Donnerstag · 13. März 2014 20 Uhr Volkshaus 4. Philharmonisches

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Donnerstag · 13. März 2014 20 Uhr Volkshaus 4. Philharmonisches
Donnerstag · 13. März 2014
20 Uhr Volkshaus
4. Philharmonisches Konzert Reihe B
Andreas Maria Germek
Jardines de Murillo (Fandango)
Tiempo de Flores – Suite
Nr. 3. Iglesia
Nr. 4. Sin Respuesta
Nr. 5. Alegría
Nr. 6. Bulería
Pause
Mineral (Minera, Jabera)
Taranto
Gatitos, tomando el sol en la azotea (Rumba)
Divertimento por Bulería
Dirigent: Martynas Staškus
Gitarre, Komposition, künstlerische Leitung: Andreas Maria Germek
Tanz, Choreographie: Belén Cabanes
Gesang: Carmen Fernández
Perkussion: José de Mode
Der Dirigent
Martynas Staškus machte seinen Abschluss als Orchester- und Operndirigent im Jahr 1995 an der
Litauischen Musikakademie. Noch im selben Jahr übernahm er die Stelle eines AssistenzDirigenten am Litauischen Nationaltheater für Oper und Ballett, dessen Chefdirigent er bald darauf
wurde (1997 – 1998).
Er wurde bei unterschiedlichen Wettbewerben mit vielen Preisen ausgezeichnet, u.a. jeweils mit
dem ersten Preis beim Internationalen Wettbewerb für Chordirigat in Breslau (Polen), beim
Internationalen Chorwettbewerb in Arezzo (Italien) und dem internationalen Chorwettbewerb in
Tour (Frankreich).
Sein Repertoire umfasst viele Musikstile, von der klassischen Oper (Verdi, Mozart) über
Symphonisches bis hin zum Ballett und der zeitgenössischen Musik. Er leitete u.a. die
Uraufführungen von Kompositionen von Mindaugas Urbaitis und Bronius Kutavičius.
Als Gastdirigent arbeitete Martynas Staškus in weiten Teilen Europas mit verschiedenen
Ensembles und Orchestern wie zum Beispiel der Kremerata Baltica, dem Symphonieorchester der
Oper Ankara und der St. Petersburger Musikakademie.
Die Solisten
Andreas Maria Germek bewegt sich musikalisch seit mehr als 25 Jahren zwischen den Welten
des Flamencos und der Klassik - oft puristisch, manchmal zwischen den Extremen alternierend
und vermittelnd. Letztlich aber fließt alles wie selbstverständlich zusammen zu seiner sehr
persönlichen Art zu musizieren und zu komponieren. Sein Interesse konzentriert sich dabei vor
allem auf die kammermusikalische Zusammenarbeit bzw. das Ensemblespiel in allen Größen, vom
Duo bis zum Orchester. Er arbeitet regelmäßig mit großartigen Meistern sowohl des traditionellen,
als auch des zeitgenössisch experimentellen Flamencos zusammen. Als Musiker, Komponist,
Produzent und Workshopleiter gastierte er weltweit an so unterschiedlichen Orten wie dem
»Festival de Jerez« in Spanien, dem »New England Conservatory« (Boston, USA) und dem
Musikverein in Wien.
Belén Cabanes stammt aus Barcelona. Dort und in Madrid absolvierte sie ihre Tanzausbildung
und ihr Studium der Konzertkastagnetten. Als Mitglied verschiedener Kompanien unternahm sie
Tourneen durch die ganze Welt.
Seit 1996 arbeitet sie zusammen mit dem Gitarristen Andreas Maria Germek in verschiedenen
Ensembles und präsentiert die Produktionen auf zahlreichen renommierten Bühnen in Europa.
Heute arbeitet sie u.a. als Solistin im Bereich des zeitgenössischen Flamencos, des Clásico
Español und der Konzert-Kastagnetten. Sie wurde u.a. beim »IX Certamen de Coreografía de
Danza Española y Flamenco« in Madrid als beste Tänzerin ausgezeichnet.
Seit 2003 unterrichtet sie am Institut del Teatre (Hochschule für darstellende Künste) in Barcelona
und leitet dort die Abteilung für spanischen Tanz.
Carmen Fernández Castillo kam in Utrera (Provinz Sevilla, Andalusien) zur Welt. Als jüngste
Tochter einer Familie spanischer Zigeuner, wächst sie inmitten des Flamencos auf. Ihre Mutter ist
Sängerin, ihr Vater Tänzer und so verschreibt sich Carmen - wie viele ihrer Geschwister - früh
dem Flamenco. Zunächst als Tänzerin, später als Sängerin sucht sie jenseits der alten Traditionen
ihren persönlichen Stil. Auftritte als Solistin und als Begleiterin für Flamencotanz mit namhaften
Flamencokünstlern führen sie durch ganz Europa und nach Japan. Seit einigen Jahren tritt sie
außerdem vermehrt mit Orchestern auf, wo sie sich auch als Interpretin der Musik Manuel de
Fallas einen Namen machen konnte.
José de Mode (José Santiago) entstammt einer Gitano - Familie aus Reus (Katalonien) und ist
mittlerweile einer der gefragtesten Perkussionisten in Katalonien. Neben der Verwirklichung von
eigenen Perkussionsprojekten arbeitet er u.a. mit dem Gitarristen Juan Gómez »Chicuelo«, der
Sängerin Montse Cortés und in zahlreichen Tanzproduktionen. Er ist ein authentischer Vertreter
der Flamencoproduktion und konnte seine »urtümliche Kraft« und seine Musikalität auch schon in
zahlreichen Produktionen zusammen mit Andreas Maria Germek unter Beweis stellen.
Philharmonischer Flamenco
Als ich das erste Mal von einem Orchester den Auftrag erhielt, Musik für Orchester und
Flamencogitarre bzw. Ensemble zu schreiben, sah ich mich, abgesehen von meiner Begeisterung
für diese Idee, erst einmal mit einigen Fragen konfrontiert: Gibt es »orchestralen Flamenco« - ist
so etwas überhaupt möglich? Lebt Flamenco nicht vor allem von seiner Spontaneität, seinem zum
Großteil improvisierten Zusammenspiel von Gesang, Tanz und Gitarre, bei dem man oft nicht
weiß, was im nächsten Moment passieren wird?
Flamenco, eine weitgehend »anarchische« Kunstform, konfrontiert mit der strengen Struktur eines
Orchesters? Was, abgesehen von seinem spielerischen Element, macht den Flamenco aus und lässt
sich auf ein Orchester übertragen?
Neben seiner impulsiven Dynamik und seiner emotionalen Dramatik steht hier im musikalischen
Sinne wohl am ehesten seine komplexe Rhythmik und das Spiel mit ihr, sowie seine für den
mitteleuropäischen Raum eher ungewohnte Melodik und Tonalität im Vordergrund. Rhythmisch
handelt es sich dabei vorwiegend um Zwölferperioden mit festgelegten, unregelmäßigen
Akzenten, und auch wenn manche Stile einmal im »gewöhnlichen« Zweivierteltakt stehen, ist
davon auszugehen, dass die Betonungen meist an sehr ungewöhnlichen Stellen platziert werden.
Tonal bewegt sich der Flamenco manchmal in einem recht schlichten Dur-Moll-Schema, häufiger
ist aber die phrygische Tonleiter und Kadenz.
Der Grund für diese charakteristischen Merkmale des Flamencos ist in seiner
Entstehungsgeschichte und seiner Entwicklung im Laufe der Jahrhunderte zu suchen. Sein
Ursprung liegt im Gesang, dem auch heute noch wichtigsten und formenreichsten Element des
Flamencos. Der Beginn dessen, was man heute (genauer seit ca. 150 Jahren) als Flamenco kennt,
lässt sich nicht so einfach datieren. Sicher ist aber, dass im Laufe seiner Entwicklung so gut wie
alle verschiedenen Kulturen, die im »Schmelztiegel« Andalusien im Laufe der Jahrhunderte
vertreten waren, ihren Beitrag geleistet haben: Das waren z.B. die »einheimische« andalusische
Bevölkerung, die Mauren, die jüdische Gemeinde, die Gitanos (Zigeuner) und sogar in nicht
unerheblichem Maße die südamerikanischen Kulturen, mit denen die Spanier in Kolonialzeiten
regen Kontakt pflegten.
Der ursprüngliche Flamencogesang wurde im Familien- und Freundeskreis gepflegt, tradiert und
weiterentwickelt. Erst zu einem späteren Zeitpunkt gewann die Gitarre als Begleitinstrument an
Bedeutung und zwängte den sehr melismatischen, urtümlichen und freien Gesang in ein
(temperiert) tonales Korsett. Ein Umstand, der dem Flamenco auch heute manchmal noch
anzumerken ist. Im 19. und 20. Jahrhundert erlebte der Flamenco mehrere Blütezeiten, die ihn in
eine komplexe Vielfalt verschiedener Stile auffächerten und ihm nach langer, im Verborgenen
vollzogener Entwicklung, einen großen Erfolg als Bühnenkunst bescherten. Seit dieser Zeit wurde
kaum ein Experiment ausgelassen, den Flamenco mit anderen Musik- und Kunststilen zu
konfrontieren und zu bereichern. Im Kern ist der Flamenco aber immer noch das geblieben, was er
schon seit Jahrhunderten ist: Eine archaische und unmittelbar spontane Form, seine Empfindungen
und seine Persönlichkeit künstlerisch zu kommunizieren.
Wie kann dies nun auf ein Orchester übertragen werden? Es ist naheliegend, dass dies nicht
geschehen kann, indem man einfach »typische« Flamencostücke für Flamencoensemble und
Orchester bearbeitet und dem Orchester dabei vielleicht nur die Funktion des schmückenden
symphonischen Beiwerkes überträgt. Vielmehr im Sinne des Flamencos ist es, auch die
Orchestermusiker, wenn schon nicht einzeln, so doch in ihrer Gesamtheit, als eigenständige
Stimme(n) in dieses »flamencalische« Geschehen aktiv einzubinden. Es war nötig, eigene
Kompositionen für diesen im Flamenco eher ungewöhnlichen Anlass zu schaffen, bzw. einige
meiner ohnehin eher orchestral gefassten Stücke einer umfassenden Bearbeitung zu unterziehen.
Dass dabei leider allen Beteiligten mehr oder weniger große Kompromisse abverlangt werden,
liegt auf der Hand: Flamencomusiker und -tänzer, die sich Note für Note an ein striktes
Arrangement zu halten haben, eine Sängerin, die ihre impulsiven Emotionen in engen Grenzen
halten muss und nicht zuletzt ein Orchester, das sich mit den ungewöhnlichen Formen und
Rhythmen des Flamencos auseinandersetzen muss.
Die einzelnen Werke:
Jardines de Murillo (Fandango)
Der Titel dieses Stückes ist der Name eines typischen maurisch - arabesken Parks in Sevilla. Er
erinnert fast an einen nordafrikanischen Garten. Aus diesem Grunde evoziert die Musik den Klang
des früheren »Al Ándalus« (das historische Andalusien zu Zeiten der maurischen Herrschaft).
Tiempo de Flores - Suite
Die Musik zu dieser Suite wurde ursprünglich für das Tanztheaterstück »Tiempo de Flores«
komponiert (produziert von Belén Cabanes und Andreas Maria Germek). Die Originalkomposition
war für Gitarre, Cello, Flamencogesang und Perkussion vorgesehen. Der Inhalt der
Tanzproduktion ist - in wenigen Worten - eine Reflektion über die Gefühle und die Reaktionen,
die der plötzliche Verlust eines geliebten Menschen auslöst. Was passiert mit den
Zurückgebliebenen, wie reagiert die Gesellschaft, was bleibt von dieser Person?
Mineral (Minera, Jabera)
Hier handelt es sich um eine Konzertstück für Flamencogitarre (plus Ensemble) und Orchester. Es
verarbeitet die Flamencostile der Minera, einem schwermütigen Gesang der südspanischen
Bergarbeiter und der etwas leichtherzigeren Jabera, die man zu den aus der Provinz Málaga
stammenden »Cantes abandoláos« zählt.
Taranto
Der Taranto ist einer der dramatischen Flamencostile, die eine groß angelegte theatralische
Inszenierung im Flamencotanz ermöglichen. Auch hier handeln die Texte von dem Schicksal der
Arbeiter im andalusischen Bergbau. So wie der Flamenco sehr schwermütig sein kann und
dennoch immer wieder zur Lebensfreude zurückfindet, so mündet auch dieser Tanz in die
fröhlichen Tangos Flamencos.
Gatitos, tomando el sol en la azotea (Rumba)
Die Übersetzung des Titels lautet: »Kleine Katzen, sich auf der Dachterrasse sonnend«. Die
Rumba ist ein stark südamerikanisch beeinflusster Flamencostil. Sie hat einen ausgelassenen,
fröhlichen Charakter und macht hier eine kleine Reverenz an die zeitgenössischen
südamerikanischen Tanzmusikstile.
Divertimento por Bulería
Traditionellerweise bildet eine Bulería, die sogenannte »Fin de Fiesta« - immer den Abschluss
einer gesellschaftlichen Zusammenkunft im Flamenco oder eines Flamencokonzerts. Es ist ein
Stil, der viel Raum zur spontanen Improvisation lässt und in dem sich noch einmal alle Beteiligten
ausleben können. So soll es auch hier sein.
Text: Andreas Maria Germek
Redaktion: Madleina Spatz