Akute infektiöse Gastroenteritis
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Akute infektiöse Gastroenteritis
Akute Magen-DarmInfektion (Gastroenteritis) Dr. med. D. Pilic Fachärztin für Kinderheilkunde Abteilung für pädiatrische Gastroenterologie Klinik für Kinder- und Jugendmedizin St. Josef Hospital, Bochum • Definition, Übertragung und Krankheitszeichen • Vorstellung einiger Erreger • Therapie – Flüssigkeitsersatz – Ernährung – Medikamente • Prophylaxe durch Hygienemaßnahmen Pilic, D. 2011 Definition: • Durch Erreger (Viren, Bakterien, Parasiten) bedingte, plötzlich auftretende Durchfallserkrankung Übertragung: • Übertragung von Mensch zu Mensch oder Tier zu Mensch • Schmierinfektion: Aufnahme von Auscheidungsprodukten (Stuhl, Erbrochenes) in den Mund → Über die Hände, Gegenstände oder Nahrungsmittel • Tröpfcheninfektionen Pilic, D. 2011 Krankheitszeichen • Treten abhängig vom Erreger meist nach 1-7 Tagen auf • Durchfall (wässrig, breiig) • Erbrechen und Fieber kann voraus gehen, folgen oder fehlen • Erbrechen: endet bei ausreichender • Flüssigkeitszufuhr nach wenigen bis 48 Stunden Durchfallsdauer meist 2 bis 7 Tage (nicht länger als 14 Tage) Pilic, D. 2011 Häufigkeit • In den ersten 3 Lebensjahren durchschnittlich 1-2 Episoden pro Jahr pro Kind • 10% der Kinder im Alter von 6. bis 24. Monaten müssen wegen dem ausgeprägten Flüssigkeitsverlust ins Krankenhaus eingewiesen werden Pilic, D. 2011 Erreger bei unter 5 Jährigen • 40% Rotaviren, seltener andere Viren wie Adeno- o. Noroviren • 20% bakterielle Erreger (z.B. Salmonellen, pathogene E. coli) • < 5% Parasiten • bei 25-30% kein Erregernachweis möglich Pilic, D. 2011 Rotaviren • Übertragung durch Schmierinfektion (Türklinke), Lebensmittel oder Trinkwasser • Beginnt häufig mit Erbrechen, gefolgt von Fieber und Durchfall • Impfung (Schluckimpfung) möglich Noroviren • Hoch ansteckend (Übertragung auch durch Tröpfchen beim Erbrechen, kontaminierte Gegenstände (Türklinke) und Nahrungsmittel möglich) • Ausbruch nach 12-48 Stunden • Schwerer Brechdurchfall, meist nach 48 Stunden wieder vorbei Pilic, D. 2011 Salmonellose (Bakterieninfektion) • Klassische Lebensmittelinfektion • Übertragung vor allem durch nicht ausreichend erhitzte Eier oder Fleischerzeugnisse • Ausbruch nach 6 bis 72 Stunden • Kann zu blutigen Durchfällen und hohem Fieber führen • Ausscheidung nach Erkrankung ein Monat (unter 5 Jahren bis zu 7 Wochen) • Antibiotikatherapie nur bei Sepsis (Blutvergiftung), da Ausscheidung durch AB verlängert wird Pilic, D. 2011 EHEC – E. coli • Verursacht HUS 5-15% (hämolytisch urämisches Syndrom) u.a. schweres Nierenversagen, schwere Blutarmut • Selten (44-118 HUS-Fälle pro Jahr) • Wichtigstes Reservoir: Nutztier wie Rinder, Schafe und Ziegen • orale Aufnahme von Fäkalspuren, z. B. nach Tierkontakt, über Lebensmittel oder kontaminierten Wassers; auch Mensch-zuMensch-Übertragung Pilic, D. 2011 EHEC – E. coli • Ausbruch nach 3–4 Tage • Symptome: Durchfall, heftige Bauchkrämpfe und nach 3 Tagen blutiger Durchfall (60%). Zusätzlich eventuell Fieber, Übelkeit und Erbrechen ! Kleinkinder mit akuten blutigen, schmerzhaften Durchfällen sollten engmaschig überwacht werden. Stuhlkultur! Bei weiteren Symptomen (auffällige Blässe, Blut im Urin) sollte eine Blutuntersuchung erfolgen! Pilic, D. 2011 Komplikationen der Gastroenteritis Pilic, D. 2011 Hauptkomplikation: Flüssigkeitsverlust Säuglinge und Kleinkinder → wenig Flüssigkeitsreserven → sind bei starkem Durchfall und Erbrechen besonders bedroht. Warnsymptome • Auffälliger Bewußtseinszustand: Müde, apathisch • Schlechtes Trinkverhalten • Eingesunkene Augen → Arzt • Tränenfluss vermindert/fehlend aufsuchen! • Schleimhäute trocken • Urinausscheidung vermindert/ fehlend • Arme/Beine kühl/kalt Pilic, D. 2011 Untersuchungen beim Arzt: • Körperliche Untersuchung mit Gewichtsbestimmung (Wiegen!) meist ausreichend • Blutuntersuchung nur bei Verdacht auf schweren Flüssigkeitsverlust oder V.a. andere zugrunde liegende Erkrankung • Routinemäßige Stuhluntersuchung bei unkomplizierter Magendarminfektion nicht erforderlich, da keine Konsequenz für weitere Behandlung Pilic, D. 2011 Stuhluntersuchung sollte erfolgen bei: • schweren blutigen Durchfällen • schwerem oder verlängertem Verlauf • Auslandsaufenthalten in Risikoländern • Umgebungserkrankungen (Endemien, V.a. Lebensmittelvergiftungen) • V.a. hämolytisches-urämisches Syndrom (HUS) Pilic, D. 2011 Therapie: Eine Therapie der Ursache ist nicht möglich bzw. bietet eher Nachteil! → Die meisten Virusinfekte können nicht behandelt werden → Antibiotikagabe bei bakterieller MDInfektion verschlimmert meist die Durchfälle und verlängert die Erregerausscheidung. Nur unterstützende Therapie möglich! Wichtigste Maßnahme: Ausgleich des Flüssigkeitsverlustes! Pilic, D. 2011 Flüssigkeitsersatz Vorteil des Trinkens gegenüber der Infusion: Sicherer, weniger Nebenwirkung, effektiver, kann zu Hause erfolgen! → Der orale ist dem intravenösen Flüssigkeitsersatz immer vorzuziehen! Empfohlen werden vorgefertigte Zucker-ElektrolytLösungen (rezeptfrei in der Apotheke). Genau abgestimmte Balance zwischen Zucker und Natriumgehalt → fördert die Flüssigkeitsaufnahme durch den kranken Darm. z.B. Oralpädon®, Infectodiarrstop ORL®, Normhydral®, GES 60® Pilic, D. 2011 Oraler Flüssigkeitsersatz •Verlust soll über 3-4 Stunden in kleinen Portionen (also z.B. löffelweise) zugeführt werden! • Vereinzeltes Erbrechen spricht nicht gegen eine weitere orale Flüssigkeitsgabe! • Gestillte Kinder zwischen Gabe der Elektrolyt-lösung weiter anlegen Pilic, D. 2011 Oraler Flüssigkeitausgleich • Ungeeignet: Cola u. Säfte → zu hohe Zuckerkonzentrationen fördern Durchfall, kaum Salze • Von selbsthergestellten Lösung bei Kindern < 5. Lj. streng abzuraten → zu viele Fehler Bei nicht ausreichender Trinkmenge bleibt nur die stationäre Aufnahme und intravenöser Flüssigkeitsersatz! Pilic, D. 2011 Ernährung • Spätestens 4-6 h nach Beginn der Rehydrierung gewohnte Nahrung → Der Darm braucht Nahrung um zu heilen! Diät bietet keinen Vorteil! • Flaschenernährte Säuglinge → unverdünnte Nahrung. Spezielle Heilnahrung bietet keinen Vorteil! • Kleinkinder: Beginn mit Brot mit Aufstrich, Nudeln, Kartoffeln, Reis, Hafer-, Griesbrei, Salzstangen, Kartoffel-, Möhrensuppe. Wenn gut vertragen, dann Normalkost. • Säfte mit hohem Fruchtzucker-, Haushaltszuckergehalt vermeiden Pilic, D. 2011 Ernährung Bei einigen Patienten nach Ausheilung der Infektion gelegentlich noch Durchfälle, Blähungen und Bauchschmerzen. Ursache: Vorübergehende Frucht- oder Milchzuckerunverträglichkeit durch zerstörte Darmschleimhaut. Vorübergehendes Meiden besonders fruchtzuckerhaltiger Produkte kann Symptombesserung bringen. „Diätfehler“ führen hier aber nicht zu einer verzögerten Ausheilung der Darmschleimhaut. Pilic, D. 2011 Medikamente: • Die meisten Infektionen heilen ohne weitere Maßnahmen aus • Durchfall und Erbrechen dient der Keimeliminierung aus dem Körper • Aufgrund der Nebenwirkungen sollten Medikamente nur zurückhaltend eingesetzt werden! • Racecadotril (Tiorfan®): Verkürzt Durchfallsdauer und vermindert Stuhlfrequenz um 50% ohne den Darm zu lähmen Zugelassen ab 3 Monaten Wird nicht von den Krankenkassen bezahlt Pilic, D. 2011 Medikamente: • Probiotika (lebensfähige Mikroorganismen) Verkürzen Durchfallsdauer um max. einen Tag nachgewiesene Wirksamkeit für Lactobacillus GG (Infectodiarrstop LGG®) Saccharomyces boulardi (Yomogi ®, Perenterol ®, Perocur®, Santax®, Omniflora®) Probiotikadosis in Nahrungsmitteln nicht ausreichend • Dimenhydrinat (Vomex®, Vomaccur®) Wirksamkeit beim einzelnen unterschiedlich Kann Nebenwirkung des zentralen Nervensystems aufweisen! Bei Säuglingen/ kleinen Kindern Zurückhaltung! Pilic, D. 2011 Medikamente die bei Kindern nicht verwendet werden sollen: • Motilitätshemmer wie Loperamid (Immodium akut®) • Adsorbantien (Bindemittel wie Kohle oder Pektin): verschleiern Flüssigkeitsverlust • Antibiotikatherapie: nur bei bestimmten Erregern oder schweren Verläufen (z.B. Sepsis, bei Immundefekt) Pilic, D. 2011 Hygienemaßnahmen bei GE • Nach jedem Toilettengang/Wickeln Hände • • • • • • • • gründlich waschen Flüssigseife verwenden Wenn möglich separate Toilettennutzung Bei Kleinkindern Wickelunterlage regelmäßig abwaschen Bei Mahlzeitenzubereitung vorher gründlich Hände waschen Geschirr, Bettwäsche wie üblich reinigen Spielzeug reinigen Kinder mit GE sollten keine Tageseinrichtung oder Schule besuchen so lange sie Symptome haben Bei einigen Erregern ist die Meldung an das Gesundheitsamt Pflicht (z.B. Salmonellen, EHEC). Ggf. meldet sich ein GA-Mitarbeiter bei Ihnen. Pilic, D. 2011 Vielen Dank!