Betreuungsrecht
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Betreuungsrecht
Michael Herzog 2011 09 Sozialamt 1 Grundzüge des Betreuungsrechts • Kein Volljähriger wird mehr entmündigt (Vormundschaft und Pflegschaft sind abgeschafft). Stattdessen wird vom Betreuungsgericht eine Betreuung angeordnet. • Eine Betreuung ist flexibel zugeschnitten und wird ob ihrer Erforderlichkeit regelmäßig überprüft. Michael Herzog 2011 09 Sozialamt 2 Grundzüge des Betreuungsrechts • In die Grundrechte des Betreuten soll nur soweit als unumgänglich eingegriffen werden. • Wünsche des Betreuten sind zu beachten und gehen den Auffassungen des Betreuers vor. Michael Herzog 2011 09 Sozialamt 3 Grundzüge des Betreuungsrechts • Die Anordnung einer Betreuung hat keinen Einfluss auf die Geschäftsfähigkeit des Betreuten. • Bei erheblicher Selbstschädigung kann vom Betreuungsgericht ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet werden; mit Auswirkungen ähnlich der beschränkten Geschäftsfähigkeit. Michael Herzog 2011 09 Sozialamt 4 Grundzüge des Betreuungsrechts • Die Bedeutung der Personensorge ist im Betreuungsgesetz besonders hervorgehoben. Bei Heilbehandlung, Wohnungsauflösung und Sterilisation sind im Betreuungsgesetz konkrete Regelungen und Rechtsgarantien enthalten. • Betreute sind vom Wahlrecht in der Regel nicht ausgeschlossen. Michael Herzog 2011 09 Sozialamt 5 Grundzüge des Betreuungsrechts • Eheschließung und die Abfassung eines Testamentes sind auch für Betreute zulässig. Michael Herzog 2011 09 Sozialamt 6 Systematik des Betreuungsgesetzes • Das Betreuungsgesetz ist ein Artikelgesetz; diese Artikel sind Teile anderer Gesetze, insbesondere im - Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) - Gesetz über die Angelegenheiten in Familiensachen und der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG – seit 01.09.2009) Michael Herzog 2011 09 Sozialamt 7 Systematik des Betreuungsgesetzes • Nur das Betreuungsbehördengesetz (BtBG) ist als eigenständiges Gesetz im Betreuungsgesetz enthalten. • Mit dem am 01.07.2005 in Kraft getretenen 2. Betreuungsrechtsänderungsgesetz (BtÄndG) kam als eigenständiges Gesetz das Vormünderund Betreuervergütungsgesetz (VBVG) dazu. Michael Herzog 2011 09 Sozialamt 8 Systematik des Betreuungsgesetzes • Der materielle Schwerpunkt des Betreuungsgesetzes liegt im BGB; vor allem im familienrechtlichen, aber auch im allgemeinen Teil. • Im FamFG ist das Betreuungsverfahren geregelt – zum Beispiel die Anordnung, Verlängerung, Aufhebung, Änderung. Michael Herzog 2011 09 Sozialamt 9 Systematik des Betreuungsgesetzes • Das Verfahren zur geschlossenen Unterbringung ist ebenfalls im FamFG konkretisiert. Es gilt auch für die Unterbringung Minderjähriger sowie für die Unterbringungen psychisch Kranker aufgrund des Unterbringungsgesetzes des Landes (UBG) und für sonstige freiheitsentziehende Maßnahmen. Michael Herzog 2011 09 Sozialamt 10 Voraussetzungen einer Betreuung (§ 1896 BGB) • Das Betreuungsgericht kann einen Betreuer bestellen, wenn: Michael Herzog 2011 09 Sozialamt 11 Voraussetzungen einer Betreuung (§ 1896 BGB) - eine psychische Krankheit oder körperliche, geistige oder seelische Behinderung vorliegt und Michael Herzog 2011 09 Sozialamt 12 Voraussetzungen der Betreuung (§ 1896 BGB) - diese dazu führt, dass der Betroffene seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen kann und Michael Herzog 2011 09 Sozialamt 13 Voraussetzungen der Betreuung (§ 1896 BGB) - diese Angelegenheiten durch einen Bevollmächtigten oder durch andere Hilfen nicht genauso gut besorgt werden können. Michael Herzog 2011 09 Sozialamt 14 Voraussetzungen einer Betreuung (§ 1896 BGB) • Gegen den freien Willen des Volljährigen darf ein Betreuer nicht bestellt werden. • Ein Betreuer darf nur für diejenigen Aufgabenkreise bestellt werden, in denen der Betroffene der Betreuung bedarf. Michael Herzog 2011 09 Sozialamt 15 Voraussetzungen einer Betreuung (§ 1896 BGB) • Die Anregung für eine Betreuung kann von jedem gegeben werden. • Ein Antrag für die Bestellung eines Betreuers kann auch vom Betroffenen selbst gestellt werden. • Bei Körperbehinderten darf ein Betreuer nur auf Antrag des Betroffenen bestellt werden. Michael Herzog 2011 09 Sozialamt 16 Vermögenssorge • Verwaltung des Vermögens des Betreuten. • Regelung aller finanziellen Angelegenheiten und Verpflichtungen des Betreuten. • Abrechnung des Vermögens. Michael Herzog 2011 09 Sozialamt 17 Vermögenssorge • Verwaltung von Konten, Liegenschaften etc. • Verwaltung aller Einkünfte und Ausgaben. • Beantragung und Verwaltung von Sozialleistungen. • Realisierung von finanziellen Vergünstigungen. • Schuldenregulierung. Michael Herzog 2011 09 Sozialamt 18 Vermögenssorge • Regelung von Erbschafts-, Steuer- und Versicherungsangelegenheiten. • Kündigung oder Abschluss von Verträgen. • Auszahlung von Geldbeträgen an den Betreuten. • Erstellung von Vermögensverzeichnissen, Rechnungslegungen usw. Michael Herzog 2011 09 Sozialamt 19 Vermögenssorge • Das Vermögen des Betreuten darf der Betreuer weder für sich noch für jemand Anderen verwenden (§ 1805 BGB). • Das Vermögen des Betreuten muss getrennt sein vom Vermögen des Betreuers. Michael Herzog 2011 09 Sozialamt 20 Vermögenssorge • Schenkungen in Vertretung seines Betreuten sind dem Betreuer verwehrt (§1804 BGB); mit Ausnahme, dass der Betreute dies ausdrücklich wünscht. • Anlagegelder sind verzinslich und mündelsicher anzulegen (§§ 1806, 1807 BGB). Michael Herzog 2011 09 Sozialamt 21 Vermögenssorge • Verfügungsgelder auf dem Girokonto dürfen nur in der Höhe dort belassen werden, in der sie tatsächlich zur Bestreitung regelmäßiger Ausgaben erforderlich sind (§ 1806 BGB). Michael Herzog 2011 09 Sozialamt 22 Vermögenssorge • Bei dem gesamten Geldvermögen (den Sparkonten, Wertpapieren usw.) muss ein sog. Mündelsperrvermerk eingetragen werden, wonach Verfügungen nur mit Zustimmung des Betreuungsgerichts möglich sind (§ 1809 BGB). Michael Herzog 2011 09 Sozialamt 23 Vermögenssorge • Im Bereich der Vermögensverwaltung sind vom Betreuer betreuungsgerichtliche Genehmigungsvorbehalte zu beachten. • Ausschlüsse der Vertretungsmacht sind vom Betreuer zu beachten (§§ 181, 1795 BGB). Michael Herzog 2011 09 Sozialamt 24 Vermögenssorge • Gemäß § 1908 i (2) Satz 2 ist der Vater, die Mutter, der Ehegatte oder ein Abkömmling von der Rechnungslegung, der Eintragung von Mündelsperrvermerken und einigen betreuungsgerichtlichen Genehmigungen befreit, sofern das Betreuungsgericht nichts anderes anordnet. Michael Herzog 2011 09 Sozialamt 25 Vermögenssorge • Das Betreuungsgericht kann den Betreuer auf dessen Antrag von Verpflichtungen (z.B. verzinsliche Anlage, Eintragung von Mündelsperrvermerken, Genehmigung der Geldanlage) befreien, wenn der Umfang der Vermögensverwaltung dies rechtfertigt (Vermögen unter 6.000 Euro) oder eine Gefährdung des Vermögens nicht zu besorgen ist (§ 1817 BGB). Michael Herzog 2011 09 Sozialamt 26 Vermögenssorge • Keiner Genehmigung bedarf der Betreuer bei Verfügungen über das Girokonto (egal in welcher Höhe, die Verpflichtung nicht benötigte Gelder anzulegen, bleibt davon unberührt). • Keiner Genehmigung bedarf der Betreuer bei Verfügungen über eine Geldanlage, sofern der Anspruch nicht mehr als 3.000 Euro beträgt (§ 1813 BGB). Michael Herzog 2011 09 Sozialamt 27 Vermögenssorge • Keiner Genehmigung bedarf der Betreuer wenn Geld zurückgezahlt wird, das er selbst angelegt hat. (§ 1813 BGB). • Der Betreuer kann vom Betreuungsgericht allgemein ermächtigt werden verschiedener Genehmigungen nicht zu bedürfen; z.B. monatlich Gelder vom Anlage- auf das Girokonto zu transferieren (§ 1825 BGB). Michael Herzog 2011 09 Sozialamt 28 Geschäftsfähigkeit und BtG (§§ 104, 1896, 1902, 1903 BGB) • Die Geschäftsfähigkeit (d.h. die Fähigkeit, im Rechtsverkehr bindende Erklärungen abgeben zu können) wird durch die Anordnung einer Betreuung nicht beschränkt. Michael Herzog 2011 09 Sozialamt 29 Geschäftsfähigkeit und BtG (§§ 104, 1896, 1902, 1903 BGB) • Es kann aber dennoch beim Betroffenen eine natürliche Geschäftsunfähigkeit vorliegen (d.h. seine Erklärungen sind unwirksam, weil er sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand befindet). Michael Herzog 2011 09 Sozialamt 30 Geschäftsfähigkeit und BtG (§§ 104, 1896, 1902, 1903 BGB) • Der Betreuer ist im angeordneten Aufgabenkreis gesetzlicher Vertreter des Betreuten; daher kann es vorkommen, dass sich widersprechende Erklärungen abgegeben werden. Michael Herzog 2011 09 Sozialamt 31 Geschäftsfähigkeit und BtG (§§ 104, 1896, 1902, 1903 BGB) • Bei Willenserklärungen des Betreuten, die eine erhebliche Gefahr für die Person oder das Vermögen des Betreuten bedeuten, kann das Betreuungsgericht einen Einwilligungsvorbehalt anordnen. Michael Herzog 2011 09 Sozialamt 32 Geschäftsfähigkeit und BtG (§§ 104, 1896, 1902, 1903 BGB) • Künftige Erklärungen des Betreuten bedürfen dann der Genehmigung des Betreuers, bis dahin sind Willenserklärungen des Betreuten schwebend unwirksam. Michael Herzog 2011 09 Sozialamt 33 Einwilligungsvorbehalt (§ 1903 BGB) • Grundsätzlich beeinträchtigt die Anordnung einer Betreuung den Betreuten nicht in seiner Geschäftsfähigkeit. Michael Herzog 2011 09 Sozialamt 34 Einwilligungsvorbehalt (§ 1903 BGB) • Sollte der Betreute sich selbst oder sein Vermögen erheblich schädigen, kann durch das Betreuungsgericht / Amtsgericht (z.B. auf Antrag des Betreuers und in der Regel nur für den Aufgabenkreis Vermögenssorge) ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet werden. Michael Herzog 2011 09 Sozialamt 35 Einwilligungsvorbehalt (§ 1903 BGB) • Der Einwilligungsvorbehalt hat zur Folge, dass der Betreute zur Rechtswirksamkeit einer Willenserklärung, die ausdrückliche oder konkludente Zustimmung seines Betreuers benötigt. • Dies entspricht der beschränkten Geschäftsfähigkeit von Kindern im Alter von 7 – 18 Jahren. Michael Herzog 2011 09 Sozialamt 36 Einwilligungsvorbehalt (§ 1903 BGB) • Einseitige Rechtsgeschäfte des Betreuten ohne die Zustimmung des Betreuers sind schwebend unwirksam und werden erst nach der Zustimmung des Betreuers wirksam. • Willenserklärungen, die von anderen dem Betreuten gegenüber abgegeben werden, werden / sind erst mit Zugang beim Betreuer wirksam. Michael Herzog 2011 09 Sozialamt 37 Einwilligungsvorbehalt (§ 1903 BGB) • Für geringfügige Geschäfte des täglichen Lebens gilt der Betreute weiterhin als geschäftsfähig, sofern das Gericht dies nicht ausdrücklich ausschließt. • Der Betreute kann rechtswirksam über Gelder verfügen, die ihm der Betreuer zur freien Verfügung überlässt (Taschengeldbestimmung). Michael Herzog 2011 09 Sozialamt 38