Von Studien zur Empfehlung – und zurück?
Transcription
Von Studien zur Empfehlung – und zurück?
Von Studien zur Empfehlung – und zurück? Mag.a Ursula Griebler, PhD, MPH Cochrane Österreich Department für Evidenzbasierte Medizin und Klinische Epidemiologie, DonauUniverstität Krems Trusted evidence. Informed decisions. Better health. 11. Juni - f.eh-Dialog Übersicht • Wozu Empfehlungen? • Welche Ernährungsempfehlungen gibt es in Österreich? • Wie entstehen Ernährungsempfehlungen in Österreich? • Wie machen das andere? • Empfehlungen sind nicht überall gleich bzw. können sich ändern • Von Studien zur Empfehlung … und zurück!? Was ist eine Empfehlung? Duden: Vorschlag, Rat, Hinweis, Tipp Wozu brauchen wir Ernährungsempfehlungen? • Optimale Entwicklung gewährleisten • Vorbeugen von Mangelerscheinungen und Überversorgung mit Nährstoffen • Gesundheit erhalten und fördern • Ernährungsassoziierte Krankheiten verhindern Ernährungsempfehlungen in Österreich Nährstoffbasierte Ernährungsempfehlungen http://bmg.gv.at/home/Schwerpunkte/Ernaehrung/Empfehlungen/ Lebensmittelbasierte Ernährungsempfehlungen Österreichische Ernährungspyramide Ernährungspyramide für Kinder Ernährungspyramide für Schwangere Österreichische Beikostempfehlungen Empfehlungen der Nationalen Ernährungskommission (NEK) http://bmg.gv.at/home/Schwerpunkte/Ernaehrung/NEK/ Wie entstehen Empfehlungen in Österreich? • Erarbeitung in Arbeitsgruppen • Basis ist wissenschaftliche Literatur • Konsensprozess Prozess / genaue Vorgehensweise ist unklar / intransparent Keine einheitliche Methodik Bsp: Empfehlungen zum Fischkonsum Empfehlung der NEK, Arbeitsgruppe: Dietary Guidelines & Ernährungskommunikation; Beschlossen in der 11. Plenarsitzung am 23.10.2013; Einstimmige Annahme http://bmg.cms.apa.at/cms/home/attachments/3/3/4/CH1364/CMS1347872626120/empfehlungfischkonsum2014.pdf Bsp: Empfehlungen zum Kuhmilchkonsum im ersten Lebensjahr • Vor dem sechsten Lebensmonat soll gänzlich auf Kuhmilch verzichtet werden. • Ab dem sechsten Lebensmonat kann Kuhmilch in kleinen Mengen zur Zubereitung eines Milch-Getreide-Breis verwendet werden. Mit Kuhmilch zubereiteter Brei soll nur einmal täglich gefüttert werden und idealerweise nicht mit einer Fleischmahlzeit kombiniert werden. Als Getränk ist Kuhmilch im ersten Lebensjahr ungeeignet. • Auf Basis der derzeit vorhandenen Evidenz lässt sich keine eindeutige Mengenempfehlung für Kuhmilch im ersten Lebensjahr ableiten. Mengen von 100-200 ml Kuhmilch pro Tag, mit zunehmendem Alter des Kindes langsam ansteigend, können als Richtschnur dienen. • Im ersten Lebensjahr eignet sich Kuhmilch nicht als Ersatz für Muttermilch oder Säuglingsmilchnahrung. • ACHTUNG: Aus hygienischen Gründen ist im Säuglings- und Kleinkindalter auf Roh- oder Vorzugsmilch strikt zu verzichten (sowohl für Breizubereitungen als auch zum Trinken). http://bmg.cms.apa.at/cms/home/attachments/3/3/4/CH1364/CMS1347872626120/empfehlungen_tiermilchkonsum_ersteslebensjahr2014.pdf Entstehung Kuhmilchempfehlungen Jan 2012 Ergebnisse Systematische Übersichtsarbeit Vorschlag für Empfehlung ExpertInnenkonsultation Arbeitsgruppe „Dietary Guidelines & Ernährungskommunikation“, Task Force „Kleinkinder, Stillende und Schwangere“ (TFKISS), ExpertInnenpool „Beikostguideline“ Überarbeitung Empfehlungsvorschlag, Einarbeitung Mengenempfehlung ExpertInnenrunde 2 Vorschläge für Mengenempfehlung an Nationale Ernährungskommission (NEK) ExpertInnenrunde In NEK präsentiert und einstimmig angenommen Juni 2013 Österreichische Kuhmilchempfehlungen veröffentlicht Wie machen das andere? Blick nach Deutschland und USA WHO Deutschland DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) Evidenzbasierte DGE Leitlinien zur Prävention chronischer Krankheiten Allgemeine methodische Vorgehensweise • Das definierte Vorgehen basiert auf einer systematischen Auswertung der wissenschaftlichen Literatur und einer kritischen Beurteilung der Ergebnisse nach vorab festgelegten Kriterien durch die Leitlinienkommissionen der DGE • Studien werden nach Evidenzklassen eingeteilt • „Ein wesentliches Element einer systematischen, an Evidenz orientierten Vorgehensweise ist die vollständige Transparenz der Prozesse, die zur Formulierung der einzelnen Empfehlungen einer Leitlinie führen.“ • Evidenzbasierte Leitlinie zur Fettzufuhr (2015) • Evidenzbasierte Leitlinie zur Kohlenhydratzufuhr (2011) https://www.dge.de/fileadmin/public/doc/ws/Allgemeine-methodische-Vorgehensweise-DGE-Leitlinien.pdf WHO Weltgesundheitsorganisation Guideline Development at WHO Detailliertes Handbuch • Präzise Frage formulieren • Endpunkte auswählen und priorisieren • Beschaffen der Evidenz und Synthese • Bewertung der Evidenz • Entwicklung der Empfehlung/Leitlinie • Erstellen und Publizieren der Leitlinie • Implementierung und Evaluation http://www.who.int/kms/handbook_2nd_ed.pdf?ua=1 GRADE Grading of recommendations, assessment, development and evaluation GRADE-System zur Bewertung der Qualität der Evidenz und zur Einstufung der Stärke der Empfehlung Transparenter und strukturierter Prozess http://www.gradeworkinggroup.org/ Guideline development group (WHO) • Vorsitz • Inhaltliche ExpertInnen • NutzerInnen/Betroffene • Methodische ExpertIn • ÖkonomIn • Festgelegte SchriftführerIn http://www.who.int/kms/handbook_2nd_ed.pdf?ua=1 USA Ernährungsempfehlungen in den USA Dietary Reference Intakes Dietary Guidelines for Americans Dietary Guidelines for Americans http://www.health.gov/dietaryguidelines/2015.asp#RP5 Grading the evidence www.nel.gov/ Wieso sind Empfehlungen nicht überall gleich? • Evidenzgrundlage ist überall die gleiche!? • Unterschiedliche Methode / Literaturauswahl / Evidenzbewertung • Wertvorstellungen und Präferenzen • Spezifische Bedürfnisse und Anforderungen eines Landes Empfehlungen können sich ändern – Bsp. Cholesterin Dietary Guidelines for Americans recommended that cholesterol intake be limited to no more than 300 mg/day. Ab 2015 keine Empfehlung für die Einschränkung der Nahrungscholesterinaufnahme DGE-Leitlinie Fettzufuhr: der Richtwert für die Cholesterolzufuhr von etwa 300 mg pro Tag sollte beibehalten werden Empfehlungen können sich ändern – Bsp. Energiezufuhr Schwangere müssen nicht für zwei essen – sie brauchen lediglich 250 kcal pro Tag mehr! D-A-CH Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr: 1. Trimester 0 kcal pro Tag mehr 2. Trimester 250 kcal pro Tag mehr 3. Trimester 500 kcal pro Tag mehr (bei gleichbleibender körperlicher Aktivität, bei normalgewichtigen Schwangeren) Ernährungspyramide wird aktualisiert und in NEK besprochen Format der Empfehlungen kann sich ändern – Bsp. USA Von Studien zur Empfehlung… Wichtig ist Transparenz und nachvollziehbare und strukturierte Vorgehensweise …und zurück!? Empfehlungen für den einzelnen müssen leicht umsetzbar sein – Evaluierung von Empfehlungen bzw. deren Formaten Wünschenswert ist die Änderung der Bedingungen, des Umfelds, damit die gesündere Wahl auch die leichtere Wahl ist Leitlinie Schulbuffet Trans-Fettsäuren-Verordnung Kampagne „Weniger Salz ist g‘sünder“ Cochrane Colloquium in Wien! 3-7 Oktober 2015 Messe Wien “Filtering the information overload for better decisions”