Black Metal
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Black Metal
Gymnasium Schrobenhausen Abiturjahrgang 2003 FACHARBEIT aus dem Fach Musik Thema: Black Metal – Musikalische Analyse, Darstellung der soziologischen Hintergründe und Vorstellung einer Gruppe Verfasser: Andreas Wenger Leistungskurs: Musik Kursleiterin: StRin Rita Brunner Abgabetermin: 3. Februar 2003 Erzielte Note: in Worten: Erzielte Punkte: (einfache Wertung) in Worten: Abgabe im Sekretariat: _______________________ (Unterschrift des Kursleiters) 2 Inhaltsverzeichnis 1. Black Metal – Eine allgemeine Übersicht 1.1. Ein Versuch der Definition 1.2. Die Entwicklung 1.3. Die Kennzeichen 1.3.1. Die Besetzung und das Auftreten der Bands 1.3.2. Musikalische Analyse anhand zweier Stücke 1.3.3. Die Thematiken der Texte 2. 3. 4. Black Metal in den Schlagzeilen 2.1. Die norwegische Szene 2.2. Absurdes aus Thüringen 2.3. Darstellung von Black Metal in der deutschen Presse Die Strömungen in der Szene 3.1. Satanismus 3.2. Atavismus und Heidentum 3.3. Faschismus und Nationalismus 3.4. Andere Strömungen Black Metal im Untergrund 4.1. Allgemeines über die Szene 4.2. Vorstellung der Band „Taunusheim“ 4.3. Auswertung und Diskussion der Umfrage 4.4. Black Metal auf dem Weg zum Kommerz 5. Schlussgedanken und kurzer Ausblick 6. Verzeichnis der Fachbegriffe 7. Quellenverzeichnis Anhang 1. Interview mit Erik von „Taunusheim“ 2. Material zur Umfrage 3. „Blashyrkh“ und „Spellbound“ in Notenschrift 4. Musik-CD mit Hörbeispielen 5. VHS-Kassette mit Studio- und Liveaufnahmen 6. Anmerkungen zu den Audio- und Video-Aufnahmen 3 1. Black Metal – Eine allgemeine Übersicht 1.1. Ein Versuch der Definition "Es war etwas aus einer anderen Welt. Etwas ähnliches hatte er noch nie gehört. Die Gitarren hackten wie in einer Steinmühle, der Bass, das Schlagzeug. Plötzlich: eine Stimme, kaum menschlich, ein zischender lauter Diskant. Keine verständlichen Worte. Der Schlagzeuger schien einen epileptischen Anfall zu haben. Die Gitarren so laut wie möglich. Ein unerhörtes Tempo. Vor allen Dingen war es das Schlagzeug, bei jedem Taktschlag wurden sie stärker voran getrieben. Die Stimme zischte wie ein Wesen aus einer anderen Welt." 1 Ein Zitat aus einem Kriminalroman als Definition? In den meisten gängigen Lexika findet sich der Begriff „Black Metal“ nicht. Und die wenigen Fachbücher, die dieses Wort enthalten, widersprechen sich nicht selten gegenseitig. Deshalb ist dieses Zitat aus dem Roman „Das vertauschte Gesicht“ von Åke Edwardson durchaus eine passende Definition, denn es spiegelt das wieder, was wohl jeder empfindet, der diese Musik zum ersten mal hört. Eine andere Quelle für die Erklärung dieses Stils findet sich bei der Szene selbst, vorwiegend im Internet. Aber auch hier gehen die Meinungen weit auseinander. Während das „Kleine Metal Lexikon“ den „klirrenden Sound“, den „extremen gekreischten Gesang“ und die meist „militärischen AnsichInternet 1 ten unter den Musikern“ hervorhebt, betont eine anderen Webseite „die textliche Komponente“, wobei es sich um „okkulte, satanistische oder auch generell dunkle Texte“ handelt, aber „keine Stilfestlegung“ in musikalischer Hinsicht Internet 2 . Dies zeigt bereits, dass der Black Metal kein Musikstil ist, der einfach zu fassen und darzustellen ist. Die vorliegende Facharbeit beinhaltet eine allgemeine Übersicht über die Szene und eine kurze Analyse der Musik. 4 1.2. Die Entwicklung Eine eindeutige Geburtsstunde des Black Metal gibt es nicht. Sowohl die Musik als auch die damit verbundene Ideologie erlebte verschiedene Etappen in ganz unterschiedlichen Ländern, und noch heute entwickelt sich der Black Metal beständig weiter und inspiriert andere Musikstile. Schon in den 60er Jahren prägte die junge rebellierende Generation Popund vor allem Rock-Musik entscheidend. Aggressiver Gesang, verzerrte Gitarren, grollender Bass und wuchtige, donnernde Drums waren Kennzeichen dieser neuen Musikrichtung. Als erste Heavy Metal Bands könnte man wohl Black Sabbath, Led Zeppelin und Deep Purple nennen. Im Laufe der Zeit entwickelten sich zahlreiche verschiedene Unterarten von Heavy Metal, die auch heute noch existieren. Die „New Wave of British Heavy Metal“ (NWoBHM) brachte Bands wie die nach wie vor erfolgreiche Gruppe “Iron Maiden“ hervor; die Thrash-Metaller „Slayer“, die nicht zuletzt durch ihre atemberaubende Geschwindigkeit schnell zu einer der am kontroversesten diskutierten Bands im Heavy Metal wurden (vgl. Anhang 5 – Studio- und Live-Aufnahmen); den durch die Band „Death“ geprägten „Death Metal“, der durch „Doublebass“*, extrem verzerrte und tiefergestimmte Gitarren und ein völlig melodieloses Gegrunze oder Gekreische so manchen alteingesessenen Rockmusik-Fan schockierte, und viele mehr, sowohl düstere und aggressive wie die eben genannten, aber auch melodische und „wohlklingendere“ Stile. Eine der „düstersten“ Stile war der Black Metal, der in den 80er Jahren durch Bands wie den Dänen „Mercyful Fate“, den Amerikanern „Morbid Angel“, den Engländern „Venom“, den Schweden „Bathory“ und den Norwegern „Mayhem“ geprägt wurde. Die verschiedenen Länder und Kulturen sorgten auch für unterschiedliche Einflüsse in der Gestaltung der Musik, den Thematiken der Lyrics* und dem Auftreten der Musiker. 1.3. Die Kennzeichen Der Begriff „Black Metal“ stammt von der englischen Band Venom, die unter diesem Namen 1982 ihr zweites Album veröffentlichte. 5 In musikalischer Hinsicht ist der Black Metal sehr vielfältig. Vom recht unkreativen „Gehämmere“ auf Gitarren und Schlagzeug, wobei nur die Geschwindigkeit und hoher Lärmpegel zählt, bis hin zu atmosphärischen Klängen und ausgefeilten Melodien, zählt man heute unzählige Stile im weitesten Sinn zu Black Metal. Eine allgemeine Definition in rein musikalischer Hinsicht ist also sehr schwer möglich, da jede gute Band über ihren eigenen, absolut unverwechselbaren Stil verfügt. Als Laie fällt es einem natürlich anfangs schwer, diesen zu erkennen, weil der Black Metal teilweise doch jenseits der heutigen allgemeinen Vorstellung von Musik liegt und erst langsam und Stück für Stück „begriffen“ werden kann. Leichter fällt ein Blick auf die übliche Besetzung von Black Metal Bands. 1.3.1. Die Besetzung und das Auftreten der Bands Die Auswahl der Instrumente beschränkt sich in der Regel auf ein oder zwei E-Gitarren, einen E-Bass und ein Schlagzeug; einige, besonders neuere Bands verwenden außerdem Keyboards. Je nach Spielart kommen weitere Instrumente hinzu. So werden beispielsweise im Gothic* Black Metal echte Streichinstrumente verwendet oder beim Folk Black Metal für Volksmusik typische Instrumente wie in diesem Fall ein Akkordeon eingesetzt. Am leichtesten erkennt man den Black Metal am Gesang, sofern man diesen überhaupt so bezeichnen will. Meist handelt es sich um eine hohe „kreischende“ oder eine tiefe „grunzende“ Stimme. Gerade in der neueren Musik, besonders im Viking*- und Folk-Black Metal werden aber zunehmend auch „clean voices“* verwendet. Wie im Heavy Metal oder im Rock allgemein unterscheidet man zwischen zwei Spielweisen bei EGitarren, nämlich der Lead- und der RhythmusGitarre. Auf der ersteren werden Melodien und Soli gespielt. Die Rhythmusgitarre wird im Black Metal in der Regel durch Overdrive*- und Distortion*- Fußpedale sehr verzerrt und bildet die rhythmische 6 und harmonische Basis der Songs. Die Rhythmusgitarre hat die wesentlich wichtigere Aufgabe, und viele Bands verzichten sogar ganz auf Melodien. Der Bassist spielt meist die Stimme der Rhythmusgitarre mit, nur wesentlich tiefer und den Grundton der jeweiligen Akkorde. Für die Klangfülle ist er unerlässlich. Wichtiger als das Können des Gitarristen oder des Bassisten sind die Fähigkeiten des Schlagzeugers, denn nichts schadet einem Black Metal Song mehr als mangelndes Taktgefühl des „Drummers“. Charakteristisch für den Black Metal, aber auch andere härtere Spielarten des Heavy Metal, ist der sogenannte „Double Bass“*. Viele Bands verwenden statt des Schlagzeugs einen Drum-Computer, der zwar hundertprozentig präzise und unglaublich komplexe Schlagzeugrhythmen erlaubt, aber gleichzeitig kaum der Authenzität der Musik dient. Die Verwendung von Keyboards im Black Metal ist heiß umstritten. Anhänger des „True Black Metal“, die für sich beanspruchen, den „echten“ Black Metal zu spielen oder zu hören, lehnen die Keyboards ab, weil der Klang der Band durch ihren Einsatz zu voll und weniger hart wird. Die Keyboards verwenden meist den Satz von klassischen Orchester- instrumenten wie Streichern oder Blechbläsern, synthetische Chor-Sounds oder auch unterschiedliche Synthesizer-Klänge. 7 Ein wichtiger Aspekt für ein gelungenes Konzert ist für viele Band auch ihr Äußeres. Damit ist zum einen die Bühnenshow gemeint. Hierzu hat jede Gruppe verschiedene Vorstellungen. Beispielsweise spart Dimmu Borgir nicht an Effekten, während Marduk offensichtlich eine bescheiden ausgestattete Bühne genügt (vgl. Anhang 5 – Studio- und Live-Aufnahmen). Zum anderen kommen bestimmte Symbole zum Einsatz, wie beispielsweise Pentagramme* bei satanistischen Gruppen, umgedrehte Kreuze bei allgemein antichristlichen Musikern, der ThorHammer* bei heidnisch geprägten Bands oder „Euronymous“ von der Gruppe „Mayhem“ mit Corpse-Paint das Hakenkreuz bei den Neonazis. Typisch für den Black Metal ist das „CorpsePaint“*, die Bemalung des Gesichts mit weißer und schwarzer Farbe. Nachdem dies aber nach und nach zum Trend wurde, haben sich viele Gruppen wieder davon distanziert. 1.3.2. Musikalische Analyse anhand zweier Stücke Um den Black Metal noch besser fassbar zu machen, habe ich jeweils eine Seite der Stücke „Blashyrkh“ von Immortal und „Spellbound by the Devil“ von Dimmu Borgir in Notenschrift aufgezeichnet. Natürlich ist diese Art der Notation für Metal-Songs recht ungewöhnlich, denn meist werden sie in Tabulaturen oder gar nicht auf Papier festgehalten. Jedoch ist auf diese Art und Weise ein allgemeiner Überblick wesentlich einfacher möglich. Beim ersten Anhören der beiden Stücke fällt wohl zunächst der vollere Klang von „Spellbound“ und die einfachere Gestaltung von „Blashyrkh“ auf. Ein Blick auf die Notenblätter bestätigt dieses Bild: Die Besetzung von Immortal besteht aus jeweils einer Gitarre, einem Bass und einem Schlagzeug. Bei Dimmu Borgir kommen zusätzlich noch Keyboard-Stimmen dazu. Während „Spellbound“ bis auf einige Wiederholungen relativ linear 8 verläuft, ist „Blashyrkh“ in Riffs* unterteilt, die alle zwei mal gespielt und im weiteren Verlauf teilweise nochmals wiederholt werden. Beide Stücke beginnen ohne echtes Intro*: „Blashyrkh“ setzt direkt mit Riff 1 ein, und die ersten Takte von „Spellbound“ haben zwar aufgrund des schrittweisen Einsetzens der Instrumente eine einleitende Wirkung, bestehen aber eigentlich nur aus Stimmauszügen von Riff 2. Die meisten Black Metal Stücke besitzen keine wirkliche, eigenständige Melodie. Das Gehör empfindet deshalb jeweils die Grundtöne bzw. die oberen Töne der Akkorde als führende Linie. Blashyrkh (Riff 1) Spellbound (Riff 1-3) Typisch für diese Melodielinien im Black Metal, sofern man sie als solche bezeichnen möchte, ist die Verwendung von Akkordtönen und die Umspielung der jeweiligen Grundtöne. Auch die Harmonik der Stücke kann man kurz zusammenfassen: Bass und Gitarre, bei Dimmu Borgir zusätzlich das Keyboard, bilden die harmonische Basis. In „Spellbound“ wird ein Cis-Moll-Akkord, den man aufgrund der fehlenden Terz aber auch als Cis-Dur-Akkord interpretieren könnte, das ganze erste Notenblatt durchgehalten. Bei „Blashyrkh“ ist das harmonische Tempo nicht ganz so langsam. In Riff* 1 wird beispielsweise jeden Takt der Akkord gewechselt: E-C-E-D-..., wobei der Modus erneut aufgrund der fehlenden Terz nicht eindeutig zu bestimmen ist. Der Hintergrund für die Verwendung von Quinten liegt vor allem an der Beschaffenheit der Gitarren, bei denen die einzelnen Saiten jeweils einen Quintabstand aufweisen. Die sehr einfache harmonische Gestaltung ist ein typisches Merkmal besonders für den ursprünglichen Black Metal. Die Rhythmik ist in beiden Stücken ebenfalls charakteristisch für diesen Musikstil: Die Gitarren und vor allem das Schlagzeug haben ein hohes Tempo. Die Gestaltung der Schlagzeugstimme ist besonders interessant. Zunächst eine Erklärung der Schlagzeugnotation: 9 BassDrum StandTom HängeTom 1 HängeTom 2 HängeTom 3 SnareDrum Hi-Hat Becken Die meisten Schlagzeug-Patterns* basieren auf einem einfachen Rhythmus, den man besonders von der Pop-Musik kennt: Die Bass Drum spielt auf die Hauptzählzeiten eins und drei, die Snare Drum auf Schlag zwei und vier und das Hi-Hat durchgehend in Achteln. Typisch für den Black Metal ist der zusätzliche häufige Einsatz des „Double Bass“*, dem fortlaufenden Anschlagen der Bass Drum, je nach Tempo des Stücks in Achteloder Sechzehntelnoten: Dieser Takt stammt aus Riff 3 von „Spellbound“. Aber auch Riff 3 von „Blashyrkh“ verwendet im Prinzip das selbe Muster, abgesehen von der Tatsache, dass aufgrund des anderen Metrums hier jedes dritte Achtel betont ist, statt jedes zweite, und die Snare Drum auf Schlag vier und zehn erscheint. Zur Dynamik ist nur zu sagen, dass alles forte oder fortissimo gespielt wird. Sogar die „ruhigen Stellen“ wie Riff 2 in „Blashyrkh“ haben eine hohe Lautstärke. Generell gilt: Black Metal kann man gar nicht zu laut spielen. Die Verstärker voll aufzudrehen, zählt sozusagen „zum guten Ton“. Die „Singstimme“ wird bei beiden Stücken gekreischt, in „Spellbound“ eher zum Grundrhythmus passend, in „Blashyrkh“ relativ frei „nach Gefühl“. Bei Dimmu Borgir kommt zusätzlich eine tiefere „Grunzstimme“ hinzu, die vom gleichen Sänger übernommen wird. Beide Stücke haben also vieles ähnlich, unterscheiden sich aber in Charakter und Wirkung. „Blashyrkh“ ist eines der typischen ursprünglichen Werke, während „Spellbound“ den neuen Geist im Black Metal repräsentiert. Für eine genauere Analyse könnte man wohl viele weitere Seiten füllen. Als Vorlage für die Noten dienten mir vor allem Gitarrentabulaturen von www.metaltabs.com. Gitarren-Rhythmus, Keyboardstimme habe ich nach Gehör notiert. Schlagzeug-, Bass- und 10 1.3.3. Die Thematiken der Texte Die Texte sind im Black Metal sehr wichtig, wenn nicht sogar entscheidend, denn einige Quellen bezeichnen jeden Heavy Metal, der okkulte Lyrics* verwendet, als Black Metal. Diese Definition ist aber nicht mehr zeitgemäß. In den ersten Jahren waren klare satanistische Tendenzen zwar durchaus bestimmend, aber im Laufe der Zeit haben sich nicht nur andere Strömungen den Black Metal angeeignet, sondern sogar Bands, die sich von Anfang an mit satanischem Black Metal einen Namen gemacht hatten, den neuen Stilrichtungen angeschlossen. So beschäftigen sich die Texte nicht mehr allein mit Schilderungen des Weltuntergangs oder schwarzen Messen, sondern erzählen Geschichten aus alten Zeiten oder schildern die Schönheit der Natur. Sie sind meist in englisch, norwegisch oder isländisch verfasst, oft auch in der Landessprache der jeweiligen Band. Einen kleinen Einblick in die Thematiken der Texte erlauben die Lyrics in Anhang 6, den Anmerkungen zu den Hörbeispielen. 2. Black Metal in den Schlagzeilen 2.1. Norwegen: Burzum und Mayhem Anfangs existierte die Black Metal Szene nur im Untergrund und sorgte allenfalls bei Heavy Metal Fans für Aufsehen. Als Ende der achtziger Jahre der Death Metal langsam aber sicher dem Back Metal den Rang als musikalisch und darstellerisch extremste Spielart abgelaufen hatte, formierte sich in Norwegen eine kleine Szene von Schwarzmetallern, die bald für weltweites Aufsehen sorgen sollte. Im kleinen Heavy Metal Laden „Helvete“ in der Hauptstadt Oslo entschlossen sich Varg Vikernes von der Band „Burzum“ und einige Anhänger, die Gewalt verherrlichenden Texte in die Tat umzusetzen und so, wie man heute vermuten könnte, nicht nur den Respekt des gesamten norwegischen Black Metal Untergrunds zu gewinnen, sondern auch international Beachtung zu finden. Die Geschichte dieser Szene liest sich wie das Drehbuch zu einem Horrorfilm. 11 In den neunziger Jahren verwüsteten sie Friedhöfe und brannten mehrere Stabkirchen nieder, ein Teil des Jahrhunderte alten kulturellen norwegischen Erbes ging verloren. Außerdem wurden in der Szene mehrere Morde begangen. Der Gipfel der Grausamkeit und Geschmacklosigkeit war aber wohl erreicht, als sich „Dead“, der Sänger der Band Mayhem, der sich vor allem für seine Selbstverstümmelung auf der Bühne einen Namen gemacht hatte, mit einer Schrotflinte in den Kopf geschossen hatte. Als „Euronymous“, der Gitarrist der Gruppe, die Leiche fand, machte er Mayhem: Dawn of the Black Hearts Fotos von dieser, wovon eines sogar später schamlos als Cover für das Mayhem-Album „Dawn of the black hearts“ verwendet wurde. Des öfteren hört man, Euronymous habe außerdem die überall im Zimmer verstreuten Schädelteile von Dead an verschiedene Leute geschickt und sogar Teile des Gehirns gekocht und gegessen. „Als sich Dead das Gehirn raus knallte, war das eine seiner besten Promotion-Aktionen überhaupt. Es ist immer toll, wenn jemand stirbt, ganz egal, um wen es sich handelt. Wenn du denkst, dass wir gefühlsduselige Idioten mit menschlichen Gefühlen sind, dann liegst du falsch!" Internet 3 , kommentierte Euronymous den Selbst- mord. Nur kurz darauf wurde er von Varg Vikernes in seinem eigenen Haus erstochen; manche sagen, wegen Euronymous angeblicher Homosexualität oder wegen eines Streits um die Finanzierung des neuen BurzumAlbums. Alle bekannten Mitglieder des damaligen sogenannten „inneren Zirkels“ sind inzwischen tot oder sitzen in Haft, wie auch Varg Vikernes, der wegen Mordes zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Es konnten aber bis heute nicht alle Verbrechen zweifelsfrei nachgewiesen werden. 12 2.2. Absurdes aus Thüringen 1993 machte die Band „Absurd“ ihrem Namen alle Ehre. Denn ohne ersichtlichen Grund ermordeten sie ihren 16-jährigen Mitschüler Sandro. Später sagte einer der Täter, dass Sandro einfach eine Nervensäge gewesen wäre. Außerdem würde doch jede Sekunde auf der Welt ein Mensch sterben, sie verständen nicht, warum ausgerechnet dieser eine Tod für so viel Aufsehen sorge. Es kann durchaus als skandalös empfunden werden, dass zwei der Bandmitglieder nach dem Absitzen der Haftstrafe, die natürlich nach Jugendstrafrecht verhängt wurde, weiter Musik produzieren und verkaufen durften. Ihre Popularität, besonders in der rechten Szene, verdanken sie wohl weniger ihrer musikalischen Begabung als ihrem berüchtigten Image. 2.3. Darstellung von Black Metal in der deutschen Presse Während die Medien Anfang der neunziger Jahre noch kaum Interesse an der Szene zeigten, und Black Metal Magazine dafür umso mehr im Untergrund kreisten, änderte sich diese Situation besonders nach den Vorfällen in Norwegen und Thüringen schlagartig. Dass diese Berichterstattung in der Regel alles andere als objektiv war, hatte wohl mehrere Gründe. Zum einen waren offensichtlich die Autoren dieser Artikel kaum über den Black Metal informiert. Dazu kamen noch die alles andere als erfreulichen Anlässe für die Artikel und eine gehörige Portion an Sensationslust. Der „Stern“ schrieb in der Ausgabe 19/2000 in dem Artikel „Satans Jünger“: „Sie quälen Menschen zu Tode, graben Leichen aus und trinken Blut: Das Treiben der Satansjünger hat eine neue Dimension erreicht.“ 2 Zweifellos haben solche Berichte zum negativen Image des Black Metal in der Öffentlichkeit beigetragen. Der Inhalt dieser Artikel ist sicher strittig, aber über die Wirkung hatten sich einige besonders „böse“ Black Metal Anhänger sicherlich heimlich gefreut. 13 3. Die Strömungen in der Szene 3.1. Satanismus Die Ideologie, die gemeinhin wohl am häufigsten mit Black Metal in Verbindung gebracht wird, ist der Satanismus. Eine genaue Definition, was sich dahinter in Zusammenhang mit Black Metal verbirgt, ist aber kaum möglich. Die Auffassungen der Anhänger in der Szene gehen meilenweit auseinander, gemeinsam ist allen wohl nur die grundsätzliche Ablehnung des Christentums. Die ursprüngliche Form des Satanismus, nämlich die Verehrung des biblischen Satan als Person und die Umkehrung der christlichen Lehren, wird heute nur noch von sehr wenigen, meist Untergrund-Gruppen vertreten, wobei bei den meisten von ihnen wohl mehr „Show“ als echte Überzeugung dahintersteht. Viele Personen aus diesem Umfeld haben erkannt, dass diese Einstellung nicht zukunftsfähig sein kann, will man aus dem Untergrund auftauchen. Denn diese Form des Satanismus wird zum einen von Außenstehenden oft schlichtweg als kindisch empfunden, und es droht stets die Gefahr, potentielle neue Anhänger abzuschrecken, zum anderen wird der Satanismus in den Medien längst nicht mehr furchterregend dargestellt, sondern eher belächelt, sieht man von seltenen Ausnahmen wie den Mord des angeblichen „Satanistenehepaares“ Ruda in Witten 2001 ab. Eine andere, weitaus verbreiterte Strömung im Black Metal beruft sich auf die „Satanische Bibel“ von Anton Szandor LaVey, dem Gründer des „Church of Satan“. Diese Form des Satanismus lehrt ebenso die Unterdrückung der Schwachen durch die Starken, hat aber seine Lehren ganz vom Bezug zum Christentum bereinigt. LaVey definiert satanistische Musik folgendermaßen: „Das Schlüsselelement satanischer Musik zeigt sich in der Beantwortung der Frage, ob sie einen eher auf individueller Basis als in der Herde anspricht. Sie ist beschwörend, emotionsgeladen.“, weiter: „Einfach ausgedrückt ist es die Sorte Musik, die man beim Weggehen pfeift oder summt – thematisch.“ 3 Allerdings lassen sich mit LaVeys Leh- ren die grundsätzlich „böse“ Einstellung des extremen Black Metal nicht begründen, weshalb einige Bands die „Satanische Bibel“ ablehnen. 14 Bei Gesprächen mit einigen Untergrund-Gruppen ist mir außerdem aufgefallen, dass sich zwar viele als Satanisten bezeichnen, aber offensichtlich wenig vom Satanismus wissen und ihre Einstellung auf das Lebensmotto „Tu, was Du willst“ beschränken. 3.2. Atavismus und Heidentum Eine bedeutende Strömung im Black Metal, besonders aber im heidnischen Viking* Metal, ist der Atavismus. Darunter versteht man das „plötzliche Wiederauftreten von Körpermerkmalen (auch von seelischen Verhaltensweisen) stammesgeschichtlicher Ahnen“ 4. In der Black Metal Szene ist damit die Wiederentdeckung der Kultur der heidnischen Vorfahren und auch deren Religion, dem Odinismus, gemeint. Teilweise gehört auch das Vorgehen gegen die Verdränger dieser Kultur, nämlich das Christentum, dazu. Ein typisches Viking Metal Stück ist „One Rode to Asa Bay“ von „Bathory“ (vgl. Anhang 5: Studio- und Live-Aufnahmen). 3.4. Faschismus und Nationalismus Der Wendung bekannter Bands vom Satanismus zum Heidentum ebnete den Weg zum Einzug des Faschismus in die Black Metal Szene. Durch die neue entdeckte Liebe zum Heimatland wurde manchmal absichtlich, manchmal unfreiwillig, auch die rechte Szene angesprochen. So werden hin und wieder Konzerte von Gruppen, sie sich germanischer Symbolik bedienen, auch von Neonazis besucht, die sich auch unmissverständlich als solche zu erkennen geben. Nicht selten führt das zu offenen Konflikten unter den Konzertbesuchern. Meist haben aber die „echten“ Fans die Oberhand und sorgen schnell und kompromisslos für „Ruhe“. Typische Vertreter dieser Strömung sind die Thüringer „Absurd“ und die Polen „Graveland“. Auf der Audio-CD im Anhang befindet sich das Stück „Der Sieg ist unser“, die Lyrics* dazu finden sich im Anhang 6. Rechte Black Metal Bands fasst man unter dem Begriff NSBM* zusammen. 15 3.4. Andere Strömungen Ebenso vielfältig wie die Stilrichtungen der Black Metal Musik sind auch die unterschiedlichen Bands und ihre Weltanschauungen. Mag auch die Mehrheit der Gruppen dem Satanismus nahe stehen und den Faschismus und Rassismus zumindest stillschweigend tolerieren, so gibt es auch Bands, die mit diesen Ideologien wenig bis gar nichts anfangen können. Ivar Bjørnsson von der Viking* Black Metal Band „Enslaved“ erklärt zum Beispiel, sie seien allein an der Musik interessiert, und fühlten sich weder dem Satanismus noch dem Christentum verbunden. Eine andere interessante Band in diesem Zusammenhang ist „Impaled Nazarene“, zu deutsch: „aufgespießter Nazaräer“, womit natürlich Jesus am Kreuz gemeint ist. Ihre Musik ist gleichermaßen extrem wie ihr Name und ihr Auftreten. Heute behauptet die Band, ihre Texte seien eine Parodie auf die Black Metal Szene, was ihnen einige Kritiker nicht abnehmen. Titel wie „Goat Perversion“ (vgl. Anhang 4 – Musik-CD mit Hörbeispielen) die doch eindeutig ironisch auf die Anti-Lebenseinstellung des Black Metal und den Satanismus anspielen, machen die Band in dieser Aussage aber durchaus glaubwürdig. 4. Black Metal im Untergrund 4.1. Allgemeines über die Szene Black Metal war noch nie Musik für die Massen. Nicht zuletzt deshalb gibt es auch keine „verbindlichen Normen“, wie die Musik klingen muss, wie man sich zu kleiden hat, und ganz allgemein, welche Lebenseinstellung dazu gehört. Kein Wunder also, dass der Black Metal für so viele verschiedene Strömungen offen war. Dies lässt bereits vermuten, dass es eine Szene nicht geben kann, und im Gespräch mit mehreren „Insidern“ bestätigte sich diese Vermutung. Eine „übergreifende“ Organisation der Szene gibt es also nicht. Der Untergrund besteht aus verschiedenen Bands, den Anhängern, und verschiedenen kleinen Labels, Magazinen und Internet-Portalen, die meistens von Fans selbst am Leben gehalten werden. 16 In Kontakt bleiben die Metaller vor allem durch Konzerte. Diese finden meist in kleineren Rahmen oder in Hallen, die etwa für 1000 bis 2000 Besucher Platz bieten, statt. In letzter Zeit spielen Black Metal Bands auch des öfteren bei größeren Metal Festivals wie dem „Wacken Open Air“, von dem auch die Video-Live-Aufnahme „Puritania“ von Dimmu Borgir (vgl. Anhang 5 – Studio- und Live-Aufnahmen) stammt. Verschiedene Quellen schätzen die Anzahl der regelmäßigen Black Metal Hörer im deutschsprachigen Raum auf etwa 40.000, wovon aber nur ein relativ kleiner Teil zu denen gehört, die sowohl ihr Äußeres als auch ihre Lebenseinstellung dem Ideal des Black Metal angleichen. Generell handelt es sich bei einigen dieser Angaben um nicht belegbare Spekulationen, denn einen „offiziellen Ansprechpartner“ der Szene gibt es verständlicherweise nicht. Dass es auch andere Ansichten gibt, zeigt beispielsweise www.jugendszenen.com. Dort wird behauptet, „die Black Metal-Szene“ sei „stark hierarchisch strukturiert“ Internet 4 , was ich nach mei- nen Recherchen nicht bestätigen kann. Weiter heißt es, dass besonders auch Musiker, die ihren Worten meist illegale Taten folgen ließen, hohes Ansehen genössen. Im Gespräch mit mehreren Fans und Bands gewann ich aber einen anderen Eindruck (vgl. Anhang 1, Interview mit Taunusheim), auch das Ergebnis meiner Umfrage (vgl. Anhang 2) widerlegt diese These. 4.2. Vorstellung der Band „Taunusheim“ Im Untergrund gibt es zahllose Black Metal Bands. Allein ein Blick in das Schwarzmetall-Band-Verzeichnis auf www.mp3.com listet über hundert Gruppen auf, die meisten davon aus dem deutschsprachigen Raum. Eine dieser zahlreichen Bands ist „Taunusheim“ aus Hessen. Die 1995 gegründete Pagan* Black Metal Gruppe besteht aus dem Sänger und Gitarristen Erik, Patrick am Bass und Ilona an den Keyboards. Einen festen Schlagzeuger besitzen sie zur Zeit nicht. Obwohl sie sich ihre Instrumente selbst beigebracht haben und wenig Wissen über Musiktheorie besitzen, schafften sie durch einen eigenwilligen Stil und einer unvergleichlichen Atmosphäre 1998 mit der MC „Ilmarsj“ den Durchbruch in der Szene und 17 fanden allgemein Beachtung. Auf der MusikCD im Anhang befindet sich das Stück „Das Volk der Treuen“, das sogar kurze Zeit auf Platz 1 der deutschen Black Metal MP3Charts zu finden war. Zuerst hieß die Band „VfN“ („Vikings from Norway“), ihr erstes veröffentlichtes Album 1995 „I’m a Viking from Norway“. Dass sie damit unter extremen Druck kommen würden, war angesichts der Vorfälle in der norwegischen Szene durchaus nachzuvollziehen. Schließlich beschäftigte sich die Gruppe immer mehr mit der eigenen Heimat, dem Taunus, und benannten sich in der Folge in Taunusheim um. Natürlich deuten Titel wie „Das Volk der Treuen“ darauf hin, dass es sich um eine Band aus der rechten Ecke handeln könnte. Wie das Interview im Anhang zeigt, ist dieser Verdacht aber absolut unbegründet. Nationalstolz, Besinnung auf die Werte und Geschichten der germanischen Vorfahren müssen noch lange nichts mit dem zu tun haben, was in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Deutschland geschehen ist. Ein zweiter Blick lohnt sich also, gerade wenn man sich kritisch mit Bands in der Black Metal Szene beschäftigen will. 4.3. Auswertung und Diskussion der Umfrage Ein großes Problem beim Sammeln von Informationen für diese Facharbeit war es, dass ich zunächst nur mit wenigen Personen aus dem Black Metal Umfeld Kontakt hatte. Es reichte meiner Meinung nach nicht aus, nur mit einzelnen Bands oder Fans zu sprechen, denn die Ansichten in der Szene sind sehr vielfältig. Um einen besseren Überblick über die verschiedenen 18 Meinungen zu bekommen, entschloss ich mich, eine Umfrage ins Internet zu stellen, weil „die Szene“ dort am besten zu erreichen ist. Technisch realisierte ich dies über meine eigene Homepage www.andreaswenger.de. Als Fragebogen diente eine normale Webseite, die Ergebnisse wurden jeweils per E-Mail an eine eigens eingerichtete Adresse gesandt. Ich überprüfte jede einzelne Einsendung, um offensichtlich nicht ernst gemeinte Beiträge streichen zu können. Schließlich wurden die E-Mails von einem von mir eigens dafür entwickelten Programm analysiert, die Ergebnisse lassen sich dann nach Wunsch betrachten, um z.B. die Beantwortung von Fragestellungen wie „Welches Verhältnis haben die regelmäßigen Black Metal Hörer zu ihrer Umgebung?“ oder „Welche Bildung und welches Alter haben diejenigen, denen Bands wie Dimmu Borgir am besten gefallen?“ schnell und unkompliziert zu ermöglichen. Die Umfrage war von Anfang Dezember bis Mitte Januar online, bis dahin erreichten mich mehr als 500 ordentlich beantwortete Fragebögen, etwa 100 E-Mails musste ich streichen, weil sie unvollständig oder offensichtlich fehlerhaft ausgefüllt waren. Die Antworten habe ich in ähnlicher Form erwartet, einige Fragen wurden aber durchaus überraschend beantwortet. So hätte ich es vor kurzem noch nicht für möglich gehalten, dass immerhin etwa 20% der Black Metal Anhänger weiblich sind, da der Heavy Metal, und der Schwarzmetall im besonderen, als „Männerdomäne“ gelten. Interessant ist ebenfalls die Tatsache, dass zwei Drittel der Black Metal Anhänger die Hochschulreife besitzen oder anstreben, und nur etwa jeder zehnte einen Hauptschulabschluss hat. Viele hätten den Anteil der Gymnasiasten aber wohl noch höher eingeschätzt. Eine genauere Untersuchung zeigte mir, dass die Fans mit den niedrigeren Abschlüssen vor allem Bands hören, die den neueren Stil vertreten, wie zum Beispiel „Dimmu Borgir“ oder „Cradle of Filth“. Dies könnte unter anderem durch die Vorstellung dieser Gruppen in Jugendzeitschriften wie der „Bravo“ beeinflusst sein. Die vorher genannte Vermutung, dass sich die Mehrheit der Fans und der Bands vom Satanismus entfernen, scheint sich durch die Umfrage zu bes- 19 tätigen. Nur 36% der Befragten geben an, sich mit satanistischem Black Metal zu identifizieren, während der Anteil der Anhänger von Heidentumund Natur-Strömungen mit jeweils ca. 45% deutlich höher liegt. Einer großen Beliebtheit erfreuen sich mit etwa 40% auch Gruppen, die verschiedene Stile mit Black Metal vermischen. Ein gängiges Vorurteil ist, dass sich Anhänger des Schwarzmetalls nur schwer in der Gesellschaft zurechtfinden und ein zurückgezogenes Leben führen würden. Dies mag durchaus in der ursprünglichen Szene der Fall gewesen sein, doch in der heutigen Zeit, da viele verschiedene Strömungen den Black Metal für sich entdeckt haben, hat sich diese Situation überraschend deutlich geändert. Knapp 80% der Befragten geben an, gut oder akzeptabel mit ihren Mitmenschen auszukommen, und nur etwa 15% bezeichnen ihr Leben selbst als „zurückgezogen“ oder schreiben, oft in Konflikt mit ihrer Umwelt zu sein. Die Ergebnisse der durchgeführten Umfrage ermöglichen noch viele weitere interessante Diskussionspunkte, die aber den Rahmen dieser Facharbeit sprengen würden. Im Anhang 2 findet sich eine Tabelle mit den wichtigsten Resultaten. 4.4. Black Metal auf dem Weg zum Kommerz Während ab den achtziger Jahren der Handel mit Black Metal Platten im Untergrund florierte, hatte er bei den großen Plattenfirmen keine Chance, obwohl bereits etwa 10% des Umsatzes mit dem Verkauf von harter Rockmusik erzielt wurde. Die Gründe dafür sind vielfältig, und ich habe sie bereits angesprochen: Die Themen, die der Black Metal behandelt, waren schon immer alles andere als massentauglich, und die Vorfälle besonders in den neunziger Jahren, die weit über die Landesgrenzen hinaus für negative Schlagzeilen gesorgt hatten, waren für viele mögliche Käufer eine zusätzliche Abschreckung und somit für die Plattenfirmen ein finanzielles Risiko, das kaum eine auf sich nehmen wollte. Teilweise geändert hat sich diese Situation etwa ab 1997, als die Band „Dimmu Borgir“ für erste kommerzielle Erfolge sorgte. Das Erfolgsrezept 20 der Norweger basiert auf zwei Säulen: Zum einen pflegen sie ein satanisches Image und nutzen die Schockwirkung, die die ursprüngliche norwegische Black Metal Szene erzeugt hat, aber im Gegensatz zu vielen Vorgängern waren sie eben nicht Teil dieser Bewegung und haben noch eine „weiße Weste“. Zum anderen haben sie auch ihre Musik massentauglich gemacht. Die kompromisslose Härte des Black Metal ist auf ihren neuen Platten kaum noch zu erkennen, besonders durch den Einsatz von Keyboards oder von Elementen aus dem Gothic* entfernen sie sich immer weiter vom ursprünglichen Musikstil. Zusätzlich verwenden sie keine Texte, die politisch Stellung nehmen und somit mögliches Fanpotential vergraulen könnten. Mit sechsstelligen CD-Verkäufen und Top50- Platzierungen in den Album-Charts sind Dimmu Borgir längst eine weit über die Szene hinaus populäre Band geworden. Wie bereits gesagt, geht dies klar auf Kosten der Musik. Der heutige Stil von Dimmu Borgir hat wenig mit der ursprünglichen Form des Black Metal zu tun hat. Auch ohne ins Detail zu gehen, sollte dies jedem klar werden, wenn man beispielsweise die Videos „Blashyrkh – Mighty Ravendark“ von der norwegischen Black Metal Band „Immortal“ oder „Baptism in Fire“ von den Schweden „Marduk“ mit den Dimmu Borgir-Videos „Spellbound by the Devil“ oder „Puritania“ vergleicht (siehe dazu Anhang 5: Studio- und LiveAufnahmen). Nun muss man sich die Frage stellen: Ist diese Musik überhaupt noch Black Metal? Wenn nein, dann kann man ja nicht von einer Kommerzialisierung des Black Metal sprechen, weil diese Bands eben keinen Black Metal mehr spielen. Dimmu Borgir bezeichnen ihren Stil als „Melodic Black Metal“. Andere bezeichnen diese Musikrichtung als „Evil Gothic Metal“ oder „Satanic Dark Metal“. Bei all diesen mehr oder weniger sinnvollen Debatten, die in vielen Black Metal Foren aber sehr leidenschaftlich geführt werden, erkennt man am Ende doch immer wieder, dass diese neue Musik mit dem ursprünglichen Black Metal nicht in eine Schublade gesteckt werden kann. Somit bleibt festzuhalten, dass die neue Musik durchaus immer kommerzieller wird, während der alte, oder wie viele Fans gern sagen, der „true“ Black Metal, wohl niemals bei den Massen ankommen wird, was von 21 den Anhängern auch alles andere als bedauert wird. Schließlich sollte Black Metal schon immer den Einzelnen, aber nie die Masse ansprechen. 5. Schlussgedanken und kurzer Ausblick Die Hauptprobleme beim Verfassen dieser Arbeit waren eigentlich nicht, wie man vermuten könnte, die Erreichbarkeit der Szene und die Zuverlässigkeit der gegebenen Antworten, sondern mehr die Masse an Informationen, die im vorgegebenen Rahmen schwer unterzubringen war. Durch einen relativ umfassenden Anhang will ich aber die Möglichkeit geben, sich noch etwas tiefer mit dem Black Metal zu beschäftigen. Dazu zählt eine VHS-Videokasette und eine Musik-CD mit ganz verschiedenen Aufnahmen, das Interview, das ich mit Erik von Taunusheim geführt habe, die zwei Notenbeispiele von Immortal und Dimmu Borgir und eine kurze Auswertung der Umfrage. Außerdem listet das Quellenverzeichnis interessante Literatur zum Thema auf. Ziel dieser Facharbeit ist es, ein objektiveres Bild der Black Metal Szene zu zeichnen, als das, welches selten genug in den Medien, und dann meist von sensationslüsternen Zeitungen wie „BILD“ oder dem Magazin „Stern“, dargestellt wird. Natürlich darf man nicht einfach über die dunklen Seiten der Geschichte hinwegsehen und so tun, als wäre nichts geschehen. Aber gleichzeitig sollte man meiner Meinung nach nicht den Fehler begehen, alle Anhänger des Black Metal in eine Schublade zu schieben. Hätte die Gesellschaft von Anfang an mehr Toleranz gegenüber anderen Lebens- und Denkweisen gezeigt, hätte es vielleicht für kaum jemanden einen Grund gegeben, auf diese extreme Art und Weise auf sich aufmerksam zu machen. Und wie sieht die Zukunft des Black Metal aus? Manche sagen, es gäbe schon seit Jahren keine Szene mehr. Andere meinen, der Black Metal würde sich im Untergrund weiter behaupten können. Wieder andere verfolgen mit Besorgnis, wie der einstige, ursprüngliche Musikstil immer weiter kommerzialisiert wird und dabei so verflacht, dass am Ende kaum mehr 22 als Black Metal zu erkennen ist. Eins ist sicher: So undurchsichtig wie die Musik und so geheimnisvoll wie die Szene, so ungewiss ist auch die Zukunft des Black Metal. 23 6. Verzeichnis der Fachbegriffe Die Fachbegriffe werden im Text durch einen Stern (*) gekennzeichnet. Clean Voice Klarer Gesang. Bei den härteren Spielarten des Heavy Metal muss dies extra betont werden, weil die Lyrics in der Regel gekreischt werden. Corpse-Paint Deutsch: Leichenbemalung. Ähnliche Masken verwendete zum ersten mal die Band „KISS“, manche sehen eine Verbindung zur heidnischen Oskorei Distortion Deutsch: Verzerrung Double Bass Das durchgängige schnelle Anschlagen der Bass Drum mit Hilfe von zwei Fuß-Pedalen Gothic Oft auch „schwarze Szene“ genannt. Untergrund-Kultur von Jugendlichen, die sich dem Dunklen zugewandt haben. Auch depressiver Musik-Stil Intro Einleitung eines Stückes oder eines Albums Lyrics Deutsch: Liedtext NSBM National Socialist Black Metal Outro Schluss-Teil eines Stückes oder eines Albums Overdrive Deutsch : Übersteuerung Pagan Heidnisch. Meist Anhänger des Odinismus Pattern Bestimmtes Muster, z.B. in der Schlagzeugstimme Pentagramm Fünfzackiger Stern. Zeigt eine Spitze nach oben, handelt es sich um ein Schutzsymbol. Pentagramme, bei denen ein Zacken nach unten weist – oft ist der Kopf eines Ziegenbocks hineingemalt – werden gern von Satanisten verwendet Riff Sich wiederholende Begleitfigur Thor-Hammer Heidnisches Schutzsymbol. Reaktion auf christlichen Brauch, Kreuze zu tragen Viking Deutsch: Wikinger. Musikalisch eng verwandt mit Pagan Vocals Gesang 24 7. Quellenverzeichnis Gedruckte Werke 1 Edwardson, Åke: Das vertauschte Gesicht, München 2001 2 „Satans Jünger“, Magazin „Stern“, Ausgabe 19, 2000. Der Verfasser dieses Artikels ist dem Autor unbekannt. 3 Moynhan, Michael und Søderlind, Didrik: Lords of Chaos, ZeltingenRachtig 2002, S. 274 4 Das neue Duden-Lexikon, Mannheim 1984, Band 1, Seite 243 Internet 1 „Kleines Metal Lexikon“, http://members.fortunecity.com/thorghul/Lexikon.htm aufgerufen am 02. 03. 2003 2 „Baden Metal“, http://www.baden-metal.de/hauptseite/heavymetal/black/black.html aufgerufen am 02. 03. 2003 3 „Black Metal - Einstellung“ http://www.jugendszenen.com/frame/html/black%20metal/fuss14.htm aufgerufen am 02. 03. 2003 4 „Black Metal - Strukturen“ http://www.jugendszenen.com/frame/html/black%20metal/stru.htm aufgerufen am 02. 03. 2003 25 Anhang 1: Interview mit Erik von Taunusheim Anfang 2003 führte ich mit dem Sänger und Gitarristen Erik der hessischen Pagan* Black Metal Band Taunusheim ein Interview. Es folgen einige Ausschnitte aus diesem Gespräch. Erik, Du sagst, Ihr hättet Eure Instrumente im Selbststudium gelernt. Meinst Du, das reicht aus, um weiter nach oben zu kommen? Oder kommt es vielmehr auf kreatives Songwriting als auf besondere Fingerfertigkeit an? Das ist schwer zu sagen. Was ist weit oben? Man kann zumindest in anderen Musikrichtungen weit nach oben kommen, trotz vieler musikalischer Defizite. Sicherlich gibt es das im Metal auch, allerdings bezweifle ich, dass deren Konto vor lauter Erfolg platzt. Dennoch können diese - die selfmade Musiker des Metal - "erfolgreiche Jahre" in unserer geliebten Szene verbringen, wenn man es beherrscht einen interessanten Stil aus der Garage ans Tageslicht zu bringen. Unsere ersten drei Demos haben sich sicherlich nicht wegen unseres astreinen Spielens häufig verkauft, ich denke es war der Stil und/oder das Auftreten von Taunusheim. Die wirklichen Käufer und Fans, welche sich auch sämtlichen Underground Kram kaufen, wollen zum einen coole Mucke und zum anderen einen gewissen Grad an Ehrlichkeit - keine dahergelaufenen Super-Musiker, die mit Pop keinen Erfolg hatten und dann glauben in der "niveaulosen" Metal-Szene den „Reibach“ machen zu können - vergiss es! Ihr habt viele Bandfotos im Freien aufgenommen. Fühlt Ihr Euch in besonderer Weise mit der Natur verbunden, wenn ja, warum? Auch Euer Name deutet ja darauf hin. Ich denke das wird sich bei Taunusheim auch nie ändern. Es wäre zum einen äußerst bedenklich, mit einer Pagan* Metal Band auf einer Rennstrecke Bandfotos zu machen, und zum anderen ist es immer wieder fas- 26 zinierend, auf unsere eng benachbarten Burgen zurückzukehren. Alle drei Bandmitglieder sind nun mal im Taunus aufgewachsen und man findet immer wieder traumhafte Flecken, an deren Orte man die Inspiration für manchen Song findet. Warum wir das Waldland des Taunus so sehr schätzen, kann nur an manch keltischen Paaren gelegen haben, welche viele, viele Jahre zuvor den Familienstammbaum zu erweitern vermochten und deren Blut nun in uns fließt. Black Metal, das verbinden die meisten Leute mit Satanismus. Eine neuere Strömung im Black Metal wendet sich mehr dem Heidentum zu, wieder andere fühlen sich der rechten Szene angehörig, und einige wollen mit diesen Ideologien gar nichts zu tun haben, weil ihnen nur die Musik selbst wichtig ist. Fühlt Ihr Euch in irgendeiner Weise anderen Black Metal Bands oder Szenen verbunden? Wo würdet Ihr Euch zuordnen? Es ist schwer den Überblick zu behalten, oder auch nur manch eine Band einzuordnen, wenn sie denn Wert darauf legt. Ich persönlich finde es ziemlich anstrengend Bands oder sogar die eigene Band in eine Schublade zu stecken. Es ist auch nicht immer nötig. Fakt ist, dass Bands nicht immer Metal aus voller Überzeugung spielen, sondern "Extremes" und evtl. Provokatives entstehen soll. Der gemeine Metaller erkennt das. Wir persönlich wollen uns natürlich auch nicht so einfach in eine Ecke drücken lassen und sehen dennoch alles recht gelassen. Wichtig ist für uns in erster Linie - was das evtl. falsche Bild von Taunusheim angeht - dass wir in keinster Weise politisch in irgendeiner Form einzuordnen sind. Man kann uns sicherlich in die "Black/Pagan Metal" Schublade legen. Wir beschäftigen uns mit der Mythologie unserer Ahnen und bringen auch deren Geschichten gerne in unsere Texte. In die Schlagzeilen ist Black Metal besonders durch die Vorgänge in den 90er Jahren in Norwegen durch Mayhem und Burzum und in Thüringen durch die Band Absurd gekommen. 27 Wie steht Ihr diesen Ereignissen, besonders den Kirchenbränden in Norwegen, gegenüber? Gibt es Gründe, die diese Aktionen in irgendeiner Weise rechtfertigen können? Kannst Du die Gedanken der Täter nachvollziehen? Es ist natürlich möglich, einen gewissen Grad an Aggression nachzuvollziehen, ihn jedoch in die Tat umzusetzen etwas ganz anderes. Gerade was das "Christentum" angeht bin auch ich des öfteren mehr als erzürnt, würde es aber nicht unbedingt zu gewalttätigen Aktionen ausarten lassen. Ich denke mir auch manchmal, dass der heutige Christ ja gar nichts für die Taten von damals kann - damit liege ich wohl auch richtig. Aber gehe einmal mit unchristlichen weit geöffneten Augen durch die Welt, und du bist erschüttert über ihre Schwachsinnigkeit. Ich kann nur von den deutschen Verhältnissen sprechen, aber trotz der hohen Anzahl an NichtChristen, also wenig wirklichen Christen, bekommst du beispielsweise bei einer heidnischen Beerdigung größte Probleme mit der Realisierung. Und das ist nun wirklich nur ein Beispiel. Es ist einfach noch zu viel altes Christendenken in den Köpfen der Menschen. Dennoch habe ich in keinster Weise das Verlangen irgendjemanden oder irgendetwas gewalttätig, oder sonst wie, anzugreifen. Es ist nun mal einer kleiner Teil der anders denkt, so wie es überall Menschen gibt, die einem extremen Handeln oder Sein nicht den Rücken zukehren. Was hältst Du von Corpse-Paint* und den typischen Black Metal Symbolen wie umgekehrte Kreuze oder Pentagramme*? Verwendet Ihr selbst solche Symbole? Ich möchte ja fast sagen, mir würde eine Black Metal Szene ohne CorpsePaint fehlen. Das ist auch wirklich der Fall, aber Dinge wie solche sollte man nun zum einem aus Überzeugung und Kenntnis umsetzen und zum anderen, wie bei der Musik selbst, versuchen, einen eigenen Stil zu entwickeln. Also vor allem darauf achten, nicht gerade die "Schablone" von 28 Frost, Abbath (Anmerkung des Verfassers: Gemeint sind Mitglieder der Bands Satyricon und Immortal) und Konsorten auszupacken, das ist dann schon sehr lächerlich. Umgekehrte Kreuze sind nun mal auch eine eindeutige Unterschrift für eine Band, wenn denn dieses Symbol bedacht gewählt wird. Vor der Zeit des Trends wusstest du: „Ah, die Jungs sind so drauf...“, und die Wahrscheinlichkeit besteht, die sind gut... Aus der Sicht des Black-Metal Fans eben. Vor einiger Zeit kam kaum einer darum herum. Ich denke, es hat sich wieder etwas gelegt. Auf der anderen Seite benutzt heute jeder den Thors-Hammer, und dieses Symbol ist meines Erachtens nach nicht so weit zu fächern wie das umgedrehte Kreuz, das müssen allerdings einige noch nachlesen! Wir versuchen nicht jedes Symbol, welches mit Wikingern in Verbindung gebracht werden kann aufzunehmen, das wäre Unsinn. Jeder trägt sein Amulett und gut so. In erster Linie soll es schön sein und mir etwas bedeuten, und es bedeutet mit absoluter Sicherheit nicht das, was manch "politisch orientierter" daraus machen wollte. 29 Anhang 2: Material zur Umfrage Die Umfrage 1. Wie alt bist Du? ___ Jahre 2. Dein Geschlecht? ___ Männlich ___ Weiblich 3. Wo wohnst Du? (Land, Bundesland) ____________________________ 4. Hörst Du Black Metal? ___ Noch nie gehört! ___ Eher selten... ___ Ab und zu. ___ Recht häufig! ___ Ich höre (fast) nur Black Metal! 5. Hörst Du auch andere Musik? Wenn ja, kreuze die entsprechenden Felder an. ___ Heavy Metal allgemein Genauere Angabe: ___ Death Metal ___ Viking/Pagan Metal ___ Thrash Metal ___ Gothic Metal ___ Melodic/Symphonic Metal ___ Power Metal ___ Progressive Metal ___ Rock allgemein ___ Pop allgemein ___ Oldies ___ EBM ___ Industrial ___ Blues oder Jazz ___ Punk ___ Schlager ___ Independent ___ House oder Techno ___ Soul oder R&B ___ HipHop oder Rap ___ Volksmusik ___ Mittelalter ___ Renaissance ___ Barock ___ Klassik ___ Romantik Anderes: ____________________________ 6. Spielst Du ein oder mehrere Instrumente? Wenn ja, trage sie hier ein. (Gesang gilt auch) ____________________________ 7. Welchen Schulabschluss hast Du geschafft oder strebst Du (realistisch) an? ___ Kein Abschluss ___ Hauptschul-Abschluss ___ Realschul-Abschluss ___ (Fach-)Hochschulreife ___ Keine Angabe 8. Würdest Du Dich selbst als Black Metal Anhänger bezeichnen? Anders ausgedrückt: Kannst Du Dich mit der Szene identifizieren? ___ Ich kann weder mit der Szene, noch mit der Musik etwas anfangen ___ Mir gefällt zwar diese Musik, aber ich kenne die Szene nicht persönlich ___ Mich interessiert nur die Szene, die Musik ist eher nebensächlich für mich 30 ___ Aufgrund der Ereignisse in den 90er Jahren in Skandinavien muss man das ganze etwas kritisch betrachten. "Eine" Szene gibt es nicht. Ich fühle mich aber der Musik als solches angehörig ___ Natürlich! Black Metal ist mein Leben 9. Kreuze die Strömungen an, mit denen Du Dich identifizieren kannst! ___ Satanistischer Black Metal ___ Heidnischer Black Metal ___ Naturverbundener Black Metal ___ Spaß-Black-Metal ___ Black Metal mit faschistischem/nationalistischem Gedankengut ___ White Metal (u.a. Black Metal Musik, aber mit christlichen Texten) ___ Ich höre vor allem Metal-Stilrichtungen, die Elemente des Black Metal verarbeiten, und kann mich keiner reinen Black-Metal-Strömung anschließen ___ Mir gefallen auch Dimmu Borgir und Cradle of Filth 10. In den neunziger Jahren kam Black Metal vor allem durch die Vorgänge rund um Burzum und Mayhem in Norwegen in die Schlagzeilen, später wegen der Band Absurd in Thüringen. Wie stehst Du diesen Ereignissen gegenüber? ___ Davon habe ich noch nie gehört ___ Ich habe davon gehört, aber mich nie näher informiert, ich kann also nichts dazu sagen ___ Ich möchte meine Meinung dazu hier nicht äußern ___ Die Kirchenbrandstiftungen von Burzum waren sehr sinnvoll, er hat meine Anerkennung ___ Wenn es ihr Wille war, dann kann ich nicht darüber urteilen ___ Die Taten waren absolut überflüssig ___ Diese Verbrechen müssen verurteilt werden 11. Wie sehr zeigst Du in der Öffentlichkeit, dass Du Black Metal Anhänger bist? ___ Ich bin kein Black Metal Anhänger. ___ Ich mag die Musik, aber sehe keinen Grund, mich irgendwie besonders zu kleiden ___ Gar nicht, ich lasse meine schwarzen Kleidungsstücke (falls vorhanden) immer zu Hause ___ Allenfalls meine langen Haare, schwarze Kleidung oder kleine Symbole, die ich mit mir herumtrage, deuten darauf hin ___ Das zeige ich ganz öffentlich, weil ich dazu stehe. Mich erkennt man aus 100 Metern als Anhänger der schwarzen Szene 12. Kommst Du gut mit Deinen Mitmenschen aus, beispielsweise in der Schule, am Arbeitsplatz oder allgemein in der Öffentlichkeit? ___ Ich habe zu meiner Umgebung ein gutes Verhältnis ___ Ich halte zu den meisten Menschen Abstand, komme aber gut mit ihnen aus ___ Ich ziehe mich oft zurück und suche wenig Kontakt zu meiner Umwelt ___ Es kommt schon öfters vor, dass ich in Konflikt mit meiner Umgebung bin 13. Wie bist Du zum Black Metal gekommen? ___ Über Bekannte ___ Eigentlich indirekt, ich hatte mich allgemein für Themen interessiert, die dem Black Metal nahe stehen, wie ich heute weiß ___ Durch Zufall über CDs, Magazine etc ___ Anders, bzw. ich kann mich nicht mehr erinnern 14. Wenn Du noch etwas loswerden möchtest, kannst Du das hier tun. 31 Die Ergebnisse der Umfrage In folgender Tabelle sind die wichtigsten Ergebnisse festgehalten. Die Prozentzahlen ergeben zusammengezählt nicht immer 100%. Der fehlende Anteil hat die Frage nicht beantwortet. Genaue Teilnehmerzahl: Ungültige Einsendungen: Ausgewertete Fragebögen: 639 105 534 Alter Unter 15: 15 bis 20: 21 bis 25: 26 bis 30: Über 30: 6 216 202 58 36 1% 40% 37% 10% 6% Szene-Identifizierung Szene- MusikSzene- Musik+ Szene+ Musik~ Szene~ Musik+ Szene+ Musik+ 26 171 8 202 100 4% 32% 1% 37% 18% ( - : nicht bekannt oder ungeliebt) ( ~ : eher distanziert) ( + : bekannt oder gefällt) Meinung zu Verbrechen Geschlecht Männlich: Weiblich: 438 96 82% 18% 6 47 83 357 1% 8% 15% 66% Bildung Kein Abschluss: Hauptschule: Realschule: Hochschulreife: Wie oft hörst Du Black Metal? Nie: Selten: Ab und zu: Recht oft: (Fast) nur Black Metal: 0 53 129 273 67 0% 9% 24% 51% 12% 195 232 239 36 79 26 208 230 36% 43% 44% 6% 14% 4% 38% 43% Strömung Satanismus: Heidentum: Natur: Faschismus: Spaß: White Metal: Stilmix: DimmuBorgir: Nie gehört: Nicht informiert: Anerkennung: Respektierung: Unsinn: Verurteilt: 27 44 42 81 169 104 5% 8% 7% 15% 31% 19% Auftreten in der Öffentlichkeit Kein Anhänger: 65 Kleidung nicht nötig: 137 Nicht als Fan erkennbar: 7 Bisschen erkennbar: 214 Eindeutig erkennbar: 96 12% 25% 1% 40% 17% Verhältnis zu Mitmenschen Gut: Abstand aber OK: Lebe zurückgezogen: Lebe oft in Konflikt: 272 156 47 43 50% 29% 8% 8% 157 73 166 115 29% 13% 31% 21% Weg zum Black Metal Über Bekannte: Über ähnliche Themen: Magazine/CDs: Anders: 32 Anhang 6: Anmerkungen zu den Audio- und Video-Aufnahmen Anmerkungen zu Anhang 4: Musik-CD mit Hörbeispielen 1. Ulver: Østenfor Sol Og Vestenfor Maane (Album: Kveldssanger, Erscheinungsjahr: 1995, Label: Head Not Found) Die Black Metal Band Ulver verwendet auf dem Album „Kvelssanger“ einen stark akustisch geprägten Stil, den man aber trotzdem im weitesten Sinne noch zu Black Metal zählen kann. Dieses Stück wird von Akustikgitarren, der Cellostimme und klarem Gesang dominiert. 2. Immortal: Blashyrkh (Mighty Ravendark) (Battles in the North, 1995, Osmose Productions) „Battles in the North“ zählt zu den Klassikern des nordischen Black Metals. Die primitive Harmonik und der einfache Songaufbau kombiniert mit stark verzerrten Vocals* und Gitarren sorgen für eine unvergleichlich frostige Atmosphäre. 3. Dimmu Borgir: Spellbound (by the Devil) (Enthrone Darkness Triumphant, 1997, Nuclear Blast) Den Entwicklung des Black Metal folgend, passten sich Dimmu Borgir im Laufe ihrer Karriere den Trends an, und entwickelten sich vom düsteren nordischen Black Metal hin zum eher massentauglichen Melodic Black Metal. 33 4. Venom: Black Metal (Black Metal, 1982, Neat Records) Nach diesem Stück wurde eine ganze Stilrichtung benannt. Einige Elemente von Black Metal sind in diesem Song zu erkennen, jedoch erinnern die Vocals eher an Thrash Metal und die Gitarren spielen noch nicht die typisch "kalten" Riffs. 5. Emperor: Curse you all Men (IX Equilibrium, 1999, Candlelight Records) Emperor spielen sehr komplexen, schnellen Black Metal, und haben sich zwar im Laufe der Zeit weiterentwickelt, ihre Musik ist dabei aber stets unverwechselbar geblieben. Kompromisslose Härte verbindet sich mit ausgefeilten melodiösen Gitarrensoli. 6. Marduk: Panzer Division Marduk (Panzer Division Marduk, 1999, Osmose Productions) Marduk zelebrieren typischen Thrash/Black Metal, der mit stets hohem Tempo dem Hörer keine Verschnaufpausen lässt. Das relativ monotone Riffing spricht dabei bei weitem nicht alle Black Metal Fans an. 7. Enslaved: Loke (Frost, 1194, Osmose Productions) Die Viking Metal Band Enslaved macht in „Loke“ dem Namen des Albums alle Ehre. Ein sehr hartes und frostiges Black Metal Stück mit einem etwas ungewöhnlichem Gesang. 34 8. Thyrfing: Swords of Asgard (Valdr Galga, 1999, Hammerheart Records) Thyrfing sind Mitbegründer des Viking Black Metal. Viele Folk-Zitate, breite Melodien und eine dichte klangliche Fülle zeichnen diesen Musikstil aus. Die Texte befassen sich mit lange vergangenen Zeiten, nordischer Naturmystik und Landesgeschichte. 9. Windir: Journey to the End (1184, 2001, Head Not Found) Thematisch beschäftigen sich Windir mit Norwegens Vergangenheit und speziell um das Schicksal der fiktiven Heldenfigur „Arntor“. Der erste Teil des Stückes „Journey to the End“ ist im typischen Viking Metal Stil gearbeitet, im zweiten dominieren jedoch Synthesizer-Klänge das Gesamtbild. 10. Menhir: Ziuwari (Ziuwari, 2002, Skaldic Art Productions) Diese deutsche Pagan Metal Band beschreibt in ihrer Heimatsprache mittelalterliche Thematiken und heidnische Riten. Musikalisch werden teilweise Power Metal Riffs verwendet, und durch das geschickt eingesetzte Keyboard wird eine mystische Dichte erzeugt. 11. Burzum: Jesus Tod (Filosofem, 1996, Misanthropy) Neben "Darkthrone" ist Burzum die kultbehaftetste Band in der gesamten Szene. Ihre primitiven Songstrukturen, der extrem verzerrte Klang und die rauhe Produktion sorgen für eine unverwechselbar eingängige Stimmung. 35 12. Absurd: Der Sieg ist unser (Facta Lunquuntur, 1996, No Colours Records) Absurd sind wohl die in Deutschland bekannteste NSBM*-Band. Trotz fehlender musikalischer Reife erspielten sie sich nicht zuletzt durch ihre ideologisch stark fragwürdigen Texte eine große Anhängerschaft. „Herr des Krieges, Herr der Nacht / Wenn der Morgen dämmert, es beginnt die Schlacht / Gegen Untermenschen, doch nichts stoppt unsern Lauf / Gott Jahwe, wir schlitzen Deinen Bastard auf / Der Sieg ist unser / Südland wird fallen, wie schon Ostland fiel / Es auszulöschen, das ist unser Ziel / Israel, Juda im Schmutz vernichtet / Die Legionen des Schicksals haben sie alle gerichtet / ...“ 13. Eisregen: Meine tote russische Freundin (Farbenfinsternis, 2001, Last Episode) Einen starken Aufschwung in der deutschsprachigen Szene erlebte diese Band durch ihren eigenwilligen, abwechslungsreichen Stil, in dem sich auch Elemente aus dem Folk wiederfinden. Die Texte sind oft bewusst zynisch und provokant gestaltet. 14. Impaled Nazarene: Goat Perversion (Tol Cormpt Norz Norz Norz, 1993, Osmose Productions) In "Goat Perversion" nehmen Impaled Nazarene den Satanismus in stark übertriebener Weise auf die Schippe. Die finnische Band ist einer der bekanntesten Vertreter des Black Metal. „Sodomize thru the night - who has killed the fucking light / What the fuck do you expect to see / when Je- 36 sus lying naked in front of me / Goat in pain - the satanic reign / Who has killed the fucking light / Who has killed the fucking light, huh? / You are all doomed to misery / So fuck some goatcorpses in praise of me.” 15. Ravenhorst: Darkest Night (Gewitterwind, 2001, Kein Label) Ravenhorst ist eine Untergrund-Band aus Österreich. Das Stück "Darkest Night" stammt aus der ersten Demo der Gruppe aus dem Jahr 2001. 16. Taunusheim: Das Volk der Treuen (Ilmarsj, 1998, Kein Label) Mit "Ilmarsj" schafften Taunusheim 1998 den Durchbruch in der deutschen Untergrund-Szene. Die meisten Stücke sind zwischen Black- und Pagan Metal angesiedelt. „Ich habe Wikinger-Blut in mir / vom nordischen Wolf / vom nordischen Tier / Wenn Nebel sich durch die Wege schleicht / der Wolf hungrig um sein Opfer kreist / dann schau ich auf den Mond / der nachts den Weg zeigt / ...“ 17. Finntroll – Tomhet och tystnad härska (Jaktens Tid, 2001, Century Media Records) Finntroll verbinden traditionell nordischen Black Metal mit gänzlich genrefremden Bestandteilen, meist aus der finnischen Volksmusik. Auf den geduldigen Hörer wartet am Ende dieses atmosphärischen Outros* eine kleine Überraschung. 37 Anmerkungen zu Anhang 5: Studio- und Live-Aufnahmen Satyricon: Mother North (Nemesis Divina, 1996, Century Media Records) Dieses Video beinhaltet alles, was man mit dem heutigen norwegischen Black Metal allgemein in Verbindung bringt: Blut, Feuer und CorpsePaint*. Das nackte Mädchen soll nach Angaben der Band die Schönheit Norwegens repräsentieren. Ein Auszug aus den Lyrics: "Mother north / united we stand, together we walk / Phantom north / I'll be there when you hunt them down". Immortal: Blashyrkh (Battles in the North, 1995, Osmose Productions) Für dieses Video stiegen die beiden Bandmitglieder von Immortal auf einen Berg, um dort, in der freien und ungebändigten Natur Norwegens zu posieren. "Far above the ravengate / the spreaded wings of blashyrkh waits / Above the roaring depths / sits the oath of frost / on the elder raventhrone / …" Marduk: Baptism by Fire (Panzer Division Marduk, 1999, Osmose Productions) Obwohl Marduk zu den bekannteren Black Metal Bands zählt und sich sicherlich eine effektvolle Bühnenshow leisten könnte, treten sie immer noch im schlichteren Umfeld auf. Selbst Black Metal Anhänger, die mit Marduk wenig anfangen können, rechnen der Band diese Treue zum Untergrund positiv an. Impaled Nazarene: Hardboiled and still Hellbound (Absence of War does not mean Peace, 2001, Osmose Productions) Hierbei handelt es sich um eine typisch provokantes Stück von Impaled Nazarene. Mit dem Auto und dem Mädchen bricht die Band bewusst mit Klischees. In den Lyrics, denen es wie gewöhnlich nicht an schmutzigen Wörtern fehlt, scheint sich die Gruppe direkt an ihre zahlreichen Kritiker 38 zu wenden: "We have been chosen to fuck this world / born to raise hell / So stab our back but we will survive / because we are true alpha males / ... / We are hardboiled and still fucking hellbound / We don't give a flying fuck / We are hardboiled and still fucking hellbound / Fuck off you fucking useless cunts". Bathory: One Rode to Asa Bay (Hammerheart, 1990, Black Mark) "One Rode to Asa Bay" ist eines der ersten Viking* Metal Stücke. Es erzählt eine Geschichte von christlichen Missionaren, die das Land der Wikinger besetzen, dort eine Kirche bauen und das Volk unterdrücken. Eigentlich war das Video viel aufwändiger gedreht worden, und Bathory steckte viel eigenes Geld in dieses Projekt. Seltsamerweise verschwand der Kameramann mitsamt dem Film, so dass nur einige zusätzliche Aufnahmen übrig blieben. Ein Auszug aus den Lyrics: "One man rode the way through the woods / down to Asa bay / where dragon ships had sailed to sea / more times than one could say / to see with own eyes the wonder / people told of from man to man / the God of all almightyness / had arrived from a foreign land". Slayer: Angel of Death (Decade of Aggression, 1991, American Recordings) Das Thema Nationalsozialismus ist im Heavy Metal längst nicht auf Black Metal beschränkt. Ein Beispiel hierfür ist die Band Slayer, hier mit einem Live-Video zu „Angel of Death“, das von den Experimenten des Auschwitzer Arztes Dr. Josef Mengele handelt. Die Gruppe hat sich desöfteren gegen Vorwürfe gewehrt, sie sympathisierten mit den Nazis. Auf der anderen Seite trat der Gitarrist Jeff Hanneman oft mit eindeutigen NaziSymbolen auf. Es ist aber wohl zu vermuten, dass die amerikanische Gruppe nicht all zu gut über den Holocaust informiert war und diesen deshalb weniger ernst nahm, als das ein durchschnittlicher Europäer tun würde. 39 Dimmu Borgir: Spellbound by the Devil (Enthrone Darkness Triumphant, 1997, Nuclear Blast) Dimmu Borgir: Puritania (Puritanical Euphoric Misanthropia, 2001, Nuclear Blast) Einen besonders guten Ruf haben Dimmu Borgir in der Untergrund-Szene sicherlich nicht. Denn während "echte" Black Metal Bands ihrem Stil treubleiben, scheint sich Dimmu Borgir mühelos an die jeweils aktuellen Trends anzupassen. Während sie im Video "Spellbound" noch in Black Metal Outfit auftreten und künstliches Blut spucken, zeigt das Video zu "Puritania", dass bei einigen Bandmitgliedern die langen Haare verschwunden sind, das Corpse-Paint* ebenfalls. Ebenso schlagartig geändert haben sich die Lyrics: Während Dimmu Borgir mit "Death and terror rules the land / We have been spellbound / by the Devil / You have returned to the hidden graves / only you know about / You have returned to to face your victims / and feel sensation of violence once again" wohl noch das fürchten lehren wollten, klingt "I am pure / I am true / I am all over you / I am laugh / I am smile / I am the earth defiled" eher wie der Text zu einem durchschnittlichen, provokanten Pop-Song. Interessant ist auch das deutlich unterschiedliche Publikum: Während bei "Spellbound" die Fans noch gebannt auf die Bühne starren, als der Sänger von Dimmu Borgir mit grimmigem Gesichtsausdruck seine Arme ausbreitet, scheinen die Zuhörer bei "Puritania" eher amüsiert, wie unter anderem an dem begeisterten Mädchen auf den Schultern eines anderen Fans deutlich zu sehen ist. Dass Dimmu Borgir ihren Stil immer noch als "Melodic Black Metal" bezeichnen, mag angesichts dieser Beobachtungen durchaus verwundern. 40 Erklärung Diese Arbeit wurde ausschließlich mit den angegebenen Hilfen angefertigt. Alle Quellen und Hilfsmittel sind im Literaturverzeichnis und dem Bildnachweis aufgelistet. Aufgrund des Untergrund-Charakters der Black Metal Szene war es mir aber nicht möglich, jedes Zitat zweifelsfrei nachzuweisen. Meist stammen diese Aussagen von Kennern der Szene, mit denen ich in Kontakt stand. Ich habe aber alle Behauptungen nach bestem Gewissen nachgeprüft. Schrobenhausen, 3. Februar 2003 Andreas Wenger