Stark - ZAHNHEILKUNDE.DE
Transcription
Stark - ZAHNHEILKUNDE.DE
Praxisletter Praxisletter Praxisletter Praxisletter Praxisletter Praxisletter Thema Fragestellung Wiederherstellung von Keramikverblendungen Gibt es Reparaturverfahren für Keramikverblendungen, die die Neuanfertigung von Kronen und Brücken überflüssig machen? Hintergrund Seit über 40 Jahren werden keramisch verblendete Kronen und Brücken mit gutem Erfolg eingesetzt. Die Überlebenswahrscheinlichkeit dieser zahnärztlich-prothetischen Restaurationen beträgt nach 10 Jahren bis zu 80% bei Brücken und 90% bei Kronen. Als Misserfolgsgründe werden neben der Karies – insbesondere Sekundärkaries im Kronenrandbereich – und Zahnverlust infolge von Parodontopathien materialbedingte Defekte der keramischen Verblendungen angegeben. In zahlreichen klinischen Studien wird nach über 10 Jahren eine Prävalenz abgeplatzter Verblendungen von bis zu 20% beschrieben; in der Regel ist aber eine Misserfolgsquote von 3 bis 5 % kaum zu unterschreiten. Die Ursachen liegen im zahntechnischen und klinischen Bereich und verstärken sich gegenseitig. So werden sich herstellungsbedingte Fehler besonders gravierend durch okklusale Überlastungen infolge insuffizienter Justierung der statischen und dynamischen Okklusion auf die Keramikstruktur und den Keramik-/Metallverbund auswirken. Fortschreitendes Risswachstum innerhalb der Keramik infolge auch der physiologischen Kaubelastung und verstärkt durch das aufgrund des Mundhöhlenmilieus bedingten Korrosionsvorgänge führen schließlich zu diesen Abplatzungen. Statement Um die zeit- und kostenaufwendigen Neuanfertigungen zu vermeiden, erscheint häufig eine intraorale Reparatur sinnvoll. Da die keramische Reparatur aus technischen Gründen intraoral nicht möglich ist, muss die Wiederherstellung mit einem farblich abgestimmten Kunststoffsystem erfolgen. Entsprechend den Anforderungen an eine Kunststoffverblendung ist bei dieser intraoralen Reparaturmaßnahme entsprechend der Lokalisation der KeramikAbplatzung ein randspaltfreier Kunststoff-Keramik- bzw. Kunststoff-MetallVerbund anzustreben. Derzeit werden verschiedene Systeme auf dem Dentalmarkt angeboten, die sich bezüglich ihrer Vorbehandlungs- und Verbundverfahren unterscheiden. Ein chemisches Vorbehandlungsverfahren, das für den Patienten risikoreich ist, ist das Anätzen freiliegender frakturierter Keramikflächen mit Flusssäure. Hierbei wird bei konventionellen Feldspat-Keramiken die Glasmatrix der Keramik oberflächlich herausgelöst und eine für den Komposit-Kunststoff retentive Mikrostruktur geschaffen. Weniger wirkungsvoll ist das Anätzen mit 37%iger Phosphorsäure. Als Haftvermittlersystem zur Kunststoffverblendung wird die Silanisierung der geätzten Oberflächen empfohlen. Als biologisch verträglicherer Säureersatz wird eine saure Phosphat-Fluorid-Lösung diskutiert, die jedoch offenkundig nicht eine für Kunststoff optimale retentive Keramikoberfläche erzeugt. 380 Deutsche Zahnärztliche Zeitschrift 58 (2003) 7 Praxisletter Praxisletter Praxisletter Praxisletter Praxisletter Praxisletter Die Schaffung von mikromechanisch retentiven Oberflächen auf Keramik und Metall mittels Diamantschleifkörpern wurde wegen der Ausbildung und des Wachstums von Mikrorissen in der Keramik nicht weiter verfolgt. Eine besonders einfache Methode der Oberflächenvorbehandlung ist das Sandstrahlen – mit 50 µm Al2O3. Hiermit werden die betroffenen Keramik- und Metall-Frakturflächen optimal gereinigt und eine gleichmäßige für den Kunststoff retentive Fläche geschaffen. Zur Steigerung des Verbundes des Kompositkunststoffes zur Krone sind prinzipiell die Kombinationen der bisher beschriebenen Vorbehandlungsverfahren vorstellbar. Besonders stark scheinen kombiniert mechanisch-chemische Vorbehandlungsverfahren die Verbundfestigkeit zu erhöhen. Eine den Kunststoff-Metallverbund deutlich verbessernde Methode verbirgt sich hinter den Silikatisierungsverfahren. Das Rocatec-System zeichnet sich dadurch aus, dass tribochemisch eine Silikatschicht über einen Sandstrahlvorgang auf die Metalloberfläche appliziert wird. Beim Cimara-System wird die Trümmerzone mittels spezieller Schleifkörper entfernt und die Oberfläche für den Silanhaftvermittler konditioniert. Über einen Silanhaftvermittler wird die chemische Verbindung zum Verblendkunststoff hergestellt. Studien zur Verbundfestigkeit haben gezeigt, dass dieses Silikatisierungsverfahrens gegenüber dem Anrauhen mit Diamantschleifkörpern, herkömmlichen Sandstrahlen und Anätzen signifkant höhere Haftkraftwerte ermöglicht. Der für die Wiederherstellung der Verblendung notwendige Komposit-Kunststoff sollte sich durch einen geringen Wärmeausdehnungskoeffizienten und minimale Polymerisationsschrumpfung auszeichnen. Auch wegen ihrer günstigen Adhäsionsfähigkeit eignen sich daher Hybridkomposite besonders gut als Reparaturverblendmaterial. Empfehlung Prinzipiell sollte vor jedem Reparaturversuch die Erhaltungswürdigkeit der Restauration geprüft werden. So können u.a. Kronenrandkaries und korrosionsbedingte Schäden an Kronen und Brücken deren Neuanfertigung erforderlich machen. Eine perfekte und dauerhaft erfolgreiche intraorale Reparatur abgeplatzter Keramikfacetten ist mit den derzeit auf dem Markt befindlichen Systemen nur bedingt möglich und noch nicht endgültig zu beurteilen, da gegenwärtig klinische Langzeiterfahrungen fehlen. Erfolgversprechend scheinen die Wiederherstellungsverfahren zu sein, die sowohl aufgrund ihrer materialtechnischen und werkstoffkundlichen Eigenschaften funktionieren als auch deren klinische Anwendbarkeit gefahrlos für den Patienten und den Behandler ist. Entscheidend ist die Vorbehandlung der Frakturflächen mit dem Ziel, sowohl eine mikroretentive Oberfläche zu schaffen als auch eine chemische Bindung zum Verblendkunststoff zu ermöglichen. Zukunftsträchtig scheinen daher die Reparaturverfahren zu sein, die mit der Vorbehandlung der Metallund Keramikfrakturflächen mit tribochemischen Silikatisierungsverfahren unter Anwendung von Haftsilanen einhergehen. Als Reparaturkunststoffe eignen sich Hybridkompositsysteme mit ausreichender Farbvielfalt. Quellen 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. Edelhoff, D., Marx, R., Spiekermann, H.: Reparatur abgeplatzter Verblendungen durch intraorale Silikatisierung – eine In-vitro-Untersuchung. Dtsch Zahnärztl Z 53, 115 (1998). Kerschbaum, Th., Seth, M., Teeuwen, U.: Verweildauer von kunststoff- und metallkeramisch verblendeten Kronen und Brücken. Dtsch Zahnärztl Z 52, 404 (1997). Özcan, M.: Evaluation of alternative intra-oral repair techniques for fractured ceramic-fused-to-metal restorations. J Oral Rehabil 30, 194 (2003). Özcan, M.: Fracture reasons in ceramic-fused-to-metal restorations. J Oral Rehabil 30, 265 (2003). Shahverdi, S., Canay, S., Sahin, E., Bilge, A.: Effects of different surface treatment methods on the bond strength of composite resin to porcelain. J Oral Rehabil 25, 699 (1998). Sindel, J., Gehrlicher, S., Petschelt, A.: Untersuchungen zur Haftung von Komposit an VMK-Keramik. Dtsch Zahnärztl Z 51, 712 (1996). Sindel, J., Gehrlicher, S., Petschelt, A.: Haftung von Komposit an VMK-Keramik bei freiliegendem Metallgerüst. Dtsch Zahnärztl Z 52, 193 (1997). H. Stark, Bonn Deutsche Zahnärztliche Zeitschrift 58 (2003) 7 381