Die Equine Infektiöse Anämie

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Die Equine Infektiöse Anämie
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Dezember 11
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Die Equine Infektiöse Anämie
Die Equine Infektiöse Anämie, auch Ansteckende Blutarmut der
Einhufer, Sumpffieber der Einhufer oder „Swamp Fever“ genannt,
ist eine durch ein RNA-Lentivirus der Familie Retroviridae verursachte chronische, weltweit verbreitete, lebenslang persistierende
Erkrankung von Pferden, Eseln, Maultieren und Zebras.
Das Virus der Equinen Infektiösen Anämie (EIAV) ist eng verwandt
mit anderen Lentiviren, u. a. dem Maedi Visna Virus (MVV), dem
Felinen Immundefizienz Virus (FIV) und dem Humanen Immundefizienz Virus (HIV). Alle führen zu einer lebenslang persistierenden
Infektion. Das EIAV stellt keine zoonotische Gefahr dar.
Pathogenese
Die wichtigste Übertragungsquelle ist das Blut infizierter Pferde.
Das Virus wird durch Insekten, überwiegend der Gattung Tabanidae (Bremse) und Stomoxys (Wadenstecher), übertragen. Dabei
handelt es sich um eine mechanische Übertragung, da keine Virusreplikation in den Insektenzellen stattfindet. Das Virus scheint nicht
länger als 30 bis 120 Minuten in den Mundwerkzeugen der Insekten infektionsfähig zu sein. Pferde mit einer starken Virämie (Fieber)
und mit klinischen Symptomen stellen eine höhere Ansteckungsgefahr für mögliche Empfänger dar. Für eine erfolgreiche Übertragung
müssen Mücken vermutlich beim Blutsaugen unterbrochen werden
und sich anschließend zu einem anderen Pferd begeben, um weiter Blut zu saugen. Das schmerzhafte Stechen der Bremse und die
daraus resultierende Abwehrreaktion der Pferde begünstigen das
intermittierende Blutsaugen als Voraussetzung für eine erfolgreiche
Virusübertragung zu einem nicht-infizierten Pferd. Der Abstand
zwischen infizierten und nicht-infizierten Pferden und die Belastung
der Umwelt mit Mücken scheinen das Ansteckungsrisiko zu beeinflusen. Eine Distanz von mindestens 180 m verringert die Übertragungsgefahr wesentlich. Die größere Belastung mit Mücken würde
die höhere Prävalenz in warmen Gebieten und die höhere Inzidenz
in den Sommermonaten erklären. Fohlen können sich auch vertikal
vor der Geburt (transplazentär), während der Geburt oder durch die
Aufnahme von Kolostrum oder Milch infizieren. Allerdings scheint
die transplazentäre Übertragungswahrscheinlichkeit in Stuten mit
akuten klinischen Symptomen und einer hohen Virämie während
der Trächtigkeit höher zu sein. Eine iatrogene Übertragung über
Bluttransfusion oder kontaminierte Objekte (chirurgisches Besteck,
Kanüle, Zahnbesteck etc.) ist möglich. Das Virus bleibt bei Raumtemperatur bis zu vier Tage in Kanülen infektiös. Eine Übertragung
über den Deckakt ist ebenfalls möglich.
Die lebenslang persistierende Infektion ist auf die besonderen
Merkmale der Virusinfektion und -vermehrung zurückzuführen.
Durch die Aufnahme des EIAV-Provirus ins Genom der Wirtszellen
(Enzym Integrase) persistiert das Virus im Wirtskörper. Zusätzlich führen die aufgrund des Mangels an einem „Korrekturlesen“
(„proofreading“) der Reversen Transkriptase bei Lentiviren häufigen
Mutationen bei der Virusvermehrung zur Entstehung von zahlreichen abweichenden Virusvarianten. Viele von diesen können der
bereits auf die Infektion eingestellten Immunantwort des Pferdes
entgehen.
Ein Pferd mit typischen Symptomen einer chronischen EIAV Infektion.
Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Prof. Derek Knottenbelt*
Überwiegend werden Makrophagen mit dem Virus infiziert, und die
Meisten befinden sich in der Milz. Andere Organe, wie die Leber,
Lymphknoten, Knochenmark, Niere und sogar das Gehirn und
das Endothel können ebenfalls eine aktive Infektion aufweisen.
Nach der Infektion setzt sich die Virusreplikation im Körper ständig
fort, wobei diese in Phasen ohne klinische Symptome nur eingeschränkt abläuft.
Bei der pathologischen Untersuchung
zählen u. a. eine
Splenomegalie,
Hepatomegalie,
Schleimhaut- und
Serosa-ekchymose,
eine Lymphadenopathie und eine Knochenmarkshyperplasie
zu den typischen
Befunden. Bei klinisch
unauffälligen infizierten
Pferden sind nicht
immer pathologische
Veränderungen vorhanden.
In einigen Fällen können EIAV-infizierte Pferde
eine Epistaxis zusammen mit einer hämolytischen Anämie und mit einer Thrombozytopenie aufweisen. Abdruck mit freundlicher
Genehmigung von Prof. Derek Knottenbelt*
Klinische Zeichen
Die Inkubationszeit
beträgt ca. 30 Tage,
kann aber von einem
bis 90 Tage variieren.
EIAV-infizierte Pferde können typische Symptome mit unterschiedlicher Ausprägung zeigen. Am häufigsten zeigen sie Fieber, Lethargie, Appetitslosigkeit, Gewichtsverlust, Ödeme und Hämorrhagie.
Drei typische Krankheitsbilder und Phasen werden in der Theorie
beschrieben: akut, chronisch und asymptomatisch.
Akute Verlaufsform: In einer ersten akuten Phase ca. ein bis vier
Wochen post infectionem zeigen die Pferde oft eine starke Virämie
mit Appetitlosigkeit, Fieber, Lethargie, Thrombozytopenie.
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Die Symptome können auch mild sein oder nicht vorhanden. Diese
Phase ist nur in seltenen Fällen schwerwiegend oder sogar fatal.
Danach entwickeln viele Pferde eine subklinische Infektion, aber
die Mehrheit der Pferde entwickeln eine durch rezidivierende akute
Episoden mit den o. g. klinischen Symptomen gekennzeichnete
Infektion. Jedes Rezidiv ist mit einer höheren Virusreplikation unter
Umgehung des Immunsystemes des Wirtes verbunden. Außerdem
wird jedes Rezidiv von einem antigenetisch unterschiedlichen
Virusstamm verursacht.
Chronische Verlaufsform: Bei vermehrtem Auftreten akuter Episoden, abwechselnd mit klinisch unauffälligen Phasen, entwickelt
sich ein chronisches Krankheitsstadium (Anämie, Thrombozytopenie, Gewichtsverlust und Ödeme) evtl. mit Petechien, Ikterus und
Epistaxis. Leukoenzephalitis und Enterokolitis treten nur selten auf.
Im Allgemeinen entwickeln die Pferde ca. ein Jahr post infectionem
ein chronisches subklinisches Krankheitsbild (gesund erscheinendes Trägertier). Stresssituationen (z. B. Transport, extreme
Temperaturen, Belastung) oder die Gabe von Kortison können zum
Auftreten von klinischen Symptomen bei unauffälligen infizierten
Pferden führen.
Asymptomatische Verlaufsform: Es ist erwähnenswert, dass
einige Pferde nie klinische Symptome zeigen und erst bei Routineuntersuchungen diagnostiziert werden können.
Infizierte Pferde beherbergen das Virus lebenslang. Diese
sind als Virusträger zu betrachten und bleiben zeitlebens
infektiös!
Diagnose
Ein Infektionsverdacht mit EIAV soll immer bei Pferden mit Anämie,
rezidivierendem Fieber, Thrombozytopenie, Petechien, Gewichtsverlust und/oder Ödemen in Betracht gezogen werden. Zu den
anderen Differentialdiagnosen zählen u. a. Streptococcus equi
equi Infektionen (Purpura haemorrhagica), Equine Virale Arteritis,
Piroplasmose, chronische Hepatitis und disseminierte intravasale
Koagulopathie (DIC) infolge systemischer Erkrankungen.
Blutbild: Im Blutbild sind Abweichungen wie Anämie und Thrombozytopenie typisch. Die Anämie ist auf eine multifaktorielle Genese
zurückzuführen, wobei eine immunmediierte intra- und extravaskuläre Erythrozytenzerstörung und eine aufgrund hemmender
Zytokine verminderte Erythropoese am wahrscheinlichsten sind.
Die Ausprägung und Dauer der Anämie ist mit der Dauer der
Fieberphase eng verbunden. Des Weiteren scheint die Thrombozytopenie auch auf einer multifaktoriellen Genese zu beruhen,
wobei immunmediierte Mechanismen, eine durch Entzündungsmediatoren verminderte Thrombozytopoese und die Entstehung von
Thrombozytenaggregaten eine wichtige Rolle spielen. Die Thrombozytenfunktionalität ist herabgesetzt. Infolgedessen könnten eine
Verschlimmerung von hämorrhagischen Tendenzen und sogar DIC
eintreten. Die Thrombozytenzahl normalisiert sich sehr schnell nach
dem Ende einer Fieberphase.
Vet Med Labor GmbH
Division of IDEXX Laboratories
IDEXX Vet•Med•Labor
Mörikestr. 28/3
D – 71636 Ludwigsburg
Tel: 00800 1234 3399
Weniger häufig treten eine Monozytose, Leukopenie oder Leukozytose, Hämoglobinämie, Hypergammaglobulinämie, Hyperbilirubinämie und/oder eine Erhöhung der Leberenzyme auf.
Definitive Diagnose: eine definitive Diagnose erstellt man mittels
serologischem Antikörpernachweis mit dem Agargelimmunodiffusionstest, dem sogenannten „Coggins-Test“. Der Test gilt als „Gold
Standard“ und wurde im Jahre 1970 in den USA von Dr. Leroy
Coggins entwickelt. Es ist ein nach OIE-Standards anerkannter diagnostischer Test und ist geeignet im Rahmen der amtlichen Untersuchungen für den Pferdeex- und -import**. Der Test wird in unserem
Labor in Ludwigsburg nach OIE-Bestimmungen im Rahmen der
Akkreditierung DIN ISO 17025 durchgeführt.
Material: 1 ml Serum
Zu beachten ist, dass in den ersten zwei bis drei Wochen post
infectionem manchmal noch keine Antikörper nachweisbar sind.
Die meisten Pferde zeigen aber spätestens 40 Tage post infectionem eine Serokonversion, so dass verdächtige Pferde ggf. mehrfach im Abstand von ca. vier Wochen nachgetestet werden sollten.
In Einzelfällen kann sich die Serokonversion auf bis zu 60 Tage
post infectionem hinauszögern. Fohlen von infizierten Stuten sind
zumeist bereits 24 Stunden nach der Geburt seropositiv aufgrund
der Kolostrumaufnahme. Die kolostralen Antikörper in nicht-infizierten Fohlen sind in den meisten Fällen nur bis zum 6. Lebensmonat
nachweisbar.
Behandlung
Es gibt keine kurative Behandlungsmöglichkeit. Nach den aktuellen tierseuchenrechtlichen Bestimmungen in Deutschland sind alle
Impfungen und Heilversuche verboten.
Bekämpfung
Die Equine Infektiöse Anämie ist eine anzeipflichtige Tierseuche
nach § 10 TierSeuchenGesetz und wird nach der Verordnung zum
Schutz gegen ansteckende Blutarmut der Einhufer vom 04.10.2010
(BGBl. I S: 1326) bekämpft. Der Verdacht auf EIA besteht, wenn
das Ergebnis einer klinischen, pathologischen oder serologischen
Untersuchung den Ausbruch befürchten lässt. Im Verdachtsfall
muss der Tierhalter und die zuständige Behörde unverzüglich
benachrichtigt werden. Weitere Maßnahmen beim Ausbruchsverdacht bis zur möglichen amtlichen Feststellung werden von oder in
Zusammenarbeit mit der zuständigen Behörde getroffen. Das Auftreten von EIA ist in Deutschland sporadisch und erfolgt meist durch
die Einfuhr von Equiden aus endemischen Gebieten im Ausland.
Dr. med. vet. Anastasios Moschos
Fachberatung Pferd
IDEXX Vet·Med·Labor Ludwigsburg
*Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Prof. Derek Knottenbelt
OBE BVM&S DVM&S DipECEIM MRCVS,
Department Veterinary Clinical Science – University of Liverpool/Großbritannien
**Bitte beachten Sie die spezifischen Einfuhrbestimmungen des jeweiligen
Landes.
Literatur auf Anfrage.
D655-1111