Infektionsgefahr durch die Zahnbürste?
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Infektionsgefahr durch die Zahnbürste?
BERICHTE AUS DER LAGH Seite 418 Aktuelles Thema Infektionsgefahr durch die Zahnbürste? Wenn es ums Zähneputzen im Kindergarten geht, fürchten sich Eltern und ErzieherInnen oft vor der Infektionsgefahr. Dabei wird außer Acht gelassen, dass auch bei höchster Sorgfalt durch den engen sozialen Kontakt innerhalb der Kindergruppe (niesen, trinken aus einem Becher, abbeißen vom Brot, schmusen etc.) sowieso ein hohes Ansteckungsrisiko besteht. Es stellt sich also lediglich die Frage, wie sich das Risiko einer Infektion so gering wie möglich halten lässt. Z u der Frage, ob Zahnbürsten eine Infektionsquelle darstellen und durch welche Maßnahmen man eine Infektion minimieren kann, hier zwei wissenschaftliche Stellungnahmen. 1. Robert Koch-Institut (Zentrale Einrichtung der Bundesregierung auf dem Gebiet der Krankheitskontrolle und Prävention und damit auch die zentrale Referenzeinrichtung des Bundes auf dem Gebiet der anwendungs- und maßnahmeorientierten Forschung für den öffentlichen Gesundheitsdienst). Gibt es Empfehlungen zum Umgang mit Zahnbürsten in Kindergemeinschaftseinrichtungen? Die Mundhöhle gehört zu den am intensivsten bakteriell besiedelten Regionen des Menschen. Zudem ist sie durch die Aufnahme von Nahrung gegenüber Mikroorganismen aus der Umwelt grundsätzlich exponiert. Im Kindergarten kommt es bekanntermaßen durch Speichel- oder Tröpfcheninfektion immer wieder zu Ansteckungen, wenn sich Kinder anniesen oder anhusten. Auch beim Spielen kommt es z. B. dadurch, dass Spielzeug in den Mund gesteckt wird, immer wieder zu Keimübertragungen, die mitunter zu Infekten führen können. Erfahrungsgemäß werden die dabei übertragenen Keime rasch von der körpereigenen Infektabwehr eliminiert. Dieses Abwehrsystem unseres Körpers beginnt in der Mundhöhle und verhindert, dass jeder Kontakt mit Infektionserregern auch tatsächlich eine Erkrankung nach sich zieht. Auch die benutzte Zahnbürste ist nach dem Zähneputzen mit Mikroorganismen kontaminiert, die üblicherweise zur normalen Schleimhautflora des Mundes gehören. Eine anschließende Vermehrung von Bakterien und Pilzen soll durch gründliches Ausspülen der Bürste mit Leitungswasser und Trocknung bei Raumtemperatur vermieden werden. Dennoch können Keime mit der Zahnbürste weitergegeben werden, genauso wie mit Spielzeug oder durch persönlichen Kontakt sowie in Form von Speichel- und Tröpfcheninfektionen. Aus diesem Grund haben sich eine Vielzahl von Studien mit der Frage beschäftigt, ob eine Infektionsgefährdung von der Zahnbürste ausgeht. Sie kommen zu dem Schluss, dass eine Gefahr für die Übertragung gefährlicher Krankheitserreger beim Verwechseln von Zahnbürsten nicht ersichtlich ist. Es sind keine Berichte über virale oder bakterielle Infektionen beim Verwechseln von Zahnbürsten mitgeteilt worden. Zahnbürsten sind keine Medizinprodukte, sondern Bedarfsgegenstände des täglichen DHZ 9 · 2004 Lebens, für die die Kosmetikverordnung und übergeordnet das Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz gilt. Die Borstenstruktur handelsüblicher Zahnbürsten ist so gestaltet, dass sie aus glatten, gerundeten Nylonborsten bestehen und somit die Anheftung von Mikroorganismen erschweren. Zudem besitzen Zahnpasten viele Bestandteile, die eine antimikrobielle Wirksamkeit besitzen und eine Hemmung des Wachstums oraler Keime bewirken. Für das tägliche Putzen im Kindergarten sollten folgende Regeln beachtet werden: Jedes Kind hat seine eigene Zahnbürste und seinen eigenen Becher. Nach dem Zähneputzen sollte die Bürste gut unter fließendem Wasser ausgespült werden. Aufbewahrung stehend mit dem Kopf nach oben bei Zimmertemperatur. Zahnbürsten müssen spätestens nach drei Monaten gewechselt werden, denn abgenutzte bzw. zerkaute Bürsten haben eine schlechtere Reinigungswirkung. Nur in den Fällen, in denen die Besorgnis der Eltern von Kindergartenkindern über eine mögliche Weitergabe von Krankheitserregern durch vertauschte Zahnbürsten nicht anderweitig zerstreut werden kann, besteht die Möglichkeit der Reinigung und weitgehender Keimbefreiung in der Spülmaschine, obwohl diese im Temperaturbereich von unter 60° C nicht die hygienischen Anforderungen für Medizinprodukte erfüllt. In Kindergärten kommt deshalb folgendes Verfahren als praktikables Vorgehen in Betracht: Freitags werden die namentlich gekennzeichneten Zahnbürsten in der nur mit diesen beladenen Spülmaschine gereinigt, getrocknet, gegebenenfalls neu gekennzeichnet und stehen montags wieder zum Zähneputzen zur Verfügung. 2. Antwort vom 7. 4. 2004 von Prof. Dr. K. Bößmann (Prof. Dr. Bößmann war wissenschaftlicher Direktor im Bereich der Kariesforschung an der Klinik für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie in Kiel. Seine Kompetenz zu Fragen der zahnärztlichen DHZ 9 · 2004 Seite 419 Hygiene basiert auf seinem Studium der Biologie und Mikrobiologie) auf eine Anfrage der LAGH zum Einsatz der Spülmaschine im Hinblick auf die Zahnbürstenhygiene. …halte ich an meiner Empfehlung, Haushaltsspülmaschinen zur Reinigung von Zahnbürsten zu verwenden, fest. Es ging ursprünglich um die Frage, wie man verhindern kann, dass durch Zahnbürstentausch oder -verwechslung Kinder gefährdet werden, wenn z. B. ein Kindergartenkind HIV-positiv ist. Werden die Zahnbürsten in einer Haushaltsspülmaschine behandelt, unterlie- BERICHTE AUS DER LAGH gen sie Temperaturen, die durchaus HIVinaktivierend sind. Hierzu Belege aus der Literatur: 1. HIV wird um mehr als 4 Zehnerpotenzen (also 99,99 %) bei 65° C / 10 min reduziert (Martin et al., J Int Dis 152, 400–403 (1985) 2. HIV wird noch immerhin um den Faktor 10 bei 56° C / 2 min reduziert (Mc Dougal et al., J Clin Investig 76, 875–877 (1985) Betrachten wir darüber hinaus HBV / HCV, dann nimmt … Inaktivierung bei 93° C / 10 min Bezug auf die damalige Zielvorgabe des BGA (heute RKI), eine Reduk- tion um 7–8 Zehnerpotenzen erzielen zu können. Wenn sich überhaupt HBV / HCV an den Zahnbürsten befinden, dann werden diese Viren schon allein durch den mechanischen Reinigungsprozess in ihrer Menge um 2–3 Zehnerpotenzen reduziert. Dieser Vorgang wird als sog. Abreicherung z. B. im Rahmen der Instrumentenaufbereitung vom RKI als sehr bedeutsam eingestuft. Ich denke also, dass in der Spülmaschine eine einwandfreie hygienische Aufbereitung der Zahnbürsten erzielt wird, ohne dass dabei die Gefahr der Kontamination anderer Zahnbürsten besteht. Am 15. Juni 2004 fand das große LAGH-Referententreffen in Frankfurt-Niederrad statt Das LAGH-Referententeam trifft sich jährlich, um die Fortbildungen für ErzieherInnen und Patenschaftsteams abzugleichen und zu aktualisieren. Dr. Andrea Thumeyer, Wiesbaden, Zahnärztin, Vorsitzende der LAGH Ralph Pfeiffer, Wildeck, Zahnarzt Anke Heinen, Nackenheim, Pädagogin Dr. Klaus Dürr, Dreieich, Zahnarzt Dr. Ute von Nordheim, Frankfurt, Zahnärztin Dr. Andrea Plewe, Kassel, Zahnärztin Christa Born, Marburg, Zahnärztin Dr. Ulrike Kreinhoff, Niddatal, Oecotrophologin Dr. Ulrike Freund, Laubach, Oecotrophologin Petra VölknerStetefeld, Marburg, Zahnärztin Cordula Buschmann, Wiesbaden, Pädagogin Christina Caselitz, Bad Hersfeld, Zahnärztin IRMA, Nr. 1 in Hessen Dr. Simone Strein, Butzbach, Zahnärztin