Gesänge aus der Fankurve

Transcription

Gesänge aus der Fankurve
Gesänge aus der Fankurve
Katharina Woodtli
INHALTSVERZEICHNIS
1. Einleitung
S. 01 - 02
1.1 Mein persönlicher Bezug zum Thema
S. 01
1.2 Meine Hypothese
S. 01
1.3 Mein Untersuchungsplan
S.02
2. Der Fan
S. 03 - 05
2.1 Der Fussballfan
S. 03
2.1.1
Der konsumorientierte Fussballfan
S. 04
2.1.2
Der fussballzentrierte Fussballfan
S. 04
2.1.3
Der erlebnisorientierte Fussballfan
S. 04 - 05
3. Die Fankurve
4.
S. 05 - 10
3.1 Der Capo
S. 06 - 07
3.2 Der Paukenspieler
S. 07
3.3 Die Choreographie
S. 08
3.4 Die Pyro
S. 08
3.5 Impressionen aus dem Brügglifeld
S. 09 - 10
Analysen Fussballgesang
S. 11 - 19
4.1 Analyse Fussballmatch FCB vs. FCZ
S. 11 - 13
4.2 Analyse Gesang, Ausw. Fanbefragung
S. 14 - 15
4.3 Analyse Liedmaterial
S. 16 - 19
4.3.1
Die Melodie
S. 16
4.3.2
Die Tonhöhe, der Tonumfang
S. 17 - 18
4.3.3
Der Rhythmus
S. 18
4.3.4
Der Liedtext
S. 19
4.3.4.1 Der Jubilus
S. 19
4.3.4.2 Die Lobeshymne
S. 19
4.3.4.3 Das Kampflied
S. 19
4.3.4.4 Der Hassgesang, Schmähgesang S. 19
5. DVD mit Gesängen, Fotos, Videos
S. 20
6.
S. 21
Schlussfolgerung
6.1 Ein Eigenes Lied kreieren
S. 21
6.2 Leadsheet
S. 22
6.3 Fazit für den Musikunterricht Oberstufe
S. 23 - 24
7. Reflexion
S. 24
8. Quellen
S. 25
9. Anhang
S. 25
-0-
Gesänge aus der Fankurve
Katharina Woodtli
1. EINLEITUNG
1.1 MEIN PERSÖNLICHER BEZUG ZUM THEMA
Wenig begeistert begleite ich meine Familie am 16. Mai 2007 nach Basel in den St.
Jakobspark zu einem Fussballspiel.
Es ist ja nicht so, dass ich Fussball nicht ausstehen kann, aber dafür extra nach Basel zu
reisen, scheint mir doch etwas übertrieben.
Während ich lustlos auf der Tribüne sitze, beginnen die Fans der Muttenzer Kurve mit ihrer
Choreographie und ihrem Gesang. Fasziniert höre ich zu und werde mehr und mehr in ihren
Bann gezogen. Enthusiastische Gesänge wechseln sich ab mit Sprechchören und
rhythmischem Klatschen.
Ich staune! Noch nie habe ich so viele gemeinsam singende Menschen (Männer!) gesehen.
Die Fans der Muttenzer Kurve schreien einen Vers, die Fans der anderen Sektoren rufen
das Echo. Sobald die aus dem Wallis angereisten Fans ihre Mannschaft mit Gesang
anfeuern, werden die Basler lauter, um die anderen mit ihren Liedern zu übertönen. Der
Kampf findet nicht nur zwischen den Fussballspielern auf dem Rasen statt, sondern auch
akustisch zwischen den Fangruppen.
Nachdem die Basler mit einem Goal gegen Sion in Führung gehen, singen die Fans aus der
Muttenzerkurve spontan „Züri wird närvös“, weil die Zürcher bei einem Basler Sieg wieder
um den bevorstehenden Meistertitel zittern müssen.
Ich schalte meinen MP3 Player auf „Recording“, um diese Stimmung fest zu halten. Vom
Spiel habe ich an jenem Mittwochabend wenig mitbekommen aber die fantastische
Stimmung hat mich begeistert. Zufrieden reisen wir im Zug zurück in den Aargau, meine
Familie, weil der FC Basel gewonnen hat und ich, weil ich das Thema für meine DV-Arbeit
gefunden habe!
Dem Fanomen dieser Massengesänge möchte ich auf die Spur kommen. Die Diskrepanz
zwischen dem „ich kann nicht singen, ich bin unmusikalisch“, das ich oft hören muss, und
dem, was ich heute gesehen und vor allem gehört habe, ist so gross, dass ich mich damit
beschäftigen will.
Was braucht es, damit die Sangeslust bei selten, bis nie singenden, Personen geweckt
werden kann?
1.2 MEINE HYPOTHESE
Fangesänge verleiten durch ihre melodische, rhythmische und inhaltliche Einfachheit
unmusikalische Personen zu enthusiastischem Mitsingen.
-1-
Gesänge aus der Fankurve
Katharina Woodtli
1.2 MEIN UNTERSUCHUNGSPLAN
Da mir die Fanszene gänzlich fremd ist, werde ich mich zuerst mit diesem Thema
auseinandersetzen:
•
Was ist ein Fan, wodurch zeichnet er sich aus?
Im Internet werde ich Antworten suchen zu den Fragen:
•
Welche unterschiedlichen Fussballfans gibt es?
•
Wie sind die Fans organisiert, welche Aktivitäten finden rund ums Spiel statt?
Ich will Feldforschung betreiben und die akustischen Aktivitäten beim Fussballmatch
analysieren:
•
Welchen Einfluss hat das Singen auf das Spiel?
•
Welchen Einfluss hat das Spiel auf die singenden Fans?
•
Was wird gesungen? Texte sammeln.
Eine Fanbefragung soll mir aufzeigen:
•
Was bezwecken die Fans mit ihrem Gesang
•
Wer organisiert das Singen?
•
Wie werden die Lieder gelernt?
Durch Recherchen auf dem Feld und im Internet, im persönlichen Kontakt mit Fans und im
Buch: „Fussball - Fangesänge, eine Fanomenologie“ von Reinhard Kopiez und Guido Brink
will ich herausfinden:
•
Was braucht es, damit ein Lied stadiontauglich ist?
Meine Arbeit soll mir Impulse für meinen zukünftigen Musikunterricht geben:
•
Was kann ich für meinen Unterricht lernen? Welche Voraussetzungen fördern die
Lust am Singen?
•
Wie gross ist die Fussballbegeisterung der Oberstufenschülerschaft Unterkulm?
Wäre eine Unterrichtseinheit zu diesem Thema möglich?
-2-
Gesänge aus der Fankurve
Katharina Woodtli
2. DER FAN
Wenn ich ein Freundschaftsbüchlein einer meiner Schüler/innen ausfüllen darf, muss ich
stets die Rubrik „ich bin ein Fan von …“ leer lassen. Ich kann mich nicht erinnern,
irgendwann in meinem schon längeren Leben für irgendetwas oder irgendwen „gefant“ zu
haben. Deshalb beschäftige ich mich zu Beginn meiner Arbeit intensiv mit dem Fan im
Allgemeinen und dem Fussballfan im Speziellen. Die Fankultur und die Fangruppierungen
werden im Zentrum meiner Beobachtungen stehen.
Das Wort Fan stammt aus dem Englischen und ist die Abkürzung für „fanatic“. Das heisst
übersetzt „begeisterter Anhänger“. Fan ist nicht ein fussballspezifischer Begriff, die
Bezeichnung wird auch für Zuschauer anderer Sportarten verwendet. Ebenfalls spricht man
in anderen Bereichen wie Musik und Film von Fans. Gleichgesinnte schliessen sich in
Fanclubs zusammen, um ihre Begeisterung zu teilen, Erlebnisse auszutauschen oder um
Aktionen zu planen. Auf Google sind 292’000 Einträge (nur Seiten aus der Schweiz) zum
Thema Fanclub zu finden, z.B.
•
Schweizer Achterbahn Fanclub
•
Patroille Suisse Fanclub
•
Gianna Nannini Fanclub
•
Lüthi und Blanc Fanclub
•
Opel Fanclub
….. um hier nur einige wenige zu nennen. Das „Objekt der Begierde“ kann sowohl eine
Person, ein Gegenstand, eine Sache, ein Erlebnis oder eine Gruppe sein.
2.1 DER FUSSBALLFAN
Es gibt wohl keine andere Veranstaltung, die mehr Menschen begeistert und in ihren Bann
zieht, als ein Fussballmatch. Wochenende für Wochenende pilgern ganze Menschenmassen
in die Sportarenen um ein Fussballfest zu feiern. Menschen aus den unterschiedlichsten
Schichten kommen zusammen, um ihre Mannschaft anzufeuern, ihren Emotionen freien Lauf
zu lassen und den ganzen Frust des Alltags herauszuschreien. Aus Einzelpersonen entsteht
eine Gruppe Gleichgesinnter. Der tanzende und singende Fan erlebt während 90 Minuten
ein Wechselbad der Gefühle. Freude und Frust wechseln sich ab. „Fans sind ganz normale
Leute, die einmal in der Woche in ihre Rolle als Fan schlüpfen, ansonsten stehen sie als
normale Menschen mitten im Leben“ (Kopiez und Brink, 1998, S. 212).
An drei Wochenenden habe ich mich unter Fans gemischt, sie beobachtet und ihnen
zugehört. Dabei habe ich die unterschiedlichsten Typen kennen gelernt.
Auf der Webseite des Fanprojekts Basel (besucht am 03.08.07) finde ich folgende, soziologische Ausdifferenzierung der Fanszene (angelehnt an Heitmeyer und Peter, 1985):
-3-
Gesänge aus der Fankurve
Katharina Woodtli
2.1.1 DER KOSUMORIENTIERTE FUSSBALLFAN
Diese Fans findet man vorwiegend auf den Sitzplätzen. Mit kritischen Augen beobachten sie
das Spiel. Sie erwarten einen attraktiven Match und die sportliche Leistung der Spieler steht
für sie im Vordergrund. Sie konsumieren vor allem die Highlights. Viele Fans dieser
Kategorie bleiben weg, wenn ihre Mannschaft in einem Tief steckt. Sie kommentieren
lautstark alle Schiedsrichterentscheide, ärgern sich fluchend über verpasste Torchancen und
Fouls, wissen und könnten alles besser als die auf dem Feld. In ihrer Mitte muss ich oft
schmunzeln. Fangesänge kann ich hier sehr schlecht verstehen, da diese Fans dauernd am
Schwatzen oder Schimpfen sind.
2.1.2 DER FUSSBALLZENTRIERTE FUSSBALLFAN
Diese Fans stehen in der „Kurve“, dies ist ein Teil des Stadions (meistens hinter dem Goal),
das für aktiven Fans reserviert ist. Ihr Interesse am Fussball ist sehr gross. Man erkennt sie
an ihren Accessoires wie Schal, Shirt, Mütze und Fahne. Sie identifizieren sich stark mit ihrer
Mannschaft, reisen an alle Auswärtsspiele und scheuen weder Zeit noch Kosten, um eine
gelungene Choreographie zu inszenieren. Während dem Spiel unterstützen sie ihren Verein
mit Pauken, Gesängen und Klatschrhythmen. Die Fahnen schwenkenden Ultras (aus dem
Italienischen = fanatischer Fussballfan) sind meistens zwischen 14 und 28 Jahre alt
(Auswertung Umfragebogen) und nicht gewalt-, sondern stark teamorientiert. Ihr Ziel ist es,
die perfekte Kurvenshow zu inszenieren. Sie sorgen für Stimmung im Stadion. Sie sind sehr
treue Fans und halten bedingungslos zu ihrem Fussballclub, egal, wie erfolgreich er im
Moment spielt. Der Verein ist oft ihr Lebensinhalt. Dies kommt auch bei den Texten ihrer
Lieder zum Ausdruck, z.B. „Mer send Aarauer, schwarz, wiss ond rot, mer send Aarauer,
treu bes en Tod.“
Meistens gehören sie einem Fanclub an. Hier staunte ich nicht schlecht, als ich das erste
Mal die Webseite des FC Aarau-Fanclubs besuchte: Aarau hat mehrere offizielle und einige
inoffizielle Fanclubs (Basel: 35 versch. Fanclubs!). Je nach Alter und Interessen schliessen
sich die Fans einer passenden Gruppe an. Amigos, Fanaten, Fricktaler und Ferox bilden in
Aarau den aktiven, fussballzentrierten Fanblock. Über diese Fans werde ich später noch
ausführlicher berichten, denn sie stehen im Mittelpunkt meiner Untersuchungen.
2.1.3 DER ERLEBNISORIENTIERTE FUSSBALLFAN
Nicht nur der Fussballmatch, sondern auch das spannungsgeladene Umfeld dieser
Veranstaltung ist für diese Fans von Wichtigkeit. Wenn die Spannung fehlt, wird sie von
diesen Fans oft selbst „produziert“. Unter diese Kategorie gehören die Hooligans, auch Hools
genannt. Man geht davon aus, dass dieser Begriff auf eine englische Strassengang
zurückzuführen ist, die sich „Hooley“, (aus dem Irischen = wild) nannte. Seit den siebziger
-4-
Gesänge aus der Fankurve
Katharina Woodtli
Jahren werden Gruppen, die sich regelmässig rund ums Fussballspiel prügeln, Hooligans
genannt.
Im Fanforum Schweiz schreibt ein Hooligan, er nennt sich Big Blunt, in einem Artikel über
Gewalt in Fussballstadien:
„…junge Männer fühlen nun mal den Drang, sich mit anderen zu messen. Klar kann man
dies auch gewaltfrei beim Schachspiel, (…) tun. Ein paar aber von uns sind archaischer
gestrickt und wollen kämpfen. Das hat nichts mit Brutalität und krimineller Energie, aber viel
mit Abenteuerlust, Grenzerfahrung, Selbstüberwindung zu tun. Fussballgewalt ist mehr als
eine Prügelei. Sie ist ein Real-life-Rollenspiel mit hunderten Beteiligter und ebensoviel
Unwägbarkeiten. Adrenalin, Angst, Überraschung. Eben ein sehr spezieller Kick.“
Die Polizei teilt die Fans, entsprechend ihrer Sicherheitsrisiken, in drei Kategorien ein:
A-Fan: normaler Fan, macht keine Probleme, kein Gewaltpotential
B-Fan: potentiell gewaltbereiter Fan (v. A. unter Alkoholeinfluss)
C-Fan: Fan mit erhöhter Gewaltbereitschaft (Hooligan)
3. DIE FANKURVE
Die wohl bekannteste Fankurve der Schweiz befindet sich in Basel und nennt sich
„Muttenzer Kurve“. Dort treffen sich über
4000 Ultras und sorgen für Stimmung.
„Seit der FCB erfolgreich ist, gibt es immer mehr
Mode-Fans oder Papis mit ihren Kindern, die die
Hardcore-Fans bei ihrem Support stören. Solche
Leute gehören nicht in die MK! Wir wollen Fans,
die mitsingen, mitklatschen und vor allem stehen!“.
http://www.commando-ultras.ch/berichte3.html
Muttenzerkurve vor Spielbeginn 22.07.07
Obwohl der FC Basel als grösster Publikumsmagnet der Schweiz gehandelt und seine
Fanszene als die Interessanteste beschrieben wird, beschäftige ich mich in meiner Arbeit
jedoch vorwiegend mit der Fankurve das FC Aarau. Zum einen, weil ich etwas
Lokalpatriotismus betreiben will und zum andern, weil die Fans des FCA sehr treue Fans
sein müssen, denn sie wurden in den letzten Jahren nicht mit Erfolgen verwöhnt.
Das Brügglifeld in Aarau, auf dem die Heimspiele stattfinden, ist ein kleines, überschaubares
Stadion. Nur 9249 Personen finden hier Platz und müssen (dürfen) vorwiegend stehen
-5-
Gesänge aus der Fankurve
Katharina Woodtli
(z. Vgl. St. Jakobspark Basel fasst über 40'000 Zuschauer, und es hat nur Sitzplätze). Ich
kann hier gut herumspazieren, mich unter die unterschiedlichen Fangruppierungen mischen
und die Stimmung einfangen. Im Brügglifeld (auch Rüebliacker genannt) stehen die
Hardcore Fans nicht in einer Kurve, sondern in einem Sektor gegenüber der Haupttribüne.
Bei meinem ersten Matchbesuch mische ich mich nach der ersten Halbzeit unter die Ultras
und bin erstaunt! Es ist keine aggressive Stimmung zu spüren, obwohl der FCA mit 2 Toren
hinten liegt. Im Gegenteil, nach der Pause beginnen sie wieder mit ihrem innbrünstigen
Gesang und „peitschen“ ihre Mannschaft mit Sprechchören zu zwei Ausgleichstreffern. Ich
versuche mitzusingen, mitzuklatschen, strecke meine Hände in die Luft und werde eins mit
der Gruppe. Zu Hause durchstöbere ich die verschiedenen Fanforen des FCA. Ich suche
den Supporter, der während dem Spiel für die gute Stimmung sorgte, um ihm ein paar
Fragen zu stellen. Leider bleibt meine Suche erfolglos, auch die vielen, von mir
angeschriebenen Fans können mir nicht weiterhelfen. Ebenfalls stosse ich beim Fanprojekt
Basel auf taube Ohren. Es werden keine Namen preisgegeben und auch meinen
Fragebogen haben sie bis heute nicht weitergeleitet! (siehe Mail im Anhang) Es bleibt mir
also nichts anderes übrig, als beim nächsten Matchbesuch den Einheizer direkt
anzusprechen, was mich einige Überwindung kostet! Leider nimmt er mir nicht ab, dass ich
nicht von der Presse bin, aber letztendlich erhalte ich seine Handynummer. Später kann ich
jedoch das Vertrauen eines anderen Capos gewinnen und dieser öffnet mir Tor und Tür.
3.1 DER CAPO
Er wird auch Chantleader („chant“ engl. = Gesang, Anfeuerungsruf), Einheizer,
Chefanstimmer, Vorsänger oder Obersänger genannt. Jede Fankurve hat 2 - 4 Capos. Sie
stehen durch ihren Mut im Mittelpunkt des Fanblocks, geniessen aber auch einen gewissen
Kultstatus und jeder kennt sie. (Jedoch nicht mit richtigem Namen!) Als Chantleader wird nur
akzeptiert, wer sich seit langem stark mit dem Verein identifiziert. In Aarau animieren deren
drei die Fans zum Mitsingen. Mein Capo will anonym bleiben. Er schreibt mir am 6. Sept. 07:
„anonym ist cool, falls du doch irgendwie meine Wenigkeit erwähnen solltest, bitte ich dich,
mich „Kobi“ zu nennen, danke“.
Kobi fungiert seit etwa drei Jahren als Capo. Am Anfang war er der „Lückencapo“, der bei
unattraktiven Spielen zum Einsatz kam, oder wenn Aarau 0:5 hinten lag. Heute heizt er den
Fans an jedem zweiten Match ein. Es braucht eine Portion Mut, vorne auf dem Podest zu
stehen und die Gesänge, Klatschrhythmen und Sprechchöre anzustimmen. Den Respekt der
Szene erachtet Kobi ebenfalls als sehr wichtig. So hat er auch schon öfters Fans, die sich
daneben benommen hatten, diszipliniert. Schmähgesänge bringt er dann, wenn er sie
angebracht findet.
-6-
Gesänge aus der Fankurve
Katharina Woodtli
Vor kurzer Zeit wurde ein Aarauer Fan während einer privaten Schlägerei schwer verletzt.
Die Fans vom FCZ und von GC manifestierten ihre Anteilnahme mit einem Transparent
„Nicky, unsere Gedanken sind bei dir“. Aus diesem Grund hat Kobi bei den letzten Spielen
gegen GC Und Zürich die Hassgesänge aus den eigenen Reihen unterbunden.
Der Capo steht im Spiel mit dem Rücken zum Spielfeld und dreht sich nur hie und da um,
damit er auf das Spielgeschehen reagieren kann. Wenn Aarau z. B. im Rückstand ist,
versucht er an die Spieler zu appellieren und stimmt Lieder wie „Kämpfen, Aarau kämpfen“
oder „Auf geht’s Aarau, kämpfen und siegen“ an. Wenn die Mannschaft vorne liegt bringt er
schöne Gesänge wie „Der FCA esch wonderbar“ oder „Mer send d’Fans vom FCA“. Wie viel
Einfluss er mit dem Gesang auf den Spielverlauf hat, weiss er nicht. Er glaubt jedoch, dass
die akustische Unterstützung der Fans bei einem Rückstand etwas bewirken kann. Kobi
supportet meistens ohne Megafon (für Auswärtsspiele wäre eine Bewilligung nötig und die
Aarauer Capo’s wollen sich nicht als solche registrieren lassen). Seine Stimme vertrage
diese Belastung gut, er sei nur körperlich fix und fertig und fühle sich nach dem Match oft, als
hätte er selbst gespielt!
Die traditionellen alten Lieder gefallen ihm am besten. In seinem Fanclub, den Amigos,
haben sie schon selber Lieder kreiert. Einer hat eine Idee, bringt sie vor und dann wird
abgemacht, ob sie das Lied beim nächsten Spiel bringen wollen. Eingeübt wird während dem
Match, oder auf der Hinfahrt zu Auswärtsspielen. Zuerst könnten nur 5 das Lied, dann 20,
dann 200, dann der ganze Block! Akustische Unterstützung erhält Kobi durch den
Paukenspieler. (Infos aus persönlichem Gespräch und Fragebogen, siehe Anhang)
3.2 DER PAUKENSPIELER (Infos von Tobias aus Fragebogen, siehe Anhang)
Tobias, ein langjähriger FCA Fan, haut fast an jedem Match auf die Pauke. Schon als kleiner
Knabe stand er mitten im Block der treuen Anhänger und war von der Pauke fasziniert. Vor 3
Jahren durfte er plötzlich die Pauke übernehmen und merkte schon bald, dass ihm diese
Aufgabe besonders liegt (ohne Ausbildung). Einzige Voraussetzung sei ein gutes Taktgefühl
und ein grosses Liederrepertoire. Nicht alle Fans lassen sich jedoch von Paukenrhythmen
begeistern. So lese ich im Fanforum
„ Ich dachte, das mit den Trommeln sei geklärt. Ich will keine Trommeln in der Kurve. Das ist
affig und hebt die Stimmung überhaupt nicht. Gibt höchstens so was wie
Fasnachtsstimmung (…) Tod allen Trommeln, es lebe der Gesang“ (Konietzka 20.04.07)
Die Meinung des Wiler Fans teile ich nicht. Die Trommel gibt Boden, hilft, dass die Fans im
Takt bleiben und sorgt alleine für Stimmung, wenn die Fans sich zwischendurch vom Singen
erholen wollen. Es gibt auch viele Gesänge, die ohne Trommel- oder Klatschrhythmen nur
halb so peppig wären! Hörbeispiel: „Auf geht’s Aarau, kämpfen und siegen“.
-7-
Gesänge aus der Fankurve
Katharina Woodtli
3.3 DIE CHOREOGRAPHIE
Nebst dem akustischen Leckerbissen bieten die Fans auch etwas für’s Auge:
Die Idee der Choreographie, kurz Choreo genannt, stammt aus Italien. Mit Fähnchen,
farbigen Blättern und Transparenten wird die ganze Fankurve in ein Farbenmeer verwandelt.
Grossflächige Bilder, Muster oder Botschaften werden in der Freizeit von wenigen Aktiven
kreiert. Neben Basel ist auch Aarau für seine aufwändigen Choreographien bekannt. Wie gut
eine Fanszene ist, wird auch an der Choreo gemessen. Mars, ebenfalls ein Amigo, ist
Mitglied eines Dreierteams, das die „Bilder“ für Aarau entwickelt. Vor Beginn der Saison
werden Ideen gesammelt und ca. 2 Wochen vor jedem Spiel entstehen in ca.100
Arbeitsstunden mit Beamer, Projektor, Plastik, Stoff, Papier, Farben, etc. originelle, kreative
Choregraphien, die manchmal zu einem Ereignis passen, oder die Gegner provozieren
sollen. Je nach Aufwand helfen dabei 5 – 20 Fans bei den Vorbereitungen mit. Bis vor drei
Jahren haben sie alles aus der eigenen Tasche bezahlt, nun dürfen sie einmal im Jahr im
Stadion sammeln. Mars bedauert, dass die aufwändigen Kreationen selten im Fernsehen
gezeigt werden. Leider werden ihnen vom Fussballverband immer mehr Steine in den Weg
gerollt. In Basel müssen sie die Choreo mehrere Wochen vorher anmelden und Mars oder
einer seinen Kollegen muss dann die Verantwortung übernehmen. Falls etwas schief läuft,
haftet diese Person. Deshalb organisieren die Aarauer auswärts nur noch selten etwas.
Weiter ist geplant, dass der Verband die Ideen vorher genehmigen muss. Wenn das komme,
ist Mars überzeugt, sei das der Untergang der farbenfrohen Choreographien.
3.4 DIE PYRO
Unter Pyro (Pyr aus dem Griechischen = Feuer) versteht man im Fussball das Anzünden von
Fackeln, Bengalen und Raucherzeuger aller Art. Obwohl das Abbrennen von sämtlichem
Feuerwerk bis hin zur Wunderkerze in den Schweizer Stadien verboten ist, werden oft vor
Beginn des Spiels oder in den Pausen die Fackeln gezündet.
Ich (K.W.) erinnere mich an die spektakuläre Pyro, welche die Muttenzer Kurve in den
Farben rot (ewigi Liebi) und blau (ewigi Treuii) veranstaltet hat.
Der Fanblock des FC Aarau verzichtet im Moment darauf, im Brügglifeld Fackeln zu zünden,
man möchte das neue Stadion nicht auf’s Spiel setzen!
Wer beim Abbrennen von Pyro erwischt wird, erhält Stadionverbot.
„Die Szene Basel hat jedoch eine Art rituellen Selbstschutz entwickelt. Fackeln werden
niemals einzeln, sondern immer zeitgleich gezündet. (…) In Thun wurde einmal der ganze
Block per Wasserschlauch geduscht, um die Fackeln unschädlich zu machen.“
http://www.commando-ultras.ch/berichte5.html
Anmerkung: 3 Videos zum Thema Choreographie und Pyro befinden sich auf der
beigelegten DVD.
-8-
Gesänge aus der Fankurve
Katharina Woodtli
3.5 IMPRESSIONEN AUS DEM BRÜGGLIFELD
Die „anonymen“ Capos beim Support
Unterstützung vom Paukenspieler Tobias
zwei 14 jährige
Teenager singen
aus voller Kehle
(auf DVD zu hören).
-9-
Gesänge aus der Fankurve
Katharina Woodtli
Fantasievolle Choreographien
Nicky – unsere Gedanken sind bei dir
FCA - Fans, als singende Gruppe vereint
- 10 -
Gesänge aus der Fankurve
Katharina Woodtli
4. ANALYSEN FUSSBALLGESANG
4.1 ANALYSE FUSSBALLMATCH
FCB vs. FCZ , St. Jakobspark Basel, 22. Juli 2007
Am Sonntag, den 22. Juli besuche ich mit meiner Familie das Derby zwischen Basel und
Zürich. Höchstspannung ist angesagt, denn die zwei grössten Rivalen im Schweizer Fussball
treffen aufeinander. Um diesen Match zu sehen, verschieben wir unsere Reise in die Ferien
um einen Tag. Mit einem Diktafon zeichne ich die Stimmung im Stadion und das akustische
Geschehen auf den Rängen auf, um sie später zu analysieren.
Der Zug mit den FCZ Fans hält direkt hinter dem St. Jakobspark. Singende und grölende
Fans steigen aus (auch durch die Fenster) und kommen die Treppe herunter. Sie werden in
einem Gitterkorridor zu ihrem Fansektor geschleust und es kommt mir vor, als würden
Löwen im Zirkus ins Raubtiergehege gelassen. Bewacht wird diese Prozession von
unzähligen „gepanzerten“ Polizisten. Die FCZ Fans lassen sich jedoch nicht einschüchtern
und singen lautstark ihr „Züri esch Meischter“- Lied. Obwohl dies ein Siegerlied ist, singen
sie es als Provokation gegenüber dem FCB, der den Meistertitel nur knapp verpasst hat.
Bevor das Spiel beginnt herrscht sowohl in der Muttenzerkurve, als auch im Gästesektor
Hochstimmung. Gesänge dringen nur hie und da zu uns durch, weil sie von Werbung und
Musik aus den Stadionlautsprechern übertönt werden. Schade!
Zwischendurch höre ich jedoch Melodien ohne Texte von den Baslerfans und den
Sprechchor der Zürcher: „Hurra, Hurra, Züri isch da“
Petarden und Fackeln werden gezündet und hüllen die Kurven in Rauch.
Der Speaker ruft alle Basler Spieler mit ihren Nummern und Vornamen auf, z.B. „Nr. 8
Benjamin“ und die Menge schreit den Nachnamen „Huggel“. Am Ende ruft der Speaker
„Danke“ und die Zuschauer brüllen „Bitte“.
Die Fans singen stehend ihre Hymne „Z’ Basel a mim Rhy“. Begleitet werden sie von einer
Marschkapelle ab Band. Sie werden jedoch immer schneller und müssen am Ende jeder
Strophe auf die Begleitmusik der Kapelle warten
die Fans sind heiss!
Die Zürcher Fans stören die Hymne mit Pfeifen und FCZ-Rufen.
Wiederum klingt Musik ab Band und die Spieler betreten den Rasen.
Zu Hause höre ich meine Aufnahmen an und muss feststellen, dass mein Sitzplatz relativ
ungünstig positioniert war. Auf der einen Seite stören die Zürcherfans mit ihrer Lautstärke die
- 11 -
Gesänge aus der Fankurve
Katharina Woodtli
Verständlichkeit der Gesänge der Basler, auf der anderen Seite höre ich die FCZ Fans
trotzdem zu wenig, um ihre Gesänge zu verstehen. Ich kann jedoch erkennen, dass sich die
beiden Fangruppen oft „dreinsingen“. Die Basler lassen den Zürchern kaum Raum für ihren
akustischen Support und überbieten sie mit allerlei Melodien, Klatschrhythmen und
Sprechchören.
Aus diesem Grund werte ich nur die Aktivitäten der Baslerfans aus. Ich will herausfinden,
-
Wie viele Lieder werden an einem Spiel gesungen?
-
Überwiegen Kurzgesänge oder Sprechchöre oder etwas anderes?
-
Sind während dem Spiel gesangliche Veränderungen z.B. Ermüdungserscheinungen
sichtbar?
-
Verändert sich der musikalische Support vor oder nach dem einzigen Goal z.B. bei
der Liederwahl?
Ich teile die akustischen Äusserungen der Fans in folgende Kategorien ein:
Pfeifen
Melodien ohne Text
Klatschrhythmen
Sprechchor
Kurzgesänge
Lieder
Es wird öfters gepfiffen, aber richtige Pfeifkonzerte höre ich nur deren drei. Zwei haben mit
Schiedsrichterentscheiden zu tun, mit dem anderen übertönen die Basler das Meisterlied des
FCZ.
Klatschrhythmen kann ich in regelmässigen Abständen hören. Es fällt mir jedoch auf, dass
zwischen der 60. und 70. Spielminute kaum geklatscht wird. Es ist ein spannungsgeladener
Zeitabschnitt, in dem auch das entscheidende Tor fällt. Kann es sein, dass ein gemeinsamer
Rhythmus nur in ruhigen, evtl. langweiligeren Spielzügen möglich ist, dass die Fans mit dem
Klatschen dem Spiel mehr Power geben wollen? Ist es möglich, dass rhythmisches
Klatschen, im gemeinsamen Takt bleiben volle Konzentration benötigt und deshalb in dieser
spannungsgeladenen Zeitspanne zu Überforderung der Fans führen könnte?
Auffällig wenige Sprechchöre sind zu hören („Spiel mit Speaker nicht gerechnet): Zweimal
versuchen sie den Gegner zu beleidigen, viermal feuern sie den FCB an.
Den Sprechchören verwandt sind die Kurzgesänge. Inhaltlich bieten sie nicht viel mehr, aber
der Text ist minimal vertont (2 – 4 Töne). Ich habe 16 Kurzgesänge gezählt. Es fällt mir auf,
dass kurz bevor das einzige Tor fällt, mehrmals gesanglich dazu aufgefordert wird:
„Schiessed doch es Goal“! Kann es sein, dass die Fans mit ihrer lautstarken Aufforderung,
ein Goal zu schiessen, das Spiel beeinflusst haben? Kopiez und Brink glauben nicht an die
direkte Beeinflussung des Spiels durch Gesang. Sie vertreten die Meinung, dass
- 12 -
Gesänge aus der Fankurve
Geräuschkulissen
Katharina Woodtli
eher
störend
auf
komplizierte
Spielzüge
wirken
könnten
(wie
Hausaufgaben mit Lautsprecherrauschen erledigen). Sportpsychologisch betrachtet, sollten
die Fans eher dann lärmen, wenn der Gegner eine Torchance wittert um ihn abzulenken und
schweigen, wenn die eigene Mannschaft in einer viel versprechenden Szene steckt. Eine
interessante These, jedoch glaube ich andere Beobachtungen gemacht zu haben. Auch die
Fans glauben, mit ihrem Support direkten Einfluss auf’ s Spiel nehmen zu können
(Auswertung Umfrage bei Fans). Wie stark ein Schiedsrichter von den stimmlichen
Anstrengungen der Fans beeinflusst werden kann zeigt eine Studie, die belegt, dass bei
Heimspielen die Chance einen Elfmeter zu erhalten 3 Mal grösser, hingegen vor heimischem
Publikum einen Platzverweis zu erhalten 3 Mal kleiner ist. (Kopiez und Brink, S. 167)
Die Basler Fans müssen sehr melodiös sein. Viele Melodien ohne Text erklingen während
dem Spiel. 21 Mal, in regelmässigen Abständen singen sie wunderschöne Melodien, mit
lololo, nanana, oeoeoe und oléoléolé.. Es fällt mir auf, dass die meist bekannten Melodien
etwas komplizierter sind, vielleicht wären sie mit Text gesungen zu anspruchsvoll.
Die Königsdisziplin unter den Fangesängen sind die „richtigen Lieder“. Hier gibt es jedoch
riesige Unterschiede. Die einen sind relativ anspruchsvoll, was Tonumfang, Text, Rhythmus
und Länge betrifft. „Z’Basel a mim Rhy“ gehört seiner Länge wegen sicher in diese
Kategorie. Ansonsten höre ich viele bekannte Melodien, mit einfachen Texten (Go West,
Yellow Submarine, River’s of Babylon…).Es fällt mir auf, dass in der ersten Spielhälfte
bedeutend mehr Lieder gesungen wurden. Machen sich gegen Ende des Matchs etwa
Ermüdungserscheinungen sichtbar? 20 gesungene Lieder sind aber eine stattliche Zahl!
Grosse Polizeiaufgebot
Ankunft der FCZ Fans
Fackeln und Bengalen werden in den Kurven gezündet
- 13 -
Gesänge aus der Fankurve
Katharina Woodtli
4.2 ANALYSE GESANG, AUSWERTUNG FANBEFRAGUNG
Kopiez und Brink diskutieren in ihrem Buch (S.42 /43), weshalb gerade im Fussball und
Eishockey soviel gesungen wird, wohingegen bei anderen Mannschaftssportarten wie
Rollhockey, Wasserball, Beachvolleyball kaum bis nie Gesang zu hören ist. Sie kommen
zum Schluss, dass die Struktur der Sportart eine wichtige Rolle spielt. In einer Sportart wie
Basketball, wo pro Spiel oftmals 100 Korbtreffer erzielt werden, hält Dauerspannung an. Im
Fussball, mit seinem langsamen Spielaufbau und seinen wenigen Treffern wechseln sich
Spannung und Entspannung ab. Zwischen den Höhepunkten gibt es viel Zeit Emotionen zu
zeigen und Raum zum Singen. Bei meiner Feldforschung habe ich das Wechselbad der
Gefühle direkt miterlebt. Auf meinem Diktafon kann ich meine spontanen Anfeuerungsrufe
(„Hopp, Super, Jo“) bei einem hoffnungsvollen Spielzug ebenso hören, wie meine
Frustrationsäusserungen („Nei, Ou schad“) über einen Ballverlust oder eine vergebene
Torchance. Spannung und Entspannung können durch Gesang noch intensiver miterlebt
werden.
Nach einer stressigen Arbeits- oder Schulwoche stehen die Fans in ihrem Block und
verrichten wiederum harte Arbeit mit ihrem Support. Warum geniessen sie nicht einfach den
Match und lehnen sich gemütlich zurück? Weshalb mühen sie sich während zwei Stunden
mit Singen, Klatschen und Schreien ab? Um dieser Frage auf die Spur zu kommen, habe ich
in vielen Fanforen recherchiert und einen Fragebogen kreiert, den 21 Fans ausgefüllt haben.
4 davon sind weiblich, das durchschnittliche Alter beträgt knapp 20 Jahre und sie sind
vorwiegend FC Aarau oder Basel Fan.
Bei der Auswertung wird deutlich, dass beim Singen Emotionen im Spiel sind:
•
„Gute Stimmung, Tausende singen zusammen, das schafft eine einzigartige
Atmosphäre, macht Spass mit andern / Freunden zu singen.“
•
„Gutes Zusammengehörigkeitsgefühl“
•
„Emotionen loswerden (Frust, Trauer, Freude und Ärger)“
Die meisten Fans glauben auch, dass ihr Gesang bei den Spielern etwas bewirkt:
•
„Ich singe, um die Spieler zu unterstützen, sie anzufeuern, sie zu Höchstleistungen
anzutreiben, damit sie gewinnen
die Mannschaft spielt besser“
•
„Wir sind der 12. Mann auf dem Feld“
•
„Treuebekenntnis an die eigene Mannschaft, den Spielern zeigen, dass wir hinter
ihnen stehen.“
Sie wollen aber auch den Gegner, die gegnerischen Fans verunsichern
•
„Übermacht demonstrieren, Gegner an die Wand singen.“
•
„Den anderen Fans zeigen, was eine echte Kurve ist.“
- 14 -
Gesänge aus der Fankurve
Katharina Woodtli
Die meisten der befragten Fans bezeichnen sich als „schlechte oder mittelmässige Sänger“
und nur zwei von ihnen singen in einem Chor.
Nur knapp die Hälfte der 14 – 28 -jährigen Befragten sang oder singt gerne in der Schule. Ihr
Fussballlieder - Repertoire ist sehr unterschiedlich, die meisten kennen aber mehr als 15
Songs.
„Das Stimmorgan ist das Werkzeug für den höchstmöglichen Grad des emotionalen
Ausdrucks“ (Darwin 1872, in Kopiez und Brink, S.155)
Bei meinen Aufnahmen in Aarau sind vor allem zwei 14- jährige enthusiastisch singende
Teenager zu hören (siehe DVD).
Es fällt auf, dass sie alles geben, ihre Stimme jedoch oft an ihre Grenzen stösst.
Die Fans schreien und singen mit weit geöffnetem Mund. Kopiez und Brink vergleichen diese
Mundstellung mit einem „Apfelbeisser“, wohingegen Belcantosänger/innen der Klassik mit
„Bananenlutscher“ verglichen werden. Sie unterstellen den Fussballfans, dass ihre
Singweise einen aggressiven Grundcharakter mit „Biss“ hat. „Vergegenwärtigt man sich den
klanglichen Charakter der Fangesänge, dann fällt es schwer zu glauben, dass sich das
Bedürfnis nach Singen aus einem lustvollen, wenig aggressiven und intensiven Schreien in
zufriedene Zustände entwickelt haben soll (…). Für unsere Ohren trägt der Fangesang
vielmehr das Hauptmerkmal des Schreiens aus Unlust“. (S. 159)
Nachdem ich dies gelesen habe, höre ich mir nochmals meine Aufnahmen von Aarau und
Basel an und kann die Meinung von Kopiez und Brink nicht teilen. Man kann das Singen
Schreien nennen, aber mit der Unlust bin ich nicht einverstanden! Texte wie Schallala und
Oléoléolé, oder auch „mer senge nor för de“, „ you only sing when youre winning“ zeugen
von Lust und Spass am Singen. Ebenfalls habe ich in meiner Fanauswertung keine
Antworten gefunden, die diese These von Kopiez stützen.
Sogar Schmähgesänge, die sich gegen die „Feinde“ richten, können lustvoll sein („Basler
Stürmer zeiget’s dene Würmer“) und Spass beim Singen machen!
Wie singen die Fans ihre Lieder, wenden sie eine bestimmte Technik an damit ihre lauten
Stimmen diese Belastung verträgt?
Ich gehe davon aus, dass die meisten Fans keine Gesangsausbildung genossen haben und
mit viel Druck ihre Stimmbänder zum Schwingen bringen. Auch werden sie bei zu hohen
Tönen kaum von der Bruststimme in die Kopfstimme wechseln, sondern mit noch mehr
Druck die hohen Töne herauspressen. Dies ist einer gesunden Stimme sicher nicht
förderlich. Zu diesem Thema könnte man jedoch eine eigene DV - Arbeit verfassen. Ich
beschränke mich in meiner Arbeit mehr auf das Emotionale, mich interessiert das Inhaltliche
und Melodische von Fangesängen.
Wie muss ein Lied sein, damit es massentauglich ist und von Personen, die in ihrer Freizeit
selten bis nie singen, enthusiastisch gesungen werden kann?
- 15 -
Gesänge aus der Fankurve
Katharina Woodtli
4.3 ANALYSE LIEDMATERIAL
4.3.1 DIE MELODIE
Im St. Jakobsstadion und im Brügglifeld habe ich viele „alte Evergreens“ gehört. Ich kenne
sie durch die Schule, die Pfadi oder durch das Radio. Zum Teil höre ich Schlagermelodien,
zum anderen erkenne ich Gospelmusik. Popmelodien wechseln sich mit Volkstümlichem ab.
Die Melodien werden von bestehenden Liedern „geklaut“ und umgetextet. Dies heisst in der
Fachsprache Kontrafaktur http://de.wikipedia.org/wiki/Kontrafaktur
„Melodien werden nicht erfunden, sondern gefunden“. (Kopiez und Brink, S.189). Sie
müssen einfach sein, ohne Ecken und Kanten.
Die etwas komplizierteren Melodien werden entweder nur mit Silben gesungen, oder sie
werden abgeändert, dem Text angepasst: Töne werden weggelassen, lange Pausen werden
verkürzt und komplizierte Rhythmen werden vereinfacht. Kopiez und Brink nennen das
„Zersingen“.
Das Lied „Aarau, emmer nome Aarau“ (Originalmelodie „What shall we do with the drunken
sailor“) ist stark abgeändert worden. Das rhythmisch schnelle „What shall we“ (3 Silben) wird
mit Aarau (2 Silben) ersetzt und der komplizierte Refrain mit den punktierten Noten wird mit
Schallala gesungen. Speziell an diesem Lied ist die Choregraphie des Songs: die eine Hälfte
der Fans singt bei der Strophe nur „Aarau“ die andere Hälfte „emmmer nome“. Durch diesen
Wechselgesang bekommt das Lied Power, obwohl es gegenüber dem Original vereinfacht
wurde. Ich konnte bei den beiden Teenagern spüren, wie dieses Lied sie begeistert. Ich
erinnere mich an die Zeit in der Pfadi zurück, wo wir dieses Lied nonstop, als Endlosschlaufe
am Lagerfeuer gesungen haben.
Weitere Melodien, die ich gehört habe:
Originallied,
wie ich es kenne
Dr’Eskimo
Interpret / Herkunft
Komponist
Mani Matter
Mer send met em Velo do
(Over the Glory Land)
Guantanamera
Traditional
Gospel
südamerikanisch
Ob-La-Di, Ob-La-Da
Good Night Ladies
Che sera, sera
Pippi Langstrumpf
Glory, Glory, Halleluja
Oh when the saints
Go West
Beatles
engl. Volkslied
Doris Day
Konrad Elfers
Gospel
Gospel
Village People
Pet shop boys
Yellow submarine
Rivers of Babylon
Lady in Black
I am sailing
Beatles
Boney M.
Uriah Heep
Rod Stewart
neuer Text
neues Meisterlied des FCZ (Text nicht
gefunden)
Wo sind die St. Gallerfans
Basel mer send stolz of de
You only sing when you’re winning
ein FC Basel, es gibt nur ein FC Basel
FCB, FCB, FC Basel
Glory, Glory FC Basel
Die Nr. 1 der Schweiz sind wir
Olé, super FCB
Steh auf, wenn du für Basel bist
Steh auf, wenn du für Aarau bist
Allez Basel, olé, olé
Allez Hopp, aalez FCB, allez Hopp FCB
Nananana
Wir woll’n Aarau, wir woll’n Aarau
- 16 -
Gesänge aus der Fankurve
Katharina Woodtli
4.3.2 DIE TONHÖHE, DER TONUMFANG
Damit Frauen, Männer und Kinder gemeinsam singen können, sollte der höchste Ton eines
Liedes g (für Männer) und g’ (für Frauen und Kinder) nicht überschreiten. Beim einem a
können nur noch die wenigsten Männer mitsingen und die Stimme leidet. (Kopiez und Brink,
S. 148/149/191).
Ich analysiere einige meiner Musikbeispiele:
Liedtitel
Tonumfang
Allez Basel olé, olé, olé
Die Nr.1 sind wir
FCB, FCB, FC Basel
You only sing when your
winning
alle oh
Ihr könnt
fahrn
nach
Hause
Aarau emmer nome Aarau
Wir sind die Jungs
A–a (a-a’)
H–fis
( h-fis’)
Gis-gis
(gis – gis’)
E - fis
( e – fis’)
H-e
( h – e’)
H - fis
( h – fis’)
A-a
( a – a’)
B - es
( b – es’)
Auswirkungen
Die Fans sinken beim 2. Durchgang um ½ Ton
optimale Tonlage
Tonumfang ( Ambitus) umfasst eine Quinte
eindeutig zu hoch, die Fans singen gis’ nicht richtig
Der Tonumfang beträgt eine None. Das fis’ singen sie
optimal, aber das e ist für viele zu tief!
Alle Töne können gleich laut gesungen werden,
Tonumfang Quarte macht die Melodie einfach
Optimale Tonlage
Alle Töne werden gleich laut gesungen
Rahmenintervall: Quinte
Das Lied ist def. zu hoch, das a’ kommt nicht
Rahmenintervall: Oktave anspruchsvoll
Tonlage optimal
Tonumfang Quarte, einfach, dafür mit Klatschrhythmen
Beim Untersuch von je 2 gleichen Liedern des FC Basel und des FC Aarau habe ich
festgestellt, dass die Lieder jeweils mit nur einem halben Ton Unterschied angestimmt
wurden. Dabei muss erwähnt werden, dass die Capos die Lieder immer ohne Hilfsmittel
anstimmen. (beigelegte DVD)
Fazit:
Idealerweise werden Lieder mit einem Tonumfang von einer Quinte oder Sexte gesungen.
Wird das Lied vom Capo auf der richtigen Tonhöhe angestimmt, können alle Sänger/innen
sowohl den höchsten, als auch den tiefsten Ton mit optimaler Lautstärke singen. Wird das
Lied zu hoch angestimmt hat es eine Chance sich auf die richtige Stufe einzupendeln, wenn
es lange genug gesungen wird (es reguliert sich von selbst).
In den Stadien hört man viele Kurzgesänge, bestehend aus 2 - 4 Noten, die sehr einfach zu
singen sind und welche die Fans schnell lernen (Vorsingen, Zuhören, Mitsingen)
F C Be F C Be F C F C F C Be
Kinder und Frauen:
e’ e’ e’
g’ g’ g’ d’ d’ g’ g’ e’ c’ c’
Männer:
e e e
g g g
d d
- 17 -
g g e c c
Gesänge aus der Fankurve
Katharina Woodtli
Nebst der Tonhöhe ist auch die Tonabfolge wichtig. Ein Lied, das nicht auf dem Grundton
(Tonika) endet, sondern auf der Quinte (Dominante) lädt zum Weitersingen ein, und kann
beliebig oft wiederholt werden (Endlosschleife, Looping). Grosse Tonschritte sind zu
vermeiden, weil diese schwieriger zu treffen sind. Einfacher sind Sekund- und Terzabfolgen
zum Singen. (vergl. Kopiez und Brink, Kapitel 10)
4.3.3 DER RHYTHMUS
Kopiez und Brink haben die rhythmischen Strukturen der Fussballieder analysiert und
festgestellt, dass sie sehr einfach sind. So kommen nur neun verschiedene rhythmische
Werte vor, wobei die meisten Lieder mit drei bis fünf verschiedenen Notenwerten
auskommen. (Vergl. Kapitel 4)
Synkopen sind nur selten zu finden.
Pausen sind nur kurz, längere Pausen werden verkürzt, oder mit Klatschrhythmen gefüllt.
Gerade Takte werden ungeraden vorgezogen.
Das Tempo, der Metronomwert liegt zwischen 120 und 160.
Der Metronomwert von 152 Schlägen pro Minute (alle 400 Milisekunden einen Schlag) ist
das geeignete Tempo, wo die wenigsten Personen dazu neigen, schneller zu werden
(S. 144 – 146).
Wenn ein Lied jedoch zu langsam angestimmt wird, werden die Fans von selbst immer
schneller (z.B. „Schallalalla“ und „FCB, FCB, FC Basel“ auf DVD).
Ansonsten ist der Paukenspieler für das richtige Tempo mitverantwortlich.
Zwei Rhythmen, die oft in Fussballstadien zu hören sind:
(Kopiez und Brink, S. 71 und 73)
- 18 -
Gesänge aus der Fankurve
Katharina Woodtli
4.3.4 DER LIEDTEXT
4.3.4.1 Der Jubilus
Die Fans singen oft Melodien ohne Texte, nur mit Silben: Lalalalala, nananana, eoeoeoeo.
Hier steht vor allem die Melodie im Vordergrund. Schwierigere Melodien werden oft mit
Schallalas gesungen. „Lady in Black“ habe ich als Jubilus gehört.
Wollen die Fans aber eine Botschaft rüber bringen, brauchen sie Worte
4.3.4.2 Die Lobeshymne
In diesen Liedern wird die Mannschaft verehrt. Sie bekunden mit ihren Texten ihre Treue zu
ihrem Club: „mer senge nor för de“, „mer send emmer för de do“, öb e guete oder schlächte
Ziite send mer emmer treu derbii“, „FC Basel, treu bes zom Stärbe“ um hier nur einige
Beispiele zu nennen. Oft wird dazu das Schalspannritual zelebriert. Drei meiner befragten
Fans singen am Liebsten solche Lieder: “Ich finde lange, langsame Lobeshymnen, welche
man bei einem Sieg oder einem denkwürdigen Ereignis singt sehr beeindruckend.“
(männl. 22)
4.3.4.3 Das Kampflied
Mit diesen Liedern wollen die Fans die Spieler zu Höchstleistungen anspornen: „Kämpfen
Aarau, kämpfen“, „Auf geht’s Aarau – kämpfen und siegen“.
4.3.4.4 Der Hassgesang, der Schmähgesang
Mit diesen Texten machen sich die Fans weniger über die generische Mannschaft lustig, als
viel mehr über die gegnerischen Fans. Die Gegner diffamieren, am besten mit Herabsetzung
ihrer Männlichkeit oder sie mit Texten wie: „Göhnd hei ehr Buebe vo Lozärn“, „Es kommt
eine Zeit, in der die Brücke (Kappelbrücke) wieder brennt“, „Zürich ist die Scheisse der
Nation“, Basler Stürmer zeiget’s dene Würmer“, „eure Eltern sind Geschwister“ provozieren,
ist für viele erst im Schutze der Gruppe möglich.
Wichtig ist bei diesen Liedern, dass sie in der anderen Kurve verstanden werden, deshalb
sind diese Lieder einfach und werden möglichst laut gesungen, gebrüllt.
Sprechchöre mit wenig Text hört man sehr oft: „Hu, Hu, Hu, Hu, Hueresöhn“. In meinen
Augen werden hier manchmal Grenzen überschritten! Es gibt auch Fans, die bei solchen
Gesängen nicht mitmachen: „Ziel ist es den Gegnern eine Übermacht zu demonstrieren (…)
manchmal auch durch Parolen, was ich sehr schade finde (männl. 20).
(Begriffe Jubilus, Lobeshymne, Schmähgesang von Kopiez und Brink übernommen
- 19 -
Gesänge aus der Fankurve
Katharina Woodtli
5. DVD MIT GESÄNGEN, FOTOS, VIDEOS
- 20 -
Gesänge aus der Fankurve
Katharina Woodtli
6. SCHLUSSVOLGERUNG
6.1 EINE EIGENES LIED KREIEREN
Mit meinem Wissen, das ich mir während dieser Arbeit angeeignet habe, möchte ein
eigenes, stadiontaugliches Lied kreieren. Mit dieser Übung habe ich die Möglichkeit, meine
Ergebnisse zu überprüfen.
Zuerst brauche ich einen Hit, der populär und bekannt ist. Ich stöbere in meinen „inneren
Archiven“ nach einem geeigneten Lied mit einem grossen Hitfaktor.
Die Melodie die mir spontan einfällt ist Polo Hofer’s „Alperose“. Obwohl dieses Lied nie als
Single veröffentlicht wurde, hatte das Stück sehr grossen Erfolg. 2006 wurde dieses Lied
vom Fernsehpublikum zum grössten Schweizer Hit aller Zeiten gewählt. Im diesjährigen
Skilager wurde es zum Lagerhit erklärt: Hitfaktor erfüllt! Auf der Skipiste und auf dem
Sessellift konnte ich die Schülerschaft stets den Refrain singen hören, somit besitz es
Ohrwurmqualität!
Es ist ein Schweizer Mundartlied, somit gehört es in die Kategorie Volkslied. Ich werde nur
den Refrain verwenden, somit wird das Lied mit 4 Zeilen kurz.
Der Tonumfang beträgt eine verminderte Sexte. Der Refrain besteht aus 4 Tönen (für
Männer eine Oktave tiefer): a,c’,d’,f’) die so angestimmt werden können, dass sowohl der
höchste, als auch der tiefste mit voller Lautstärke gesungen werden kann. Die Tonabfolge ist
sehr einfach.
Die Takte 1+5+9 , 2+6 und 3+7 sind melodisch identisch (Melodiewiederholungen).
Das Tongeschlecht ist Dur, somit wirkt es fröhlich und aufgestellt. (Aus diesem Grund werde
ich keinen Hassgesang kreieren!) Die Taktzahl ist gerade (4/4). Ich habe das Lied (den
Refrain von Alperose) von 16 auf 14 Takte gekürzt, damit am Schluss keine grosse Pause
entsteht und die Fans wieder von Vorne beginnen können. Ob das sinnvoll ist, wird sich beim
Singen mit den Fans zeigen. Die anderen grossen Pausen (nach der 1. und 2. Textzeile fülle
ich mit Schallalala, im Original spielen hier die Instrumente ein Solo.
Drei Zeilen beginnen mit „Alperose“ – ich wähle auch eine Wort, mit dem ich die drei ersten
Zeilen beginne.
„Alperose“ hat 4 Silben, betont die 3. Silbe – ich wähle „FC Aarau“
Hier einige Textideen (Mein erster Versuch, einen Fussballsong zu kreieren, ist mittelmässig
gelungen, er wirkt etwas brav! Aber wer weiss, in der Kurve ?)
1.
2.
FC Aarau – do send mer debii
FC Aarau – wird höt Sieger sii
FC Aarau - mer gloube fescht a deh
Mer möchte dech als Meischter gseh
3.
FC Aarau – do send mer debii
FC Aarau – wird höt Sieger sii
FC Aarau – mer füüre de höt aa
Ond senge der es Schallala
- 21 -
FC Aarau – do send mer debii
FC Aarau – wird höt Sieger sii
FC Aarau - du besch ned eleii
Ond Zöri cha grad weder heii
Basel
GC
Gesänge aus der Fankurve
Katharina Woodtli
- 22 -
Gesänge aus der Fankurve
Katharina Woodtli
6.3 FAZIT FÜR DEN MUSIKUNTERRICHT
Bei meiner Arbeit, meinen Recherchen war die Oberstufen - Schülerschaft stets in meinem
Hinterkopf präsent. Zum einen, weil diese Altersstufe im Stadion häufig anzutreffen ist, zum
anderen, weil ich mich ja zu Beginn meiner Arbeit fragte, wie ich das Potenzial der
Singfreudigkeit bereits in der Schule nutzen könne.
Begeisterung beim Singen zu wecken ist sicher eines meiner wichtigsten Ziele für den
künftigen Unterricht. Mögliche Faktoren könnten mir dabei helfen (sind jedoch nicht
sakrosankt):
•
Das Singen in der Gruppe macht Spass. Man fühlt sich in der Masse „geschützt“ und
nicht bloss gestellt. 4. Bez.schüler: „In der Masse hört man mich nicht, auch wenn ich
ganz laut singe“! Hier eignen sich auch klassenübergreifende Projekte.
•
Ohrwurmmelodien mit hohem Hitfaktor sind angesagt.
•
Stehen gibt eine andere Haltung, sowohl für den Körper, als auch für die Einstellung
zum Singen. (Fussballfans wollen stehen!)
•
Einstimmiges Singen führt nicht zu Überforderung, sondern gibt Sicherheit!
•
Beim Singen ohne Notenblatt werden mehr Emotionen freigesetzt. Die Schülerschaft
kann sich nicht hinter dem Blatt verstecken! Lieder auswendig singen.
•
Begleitung mit Klatschrhythmen, einfachen Schlaginstrumenten erzeugt Power.
Ich sehe zwischen der Funktion des Capos und meiner Aufgabe als Musiklehrkraft sehr viele
Parallelen. Ich gebe den „Takt“ an, animiere die Klasse zum Mitmachen, bin aber auch offen
für Ideen aus der Klasse und greife diese, falls möglich, auf. Ich schaffe Situationen, wo sich
die Schülerschaft produzieren kann, um ihre Fähigkeiten der Öffentlichkeit zu präsentieren.
Fazit: Wer mit Freude und Begeisterung Musik vermittelt, kann viel mehr erreichen!
Die Auswertung meiner Umfrage an 9 Oberstufenklassen in Unterkulm :
Auswertung Umfrage Oberstufe Unterkulm
32.3
35
30
26.8
%
25
20
15.9
12.8
15
7.9
10
4.3
5
0
w
m
aktive Fans, welche
öfters ein Spiel
besuchen
w
m
passive Fans, die
gerne Fussball am
TV
- 23sehen
-
w
m
können nichts mit
Fussball anfangen
Gesänge aus der Fankurve
Katharina Woodtli
Dieses Ergebnis ermutigt mich, das Thema Fangesang im Musikunterricht zu thematisieren.
Geeignete Melodien suchen und neuen Text dazu dichten. Eine eigene, einfache Melodie
erfinden und daraus einen Kurzgesang entwickeln.
Fangesänge können im Hinblick auf die EM, für den FC Aarau, für den heimischen FC Kulm,
oder aber auch für ein Jubiläum (beliebte Lehrkraft, Hauswart….) kreiert werden.
7. REFLEXION
Wie in der Einleitung erwähnt, bin ich in eine mir fremde Welt eingetaucht. Zuerst stöberte
ich im Internet und loggte mich in Fanforen ein. Einerseits faszinierten mich die
Diskussionen, die dort stattfinden, andererseits befremdeten mich gewisse Ansichten.
Nebst dem Matchbesuch vom 16.05.07, wo ich mit dem „Fussballvirus“ angesteckt wurde,
besuchte ich noch drei weitere Spiele:
•
FC Basel vs. FC Zürich (22. Juli)
•
FC Aarau vs. FC Grasshoppers (5. Aug.)
•
FC Aarau vs. FC Zürich (2. Sept.)
Diese Spiele fanden statt, bevor ich mich intensiv an meine Arbeit machen konnte, d.h.
während den Wochen 36 – 38 fanden keine Axpo Super League Spiele mehr statt. Gerne
hätte ich in dieser Zeit nochmals einen Match besucht, um meine Ergebnisse zu überprüfen.
Den Fragebogen für die Fans habe ich relativ früh konzipiert, deshalb habe ich auch Fragen
gestellt, auf die ich an anderer Stelle Antwort bekommen hätte.
Dafür fehlen Fragen wie:
-
wie oft besuchst du einen Match (um zu sehen, wie „treu“ dieser Fan ist)?
-
wie lange bist du schon Fan von …? Was fasziniert dich am Fanblock?
-
Singst du während dem ganzen Spiel, wenn nein, weshalb nicht?
-
Leidet deine Stimme nach einem Match und wie wirkt sich das aus?
Schwierigkeiten bereitete mir vor allem das Finden eines Capos. Mit Glück und Mut
(meinerseits) kam es dann doch noch zu einem Treffen. Durch ihn habe ich grossen Einblick
in die Fanszene erhalten und mein Verständnis für die Fangruppe der Ultras, die in den
Medien oft als Chaoten dargestellt werden, ist grösser geworden. Die Kreativität, mit der die
Kurvenshow (Gesang, Choreo und Pyro) jeweils inszeniert wird, begeistert mich!
Meine Hypothese, dass Fangesänge unmusikalische Personen durch ihre melodische,
rhythmische und inhaltliche Einfachheit zu enthusiastischem Singen verleiten, hat sich
bestätigt. Trotzdem ist es nur die halbe Wahrheit! Die einzigartige Atmosphäre in der
Grossgruppe, das Klangergebnis und die tolle Stimmung tragen ebenfalls zum Gelingen bei.
Den Einfluss von Alkohol auf die Singfreudigkeit habe ich absichtlich nicht thematisiert.
Erstens gaben mir die Fans keinen Anlass dazu und zweitens wären die Ergebnisse für das
Singen auf der Oberstufe nicht relevant!
- 24 -
Gesänge aus der Fankurve
Katharina Woodtli
8. QUELLEN
LITERATUR
Kopiz, Reinhard und Brink, Guido, Fussball - Fangesänge, Eine FANomenologie, 1998,
Königshausen & Neumann.
KONTAKTE
Diverse anonyme Fans, die Fragebogen ausgefüllt haben
„Kobi“ (Capo von Aarauer Fans, Amigo)
„Mars“ (Leiter Choreographie FC Aarau, Amigo)
„Tobias“ (Paukenspieler FC Aarau)
INTERNET
http://adrian.schattenburg.ch/hobbies_fangesang.php
http://www.amigos-aarau.ch/
Nixky unsere Gedanken sind bei dir
http://www.commando-ultras.ch/berichte3.html
http://www.hool-ultras.de/
Aufnahmen von Basler Gesängen
Muttenzer Kurve
kann verbotene Pyro bestellt werden
http://www.fanaten-aarau.ch/ffaarau.php?page=geschichte
http://www.fan-forum.ch/forum/
Ansichten von Fans
http://www.fanprojekt-basel.ch/
Kategorisierung Fans
http://www.fansicht.ch/
inoffizieller Fanclub, Ultra
was du wissen musst (Rechstlage)
http://www.fcaarau.ch/cont/fanclubs.php
Seite der offiziellen Fanclubs
http://www.fcafanpics.ch/2006/index.htm
Videos zu Choreo und Pyro (auf meiner DVD)
http://www.fcbforum.ch/forumdisplay.php?f=3
Ansichten von Fans
http://www.muttenzerkurve.ch/neues.cfm?cmd=detail&id=165
9. ANHANG
Auswertung Fragebogen Fans
FCB vs FCZ Protokoll vom 22. Juli 2007
Liedtexte FC Aarau
Liedtexte FC Basel
10. ANHANG SEPARAT
- 25 -
Fuessball ghört allne