Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation
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Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation
Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Dokumentation INA Vilm 19.-23. Jan. 2004 In Kooperation mit Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004 Dokumentation Veranstalter Bildungswerk interpretation Am Rasen 23 37214 Werleshausen Tel.: 0 55 42 / 50 58 73 Fax: 0 55 42 / 50 58 73 Mail: [email protected] Web: www.interp.de EUROPARC Deutschland e.V. Marienstr. 31 10117 Berlin Tel.: 0 30 / 2 88 78 82-0 Fax: 0 30 / 2 88 78 82-16 Mail: [email protected] Web: europarc-deutschland.de Gefördert durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Bildnachweis der von den TeilnehmerInnen zur Verfügung gestellten Aufnahmen Margitta Jendrzejewski: 31 u. Elfi Laack: Titel o., 15 u., 26 u., 29, 31 o., 34, 40 u.r. Rüdiger Meyer: 26 o., 32, 37 o., 37 m., 40 u.l., 40 o., 41 o. Henning Möller: Titel Hintergrund, 37 u. Anne Spiegel: Titel m., 2, 14 o., 27, 30 (2x), 33, 34 u., 35 (2x), 36, 41 u., 47 2 Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004 Akteure Veranstaltung: Axel Tscherniak, EUROPARC Deutschland Gisela Stolpe, Bundesamt für Naturschutz Durchführung: Thorsten Ludwig, Bildungswerk interpretation TeilnehmerInnen: Ulf-Gerd Damm, Naturparkverwaltung Drömling Kerstin Frank, Nationalparkamt Müritz Sigmund Gaudeck, Naturwacht Brandenburg Margitta Jendrzejewski, Nationalpark- und Forstamt Sächsische Schweiz Klaus Ketelsen, Nationalparkservice gGmbH Schleswig-Holstein Axel Knoblich, Nationalparkamt Rügen Peter Kreke, Naturpark Mecklenburgisches Elbetal Jens Krohnfuß, Nationalparkamt Rügen Elfi Laack, Naturwacht Brandenburg Gerald Lordahn, Naturparkverwaltung Mecklenburgische Schweiz und Kummerower See Rico Markmann, Nationalparkamt Rügen Rüdiger Meyer, Naturpark Stechlin-Ruppiner Land Henning Möller, Nationalparkverwaltung Hochharz Rainer Rehm, Nationalparkservice gGmbH Schleswig-Holstein Reinhard Rusnak, Naturpark Feldberger Seenlandschaft Anne Spiegel, Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer Joachim Stroeming, Naturpark Nossentiner/Schwinzer Heide Uwe Stüben, Naturpark Insel Usedom Claus Weber, Nationalparkamt Müritz Heike Weigt, Landesamt für den Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer Claudia Wicht, Naturpark Kyffhäuser Gastreferent: Christian Zepf, Stubnitzhaus GmbH 3 Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004 Programm, Verlauf und Perspektiven Der Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation basiert auf dem Ausbildungskonzept für Interpretationsranger im US National Park Service. Nachfolgend eingearbeitet wurden die Auswertungsergebnisse der Unterrichtseinheiten „Öffentlichkeitsarbeit und Umweltbildung“ des Lehrgangs GeprüfteR Natur- und LandschaftspflegerIn in Sachsen sowie des einwöchigen TOPAS-Pilotkurses „Basic Interpretive Skills“, der 2003 im Nationalpark Harz stattgefunden hat. Diese - einerseits durch den gesteigerten Bedarf während des Planungszeitraums, andererseits durch fördertechnische Gründe bedingte - Anhäufung von Inhalten stellte für den Trainer wie für die TeilnehmerInnen im Kursverlauf die größte Herausforderung dar. Nicht zu vernachlässigen waren darüber hinaus die rauen Witterungsbedingungen. Etwa 50% der Trainingseinheiten fanden bei Dauerfrost und kräftigem Wind unter freiem Himmel statt, und nicht alle TeilnehmerInnen waren zweckmäßig gekleidet. Auf der anderen Seite war da aber die Insel Vilm, die in ihrer Abgeschlossenheit innerhalb von fünf Tagen z. T. sehr unterschiedliche Menschen zu einer frohen und leistungsfähigen Arbeitsgemeinschaft zusammenwachsen ließ, und die zugleich bedingte, dass sich alle TeilnehmerInnen voll und ganz auf die Inhalte des Kurses konzentrieren konnten. „Rügenlandschaft mit Regenbogen“ – das Gemälde von Caspar David Friedrich, das die Insel Vilm im Mittelgrund zeigt, versinnbildlicht in beeindruckender Weise, worum es der Natur- und Kulturinterpretation geht, und worum es auch während des Kurses ging. Es ging darum, eine Brücke zu schlagen zwischen dem Menschen und seinem Natur- und Kulturerbe. Es ging um die Frage, wie die Botschaften, die von unseren Natur- und Kulturlandschaften ausgehen, ihre Adressaten finden. Und wie es gelingen kann, Menschen über die Art, wie diese Botschaften vermittelt werden, dauerhaft und verantwortungsvoll an ihr Natur- und Kulturerbe zu binden. Der Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation hat in dieser Hinsicht einiges erreicht. Früchte kann er aber nur dann tragen, wenn das, was in den fünf Tagen angestoßen wurde, in den Schutzgebieten fortentwickelt wird. Folgendes wäre diesem Ziel dienlich: 1. ein kontinuierliches Trainingsprogramm, das insbesondere die Professionalisierung der Arbeit der hauptamtlichen MitarbeiterInnen in den Schutzgebieten weiter vorantreibt. 2. eine periodisch zusammentretende Arbeitsgruppe, die die Qualitätsstandards für Interpretation im Naturschutz definiert 3. darauf aufbauend die Erarbeitung von Supervisionsprogrammen und einheitlichen Schulungsprogrammen für saisonale Hilfskräfte und schließlich 4. das Gewähren von Freiräumen für eine zeitgemäße Natur- und Kulturinterpretation, wie sie etwa vom US National Park Service gepflegt wird, durch die Schutzgebietsleiter. Der TOPAS-Kurs und der Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation auf Vilm waren erste Bausteine. Der größte Teil der Arbeit in den Schutzgebieten liegt noch vor uns. 4 Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004 Programmumfang Für den Kurs stehen insgesamt 47 Seminareinheiten à 45 min. zur Verfügung. Innerhalb dieses Rahmens sollen folgende Inhalte mit folgendem Zeitaufwand behandelt werden: Themen Grundlagen der Interpretation Umfang Stichpunkte 10 SE Geschichte der Interpretation Interpretation im US National Park Service Das Interpretationsdreieck Die Bedeutung der Naturphänomene Über Fakten zu Botschaften und Leitideen Entwicklung der eigenen Kreativität Die TN erfahren, wie sich Interpretation entwickelt hat, welche Rolle sie v. a.. für den Naturschutz spielt, was sie von anderen Konzepten unterscheidet. Sie machen sich mit wesentlichen Erkenntnissen zu Kommunikation und Kreativität vertraut. Personale Interpretation 9 SE Die TN üben sich darin, die „Sprache“ der Phänomene - zunächst in Kurzinterpretationen, dann in Interpretationsgängen über mehrere Stationen für den Besucher zu übersetzen. Mediale Interpretation 10 SE Die TN entwerfen modellhaft Texte und Tafeln, üben sich im Umgang mit Sprache und Symbolen und setzen sich mit den Erfordernissen gestalteter Interpretationsräume und -pfade auseinander. Kommunikation & Konfliktmanagement Die TN entwickeln in Projektgruppen aus einem Thema ihrer Wahl Konzepte für einen Interpretationsgang, einen Interpretationspfad oder ein Interpretationszentrum und setzen sie modellhaft um. Die Modelle werden gemeinsam ausgewertet. Gestaltung von Texten Formen und Funktionen von Tafeln Arten und Aufgaben von Pfaden Interpretationsraum oder Interpretationspfad Planungsmodell Interpretationszentrum 5 SE Menschliche Bedürfnisse Motivationen und Werteinstellungen Modelle menschlicher Kommunikation Konfliktpotentiale ausmachen und bearbeiten eigene Standpunkte zielführend vertreten 12 SE Interpretationsplanung Notwendigkeit kontinuierlicher Kontrolle Grundlagen von Supervision und Evaluation Arbeiten mit Supervisionsprotokollen Videodokumentation Übertragung in den Arbeitsalltag der TN Die TN decken ihre eigenen Kommunikationsstrategien auf, überdenken sie und entwickeln sie fort. In Rollenspielen üben sie, konträre Auffassungen mit den eigenen Positionen in Einklang zu bringen, ohne diese aufzugeben. Präsentation - Supervision Evaluation Ein Phänomen zur Sprache bringen Objekte in Szene setzen Inhalte verdichten und strukturieren Kurzinterpretationen erarbeiten Interpretationsgänge gestalten Zusätzlich sind am vierten Kurstag zwei Seminareinheiten für einen externen Beitrag zum Nationalpark-Zentrum Königsstuhl (Nationalpark Jasmund) vorgesehen. 5 Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004 Programmplanung Montag, 19.01.2004 (4 SE) Konzept der Natur- und Kulturinterpretation Impuls: Goethe bis 16.15 Uhr Anreise / Organisatorische Hinweise 16.30 – 18.00 Uhr Vorstellung des Trainers Vorstellung der TeilnehmerInnen – „Ich sage Dir, wer Du bist...“ Ö paarweise Vorbereitung für ein gegenseitiges Vorstellen (15 min.) Ö gegenseitige Vorstellung (je 2 min.) Vorstellung des Kursprogramms 18.00 – 19.00 Uhr Abendessen 19.00 – 19.45 Uhr Von den Wurzeln der Interpretation bis zu den Aufgaben der Ranger im US National Park Service (ppt) 19.45 – 20.30 Uhr Wie funktioniert Interpretation? (ppt) Ö Erläuterung des Interpretationsdreiecks Ö Bedeutung verschiedener Fragen für die Integration von BesucherInnen Ö Bedeutung von Trittsteinen 20.30 Uhr Programmende ¹ Dienstag, 20.01.2004 (13 SE) Personale Formen I (Kurzinterpretationen) Impuls: Hesse 07.30 – 08.30 Uhr Frühstück 08.30 – 09.30 Uhr Einen alten Baum zur Sprache bringen (Kurzinterpretation mit Kritikrunde) 09.30 – 10.15 Uhr Trainingskonferenzen zu einzelnen Phänomenen in der Natur Ö Ich sehe... (Die TN beschreiben ohne Deutungen, was sie sehen.) Ö Das... sieht aus wie... (Die TN versuchen Vergleiche zu finden.) Ö Das... sagt mir, dass... (Die TN suchen nach persönl. Gleichnissen.) Ö Ich möchte wissen,... (Die TN stellen sich Fragen zum Phänomen.) Ö Wie fühlt sich das... von unten an? (TN formulieren Fokusfragen.) Ö Interpretationsfelder (TN beobachten aus versch. Perspektiven) Ö Verbindungen (TN verbinden Phänomen mit anderen Phänomenen.) Ö Mimik und Gestik (Interpretation für eine hörgeschädigte Person) Ö Beschreibung (Interpretation für eine sehgeschädigte Person.) Ö Botschaft (TN formulieren Ich-Botschaften des Phänomens.) Ö Leitidee (TN erarbeiten aus den Botschaften eine Leitidee) 10.15 – 10.45 Uhr Sammlung zugkräftiger Schlüsselbegriffe (Zauberworte) Vorbereitung auf die Erarbeitung eigener Kurzinterpretationen 10.45 – 11.00 Uhr Kaffeepause 11.00 – 12.30 Uhr Vier Gruppen erarbeiten jeweils eine Kurzinterpretation 12.30 – 13.30 Uhr Mittagessen und Mittagspause 6 Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004 13.30 – 14.00 Uhr Vorbereitung der Präsentationen 14.00 – 16.00 Uhr Präsentation der vier Kurzinterpretationen 16.00 – 16.15 Uhr Kaffeepause 16.15 – 17.00 Uhr Was ist Wahrnehmung und wie funktioniert sie? Individuelle Eigenheiten bei der Wahrnehmung von Naturphänomenen Wahrnehmungsänderungen (Forstwirt, Pfarrer, Forscher,...) 17.00 – 18.00 Uhr Meine Rolle in der Kommunikation mit dem/der BesucherIn Ö Wer bin ich, und wo stehe ich als InterpretIn? Ö Welche Einrichtung vertrete ich, und was verkörpert sie? Ö Welche unserer Eigenschaften sollten wir kultivieren? Ö Wann wirken wir überzeugend? (Standogramm) Ö Was wirkt kommunikationsfördernd, was kommunikationshemmend? Ö Wie soll sich unsere Kommunikation verändern? Ö Entwicklung persönlicher Kommunikationsstrategien 18.00 – 19.00 Uhr Abendessen 19.00 – 19.30 Uhr Hilfsmittel in der Interpretation Ö Spiegel, Röhren, Lupen, Ferngläsern, Rahmen, Schnüre, Fähnchen,... Ö Möglichkeiten und Grenzen ihres Einsatzes Ö Bedeutung von Störungen (durch Phänomene / durch TN) Ö Gruppenformation 19.30 – 20.30 Uhr Übungen im Interpretationsdreieck Ö Übungen zur sprachlichen und gestischen Ausdrucksfähigkeit Ö Übungen zur Integration von Störungen 20.30 – 20.45 Uhr Tagesrückblick und Ausblick auf den kommenden Tag 20.45 Uhr Programmende ¹ Mittwoch, 21.01.2004 (13 SE ) Personale Formen II (Interpretationsgang, freie Interpretation) Kommunikation und Konfliktbewältigung Impuls: Saint Exupéry 07.30 – 08.30 Uhr Frühstück 08.30 – 09.15 Uhr Zur Vorbereitung, Durchführung und Begleitung von Interpretationsgängen Von einzelnen Leitideen zu einer in sich schlüssigen Themenlinie 09.15 – 11.15 Uhr Erarbeitung von zwei Interpretationsgängen (zweimal vier Stationen) 11.15 – 11.30 Uhr Kaffeepause (kann von den Arbeitsgruppen variabel gestaltet werden) 11.30 – 12.30 Uhr Möglichkeiten des Strukturierens und Erinnerns von Inhalten Ö Mind-Mapping (Impulsreferat) Ö Erarbeitung einer Mind-Map zum Interpretationsgang Ö Erarbeitung von Objektkarten Ö Erarbeitung eines Ankündigungsposters 7 Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004 12.30 – 13.30 Uhr Mittagessen und Mittagspause 13.30 – 14.30 Uhr Präsentation, Supervision und Auswertung des ersten Interpretationsganges (Video) 14.30 – 15.30 Uhr Präsentation, Supervision und Auswertung des zweiten Interpretationsganges (Video) 15.30 – 15.45 Uhr Kaffeepause 15.45 – 18.00 Uhr In welchen Rollen stecken SchutzgebietsbetreuerInnen? Wie lassen sich diese Rollen erweitern und verändern? Wie gehen wir mit Konflikten um? 18.00 – 18.15 Uhr Tagesrückblick und Ausblick auf den kommenden Tag 18.15 – 19.00 Uhr Abendessen 19.00 – 20.30 Uhr Rollenspiel nach aktuellen Problemstellungen aus den Schutzgebieten 20.30 Uhr Programmende ¹ Donnerstag, 22.01.2004 (11+2 SE) Mediale Interpretation I (Tafeln, Pfade und Räume) Impuls: Eichendorff (oder Tucholsky) 07.30 – 08.30 Uhr Frühstück 08.30 – 09.15 Uhr Vier Arten von Tafeln - Wodurch wird ein Text verständlich? (Einfachheit, Kürze, Prägnanz, Zusammenhang, Gliederung, Stimulanz) Hinweise zur Erarbeitung von Tafeltexten (Mustermodul, ppt) 09.15 – 10.00 Uhr Kreativitätstechniken zur Ideenfindung (Impulsreferat mit Übungen) 10.00 – 10.15 Uhr Kaffeepause 10.15 – 11.00 Uhr Erarbeiten und Aufstellen eines Tafeltextes (ILS-Modul) zu acht Phänomenen 11.00 – 11.45 Uhr Präsentation der Tafeltexte 11.45 – 12.30 Uhr Texte, Tafeln, Aktionselemente – Anmerkungen zur Gestaltung von Medien (Gleichgewicht, Lesefolge, Proportionen, Kontrast, Freiraum) Gestaltung von Werbeanzeigen (max. 5 Elemente, Leitideen, Bezug BetrachterIn) Stichwort „Einheitliches Erscheinungsbild“: Das ILS-Raster für Tafeln/Printmedien im Vergleich zum Unigrid-System des US National Park Service 12.30 – 13.30 Uhr Mittagessen und Mittagspause 13.30 – 14.15 Uhr Welche Arten von Pfaden gibt es? (Flip) Einführung in die Gestaltung von Pfaden Geschlossene Pfade und Durchgangspfade Beispiel: Interpretationspfad Waldschlucht 14.15 – 15.30 Uhr Wir erarbeiten modellhaft einen Interpretationspfad (zwei Gruppen, je vier Stationen) 8 Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004 15.30 – 15.45 Uhr Kaffeepause 15.45 – 16.45 Uhr Wir gehen unsere Pfade ab und üben Kritik 16.45 – 17.15 Uhr Vom Interpretationspfad zum Interpretationsraum 17.15 – 18.00 Uhr Wochenrückblick in Vorbereitung auf den Lichterlauf (Einzelarbeit) 18.00 – 19.00 Uhr Abendessen 19.00 – 19.30 Uhr Lichterlauf (prägnant auf den Punkt gebracht, was wir mitnehmen) 19.30 – 21.00 Uhr Vortrag Christian Zepf über das NLP-Haus Jasmund (Königsstuhl) 21.00 Uhr Offizielles Programmende ¹ Freitag, 23.01.2004 (6 SE) Mediale Formen II (Interpretationszentren) Impuls: Novalis 07.30 – 08.30 Uhr Frühstück 08.30 – 08.45 Uhr Das Interpretationszentrum – Erarbeitung von Ausstellungen in natura 08.45 – 10.00 Uhr Modellhafte Entwicklung eines Interpretationszentrums (zwei „Büros“) 10.00 – 10.15 Uhr Kaffeepause 10.15 – 10.45 Uhr Vorbereitung einer Präsentation der Konzepte 10.45 – 11.45 Uhr Präsentation und Verteidigung der vorgelegten Konzepte 11.45 – 12.15 Uhr Die Woche im Rückblick Ö Übersicht über die unterschiedlichen Formen der Interpretation Ö Der Interpretationsplan – wie er funktioniert und was er leistet 12.15 – 12.30 Uhr Abschlussrunde Ö Was nehme ich vom Kurs für mich persönlich mit? Ö Was werde ich in meinem Arbeitsalltag anwenden? 12.30 Uhr Kursende (Mittagessen optional – die Fähre legt um 13.30 Uhr ab) ¹¹¹ Unterlegte Sequenzen finden im Freien statt. 9 Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004 Veranstaltungsverlauf 1. Kurstag: Montag, der 19. Januar 2004 Nach der Begrüßung durch EUROPARC Deutschland (Axel Tscherniak) und das Bundesamt für Naturschutz (Gisela Stolpe) sowie der Vorstellung des Trainers (Thorsten Ludwig, Bildungswerk interpretation) und des Programms finden sich die TeilnehmerInnen zur Vorstellungsrunde paarweise zusammen. In parallelen Zweiergesprächen machen sich die PartnerInnen der jeweiligen Paare zunächst miteinander vertraut. Ihre Aufgabe ist es dann, sich vor dem Plenum gegenseitig „würdevoll zu präsentieren“. Für jede Präsentation stehen zwei Minuten zur Verfügung. In der Auswertung wird die Präsentation einer Person mit der eines Naturoder Kulturobjektes verglichen. Es wird gefragt Ö welche Informationen im Vordergrund standen Ö wie sie vermittelt worden sind Ö wodurch sie zu einer würdevollen Präsentation beigetragen haben. Ralph Waldo Emerson Nach dem Abendessen werden mittels einer PowerPoint-Präsentation1 die Hintergründe des Konzepts der Natur- und Kulturinterpretation erläutert. Die historische Betrachtung beginnt in den USA der ersten Hälfte des 19. Jh.. Sie beschreibt das Aufkommen des durch RALPH WALDO EMERSON (1803-1882) und HENRY DAVID THOREAU (1817-1862) begründeten Transzendentalismus als Gegenbewegung gegen die allzu bedenkenlose Unterwerfung von Mensch (indigene Bevölkerung, Sklaverei) und Natur (Schiffbarmachung der Ströme, Eisenbahnbau). THOREAU steht für den Ansatz des “Learning by Doing“2, des konsequenten Sich-Annäherns an Natur durch unmittelbare Naturerfahrung – wenngleich er selbst sich der Natur in seiner Hütte am Walden-See nur wenige Monate ausgesetzt hat. Henry David Thoreau Weit umfangreicher waren die Naturerfahrungen des Wahl-Kaliforniers JOHN MUIR (1838-1914). Er war ein Zeitgenosse von ERNST RUDORFF und gilt als Begründer des Naturschutzes in den USA (Gründung des Sierra Club, Initiierung des Yosemite National Park). Als persönlicher Freund des Präsidenten THEODORE ROOSEVELT trieb er die Nationalparkidee voran. 1871 schrieb JOHN MUIR im Yosemite-Tal in sein Notizbuch: I’ll interpret the rocks, learn the language of flood, storm and the avalanche. I’ll acquaint myself with the glaciers and wild gardens and get as near to the heart of the world as I can.3 John Muir 1 s. geschichte.ppt auf der CD und Kurshandbuch Text 1 „Lernen durch Tun“ 3 „Ich übersetze die Felsen, erlerne die Sprache der Flut des Sturms und der Lawinen. Ich mache mich mit den Gletschern und wilden Gärten vertraut und komme dem Herzen der Welt so nah wie ich nur kann.“ 2 10 Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004 Wie in der deutschen Sprache, so hat der Begriff Interpretation auch in der englischen Sprache viele unterschiedliche Bedeutungen. Die vorrangige Bedeutung ist die der Übersetzung einer Sprache. Bereits CHARLES DARWIN und MARK TWAIN haben den Begriff vereinzelt im Sinne der Übersetzung der Sprache der Natur verwendet, nicht aber in einem derart intensiven Bezug zu ihrer eigenen Persönlichkeit. Ein jüngerer Freund von JOHN MUIR war ENOS MILLS (1870-1922). Er stammte aus Kansas, zog aber schon in jungen Jahren in die Rocky Mountains, wo er seit 1886 in einer Hütte in den Bergen lebte. MILLS gilt als Initiator des Rocky Mountain National Park. Er lebte davon, BesucherInnen durch das Gebiet zu führen und weitete den Interpretationsbegriff dahingehend aus, dass er von der individuellen Naturbetrachtung zur Naturführung für Dritte überleitete („A nature guide is an interpreter…“).4 Auf diesem Feld erwarb er sich vielfache Verdienste. Er gründete eine „Trail School“5, bildete zunächst Jungen aus den umliegenden Dörfern und danach – um 1920(!) - die ersten Frauen zu Nationalpark-Führerinnen aus, wobei die Zertifizierung von den Hotels in der Nationalparkregion übernommen wurde. Unglücklicherweise griff der US National Park Service MILLS’ Ideen der Naturführung nicht auf. Dort versuchte man sich dem Bildungsauftrag der Nationalparke zunächst von der wissenschaftlichen Seite her zu nähern. So blieb es einem anderen vorbehalten, Interpretation erst 20 Jahre später – als Konzept der Betreuung von BesucherInnen in den National Park Service einzuführen. Enos Mills Dieser andere war der Journalist FREEMAN TILDEN (1883-1980). TILDEN bereiste die Parke ursprünglich mit dem Auftrag, die Arbeit des National Parkn Service zu Werbezwecken zu dokumentieren. Aufgrund seiner berechtigten Kritik an dieser Arbeit (die zunächst Park Naturalist Service und seit 1940 offiziell Interpretation genannt wurde) wurde er jedoch in den vierziger Jahren des 20. Jh. mit der Erarbeitung eines neuen Konzepts betraut. Das Ergebnis war sein 1957 erschienenes Buch „Interpreting Our Heritage“. Heritage Interpretation6 definierte TILDEN darin als … an educational activity which aims to reveal meanings and relationships through the use of original objects, by firsthand experience, and by illustrative media, rather than simply to communicate factual information.7 Freeman Tilden Den Kern seiner Überlegungen bildeten die sechs Prinzipien der Interpretation8: 1. Interpretation bleibt fruchtlos, wenn sie das, was präsentiert werden soll, nicht mit der Persönlichkeit oder den Erfahrungen des Besuchers in Beziehung setzt. 4 „Ein Naturführer ist ein Übersetzer…“ Schule am Wegesrand 6 wörtlich: Übersetzung unseres Natur- und Kulturerbes 7 …ein Bildungsprozess, der - statt nur Faktenwissen weiterzugeben – das Enthüllen von Bedeutungen und Zusammenhängen unter Nutzung originaler Objekte, durch Erfahrungen aus erster Hand und mit veranschaulichenden Mitteln bezweckt. 8 Originalfassung s. Anlage II 5 11 Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004 2. Interpretation und Information sind nicht das gleiche. Interpretation ist eine Form der Ent-deckung, die allerdings immer auf Fakten beruht. 3. Interpretation ist eine Kunst, die verschiedene Fertigkeiten voraussetzt - ganz gleich, ob es um naturwissenschaftliche, historische oder andere Themen geht. 4. Interpretation möchte den Besucher zu eigenem Denken und Handeln herausfordern; es geht nicht darum, ihn zu belehren. 5. Interpretation vermittelt Ganzheiten, nicht Teile. Interpretation nimmt den Besucher dementsprechend auch als ganzen Menschen wahr. 6. Interpretation für Kinder bis zu einem Alter von etwa zwölf Jahren ist nicht nur eine Abwandlung der Angebote für Erwachsene. Sie folgt einem grundlegend anderen Ansatz und erfordert ein eigenes Programm Interpretation war von Anfang an kein wertneutrales Konzept. Es ging vielmehr darum, enge Bezüge zwischen den Menschen und ihrer Natur bzw. Kultur herzustellen, und sie so zum Handeln für den Erhalt ihres Natur- und Kulturerbes anzuregen. Auf der Grundlage der sechs Prinzipien der Interpretation baute der National Park Service sein Interpretationsangebot konsequent aus. Zu Interpretationsgängen und –pfaden traten bald auch Bildungsprogramme für Kinder und Jugendliche, Living-History9-Veranstaltungen, Lagerfeuerprogramme und Vorträge in Amphitheatern, wie sie in fast allen Schutzgebieten errichtet wurden sowie vielfältige Sonderveranstaltungen (z. B. Nachtaktivitäten oder Interpretationstauchgänge). 1963 wurde in West Virginia das Mather Training Center eröffnet, dessen Aufgabe die Aus- und Fortbildung der Interpretive Ranger in den Parken ist, 1970 kam das benachbarte Harpers Ferry Center hinzu, das bundesweit Broschüren und Tafeln nach dem einheitlichen Unigrid-System herstellt. Wer heute im National Park Service Interpretive Ranger werden möchte, der muss eine ganze Reihe von Voraussetzungen erfüllen. An erster Stelle steht die innere Einstellung zu dieser Tätigkeit, zum anvertrauten Gebiet und zu den BesucherInnen. Darauf aufbauend werden die einzelnen Vergütungsstufen unmittelbar über die auf diesen Stufen zu erbringenden Leistungen definiert. Theoretisch sind die Stufen für alle BewerberInnen nach oben wie nach unten durchlässig. Unter Kindern und Jugendlichen ist Ranger der zweit beliebteste Beruf in den USA. Obwohl die Vergütung nicht sehr hoch ist, ist der Andrang groß. Viele Ranger starten als Freiwillige oder arbeiten saisonal, wobei sie zumeist kostenfrei in den Schutzgebieten untergebracht werden. Auf der anderen Seite gibt es aber auch hoch qualifizierte Kräfte (etwa Professoren), die in der Saison als einfache Ranger in einem Schutzgebiet arbeiten. Obwohl der National Park Service wesentlich zur Entwicklung des Konzepts der Natur- und Kulturinterpretation beigetragen hat, ist sein Einsatz in den USA keinesfalls auf diese Behörde beschränkt geblieben. Der US 9 Ranger im US National Park Service Lebendige Geschichte 12 Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004 Forest Service des Bundesforstministeriums, Der Fish and Wildlife Service und das Bureau of Land Management, das Ruderalflächen verwaltet sowie – auf Länderebene – zahlreiche State und City Parks, verfügen ebenfalls über eigene Abteilungen für Interpretation. Interpretation ist als besucherInnenorientiertes Kommunikationskonzept darüber hinaus in Zoos, Museen und Botanischen Gärten verbreitet. Außerhalb der USA mit ca. 5000 BerufsinterpretInnen sind die meisten InterpretInnen in Kanada (ca. 1000), Australien (ca. 500) und Großbritannien (ca. 300) beschäftigt. In Lateinamerika und in einigen asiatischen Ländern erfreut sich das Konzept wachsender Beliebtheit, in Europa wurde im Jahr 2000 das Europäische Netzwerk für Natur- und Kulturinterpretation ins Leben gerufen. Interpretation im Internet in Deutschland: Bildungswerk interpretation: www.interp.de Zentrum für Landschaftsinterpretation und Tourismus: www.zelt-goettingen.de Projekt TransInterpret: www.transinterpret.de weltweit: Europäisches Netzwerk fü Natur- und Kulturinterpretation www.interpret-europe.net Association for Heritage Interpretation (UK): www.heritageinterpretation.org.uk Auswertung der PowerPoint-Präsentation Scottish Interpret. Network: www.scotinterpnet.org.uk Die Präsentation wird von den TeilnehmerInnen i. a. sehr positiv aufgenommen, ruft vereinzelt aber auch Kritik hervor. An die Frage, ob man in Deutschland auf diesem Feld eigentlich nichts zu bieten hätte, schließt sich die Bemerkung an, es hätte gar keinen Sinn, sich die die weit reichenden Fertigkeiten eines Interpretationsrangers anzueignen, weil sie vor dem Hintergrund der Situation in den Schutzgebieten ohnehin nie zur Anwendung kommen könnten. Diese Kritik führt außer Plan zu einer längeren Aussprache zur Situation der Ranger in den Schutzgebieten. National Association for Interpretation (USA): www.interpnet.com Interpretation Canada: www.interpcan.ca Interpretation Australia Association: www.interpretationaustralia.asn.au Der Vortrag „Wie funktioniert Interpretation?“ wird aus diesem Grund auf den 2. Kurstag vertagt. 13 Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004 2. Kurstag: Dienstag, der 20. Januar 2004 Die Präsentation „Wie funktioniert Interpretation“, die am Vortag nicht mehr gezeigt werden konnte, wird auf den späteren Vormittag verschoben, stattdessen werden zunächst einige praktische Vorübungen eingeschoben, deren Ziel es ist, wesentliche Aussagen einzelner Naturphänomene herauszuarbeiten. Dabei handelt es sich zum einen um die Vertiefung der Beziehung der InterpretInnen zu den Phänomenen, zum anderen um Übungen zur Vorbereitung von Leitideen, einem für die Natur- und Kulturinterpretation kennzeichnenden Attribut. Beide Übungen finden in einem durch einen hohen Altholzanteil gekennzeichneten Waldstück statt. Alle TeilnehmerInnen erhalten für die erste Übung eine Postkarte und einen Bilderrahmen und werden aufgefordert Ö sich im Umfeld, ein attraktives Phänomen zu suchen Ö sich innerhalb von zehn Minuten damit vertraut zu machen Ö das Besondere an diesem Phänomen mit Pastellkreiden zu skizzieren. Im Anschluss daran finden sich die TeilnehmerInnen paarweise zusammen. Jeweils einE PartnerIn stellt dem/der anderen sein/ihr Phänomen vor und erläutert, inwiefern es ihn/sie besonders angesprochen hat. Der/die ZuhörerIn hat die Aufgabe, den herausgestellten Aspekt in einem knappen Satz zusammenzufassen. Genauso verfahren die PartnerInnen im Anschluss daran umgekehrt (2x5 min.). Schließlich finden sich alle TeilnehmerInnen wieder im großen Kreis ein. Sie tragen die Bilder ihrer jeweiligen PartnerInnen bei sich und werden gebeten, sie reihum vorzuzeigen und den dazu herausgearbeiteten Satz zu präsentieren. Einige dieser von den TeilnehmerInnen erarbeiteten Sätze sind: Ö Ö Ö Ö Ö Ö Ö Ö Ö Ö Ö Ö Ö Hier kommt Bewegung in die Steine (Windwurf, Wurzelteller). Im Alter wird das Vergängliche deutlich. Das scheinbar Tote steckt voller Leben. Obwohl die Birken schneller wachsen, setzen sich die Buchen durch. Das Vergängliche beeindruckt durch seine Schönheit. Das alte Fundament wird von Lebendigem ergriffen. Auch ein alter, kranker Baum kann noch nützlich sein. Alte Wunden reißen auf. Wie viel Leben ist wohl an diesem Baum vorübergegangen? Der lebende Tote: Ein abgestorbener Baum steckt voller Leben. Die Buchecker ist wie so mancher Mensch: harte Schale, weicher Kern. Aus einer kleinen Buchecker ist ein großer Baum geworden. Ich stehe an einem unscheinbaren aber heiligen Ort. In einer zweiten Übung werden einer alten Eiche bzw. ihren BewohnerInnen Ich-Botschaften angeheftet. Was könnte die Eiche / ihre Bestandteile / ihre BewohnerInnen sagen, wenn sie reden könnten? Folgende Botschaften werden zusammengetragen: Ö Ich habe ein dickes Fell. 14 Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004 Ö Ö Ö Ö Ö Ö Ö Ö Ö Ö Ö Ö Ö Ö Ö Ö Ö Ö Ö Bei der Kälte hätte ich gern meine komplette Rinde wieder. Ich bin stark verwurzelt!!! Ich bin zufrieden. Ich zerstöre im Verborgenen. Der Pilz. Ich, der kleine Wurm - was für ein Traum - lebe hier in diesem Baum. Meine Rinde ist alt und rissig – aber ich biete Schutz für alle. Ich bin eine Eiche. Ich, der Wurm, muss nicht in die Kälte – ha, ha, ha…! Ich hab’ mich schon mit Honecker unterhalten. Ich bin Teil einer Nahrungskette Ich bin ein nächtlicher Ruheplatz für Vögel. Ich, die Knospe, warte auf den Frühling. Ich, das kleine Mausohr, nutze diese Baumhöhle als Sommerwohnung. Ich lebe und wohne von und an diesem Baum. Als Rinde versuche ich, meinen Baum zu schützen. Ich wäre gern noch vollständig. Die Borke An der Nordwestseite fühle ich mich wohl! Hier wohnen Pit Pilz und Agathe Alge – und wer bist Du? Werde ich jemals wieder das Licht sehen? Der überwallte Stein In der Auswertung werden zum einen die Botschaften ermittelt, die am ehesten dazu geeignet sind, zu prägnanten Leitideen weiterentwickelt zu werden. Zum anderen wird über die Bedeutung und die Problematik der Beseelung von Natur gesprochen. Wichtig ist: Die Botschaften der Phänomene bleiben die Botschaften, die die InterpretInnen (bzw. die BesucherInnen) aus den Phänomenen heraushören. Wie funktioniert Interpretation? Nach diesen Vorübungen wird die Präsentation vom Vortag nachgeholt, die allerdings nicht wie vorgesehen als PowerPoint-Präsentation10 dargeboten, sondern – auf den Erfahrungen aus den Vorübungen aufbauend - an der Pinwand entwickelt wird. Das wichtigste Modell der Natur- und Kulturinterpretation ist das Interpretationsdreieck11. Seine Eckpunkte sind das Phänomen der/die BesucherIn der InterpretIn. Innerhalb dieser Eckpunkte entfaltet sich der Prozess der Interpretation. Welche Bedeutung kommt dabei den einzelnen Eckpunkten zu? Das Phänomen Ohne das unmittelbare Vorhandensein eines Phänomens12 ist Interpretation nicht denkbar. Das muss gerade für viele im Naturschutz Engagierte banal klingen: Wenn wir bei einer Führung einen Reiher am Nest „entdecken“, Das Interpretationsdreieck 10 s. konzept.ppt auf der CD s. Kurshandbuch Text 12 12 s. Kurshandbuch Text 13 11 15 Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004 dann ist das Phänomen selbstverständlich „unmittelbar vorhanden“. Dieses Vorteils müssen wir uns aber erst einmal bewusst sein. An den meisten Orten, an denen Bildung angestrebt wird – v. a. an unseren Schulen und Hochschulen – ist nämlich der Gegenstand, um den es eigentlich geht, mehr und mehr verdrängt worden. Hier herrschen Objektivierung und Abstraktion vor, wie MARTIN WAGENSCHEIN in seinem leidenschaftlichen Aufsatz „Rettet die Phänomene!“ (WAGENSCHEIN, 1976)13 dargelegt hat. Man suche nur nichts hinter den Phänomenen, sie selbst sind die Lehre. Goethe Natürlich bietet Abstraktion v. a. der wissenschaftlichen Arbeit unbestreitbare Vorteile. Etwa wenn es um Denkmodelle geht, die auf andere Situationen übertragbar sein sollen; oder eben dann, wenn eine Begegnung mit den Phänomenen – man denke an den Schulunterricht - aus technischen oder organisatorischen Gründen nicht in Frage kommt. Vor diesem Problem stehen wir in der Natur- und Kulturinterpretation indes nicht. Es geht nicht um exakte Forschung. Es geht auch nicht darum, lediglich Faktenwissen über einen Gegenstand weiterzugeben oder einen Lehrplan abzuarbeiten. Interpretation möchte mehr als nur informieren; sie möchte ein Stück weit faszinieren. Und dazu brauchen wir die unmittelbare Begegnung mit dem Phänomen. Sie ist unser erstes As im Spiel. Aber wie spielen wir es so aus, dass es bei den BesucherInnen eine möglichst tiefe Wirkung hinterlässt? Welche unserer Fakten sind für den/die BesucherIn in seiner/ihrer Lebenswelt wirklich bedeutungsvoll? Welche faszinieren ihn/sie? Wenn ökologische Fakten allgemein bleiben, bringen sie den BesucherInnen den Vogel, der da plötzlich vor ihnen aufsteigt, den alten Baum, der da am Wegrand steht, kaum näher. Im Gegenteil: Der überraschende Moment, in dem sich der/die BesucherIn dem Phänomen öffnet, wird durch sachliche Informationen auf eine eher nüchterne Grundlage gestellt. Der/die BesucherIn wird gewissermaßen „auf den Boden der Tatsachen“ zurückgeholt. Das Phänomen hilft uns dann zwar, eine Reihe von Informationen loszuwerden. Aber damit sind der Erfahrungswert und die Erkenntnismöglichkeiten, die es für den/die BesucherIn birgt, ja noch lange nicht erschöpft. Gleiches trifft auf eine Lehrpfadtafel, etwa mit dem beziehungsreichen Titel „Die Birke“ zu - und mit einem Text, wie er in jedem Naturführer stehen könnte. Eine solche Tafel ist vergleichsweise preisgünstig, weil sie von Schleswig-Holstein bis Bayern stimmig ist und so in einer hohen Auflage produziert werden kann. Dieser Vorteil ist aber zugleich ihr größter Nachteil. Allgemeine Informationen gehen selten unter die Haut, da sie weder auf die Situation der einen Birke an diesem konkreten Ort, noch auf die Situation der BesucherInnen Bezug nehmen können. Wie aber ließe sich die Birke solcherart fassen? 13 vollständiges Zitat s. Literaturliste Kurshandbuch 16 Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004 Wenn wir etwa einen Tafeltext erarbeiten, wäre die Frage zunächst, welche Botschaften unsere Birke aussendet. WILLFRIED JANSSEN und GERHARD TROMMER haben hierzu unterschiedliche Interpretationsfelder definiert; verschiedene Blickwinkel gewissermaßen, aus denen heraus wir unseren Baum betrachten können (JANSSEN, 1990 und TROMMER, 1991) 14. Zudem ist der Baum ja nicht nur in naturkundliche Zusammenhänge eingebunden. Für uns – und für die BesucherInnen - hat er auf der ästhetischen oder symbolischen Ebene oft eine viel tiefere Bedeutung. All dies sollten wir im Hinterkopf haben, wenn wir dem Baum gegenüberstehen, um seine Botschaften zu fassen. Welche dieser Botschaften werden der Birke an ihrem Standort am ehesten gerecht? Ö sind für die BesucherInnen in ihrer Lebenswelt bedeutungsvoll? Ö sind uns selbst – bzw. unserer Einrichtung – wichtig? Ö Interpretationsfelder 1. Weite und Begrenztheit von Räumen (topographische Dimension) 2. Eigenschaften und Kräfte des Wassers (hydrographische Dimension) 3. Beschaffenheit von Untergründen (geomorphologische Dimension) 4. Lebensformen und ihre Vielfalt (biologische Dimension) 5. Standorte, Anpassungen und Wechselwirkungen (ökologische Dimension) 6. Nutzungen und Belastungen durch den Menschen (anthropogene Dimension) 7. Rhythmen und zeitliche Entwicklungen (chronologische Dimension) 8. Licht und Dunkel, Wärme und Kälte, Wind (klimatische Dimension) Prägung aller Felder durch Aspekte des Naturschönen (ästhetische Dimension) nach JANSSEN (1990) und TROMMER (1991) Natur- und Kulturinterpretation geht also bewusst hinaus über den Bereich der vermeintlich objektiven Fakten und der Kenntnisse über einen Gegenstand. Sie überwindet die wissenschaftliche Distanz und bezieht den Bereich der subjektiven Werte und Einstellungen mit ein, die sowohl unsere BesucherInnen als auch wir selbst mit den Phänomenen verbinden. Denn weil der Baum nicht wirklich zu uns spricht, können die „Botschaften des Baumes“ nur das wiedergeben, was wir selbst – bewusst oder unbewusst - wahrnehmen. Der/die BesucherIn Bei allen personalen Methoden der Natur- und Kulturinterpretation, bei denen wir dem/der BesucherIn von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen, haben wir in diesem Zusammenhang ein zweites As in der Hand: die Möglichkeit zum aktiven Dialog.15 Auch dass sich dieser Dialog entfaltet, ist nicht unbedingt selbstverständlich. Noch immer bedeutet „Führung“ oft, dass dem/der BesucherIn in relativ kurzer Zeit möglichst viele Informationen übermittelt werden. Der/die BesucherIn dient v. a. als EmpfängerIn, der/die durch die Teilnahme an der Führung Empfangsbereitschaft signalisiert hat. Was er/sie mit den neuen Informationen anfängt, bleibt ihm/ihr allein überlassen. Auf Fachexkursionen mag dieses Denkmodell greifen. Wenn wir es aber zu unkritisch auf Menschen im Freizeitbereich übertragen, laufen wir gerade im Naturschutz Gefahr, all jene nicht mehr zu erreichen, die „nur“ zu ihrem Vergnügen in die Natur gehen und nicht, um fachwissenschaftlich informiert oder gar belehrt zu werden. Auch solche Menschen haben aber einen Einfluss auf unseren Naturhaushalt und müssen für die Idee der Bewahrung unseres Naturerbes gewonnen werden. Unsere Aufgabe muss es sein, gerade ihnen die Wege dorthin zu erschließen. 14 15 vollständige Zitate s. Literaturliste Kurshandbuch s. Kurshandbuch Text 14 17 Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004 Interpretation bedeutet, Brücken zu bauen zwischen den BesucherInnen und den Phänomenen. Um Natur für die BesucherInnen übersetzen zu können, müssen wir also nicht nur die Sprache der Phänomene sprechen. Auch die Sprache der BesucherInnen muss uns vertraut sein. Das wirkt sich auf den Verlauf der Interpretation aus. Die Botschaften der Phänomene sind uns schon im Vorfeld bewusst. Die Sprache der BesucherInnen lässt sich aber oft erst im Verlauf der Interpretation ergründen. Was wird der Anblick unserer Birke bei unseren BesucherInnen auslösen? Welche Zusammenhänge ergeben sich? Verbinden sie den Baum mit einem schönen Urlaubserlebnis – oder mit der Nachkriegszeit, als Birken für manche Menschen eine Grundlage ihrer Ernährung waren? Freuen sie sich an dem lichten Laub, oder erwarten sie mit Grausen den Samenflug, der ihnen Jahr für Jahr ihr Auto verdreckt? Herauszubekommen, was die BesucherInnen mit unserem Phänomen verbinden bedeutet, dass wir an ihre Erfahrungen anknüpfen, Störungen frühzeitig wahrnehmen und unsere Botschaften so besser positionieren können. Dazu müssen wir zunächst einmal Informationen bei den BesucherInnen einholen. Neben dem informellen Gespräch sind offene Fragen eine wichtige Möglichkeit, um Ö Ö Ö etwas über Kenntnisse, Werte und Einstellungen zu erfahren BesucherInnen mit dem Phänomen in einen aktiven Kontakt zu bringen Informationen selbst erarbeiten und damit besser behalten zu lassen. Eine geschlossene Frage hat nur eine richtige Antwort, die wir als InterpretInnen bereits kennen. Wir stellen die Frage, um genau diese Antwort zu bekommen. Zum Beispiel: „Wie heißt dieser Baum?“ – „Das ist eine Birke.“ Offene Frage lassen dagegen grundsätzlich mehrere Antworten zu. Sie eröffnen die intensive Begegnung mit dem Phänomen und bereiten damit den Grund für unsere Botschaften. Mit offenen Fragen zu arbeiten heißt aber auch, offen dafür zu sein, dass unsere Interpretation einen anderen Verlauf nehmen kann, als wir das in unserer Planung angenommen haben. Wir unterscheiden drei Arten von offenen Fragen: Fokusfragen Prozessfragen Ö Meinungsfragen Ö Ö Den Fokusfragen, die die BesucherInnen über verschiedene Sinne in Kontakt mit dem Phänomen bringen, kommt dabei die größte Bedeutung zu. Neben der intensiveren Auseinandersetzung der BesucherInnen mit dem Phänomen machen uns offene Fragen mit den Sichtweisen unserer BesucherInnen vertraut und erlauben uns, ihnen über bestimmte Trittsteine gezielt Zugang zu unseren Botschaften zu verschaffen. Fragen in der Interpretation Fokusfragen bringen Besucher und Phänomen in Kontakt Ö Wie fühlt sich das Holz hinter der Borke an? Prozessfragen regen Mutmaßungen über Entwicklungen an Ö Was ändert sich hier, wenn der Baum stirbt? Meinungsfragen fragen persönliche Meinungen ab Ö Sollte der Mensch an dieser Stelle eingreifen? 18 Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004 Gute Trittsteine sind bspw. Ö Ö Ö Ö Ö Ö Beispiele Vergleiche Metaphern Zitate Erlebnisberichte Bezüge zu Zeit und Ort Trittsteine müssen passen. Ein Zitat hat nur dann eine positive Wirkung, wenn sich die BesucherInnen mit der Persönlichkeit, die da zitiert wird, in irgendeiner Form identifizieren können. Lehnen sie diese Persönlichkeit ab, dann werden sie wahrscheinlich auch das nicht positiv aufnehmen, was diese Persönlichkeit einmal gesagt hat. Wenn wir nichts über unsere BesucherInnen wissen, können wir auch unsere Trittsteine nicht zielgerecht platzieren. Und umgekehrt: Wenn die BesucherInnen spüren, dass es in unserer Interpretation auch um sie selbst geht, dann sind sie uns und unserem Anliegen gegenüber deutlich aufgeschlossener. Die Einbeziehung der BesucherInnen erfolgt oft in einem Dreischritt, indem den BesucherInnen nach einer Herausforderung (Provoke) der Bezug des Gesagten zu ihrer Lebenswelt verdeutlicht (Relate) und schließlich eine überraschende Erkenntnis enthüllt wird (Reveal). Interpretation spielt sich aber nicht nur im Gespräch ab. Es ist bekannt, dass Menschen Inhalte umso eher verinnerlichen, je aktiver sie sich diese Inhalte erschlossen haben. Über sprachliche Möglichkeiten hinaus gibt es drei verschiedene Stufen, auf denen wir unsere BesucherInnen aktiv einbeziehen können. Auf der ersten Stufe der aktiven Einbeziehung befinden wir uns, wenn wir etwas vorführen und die BesucherInnen dabei um Hilfe bitten („Könnten Sie bitte einmal diesen Ast halten?“). Auf der zweiten Stufe bekommen die BesucherInnen „Aufträge“ (z. B. Wahrnehmungsaufträge), die die Gruppe gemeinsam auswertet. („Treten Sie näher. – Wie fühlt sich die Unterseite dieses Blattes an?“) Diese Aufträge beziehen den konkreten Naturraum und möglichst viele Sinne mit ein. Dabei wird ein Engagement für die BesucherInnen attraktiver durch: Ö Ö Ö Ö Provoke – Relate - Reveal Fordere Deine Besucher heraus! Ð Stelle Beziehungen zu ihnen her! Ð Enthülle dann Dein Geheimnis! nach VEVERKA (1994) die Herausforderung, etwas zu finden die Aussicht, etwas enthüllen zu können die Möglichkeit, anderen zu helfen die Ergänzung von etwas Unvollständigem. Auf der dritten Stufe der aktiven Einbeziehung setzen die BesucherInnen schließlich die Impulse der Interpretation und ihre eigenen Erfahrungen mit den Phänomenen miteinander in Beziehung („Wählen Sie die Gegenstände aus, zu denen Sie einen besonders engen Bezug haben“). Es wird deutlich, dass unser Auftrag hier längst nicht mehr nur darin besteht, einen Vortrag zu halten. Als ModeratorInnen gestalten wir mit un 19 Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004 serer Interpretation den Rahmen, der unsere BesucherInnen zur aktiven Teilnahme animiert. Sehr gut lässt sich das bei den personalen Methoden zeigen. Grundsätzlich sind das Phänomen, der/die BesucherIn und der/die InterpretIn im Interpretationsprozess immer so angeordnet, dass das Interpretationsdreieck im Gelände erhalten bleibt. Der/die InterpretIn darf dem/der BesucherIn den Blick auf das Phänomen nicht verstellen. In der Reflexionsphase haben wir aber mindestens sieben weitere Möglichkeiten, unsere Gruppe zu formieren. Und jede dieser Formationen zieht eine andere Art der Einbeziehung nach sich. Formationswechsel 1. Didaktische Formation Der/die Interpret steht den BesucherInnen frontal gegenüber: die klassische Form 2. Tutoriale Formation Der/die InterpretIn unterstützt die Arbeit der Gruppe an einem Thema. 3. Einzelaufgabenformation Der/die InterpretIn bietet Aufgaben an, die einzelne BesucherInnen bearbeiten. 4. Kleingruppenformation dto. - die Aufgabenlösung erarbeiten aber mehrere BesucherInnen gemeinsam. 5. Konferenzformation Die BesucherInnen tragen Eindrücke zusammen, der/die InterpretIn bleibt im Hintergrund. 6. Besprechungsformation Der/die InterpretIn übernimmt als ModeratorIn eine aktive Rolle im Gruppenprozess. 7. Sokratische Formation Führen durch Fragen; die anspruchsvollere Form des Lehrgesprächs Die Formationswechsel sollten sich möglichst fließend aus dem Ablauf heraus ergeben. Sie lassen sich unter Berücksichtigung der räumlichen Gegebenheiten oft elegant anbahnen; je nachdem, wo wir selbst stehen, wo die Gruppe zum Stehen kommt, oder wohin wir die Aufmerksamkeit unserer BesucherInnen lenken. Besonders beliebte Hilfsmittel hierzu sind Markierungen oder Rahmungen (wie Bänder oder Fähnchen, Ferngläser, Lupen, Blickrohre, Bilderrahmen, helle Tücher als Unterlagen,...).16 Formationen sollten nur in Ausnahmefällen angeordnet werden (z. B. „Bilden wir einen Kreis!“) Es geht nicht darum, die BesucherInnen am Gängelband zu führen. 16 s. Kurshandbuch Text 17 20 Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004 Planung bedeutet in der Interpretation auch, offene Lernsituationen anzubahnen. Im Gruppenkonzept der Themenzentrierten Interaktion (TZI) gibt es das Postulat: „Störungen haben Vorrang“ (COHN/TERFURTH, 1993)17. Unvorhergesehene Zwischenfälle als Chance für besonders intensive Lernerfahrungen begreifen zu können, ist eine wichtige Voraussetzung für eine gute Interpretation. Der/die InterpretIn Mit der Frage, welche Bedeutung wir selbst für den Prozess der Interpretation haben, sind wir beim letzten Eckpunkt unseres Interpretationsdreiecks angelangt. Unser drittes As sind wir selbst - als InterpretInnen und als StellvertreterInnen unserer Einrichtung.18 Auch zwischen uns und den BesucherInnen gibt es Trittsteine: Ö Ö Ö Ö Ö Ö Ö Ö humorvolles Auftreten Offenheit Verständlichkeit Blickkontakt ähnliche Interessen ähnliche Auffassungen gemeinsame Erlebnisse gute Körpersprache gehören dazu. Und auch diese Trittsteine kommen vor allem in der personalen Interpretation zum Tragen. Dinge, die BesucherInnen für uns aufbewahren, Dinge, die wir an BesucherInnen verteilen oder von ihnen einsammeln, Dinge die uns mit BesucherInnen verbinden (wie z. B. Schnüre) – all das können Brücken sein, um Distanz zu überwinden. Den Umgang mit Sprache, Formationen, Trittsteinen und Hilfsmitteln können wir in einem Interpretationstraining üben. Für den Prozess entscheidend ist aber, ob wir in dem, was wir tun, aus Sicht der BesucherInnen authentisch sind. Deshalb ermutigt Interpretation auch dazu, geeignete Steckenpferde in den Dienst der Sache zu stellen. Humor und Selbstvertrauen sind für InterpretInnen wichtige Eigenschaften. Die eigene Begeisterung für alle drei Eckpunkte des Interpretationsdreiecks ist aber der eigentliche Schlüssel zum Erfolg. – Der Dichter NOVALIS sei hier zitiert, der das Eintauchen-Wollen in das Naturphänomen, den Wunsch, sich seiner Sache „mit Andacht und Glauben“ zu widmen zum Dreh- und Angelpunkt des Berufsbildes seines Naturkündigers macht. Gute Interpretation ist unterhaltsam. ist für Besucher bedeutsam. - Sie spricht persönlich an. - Sie bezieht Besucher ein. ist klar strukturiert. ist an Leitideen orientiert. nach HAM (1992) Es ist klar, dass eine Person, die die eigene Begeisterung auf andere überspringen lassen möchte, nicht austauschbar ist. Menschen begeistern Menschen. Und wenn wir uns darum bemühen würden, Informationen ausschließlich objektiv zu vermitteln, würden wir dieses As aus der Hand geben. 17 18 vollständiges Zitat s. Literaturliste Kurshandbuch s. Kurshandbuch Text 15 21 Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004 Spätestens hier wird auch deutlich: Neue Medien spielen in der Natur- und Kulturinterpretation eine eher untergeordnete Rolle. BesucherInneninformationssysteme können die originale Begegnung mit dem Phänomen nicht ersetzen, und Computerprogramme werden die Qualität eines persönlichen Dialogs mit dem/der BesucherIn nie erreichen, weil diese Qualität auf einer ganz anderen Ebene liegt. Informationen zentral erfassen, aktualisieren und an viele Bildschirme wieterleiten zu können, darin liegt ein unbestreitbarer Vorteil der neuen Medien. Das Internet erleichtert den InterpretInnen darüber hinaus die Recherche. Printmedien können – bei entsprechender Ausstattung - innerhalb weniger Stunden erarbeitet, mit aktuellen Fotos versehen, layoutet und gedruckt werden, ohne dass noch der zeitraubende Weg über Fotolabore, Setzereien oder Druckereien beschritten werden müsste. Dass interaktive Computerprogramme auch nur in die Nähe dessen kommen, was zwischenmenschliche Kommunikation ausmacht, bleibt aber eine Illusion. Auf dem Weg dorthin übersteigt nicht nur der materielle, sondern auch der arbeitstechnische Aufwand sehr bald den Nutzen. Es ist in diesem Zusammenhang interessant zu lesen, was FREEMAN TILDEN bereits in den fünfziger Jahren zum Thema „Gadgetry“ (technische Spielereien) geäußert hat (vgl. TILDEN, 1957).19 Aus Sicht der Interpretation ist nichts gewonnen und einiges verloren, wenn Arbeitsplätze, die einmal vom menschlichen Austausch geprägt waren, zu Bildschirmarbeitsplätzen werden, und wenn an die Stelle der unmittelbaren Begegnung der BesucherInnen mit dem Phänomen die Beschäftigung mit Computeranimationen tritt. Die Leitidee Wenn es der Natur- und Kulturinterpretation nicht um die Informationsmenge geht, so geht es ihr doch darum, bestimmte Informationen gezielt auszuwählen und möglichst eindrucksvoll zu präsentieren. Natur- und Kulturinterpretation dient immer auch der Werbung für unser Natur- und Kulturerbe. Hierzu haben wir nun - über die drei Eckpunkte des Interpretationsdreiecks hinaus - noch das vierte As in der Hand: die Leitidee. Erst eine zugkräftige Leitidee macht das Phänomen zum Interpretationsgegenstand. Was aber zeichnet eine Leitidee aus? Die Leitidee ist so etwas wie die Zauberformel der Interpretation. Sie legt nicht nur das Ziel fest, sie ist auch unser persönlicher Leitstern - und eine Art Glaubenssatz. Wie finden wir unsere Leitidee? Jedes Phänomen sendet - darauf haben wir schon hingewiesen - eine Vielzahl von Botschaften aus. Manche dieser Botschaften wirken zunächst banal; andere gehen aber offensichtlich unter die Haut. Sie enthalten Zündstoff, irritieren oder machen neugierig. Solche Botschaften lassen sich zu Leitideen weiterentwickeln. 19 vollständiges Zitat s. Literaturliste Kurshandbuch 22 Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004 Ein Beispiel: Der Lilienstein ist als Tafelberg das Wahrzeichen des Nationalparks Sächsische Schweiz. Als wir sein Plateau als Interpretationsraum gestaltet haben, haben wir etwa 20 Botschaften zusammengetragen, von denen hier sechs aufgeführt sind: a) Im Tal liegen Nutzflächen, ich trage Heidevegetation. b) Ich bin ein Stück Natur in einer Kulturlandschaft. c) Wind und Wetter arbeiten an meinen Flanken. d) Ich biete einen Blick über die Sächsische Schweiz. e) Ich bin stehen gebliebenes Sedimentgestein. f) Die Elbe, die mich südlich umströmt, floss einst auf meiner Nordseite. Mit diesen sechs Botschaften im Blick haben wir unsere Haupt-Leitidee formuliert: Der Lilienstein ist eine Insel. Diese Haupt-Leitidee gibt den genannten Botschaften z. T. eine neue Bedeutung. In der Folge haben wir drei von ihnen zu nachgeordneten Leitideen umformuliert, die der Haupt-Leitidee zuarbeiten. Beispiel für a): Wir sind von einer typischen Inselvegetation umgeben. Diese Leitidee, die am Beispiel eines repräsentativen Phänomens erläutert wird, ist durch zwei bis drei fachliche Aussagen aus der Ökologie gestützt. Dabei wird angestrebt, dass sich der/die BesucherIn die Aussagen jeweils selbst erschließt. Botschaften, die bei der Untersetzung der Haupt-Leitidee keine Verwendung gefunden haben, wandern konsequent ins Archiv. Leitideen sind wie Leuchttürme, die wir im Verlauf einer Interpretation ansteuern können. Der Weg, auf dem wir sie erreichen, ist prinzipiell offen, und eine Trift bedeutet lediglich, dass wir den Kurs korrigieren und uns unserem Leuchtturm aus einer anderen Richtung nähern müssen. Wir können für jede Interpretation eine Gedächtnis-Landkarte (Mind Map) anfertigen (vgl. BUZAN, 1993)20 und wir werden feststellen, dass das Bild unserer Interpretation für uns umso klarer wird, je prägnanter unsere Leitideen sind. Formen der Interpretation Wir unterschieden die personale Interpretation, die der/die InterpretIn persönlich leitet von der medialen Interpretation, bei der im Gelände stellvertretende Hilfsmittel (Tafeln, Aktionselemente) aufgestellt werden. Personale und mediale Interpretation haben jeweils drei aufeinander aufbauende Formen. Die Tabelle auf der folgenden Seite zeigt, welche Formen das sind, und was sie jeweils charakterisiert. Während sich die Kurzinterpretation und das Interpretationselement auf nur ein Phänomen und nur eine Leitidee beziehen, folgen der Interpretationsgang und der Interpretationspfad einer Themenlinie, die mehrere 20 vollständiges Zitat s. Literaturliste Kurshandbuch 23 Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004 Phänomene bzw. Leitideen in einer festgelegten Reihenfolge unter einer Haupt-Leitidee miteinander verbindet. Der Naturraum kann diese lineare Struktur unterstützen (Flusslauf, Schlucht, Berggrat, Küstensaum). Auch bei der freien Interpretation und beim Interpretationsraum sind einer Haupt-Leitidee mehrere Phänomene bzw. Leitideen nachgeordnet. Es sind aber meist mehr Phänomene vorhanden, als tatsächlich angelaufen werden, und die Reihenfolge innerhalb dieses Themenkreises ist nicht festgelegt. Geeignete Naturräume für die freie Interpretation und den Interpretationsraum sind eine Insel, eine Lichtung oder ein Felsplateau. Die Formen der Interpretation Personale Formen Mediale Formen Ð 1. Kurzinterpretation Ð 1. Interpretationselement ist an einen Ort gebunden befasst sich mit nur einem Phänomen hat nur eine Leitidee Ð 2. Interpretationsgang Ð 2. Interpretationspfad verbindet mehrere Phänomene, oft an mehreren Orten hat neben der Haupt-Leitidee nachgeordnete Leitideen folgt einer Themenlinie Ð 3. Freie Interpretation Ð 3. Interpretationsraum hält zahlreiche Phänomene und Leitideen bereit überlässt dem Besucher die Auswahl entfaltet sich unter einer Haupt-Leitidee im Themenkreis Die von 1 nach 3 zunehmende Komplexität ermöglicht eine schrittweise Ausbildung als InterpretIn. Wer die Kurzinterpretation (ca. 20 min.) gut beherrscht, kann mehrere Kurzinterpretationen zu einem Interpretationsgang (bis zu 2 Stdn.) verbinden. Und wer mehrere Interpretationsgänge innerhalb eines Gebietes führen kann, sollte sich an die freie Interpretation heranwagen. Die Themenlinie Die Vergütungsgruppen der Interpretationsranger im US National Park Service, der über ein hervorragendes Ausbildungsprogramm verfügt, sind an diesen Kriterien ausgerichtet (vgl. NATIONAL PARK SERVICE, 1995).21 Der wesentliche Vorteil, den die personalen gegenüber den medialen Formen der Interpretation bieten, liegt in der Einmaligkeit der jeweiligen Situation und in der Möglichkeit, auf die Art, wie Menschen diese Situation wahrnehmen, unmittelbar eingehen zu können. Dieser Vorteil ist kaum zu überschätzen. Mediale Formen gehen selten „unter die Oberfläche“. Sie sind aber immer präsent, und ihr Einsatz ist meist kostengünstiger. (Die Annahme, dass sie deutlich mehr BesucherInnen „erreichen“ ist dagegen nicht in allen Fällen begründet.) durchgängige Haupt-Leitidee Der Themenkreis Interpretation planen und umsetzen Interpretation erfordert Planungsschritte auf der strategischen und auf der praktischen Ebene. Auf der strategischen Ebene benötigt jede Einrichtung einen Interpretationsplan. Der Plan legt fest Ö welche Form der Interpretation an welchem Ort und mit welcher Inten- sität eingesetzt werden soll Ö welche MitarbeiterInnen wann benötigt werden Ö welche weiteren Kosten (bspw. für externe Leistungen) zu erwarten sind. 21 zentrale Haupt-Leitidee vollständiges Zitat s. Literaturliste Kurshandbuch 24 Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004 Der Interpretationsplan ist auf das Umfeld der Einrichtung abgestimmt und am Interpretationsdreieck ausgerichtet. Er beruht somit auf Ö dem Potential der Phänomene im Gelände (praktische Planungsebene) Ö Beobachtungen zum Besucherspektrum bzw. zum Besucherverhalten Ö der Philosophie und den Themen der Einrichtung. Auf der praktischen Ebene setzt die Planung einer Interpretation – auf der Grundlage einer groben thematischen Vorstellung (etwa: „Wildnis“) – immer bei den Phänomenen an. Entscheidende Fragen sind: Ö Wo gibt es beeindruckende Phänomene? Ö Welche Botschaften gehen von Ihnen aus? Ö Welche Botschaften sind als Leitideen geeignet? Dieser erste Planungsabschnitt wird von einer sorgfältigen Recherche begleitet. Anschließend sind folgende Fragen zu klären: Ö Welche Haupt-Leitidee fasst die ausgewählten Phänomene zusammen? Ö Welche Aussagen könnten die nachgeordneten Leitideen stützen? Ö Wie sind diese Aussagen am eindrucksvollsten zu präsentieren? Für die Vorbereitung einer Kurzinterpretation (ein Phänomen - eine Leitidee) können, je nach Rechercheaufwand, zwei bis drei Arbeitstage eingeplant werden. Die Erarbeitung eines Interpretationselements (Aktionselement mit Tafeltext) beansprucht – von der Auswahl des Phänomens bis zur Konstruktionszeichnung, etwa eine Woche. Ein Interpretationsgang kann ohne weiteres eine Vorbereitungszeit von zwei bis drei Wochen in Anspruch nehmen. Für die umsetzungsreife Planung eines Interpretationspfades über 20 Stationen sind von der Vor- bis zur Ausführungsplanung mehrere Monate zu veranschlagen. Obwohl der Zeitbedarf bei all diesen Beispielen eher knapp bemessen ist, löst er in Deutschland immer wieder Erstaunen aus. Er relativiert sich aber schnell, wenn man bedenkt, wie viel Zeit etwa die Erstellung und Pflege einer Internet-Seite oder die Planung einer modernen Ausstellung für ein Infozentrum in Anspruch nimmt. Die Präsentation der Phänomene verdient im Gelände die gleiche Aufmerksamkeit wie im geschlossenen Raum. Erarbeitung von fünf Kurzinterpretationen Nach der theoretischen Einführung wird mit den praktischen Umsetzungen begonnen. Im Mittelpunkt steht für diesen Tag die Kurzinterpretation – also die etwa zehnminütige Interpretation eines Phänomens an einem Ort unter einer Leitidee. Von fünf Kleingruppen wird – dem Arbeitsblatt folgend – jeweils eine Kurzinterpretation erarbeitet. Bei der Vorstellung übernimmt die Kursgruppe die Rolle der BesucherInnen. Erste Kurzinterpretation Phänomen: Leitidee: „gewöhnliche“, etwa 80jährige Rotbuche Diese Buche ist hier verwurzelt. 25 Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004 Dramaturgie: Die TeilnehmerInnen werden gebeten, am Wegesrand nach einer etwa 80-jährigen Buche Ausschau zu halten. Sie sollen die Borke untersuchen und stellen „Lebensfalten“ („Chinesenbärte“) fest – ein Merkmal ihrer Lebensgeschichte. Die TeilnehmerInnen werden bei einem Windstoss aufgefordert, die Bewegung der Buchenkrone mit der der benachbarten Birkenkrone zu vergleichen. In den Boden hineinschauend werden die Samen künftiger Buchen an diesem Standort entdeckt. Präsentation: Claus Weber Dauer: 12 min. Zweite Kurzinterpretation Phänomen: vom Sturm geworfene Birke bildet neuen Haupttrieb aus Leitidee: Diese Birke kann so schnell nichts umwerfen. Dramaturgie: Die TeilnehmerInnen bekommen eine Einführung zu den rauen Lebensumständen an der Küste, mit denen hier alle zurechtkommen müssen. Die Gruppe tritt aus dem Windschutz des Waldes heraus zum Ufer und findet sich dort der schneidenden Kälte ausgesetzt. Auf eine zerfetzte Eiche wird hingewiesen, die dem Wind trotzt. Die TeilnehmerInnen werden dann auf die Birke aufmerksam gemacht, die offenbar einem Sturm weichen musste – bevor sie den neuen, etwas verdeckten Haupttrieb aufspüren. Mit seiner Hilfe gelingt es der Birke, einige Meter weiter ins Landesinnere zu „wandern“ und dort neu zu wurzeln. Präsentation: Henning Möller Dauer: 9 min. Dritte Kurzinterpretation Phänomen: mit dem Hang abgerutschte Bäume stehen nun im Wasser Leitidee: Bäume wandern zum Meer Dramaturgie: Die TeilnehmerInnen werden an einen Steilhang herangeführt und auf die Hangdynamik aufmerksam gemacht. Sie entdecken die Bäume, und geben ihrer Verwunderung Ausdruck, dass sich diese so dicht am Salzwasser angesiedelt haben. Sie erfahren, dass diese Bäume auf einer Erdscholle den Steilhang hinunter ins Wasser gerutscht sind – auf einer Erdscholle vergleichbar der, auf der die Gruppe selbst steht. Präsentation: Axel Knoblich Dauer: 4 min. Vierte Kurzinterpretation Phänomen: Schilfgürtel Leitidee: Schilf ist doppelter Schutz Dramaturgie: Die TeilnehmerInnen laufen durch ein Waldstück und sollen auf ein Wispern lauschen, das Schutz verheißt. Schnell wird das Schilf erkannt und als nachwachsender Baustoff vorgestellt, der im Winter geerntet wird, wenn das Schilf trocken 26 Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004 und das Wasser gefroren ist - während das Schilf im Sommer vielen Lebewesen als natürlicher Lebensraum dient. Präsentation: Anne Spiegel Dauer: 7 min. Fünfte Kurzinterpretation Phänomen: natürliches Waldbild Leitidee: Die toten Bäume sind als Brennholz viel zu schade. Dramaturgie: Die TeilnehmerInnen werden aufgefordert, das sie umgebende Waldbild zu bewerten. Es entsteht eine lebhafte Diskussion über die Funktionen des Waldes. Der vielfältige Nutzen gerade des Altholzbestandes wird deutlich. Präsentation: Peter Kreke Dauer: 7 min. Nach der Mittagspause werden die fünf Kurzinterpretationen vorgestellt und gemeinsam ausgewertet. In einigen Fällen ist es sehr gut gelungen, einen Spannungsbogen zu entwickeln. Das Verhältnis zwischen dem Phänomen, seinen Botschaften, der Leitidee und den sie unterstützenden Aussagen ist verstanden. Außerplanmäßig wird nach der Kaffeepause die Besichtigung einer Fotoausstellung eingeschoben. Volkmar Herre hat mit einer Lochkamera auf Rügen und auf Vilm Baummotive „ins Licht geführt“. Seine Schwarz-Weiß-Fotographien mit Belichtungszeiten bis zu mehreren Stunden lassen Lichtimpulse verschmelzen, machen Wesentliches und Veränderliches sichtbar. Die Besichtigung fügt sich im anschließenden Gespräch nahtlos in die eigenen Betrachtungen der TeilnehmerInnen im Zusammenhang mit der Aufarbeitung der Phänomene am Vormittag ein. Vor dem Abendessen wird noch gemeinsam über die Rolle des Interpretationsrangers nachgedacht. Mit Hilfe eines Arbeitsbogens22 ermitteln die TeilnehmerInnen, welche Eigenschaften ihrer Auffassung nach für diesen Beruf am wichtigsten sind. Ihre Gesamteinschätzung, die an der Flipchart visualisiert wird, deckt sich i. w. mit den Einstellungskriterien des US National Park Service23. Der Kritik vom Vortag Rechnung tragend („Haben wir nichts der Interpretation Vergleichbares…?“), werden Zitate aus der deutschen Literatur analysiert, die im Kern das beschreiben, was Interpretation ausmacht.24 Besonders eindrucksvoll ist in diesem Zusammenhang ein bereits erwähntes Zitat von NOVALIS aus „Die Lehrlinge zu Saïs“, in der der Naturwissenschaftler und Dichter 1798 die Rolle eines „Naturkündigers“ beschreibt: 22 s. Kurshandbuch Anlage III s. Kurshandbuch Anlage IVa und IVb 24 s. Kurshandbuch Anlage XIV 23 27 Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004 Ein Verkündiger der Natur zu sein, ist ein schönes und heiliges Amt... Nicht der bloße Umfang und Zusammenhang der Kenntnisse, nicht die Gabe, diese Kenntnisse... an bekannte Begriffe und Erfahrungen anzuknüpfen und die... fremd klingenden Worte mit gewöhnlichen Ausdrücken zu vertauschen, selbst nicht die Geschicklichkeit..., die Naturerscheinungen in... treffend beleuchtete Gemälde zu ordnen, ...alles dies macht noch nicht das echte Erfordernis eines Naturkündigers aus... Wer in ihr alles sucht... der wird nur den für seinen Lehrer und für den Vertrauten der Natur erkennen, der mit Andacht und Glauben von ihr spricht... FREEMAN TILDEN zitiert in seinem Buch „Interpreting Our Heritage“ auf S. 89 aus der Harzreise von HEINRICH HEINE, dessen Naturbeschreibung er als vorbildlich lobt, und die Vorträge, die ALEXANDER VON HUMBOLDT Mitte des 19. Jh. in der Berliner Singakademie gehalten hat, haben sich deshalb so stürmischen Andrangs erfreut, weil es dem Naturforscher gelungen ist, die Landschaften vor dem geistigen Auge seiner ZuhörerInnen in „Naturbildern“ wieder entstehen zu lassen. Novalis Es entwickelt sich eine Diskussion um die Frage, warum wir uns in Deutschland von diesen Grundsätzen so weit entfernt und die Auseinandersetzung mit unserem Natur- und Kulturerbe eher versachlicht haben. Auf der einen Seite werden Aspekte wie der rasante technologische Fortschritt und das dahingehend instrumentalisierte Lernen genannt, das auch für die Auseinandersetzung mit Natur und Kultur prägend ist. Gerade das Bedürfnis vieler Menschen nach intakter Natur ist so weit aus unserer gesellschaftlichen Wahrnehmung heraus gefallen, dass es vollkommen normal geworden ist, eine sachliche (und keinesfalls emotionale) Begründung einzufordern, warum Natur nicht zerstört werden sollte, statt Nachweise für die Notwendigkeit der Zerstörung von Natur zu verlangen. Das Primat des wirtschaftlichen Wachstums (i. S. der Steigerung des Kapitalumsatzes), das unser Handeln mehr und mehr bestimmt, gibt diesem Aspekt eine neue und zusätzliche Dramatik. In einem weiteren Begründungsversuch wird an die Bürde des Dritten Reiches erinnert. Begriffe wie „Heimat“ und „Erbe“ sind für viele Menschen im Umgang problematisch geworden. In einigen Bereichen hat das bis hin zur Tabuisierung geführt. Zentrale Gesichtspunkte menschlichen Daseins, mit denen in anderen Ländern vollkommen sorgenfrei umgegangen wird, sind bei uns in den Hintergrund gedrängt worden. Ein Konsens kann dahingehend erzielt werden, dass dem emotionalen Aspekt in der Auseinandersetzung sowohl der InterpretInnen als auch der BesucherInnen mit den Naturphänomenen mehr Beachtung geschenkt werden muss. Nach dem Abendessen steht noch einmal der Dialog zwischen den beiden Eckpunkten auf der Grundlinie des Interpretationsdreiecks - InterpretIn und BesucherIn - im Mittelpunkt der Betrachtungen. Hierzu werden die folgenden drei Kommunikationsübungen durchgeführt. 28 Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004 Sprachliche Ausdrucksübung Ein einfacher Satz wird an die Flipchart geschrieben. Die TeilnehmerInnen bekommen nun reihum Adjektive (müde, vorwurfsvoll, ironisch,…) vorgehalten und haben die Aufgabe, diesen einen Satz den Adjektiven entsprechend auszudrücken. Die übrigen TeilnehmerInnen müssen ergründen, welches Adjektiv da zum Ausdruck gebracht werden sollte. Körperliche Ausdrucksübung In der zweiten Übung wird eine Fortsetzungsgeschichte gespielt. JedeR TeilnehmerIn übernimmt dabei einen Part und bekommt eine entsprechende Handlungsanweisung vorgelegt. (Etwa: „Du legst beim Wandern eine Rast ein und setzt Dich, um Dein Brot zu essen. Ameisen stören Dich.“) Diesmal darf frei agiert aber nicht gesprochen werden. Sprachlich-körperliche Ausdrucksübung / Spontantheater In der dritten Übung geht es schließlich nicht nur darum, sich in Sprache und Körpersprache zu üben, sondern auch darum, auf unvorhergesehene Situationen spontan zu reagieren. Bis auf zwei TeilnehmerInnen und den Trainer verlässt die gesamte Kursgruppe den Raum. Die beiden im Raum verbliebenen TeilnehmerInnen spielen eine Szene. Dabei soll gesprochen und frei agiert werden. Auf ein Signal wird die Szene „eingefroren“. EinE weitereR KursteilnehmerIn betritt den Raum, ersetzt eine der beiden Personen, indem er/sie die gleiche Position einnimmt und spielt die Szene so weiter, wie er/sie sie versteht. Die Person, die von Anfang an mit dabei war, muss den neuen Impuls aufnehmen und darf nicht wieder zur ursprünglichen Spielidee zurückkehren. So entsteht ein Theaterstück, das aus einer Vielzahl einzelner Theaterszenen besteht. Spontantheater Im Anschluss an diese Übungen besteht noch die Möglichkeit, das Thema Bildungsarbeit am Beispiel der Bildungsarbeit im Nationalpark Sächsische Schweiz zu beleuchten, und den Ansatz der zielgruppenspezifischen Bildungsprogramme für Kinder und Jugendliche mit dem der Interpretation in Beziehung zu setzen. Hierzu liegen ein 25-minütiges Video und einige Textmaterialien vor.25 In Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit und unter Berücksichtigung des ausgefüllten Tages machen die TeilnehmerInnen von diesem fakultativen Angebot aber keinen Gebrauch mehr. Zwischenreflexion Einschätzung der TeilnehmerInnen: Die Kursgruppe ist insgesamt der Auffassung, dass sie viel Anwendbares mitgenommen hat. Diese Feststellung wird insbesondere auch von den TeilnehmerInnen geäußert, die am Vortag weniger motiviert in den Kurs hineingegangen sind. Hauptkritik des heutigen Tages waren die Witterungsverhältnisse und der enge Zeitplan. 25 s. Kurshandbuch Texte 39 bis 42 und Anlagen X bis XIII 29 Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004 3. Kurstag: Mittwoch, der 21. Januar 2004 Im Mittelpunkt des dritten Kurstages steht die Erarbeitung von zwei aus jeweils vier Kurzinterpretationen bestehenden Interpretationsgängen26 durch zwei Arbeitsgruppen. Die Leitideen der Kurzinterpretationen werden dabei zu einer Themenlinie verknüpft und unterstützen eine Haupt-Leitidee. Um dem Wind nicht ganz so stark ausgesetzt zu sein, findet die Erarbeitung und Präsentation der Interpretationsgänge diesmal auf der dem Wind abgewandten Seite der Insel statt. Bei der Erarbeitung der Interpretationsgänge folgen die TeilnehmerInnen den Anweisungen eines Arbeitsblatts27. Nach der Erarbeitung zeichnen die beiden Gruppen auf einem Pinwandbogen jeweils eine Mind-Map28 auf, die ihnen zur Verinnerlichung der Inhalte dient. Auf einem weiteren Pinwandbogen entsteht außerdem – nach einer entsprechenden Einführung - jeweils ein Plakat, mit dem für den Interpretationsgang geworben werden soll. Die beiden Interpretationsgänge im Überblick: Auf den Spuren der Höhlenbewohner Themenfeld: Haupt-Leitidee: Höhlenbewohner des Urwaldes Unwirtliche Situationen schaffen Lebensräume. Phänomen 1: Leitidee 1: alte Eiche Höhlen entstehen natürlich aber langsam. Phänomen 2: Leitidee 2: Mauseloch Diese Höhle bietet der Maus Schutz. Phänomen 3: Leitidee 3: Brutplatz eines Waldkauzes Nicht jeder passt in jede Höhle. Phänomen 4: Leitidee 4: Buche mit Zunderschwämmen und Bohrgängen Windbruch gibt dem Zunderschwamm die Möglichkeit, Lebensräume für Insekten zu schaffen. Die Themenlinie setzt bei den HöhlenbewohnerInnen der Eiszeit an und wirft zunächst die Frage auf, wie Höhlen entstehen, und wodurch sie zu Lebensräumen werden. Aus der Perspektive des Menschen wechselt sie in die kleinräumigere Perspektive der Höhle im Wurzelbereich einer alten Eiche, die offenbar zu einem Lebensraum für eine Maus geworden ist. Im Vergleich dazu werden die Anforderungen aufgezeigt, die der Waldkauz an seine Höhle stellt. Schließlich wird demonstriert, wie aus der zersetzenden Tätigkeit eines Baumpilzes heraus die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass auch Insekten als Höhlenbauer aktiv werden können. 26 s. Kurshandbuch Text 19 s. Kurshandbuch Arbeitsblatt A2 28 s. Kurshandbuch Text 16 27 30 Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004 Vilm – eine Insel in Bewegung Themenfeld: Haupt-Leitidee: dynamische Prozesse um und auf der Insel Vilm Die Insel Vilm ist ständig in Bewegung. Phänomen 1: Leitidee 1: Felsrücken im Wasser In der Eiszeit wurde die Insel hier her geschoben. Phänomen 2: Leitidee 2: abstürzende Bäume an der Abbruchkante Die Abbruchkante wandert ins Inselinnere. Phänomen 3: Leitidee 3: umgestürzter Baum und Lücke im Kronendach Der gefallene Riese gibt neuem Leben Raum. Phänomen 4: Eisschollen markieren Strömungslinie Abtragung und Anlandung Die Insel verändert ihre Gestalt – so wie alle Küstenlinien in unserem Blickfeld. Leitidee 4: Die Themenlinie setzt bei den Findlingen an, die unterhalb der Steilküste wie „badende Riesen“ aus dem Wasser ragen. Über die Bewegung dieser mächtigen Steine wird deutlich gemacht, dass im Zuge der Eiszeit auch viel größere räumliche Einheiten verschoben und modelliert worden sind. Dieser Veränderungsprozess ist bis heute nicht abgeschlossen. Die unterhalb der Steilküste liegenden Bäume beweisen: die Abbruchkante wandert ins Inselinnere. Wo ein Baum gefallen ist, gibt er aber einer Vielzahl anderer Pflanzen die Möglichkeit, zu wachsen. Der Zerfall ist somit zugleich Neubeginn. Auch die Insel wird nicht immer kleiner. Das Land, das an der einen Seite weggenommen wird, wird an der anderen wieder angelagert. So bleibt die Insel in Bewegung. Die Auswertung der beiden Interpretationsgänge wird anhand von Supervisionsbögen29 von jeweils drei Kleingruppen vorgenommen, die ganz konkrete Beobachtungsaufträge haben. Im Einzelnen befassen sich die Gruppen mit Fragen zum Auftreten der InterpretInnen, zur Würdigung der Phänomene und zur Integration der BesucherInnen. Nach der Auswertung schließt sich auf Wunsch der TeilnehmerInnen in der auf 60 min. verlängerten Kaffeepause ein Inselspaziergang um den Großen Vilm an. (Am Vormittag waren die Pausen entfallen, da die Gruppen durchgehend an ihren Interpretationsgängen gearbeitet hatten.) Nach der Kaffeepause stehen Analyse und Lösung von Konflikten auf dem Programm. Gemeinsam wird gefragt, was ein Konflikt ist. In die Beantwortung dieser Frage werden die Aspekte des Aktiven Zuhörens, des auf WATZLAWICK zurückgehenden Eisberg-Modells, der Bedürfnispyramide nach MASLOW und des Wertequadrats nach HELWIG sowie unterschiedlicher Modelle nach SCHULZ VON THUN eingeflochten30. In den Mittel29 30 s. Kurshandbuch Arbeitsbogen A3 s. Kurshandbuch Texte 4 bis 11 31 Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004 punkt der Betrachtung tritt bald schon die Frage, was „Autorität“ ausmacht, und welche Strategie welcher Konfliktsituation angemessen ist.31 Hierzu wird nach dem Abendessen ein Rollenspiel durchgeführt.32 Der reale Hintergrund: Am Teich in der Kernzone eines Nationalparks möchte ein Investor einen Steg bauen lassen. Aus Sicht der Nationalparkverwaltung ist das Projekt abzulehnen, die Entscheidungsbefugnis liegt jedoch bei der Gemeinde. Im Gemeinderat, der vom Bürgermeister geleitet wird, sitzen sich der Investor, ein Angler, ein älterer Naturschützer und ein Ranger als Vertreter der Nationalparkverwaltung gegenüber. Zwei Sitzungen werden vereinbart. Das Rollenspiel, das mit dem Camcorder aufgezeichnet wird, wird also unterbrochen, wobei die Rollen in der „Sitzungspause“ neu besetzt werden. Akteure sind Investor: Bürgermeister: Angler: NaturschützerIn: Ranger: Ulf Damm / Claus Weber Sigmund Gaudeck / Rüdiger Meyer Reinhard Rusnak / Uwe Stüben Peter Kreke / Elfi Laack Henning Möller / Axel Knoblich Die erste Runde dauert 15 min. und endet mit einem Kompromissvorschlag des Naturschützers. Nach dieser Runde kommt es – entlang der Kameraaufzeichnungen - zu einer 30-minütigen Aussprache über die unterschiedlichen Strategien, die in den Verhandlungen erkennbar waren. Die zweite Runde (in Neubesetzung) dauert ebenfalls 15 min. und endet damit, dass der Investor verärgert ankündigt, das Problem auf höherer Ebene lösen zu lassen. (Wie im Nachhinein erklärt wurde, hat der Konflikt tatsächlich so geendet.) Im Rollenspiel haben sich die zehn TeilnehmerInnen vereinzelt darin versucht, die im Vorfeld besprochenen Strategien anzuwenden. Insgesamt war der Zeitrahmen aber zu knapp bemessen, um neue Inhalte unmittelbar in die Praxis umsetzen zu können. Hierzu hätte es umfangreicherer Vorübungen bedurft. 31 32 zum Lösen von Konflikten s. Kurshandbuch Texte 43 bis 46 s. Kurshandbuch Text 47 32 Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004 4. Kurstag: Donnerstag, der 22. Januar 2004 Standen während der ersten drei Kurstage die personalen Formen der Interpretation im Vordergrund, so stehen die beiden letzten Tage ganz im Zeichen der medialen Interpretation. Analog zur Erarbeitung von Kurzinterpretationen am zweiten Kurstag sollen nun Interpretationselemente entwickelt werden. Dabei handelt es sich um Interpretationstafeln oder Aktionselemente zu jeweils einem Phänomen unter jeweils einer Leitidee. In der Vorbereitung auf diese Erarbeitung werden per PowerPoint-Präsentation Beispiele für Navigations-, Regulations-, Informations- und Interpretationstafeln aus unterschiedlichen Schutzgebieten gezeigt.33 Die Kriterien für das Verfassen von Tafeltexten34 werden gemeinsam erarbeitet, ein nach den Grundsätzen der Interpretation erarbeitetes Originalmodul35 vorgestellt. Schläft ein Lied in allen Dingen, die da träumen fort und fort, und die Welt hebt an zu singen, triffst Du nur das Zauberwort. Eichendorff Aufgabe der TeilnehmerInnen ist es zunächst, mit Hilfe eines Arbeitsblatts36 in Zweiergruppen zu ausgewählten Phänomenen insgesamt zehn Texte für EUROPARC-Standardmodule zu verfassen. In Ausnahmefällen dürfen auch Abbildungen verwendet werden. (Bei der Behandlung der Gestaltungsraster für das EUROPARC-System37 wird allerdings deutlich, dass die Idee hinter dem Raster selbst einigen Rangern, in deren Gebiet das System angewandt wird, nicht vertraut ist.) Folgende Textvorschläge werden von den TeilnehmerInnen erarbeitet: Phänomen 1: Der Seeadler Der Seeadler Der Seeadler ist unser größter Greifvogel. Er hat eine Flügelspannweite von bis zu 2,50m. Der Seeadler lebt in einer lebenslangen Partnerschaft. Er zieht 1-3 Jungvögel im Jahr auf. Die Nahrung des Seeadlers besteht aus Entenvögeln, Fisch und Aas. Den Altvogel erkennt man am gelben Schnabel und dem weißen Stoß (Schwanz). Versuchen Sie, ihn zu entdecken. (Abb. Seeadler) Phänomen 2: Felsen im seichten Wasser Sehen Sie unsere Einwanderer? Unterhalb des Steilufers sehen Sie die Eingewanderten – große und kleine Steine. Vor 10000 bis 12000 Jahren wurden sie, eingeschlossen in mächtige Eisgletscher, aus Skandinavien hierher gebracht. Nach dem Schmelzen blieben sie hier zurück. 33 s. Kurshandbuch Text 23 s. Kurshandbuch Texte 24 und 25 35 s. Kurshandbuch Anlage VII 36 s. Kurshandbuch Arbeitsblatt A4 37 s. Kurshandbuch Text 24 34 33 Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004 Phänomen 3: Schwäne unterhalb der Steilküste im Wasser Schönheit und Eleganz Der Höckerschwan ist ein majestätischer Vogel, der hier am Bodden seinen Rast- und Ruheplatz findet. Mit dem auserwählten Partner bleibt er ein Leben lang zusammen. Das erste Jahr verbringt der Jungvogel mit seiner Familie. Ihn erkennen Sie an der hell- bis dunkelgrauen Färbung. Im Winterhalbjahr können Sie bis zu 10000 Schwäne hier beobachten. (Abb. Schwanenpaar alt: oben links, Schwanenpaar jung: unten rechts) Phänomen 4: Kleinspecht Der trommelnde Einsiedler Ö Ö Ö Ö Ö so groß wie ein Sperling weiß-schwarz-rotes Federkleid Botschaften übermittelt er mit einem Trommelwirbel zimmert seine Höhle in weiche Laubgehölze und bewohnt sie nur ein Jahr Der Kleinspecht ist es, der hier sein Zuhause hat. (Abb. Kleinspecht) Phänomen 5: Rotkehlchen Das Rotkehlchen Es ist ein einheimischer, circa 6 cm großer Vogel in unseren Breiten. Er kommt in Wäldern und Gärten vor und ist sehr zutraulich. Die rote Brust gab ihm seinen Namen (Rotkehlchen) 34 Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004 Phänomen 6: alte Eiche mit vernarbtem Stamm Zeitzeuge einer Bootsfahrt Beulen – Zeugen der Vergangenheit. Durch Beschuss sind hier Vernarbungen entstanden. Diese Eiche wurde in den dreißiger Jahren als Ziel gewählt, um Waffen vom Boot aus einzuschießen und zu testen. Phänomen 7: Rotbuche mit beschnitzter Rinde Haben Sie die Lesezeichen gefunden? Die Buche erzählt die Geschichte mehrerer Besucher in ihrer Rinde. Können Sie die Spur von Margot und Sigismund entdecken, die sich 1950 hier zum ersten Mal küssten? Die glatte Rinde verführt zum Hinterlassen von Botschaften. Könnte das der Vorläufer des Buches gewesen sein? Phänomen 8: Baumpilz am liegenden Stamm Achtung! Verborgene Kräfte am Werk! Dieser Baumpilz ist viel größer als man denkt. Der Fruchtkörper (Konsole) ist längst nicht alles: Tief im Inneren des Baumstamms zersetzt ein riesiges Pilzgeflecht (Mycel) das Holz. Nur der kleinere Teil des Pilzes schaut hier heraus. Phänomen 9: Rindenverletzung um einen Nagel Autsch – Du hast mich verletzt! Dein Nagel hat meine schützende Haut durchbrochen. Über die Jahre wuchs die Wunde. Nun trage ich eine kahle Narbe. Fühle mit deinen Händen, dass ich friere und wo ich lebe. (Abb. Hand) Phänomen 10: Verblühte Königskerze oberhalb der Steilküste Nachtschattengewächse im Sonnenlicht Die Königskerze hat sich als Standort diese schöne Aussicht gewählt. So wie alle anderen Nachtschattengewächse braucht sie zum Gedeihen volles Sonnenlicht und keinen Schatten. Auswertung der Interpretationstafeln In der Auswertung wird deutlich, dass sich einige der TeilnehmerInnen mit dem Verfassen von Texten noch deutlich schwerer tun als mit dem freien Reden. Phänomen, Leitidee und Aussagen im Hinterkopf zu haben und in einen attraktiven Text einfließen zu lassen, stellt viele TeilnehmerInnen vor erhöhte Anforderungen. Aus Zeitgründen kann die Übung, die bis dato eher Studiencharakter hat, nicht vertieft werden. 35 Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004 Nach der Kaffeepause tritt die Gestaltung von Pfaden in den Vordergrund.38 Wieder werden per PowerPoint Bildbeispiele – diesmal mit Beispieltafeln aus den Nationalparken der USA und Kanadas – zusätzlich aber auch eine ganze Reihe erfolgreicher Werbeanzeigen gezeigt. Dabei geht es zum einen um den Einsatz von Bildelementen, zum anderen aber auch um die Auswahl von Materialien39 und Tafelstandorten.40 Gemeinsam macht sich die Gruppe Gedanken über die Möglichkeiten, Standardmodule in Aktionselemente umzuwandeln.41 Nach der Mittagspause widmen sich die KursteilnehmerInnen der Erarbeitung von Interpretationspfaden. Der Interpretationspfad ist das mediale Pendant zum Interpretationsgang: Unter einer Haupt-Leitidee werden entlang einer Themenlinie mehrere Phänomene mit ihren Leitideen aufeinander aufbauend miteinander verknüpft.42 Zunächst werden die Unterschiede zwischen den verschiedenen Pfadtypen (Lehr-, Lern-, Erlebnis- und Interpretationspfad) aufgezeigt.43 Zur Erläuterung dienen diesmal Bildbeispiele aus den Nationalparken Deutschlands, Österreichs und der Schweiz. Dann begeben sich die TeilnehmerInnen im Gelände in zwei Gruppen auf die Suche nach attraktiven Phänomenen und arbeiten folgende Konzepte entlang des entsprechenden Arbeitsblatts aus.44 Interpretationspfad 1: Vilmer Perspektiven Haupt-Leitidee: Vilm bietet An-, Um-, Weit- und Durchblick Phänomen 1: Moos Gestaltung: wie eine auf dem Erdboden liegende Postkarte mit einem Ausschnitt an Stelle der Briefmarke. Text: Text: An den neugierigen Besucher der Insel Vilm Anblick Ein Wasserbett im Wald? Würden Sie sich nicht gern in das weiche Moos legen und den Wald genießen? Oder ist es doch zu feucht? Finden Sie es selbst heraus! 38 s. Kurshandbuch Texte 26 bis 29 s. Kurshandbuch Text 30 40 s. Kurshandbuch Text 31 41 s. Kurshandbuch Text 32 42 s. Kurshandbuch Texte 33 bis 35 43 s. Kurshandbuch Text 33 44 s. Kurshandbuch Arbeitsblatt A5 39 36 Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004 Phänomen 2: drehwüchsige, verwitterte Eiche Gestaltung: Tafel schräg aufrecht stehend – dem Drehwuchs der Eiche folgend Text: Nicht nur geradeaus… Umblick Wie ein Fels in der Brandung fand diese Eiche einen Weg, Wind und Wetter zu trotzen. Sich windend und drehend behauptet sie sich noch heute an ihrem Platz. Und Sie? Phänomen 3: Blick aufs Meer Gestaltung: um eine zentrale Jahresuhr Text: Haben Sie Weitblick? Phänomen 4 Weitblick Menschen und Jahreszeiten kommen und gehen, aber die Schönheit der Insel bleibt. Phänomen 4: tote Eiche mit Einblick durch ein Astloch in eine nach oben offene und somit relativ helle Höhlung Gestaltung: Tafel „Einsicht“ mit Hinweispfeil zum Astloch; im Astloch ein postkartengroßes Modul Text: Dieser Baum ist tot. Durchblick Und doch findet gerade hier die Eule ihr Zuhause. Sie ist das Symbol des Naturschutzes – und der Weisheit… Interpretationspfad 2: Wasser ist Leben Haupt-Leitidee: Wasser ist Leben Phänomen 1: Moor Text: Wasser im Verborgenen Ein riesiger Schwamm, mit Wasser gefüllt – und sauber gefiltert. Schilf und spezielle Pflanzen sind Qualitätsgaranten für diesen Lebensraum. Das Moor Phänomen 2: alte, fast zerfallene Eiche, die trotzdem noch eine lebendige Krone hat Text: Kampf ums Überleben Mit einem Blitzschlag vor mehr als hundert Jahren begann der Leidensweg dieser Eiche. Mit verminderter Kraft pumpt sie seither die im Wasser gelösten Nährstoffe bis hinauf in die Krone. Wie lange wird ihr Puls noch schlagen? 37 Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004 Phänomen 3: Seeadler Text: Leben am und vom Wasser 1. Ich brauche das Wasser zum Trinken. 2. Ich brauche das Wasser zur Gefiederpflege. 3. Ich hole mir Nahrung vom und aus dem Wasser. Graphik: Kreislauf Seeadler > Wasservögel > Fische > Wasserpflanzen > Schnecken) Phänomen 4: Blick aufs Meer Text: Wo kommen wir eigentlich her? Blicken Sie auf das Meer und spüren Sie Ihrem Ursprung nach. In den unendlichen Tiefen leben die Nachkommen unserer Vorfahren. Drei Viertel der Erdoberfläche sind vom Wasser bedeckt. In der Vorbereitung der Interpretationspfade war festzustellen, dass einige der Ideen und Erkenntnisse vom Vormittag umgesetzt werden konnten. Eine eingehendere Beschäftigung mit diesem Thema wäre nötig gewesen, war aber zeitlich nicht zu leisten. In Form einer PowerPoint-Präsentation beispielhaft vorgestellt wurde im Anschluss das Projekt „Interpretationspfad Waldschlucht“ aus dem Nationalpark Sächsische Schweiz.45 Aber auch in Sichtweite - auf der Greifswalder Oie - ist ein Interpretationspfad in Planung. Zum Ausklang werden noch einmal die Unterschiede zwischen Interpretationspfad und Interpretationsraum aufgezeigt.46 Der Interpretationsraum (freie Entscheidung der BesucherInnen für mehrere, aufbereitete Phänomene im Themenkreis) ist das Pendant zur freien Interpretation47 unter den personalen Formen. Nach dem Abendessen lernen die TeilnehmerInnen noch den Lichterlauf als eine besondere Spielart des Interpretationsraums kennen. JedeR TeilnehmerIn erhält ein Glas mit einem brennenden Teelicht sowie einen Stift und eine Moderationskarte. Die TeilnehmerInnen schwärmen in einem großzügig umgrenzten Areal aus, suchen sich einen Ort, der sie anspricht und versuchen, ihre Gedanken im Lichtkreis ihres Windlichts schriftlich oder gestalterisch sichtbar zu machen. Danach haben alle TeilnehmerInnen die Möglichkeit, sich frei im Lichterfeld zu bewegen. Folgendes ist auf den Karten zu finden: Ö Was machen die Menschen dort oben um diese Zeit? 45 s. Kurshandbuch Anlage VIII s. Kurshandbuch Text 36 47 s. Kurshandbuch Text 20 46 38 Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004 Ö Ö Ö Ö Ö Ö Ö Ö Ö Ö Ö Ö Ö Ö Ö Ö Ö Ö Ö Schutz (unterm Dornstrauch) Schutz (unterm Dornstrauch) Ein Licht umgeben von wilder Natur – Winterlandschaft Ungewohnte Situation: Sternhimmel gefällt – Ruhe – Licht kommt mit der Zeit wieder – Kerze eher störend Strukturen im Schnee Insel Vilm (mit Graphik) Ich bin ein Leuchtturm. Bis hierher? – Buchen soll man suchen… Geheimnisvolle Dunkelheit – romantisch – als Fremder in einer unbekannten Gegend – unbekannte Stille – dennoch Leben: Knistern und Knacken, Schlürfen und Rauschen Zeichnung: Orion, Nordstern und Großer Wagen, darunter eine Menschenkette auf der gewölbten Erde (s. u.) Der Sternhimmel – unendliche Weite – plötzlich eine Stimme: „Ich war in der Dusche!“ Einkehr Was ist wirklich wichtig im Leben? Innere Ruhe zu finden und einen solch herrlichen Sternenhimmel zu betrachten; seit zwei Jahren habe ich mir nicht mehr die Zeit dafür genommen. Das wird sich jetzt ändern… Zeichnung: Wind, Gras, Sterne (s. u.) Hier bin ich der höchste Punkt auf der Erde. Ich bin die Verbindung zum Universum. Gestaltung: Schneewall um in den Schnee eingeschmolzene Kerze Gestaltung: Habebutte als Männchen in einem „Nest“ aus Gras zwei Lichter - ohne Kommentar ein verlorenes Licht Die TeilnehmerInnen tauschen kurz ihre Empfindungen aus. Für eine längere Auswertung fehlt die Zeit, denn es steht noch eine Präsentation von Christian Zepf zum Nationalparkhaus Königsstuhl im Nationalpark Jasmund aus, die anschließend v. a. im Hinblick auf die Bedeutung aufwändiger, technischer Installationen in den modernen Infozentren und auf die Wechselwirkung mit der Arbeit der Ranger vor Ort ausgiebig diskutiert wird. 39 Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004 5. Kurstag: Freitag, der 23. Januar 2004 Im Mittelpunkt des letzten Kurstages steht die Gestaltung eines Interpretationszentrums48 sowie die Projektskizze für eine unmittelbar an den Phänomenen orientierte Ausstellung49 in diesem Zentrum. Als Beispiel wird die Planungsskizze für die Informationsstelle Amselfallbaude im Nationalpark Sächsische Schweiz50 vorgestellt. Zwei Gruppen treten als unterschiedliche Planungsbüros gegeneinander an. Sie haben die Aufgabe der Planung eines Interpretationszentrums am gleichen Ort nach den in einem Arbeitsblatt festgehaltenen Kriterien.51 In einer Art Wettbewerb sollen die Planungsergebnisse im Anschluss daran in jeweils 7 Minuten präsentiert werden. Für die Vorbereitung stehen insgesamt 2½ Stunden zur Verfügung. Folgende Entwürfe werden von den Gruppen vorgestellt: Büro 1: Johann von Eichenblatt-Haus Haupt-Leitidee: Vilm ist eine Insel im Wandel Benannt nach dem Stifter des Hauses (der alle finanziellen Bedenken des Büros relativiert hat) umreißt das gleich einer Welle über den Steilhang hinausragende Haus das Spannungsfeld zwischen Entstehung und Zerfall, zwischen Himmel und Erde. Der/die BesucherIn betritt das Haus durch einen Tunnel. Er/sie dringt so in geologische Zeiträume vor und steigt von dort aus über eine Wendeltreppe ans Licht, das durch ein Panoramafenster im Obergeschoß in den großzügig angelegten Ausstellungsraum fällt. Wichtig war der Gruppe das unmittelbare Empfinden der Naturkräfte (Licht, Wind, Erdanziehungskraft), die auf der Insel wirken und so den Wandel vorantreiben. Der Sponsor 48 s. Kurshandbuch Text 37 49 s. Kurshandbuch Text 38 50 s. Kurshandbuch Anlage IX 51 s. Kurshandbuch Arbeitsblatt A6 40 Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004 Büro 2: Augenblick – Das Haus der Sichtweisen Haupt-Leitidee: Jeder Ort auf der Insel ermöglicht vielfältige Perspektiven. Der Entwurf des zweiten Planungsbüros gleicht im Grundriss einem Auge, das sich zum Meer hin öffnet. Der bestehende Wanderpfad führt mitten durch das Haus hindurch, das Haus lädt die SpaziergängerInnen zum Innehalten ein. Auch in diesem Entwurf kommt der großzügig angelegten Terrasse eine besondere Bedeutung zu, wobei an unterschiedlichen Stellen auf der Terrasse Standorte eingezeichnet sind, die besondere Blickachsen ermöglichen. In der dem Inselinneren zugewandten, geschlossenen Rückwand befinden sich kleine Sichtfenster und Blickrohre, die aus ungewohnten Perspektiven auf bestimmte Phänomene außerhalb des Hauses ausgerichtet sind. Die Präsentationen beider Gruppen sind – vor dem Hintergrund der zur Verfügung stehenden Zeit - durchaus überzeugend. Beide Gruppen haben sich der Herausforderung gestellt, die Phänomene außerhalb des Hauses unmittelbar mit dem Ausstellungsteil im Haus zu verbinden. Dabei ist die Komplexität der Planungsaufgabe bewusst geworden. Reflexion Die Abschlussbesprechung verlief sehr erfreulich. Die Witterungsbedingungen hatten sich im Verlauf der Kurswoche kontinuierlich verbessert, und die Gruppe hatte eine überdurchschnittliche Leistungsbereitschaft und ein bemerkenswertes Gemeinschaftsgefühl entwickelt, so dass der Zeitmangel, unter dem die Veranstaltung gelitten hatte, der wesentliche Kritikpunkt blieb. Insgesamt hatten die TeilnehmerInnen den Eindruck, von der Woche viel Brauchbares mitgenommen zu haben. In der Schlussrunde wurde ein Aufbaukurs bzw. die Schaffung einer kontinuierlichen Arbeitsgruppe zur Interpretation beim BfN angeregt. Nach dem Mittagessen verließen wir Vilm wieder – großenteils ungern und wegen des starken Eisgangs diesmal mit dem Schlepper. 41 Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004 Auswertung Die folgende Auswertung ist vom Bundesamt für Naturschutz durchgeführt worden und beruht auf Fragebögen die von den TeilnehmerInnen unmittelbar nach der Veranstaltung ausgefüllt wurden. 1. Inwieweit hat die Veranstaltung Ihre Erwartungen erfüllt? voll und ganz (10) Es war so, wie ich es mir vorgestellt hatte: schwer, aber interessant. Sie hat meine Erwartungen in Bezug auf Tagungsort und/oder Inhalte übertroffen (3) Naturinterpretation war vor zwei Jahren schon mal Thema in Schneeverdingen, leider nur kurz; für mich immer noch gewisses Neuland. Man muss sich mit neuen, zum Teil „hochtrabenden“ Begriffen vertraut machen schwierig, aber es geht. Und wenn ich auch nicht alles behalten werde, ein gewisser Teil wird mir hilfreich sein. Überraschung insofern, dass Kommunikation und Infocenter mit drin waren, hätte den Führungsbereich im Gelände (bzw. Vorbereitung) zeitmäßig länger erwartet Hätte mehr Zeit für Diskussionen erwartet Es war vielseitig, enthielt viele Praxisteile. Man war immer gefordert in Gruppenarbeit oder selbständig intensiv zu arbeiten. Die unmittelbare Arbeit am Objekt war wichtig. Durch die Kälte war manche Auswertungsrunde jedoch zu lang, so dass man nicht mehr im Einzelnen folgen konnte. Komprimierung oder Auswertung im Raum wäre angebrachter gewesen. Grundlagen der Interpretation gelernt Arbeitsmaterial und Anregung zur Weiterarbeit erhalten Praktische Arbeit wenig didaktische Hintergrundinfos (vielleicht auch in diesem Rahmen nicht machbar) Jeder Ranger sollte an diesem Seminar teilgenommen haben. Das war Neuland, deshalb war das eine gute Erweiterung, manche Sachen anders zusehen. Es war interessant gestaltet. Man wurde gefordert. 2. Welches waren für Sie die wichtigsten und/oder besten Teile und warum? praktische Anwendung und intensive Auswertung selbst ausgearbeitete Interpretationen personale Interpretation mediale Interpretation Aufbau von Kurzinterpretation über Interpretationsgang zum Interpretationspfad und die damit verbundene Teamarbeit freundliche Atmosphäre der TeilnehmerInnen aus vielen Teilen Deutschlands 42 Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004 Für mich gab es keine „wichtigsten“ Teile. Anwendung von Interpretation im Führungsbereich liegt am dichtesten an der Arbeitsrealität, wo immer an Verbesserungen gearbeitet werden kann; die personale Kurzinterpretation und der personale Interpretationsgang, weil gut strukturiert, verständlich und für meine Praxis tauglich; die praktischen Interpretationen im Gelände (3) Aufbau und Inhalte insgesamt sehr gut - aber unter zu starken Zeitdruck sehr positiv auch die vielen praktischen Übungen und Rollenspiele (2) Kurzinterpretation an einem Phänomen, Vorstellung vor der Gruppe, Interpretationsgang Wichtig waren auch die theoretischen Hintergründe mit der Darstellung von guten und weniger guten Beispielen (Tafeln, Pfade). Gruppenarbeit Grundlagen weiterführende Materialien Erkennen von Phänomenen und sich auf das wesentliche zu beschränken Konfliktsituationen, weil wir damit am häufigsten zu tun haben Bindung an einen bestimmten Ort praktische Anwendung und das Arbeiten in der Gruppe Es war sehr informativ für mich, und man musste seine eigene Kreativität einsetzen. Beide großen Teilgebiete - Naturinterpretation durch den Menschen und durch Tafeln waren für meine Arbeit sehr wichtig. 3. Welche Themen hätten knapper behandelt oder ganz weggelassen werden sollen? Für alle Themen war eigentlich zu wenig Zeit. Erstellung von Tafeln, Besucherzentren Kommunikation (entweder konsequent mindestens mehrere Tage oder gar nicht) Konfliktbearbeitung und –management, wäre als eigenes Seminarthema besser gewesen. Auf Grund der Witterung, hätten die Außenübungen spontan kürzer gehalten werden müssen. Durch Wind und Kälte ist in einigen Situationen eine gewisse Kreativität verloren gegangen (leider!). Geschichte hätte etwas verkürzt werden können, Konflikte passten nicht so gut in den Themenbereich, Kommunikation hätte man noch intensiver machen können (z. B. während der Führung, Umgang mit schwierigen Personen usw.). Die Auswertungsrunden zur Kurzinterpretation, wo jeder einzelne unbedingt zu Wort kommen sollte, und die Kälte jeden eingenommen hatte, war zu langwierig und war nicht effektiv, da nach einer gewissen Zeit keiner mehr zugehört hat. bei der Kälte zu viel Draußen-Arbeit US Ranger Nichts – alles gut und wichtig (5); somit kann man eher sagen: mehr Zeit einplanen. In der Kürze der Zeit war nicht mehr drin. 43 Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004 4. Welche Aspekte Ihrer Arbeit als Schutzgebietsbetreuer sollten in einer künftigen Veranstaltung behandelt werden? Konflikttraining; Rollenspiele und Konfliktbewältigung; Konfliktlösung: wie andere Bundesländer Konflikte und Möglichkeiten nutzen; Konfliktlösung mit den Besuchern (6) Aufbau von Vorträgen Interpretation „Freie Interpretation“ finde ich sehr wichtig, im Gespräch und der Öffentlichkeitsarbeit vor Ort mit Besuchern und Urlaubern. Kommunikation und Konflikte sind Themen, die immer spannend und notwendig sind und deutschlandweit behandelt werden können, nicht nur regionsabhängig (mit Besuchern, aber auch innerhalb von Verwaltungen und Planungsprozessen). Bei beiden Themen ist viel Zeit für Diskussionen, Rollenspiele und ähnliches notwendig (3). Kinderführungen, Arbeit mit Kindern (3) Interpretation der Landschaft zuverlässige Evaluationsmethoden in der Umweltbildung Führungen zu anderen Themen Artenschutz (2) Rechte und Pflichten der Naturwacht 5. Grad der Zufriedenheit mit den Inhalten nach Blöcken einzeln unterteilt: Skala von 1 = sehr zufrieden bis 5 = unzufrieden Block Grad der Zufriedenheit Bemerkungen Grundlagen der Interpretation 1;1;1;2;1;1;1;1;2;2;2;2;2 • ;2;1;1 • ∅ 1,4 • • • Kurzinterpretationen 1;2;1;2;2;1;1,5;1;1;2;2;1 • ;1;2;1;1 • ∅ 1,4 • • Interpretationsgänge 1;2;1;2;2;1;1;1;1;2;2,5;1 • ;1;1;1;1 • ∅ 1,3 • • sehr guter, schlüssiger Aufbau vom Referenten (Th. Ludwig) sehr gut verständlich gemacht enger Zeitplan sehr angenehme, übersichtliche und weitreichende Darstellung Æ Beamertechnik und PowerPointPräsentationen waren beeindruckend sehr trockener Stoff sehr guter, schlüssiger Aufbau enger Zeitplan Abkürzung oder Verlängerung der Auswertung stellenweise zu kalt Die Zeit könnte länger bemessen sein enger Zeitplan sehr gute Weiterführung der Kurzinterpretation, erfordert aber noch mehr Überblick Witterung 44 Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004 Konfliktbewälti- 2;2;3,5;5;1;2;2;3;2;2;2;2 • gung und Rollen- ;2;1;1;1 • verständnis • ∅ 2,1 • Mediale Interpretation: Tafeln, Pfade,… 2;3;1;2;1;2;1;2;3;2;1;2;2 • ;1;1;1 ∅ 1,7 • • • Infozentren 2;3;3;3;1;2;3;2;2;2;2;2;1 • ;1 • ∅ 2,1 • • • • • zu kurz (mindestens 3 volle Tage) eigenes Seminar wäre angebracht spannendes Thema, immer wichtig, aber für das Seminar etwas zu viel – Themenbereich, der Zeit braucht Theorie war recht kurz gehalten, dafür die Rollenspiele stärker – recht fremdbetont, spät am Abend Ich habe keine Möglichkeiten das durchzuführen interessante Ergänzung zum oberen Bereich – die wenigsten arbeiten damit (Arbeitsaufteilung in NLP) etwas zu kurz im allgemeinem gibt Anstöße zu wenig Zeit für die Reflektion Ich habe keine Möglichkeiten, das anzuwenden. zu wenig die Ranger betreffend (Grafik, Technik usw.) Die Zeit wurde zu knapp, und damit kam es zwangsläufig zu Konzentrationsabfall. interessant, das mal zu tun, obwohl es im Arbeitsalltag eher selten vorkommt. zu kurz, zu gedrängt, so dass die Einführung zu knapp. wurde ja nur an einem Beispiel vorgestellt 6. Grad der Zufriedenheit mit der täglichen Zeiteinteilung (Skala von 1 = sehr zufrieden bis 5 = unzufrieden) 1...............2................3...............4...............5? 3;4;2,5;4,4;1,5;4;2;3;2,7;2;3,4;1;2,3;3;2,4;1 • ∅ 2,6 zu wenig Zeit zum Rundgang 7. Grad der Zufriedenheit mit der Gesamtdauer der Veranstaltung (Skala von 1 = sehr zufrieden bis 5 = unzufrieden) 1...............2................3...............4...............5? 2;4;2,2;2,5;1,5;1;3;3;1,7;2;4;4;2,3;2;2;1 • • • ∅ 2,4 etwas zu kurz bei der Fülle der Themen ruhig länger zu kurz 45 Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004 8. Grad der Zufriedenheit mit dem Trainer: (Skala von 1 = sehr zufrieden bis 5 = unzufrieden) 1...............2................3...............4...............5? 1;1;1,3;2,5;1;1;2;1;2,3;2;4,6;1;1,5;1;1;1 ∅ 1,6 9. Grad der Zufriedenheit mit dem Tagungsort und seiner Infrastruktur: (Skala von 1 = sehr zufrieden bis 5 = unzufrieden) 1...............2................3...............4...............5? 1;1;2,9;2,5;1;1;2;1;2,7;1;4,9;1;1,5;1;1;1 • ∅ 1,7 etwas schwierige Anbindung an öffentliche Verkehrsmitteln 10. Sonstige Bemerkungen: zuviel Stoff in zu kurzer Zeit Interpretationslehrgänge sollten regelmäßig (vielleicht aufbauend) durchgeführt werden. Es könnte mehr Zeit für die Insel mit ihrer Landschaft eingeplant werden. Man sollte sich über den zeitlichen Ablauf Gedanken machen bzw. diesen überarbeiten. Es fehlte Zeit zum Themenabschnitt reflektieren, Pausen waren faktisch nicht vorhanden, „Nahrungsaufnahme“ ist keine Pause. Ab 8.30 bis 21.00 Uhr Input ist nicht nur tariflich betrachtet bedenklich - und der Referent ist zu gut, um mit ihm bei Konzentrationsmangel zu arbeiten. Keine Zeit mehr für Abschlussrunde, das halte ich aber für wichtig. Mehr Zeit notwendig, zum Packen, Kennenlernen, Bogen ausfüllen usw.. Die Insel ist mit ihren urwüchsigen Wald sehr beeindruckend und lädt mit ihrer Ruhe zur kreativen Arbeit ein Man kann wirklich den gewohnten Alltag hinter sich lassen und findet Zeit für die Seminarthemen. sehr gute Verpflegung und freundliche Betreuung weitere Seminare auf dieses aufbauen und vertiefen ein für mich sehr informatives Seminar Macht weiter so!!! 46 Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004 47