesagt wird, dass unter ihren Füßen der Mond sei (Offb 12,1). Andererseits würden wir nichts Besonderes gesagt haben, wäre bloß der geschaffene Mond unter ihren Füßen, die ohne jedweden Zweifel über alle Chöre der Engel, über Kerubim und Seraphim erhöht ist. Der Mond bezeichnet gewöhnlich nicht bloß den Fehler der Verdorbenheit, sondern ebenso der törichten Gesinnung und bisweilen auch die Kirche dieser Zeit; ersteres wegen seiner Veränderlichkeit, letzteres jedenfalls wegen des anderswoher entlehnten Glanzes! In jedem Sinn aber wird sozusagen der Mond überaus passend zu Füßen Mariens verstanden, wenn auch auf verschiedene Weise, denn „ein heiliger Mensch bleibt in der Weisheit wie die Sonne, aber ein Tor ist veränderlich wie der Mond“ (Sir 27,12). In der Sonne ist nämlich sowohl die Glut als der Glanz beständig, im Mond ist nur der Glanz, und auch dieser ist unentwegt veränderlich und unsicher, weil er niemals im gleichen Zustand bleibt. Mit Recht 116 Sonderlesungen zu den wird daher Maria als mit der Sonne umgeben dargestellt, da sie die gewaltige, unermessliche Tiefe der göttlichen Weisheit weiter durchdrungen hat, als man zu glauben vermag; sodass sie - soweit dies die Natur des Geschöpfes ohne persönliche Vereinigung zulässt - in jenes unzugängliche Licht eingetaucht erscheint. Mit diesem Feuer wurden zwar die Lippen des Propheten (Jes 6,6) gereinigt, von diesem Feuer sind auch die Seraphim entflammt; aber weit anders verdiente Maria, nicht bloß kurz davon berührt, sondern vielmehr davon bedeckt und umflossen, ja gleichsam vom Feuer selbst eingeschlossen zu werden. Höchst rein, fürwahr, aber auch ganz glühend ist das Kleid dieser Frau, an der alles so herrlich strahlt, dass man an ihr - ich will nur sagen - nichts Finsteres oder auch nur etwas ein wenig Dunkles oder minder Lichtes, ja nicht einmal etwas Laues oder nicht ganz Glühendes annehmen darf. RESPONSORIUM R: Wer ist es, die da aufsteigt wie die Morgenröte: * schön wie der Mond, leuchtend wie die Sonne, furchtbar wie ein Heer in Schlachtbereitschaft? V: Ein großes Zeichen erschien am Himmel: * Schön wie der Mond, leuchtend wie die Sonne, furchtbar wie ein Heer in Schlachtbereitschaft. Vigilien in Heiligenkreuz 117 Inhalt: 12. Jänner HL. AELRED VON RIEVAULX......................................................................4 15. Jänner HLL. MAURUS UND PLACIDUS...................................................................5 22. Jänner SEL. LADISLAUS BATTHYÁNY-STRATTMANN ......................................6 26. Jänner HLL. VÄTER ROBERT, ALBERICH UND STEPHAN ................................8 27. Jänner HLL. TIMOTHEUS UND TITUS...................................................................11 31. Jänner KIRCHWEIHE DER ABTEIKIRCHE UNSERER LIEBEN FRAU VON HEILIGENKREUZ.................................................................12 14. Februar HLL. CYRILL UND METHOD....................................................................15 15. März HL. KLEMENS MARIA HOFBAUER.............................................................16 21. März HEIMGANG UNSERES HL. VATERS BENEDIKT ......................................17 23. April KIRCHWEIHE DER METROPOLITANKIRCHE DES HL. STEPHANUS ZU WIEN .................................................................19 29. April HL. KATHARINA VON SIENA ......................................................................22 3. Mai HLL. PHILIPPUS UND JAKOBUS......................................................................25 11. Mai HLL. ÄBTE VON CLUNY .................................................................................26 13. Mai UNSERE LIEBE FRAU VON FATIMA ............................................................28 15. Mai HL. PACHOMIUS...............................................................................................30 21. Mai SEL. FRANZ JÄGERSTÄTTER.........................................................................32 25. Mai HL. BEDA VENERABILIS ................................................................................33 1. Juni HL. JUSTINUS......................................................................................................35 16. Juni HL. LUDGARD...................................................................................................36 3. Juli HL. THOMAS ........................................................................................................38 8. Juli HL. EUGEN III.......................................................................................................39 11. Juli HL. BENEDIKT VON NURSIA..........................................................................40 23. Juli HL. BIRGITTA VON SCHWEDEN....................................................................43 25. Juli HL. JAKOBUS .....................................................................................................47 3. August HL. ALTMANN ...............................................................................................48 9. August HL. THERESIA BENEDICTA A CRUCE EDITH STEIN............................49 12. August DORNENKRONE CHRISTI..........................................................................54 19. August HL. GUERRICUS VON IGNY ......................................................................56 20. August HL. BERNHARD VON CLAIRVAUX .........................................................58 24. August HL. BARTHOLOMÄUS ................................................................................59 30. August HLL. GUARINUS UND AMADEUS............................................................60 5. September SEL. MUTTER TERESA VON CALCUTTA ...........................................61 7. September SEL. OTTO VON FREISING.....................................................................63 11. September HL. PETRUS VON TARANTAISE .........................................................66 12. September MARIA NAMEN ......................................................................................68 118 Sonderlesungen zu den 18. September JAHRESGEDÄCHTNIS DER VERSTORBENEN BRÜDER, VERWANDTEN UND WOHLTÄTER UNSERES ORDENS .......................................................................................... 69 23. September HL. PATER PIO VON PIETRELCINA ................................................... 72 13. Oktober HL. KOLOMAN ........................................................................................... 74 21. Oktober SEL. KAISER KARL I. VON ÖSTERREICH............................................. 75 28. Oktober HLL. SIMON UND JUDAS ......................................................................... 77 29. Oktober SEL. SCHWESTER RESTITUTA KAFKA ................................................ 79 2. November ALLERSEELEN ......................................................................................... 80 9. November KIRCHWEIHE DER LATERANBASILIKA ............................................ 82 11. November HL. MARTIN VON TOURS .................................................................... 83 13. November ALLERHEILIGEN UNSERES ORDENS................................................ 85 14. November ALLERSEELEN UNSERES ORDENS.................................................... 88 15. November HL. MARKGRAF LEOPOLD III............................................................. 91 16. November HL. ALBERT DER GROSSE................................................................... 95 20. November HL. MECHTHILD VON HACKEBORN................................................. 96 24. November HL. ANDREAS DUN-LHAC UND DIE MÄRTYRER VON VIETNAM........................................................................................ 97 26. November HL. KOLUMBAN VON LUXEUIL......................................................... 99 12. Dezember HL. HARTMANN ................................................................................... 100 TOTENOFFICIUM Officium defunctorum.................................................................... 102 MARIENSAMSTAGE.................................................................................................... 105 1 ........................................................................................................ 105 2 ........................................................................................................ 106 3 ........................................................................................................ 107 4 ........................................................................................................ 109 5 ........................................................................................................ 110 6 ........................................................................................................ 112 7 ........................................................................................................ 113 8 ........................................................................................................ 115