matthäuspassion 1415 - Gürzenich

Transcription

matthäuspassion 1415 - Gürzenich
matthäuspassion 1415
Johann Sebastian Bach
Julia Kleiter Sopran
Anke Vondung Alt
Dominik Wortig Tenor
Markus Eiche Bariton
Lothar Odinius Tenor (Evangelist)
Adrian Eröd Bariton (Christusworte)
Chor des Bach-Vereins Köln
Kölner Domchor
Gürzenich-Orchester Köln
Helmuth Rilling Dirigent
First Global Partner
matthäuspassion 1415
Karfreitag, 03. Apr 15, 18 Uhr
Kölner Philharmonie
Johann Sebastian Bach (1685–1750)
»Matthäuspassion« (Passio secundum Matthaeum) BWV 244 (1727) ca. 180’
Erster Teil
– Pause –
Zweiter Teil
Julia Kleiter Sopran
Anke Vondung Alt
Dominik Wortig Tenor
Markus Eiche Bariton
Lothar Odinius Tenor (Evangelist)
Adrian Eröd Bariton (Christusworte)
Chor des Bach-Vereins Köln
(Einstudierung: Thomas Neuhoff)
Kölner Domchor
(Einstudierung: Eberhard Metternich)
Gürzenich-Orchester Köln
Helmuth Rilling Dirigent
»Die schnellste CD der Welt« auch dieses Mal erhältlich im Foyer (siehe S. 40)
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Das Gefühl seelischen Zuhauseseins
Über die Magie der »Matthäuspassion«
im Zeitalter der Glaubensferne
Alexander Reischert
Karfreitag 2015, die Sterbestunde Jesu liegt erst kurze Zeit zurück: Auch heute werden die Geistlichen landauf, landab einmal
mehr auf spärlich besetzte Kirchenbänke geblickt haben, und die
Teilnehmerzahl bei den Kreuzwegprozessionen dürfte ebenso – wie
seit Jahren – spürbar ausgedünnt gewesen sein. Ein mittlerweile
allzu stiller Freitag in vielen christlichen Gemeinden. Das zentrale
Glaubensmysterium, die Selbstaufopferung Jesu Christi für den
sündigen Menschen, hat in der liturgischen Gestaltung dieser
Tage seine Suggestivkraft weitgehend verloren. Parallel wachsen
in ­unserer säkularisierten, modernen Gesellschaft Kirchen- und
Glaubensferne stetig an. Und dennoch vermag die christliche
­Passionsgeschichte auch heute noch sehr zuverlässig zu mobili­
sieren: Für zum Bersten gefüllte Kirchen bzw. schon Wochen zuvor
ausgebuchte Konzertsäle sorgt dabei ein oratorisches Werk, dessen
Musik fast drei Jahrhunderte alt ist und das mit einer Aufführungsdauer von gut drei Stunden sowie einer für unsere Ohren antiquiert
anmutenden Librettosprache kaum ein Kriterium heutiger, zeit­
gemäßer Glaubenspraxis zu erfüllen scheint: Johann Sebastian
Bachs »Matthäuspassion«.
Sogwirkung auch für Atheisten
Umso verblüffender ist bei diesem Werk die überzeitliche »Hörerbindung«, gerade auch unter Nichtchristen oder gar Atheisten.
­Berühmt geworden sind die Worte des »Gott ist tot«-Verkünders
Friedrich Nietzsche über diese Passionsmusik: »Wer das Christentum völlig verlernt hat, der hört es hier wirklich wie ein Evangelium,
es ist dies die Musik der Verneinung des Willens ohne die Erinnerung an die Askesis.« Der protestantisch getaufte Sozialist Karl
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Christus am Ölberg. Holzschnitt von Albrecht Dürer, ca. 1500
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Liebknecht wiederum begeisterte sich 1917 gänzlich ›unreligiös‹
gegenüber seinem Sohn: »Durchblickt man das Zaubergewebe,
ist man ganz berauscht vor Seligkeit. Nichts Süßeres, Zarteres,
Rührenderes und in den Volksszenen nichts Großartigeres kennt
die Musik.« 1920 notierte der selbsterklärte Atheist Rainer Maria
Rilke nach einem Aufführungsbesuch: »Während des Eingangs­chors
haben sich wahre Schmerzgebirge vor mir aufgetürmt.« Und Bertolt
Brecht erinnerte sich noch in den 1940ern an ein Hörerlebnis der
»Matthäuspassion« als Jugendlicher, bei dem er in »dieses wilde
Koma« verfallen sei, das ihn gar um die eigene Gesundheit fürchten
ließ.
Eine Wirkungsgeschichte ohnegleichen
Bachs »Matthäuspassion« erscheint uns heute als eines der größten
Rezeptions- und Wirkungswunder der Musikgeschichte – zumal ihre
öffentliche Geburtsstunde 1727 alles andere als triumphal aus­
gefallen sein soll. Zu Lebzeiten des Komponisten wurde das Werk
vermutlich nur viermal aufgeführt, eine geplante Wiederaufnahme
1739 vom Stadtrat sogar untersagt, vorerst zuletzt erklang es wohl
1742. Für manch einen Zeitgenossen Bachs erschien es als ›ästhe­
tische Provokation‹, was der Thomaskantor hier auf hunderten
Seiten zu Notenpapier gebracht hatte, wie uns durch Christian
Gerbers »Historie der Kirchen-Ceremonien in Sachsen« von 1732
überliefert ist (der Autor bezieht sich hier auf eine nicht näher
bezeichnete »zweychörige Passion«, bei der es sich nach heutigem
allgemeinem Konsens um die »Matthäuspassion« handelt): »Als in
einer vornehmen Stadt diese Paßions-Music mit 12 Violinen, vielen
Hautbois, Fagots und anderen Instrumenten mehr, zum erstenmal
gemacht ward, erstaunten viele Leute darüber und wußten nicht,
was sie daraus machen sollten … Als nun diese theatralische
Music angieng, so geriethen alle diese Personen in die größte
Verwunderung, sahen einander an und sagten: ›Was soll daraus
werden?‹ Eine alte Adeliche Wittwe sagte: ›Behüte Gott, ihr Kinder!
Ist es doch, als ob man in einer Opera-Komödie wäre.‹ – Aber alle
hatten ein Mißfallen daran und führten gerechte Klage darüber.«
Mit seinem Tod fielen Johann Sebastian Bach und sein komposi­
torisches Œuvre dann bekanntlich einer – bezüglich Eintrittsschnelligkeit und Konsequenz für uns kaum mehr nachvollziehbaren –
Nichtbeachtung in der Musikpraxis anheim. Ganze acht Jahrzehnte
mussten vergehen, bis ein 20-Jähriger den Rezeptionsmythos der
»Matthäuspassion« weiterschrieb: Felix Mendelssohn Bartholdy
lieferte am 11. März 1829 in Berlin mit seiner Wiederaufführung
die Initialzündung für eine seither ununterbrochene Erfolgsgeschich-
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Notenhandschrift des Rezitativs Nr. 61
te. Bereits damals zeigte sich, dass die Wirkung des Oratoriums
weit über die theologische Primärzielgruppe hinausreichte. So
schilderte der Historiker Johann Wilhelm Loebell seinen Eindruck
folgendermaßen: »Streng ist Sebastian allerdings und ernst, aber
so, daß selbst bei allem Klagen, Jammern, Reue, Buße, die Heiterkeit und Freude des Daseyns auf das wunderbarste durchbrechen,
ja unmittelbar daraus hervorblühe. Ich muß es Ihnen sagen, ich
glaube hier den Tonsetzer gefunden zu haben, nach dem ich lange
suchte, den nämlich, der mit Shakespeare zu vergleichen ist.«
Der Urgrund menschlichen Fühlens
Es sind die fundamentalen menschlichen Emotionen, deren musikalisches Nachfühlen Bach vor der Leinwand des Passionsgeschehens
hier in einzigartiger und offensichtlich zeitloser Weise gelungen ist:
Liebe, Hass, Verrat bzw. Schuld, Reue, Vergebung als Erfahrungskonstanten allgemeiner menschlicher Existenz, oder, möchte man
die biblische Szenenfolge diesbezüglich detaillierter abstrahieren:
Abschiedsmahl im Freundeskreis, Verrat, Verleugnung, Verschwörung, Gewalt und politischer Opportunismus, Todesangst, Ringen
um das Fügen in den Willen Gottes, Folterung, Sterben, Bestattung
eines nahen Menschen, Trauer und Hoffnung.
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Aus diesem Blickwinkel mag die verblüffende These des Musik­
wissenschaftlers Hans Heinrich Eggebrecht sofort einleuchten, der
in Bezug auf die Passionsmusiken des Thomaskantors feststellte:
»Was muss man wissen, um Bach zu verstehen? Nichts!« – und
das aus dem Munde eines der bedeutendsten deutschen Musik­
forschers, der sich damit dem Geheimnis der »Matthäuspassion« fast
schon selbstironisch annäherte. Die folgerichtige Anschlussfrage
lautet sodann: Muss man gläubiger Christ sein, um ein solches
Werk zu verstehen? »An Gott zweifeln, an Bach glauben« überschrieb der argentinische Komponist Mauricio Kagel seine Laudatio
zum 300. Geburtstag des Barockmeisters – womit er beim Stutt­
garter Bachfest 1985 übrigens einen kleinen Skandal auslöste –
und kommt mit diesem scheinbaren Paradoxon ebenfalls der außerordentlichen Wirkungsgeschichte der »Matthäuspassion« auf die
Spur. Das Drama der Passionsgeschichte ist vor allem auch ein
zutiefst menschlich-emotionales, das mit, aber eben auch ohne
theologischen Überbau den Hörer anzurühren vermag. Und das
erreichte Bach mit seiner Musik unmittelbarer und glaubhafter, als
jeder andere vor oder nach ihm.
Ja, der Thomaskantor schuf hier so etwas wie transzendierte Sakralmusik, die auf die allgemeinen Fundamente menschlichen Daseins
zurückverweist – Barockkunst, die dem Verfallsdatum aller Zeitkunst zu trotzen scheint, Sakralkunst, welcher selbst der Glaubensverlust nichts anzuhaben vermag. So formulierte der glaubens- und
religionskritische Thomas Mann 1917 in einem Brief an seinen
Dichterkollegen Adolf von Grolmann: »Ich hörte kürzlich zum zweiten
Mal die »Matthäuspassion« – ich kann nicht sagen, mit welcher
intimen Ergriffenheit, mit welchem Gefühle seelischen Zuhauseseins.«
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Ein kleiner Hörleitfaden
zur »Matthäuspassion«
Beim Blick auf den raffinierten Bauplan der »Matthäuspassion«
mischen sich Hochachtung, Begeisterung und zugleich Demut, wie
es so mancher auch beim Betreten einer der großen gotischen
Kathedralen empfindet. »Bachs Konzept der konzentrierten Vielfalt«
taufte es der Musikforscher Christoph Wolff und meint damit u. a.
die verwendeten, unterschiedlichen Satz- und Besetzungsformen:
Da sind die Rahmenchöre zu Beginn und Schluss als emotionale
Eckpfeiler des Geschehens, Choräle als Glaubensbekenntnisse der
Gemeinde, Ariosi (reich gestaltete Rezitative) und Arien (liedförmige
Sätze) der Solisten (Sopran, Tenor, Alt, Bass) als Kommentare sowie
der eigentliche biblische Bericht, der vom Evangelisten (Solo-Tenor)
in Rezitativen vorangetrieben sowie von der Stimme Christi (SoloBass), chorischen Einzelstimmen (sog. Soliloquenten als Mägde,
Zeugen, Frau des Pilatus) bzw. solistischen Kleinpartien (Petrus,
Judas, Pilatus, Hohepriester) und dem jüdischen Volk (Chor) dramatisiert wird. Die Rollenpluralität des Chores betont J. S. Bach zusätzlich durch dessen Zweiteilung, die sich insbesondere in den frei
gedichteten Gesangspassagen zeigt, wenn Chorus 1 die Tochter
Zions (einer Personifizierung der himmlischen Stadt Jerusalem,
als allegorische Gestalt eine Anhängerin Jesu) und Chorus 2 die
Stimme der Gläubigen vertritt. Die Choräle wie auch die Volkschöre
hingegen werden gemeinsam musiziert, erstere im vierstimmigen,
zweitere wiederum überwiegend im dialogischen, achtstimmigen
Satz.
Das Libretto speist sich aus drei unterschiedlichen Quellen: dem
biblischen Passionsbericht nach Matthäus, traditionellen, den
Bach’schen Zeitgenossen wohlbekannten Passionsliedern sowie
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Die Bach-Statue in Leipzig
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vom Textdichter Picander frei gedichteten Versen (als ›gereimter‹
Predigt), die von diesem kunstvoll in folgenden Handlungsverlauf
eingewoben wurden: Salbung in Bethanien – Abendmahl – Am Ölberg – Falsches Zeugnis – Verhör vor Kaiphas und Pilatus – Überantwortung und Geißelung – Kreuzigung – Grablegung. Die Zwei­
teilung des Oratoriums (Pause nach der Ölberg-Szene) erklärt sich
aus der gottesdienstlichen Praxis der Protestanten, bei der Karfreitagsvesper eine Predigt in den musikalischen Vortrag einzubetten.
Bach wäre aber nicht Bach, hätte sich hiermit die formale Konstruktion der »Matthäuspassion« bereits vollumfänglich offenbart. So
deckte etwa der Forscher Friedrich Smend 1928 eine ganz eigene
Lesart des Bauplans dieses Oratoriums auf, indem er die Arie »Aus
Liebe will mein Heiland sterben« zum Zentrum des Werks erklärte,
da sich die zehn Volkschöre in achsensymmetrischer Anordnung
um diese gruppieren. Solche tieferen Blicke bis hinein in die Mikro­
ebene der Partitur eröffnen zahllose weitere Beziehungsgeflechte,
deren Analyse mittlerweile Regalwände in Musikbibliotheken füllt.
Den unmittelbarsten, für jedermann nachvollziehbaren Hörleitfaden
liefert zweifelsohne der strukturgebende Choral »O Haupt voll Blut
und Wunden«, von dem verschiedene Strophen in unterschiedlichen
Kontexten und Harmonisierungen insgesamt fünf Mal erklingen.
So staunte stellvertretend der Komponist und Pädagoge Hermann
Keller, »wie durchdacht und bis ins Einzelnste ausgewogen der
Bauplan der ›Matthäuspassion‹ ist, wie gewisse Zahlenverhältnisse
eine Rolle spielen, sodass man keinen Stein herausnehmen kann,
ohne das Ganze zu gefährden. Jeder Hörer spürt die Größe dieser
Architektonik Bachs.«
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Musik, die Antworten zu geben versucht …
Im Vorfeld der Kölner Aufführung sprach der Dirigent Helmuth Rilling
über seine persönliche Annäherung an die Partitur der »Matthäuspassion«,
die magische Wirkung dieser Musik in unterschiedlichsten Kultur- und
Glaubenskreisen sowie zentrale Aspekte seiner musikalischen Interpretation
anno 2015.
Herr Rilling, erinnern Sie sich noch daran, als Sie die »Matthäus­
passion« zum allerersten Mal gehört haben?
H.R.: Das kann ich ziemlich präzise beantworten: Ich war wohl
etwa 14 Jahre alt, als ich die »Matthäuspassion« zum ersten Mal
hörte. Es war ein Konzert, das im Württembergischen Staats­
theater, also im Opernhaus stattfand. Damals waren ja die Konzert­
säle noch alle zerstört und das war der einzige funktionierende
Konzertsaal. Ausführende waren der dortige Opernchor und das
Orchester unter der Leitung von Ferdinand Leitner.
Ich fand damals die Chöre und die Tutti-Sätze äußerst spannend,
empfand natürlich – als junger Mensch – die Arien als sehr lang.
Ich erinnere mich aber vor allem an eine Sache, die ich bis heute
behalten habe: Da gibt es das Alt-Rezitativ »Erbarm es Gott«,
dieses Geißelungsrezitativ mit dem punktierten Rhythmus im
Orchester. Beim Hören dieser Passage habe ich zum ersten Mal
begriffen, dass instrumentale Musik einen Text abbilden kann.
Wann standen Sie mit dieser gewaltigen Partitur erstmals am
­Dirigentenpult?
H.R.: Die »Matthäuspassion« war für mich das letzte der großen
Werke Bachs, welches ich mir zu eigen gemacht habe. Das bedeutete zunächst mal ein sehr langes und intensives Studium der
Partitur. Sie ist ja das längste Oratorium Bachs, länger als etwa die
h-Moll-Messe oder die »Johannespassion«, und auch das am größten
besetzte. Ich brauchte damals sehr viel Zeit, um mir dieses Stück
anzueignen. Das Schwierigste bei einem solchen Stück ist die
Abfolge der vielen so sehr verschiedenen Sätze. Einerseits gibt es
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Helmuth Rilling
Chöre, dann gibt es Choräle, Arien, Ariosi, dann vor allem auch die
sehr langen Rezitative. Diese Rezitative zu lernen, also zu wissen,
wie der Text fortschreitet und wie die Continuo-Instrumente den
Evangelisten begleiten, das ist eine sehr schwierige Aufgabe.
Der habe ich mich – ich weiß es noch ziemlich genau – etwa ein
dreiviertel Jahr vor der Aufführung gestellt. Und das hat mich viel
Mühe gekostet.
Wenn Sie mich fragen, was denn das immer wieder Spannende
einer Aufführung der »Matthäuspassion« ist, dann ist es vor allem
das Verbinden dieser vielen unterschiedlichen Sätze. In der Neuen
Bach-Ausgabe hat das Stück 68 verschiedene Nummern, und die
sinnvoll miteinander zu verbinden, also nicht einfach nach jedem
Satz eine Pause zu machen und dann erst zu überlegen, wie es
weitergeht, das ist die Hauptaufgabe, wenn man Spannung während einer Aufführung erzeugen will.
Wie empfinden Sie die körperliche Anstrengung am Pult während
der gut dreistündigen »Matthäuspassion«?
H.R.: Ach wissen Sie, physisch eigentlich gar nicht so sehr. Natürlich gibt es einige sehr dramatische Sätze, wo ein Dirigent sich
auch physisch und mental besonders einsetzen muss – ich denke
etwa an den Chor »Sind Blitze, sind Donner«. Aber eigentlich
ist die »Matthäuspassion« im Vergleich zu anderen Oratorien im
All­gemeinen wie auch den anderen Bach-Oratorien im Speziellen
– wenn Sie den physischen Aspekt ansprechen – ein nicht allzu
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anstrengendes Stück. Es ist im Grunde mehr die psychische
­Kontrolle, die man ständig ausüben muss: Wo sind wir in dem
Stück, was kommt als Nächstes? Haben wir einen meditativen
Satz oder ein Abbild der dramatischen Passionsgeschichte? Das
im Kopf zu haben und es bewusst zu steuern, ist sehr wichtig.
Sie haben das Stück ja z. B. auch schon in Japan dirigiert, wo das
Christentum längst nicht so verbreitet ist wie hier. Wie erklären Sie
sich die dortige Begeisterung für dieses Werk?
H.R.: Die »Matthäuspassion« ist natürlich inzwischen eine Komposition, die weltweit zu den ganz großen Werken der Musikgeschichte
gezählt wird – und das finde ich absolut gut und wunderschön.
Natürlich sind in anderen Kulturräumen die Voraussetzungen völlig
verschieden von denen, die wir hier in Deutschland oder in Europa
haben. Ich erinnere mich, wenn Sie gezielt Japan ansprechen, an
eine Situation, als die »Matthäuspassion« dort von mir dirigiert
wurde und es vorher ein Fernsehinterview gab, das damals direkt
übertragen wurde. Da hat man mich unmittelbar vor dem Beginn
der Aufführung gefragt: »Herr Rilling, ist es notwendig zu glauben,
um die »Matthäuspassion« verstehen zu können?« Das ist natürlich
schon eine sehr zentrale Frage. Und ich habe damals geantwortet: »Nein, das ist natürlich nicht nötig.« Denn das Stück spricht
so viele Aspekte menschlicher Probleme an, die Bach mit seiner
Musik zu lösen bzw. eine Antwort zu geben versucht. Deshalb ist
es ein Stück, das allen Menschen gehört und sie führen soll.
Warum ist die »Matthäuspassion« aus Ihrer Sicht bis heute so
­ausgesprochen erfolgreich?
H.R.: Die »Matthäuspassion« ist im Vergleich zur dramatischen
»Johannespassion« die reflektierende Passion. Sie denkt nach.
Wenn man beispielsweise die Turbachöre (also die Volkschöre) der
»Johannespassion« mit denen der »Matthäuspassion« vergleicht, so
sind diese in der »Johannespassion« sehr lang. Bach betont dort
also das dramatische Moment, das dramatische Geschehen der
Passionsgeschichte. In der »Matthäuspassion« sind sie viel kürzer,
sogar extrem kurz, wie etwa der »Barrabam«-Akkord: Das ist ja gar
kein Chor, sondern nur ein einziger Akkord, wenn das Volk auf die
Pilatus-Frage »Welchen wollt ihr unter diesen zweien, den ich euch
soll losgeben?« antwortet.
Es ist so, dass in der »Matthäus-« im Gegensatz zur »Johannespassion«
der Anteil der nachdenkenden Sätze, die fragen, was das für mich
persönlich, für uns als Gemeinde, vielleicht sogar für die Menschheit bedeutet, sehr viel größer und sehr bewegend gesetzt ist.
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Es gibt viele Menschen, die gerade in der »Matthäuspassion«
eine Arie, wie etwa die Alt-Arie »Erbarme dich«, zum Wichtigsten
und Zentralsten zählen, obwohl dies kein Stück des Evangelien­
berichts ist.
Wenn Sie wie jetzt in Köln mit fremden Ensembles die »Matthäus­
passion« in relativ kurzer Zeit proben und aufführen, wie gehen Sie
da vor, um Ihre persönliche Auffassung des Werks bei den Musikern
zu verankern?
H.R.: Es ist ein großes Stück und man braucht viele Proben. Der
Chor hat vieles sehr Differenziertes zu tun, aber vor allem auch
die Solisten zusammen mit dem Orchester haben äußerst differenzierte Aufgaben. Ich muss nun die Zeit so einteilen, dass ich
alle Stücke in die Richtung proben und führen kann, wo ich glaube, dass sie für eine spannende Gesamtaufführung hingehören.
Ich hoffe, dass das in Köln gut gelingen wird. Ich habe diesbezüglich schon sehr viel Erfahrung. Die letzte Aufführung der »Matthäuspassion« habe ich vor ein paar Wochen in Moskau dirigiert. Da
war der Chor ein russischer, der das Werk in deutscher Sprache
sang. Dies war eine sehr bewegende Aufführung vor Tausenden
von Menschen.
Sie dirigieren die »Matthäuspassion« seit vielen Jahrzehnten. In einem
Interview sagten Sie einmal, »dass eine Wiedergabe Bach’scher
Werke (und nicht nur dieser) eigentlich jedes Mal wieder anders
aussehen muss … man muss neue Wege gehen, um das Werk
­aktuell zu machen«. Welche spezifischen Interpretations- bzw. Les­
artunterschiede stellen Sie für dieses Werk über die Jahre bei sich
selbst fest?
H.R.: Das bezieht sich zunächst auf ganz musikalisch technische
Dinge, also z. B. Fragen des Tempos: Ich habe beispielsweise den
Eingangschor früher langsamer gemacht als heute und habe dafür
natürlich meine Gründe: Beim Eingangschor handelt es sich
grundsätzlich um einen Pastorale-Satz, d. h. einen Tanzsatz, und in
einem zu langsamen Tempo wird dies nicht mehr deutlich. Dann
wäre gerade bezüglich des Eingangschors zu sagen, dass, wenn
der Choral-Cantus-firmus »O Lamm Gottes unschuldig« zu langsam
erscheint, er für den Zuhörer nicht mehr als Choral begreifbar ist.
Diese beiden Gründe führen mich zu einem heute schnelleren
Tempo als in früheren Jahren. Natürlich ist es ganz wichtig, dass
das Gesamtensemble mit Vibrato sehr vorsichtig umgeht. Das
will ich im Chor nicht haben, das will ich im Orchester nicht haben, und bei den Solisten auch nur begrenzt. Dies fällt unter die
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Kategorie »Klarheit und Deutlichkeit«, die mir natürlich immer
wichtig ist.
Auf der anderen Seite finde ich, dass die Choräle genau in das
Umfeld passen müssen, in das Bach sie komponiert hat, dass sie
also das widerspiegeln, was im Evangelienbericht vorausgesagt
wurde, und dass man dies entsprechend ausdrücken muss.
­Ausdrücken heißt, da sind wieder Tempofragen entscheidend:
Wie schnell ist der Choral, wie reflektiert ist er, handelt es sich
um einen eher verhaltenen Choral? Das bringt auch dynamische
­Überlegungen mit sich. Der Choral »Ich will hier bei dir stehen«
ist sicher von Bach als ein Piano-Choral gedacht. Solche Differenzierungen braucht man, um das Stück zu fassen.
Wie gehen Sie konkret mit den Fermaten bei den Chorälen um:
Sind es bei Ihnen eher längere Einschnitte oder ziehen Sie den
Bogen im Grunde genommen direkt weiter?
H.R.: Dazu muss man wissen, dass diese Fermaten schon in den
Gesangbüchern der Bach-Zeit stehen. Das heißt, nicht Bach
selbst hat sie gesetzt, sondern er hat sie von dort übernommen.
Für mich sind die Fermaten in den Bach’schen Chorälen Zeichen,
dass die Gemeinde atmen muss. Also werde ich die Fermaten
nicht halten, aber vor der jeweils nächsten Zeile den Chor um
einen Atem bitten. Der kann etwas kleiner oder etwas größer sein,
das hängt von der Gestaltung des jeweiligen Chorals ab.
Sie führen die »Matthäuspassion« in Köln nun mit dem modernen
Klangkörper des Gürzenich-Orchesters auf. Sie bestehen demnach
nicht, wie viele andere, bei Bach auf historischen Originalinstru­
menten?
H.R.: Es ist bei mir durchaus verschieden. Es gibt auch Situationen, wo das Orchester historischer besetzt ist. Auf jeden Fall ist
das ja eine Verbindung verschiedener Klangwelten, auch in Köln.
Natürlich werden wir beispielsweise eine Gambe haben, also ein
historisches Instrument. Die muss in zwei Arien spielen – und
sie würde ich nicht ersetzen wollen durch ein Cello, was man ja
grundsätzlich könnte. In Köln habe ich eine Situation, wo ein
­Orchester auf dem heute gebräuchlichen Instrumentarium spielt,
und ich werde versuchen, einen Klang zu erreichen, der einem
historischen Klangbild Rechnung trägt.
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Was macht für Sie persönlich die Ausnahmestellung, die Magie der
»Matthäuspassion« aus?
H.R.: Für mich als Bach-Spezialist sind »Matthäuspassion« und
h-Moll-Messe die wirklich ganz herausragenden Oratorien – ohne
dabei die »Johannespassion« in den Hintergrund stellen zu wollen.
Aber die »Matthäuspassion« ist eben noch breiter angelegt.
Es ist schon so, dass der Picander’sche Textentwurf Bach zu ganz
außerordentlichen künstlerischen, ja kreativen Schöpfungen gebracht hat, eben durch diese ständige Abfolge: hier die Passionsgeschichte – dort die Frage, was das bedeutet. Aber nicht in dem
Sinn, was das im ganz Allgemeinen bedeutet, sondern immer
wieder im ganz persönlich subjektiven Sinn. Ein Choral wie »Wenn
ich einmal soll scheiden« ist das Subjektivste, was man in Musik
ausdrücken können kann, und Picander liefert das im Textentwurf
und Bach komponiert das in so wunderbarer Weise.
Das Interview führte Alexander Reischert.
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Erster Teil
gelehrten und die Ältesten im Volk
in den Palast des Hohenpriesters,
Nr. 1 Chor
der da hieß Kaiphas; und hielten
(Chor I, II, Knabenchor)
Rat, wie sie Jesum mit Listen
Kommt, ihr Töchter, helft mir
griffen und töteten. Sie sprachen
klagen;
aber:
Sehet! Wen? Den Bräutigam.
Chor I, II: Ja nicht auf das Fest,
Seht ihn! Wie? Als wie ein Lamm.
auf daß nicht ein Aufruhr werde im
O Lamm Gottes unschuldig
Volk.
Am Stamm des Kreuzes
Evangelist: Da nun Jesus war zu
geschlachtet,
Bethanien im Hause Simonis des
Sehet! Was? Seht die Geduld.
Aussätzigen, trat zu ihm ein Weib,
Allzeit erfund’n geduldig,
die hatte ein Glas mit köstlichem
Wiewohl du warest verachtet.
Wasser, und goß es auf sein
Seht! Wohin? Wohin? Auf unsre
Haupt, da er zu Tische saß.
Schuld.
Da das seine Jünger sahen,
All’ Sünd hast du getragen,
wurden sie unwillig und sprachen:
Sonst müßten wir verzagen.
Chor I: Wozu dienet dieser Unrat?
Sehet ihn aus Lieb und Huld
Dieses Wasser hätte mögen teuer
Holz zum Kreuze selber tragen.
verkauft und den Armen gegeben
Erbarm dich unser, o Jesu.
werden.
Evangelist: Da das Jesus merkete,
Nr. 2 Rezitativ
sprach er zu ihnen:
Evangelist: Da Jesus diese Rede
Jesus: Was bekümmert ihr das
vollendet hatte, sprach er zu
Weib? Sie hat ein gut Werk an mir
seinen Jüngern:
getan! Ihr habet allezeit Armen
Jesus: Ihr wisset, daß nach
bei euch, mich aber habt ihr nicht
zweien Tagen Ostern wird, und des
allezeit. Daß sie dies Wasser hat
Menschen Sohn wird überant­
auf meinen Leib gegossen, hat sie
wortet werden, daß er gekreuziget
getan, daß man mich begraben
werde.
wird. Wahrlich, ich sage euch:
Wo dies Evangelium geprediget
Nr. 3 Choral
wird in der ganzen Welt, da
Herzliebster Jesu, was hast du
wird man auch sagen zu ihrem
verbrochen,
Gedächtnis, was sie getan hat.
Daß man ein solch scharf Urteil
hat gesprochen?
Nr. 5 Rezitativ (Alt)
Was ist die Schuld, in was für
Du lieber Heiland du,
Missetaten bist du geraten?
Wenn deine Jünger töricht streiten,
Daß dieses fromme Weib
Nr. 4 Rezitativ
Mit Salben deinen Leib
Evangelist: Da versammleten sich
Zum Grabe will bereiten;
die Hohenpriester und Schrift­
So lasse mir inzwischen zu,
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Von meiner Augen Tränenflüssen
wie ihnen Jesus befohlen hatte
Ein Wasser auf dein Haupt zu
und bereiteten das Osterlamm.
gießen!
Und am Abend setzte er sich
zu Tische mit den Zwölfen,
Nr. 6 Arie (Alt)
und da sie aßen, sprach er:
Buß und Reu
Jesus: Wahrlich, ich sage euch:
Knirscht das Sündenherz entzwei,
Einer unter euch wird mich
Daß die Tropfen meiner Zähren
verraten.
Angenehme Spezerei,
Evangelist: Und sie wurden sehr
Treuer Jesu, dir gebären.
betrübt und huben an, ein jeglicher
unter ihnen, und sagten zu ihm:
Nr. 7 Rezitativ
Chor I: Herr, bin ich’s?
Evangelist: Da ging hin der
Zwölfen einer, mit Namen Judas
Nr. 10 Choral
Ischarioth, zu den Hohenpriestern,
Ich bin’s, ich sollte büßen,
und sprach:
An Händen und an Füßen
Judas: Was wollt ihr mir geben?
Gebunden in der Höll’.
Ich will ihn euch verraten.
Die Geißeln und die Banden,
Evangelist: Und sie boten ihm
Und was du ausgestanden,
dreißig Silberlinge. Und von
Das hat verdienet meine Seel’.
dem an suchte er Gelegenheit,
daß er ihn verriete.
Nr. 11 Rezitativ
Evangelist: Er antwortete und
Nr. 8 Arie (Sopran)
sprach:
Blute nur, du liebes Herz.
Jesus: Der mit der Hand mit mir in
Ach, ein Kind, das du erzogen,
die Schüssel tauchet, der wird
Das an deiner Brust gesogen,
mich verraten. Des Menschen
Droht den Pfleger zu ermorden,
Sohn gehet zwar dahin, wie von
Denn es ist zur Schlange worden.
ihm geschrieben stehet; doch wehe
dem Menschen, durch welchen
Nr. 9 Rezitativ
des Menschen Sohn verraten wird!
Evangelist: Aber am ersten Tage
Es wäre ihm besser, daß derselbige
der süßen Brot traten die Jünger
Mensch noch nie geboren wäre.
zu Jesu und sprachen zu ihm:
Evangelist: Da antwortete Judas,
Chor I: Wo willst du, daß wir dir
der ihn verriet, und sprach:
­bereiten das Osterlamm zu essen?
Judas: Bin ich’s, Rabbi?
Evangelist: Er sprach:
Evangelist: Er sprach zu ihm:
Jesus: Gehet hin in die Stadt zu
Jesus: Du sagest’s.
einem und sprecht zu ihm: Der
Evangelist: Da sie aber aßen,
Meister läßt dir sagen »Meine Zeit
nahm Jesus das Brot, dankete
ist hier, ich will bei dir die Ostern
und brach’s und gab’s den Jüngern
halten mit meinen Jüngern«.
und sprach:
Evangelist: Und die Jünger taten,
22
Jesus: Nehmet, esset, das ist
Jesus: In dieser Nacht werdet ihr
mein Leib.
euch alle ärgern an mir. Denn es
Evangelist: Und er nahm den Kelch
stehet geschrieben: Ich werde den
und dankete, gab ihnen den und
Hirten schlagen, und die Schafe
sprach:
der Herde werden sich zerstreuen.
Jesus: Trinket alle daraus; das ist
Wenn ich aber auferstehe, will ich
mein Blut des Neuen Testaments,
vor euch hingehen in Galiläam.
welches vergossen wird für viele,
zur Vergebung der Sünden. Ich
Nr. 15 Choral
sage euch, ich werde von nun an
Erkenne mich, mein Hüter,
nicht mehr von diesem Gewächs
Mein Hirte, nimm mich an!
des Weinstocks trinken, bis an den
Von dir, Quell aller Güter,
Tag, da ich’s neu trinken werde mit
Ist mir viel Gut’s getan.
euch in meines Vaters Reich.
Dein Mund hat mich gelabet
Mit Milch und süßer Kost.
Nr. 12 Rezitativ (Sopran)
Dein Geist hat mich begabet
Wiewohl mein Herz in Tränen
Mit mancher Himmelslust.
schwimmt,
Daß Jesus von mir Abschied
Nr. 16 Rezitativ
nimmt,
Evangelist: Petrus aber antwortete
So macht mich doch sein
und sprach zu ihm:
Testament erfreut.
Petrus: Wenn sie auch alle sich an
Sein Fleisch und Blut,
dir ärgerten, so will ich doch mich
o Kostbarkeit,
nimmermehr ärgern.
Vermacht er mir in meine Hände.
Evangelist: Jesus sprach zu ihm:
Wie er es auf der Welt
Jesus: Wahrlich, ich sage dir: In
mit denen Seinen
dieser Nacht, ehe der Hahn krähet,
Nicht böse können meinen,
wirst du mich dreimal verleugnen.
So liebt er sie bis an das Ende.
Evangelist: Petrus sprach zu ihm:
Petrus: Und wenn ich mit dir
Nr. 13 Arie (Sopran)
sterben müsste, so will ich dich
Ich will dir mein Herze schenken,
nicht verleugnen.
Senke dich, mein Heil, hinein.
Evangelist: Desgleichen sagten
Ich will mich in dir versenken;
auch alle Jünger.
Ist dir gleich die Welt zu klein,
Ei, so sollst du mir allein
Nr. 17 Choral
Mehr als Welt und Himmel sein.
Ich will hier bei dir stehen;
Verachte mich doch nicht!
Nr. 14 Rezitativ
Von dir will ich nicht gehen,
Evangelist: Und da sie den
wenn dir dein Herze bricht.
Lobgesang gesprochen hatten,
Wenn dein Herz wird erblassen
gingen sie hinaus an den Ölberg.
Im letzten Todesstoß,
Da sprach Jesus zu ihnen:
Alsdann will ich dich fassen
In meinen Arm und Schoß.
23
Nr. 18 Rezitativ
Sein Trauern machet mich voll
Evangelist: Da kam Jesus mit
Freuden.
ihnen zu einem Hofe, der hieß
Drum muß uns sein verdienstlich
Gethsemane, und sprach zu
Leiden
seinen Jüngern:
Recht bitter und doch süße sein.
Jesus: Setzet euch hie, bis daß ich
dorthin gehe und bete.
Nr. 21 Rezitativ
Evangelist: Und nahm zu sich
Evangelist: Und ging hin ein wenig,
Petrum und die zween Söhne
fiel nieder auf sein Angesicht
Zebedäi und fing an zu trauern
und betete und sprach:
und zu zagen. Da sprach Jesus
Jesus: Mein Vater, ist’s möglich,
zu ihnen:
so gehe dieser Kelch von mir;
Jesus: Meine Seele ist betrübt
doch nicht wie ich will,
bis in den Tod; bleibet hie
sondern wie du willst.
und wachet mit mir!
Nr. 22 Rezitativ (Bass)
Nr. 19 Rezitativ (Tenor mit Chor II)
Der Heiland fällt vor seinem Vater
O Schmerz! Hier zittert das
nieder;
gequälte Herz;
Dadurch erhebt er mich und alle
Wie sinkt es hin, wie bleicht sein
Von unserm Falle
Angesicht!
Hinauf zu Gottes Gnaden wieder.
Was ist die Ursach’ aller solcher
Er ist bereit,
Plagen?
Den Kelch, des Todes Bitterkeit
Der Richter führt ihn vor Gericht,
Zu trinken,
Da ist kein Trost, kein Helfer nicht.
In welchen Sünden
Ach! meine Sünden haben dich
Dieser Welt gegossen sind und
geschlagen;
häßlich stinken,
Er leidet alle Höllenqualen,
Weil es dem lieben Gott gefällt.
Er soll vor fremden Raub bezahlen.
Ich, ach Herr Jesu, habe dies
Nr. 23 Arie (Bass)
verschuldet,
Gerne will ich mich bequemen
Was du erduldet!
Kreuz und Becher anzunehmen,
Ach, könnte meine Liebe dir,
Trink ich doch dem Heiland nach.
mein Heil,
Denn sein Mund, der mit Milch
Dein Zittern und dein Zagen
und Honig fließet,
Vermindern oder helfen tragen,
Hat den Grund und des Leidens
Wie gerne, wie gerne, wie gerne
herbe Schmach
blieb ich hier!
Durch den ersten Trunk versüßet.
Nr. 20 Arie (Tenor mit Chor II)
Nr. 24 Rezitativ
Ich will bei meinem Jesu wachen,
Evangelist: Und er kam zu seinen
So schlafen unsre Sünden ein.
Jüngern und fand sie schlafend
Meinen Tod büßet seine
und sprach zu ihnen:
Seelennot.
Jesus: Könnet ihr denn nicht eine
24
Stunde mit mir wachen? Wachet
Stangen, von den Hohenpriestern
und betet, daß ihr nicht in Anfech-
und Ältesten des Volks.
tung fallet! Der Geist ist willig,
Und der Verräter hatte ihnen ein
aber das Fleisch ist schwach.
Zeichen gegeben und gesagt:
Evangelist: Zum andernmal ging
Judas: »Welchen ich küssen werde,
er hin, betete und sprach:
der ist’s, den greifet!«
Jesus: Mein Vater, ist’s nicht
Evangelist: Und alsbald trat er
möglich, daß dieser Kelch von
zu Jesu und sprach:
mir gehe, ich trinke ihn denn,
Judas: Gegrüßet seist du, Rabbi!
so geschehe dein Wille.
Evangelist: Und küssete ihn.
Jesus aber sprach zu ihm:
Nr. 25 Choral
Jesus: Mein Freund, warum bist
Was mein Gott will, das g’scheh’
du kommen?
allzeit,
Evangelist: Da traten sie hinzu
Sein Will’, der ist der beste;
und legten die Hände an Jesum
Zu helfen den’ er ist bereit,
und griffen ihn.
Die an ihn gläuben feste;
Er hilft aus Not,
Nr. 27 Duett
Der fromme Gott,
(Sopran und Alt mit Chor II)
Und züchtiget mit Maßen.
So ist mein Jesus nun gefangen,
Wer Gott vertraut,
Lasst ihn, haltet, bindet nicht!
Fest auf ihn baut,
Mond und Licht
Den will er nicht verlassen.
Ist vor Schmerzen untergangen,
Weil mein Jesus ist gefangen,
Nr. 26 Rezitativ
Lasst ihn, haltet, bindet nicht!
Evangelist: Und er kam und fand
Sie führen ihn, er ist gebunden.
sie aber schlafend, und ihre Augen
Chor I, II:
waren voll Schlafs. Und er ließ sie
Sind Blitze, sind Donner in
und ging abermal hin und betete
Wolken verschwunden?
zum dritten Mal und redete diesel-
Eröffne den feurigen Abgrund,
bigen Worte. Da kam er zu seinen
o Hölle.
Jüngern und sprach zu ihnen:
Zertrümmre, verderbe,
Jesus: Ach! Wollt ihr nun schlafen
verschlinge, zerschelle mit
und ruhen? Siehe, die Stunde ist
plötzlicher Wut
hie, daß des Menschen Sohn in
Den falschen Verräter, das
der Sünder Hände überantwortet
mördrische Blut.
wird. Stehet auf, lasset uns gehen,
siehe, er ist da, der mich verrät.
Nr. 28 Rezitativ
Evangelist: Und als er noch redete,
Evangelist: Und siehe, einer aus
siehe, da kam Judas, der Zwölfen
denen, die mit Jesu waren, rekkete
einer, und mit ihm eine große
die Hand aus und schlug des
Schar, mit Schwertern und mit
Hohenpriesters Knecht und hieb
25
ihm ein Ohr ab.
Zweiter Teil
Da sprach Jesus zu ihm:
Jesus: Stecke dein Schwert an
Nr. 30 Arie (Alt mit Chor II)
seinen Ort; denn wer das Schwert
Ach, nun ist mein Jesus hin!
nimmt, der soll durchs Schwert
Wo ist denn dein Freund
umkommen. Oder meinest du,
hingegangen,
daß ich nicht könnte meinen
O du Schönste unter den Weibern?
Vater bitten, daß er mir zuschickte
Ist es möglich? Kann ich schauen?
mehr denn zwölf Legion Engel?
Wo hat sich dein Freund
Wie würde aber die Schrift erfüllet?
hingewandt?
Es muß also gehen.
Ach, mein Lamm in Tigerklauen!
Evangelist: Zu der Stund’ sprach
Ach! wo ist mein Jesus hin?
Jesus zu den Scharen:
So wollen wir mit dir ihn suchen.
Jesus: Ihr seid ausgegangen, als
Ach! was soll ich der Seele sagen,
zu einem Mörder, mit Schwertern
Wenn sie mich wird ängstlich
und mit Stangen, mich zu fahen;
fragen?
bin ich doch täglich bei euch
gesessen und habe gelehret im
Nr. 31 Rezitativ
Tempel, und ihr habt mich nicht
Evangelist: Die aber Jesum
gegriffen. Aber das ist alles
gegriffen hatten, führeten ihn zu
geschehen, daß erfüllet würden
dem Hohenpriester Kaiphas, dahin
die Schriften der Propheten.
die Schriftgelehrten und Ältesten
Evangelist: Da verließen ihn alle
sich versammlet hatten. Petrus
Jünger und flohen.
aber folgete ihm nach von ferne
bis in den Palast des Hohenpries-
Nr. 29 Chor
ters; und ging hinein und satzte
(Chor I, II, Knabenchor)
sich bei die Knechte, auf daß er
O Mensch, bewein’ dein Sünde
sähe, wo es hinaus wollte. Die
groß;
Hohenpriester aber und Ältesten
Darum Christus sein’s Vaters
und der ganze Rat suchten falsche
Schoß
Zeugnis wider Jesum, auf daß
Äußert und kam auf Erden.
sie ihn töteten und funden keines.
Von einer Jungfrau rein und zart
Für uns er hie geboren ward,
Nr. 32 Choral
Er wollt’ der Mittler werden.
Mir hat die Welt trüglich gericht’
Den Toten er das Leben gab,
Mit Lügen und mit falschem
Und legt’ darbei all’ Krankheit ab,
G’dicht,
Bis sich die Zeit herdrange,
Viel Netz und heimlich Strikke.
Daß er für uns geopfert würd’,
Herr, nimm mein wahr
Trüg unsrer Sünden schwere Bürd’
In dieser G’fahr,
Wohl an dem Kreuze lange.
B’hüt mich für falschen Tükken.
26
Nr. 33 Rezitativ
Jesus: Du sagest’s. Doch sage
Evangelist: Und wiewohl viel
ich euch: Von nun an wird’s
falsche Zeugen herzutraten,
geschehen, daß ihr sehen werdet
funden sie doch keins.
des Menschen Sohn sitzen zur
Zuletzt traten herzu zween
Rechten der Kraft und kommen
falsche Zeugen und sprachen:
in den Wolken des Himmels.
Zeugen: Er hat gesagt: Ich kann
Evangelist: Da zerriß der Hohe­
den Tempel Gottes abbrechen und
priester seine Kleider und sprach:
in dreien Tagen denselben bauen.
Hoherpriester: Er hat Gott
Evangelist: Und der Hohepriester
gelästert; was dürfen wir weiter
stund auf und sprach zu ihm:
Zeugnis? Siehe, itzt habt ihr
Hoherpriester: Antwortest du
seine Gotteslästerung gehöret.
nichts zu dem, was diese wider
Was dünket euch?
dich zeugen?
Evangelist: Sie antworteten
Evangelist: Aber Jesus schwieg
und sprachen:
still.
Chor I, II: Er ist des Todes schuldig!
Evangelist: Da speieten sie aus in
Nr. 34 Rezitativ (Tenor)
sein Angesicht und schlugen ihn
Mein Jesus schweigt zu falschen
mit Fäusten. Etliche aber schlugen
Lügen stille,
ihn ins Angesicht und sprachen:
Um uns damit zu zeigen,
Chor I, II: Weissage uns, Christe,
Daß sein Erbarmens voller Wille
wer ist’s, der dich schlug?
Vor uns zum Leiden sei geneigt,
Und daß wir in der gleichen Pein
Nr. 37 Choral
Ihm sollen ähnlich sein
Wer hat dich so geschlagen,
Und in Verfolgung stille schweigen.
mein Heil,
Und dich mit Plagen so übel
Nr. 35 Arie (Tenor)
zugericht’?
Geduld! Geduld, wenn mich
Du bist ja nicht ein Sünder
falsche Zungen stechen,
Wie wir und unsre Kinder;
Leid’ ich wider meine Schuld
Von Missetaten weißt du nicht.
Schimpf und Spott,
Ei, so mag der liebe Gott
Nr. 38 Rezitativ
Meines Herzens Unschuld rächen.
Evangelist: Petrus aber saß
draußen im Palast; und es trat
Nr. 36 Rezitativ
zu ihm eine Magd und sprach:
Evangelist: Und der Hohepriester
1. Magd: Und du warest auch
antwortete und sprach zu ihm:
mit dem Jesus aus Galiläa.
Hoherpriester: Ich beschwöre dich
Evangelist: Er leugnete aber
bei dem lebendigen Gott, daß du
vor ihnen allen und sprach:
uns sagst, ob du seiest Christus,
Petrus: Ich weiß nicht, was du
der Sohn Gottes.
sagest.
Evangelist: Jesus sprach zu ihm:
Evangelist: Als er aber zur Tür
27
hinausging, sahe ihn eine andere
Nr. 41 Rezitativ
und sprach zu denen,
Evangelist: Des Morgens aber
die da waren:
hielten alle Hohenpriester und die
2. Magd: Dieser war auch mit
Ältesten des Volks einen Rat
dem Jesu von Nazareth.
über Jesum, daß sie ihn töteten.
Evangelist: Und er leugnete
Und bunden ihn, führeten ihn hin
abermal und schwur dazu:
und überantworteten ihn dem
Petrus: Ich kenne des Menschen
Landpfleger Pontio Pilato. Da das
nicht.
sahe Judas, der ihn verraten hatte,
Evangelist: Und über eine kleine
daß er verdammt war zum Tode,
Weile traten hinzu, die da stunden
gereuete es ihn und brachte her
und sprachen zu Petro:
wieder die dreißig Silberlinge
Chor II: Wahrlich, du bist auch
den Hohenpriestern und Ältesten
einer von denen, denn deine
und sprach:
Sprache verrät dich.
Judas: Ich habe übel getan, daß
Evangelist: Da hub er an, sich
ich unschuldig Blut verraten habe.
zu verfluchen und zu schwören:
Evangelist: Sie sprachen:
Petrus: Ich kenne des Menschen
Chor I, II: Was gehet uns das an?
nicht.
Da siehe du zu.
Evangelist: Und alsbald krähete
Evangelist: Und er warf die
der Hahn. Da dachte Petrus an die
Silberlinge in den Tempel, hub sich
Worte Jesu, da er zu ihm sagte:
davon, ging hin und erhängete
Ehe der Hahn krähen wird, wirst du
sich selbst. Aber die Hohenpriester
mich dreimal verleugnen. – Und
nahmen die Silberlinge und
ging heraus und weinete bitterlich.
sprachen:
Hoherpriester: Es taugt nicht,
Nr. 39 Arie (Alt)
daß wir sie in den Gotteskasten
Erbarme dich, mein Gott,
legen, denn es ist Blutgeld.
Um meiner Zähren willen!
Schaue hier,
Nr. 42 Arie (Bass)
Herz und Auge weint vor dir
Gebt mir meinen Jesum wieder!
bitterlich.
Seht, das Geld, den Mörderlohn,
Erbarme dich, erbarme dich!
Wirft euch der verlorne Sohn
Zu den Füßen nieder.
Nr. 40 Choral
Bin ich gleich von dir gewichen,
Nr. 43 Rezitativ
Stell’ ich mich doch wieder ein;
Evangelist: Sie hielten aber einen
Hat uns doch dein Sohn verglichen
Rat und kauften eines Töpfers-­
Durch sein’ Angst und Todespein.
Akker darum zum Begräbnis der
Ich verleugne nicht die Schuld,
Pilger. Daher ist derselbige Akker
Aber deine Gnad und Huld
genennet der Blutakker, bis auf
Ist viel größer als die Sünde,
den heutigen Tag. Da ist erfüllet,
Die ich stets in mir befinde.
das gesagt ist durch den Propheten
28
Jeremias, da er spricht: »Sie haben
versammlet waren, sprach Pilatus
genommen dreißig Silberlinge,
zu ihnen:
damit bezahlet ward der Verkaufte,
Pilatus: Welchen wollet ihr,
welchen sie kauften von den
daß ich euch losgebe? Barrabam,
Kindern Israel; und haben sie
oder Jesum, von dem gesagt wird,
gegeben um einen Töpfers-Akker,
er sei Christus.
als mir der Herr befohlen hat«.
Evangelist: Denn er wußte wohl,
Jesus aber stund vor dem
daß sie ihn aus Neid überant­
Landpfleger, und der Landpfleger
wortet hatten. Und da er auf dem
fragte ihn und sprach:
Richtstuhl saß, schikkete sein
Pilatus: Bist du der Jüden König?
Weib zu ihm und ließ ihm sagen:
Evangelist: Jesus aber sprach
Pilatus’ Weib: Habe du nichts zu
zu ihm:
schaffen mit diesem Gerechten;
Jesus: Du sagest’s.
ich habe heute viel erlitten
Evangelist: Und da er verklagt war
im Traum von seinetwegen!
von den Hohenpriestern und
Evangelist: Aber die Hohenpriester
Ältesten, antwortete er nichts.
und die Ältesten überredeten das
Da sprach Pilatus zu ihm:
Volk, daß sie um Barrabas bitten
Pilatus: Hörest du nicht,
sollten und Jesum umbrächten.
wie hart sie dich verklagen?
Da antwortete nun der Landpfleger
Evangelist: Und er antwortete
und sprach zu ihnen:
ihm nicht auf ein Wort, also,
Pilatus: Welchen wollt ihr unter
daß sich auch der Landpfleger
diesen zweien, den ich euch soll
sehr verwunderte.
losgeben?
Evangelist: Sie sprachen:
Nr. 44 Choral
Chor I, II: Barrabam!
Befiehl du deine Wege
Evangelist: Pilatus sprach zu ihnen:
und was dein Herze kränkt
Pilatus: Was soll ich denn machen
Der allertreusten Pflege des,
mit Jesu, von dem gesagt wird,
der den Himmel lenkt.
er sei Christus?
Der Wolken, Luft und Winden
Evangelist: Sie sprachen alle:
gibt Wege, Lauf und Bahn,
Chor I, II: Laß ihn kreuzigen!
Der wird auch Wege finden,
da dein Fuß gehen kann.
Nr. 46 Choral
Wie wunderbarlich ist doch diese
Nr. 45 Rezitativ
Strafe!
Evangelist: Auf das Fest aber hatte
Der gute Hirte leidet für die Schafe,
der Landpfleger Gewohnheit, dem
Die Schuld bezahlt der Herre,
Volk einen Gefangenen loszugeben,
der Gerechte, Für seine Knechte.
welchen sie wollten. Er hatte aber
zu der Zeit einen Gefangenen,
Nr. 47 Rezitativ
einen sonderlichen vor andern,
Evangelist: Der Landpfleger sagte:
der hieß Barrabas. Und da sie
Pilatus: Was hat er denn Übels getan?
29
Nr. 48 Rezitativ (Sopran)
O Geißelung, o Schläg, o Wunden!
Er hat uns allen wohlgetan,
Ihr Henker, haltet ein!
Den Blinden gab er das Gesicht,
Erweichet euch der Seelen Schmerz,
Die Lahmen macht’ er gehend;
Der Anblick solches Jammers nicht?
Er sagt’ uns seines Vaters Wort,
Ach ja, ihr habt ein Herz,
Er trieb die Teufel fort;
Das muß der Martersäule gleich
Betrübte hat er aufgericht’,
Und noch viel härter sein.
Er nahm die Sünder auf und an.
Erbarmt euch, haltet ein!
Sonst hat mein Jesus nichts
getan.
Nr. 52 Arie (Alt)
Können Tränen meiner Wangen
Nr. 49 Arie (Sopran)
nichts erlangen,
Aus Liebe will mein Heiland
O, so nehmt mein Herz hinein!
sterben,
Aber laßt es bei den Fluten,
Von einer Sünde weiß er nichts,
Wenn die Wunden milde bluten,
Daß das ewige Verderben
Auch die Opferschale sein.
und die Strafe des Gerichts
Nicht auf meiner Seele bliebe.
Nr. 53 Rezitativ
Evangelist: Da nahmen die Kriegs-
Nr. 50 Rezitativ
knechte des Landpflegers Jesum
Evangelist: Sie schrien aber
zu sich in das Richthaus und
noch mehr und sprachen:
sammleten über ihn die ganze Schar;
Chor I, II: Laß ihn kreuzigen!
und zogen ihn aus und legeten ihm
Evangelist: Da aber Pilatus sahe,
einen Purpurmantel an; und flochten
daß er nichts schaffete, sondern
eine dornene Krone und satzten
daß ein viel größer Getümmel
sie auf sein Haupt und ein Rohr
ward, nahm er Wasser und wusch
in seine rechte Hand und beugeten
die Hände vor dem Volk
die Knie vor ihm und spotteten ihn
und sprach:
und sprachen:
Pilatus: Ich bin unschuldig an dem
Chor I, II: Gegrüßet seist du,
Blut dieses Gerechten, sehet ihr zu!
Jüdenkönig!
Evangelist: Da antwortete
Evangelist: Und speieten ihn an
das ganze Volk und sprach:
und nahmen das Rohr
Chor I, II: Sein Blut komme
und schlugen damit sein Haupt.
über uns und unsre Kinder.
Evangelist: Da gab er ihnen
Nr. 54 Choral
Barrabam los; aber Jesum ließ er
O Haupt, voll Blut und Wunden,
geißeln und überantwortete ihn,
Voll Schmerz und voller Hohn!
daß er gekreuziget würde.
O Haupt, zu Spott gebunden
Mit einer Dornenkron!
Nr. 51 Rezitativ (Alt)
O Haupt, sonst schön gezieret
Erbarm es Gott!
Mit höchster Ehr’ und Zier,
Hier steht der Heiland angebunden.
Jetzt aber hoch schimpfieret:
30
Gegrüßet seist du mir!
er’s nicht trinken. Da sie ihn aber
Du edles Angesichte,
gekreuziget hatten, teilten sie
Dafür sonst schrickt und scheut
seine Kleider und wurfen das Los
Das große Weltgewichte,
darum, auf daß erfüllet würde,
Wie bist du so bespeit!
das gesagt ist durch den Propheten:
Wie bist du so erbleichet,
»Sie haben meine Kleider unter
Wer hat dein Augenlicht,
sich geteilet, und über mein Ge-
Dem sonst kein Licht nicht
wand haben sie das Los geworfen.«
gleichet,
Und sie saßen allda und hüteten
So schändlich zugericht’?
sein. Und oben zu seinen Häupten
hefteten sie die Ursach’ seines
Nr. 55 Rezitativ
Todes beschrieben, nämlich:
Evangelist: Und da sie ihn ver­
»Dies ist Jesus, der Jüden König.«
spottet hatten, zogen sie ihm den
Und da wurden zween Mörder mit
Mantel aus und zogen ihm seine
ihm gekreuziget, einer zur Rechten
Kleider an und führten ihn hin,
und einer zur Linken. Die aber
daß sie ihn kreuzigten. Und indem
vorübergingen, lästerten ihn und
sie hinausgingen, funden sie
schüttelten ihre Köpfe und sprachen:
einen Menschen von Kyrene, mit
Chor I, II: Der du den Tempel
Namen Simon; den zwungen sie,
Gottes zerbrichst und bauest ihn
daß er ihm sein Kreuz trug.
in dreien Tagen, hilf dir selber.
Bist du Gottes Sohn,
Nr. 56 Rezitativ (Bass)
so steig herab vom Kreuz.
Ja freilich will in uns das Fleisch
Evangelist: Desgleichen auch
und Blut zum Kreuz gezwungen
die Hohenpriester spotteten sein
sein; je mehr es unsrer Seele gut,
samt den Schriftgelehrten
je herber geht es ein.
und Ältesten und sprachen:
Chor I, II: Andern hat er geholfen
Nr. 57 Arie (Bass)
und kann ihm selber nicht helfen.
Komm, süßes Kreuz,
Ist er der König Israel, so steige er
so will ich sagen.
nun vom Kreuz, so wollen wir ihm
Mein Jesu, gib es immer her.
glauben. Er hat Gott vertrauet, der
Wird mir mein Leiden einst
erlöse ihn nun, lüstet’s ihn; denn
zu schwer,
er hat gesagt: Ich bin Gottes Sohn.
So hilfst du mir es selber tragen.
Evangelist: Desgleichen schmäheten
ihn auch die Mörder, die mit ihm
Nr. 58 Rezitativ
gekreuziget waren.
Evangelist: Und da sie an
die Stätte kamen mit Namen
Nr. 59 Rezitativ (Alt)
Golgatha, das ist verdeutschet
Ach, Golgatha, unsel’ges Golgatha!
Schädelstätt’, gaben sie ihm Essig
Der Herr der Herrlichkeit
zu trinken mit Gallen vermischet;
Muss schimpflich hier verderben,
und da er’s schmekkete, wollte
Der Segen und das Heil der Welt
31
Wird als ein Fluch ans Kreuz
­abermals laut und verschied.
gestellt.
Der Schöpfer Himmels und der
Nr. 62 Choral
Erden
Wenn ich einmal soll scheiden,
Soll Erd und Luft entzogen werden.
So scheide nicht von mir!
Die Unschuld muß hier schuldig
Wenn ich den Tod soll leiden,
sterben,
So tritt du denn herfür!
Das gehet meiner Seele nah;
Wenn mir am allerbängsten
Ach, Golgatha, unsel’ges Golgatha!
Wird um das Herze sein,
So reiß mich aus den Ängsten
Nr. 60 Arie (Alt mit Chor II)
Kraft deiner Angst und Pein.
Sehet, Jesus hat die Hand,
uns zu fassen ausgespannt;
Nr. 63 Rezitativ
Kommt! – Wohin?
Evangelist: Und siehe da, der
In Jesu Armen sucht Erlösung,
Vorhang im Tempel zerriß in zwei
nehmt Erbarmen,
Stück, von oben an bis unten aus.
Suchet! – Wo? – In Jesu Armen.
Und die Erde erbebete, und die
Lebet, sterbet, ruhet hier,
Felsen zerrissen, und die Gräber
ihr verlaßnen Küchlein ihr.
täten sich auf, und stunden auf
Bleibet! – Wo? – In Jesu Armen.
viel Leiber der Heiligen, die da
schliefen, und gingen aus den
Nr. 61 Rezitativ
Gräbern nach seiner Auferstehung
Evangelist: Und von der sechsten
und kamen in die heilige Stadt
Stunde an war eine Finsternis über
und erschienen vielen. Aber der
das ganze Land bis zu der neunten
Hauptmann und die bei ihm waren
Stunde. Und um die neunte Stunde
und bewahreten Jesum, da sie
schrie Jesus laut und sprach:
sahen das Erdbeben und was da
Jesus: Eli, Eli, lama asabthani!
geschah, erschraken sie sehr und
Evangelist: Das ist: Mein Gott,
sprachen:
mein Gott, warum hast du
Chor I, II: Wahrlich, dieser ist
mich verlassen? – Etliche aber,
Gottes Sohn gewesen.
die da stunden, da sie das höreten,
Evangelist: Und es waren viel
sprachen sie:
Weiber da, die von ferne zusahen,
Chor I: Der rufet dem Elias!
die da waren nachgefolget aus
Evangelist: Und bald lief einer
Galiläa und hatten ihm gedienet,
unter ihnen, nahm einen Schwamm
unter welchen war Maria Magdalena
und füllete ihn mit Essig und
und Maria, die Mutter Jacobi und
stekkete ihn auf ein Rohr und
Joses, und die Mutter der Kinder
tränkete ihn. Die andern aber
Zebedäi. Am Abend aber kam
sprachen:
ein reicher Mann von Arimathia,
Chor II: Halt! Halt! Laß sehen,
der hieß Joseph, welcher auch
ob Elias komme und ihm helfe.
ein Jünger Jesu war. Der ging zu
Evangelist: Aber Jesus schrie
Pilato und bat ihn um den
32
Leichnam Jesu. Da befahl Pilatus,
nach dem Rüsttage, kamen die
man sollte ihm ihn geben.
Hohenpriester und Pharisäer sämtlich zu Pilato und sprachen:
Nr. 64 Rezitativ (Bass)
Chor I, II: Herr, wir haben gedacht,
Am Abend, da es kühle war,
daß dieser Verführer sprach,
Wart Adams Fallen offenbar.
da er noch lebete:
Am Abend drükket ihn
»Ich will nach dreien Tagen wieder
der Heiland nieder;
auferstehen«, darum befiehl,
Am Abend kam die Taube wieder
daß man das Grab verwahre bis
Und trug ein Ölblatt in dem Munde.
an den dritten Tag, auf dass nicht
O schöne Zeit! O Abendstunde!
seine Jünger kommen und stehlen
Der Friedensschluß ist nun mit
ihn und sagen zu dem Volk:
Gott gemacht,
»Er ist auferstanden von den
Denn Jesus hat sein Kreuz
Toten«, und werde der letzte
vollbracht.
Betrug ärger denn der erste.
Sein Leichnam kömmt zur Ruh.
Evangelist: Pilatus sprach zu ihnen:
Ach, liebe Seele, bitte du,
Pilatus: »Da habt ihr die Hüter;
Geh, lasse dir den toten Jesum
gehet hin und verwahret’s,
schenken,
wie ihr’s wisset.«
O heilsames, o köstlich’s
Evangelist: Sie gingen hin und
Angedenken!
verwahreten das Grab mit Hütern
und versiegelten den Stein.
Nr. 65 Arie (Bass)
Mache dich, mein Herze, rein,
Nr. 67 Rezitativ (Sopran, Alt,
Ich will Jesum selbst begraben,
Tenor, Bass mit Chor II)
Denn er soll nunmehr in mir,
Bass: Nun ist der Herr zur Ruh
Für und für,
gebracht.
Seine süße Ruhe haben.
Mein Jesu, gute Nacht!
Welt, geh aus, lass Jesum ein!
Tenor: Die Müh’ ist aus, die unsre
Sünden ihm gemacht.
Nr. 66 Rezitativ
Mein Jesu, gute Nacht!
Evangelist: Und Joseph nahm den
Alt: O selige Gebeine,
Leib und wikkelte ihn in ein rein’
Seht, wie ich euch mit Buß und
Leinwand. Und legte ihn in sein
Reu beweine,
eigen neu Grab, welches er hatte
Daß euch mein Fall in solche Not
lassen in einen Fels hauen;
gebracht!
und wälzete einen großen Stein
Mein Jesu, gute Nacht!
vor die Tür des Grabes und ging
Sopran: Habt lebenslang
davon. Es war aber allda Maria
Vor euer Leiden tausend Dank,
Magdalena und die andere Maria,
Daß ihr mein Seelenheil
die satzten sich gegen das Grab.
so wert geacht’.
Des andern Tages, der da folget
Mein Jesu, gute Nacht!
33
Nr. 68 Chor
Wir setzen uns mit Tränen nieder
Und rufen dir im Grabe zu:
Ruhe sanfte, sanfte ruh!
Ruht, ihr ausgesognen Glieder,
Ruhet sanfte, ruhet wohl.
Euer Grab und Leichenstein
Soll dem ängstlichen Gewissen
Ein bequemes Ruhekissen
Und der Seelen Ruhstatt sein.
Höchst vergnügt schlummern
da die Augen ein.
Wir setzen uns mit Tränen nieder
und rufen dir im Grabe zu:
Ruhe sanfte, sanfte ruh!
Nach dem Urtext
der Neuen Bach-Ausgabe.
34
Die Sopranistin Julia Kleiter studierte bei Prof. William Workmann
in Hamburg und bei Prof. Klesie Kelly-Moog in Köln und de­bütierte
2004 in Mozarts »Zauberflöte« als Pamina an der Opéra national
de Paris unter Jiri Kout. Zu ihren weiteren, zahlreichen Opernprojekten zählen u. a. Auftritte als Euridice in Glucks »Orfeo ed Euridice«
in Paris, als Contessa in einer Neuproduktion von Mozarts »Le Nozze
di Figaro« in Antwerpen sowie ihr Debüt als Fiordiligi in Mozarts
»Così fan tutte« in Zürich und später bei den Salzburger Festspielen. Als Konzert- und Liedersängerin gastiert sie in allen wichtigen
Musikzentren und arbeitet u. a. mit Dirigenten wie Helmuth Rilling,
Claudio Abbado, Riccardo Muti, Nikolaus Harnoncourt, René Jacobs,
Christoph Poppen, Daniel Harding oder Marek Janowski zusammen. Ihr künstlerisches Schaffen ist auf zahlreichen CD- und DVDAufnahmen dokumentiert.
In Speyer geboren, studierte die Altistin Anke Vondung bei Prof.
Rudolf Piernay an der Musikhochschule Mannheim und gewann
zahlreiche Preise. Neben unterschiedlichen Rollen an der Semper­
oper Dresden, der sie zwischen 2003 und 2006 als festes Ensemblemitglied angehörte, führten sie weitere Engagements u. a. an
die Staatsoper Hamburg, an die Bayerische Staatsoper München,
die Metropolitan Opera New York und an die Opéra national de
Paris. Zudem ist sie eine gefragte Lied- und Konzertsängerin mit
Engagements im In- und Ausland. In der laufenden Spielzeit
2014/2015 ist Anke Vondung mit Rollen u. a. in »Carmen« und
»Der Barbier von Sevilla« erneut an der Dresdener Semperoper zu
Gast. Eine rege, künstlerische Zusammenarbeit verbindet sie
u. a. mit den Dirigenten James Conlon, Helmuth Rilling, Sir Roger
Norrington, Philippe Herreweghe, Kent Nagano, Philippe Jordan,
Ivan Fischer und Marek Janowski.
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Der Tenor Dominik Wortig ist ein seit vielen Jahren international
engagierter Sänger auf der Opernbühne und auf dem Konzert­
podium, bei zahlreichen renommierten Festivals sowie bei CD- und
Rundfunkproduktionen. Er studierte zunächst Klavier, Kirchenmusik,
Dirigieren und anschließend Gesang bei Prof. Werner Lechte an
der Robert-Schumann-Hochschule Düsseldorf. Wichtige Impulse
erhielt er u. a. durch Brigitte Fassbaender, Ingeborg Hallstein und
Kurt Moll. In mehrjährigen Festengagements und als Gast, u. a. an
den Wuppertaler Bühnen, der Staatsoper Stuttgart und der Sächsischen Staatsoper Dresden, sang er fast alle wich­tigen lyrischen Partien seines Fachs. 2013 gab er mit dem »Steuermann« in Richard
Wagners »Der fliegende Holländer« sein Debüt am Teatro alla Scala
Milano. Dominik Wortigs Repertoire reicht von Monteverdi über
die Werke Johann Sebastian Bachs und die großen Oratorien der
Romantik und Moderne bis hin zu einer Reihe von Uraufführungen.
Markus Eiche begann seine musikalische Karriere nach Studien in
Karlsruhe und Stuttgart am Nationaltheater Mannheim, wo er sich die
wichtigen Partien seines Faches erarbeitete. Er ist Preisträger einiger
nationaler und internationaler Gesangswettbewerbe. Eine regelmäßige Zusammenarbeit verbindet ihn mit der Wiener Staatsoper (Ensem­
blemitglied 2007–2011), als auch mit der Bayerischen Staatsoper
München. Er sang u. a. Partien wie den Albert in Massenets »Werther«,
Onegin von Tschaikowsky und den Kurwenal in Wagners »Tristan und
Isolde«. Gastspiele führten Markus Eiche u. a. an die Mailänder Scala,
die Nederlandse Opera Amsterdam, die Dresdner Semperoper sowie
zu den Salzburger und Bayreuther Festspielen. Am Grünen Hügel war
er 2014 als Wolfram (»Tannhäuser«) und Donner (»Das Rheingold«)
zu erleben. Vielfach tritt Markus Eiche auch als Konzertsänger in
Erscheinung; dokumentiert durch zahlreiche CD-Einspielungen.
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Der in Österreich geborene Bariton Adrian Eröd erhielt seine Ausbildung an der Musikhochschule in Wien, wo er unter anderem bei
Walter Berry studierte. Sein künstlerischer Weg führte ihn anschließend vom Landestheater Linz über die Wiener Volksoper bis an sein
heutiges Stammhaus, die Wiener Staatsoper. In zahlreichen, dortigen
Opernpartien war er u. a. als Figaro in Rossinis »Barbier von Sevilla«,
als Billy Budd in Brittens gleichnamiger Oper oder als Lescaut in
Massenets »Manon« zu erleben und debütierte 2009 als Beckmesser
in Wagners »Die Meistersinger von Nürnberg« bei den Bayreuther
Festspielen. Auch als Konzertsänger tritt Adrian Eröd häufig auf,
u. a. mit Dirigenten wie Ricardo Muti, Sir Simon Rattle und Nikolaus
Harnoncourt. Als Liedsänger arbeitet er eng mit dem Pianisten
­Helmut Deutsch zusammen. Seine Diskographie umfasst Aufnahmen von Liedern Franz Liszts und Schuberts »Winterreise«.
Lothar Odinius gehört zu den gefragtesten Konzert- und Oratoriensängern seiner Generation und hat sich mit einem Repertoire vom
Barock bis in die Gegenwart international einen Namen gemacht. Er
ist regelmäßiger Gast bei internationalen Festivals und in allen wichtigen Konzertsälen von Berlin, Wien, Mailand, London bis New York.
Lothar Odinius arbeitete mit Dirigenten wie Adam Fischer, Philippe
Herreweghe, Andrew Manze und Sir Neville Marriner zusammen. Im
Opernbereich gestaltete er zahl­reiche Titelpartien in verschiedenen
Mozart-Opern, wie den Tamino (»Zauberflöte«) am Londoner Royal
Opera House Covent Garden, Arbace (»Idomeneo«) an der Opéra
national de Paris und Titus (»La clemenza di Tito«) an der Oper Köln.
Engagements als Konzertsänger führten Lothar Odinius u. a. zur
Bachakademie Stuttgart (Händels »Solomon«), zum Konzerthaus
Wien (Bachkantaten) sowie in die Konzertsäle von München, Berlin,
Dresden, Moskau und Bilbao mit den Passionen von Bach.
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Der Chor des Bach-Vereins Köln, 1931 gegründet, wurde in seiner
über 80-jährigen Geschichte von namhaften Dirigenten geprägt.
Das Repertoire umfasst neben dem kompositorischen Œuvre
Bachs auch Werke des 20. und 21. Jahrhunderts von Komponisten
wie Christophe Looten, Benjamin Britten und Arvo Pärt. Zahlreiche
Gastauftritte führten die Sängerinnen und Sänger u. a. nach Salzburg, Halle (Saale), Berlin, Leipzig, Frankreich, Polen und Israel.
Auch in der Kölner Philharmonie ist das Ensemble häufig zu erleben.
So war es u. a. 2012 an Gustav Mahlers 2. Sinfonie und 2014
in Arnold Schönbergs »Gurre-Lieder« beteiligt. Seit 2002 leitet
­Thomas Neuhoff das Ensemble. Der studierte Kirchenmusiker hat
sich in der rheinischen Musikszene vor allem durch zahlreiche
Erstaufführungen und eine stilistisch weite Bandbreite profiliert.
Der Kölner Domchor wurde 1863 gegründet und ist der älteste Chor
im Ensemble der Dommusik. 2013 feierte er sein 150-jähriges Jubiläum; 2014 folgte das 25-jährige Bestehen des Mädchenchores. Beide
Chöre sind für die musikalische Gestaltung der Kapitels- und Pontifikalämter in der Kölner Kathedrale verantwortlich. Darüber hinaus sind
die Ensembles einzeln und auch gemeinsam in Konzerten im Dom wie
auch im In- und Ausland zu hören. Dazu übernehmen die Knaben und
Mädchen häufig den Kinderstimmen-Chorpart in Oratorien, Sinfonien
und Opern und arbeiten u. a. mit der Kölner Philharmonie und der
Oper Köln, dem WDR sowie mit Chören und Orchestern der Region
zusammen. Konzertreisen führten den Kölner Domchor in viele europäische Länder sowie in die USA, nach Kanada, Mexiko und Israel.
Prof. Eberhard Metternich leitet das E
­ nsemble. Er studierte u. a.
in Wien und Stockholm bei Eric Ericson und baut die Dommusik seit
seiner Ernennung zum Domkapellmeister 1987 kontinuierlich aus.
Die Leitung des Mädchenchores obliegt Oliver Sperling.
38
Der Dirigent, Chorleiter und Pädagoge Helmuth Rilling hat sich
durch seine intensive Beschäftigung mit dem Werk Johann Sebastian
Bachs international einen Namen gemacht. 1954 gründete er die
Gächinger Kantorei; 1965 kam das Bach-Collegium Stuttgart als
instrumentaler Partner dazu. Mit seinen Ensembles hat Helmuth
Rilling international zahlreiche Konzerte gegeben und ist ein gefragter Gastdirigent bei führenden Orchestern in aller Welt, darunter
die Wiener Philharmoniker, das New York Philharmonic, das japanische NHK Symphony Orchestra und andere namhafte Klangkörper.
Eine besondere Freundschaft verbindet ihn seit über dreißig Jahren
mit dem Israel Philharmonic Orchestra, das er in über 100 Konzerten dirigierte. 1970 gehörte Helmuth Rilling zu den Mitbegründern
des Oregon Bach Festivals, das sich unter seiner künstlerischen
Leitung zu einem der profiliertesten Musikfestivals in den USA
entwickelt hat. Seine 1981 von ihm gegründete »Internationale
Bachakademie Stuttgart« bringt junge Menschen aus aller Welt zusammen und bildet einen zentralen Bestandteil der Arbeit Helmuth
Rillings, die mit intensiven Workshops und Arbeitsphasen an Universitäten und Hochschulen verbunden ist. Unzählige CD-Aufnahmen
spiegeln seine umfangreiche musikalische Arbeit wider. Als erster
Dirigent spielte Helmuth Rilling sämtliche Kantaten Johann Sebastian
Bachs ein; zum Bach-Jahr 2000 wurde unter sei­ner künstlerischen
Leitung mit der EDITION BACHAKADEMIE die Gesamtaufnahme des
Bach’schen Werkes auf 172 CDs veröffentlicht. Rillings jüngste
Aufnahme, Honeggers »Jeanne d’Arc«, erschien 2014. Für sein
vielfältiges Engagement wurde er u. a. mit dem Internationalen
UNESCO Musikpreis, dem renommierten Herbert-von-Karajan-­
Musikpreis des Festspielhauses Baden-Baden und dem ECHO
Klassik für sein Lebenswerk ausgezeichnet.
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»GO live!« Auch für das heutige Konzert bieten wir Ihnen mit
»GO live!« die schnellste CD der Welt an: Nehmen Sie Ihren eigenen
privaten Konzert-Livemitschnitt direkt im Anschluss an das
ge­hörte Konzert an unserem »GO live!«-Stand im Foyer der Phil­
harmonie mit:
die »Sofort-CD«
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der USB-Stick mit MP3-Datei
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Die Künstler ­werden Ihre CDs auf Wunsch signieren.
Wenn Sie nach dem Konzert nicht warten möchten, können Sie
vor dem Konzert und in der Pause die »GO live!«-CD am Stand
bestellen. Sie erhalten sie dann in Kürze mit der Post. Falls Sie
erst nach dem Konzert von diesem Lieferservice Gebrauch
machen möchten, wenden Sie sich bitte an die Mitarbeiterinnen
an der Programm­heft-Theke neben dem Eingang.
Die »Sofort-CD« verkaufen wir ausschließlich am jeweiligen
Konzert­tag.
Viele unserer »GO live!«-Mitschnitte sind bei itunes.com im Internet verfügbar. Unter www.guerzenich-orchester.de finden Sie
in der Rubrik »GO live!« einen Link, der Sie je nach Wunsch ent­
weder auf alle im iTunes Music Store erhältlichen Aufnahmen des
Gürzenich-Orchesters oder gezielt auf ein bestimmtes Konzert
des Gürzenich-Orchesters leitet.
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vorschau
sinfoniekonzert 09
Sonntag, 12. Apr 15, 11 Uhr
Montag, 13. Apr 15, 20 Uhr
Dienstag, 14. Apr 15, 20 Uhr
Kölner Philharmonie
Konzerteinführung
So 10 Uhr, Mo u. Di 19 Uhr
mit Michael Kube
Alban Berg
Drei Sätze aus »Lyrische Suite«
für Streichorchester
bearbeitet vom Komponisten
Gustav Mahler
»Lieder eines fahrenden Gesellen«
für Tenor und Orchester
Franz Schubert
Sinfonie Nr. 8 C-Dur D 944
»Große C-Dur-Sinfonie«
Christoph Prégardien Tenor
Gürzenich-Orchester Köln
Lahav Shani Dirigent
kammerkonzert 05
Samstag, 18. Apr 15, 15 Uhr
Podium der Kölner Philharmonie
Konzerteinführung um 14 Uhr
mit Peter Tonger
François Devienne
Quartett C-Dur op. 73/1
für Fagott und Streichtrio
Johann Evangelist Brandl
Quintett F-Dur op. 13 für Fagott,
Klavier und Streichtrio
Zoltán Kodály
Duo op. 7 für Violine und Violoncello
Henri Dutilleux
»Sarabande et Cortège«
für Fagott und Klavier
Wolfgang Amadeus Mozart
Klavierquartett Es-Dur KV 493
für Klavier und Streichtrio
Rainer Schottstädt Fagott
Ursula Maria Berg Violine
Martina Horejsi-Kiefer Viola
Bonian Tian Violoncello
Burkhard Bastuck Klavier
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orchesterbesetzung
I. VIOLINEN
Orchester 1: Alejandro Rutkauskas,
Alvaro Palmen, Rose Kaufmann,
Demetrius Polyzoides
Kontrabässe
Orchester 1: Johannes Seidl
Orchester 2: Jordan Ofiesh, Dylan Naylor,
Andreas Bauer, Elisabeth Polyzoides
Flöten
Orchester 1: Alja Velkaverh,
Christiane Menke
II. Violinen
Orchester 1: Hibiki Oshima, Cornelie
Bodamer-Cahen, Marek Malinowski,
Friederike Zumach
Orchester 2: Christoph Rombusch,
Martin Richter, Susanne Lang,
Nathalie Streichardt
Bratschen
Orchester 1: Florian Peelman,
Antje Kaufmann, Annegret Klingel
Orchester 2: Konstantin Krell
Orchester 2: Freerk Zeijl, André Sebald
Oboen
Orchester 1: Thomas Herzog,
Thomas Hecker
Orchester 2: Svetlin Doytchinov,
Lena Schuhknecht
Viola da Gamba Heike Johanna Lindner*
Orgel Roderick Shaw*
Orchester 2: Susanne Duven,
Gerhard Dierig, Eva-Maria Wilms
Violoncelli
Orchester 1: Ulrike Schäfer,
Georg Heimbach
* Gast
Orchester 2: Oliver Wenhold,
Katharina Apel-Hülshoff
Stand: 26. März 2015
43
vorschau
florakonzert 02
Sonntag, 10. Mai 15, 11 Uhr
Flora Köln
vivaldi und der tango
Astor Piazzolla
»Adiós Nonino«
für Streichquartett, Akkordeon, Flöte,
Gitarre und Kontrabass
Antonio Vivaldi
»Vedró con mio diletto«
aus der Oper »Il Giustino«
für Streichquintett und Akkordeon
Astor Piazzolla
»Five Tango Sensations«
für Streichquartett und Akkordeon
Astor Piazzolla
»Histoire du Tango«
für Flöte und Gitarre
Antonio Vivaldi
»Io son quel gelsomino«
aus der Oper »Arsilda, Regina di Ponto«
für Streichquintett und Akkordeon
Astor Piazzolla
»Oblivion«
für Streichquartett, Akkordeon, Flöte,
Gitarre und Kontrabass
Astor Piazzolla
»Libertango«
für Streichquartett, Akkordeon, Flöte,
Gitarre und Kontrabass
Alja Velkaverh Flöte
Alvaro Palmen, Dylan Naylor Violine
Martina Horejsi-Kiefer Viola
Bonian Tian Violoncello
Henning Rasche Kontrabass
Christian Kiefer Gitarre
Andreas Trenk Akkordeon
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vorschau
sinfoniekonzert 10
Sonntag, 17. Mai 15, 11 Uhr
Montag, 18. Mai 15, 20 Uhr
Dienstag, 19. Mai 15, 20 Uhr
Kölner Philharmonie
Konzerteinführung
So 10 Uhr, Mo u. Di 19 Uhr
mit Holger Noltze
Ludwig van Beethoven
Sinfonie Nr. 2 D-Dur op. 36
Bernd Alois Zimmermann
Konzert für Violine und
großes Orchester
Ludwig van Beethoven
Sinfonie Nr. 8 F-Dur op. 93
Leila Josefowicz Violine
Gürzenich-Orchester Köln
James Gaffigan Dirigent
kammerkonzert 06
Werke für 4 bis 12 Violoncelli von
Richard Wagner, Georges Bizet, Johann
Strauß, Dongqing Fang, Julius Klengel,
David Popper u. a.
Konzerteinführung um 14 Uhr
mit Peter Tonger
Cello-Gruppe des Gürzenich-Orchesters
Samstag, 30. Mai 15, 15 Uhr
Podium der Kölner Philharmonie
sinfoniekonzert 11
Sonntag, 07. Jun 15, 11 Uhr
Montag, 08. Jun 15, 20 Uhr
Dienstag, 09. Jun 15, 20 Uhr
Kölner Philharmonie
Konzerteinführung
So 10 Uhr, Mo u. Di 19 Uhr
mit Schülern
Sergej Prokofjew
Sinfonisches Konzert für Violoncello
und Orchester e-Moll op. 125
Jean Sibelius
Sinfonie Nr. 2 D-Dur op. 43
Daniel Müller-Schott Violoncello
Gürzenich-Orchester Köln
Dmitrij Kitajenko Dirigent
45
sinfoniekonzert 12
Sonntag, 21. Jun 15, 11 Uhr
Montag, 22. Jun 15, 20 Uhr
Dienstag, 23. Jun 15, 20 Uhr
Kölner Philharmonie
Konzerteinführung
So 10 Uhr, Mo u. Di 19 Uhr
mit Friederike Holm
Bedřich Smetana
»Die Moldau« aus »Mein Vaterland« –
Zyklus sinfonischer Dichtungen
für Orchester
Bruno Hartl
»Concerto for Percussion« op. 23
Antonín Dvořák
Sinfonie Nr. 8 G-Dur op. 88
Martin Grubinger Percussion
Gürzenich-Orchester Köln
Santtu-Matias Rouvali Dirigent
Karten erhalten Sie bei der Gürzenich-Orchester-Hotline: Tel (0221) 280 282,
beim Kartenservice der Bühnen Köln in den Opernpassagen, im Internet unter:
www.guerzenich-orchester.de sowie an allen bekannten Vorverkaufsstellen.
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Das Gürzenich-Orchester Köln dankt Lufthansa und den Kuratoren der
Concert-Gesellschaft Köln e. V. für ihr kulturelles Engagement und ihre
großzügige Unterstützung:
Ehrenmitglieder des Kuratoriums:
Jürgen Roters Oberbürgermeister der Stadt Köln
Dr. h. c. Fritz Schramma Oberbürgermeister der Stadt Köln a.D.
Kuratoren:
Bechtle GmbH IT Systemhaus, Waldemar Zgrzebski
Ebner Stolz Partnerschaft mbB Wirtschaftsprüfer Rechtsanwälte Steuerberater, Dr. Werner Holzmayer
Excelsior Hotel Ernst AG Henning Matthiesen
GALERIA Kaufhof GmbH Ass. jur. Ulrich Köster
Generali Investments Deutschland Kapitalanlagegesellschaft mbH, Dr. Ulrich Kauffmann
HANSA-REVISION Schubert & Coll. GmbH Wirtschafts­prüfungs- und Steuerberatungs­gesellschaft,
Dipl.-Kfm. Bernd Schubert
ifp Personalberatung und Managementdiagnostik, Jörg Will
Kirberg GmbH Catering Fine Food Jutta Kirberg
Kölner Bank eG Bruno Hollweger
Koelnmesse GmbH Gerald Böse
Kreissparkasse Köln Alexander Wüerst
Gerd Lützeler Dipl.-Kaufmann – Wirtschafts­prüfer – Steuerberater
Sal. Oppenheim jr. & Cie. AG & Co. KGaA Dr. Wolfgang Leoni
Privatbrauerei Gaffel Becker & Co. OHG Heinrich Becker
ROLEX Deutschland GmbH Peter Streit
TÜV Rheinland AG Prof. Dr. Bruno O. Braun
Alexander Reischert, 1965 in Köln geboren, arbeitet als Redakteur, Rezensent und Autor für Fach­
magazine, Musikverlage, CD-Labels, Konzerthäuser und Ensembles. 2001 publizierte er das »Kompen­
dium der musikalischen Sujets«, 2011 gehörte er zu den Mitbegründern von www.musikschulwelt.de.
IMPRESSUM Herausgeber Gürzenich-Orchester Köln, Geschäftsführender Direktor Patrick Schmeing
Redaktion Johannes Wunderlich (verantwortlich), Ben Duven Textnachweis Die Texte von Alexander
­Reischert sind Originalbeiträge für dieses Heft Bildnachweis Titel: Roland Mühlanger, S. 15, 38: Michael
Latz, S. 34 li.: Theodora Richter, S. 35 re.: Michael Poehn, S. 36 re.: Rut Sigurdardóttir, S. 37: Bach-Verein
Köln, Gestaltung, Satz parole gesellschaft für kommunika­tion mbH Druck Köllen Druck + Verlag GmbH
Wir bitten um Ihr Verständnis, dass Bild- und Tonaufnahmen aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet sind.
Euro 2,-
matthäuspassion
Karfreitag, 03. Apr 15
CD 1
Alle Urheber- und Leistungsschutzrechte vorbehalten. Kein Verleih!
Keine unerlaubte Vervielfältigung,
Vermietung, Aufführung, Sendung!
Helmuth Rilling Dirigent
Gürzenich-Orchester Köln
Johann Sebastian Bach
»Matthäuspassion«
(Passio secundum
Matthaeum) BWV 244
Erster Teil
matthäuspassion
Karfreitag, 03. Apr 15
CD 2
Alle Urheber- und Leistungsschutzrechte vorbehalten. Kein Verleih!
Keine unerlaubte Vervielfältigung,
Vermietung, Aufführung, Sendung!
Helmuth Rilling Dirigent
Gürzenich-Orchester Köln
Johann Sebastian Bach
»Matthäuspassion«
(Passio secundum
Matthaeum) BWV 244
Zweiter Teil