Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation

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Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation
Grundkurs
Natur- und Kulturinterpretation
Dokumentation
INA Vilm
19.-23. Jan. 2004
In Kooperation mit
Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation
Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004
Dokumentation
Veranstalter
Bildungswerk interpretation
Am Rasen 23
37214 Werleshausen
Tel.: 0 55 42 / 50 58 73
Fax: 0 55 42 / 50 58 73
Mail: [email protected]
Web: www.interp.de
EUROPARC Deutschland e.V.
Marienstr. 31
10117 Berlin
Tel.: 0 30 / 2 88 78 82-0
Fax: 0 30 / 2 88 78 82-16
Mail: [email protected]
Web: europarc-deutschland.de
Gefördert durch das Bundesamt für Naturschutz
mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Bildnachweis der von den TeilnehmerInnen zur Verfügung gestellten Aufnahmen
Margitta Jendrzejewski: 31 u.
Elfi Laack: Titel o., 15 u., 26 u., 29, 31 o., 34, 40 u.r.
Rüdiger Meyer: 26 o., 32, 37 o., 37 m., 40 u.l., 40 o., 41 o.
Henning Möller: Titel Hintergrund, 37 u.
Anne Spiegel: Titel m., 2, 14 o., 27, 30 (2x), 33, 34 u., 35 (2x), 36, 41 u., 47
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Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation
Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004
Akteure
Veranstaltung:
Axel Tscherniak, EUROPARC Deutschland
Gisela Stolpe, Bundesamt für Naturschutz
Durchführung:
Thorsten Ludwig, Bildungswerk interpretation
TeilnehmerInnen:
Ulf-Gerd Damm, Naturparkverwaltung Drömling
Kerstin Frank, Nationalparkamt Müritz
Sigmund Gaudeck, Naturwacht Brandenburg
Margitta Jendrzejewski, Nationalpark- und Forstamt Sächsische Schweiz
Klaus Ketelsen, Nationalparkservice gGmbH Schleswig-Holstein
Axel Knoblich, Nationalparkamt Rügen
Peter Kreke, Naturpark Mecklenburgisches Elbetal
Jens Krohnfuß, Nationalparkamt Rügen
Elfi Laack, Naturwacht Brandenburg
Gerald Lordahn, Naturparkverwaltung Mecklenburgische Schweiz und Kummerower See
Rico Markmann, Nationalparkamt Rügen
Rüdiger Meyer, Naturpark Stechlin-Ruppiner Land
Henning Möller, Nationalparkverwaltung Hochharz
Rainer Rehm, Nationalparkservice gGmbH Schleswig-Holstein
Reinhard Rusnak, Naturpark Feldberger Seenlandschaft
Anne Spiegel, Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer
Joachim Stroeming, Naturpark Nossentiner/Schwinzer Heide
Uwe Stüben, Naturpark Insel Usedom
Claus Weber, Nationalparkamt Müritz
Heike Weigt, Landesamt für den Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer
Claudia Wicht, Naturpark Kyffhäuser
Gastreferent:
Christian Zepf, Stubnitzhaus GmbH
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Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation
Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004
Programm, Verlauf und Perspektiven
Der Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation basiert auf dem Ausbildungskonzept für Interpretationsranger im US National Park Service. Nachfolgend eingearbeitet wurden die Auswertungsergebnisse der Unterrichtseinheiten „Öffentlichkeitsarbeit und Umweltbildung“ des
Lehrgangs GeprüfteR Natur- und LandschaftspflegerIn in Sachsen sowie des einwöchigen
TOPAS-Pilotkurses „Basic Interpretive Skills“, der 2003 im Nationalpark Harz stattgefunden
hat. Diese - einerseits durch den gesteigerten Bedarf während des Planungszeitraums, andererseits durch fördertechnische Gründe bedingte - Anhäufung von Inhalten stellte für den Trainer
wie für die TeilnehmerInnen im Kursverlauf die größte Herausforderung dar.
Nicht zu vernachlässigen waren darüber hinaus die rauen Witterungsbedingungen. Etwa 50%
der Trainingseinheiten fanden bei Dauerfrost und kräftigem Wind unter freiem Himmel statt,
und nicht alle TeilnehmerInnen waren zweckmäßig gekleidet.
Auf der anderen Seite war da aber die Insel Vilm, die in ihrer Abgeschlossenheit innerhalb
von fünf Tagen z. T. sehr unterschiedliche Menschen zu einer frohen und leistungsfähigen
Arbeitsgemeinschaft zusammenwachsen ließ, und die zugleich bedingte, dass sich alle TeilnehmerInnen voll und ganz auf die Inhalte des Kurses konzentrieren konnten.
„Rügenlandschaft mit Regenbogen“ – das
Gemälde von Caspar David Friedrich, das
die Insel Vilm im Mittelgrund zeigt, versinnbildlicht in beeindruckender Weise,
worum es der Natur- und Kulturinterpretation geht, und worum es auch während des
Kurses ging. Es ging darum, eine Brücke zu
schlagen zwischen dem Menschen und seinem Natur- und Kulturerbe. Es ging um die
Frage, wie die Botschaften, die von unseren
Natur- und Kulturlandschaften ausgehen,
ihre Adressaten finden. Und wie es gelingen
kann, Menschen über die Art, wie diese
Botschaften vermittelt werden, dauerhaft
und verantwortungsvoll an ihr Natur- und
Kulturerbe zu binden.
Der Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation hat in dieser Hinsicht einiges erreicht. Früchte
kann er aber nur dann tragen, wenn das, was in den fünf Tagen angestoßen wurde, in den
Schutzgebieten fortentwickelt wird. Folgendes wäre diesem Ziel dienlich:
1. ein kontinuierliches Trainingsprogramm, das insbesondere die Professionalisierung der Arbeit der hauptamtlichen MitarbeiterInnen in den Schutzgebieten weiter vorantreibt.
2. eine periodisch zusammentretende Arbeitsgruppe, die die Qualitätsstandards für Interpretation im Naturschutz definiert
3. darauf aufbauend die Erarbeitung von Supervisionsprogrammen und einheitlichen Schulungsprogrammen für saisonale Hilfskräfte und schließlich
4. das Gewähren von Freiräumen für eine zeitgemäße Natur- und Kulturinterpretation, wie sie
etwa vom US National Park Service gepflegt wird, durch die Schutzgebietsleiter.
Der TOPAS-Kurs und der Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation auf Vilm waren erste
Bausteine. Der größte Teil der Arbeit in den Schutzgebieten liegt noch vor uns.
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Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation
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Programmumfang
Für den Kurs stehen insgesamt 47 Seminareinheiten à 45 min. zur Verfügung. Innerhalb
dieses Rahmens sollen folgende Inhalte mit folgendem Zeitaufwand behandelt werden:
Themen
Grundlagen der Interpretation
Umfang
Stichpunkte
10 SE
Geschichte der Interpretation
Interpretation im US National Park Service
Das Interpretationsdreieck
Die Bedeutung der Naturphänomene
Über Fakten zu Botschaften und Leitideen
Entwicklung der eigenen Kreativität
Die TN erfahren,
wie sich Interpretation entwickelt hat,
welche Rolle sie v. a.. für den Naturschutz spielt,
was sie von anderen Konzepten unterscheidet.
Sie machen sich mit wesentlichen Erkenntnissen
zu Kommunikation und Kreativität vertraut.
Personale Interpretation
9 SE
Die TN üben sich darin,
die „Sprache“ der Phänomene
- zunächst in Kurzinterpretationen, dann in
Interpretationsgängen über mehrere Stationen für den Besucher zu übersetzen.
Mediale Interpretation
10 SE
Die TN entwerfen modellhaft Texte und Tafeln,
üben sich im Umgang
mit Sprache und Symbolen
und setzen sich mit den Erfordernissen
gestalteter Interpretationsräume und -pfade
auseinander.
Kommunikation &
Konfliktmanagement
Die TN entwickeln in Projektgruppen
aus einem Thema ihrer Wahl Konzepte für einen
Interpretationsgang, einen Interpretationspfad
oder ein Interpretationszentrum
und setzen sie modellhaft um.
Die Modelle werden gemeinsam ausgewertet.
Gestaltung von Texten
Formen und Funktionen von Tafeln
Arten und Aufgaben von Pfaden
Interpretationsraum oder
Interpretationspfad
Planungsmodell Interpretationszentrum
5 SE
Menschliche Bedürfnisse
Motivationen und Werteinstellungen
Modelle menschlicher Kommunikation
Konfliktpotentiale ausmachen und
bearbeiten
eigene Standpunkte zielführend vertreten
12 SE
Interpretationsplanung
Notwendigkeit kontinuierlicher Kontrolle
Grundlagen von Supervision und
Evaluation
Arbeiten mit Supervisionsprotokollen
Videodokumentation
Übertragung in den Arbeitsalltag der TN
Die TN decken ihre eigenen
Kommunikationsstrategien auf, überdenken sie
und entwickeln sie fort. In Rollenspielen üben
sie, konträre Auffassungen mit den eigenen
Positionen in Einklang zu bringen,
ohne diese aufzugeben.
Präsentation - Supervision Evaluation
Ein Phänomen zur Sprache bringen
Objekte in Szene setzen
Inhalte verdichten und strukturieren
Kurzinterpretationen erarbeiten
Interpretationsgänge gestalten
Zusätzlich sind am vierten Kurstag zwei Seminareinheiten für einen externen Beitrag zum
Nationalpark-Zentrum Königsstuhl (Nationalpark Jasmund) vorgesehen.
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Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation
Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004
Programmplanung
Montag, 19.01.2004 (4 SE) Konzept der Natur- und Kulturinterpretation
Impuls: Goethe
bis 16.15 Uhr Anreise / Organisatorische Hinweise
16.30 – 18.00 Uhr Vorstellung des Trainers
Vorstellung der TeilnehmerInnen – „Ich sage Dir, wer Du bist...“
Ö paarweise Vorbereitung für ein gegenseitiges Vorstellen (15 min.)
Ö gegenseitige Vorstellung (je 2 min.)
Vorstellung des Kursprogramms
18.00 – 19.00 Uhr Abendessen
19.00 – 19.45 Uhr Von den Wurzeln der Interpretation bis zu den Aufgaben
der Ranger im US National Park Service (ppt)
19.45 – 20.30 Uhr Wie funktioniert Interpretation? (ppt)
Ö Erläuterung des Interpretationsdreiecks
Ö Bedeutung verschiedener Fragen
für die Integration von BesucherInnen
Ö Bedeutung von Trittsteinen
20.30 Uhr Programmende
¹
Dienstag, 20.01.2004 (13 SE) Personale Formen I (Kurzinterpretationen)
Impuls: Hesse
07.30 – 08.30 Uhr Frühstück
08.30 – 09.30 Uhr Einen alten Baum zur Sprache bringen
(Kurzinterpretation mit Kritikrunde)
09.30 – 10.15 Uhr Trainingskonferenzen zu einzelnen Phänomenen in der Natur
Ö Ich sehe... (Die TN beschreiben ohne Deutungen, was sie sehen.)
Ö Das... sieht aus wie... (Die TN versuchen Vergleiche zu finden.)
Ö Das... sagt mir, dass... (Die TN suchen nach persönl. Gleichnissen.)
Ö Ich möchte wissen,... (Die TN stellen sich Fragen zum Phänomen.)
Ö Wie fühlt sich das... von unten an? (TN formulieren Fokusfragen.)
Ö Interpretationsfelder (TN beobachten aus versch. Perspektiven)
Ö Verbindungen (TN verbinden Phänomen mit anderen Phänomenen.)
Ö Mimik und Gestik (Interpretation für eine hörgeschädigte Person)
Ö Beschreibung (Interpretation für eine sehgeschädigte Person.)
Ö Botschaft (TN formulieren Ich-Botschaften des Phänomens.)
Ö Leitidee (TN erarbeiten aus den Botschaften eine Leitidee)
10.15 – 10.45 Uhr Sammlung zugkräftiger Schlüsselbegriffe (Zauberworte)
Vorbereitung auf die Erarbeitung eigener Kurzinterpretationen
10.45 – 11.00 Uhr Kaffeepause
11.00 – 12.30 Uhr Vier Gruppen erarbeiten jeweils eine Kurzinterpretation
12.30 – 13.30 Uhr Mittagessen und Mittagspause
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13.30 – 14.00 Uhr Vorbereitung der Präsentationen
14.00 – 16.00 Uhr Präsentation der vier Kurzinterpretationen
16.00 – 16.15 Uhr Kaffeepause
16.15 – 17.00 Uhr Was ist Wahrnehmung und wie funktioniert sie?
Individuelle Eigenheiten bei der Wahrnehmung von Naturphänomenen
Wahrnehmungsänderungen (Forstwirt, Pfarrer, Forscher,...)
17.00 – 18.00 Uhr Meine Rolle in der Kommunikation mit dem/der BesucherIn
Ö Wer bin ich, und wo stehe ich als InterpretIn?
Ö Welche Einrichtung vertrete ich, und was verkörpert sie?
Ö Welche unserer Eigenschaften sollten wir kultivieren?
Ö Wann wirken wir überzeugend? (Standogramm)
Ö Was wirkt kommunikationsfördernd, was kommunikationshemmend?
Ö Wie soll sich unsere Kommunikation verändern?
Ö Entwicklung persönlicher Kommunikationsstrategien
18.00 – 19.00 Uhr Abendessen
19.00 – 19.30 Uhr Hilfsmittel in der Interpretation
Ö Spiegel, Röhren, Lupen, Ferngläsern, Rahmen, Schnüre, Fähnchen,...
Ö Möglichkeiten und Grenzen ihres Einsatzes
Ö Bedeutung von Störungen (durch Phänomene / durch TN)
Ö Gruppenformation
19.30 – 20.30 Uhr Übungen im Interpretationsdreieck
Ö Übungen zur sprachlichen und gestischen Ausdrucksfähigkeit
Ö Übungen zur Integration von Störungen
20.30 – 20.45 Uhr Tagesrückblick und Ausblick auf den kommenden Tag
20.45 Uhr Programmende
¹
Mittwoch, 21.01.2004 (13 SE ) Personale Formen II (Interpretationsgang, freie Interpretation)
Kommunikation und Konfliktbewältigung
Impuls: Saint Exupéry
07.30 – 08.30 Uhr Frühstück
08.30 – 09.15 Uhr Zur Vorbereitung, Durchführung und Begleitung von
Interpretationsgängen
Von einzelnen Leitideen zu einer in sich schlüssigen Themenlinie
09.15 – 11.15 Uhr Erarbeitung von zwei Interpretationsgängen (zweimal vier Stationen)
11.15 – 11.30 Uhr Kaffeepause (kann von den Arbeitsgruppen variabel gestaltet werden)
11.30 – 12.30 Uhr Möglichkeiten des Strukturierens und Erinnerns von Inhalten
Ö Mind-Mapping (Impulsreferat)
Ö Erarbeitung einer Mind-Map zum Interpretationsgang
Ö Erarbeitung von Objektkarten
Ö Erarbeitung eines Ankündigungsposters
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Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004
12.30 – 13.30 Uhr Mittagessen und Mittagspause
13.30 – 14.30 Uhr Präsentation, Supervision und Auswertung
des ersten Interpretationsganges (Video)
14.30 – 15.30 Uhr Präsentation, Supervision und Auswertung
des zweiten Interpretationsganges (Video)
15.30 – 15.45 Uhr Kaffeepause
15.45 – 18.00 Uhr In welchen Rollen stecken SchutzgebietsbetreuerInnen?
Wie lassen sich diese Rollen erweitern und verändern?
Wie gehen wir mit Konflikten um?
18.00 – 18.15 Uhr Tagesrückblick und Ausblick auf den kommenden Tag
18.15 – 19.00 Uhr Abendessen
19.00 – 20.30 Uhr Rollenspiel nach aktuellen Problemstellungen aus den Schutzgebieten
20.30 Uhr Programmende
¹
Donnerstag, 22.01.2004 (11+2 SE) Mediale Interpretation I (Tafeln, Pfade und Räume)
Impuls: Eichendorff (oder Tucholsky)
07.30 – 08.30 Uhr Frühstück
08.30 – 09.15 Uhr Vier Arten von Tafeln - Wodurch wird ein Text verständlich?
(Einfachheit, Kürze, Prägnanz, Zusammenhang, Gliederung, Stimulanz)
Hinweise zur Erarbeitung von Tafeltexten (Mustermodul, ppt)
09.15 – 10.00 Uhr Kreativitätstechniken zur Ideenfindung (Impulsreferat mit Übungen)
10.00 – 10.15 Uhr Kaffeepause
10.15 – 11.00 Uhr Erarbeiten und Aufstellen eines Tafeltextes (ILS-Modul)
zu acht Phänomenen
11.00 – 11.45 Uhr Präsentation der Tafeltexte
11.45 – 12.30 Uhr Texte, Tafeln, Aktionselemente –
Anmerkungen zur Gestaltung von Medien
(Gleichgewicht, Lesefolge, Proportionen, Kontrast, Freiraum)
Gestaltung von Werbeanzeigen
(max. 5 Elemente, Leitideen, Bezug BetrachterIn)
Stichwort „Einheitliches Erscheinungsbild“:
Das ILS-Raster für Tafeln/Printmedien im Vergleich zum
Unigrid-System des US National Park Service
12.30 – 13.30 Uhr Mittagessen und Mittagspause
13.30 – 14.15 Uhr Welche Arten von Pfaden gibt es? (Flip)
Einführung in die Gestaltung von Pfaden
Geschlossene Pfade und Durchgangspfade
Beispiel: Interpretationspfad Waldschlucht
14.15 – 15.30 Uhr Wir erarbeiten modellhaft einen Interpretationspfad
(zwei Gruppen, je vier Stationen)
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Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004
15.30 – 15.45 Uhr Kaffeepause
15.45 – 16.45 Uhr Wir gehen unsere Pfade ab und üben Kritik
16.45 – 17.15 Uhr Vom Interpretationspfad zum Interpretationsraum
17.15 – 18.00 Uhr Wochenrückblick in Vorbereitung auf den Lichterlauf (Einzelarbeit)
18.00 – 19.00 Uhr Abendessen
19.00 – 19.30 Uhr Lichterlauf (prägnant auf den Punkt gebracht, was wir mitnehmen)
19.30 – 21.00 Uhr Vortrag Christian Zepf über das NLP-Haus Jasmund (Königsstuhl)
21.00 Uhr Offizielles Programmende
¹
Freitag, 23.01.2004 (6 SE) Mediale Formen II (Interpretationszentren)
Impuls: Novalis
07.30 – 08.30 Uhr Frühstück
08.30 – 08.45 Uhr Das Interpretationszentrum – Erarbeitung von Ausstellungen in natura
08.45 – 10.00 Uhr Modellhafte Entwicklung eines Interpretationszentrums (zwei „Büros“)
10.00 – 10.15 Uhr Kaffeepause
10.15 – 10.45 Uhr Vorbereitung einer Präsentation der Konzepte
10.45 – 11.45 Uhr Präsentation und Verteidigung der vorgelegten Konzepte
11.45 – 12.15 Uhr Die Woche im Rückblick
Ö Übersicht über die unterschiedlichen Formen der Interpretation
Ö Der Interpretationsplan – wie er funktioniert und was er leistet
12.15 – 12.30 Uhr Abschlussrunde
Ö Was nehme ich vom Kurs für mich persönlich mit?
Ö Was werde ich in meinem Arbeitsalltag anwenden?
12.30 Uhr Kursende (Mittagessen optional – die Fähre legt um 13.30 Uhr ab)
¹¹¹
Unterlegte Sequenzen finden im Freien statt.
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Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation
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Veranstaltungsverlauf
1. Kurstag: Montag, der 19. Januar 2004
Nach der
Begrüßung
durch EUROPARC Deutschland (Axel Tscherniak) und das Bundesamt für
Naturschutz (Gisela Stolpe) sowie der Vorstellung des Trainers (Thorsten
Ludwig, Bildungswerk interpretation) und des Programms finden sich die
TeilnehmerInnen zur
Vorstellungsrunde
paarweise zusammen. In parallelen Zweiergesprächen machen sich die
PartnerInnen der jeweiligen Paare zunächst miteinander vertraut. Ihre Aufgabe ist es dann, sich vor dem Plenum gegenseitig „würdevoll zu präsentieren“. Für jede Präsentation stehen zwei Minuten zur Verfügung.
In der Auswertung wird die Präsentation einer Person mit der eines Naturoder Kulturobjektes verglichen. Es wird gefragt
Ö welche Informationen im Vordergrund standen
Ö wie sie vermittelt worden sind
Ö wodurch sie zu einer würdevollen Präsentation beigetragen haben.
Ralph Waldo Emerson
Nach dem Abendessen werden mittels einer PowerPoint-Präsentation1 die
Hintergründe des Konzepts der Natur- und Kulturinterpretation
erläutert. Die historische Betrachtung beginnt in den USA der ersten Hälfte
des 19. Jh.. Sie beschreibt das Aufkommen des durch RALPH WALDO
EMERSON (1803-1882) und HENRY DAVID THOREAU (1817-1862) begründeten Transzendentalismus als Gegenbewegung gegen die allzu bedenkenlose Unterwerfung von Mensch (indigene Bevölkerung, Sklaverei) und
Natur (Schiffbarmachung der Ströme, Eisenbahnbau). THOREAU steht für
den Ansatz des “Learning by Doing“2, des konsequenten Sich-Annäherns
an Natur durch unmittelbare Naturerfahrung – wenngleich er selbst sich
der Natur in seiner Hütte am Walden-See nur wenige Monate ausgesetzt hat.
Henry David Thoreau
Weit umfangreicher waren die Naturerfahrungen des Wahl-Kaliforniers
JOHN MUIR (1838-1914). Er war ein Zeitgenosse von ERNST RUDORFF und
gilt als Begründer des Naturschutzes in den USA (Gründung des Sierra
Club, Initiierung des Yosemite National Park). Als persönlicher Freund des
Präsidenten THEODORE ROOSEVELT trieb er die Nationalparkidee voran.
1871 schrieb JOHN MUIR im Yosemite-Tal in sein Notizbuch:
I’ll interpret the rocks,
learn the language of flood, storm and the avalanche.
I’ll acquaint myself with the glaciers and wild gardens
and get as near to the heart of the world as I can.3
John Muir
1
s. geschichte.ppt auf der CD und Kurshandbuch Text 1
„Lernen durch Tun“
3
„Ich übersetze die Felsen, erlerne die Sprache der Flut des Sturms und der Lawinen. Ich mache mich mit den
Gletschern und wilden Gärten vertraut und komme dem Herzen der Welt so nah wie ich nur kann.“
2
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Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation
Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004
Wie in der deutschen Sprache, so hat der Begriff Interpretation auch in der
englischen Sprache viele unterschiedliche Bedeutungen. Die vorrangige
Bedeutung ist die der Übersetzung einer Sprache. Bereits CHARLES
DARWIN und MARK TWAIN haben den Begriff vereinzelt im Sinne der
Übersetzung der Sprache der Natur verwendet, nicht aber in einem derart
intensiven Bezug zu ihrer eigenen Persönlichkeit.
Ein jüngerer Freund von JOHN MUIR war ENOS MILLS (1870-1922). Er
stammte aus Kansas, zog aber schon in jungen Jahren in die Rocky
Mountains, wo er seit 1886 in einer Hütte in den Bergen lebte. MILLS gilt
als Initiator des Rocky Mountain National Park. Er lebte davon, BesucherInnen durch das Gebiet zu führen und weitete den Interpretationsbegriff
dahingehend aus, dass er von der individuellen Naturbetrachtung zur Naturführung für Dritte überleitete („A nature guide is an interpreter…“).4
Auf diesem Feld erwarb er sich vielfache Verdienste. Er gründete eine
„Trail School“5, bildete zunächst Jungen aus den umliegenden Dörfern und
danach – um 1920(!) - die ersten Frauen zu Nationalpark-Führerinnen aus,
wobei die Zertifizierung von den Hotels in der Nationalparkregion übernommen wurde. Unglücklicherweise griff der US National Park Service
MILLS’ Ideen der Naturführung nicht auf. Dort versuchte man sich dem
Bildungsauftrag der Nationalparke zunächst von der wissenschaftlichen
Seite her zu nähern. So blieb es einem anderen vorbehalten, Interpretation erst 20 Jahre später – als Konzept der Betreuung von BesucherInnen in den
National Park Service einzuführen.
Enos Mills
Dieser andere war der Journalist FREEMAN TILDEN (1883-1980). TILDEN
bereiste die Parke ursprünglich mit dem Auftrag, die Arbeit des National
Parkn Service zu Werbezwecken zu dokumentieren. Aufgrund seiner berechtigten Kritik an dieser Arbeit (die zunächst Park Naturalist Service und
seit 1940 offiziell Interpretation genannt wurde) wurde er jedoch in den
vierziger Jahren des 20. Jh. mit der Erarbeitung eines neuen Konzepts
betraut. Das Ergebnis war sein 1957 erschienenes Buch „Interpreting Our
Heritage“. Heritage Interpretation6 definierte TILDEN darin als
… an educational activity which aims to reveal meanings and relationships
through the use of original objects, by firsthand experience, and by illustrative media, rather than simply to communicate factual information.7
Freeman Tilden
Den Kern seiner Überlegungen bildeten die sechs Prinzipien der Interpretation8:
1. Interpretation bleibt fruchtlos, wenn sie das, was präsentiert werden
soll, nicht mit der Persönlichkeit oder den Erfahrungen des Besuchers
in Beziehung setzt.
4
„Ein Naturführer ist ein Übersetzer…“
Schule am Wegesrand
6
wörtlich: Übersetzung unseres Natur- und Kulturerbes
7
…ein Bildungsprozess, der - statt nur Faktenwissen weiterzugeben – das Enthüllen von Bedeutungen und Zusammenhängen unter Nutzung originaler Objekte, durch Erfahrungen aus erster Hand und mit veranschaulichenden Mitteln bezweckt.
8
Originalfassung s. Anlage II
5
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2. Interpretation und Information sind nicht das gleiche. Interpretation ist
eine Form der Ent-deckung, die allerdings immer auf Fakten beruht.
3. Interpretation ist eine Kunst, die verschiedene Fertigkeiten voraussetzt
- ganz gleich, ob es um naturwissenschaftliche, historische oder andere
Themen geht.
4. Interpretation möchte den Besucher zu eigenem Denken und Handeln
herausfordern; es geht nicht darum, ihn zu belehren.
5. Interpretation vermittelt Ganzheiten, nicht Teile. Interpretation nimmt
den Besucher dementsprechend auch als ganzen Menschen wahr.
6. Interpretation für Kinder bis zu einem Alter von etwa zwölf Jahren ist
nicht nur eine Abwandlung der Angebote für Erwachsene. Sie folgt
einem grundlegend anderen Ansatz und erfordert ein eigenes Programm
Interpretation war von Anfang an kein wertneutrales Konzept. Es ging
vielmehr darum, enge Bezüge zwischen den Menschen und ihrer Natur
bzw. Kultur herzustellen, und sie so zum Handeln für den Erhalt ihres
Natur- und Kulturerbes anzuregen.
Auf der Grundlage der sechs Prinzipien der Interpretation baute der National Park Service sein Interpretationsangebot konsequent aus. Zu Interpretationsgängen und –pfaden traten bald auch Bildungsprogramme für Kinder und Jugendliche, Living-History9-Veranstaltungen, Lagerfeuerprogramme und Vorträge in Amphitheatern, wie sie in fast allen Schutzgebieten errichtet wurden sowie vielfältige Sonderveranstaltungen (z. B.
Nachtaktivitäten oder Interpretationstauchgänge).
1963 wurde in West Virginia das Mather Training Center eröffnet, dessen
Aufgabe die Aus- und Fortbildung der Interpretive Ranger in den Parken
ist, 1970 kam das benachbarte Harpers Ferry Center hinzu, das bundesweit
Broschüren und Tafeln nach dem einheitlichen Unigrid-System herstellt.
Wer heute im National Park Service Interpretive Ranger werden möchte,
der muss eine ganze Reihe von Voraussetzungen erfüllen. An erster Stelle
steht die innere Einstellung zu dieser Tätigkeit, zum anvertrauten Gebiet
und zu den BesucherInnen. Darauf aufbauend werden die einzelnen Vergütungsstufen unmittelbar über die auf diesen Stufen zu erbringenden Leistungen definiert. Theoretisch sind die Stufen für alle BewerberInnen nach
oben wie nach unten durchlässig.
Unter Kindern und Jugendlichen ist Ranger der zweit beliebteste Beruf in
den USA. Obwohl die Vergütung nicht sehr hoch ist, ist der Andrang groß.
Viele Ranger starten als Freiwillige oder arbeiten saisonal, wobei sie zumeist kostenfrei in den Schutzgebieten untergebracht werden. Auf der anderen Seite gibt es aber auch hoch qualifizierte Kräfte (etwa Professoren),
die in der Saison als einfache Ranger in einem Schutzgebiet arbeiten.
Obwohl der National Park Service wesentlich zur Entwicklung des Konzepts der Natur- und Kulturinterpretation beigetragen hat, ist sein Einsatz
in den USA keinesfalls auf diese Behörde beschränkt geblieben. Der US
9
Ranger im US National Park Service
Lebendige Geschichte
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Forest Service des Bundesforstministeriums, Der Fish and Wildlife Service
und das Bureau of Land Management, das Ruderalflächen verwaltet sowie
– auf Länderebene – zahlreiche State und City Parks, verfügen ebenfalls
über eigene Abteilungen für Interpretation. Interpretation ist als besucherInnenorientiertes Kommunikationskonzept darüber hinaus in Zoos, Museen und Botanischen Gärten verbreitet.
Außerhalb der USA mit ca. 5000 BerufsinterpretInnen sind die meisten InterpretInnen in Kanada (ca. 1000), Australien (ca. 500) und Großbritannien
(ca. 300) beschäftigt. In Lateinamerika und in einigen asiatischen Ländern
erfreut sich das Konzept wachsender Beliebtheit, in Europa wurde im Jahr
2000 das Europäische Netzwerk für Natur- und Kulturinterpretation ins
Leben gerufen.
Interpretation im Internet
in Deutschland:
Bildungswerk interpretation:
www.interp.de
Zentrum für Landschaftsinterpretation und Tourismus:
www.zelt-goettingen.de
Projekt TransInterpret:
www.transinterpret.de
weltweit:
Europäisches Netzwerk fü
Natur- und Kulturinterpretation
www.interpret-europe.net
Association for Heritage
Interpretation (UK):
www.heritageinterpretation.org.uk
Auswertung der PowerPoint-Präsentation
Scottish Interpret. Network:
www.scotinterpnet.org.uk
Die Präsentation wird von den TeilnehmerInnen i. a. sehr positiv
aufgenommen, ruft vereinzelt aber auch Kritik hervor. An die Frage, ob
man in Deutschland auf diesem Feld eigentlich nichts zu bieten hätte,
schließt sich die Bemerkung an, es hätte gar keinen Sinn, sich die die weit
reichenden Fertigkeiten eines Interpretationsrangers anzueignen, weil sie
vor dem Hintergrund der Situation in den Schutzgebieten ohnehin nie zur
Anwendung kommen könnten. Diese Kritik führt außer Plan zu einer längeren Aussprache zur Situation der Ranger in den Schutzgebieten.
National Association for
Interpretation (USA):
www.interpnet.com
Interpretation Canada:
www.interpcan.ca
Interpretation Australia Association:
www.interpretationaustralia.asn.au
Der Vortrag „Wie funktioniert Interpretation?“ wird aus diesem Grund auf
den 2. Kurstag vertagt.
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2. Kurstag: Dienstag, der 20. Januar 2004
Die Präsentation „Wie funktioniert Interpretation“, die am Vortag nicht
mehr gezeigt werden konnte, wird auf den späteren Vormittag verschoben,
stattdessen werden zunächst einige praktische
Vorübungen
eingeschoben, deren Ziel es ist, wesentliche Aussagen einzelner Naturphänomene herauszuarbeiten. Dabei handelt es sich zum einen um die Vertiefung der Beziehung der InterpretInnen zu den Phänomenen, zum anderen
um Übungen zur Vorbereitung von Leitideen, einem für die Natur- und
Kulturinterpretation kennzeichnenden Attribut. Beide Übungen finden in
einem durch einen hohen Altholzanteil gekennzeichneten Waldstück statt.
Alle TeilnehmerInnen erhalten für die erste Übung eine Postkarte und
einen Bilderrahmen und werden aufgefordert
Ö sich im Umfeld, ein attraktives Phänomen zu suchen
Ö sich innerhalb von zehn Minuten damit vertraut zu machen
Ö das Besondere an diesem Phänomen mit Pastellkreiden zu skizzieren.
Im Anschluss daran finden sich die TeilnehmerInnen paarweise zusammen. Jeweils einE PartnerIn stellt dem/der anderen sein/ihr Phänomen vor
und erläutert, inwiefern es ihn/sie besonders angesprochen hat. Der/die
ZuhörerIn hat die Aufgabe, den herausgestellten Aspekt in einem knappen
Satz zusammenzufassen. Genauso verfahren die PartnerInnen im
Anschluss daran umgekehrt (2x5 min.).
Schließlich finden sich alle TeilnehmerInnen wieder im großen Kreis ein.
Sie tragen die Bilder ihrer jeweiligen PartnerInnen bei sich und werden
gebeten, sie reihum vorzuzeigen und den dazu herausgearbeiteten Satz zu
präsentieren. Einige dieser von den TeilnehmerInnen erarbeiteten Sätze
sind:
Ö
Ö
Ö
Ö
Ö
Ö
Ö
Ö
Ö
Ö
Ö
Ö
Ö
Hier kommt Bewegung in die Steine (Windwurf, Wurzelteller).
Im Alter wird das Vergängliche deutlich.
Das scheinbar Tote steckt voller Leben.
Obwohl die Birken schneller wachsen, setzen sich die Buchen durch.
Das Vergängliche beeindruckt durch seine Schönheit.
Das alte Fundament wird von Lebendigem ergriffen.
Auch ein alter, kranker Baum kann noch nützlich sein.
Alte Wunden reißen auf.
Wie viel Leben ist wohl an diesem Baum vorübergegangen?
Der lebende Tote: Ein abgestorbener Baum steckt voller Leben.
Die Buchecker ist wie so mancher Mensch: harte Schale, weicher Kern.
Aus einer kleinen Buchecker ist ein großer Baum geworden.
Ich stehe an einem unscheinbaren aber heiligen Ort.
In einer zweiten Übung werden einer alten Eiche bzw. ihren
BewohnerInnen Ich-Botschaften angeheftet. Was könnte die Eiche / ihre
Bestandteile / ihre BewohnerInnen sagen, wenn sie reden könnten?
Folgende Botschaften werden zusammengetragen:
Ö Ich habe ein dickes Fell.
14
Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation
Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004
Ö
Ö
Ö
Ö
Ö
Ö
Ö
Ö
Ö
Ö
Ö
Ö
Ö
Ö
Ö
Ö
Ö
Ö
Ö
Bei der Kälte hätte ich gern meine komplette Rinde wieder.
Ich bin stark verwurzelt!!!
Ich bin zufrieden.
Ich zerstöre im Verborgenen. Der Pilz.
Ich, der kleine Wurm - was für ein Traum - lebe hier in diesem Baum.
Meine Rinde ist alt und rissig – aber ich biete Schutz für alle.
Ich bin eine Eiche.
Ich, der Wurm, muss nicht in die Kälte – ha, ha, ha…!
Ich hab’ mich schon mit Honecker unterhalten.
Ich bin Teil einer Nahrungskette
Ich bin ein nächtlicher Ruheplatz für Vögel.
Ich, die Knospe, warte auf den Frühling.
Ich, das kleine Mausohr, nutze diese Baumhöhle als Sommerwohnung.
Ich lebe und wohne von und an diesem Baum.
Als Rinde versuche ich, meinen Baum zu schützen.
Ich wäre gern noch vollständig. Die Borke
An der Nordwestseite fühle ich mich wohl!
Hier wohnen Pit Pilz und Agathe Alge – und wer bist Du?
Werde ich jemals wieder das Licht sehen? Der überwallte Stein
In der Auswertung werden zum einen die Botschaften ermittelt, die am
ehesten dazu geeignet sind, zu prägnanten Leitideen weiterentwickelt zu
werden. Zum anderen wird über die Bedeutung und die Problematik der
Beseelung von Natur gesprochen.
Wichtig ist: Die Botschaften der Phänomene bleiben die Botschaften, die
die InterpretInnen (bzw. die BesucherInnen) aus den Phänomenen heraushören.
Wie funktioniert Interpretation?
Nach diesen Vorübungen wird die Präsentation vom Vortag nachgeholt,
die allerdings nicht wie vorgesehen als PowerPoint-Präsentation10 dargeboten, sondern – auf den Erfahrungen aus den Vorübungen aufbauend - an
der Pinwand entwickelt wird.
Das wichtigste Modell der Natur- und Kulturinterpretation ist das Interpretationsdreieck11. Seine Eckpunkte sind
ƒ
ƒ
ƒ
das Phänomen
der/die BesucherIn
der InterpretIn.
Innerhalb dieser Eckpunkte entfaltet sich der Prozess der Interpretation.
Welche Bedeutung kommt dabei den einzelnen Eckpunkten zu?
Das Phänomen
Ohne das unmittelbare Vorhandensein eines Phänomens12 ist Interpretation
nicht denkbar. Das muss gerade für viele im Naturschutz Engagierte banal
klingen: Wenn wir bei einer Führung einen Reiher am Nest „entdecken“,
Das Interpretationsdreieck
10
s. konzept.ppt auf der CD
s. Kurshandbuch Text 12
12
s. Kurshandbuch Text 13
11
15
Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation
Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004
dann ist das Phänomen selbstverständlich „unmittelbar vorhanden“. Dieses Vorteils müssen wir uns aber erst einmal bewusst sein.
An den meisten Orten, an denen Bildung angestrebt wird – v. a. an unseren
Schulen und Hochschulen – ist nämlich der Gegenstand, um den es eigentlich geht, mehr und mehr verdrängt worden. Hier herrschen Objektivierung
und Abstraktion vor, wie MARTIN WAGENSCHEIN in seinem leidenschaftlichen Aufsatz „Rettet die Phänomene!“ (WAGENSCHEIN, 1976)13 dargelegt
hat.
Man suche nur nichts
hinter den Phänomenen,
sie selbst sind die Lehre.
Goethe
Natürlich bietet Abstraktion v. a. der wissenschaftlichen Arbeit unbestreitbare Vorteile. Etwa wenn es um Denkmodelle geht, die auf andere Situationen übertragbar sein sollen; oder eben dann, wenn eine Begegnung mit
den Phänomenen – man denke an den Schulunterricht - aus technischen
oder organisatorischen Gründen nicht in Frage kommt.
Vor diesem Problem stehen wir in der Natur- und Kulturinterpretation
indes nicht. Es geht nicht um exakte Forschung. Es geht auch nicht darum,
lediglich Faktenwissen über einen Gegenstand weiterzugeben oder einen
Lehrplan abzuarbeiten. Interpretation möchte mehr als nur informieren; sie
möchte ein Stück weit faszinieren.
Und dazu brauchen wir die unmittelbare Begegnung mit dem Phänomen.
Sie ist unser erstes As im Spiel.
Aber wie spielen wir es so aus, dass es bei den BesucherInnen eine möglichst tiefe Wirkung hinterlässt? Welche unserer Fakten sind für den/die
BesucherIn in seiner/ihrer Lebenswelt wirklich bedeutungsvoll? Welche
faszinieren ihn/sie?
Wenn ökologische Fakten allgemein bleiben, bringen sie den BesucherInnen den Vogel, der da plötzlich vor ihnen aufsteigt, den alten Baum, der da
am Wegrand steht, kaum näher. Im Gegenteil: Der überraschende Moment,
in dem sich der/die BesucherIn dem Phänomen öffnet, wird durch sachliche Informationen auf eine eher nüchterne Grundlage gestellt. Der/die
BesucherIn wird gewissermaßen „auf den Boden der Tatsachen“ zurückgeholt. Das Phänomen hilft uns dann zwar, eine Reihe von Informationen
loszuwerden. Aber damit sind der Erfahrungswert und die
Erkenntnismöglichkeiten, die es für den/die BesucherIn birgt, ja noch
lange nicht erschöpft.
Gleiches trifft auf eine Lehrpfadtafel, etwa mit dem beziehungsreichen
Titel „Die Birke“ zu - und mit einem Text, wie er in jedem Naturführer
stehen könnte. Eine solche Tafel ist vergleichsweise preisgünstig, weil sie
von Schleswig-Holstein bis Bayern stimmig ist und so in einer hohen
Auflage produziert werden kann. Dieser Vorteil ist aber zugleich ihr
größter Nachteil. Allgemeine Informationen gehen selten unter die Haut,
da sie weder auf die Situation der einen Birke an diesem konkreten Ort,
noch auf die Situation der BesucherInnen Bezug nehmen können.
Wie aber ließe sich die Birke solcherart fassen?
13
vollständiges Zitat s. Literaturliste Kurshandbuch
16
Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation
Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004
Wenn wir etwa einen Tafeltext erarbeiten, wäre die Frage zunächst, welche Botschaften unsere Birke aussendet. WILLFRIED
JANSSEN und GERHARD TROMMER haben hierzu unterschiedliche
Interpretationsfelder definiert; verschiedene Blickwinkel gewissermaßen, aus denen heraus wir unseren Baum betrachten
können (JANSSEN, 1990 und TROMMER, 1991) 14.
Zudem ist der Baum ja nicht nur in naturkundliche Zusammenhänge eingebunden. Für uns – und für die BesucherInnen - hat er
auf der ästhetischen oder symbolischen Ebene oft eine viel
tiefere Bedeutung.
All dies sollten wir im Hinterkopf haben, wenn wir dem Baum
gegenüberstehen, um seine Botschaften zu fassen.
Welche dieser Botschaften
werden der Birke an ihrem Standort am ehesten gerecht?
Ö sind für die BesucherInnen in ihrer Lebenswelt bedeutungsvoll?
Ö sind uns selbst – bzw. unserer Einrichtung – wichtig?
Ö
Interpretationsfelder
1. Weite und Begrenztheit von Räumen
(topographische Dimension)
2. Eigenschaften und Kräfte des Wassers
(hydrographische Dimension)
3. Beschaffenheit von Untergründen
(geomorphologische Dimension)
4. Lebensformen und ihre Vielfalt
(biologische Dimension)
5. Standorte, Anpassungen und Wechselwirkungen
(ökologische Dimension)
6. Nutzungen und Belastungen durch den Menschen
(anthropogene Dimension)
7. Rhythmen und zeitliche Entwicklungen
(chronologische Dimension)
8. Licht und Dunkel, Wärme und Kälte, Wind
(klimatische Dimension)
Prägung aller Felder durch Aspekte des Naturschönen
(ästhetische Dimension)
nach JANSSEN (1990) und TROMMER (1991)
Natur- und Kulturinterpretation geht also bewusst hinaus über den Bereich
der vermeintlich objektiven Fakten und der Kenntnisse über einen Gegenstand. Sie überwindet die wissenschaftliche Distanz und bezieht den Bereich der subjektiven Werte und Einstellungen mit ein, die sowohl unsere
BesucherInnen als auch wir selbst mit den Phänomenen verbinden.
Denn weil der Baum nicht wirklich zu uns spricht, können die
„Botschaften des Baumes“ nur das wiedergeben, was wir selbst – bewusst
oder unbewusst - wahrnehmen.
Der/die BesucherIn
Bei allen personalen Methoden der Natur- und Kulturinterpretation, bei denen wir dem/der BesucherIn von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen,
haben wir in diesem Zusammenhang ein zweites As in der Hand: die Möglichkeit zum aktiven Dialog.15
Auch dass sich dieser Dialog entfaltet, ist nicht unbedingt selbstverständlich. Noch immer bedeutet „Führung“ oft, dass dem/der BesucherIn in relativ kurzer Zeit möglichst viele Informationen übermittelt werden. Der/die
BesucherIn dient v. a. als EmpfängerIn, der/die durch die Teilnahme an der
Führung Empfangsbereitschaft signalisiert hat. Was er/sie mit den neuen
Informationen anfängt, bleibt ihm/ihr allein überlassen.
Auf Fachexkursionen mag dieses Denkmodell greifen. Wenn wir es aber
zu unkritisch auf Menschen im Freizeitbereich übertragen, laufen wir gerade im Naturschutz Gefahr, all jene nicht mehr zu erreichen, die „nur“ zu
ihrem Vergnügen in die Natur gehen und nicht, um fachwissenschaftlich
informiert oder gar belehrt zu werden. Auch solche Menschen haben aber
einen Einfluss auf unseren Naturhaushalt und müssen für die Idee der
Bewahrung unseres Naturerbes gewonnen werden. Unsere Aufgabe muss
es sein, gerade ihnen die Wege dorthin zu erschließen.
14
15
vollständige Zitate s. Literaturliste Kurshandbuch
s. Kurshandbuch Text 14
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Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation
Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004
Interpretation bedeutet, Brücken zu bauen zwischen den BesucherInnen
und den Phänomenen.
Um Natur für die BesucherInnen übersetzen zu können, müssen wir also
nicht nur die Sprache der Phänomene sprechen. Auch die Sprache der BesucherInnen muss uns vertraut sein. Das wirkt sich auf den Verlauf der Interpretation aus. Die Botschaften der Phänomene sind uns schon im
Vorfeld bewusst. Die Sprache der BesucherInnen lässt sich aber oft erst im
Verlauf der Interpretation ergründen.
Was wird der Anblick unserer Birke bei unseren BesucherInnen auslösen?
Welche Zusammenhänge ergeben sich? Verbinden sie den Baum mit
einem schönen Urlaubserlebnis – oder mit der Nachkriegszeit, als Birken
für manche Menschen eine Grundlage ihrer Ernährung waren? Freuen sie
sich an dem lichten Laub, oder erwarten sie mit Grausen den Samenflug,
der ihnen Jahr für Jahr ihr Auto verdreckt?
Herauszubekommen, was die BesucherInnen mit unserem Phänomen verbinden bedeutet, dass wir an ihre Erfahrungen anknüpfen, Störungen frühzeitig wahrnehmen und unsere Botschaften so besser positionieren können.
Dazu müssen wir zunächst einmal Informationen bei den BesucherInnen
einholen. Neben dem informellen Gespräch sind offene Fragen eine wichtige Möglichkeit, um
Ö
Ö
Ö
etwas über Kenntnisse, Werte und Einstellungen zu erfahren
BesucherInnen mit dem Phänomen in einen aktiven Kontakt zu bringen
Informationen selbst erarbeiten und damit besser behalten zu lassen.
Eine geschlossene Frage hat nur eine richtige Antwort, die wir als
InterpretInnen bereits kennen. Wir stellen die Frage, um genau diese
Antwort zu bekommen. Zum Beispiel:
„Wie heißt dieser Baum?“ –
„Das ist eine Birke.“
Offene Frage lassen dagegen grundsätzlich mehrere Antworten zu. Sie
eröffnen die intensive Begegnung mit dem Phänomen und bereiten damit
den Grund für unsere Botschaften.
Mit offenen Fragen zu arbeiten heißt aber auch, offen dafür zu sein, dass
unsere Interpretation einen anderen Verlauf nehmen kann, als wir das in
unserer Planung angenommen haben.
Wir unterscheiden drei Arten von offenen Fragen:
Fokusfragen
Prozessfragen
Ö Meinungsfragen
Ö
Ö
Den Fokusfragen, die die BesucherInnen über verschiedene Sinne in Kontakt mit dem Phänomen bringen, kommt dabei die größte Bedeutung zu.
Neben der intensiveren Auseinandersetzung der BesucherInnen mit dem
Phänomen machen uns offene Fragen mit den Sichtweisen unserer BesucherInnen vertraut und erlauben uns, ihnen über bestimmte Trittsteine gezielt Zugang zu unseren Botschaften zu verschaffen.
Fragen in der Interpretation
Fokusfragen
bringen Besucher und Phänomen
in Kontakt
Ö Wie fühlt sich das Holz hinter
der Borke an?
Prozessfragen
regen Mutmaßungen über
Entwicklungen an
Ö Was ändert sich hier, wenn der
Baum stirbt?
Meinungsfragen
fragen persönliche Meinungen ab
Ö Sollte der Mensch an
dieser Stelle eingreifen?
18
Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation
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Gute Trittsteine sind bspw.
Ö
Ö
Ö
Ö
Ö
Ö
Beispiele
Vergleiche
Metaphern
Zitate
Erlebnisberichte
Bezüge zu Zeit und Ort
Trittsteine müssen passen. Ein Zitat hat nur dann eine positive Wirkung,
wenn sich die BesucherInnen mit der Persönlichkeit, die da zitiert wird, in
irgendeiner Form identifizieren können. Lehnen sie diese Persönlichkeit
ab, dann werden sie wahrscheinlich auch das nicht positiv aufnehmen, was
diese Persönlichkeit einmal gesagt hat.
Wenn wir nichts über unsere BesucherInnen wissen, können wir auch unsere Trittsteine nicht zielgerecht platzieren.
Und umgekehrt: Wenn die BesucherInnen spüren, dass es in unserer Interpretation auch um sie selbst geht, dann sind sie uns und unserem Anliegen
gegenüber deutlich aufgeschlossener.
Die Einbeziehung der BesucherInnen erfolgt oft in einem Dreischritt, indem den BesucherInnen nach einer Herausforderung (Provoke) der Bezug
des Gesagten zu ihrer Lebenswelt verdeutlicht (Relate) und schließlich eine überraschende Erkenntnis enthüllt wird (Reveal).
Interpretation spielt sich aber nicht nur im Gespräch ab. Es ist bekannt,
dass Menschen Inhalte umso eher verinnerlichen, je aktiver sie sich diese
Inhalte erschlossen haben. Über sprachliche Möglichkeiten hinaus gibt es
drei verschiedene Stufen, auf denen wir unsere BesucherInnen aktiv einbeziehen können.
Auf der ersten Stufe der aktiven Einbeziehung befinden wir uns, wenn wir
etwas vorführen und die BesucherInnen dabei um Hilfe bitten („Könnten
Sie bitte einmal diesen Ast halten?“).
Auf der zweiten Stufe bekommen die BesucherInnen „Aufträge“ (z. B.
Wahrnehmungsaufträge), die die Gruppe gemeinsam auswertet. („Treten
Sie näher. – Wie fühlt sich die Unterseite dieses Blattes an?“) Diese Aufträge beziehen den konkreten Naturraum und möglichst viele Sinne mit
ein.
Dabei wird ein Engagement für die BesucherInnen attraktiver durch:
Ö
Ö
Ö
Ö
Provoke – Relate - Reveal
Fordere Deine Besucher heraus!
Ð
Stelle Beziehungen zu ihnen her!
Ð
Enthülle dann Dein Geheimnis!
nach VEVERKA (1994)
die Herausforderung, etwas zu finden
die Aussicht, etwas enthüllen zu können
die Möglichkeit, anderen zu helfen
die Ergänzung von etwas Unvollständigem.
Auf der dritten Stufe der aktiven Einbeziehung setzen die BesucherInnen
schließlich die Impulse der Interpretation und ihre eigenen Erfahrungen
mit den Phänomenen miteinander in Beziehung („Wählen Sie die Gegenstände aus, zu denen Sie einen besonders engen Bezug haben“).
Es wird deutlich, dass unser Auftrag hier längst nicht mehr nur darin
besteht, einen Vortrag zu halten. Als ModeratorInnen gestalten wir mit un
19
Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation
Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004
serer Interpretation den Rahmen, der unsere BesucherInnen zur aktiven
Teilnahme animiert. Sehr gut lässt sich das bei den personalen Methoden
zeigen.
Grundsätzlich sind das Phänomen, der/die BesucherIn und der/die InterpretIn im Interpretationsprozess immer so angeordnet, dass das Interpretationsdreieck im Gelände erhalten bleibt. Der/die InterpretIn darf dem/der
BesucherIn den Blick auf das Phänomen nicht verstellen.
In der Reflexionsphase haben wir aber mindestens sieben weitere Möglichkeiten, unsere Gruppe zu formieren. Und jede dieser Formationen zieht eine andere Art der Einbeziehung nach sich.
Formationswechsel
1. Didaktische Formation
Der/die Interpret steht den BesucherInnen frontal gegenüber: die klassische Form
2. Tutoriale Formation
Der/die InterpretIn unterstützt die Arbeit der Gruppe an einem Thema.
3. Einzelaufgabenformation
Der/die InterpretIn bietet Aufgaben an, die einzelne BesucherInnen
bearbeiten.
4. Kleingruppenformation
dto. - die Aufgabenlösung erarbeiten aber mehrere BesucherInnen gemeinsam.
5. Konferenzformation
Die BesucherInnen tragen Eindrücke zusammen, der/die InterpretIn
bleibt im Hintergrund.
6. Besprechungsformation
Der/die InterpretIn übernimmt als ModeratorIn eine aktive Rolle im
Gruppenprozess.
7. Sokratische Formation
Führen durch Fragen; die anspruchsvollere Form des Lehrgesprächs
Die Formationswechsel sollten sich möglichst fließend aus dem Ablauf
heraus ergeben. Sie lassen sich unter Berücksichtigung der räumlichen
Gegebenheiten oft elegant anbahnen; je nachdem, wo wir selbst stehen, wo
die Gruppe zum Stehen kommt, oder wohin wir die Aufmerksamkeit unserer BesucherInnen lenken.
Besonders beliebte Hilfsmittel hierzu sind Markierungen oder Rahmungen
(wie Bänder oder Fähnchen, Ferngläser, Lupen, Blickrohre, Bilderrahmen,
helle Tücher als Unterlagen,...).16
Formationen sollten nur in Ausnahmefällen angeordnet werden (z. B. „Bilden wir einen Kreis!“) Es geht nicht darum, die BesucherInnen am Gängelband zu führen.
16
s. Kurshandbuch Text 17
20
Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation
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Planung bedeutet in der Interpretation auch, offene Lernsituationen anzubahnen.
Im Gruppenkonzept der Themenzentrierten Interaktion (TZI) gibt es das
Postulat: „Störungen haben Vorrang“ (COHN/TERFURTH, 1993)17. Unvorhergesehene Zwischenfälle als Chance für besonders intensive Lernerfahrungen begreifen zu können, ist eine wichtige Voraussetzung für eine gute
Interpretation.
Der/die InterpretIn
Mit der Frage, welche Bedeutung wir selbst für den Prozess der Interpretation haben, sind wir beim letzten Eckpunkt unseres Interpretationsdreiecks
angelangt. Unser drittes As sind wir selbst - als InterpretInnen und als
StellvertreterInnen unserer Einrichtung.18
Auch zwischen uns und den BesucherInnen gibt es Trittsteine:
Ö
Ö
Ö
Ö
Ö
Ö
Ö
Ö
humorvolles Auftreten
Offenheit
Verständlichkeit
Blickkontakt
ähnliche Interessen
ähnliche Auffassungen
gemeinsame Erlebnisse
gute Körpersprache
gehören dazu. Und auch diese Trittsteine kommen vor allem in der personalen Interpretation zum Tragen.
Dinge, die BesucherInnen für uns aufbewahren, Dinge, die wir an BesucherInnen verteilen oder von ihnen einsammeln, Dinge die uns mit
BesucherInnen verbinden (wie z. B. Schnüre) – all das können Brücken
sein, um Distanz zu überwinden.
Den Umgang mit Sprache, Formationen, Trittsteinen und Hilfsmitteln können wir in einem Interpretationstraining üben. Für den Prozess entscheidend ist aber, ob wir in dem, was wir tun, aus Sicht der BesucherInnen
authentisch sind. Deshalb ermutigt Interpretation auch dazu, geeignete
Steckenpferde in den Dienst der Sache zu stellen. Humor und Selbstvertrauen sind für InterpretInnen wichtige Eigenschaften. Die eigene Begeisterung für alle drei Eckpunkte des Interpretationsdreiecks ist aber der
eigentliche Schlüssel zum Erfolg. – Der Dichter NOVALIS sei hier zitiert,
der das Eintauchen-Wollen in das Naturphänomen, den Wunsch, sich
seiner Sache „mit Andacht und Glauben“ zu widmen zum Dreh- und Angelpunkt des Berufsbildes seines Naturkündigers macht.
Gute Interpretation
ƒ ist unterhaltsam.
ƒ ist für Besucher bedeutsam.
- Sie spricht persönlich an.
- Sie bezieht Besucher ein.
ƒ ist klar strukturiert.
ƒ ist an Leitideen orientiert.
nach HAM (1992)
Es ist klar, dass eine Person, die die eigene Begeisterung auf andere
überspringen lassen möchte, nicht austauschbar ist. Menschen begeistern
Menschen. Und wenn wir uns darum bemühen würden, Informationen ausschließlich objektiv zu vermitteln, würden wir dieses As aus der Hand
geben.
17
18
vollständiges Zitat s. Literaturliste Kurshandbuch
s. Kurshandbuch Text 15
21
Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation
Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004
Spätestens hier wird auch deutlich: Neue Medien spielen in der Natur- und
Kulturinterpretation eine eher untergeordnete Rolle.
BesucherInneninformationssysteme können die originale Begegnung mit
dem Phänomen nicht ersetzen, und Computerprogramme werden die Qualität eines persönlichen Dialogs mit dem/der BesucherIn nie erreichen, weil
diese Qualität auf einer ganz anderen Ebene liegt.
Informationen zentral erfassen, aktualisieren und an viele Bildschirme wieterleiten zu können, darin liegt ein unbestreitbarer Vorteil der neuen Medien. Das Internet erleichtert den InterpretInnen darüber hinaus die Recherche. Printmedien können – bei entsprechender Ausstattung - innerhalb
weniger Stunden erarbeitet, mit aktuellen Fotos versehen, layoutet und gedruckt werden, ohne dass noch der zeitraubende Weg über Fotolabore,
Setzereien oder Druckereien beschritten werden müsste. Dass interaktive
Computerprogramme auch nur in die Nähe dessen kommen, was zwischenmenschliche Kommunikation ausmacht, bleibt aber eine Illusion. Auf
dem Weg dorthin übersteigt nicht nur der materielle, sondern auch der arbeitstechnische Aufwand sehr bald den Nutzen. Es ist in diesem Zusammenhang interessant zu lesen, was FREEMAN TILDEN bereits in den
fünfziger Jahren zum Thema „Gadgetry“ (technische Spielereien) geäußert
hat (vgl. TILDEN, 1957).19
Aus Sicht der Interpretation ist nichts gewonnen und einiges verloren,
wenn Arbeitsplätze, die einmal vom menschlichen Austausch geprägt waren, zu Bildschirmarbeitsplätzen werden, und wenn an die Stelle der unmittelbaren Begegnung der BesucherInnen mit dem Phänomen die Beschäftigung mit Computeranimationen tritt.
Die Leitidee
Wenn es der Natur- und Kulturinterpretation nicht um die Informationsmenge geht, so geht es ihr doch darum, bestimmte Informationen gezielt
auszuwählen und möglichst eindrucksvoll zu präsentieren. Natur- und
Kulturinterpretation dient immer auch der Werbung für unser Natur- und
Kulturerbe. Hierzu haben wir nun - über die drei Eckpunkte des Interpretationsdreiecks hinaus - noch das vierte As in der Hand: die Leitidee.
Erst eine zugkräftige Leitidee macht das Phänomen zum Interpretationsgegenstand.
Was aber zeichnet eine Leitidee aus?
Die Leitidee ist so etwas wie die Zauberformel der Interpretation. Sie legt
nicht nur das Ziel fest, sie ist auch unser persönlicher Leitstern - und eine
Art Glaubenssatz.
Wie finden wir unsere Leitidee?
Jedes Phänomen sendet - darauf haben wir schon hingewiesen - eine
Vielzahl von Botschaften aus. Manche dieser Botschaften wirken zunächst
banal; andere gehen aber offensichtlich unter die Haut. Sie enthalten Zündstoff, irritieren oder machen neugierig. Solche Botschaften lassen sich zu
Leitideen weiterentwickeln.
19
vollständiges Zitat s. Literaturliste Kurshandbuch
22
Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation
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Ein Beispiel:
Der Lilienstein ist als Tafelberg das Wahrzeichen des Nationalparks Sächsische Schweiz. Als wir sein Plateau als Interpretationsraum gestaltet haben, haben wir etwa 20 Botschaften zusammengetragen, von denen hier
sechs aufgeführt sind:
a) Im Tal liegen Nutzflächen, ich trage Heidevegetation.
b) Ich bin ein Stück Natur in einer Kulturlandschaft.
c) Wind und Wetter arbeiten an meinen Flanken.
d) Ich biete einen Blick über die Sächsische Schweiz.
e) Ich bin stehen gebliebenes Sedimentgestein.
f) Die Elbe, die mich südlich umströmt, floss einst auf meiner Nordseite.
Mit diesen sechs Botschaften im Blick haben wir unsere Haupt-Leitidee
formuliert:
Der Lilienstein ist eine Insel.
Diese Haupt-Leitidee gibt den genannten Botschaften z. T. eine neue
Bedeutung. In der Folge haben wir drei von ihnen zu nachgeordneten Leitideen umformuliert, die der Haupt-Leitidee zuarbeiten.
Beispiel für a):
Wir sind von einer typischen Inselvegetation umgeben.
Diese Leitidee, die am Beispiel eines repräsentativen Phänomens erläutert
wird, ist durch zwei bis drei fachliche Aussagen aus der Ökologie gestützt.
Dabei wird angestrebt, dass sich der/die BesucherIn die Aussagen jeweils
selbst erschließt.
Botschaften, die bei der Untersetzung der Haupt-Leitidee keine Verwendung gefunden haben, wandern konsequent ins Archiv.
Leitideen sind wie Leuchttürme, die wir im Verlauf einer Interpretation
ansteuern können. Der Weg, auf dem wir sie erreichen, ist prinzipiell
offen, und eine Trift bedeutet lediglich, dass wir den Kurs korrigieren und
uns unserem Leuchtturm aus einer anderen Richtung nähern müssen.
Wir können für jede Interpretation eine Gedächtnis-Landkarte (Mind Map)
anfertigen (vgl. BUZAN, 1993)20 und wir werden feststellen, dass das Bild
unserer Interpretation für uns umso klarer wird, je prägnanter unsere Leitideen sind.
Formen der Interpretation
Wir unterschieden die personale Interpretation, die der/die InterpretIn persönlich leitet von der medialen Interpretation, bei der im Gelände stellvertretende Hilfsmittel (Tafeln, Aktionselemente) aufgestellt werden. Personale und mediale Interpretation haben jeweils drei aufeinander aufbauende
Formen. Die Tabelle auf der folgenden Seite zeigt, welche Formen das
sind, und was sie jeweils charakterisiert.
Während sich die Kurzinterpretation und das Interpretationselement auf
nur ein Phänomen und nur eine Leitidee beziehen, folgen der Interpretationsgang und der Interpretationspfad einer Themenlinie, die mehrere
20
vollständiges Zitat s. Literaturliste Kurshandbuch
23
Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation
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Phänomene bzw. Leitideen in einer festgelegten
Reihenfolge unter einer Haupt-Leitidee miteinander verbindet. Der Naturraum kann diese lineare Struktur unterstützen (Flusslauf, Schlucht,
Berggrat, Küstensaum).
Auch bei der freien Interpretation und beim Interpretationsraum sind einer Haupt-Leitidee
mehrere Phänomene bzw. Leitideen nachgeordnet. Es sind aber meist mehr Phänomene vorhanden, als tatsächlich angelaufen werden, und
die Reihenfolge innerhalb dieses Themenkreises
ist nicht festgelegt. Geeignete Naturräume für
die freie Interpretation und den Interpretationsraum sind eine Insel, eine Lichtung oder ein
Felsplateau.
Die Formen der Interpretation
Personale Formen
Mediale Formen
Ð
1. Kurzinterpretation
ƒ
ƒ
ƒ
Ð
1. Interpretationselement
ist an einen Ort gebunden
befasst sich mit nur einem Phänomen
hat nur eine Leitidee
Ð
2. Interpretationsgang
ƒ
ƒ
ƒ
Ð
2. Interpretationspfad
verbindet mehrere Phänomene, oft an mehreren Orten
hat neben der Haupt-Leitidee nachgeordnete Leitideen
folgt einer Themenlinie
Ð
3. Freie Interpretation
Ð
3. Interpretationsraum
ƒ hält zahlreiche Phänomene und Leitideen bereit
ƒ überlässt dem Besucher die Auswahl
ƒ entfaltet sich unter einer Haupt-Leitidee im Themenkreis
Die von 1 nach 3 zunehmende Komplexität ermöglicht eine schrittweise Ausbildung als InterpretIn. Wer die Kurzinterpretation (ca. 20 min.)
gut beherrscht, kann mehrere Kurzinterpretationen zu einem
Interpretationsgang (bis zu 2 Stdn.) verbinden. Und wer mehrere
Interpretationsgänge innerhalb eines Gebietes führen kann, sollte sich an
die freie Interpretation heranwagen.
Die Themenlinie
Die Vergütungsgruppen der Interpretationsranger im US National Park
Service, der über ein hervorragendes Ausbildungsprogramm verfügt, sind
an diesen Kriterien ausgerichtet (vgl. NATIONAL PARK SERVICE, 1995).21
Der wesentliche Vorteil, den die personalen gegenüber den medialen Formen der Interpretation bieten, liegt in der Einmaligkeit der jeweiligen Situation und in der Möglichkeit, auf die Art, wie Menschen diese Situation
wahrnehmen, unmittelbar eingehen zu können. Dieser Vorteil ist kaum zu
überschätzen.
Mediale Formen gehen selten „unter die Oberfläche“. Sie sind aber immer
präsent, und ihr Einsatz ist meist kostengünstiger. (Die Annahme, dass sie
deutlich mehr BesucherInnen „erreichen“ ist dagegen nicht in allen Fällen
begründet.)
durchgängige Haupt-Leitidee
Der Themenkreis
Interpretation planen und umsetzen
Interpretation erfordert Planungsschritte auf der strategischen und auf der
praktischen Ebene.
Auf der strategischen Ebene benötigt jede Einrichtung einen Interpretationsplan. Der Plan legt fest
Ö welche Form der Interpretation an welchem Ort und mit welcher Inten-
sität eingesetzt werden soll
Ö welche MitarbeiterInnen wann benötigt werden
Ö welche weiteren Kosten (bspw. für externe Leistungen) zu erwarten
sind.
21
zentrale Haupt-Leitidee
vollständiges Zitat s. Literaturliste Kurshandbuch
24
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Der Interpretationsplan ist auf das Umfeld der Einrichtung abgestimmt und
am Interpretationsdreieck ausgerichtet. Er beruht somit auf
Ö dem Potential der Phänomene im Gelände (praktische Planungsebene)
Ö Beobachtungen zum Besucherspektrum bzw. zum Besucherverhalten
Ö der Philosophie und den Themen der Einrichtung.
Auf der praktischen Ebene setzt die Planung einer Interpretation – auf der
Grundlage einer groben thematischen Vorstellung (etwa: „Wildnis“) – immer bei den Phänomenen an.
Entscheidende Fragen sind:
Ö Wo gibt es beeindruckende Phänomene?
Ö Welche Botschaften gehen von Ihnen aus?
Ö Welche Botschaften sind als Leitideen geeignet?
Dieser erste Planungsabschnitt wird von einer sorgfältigen Recherche begleitet. Anschließend sind folgende Fragen zu klären:
Ö Welche Haupt-Leitidee fasst die ausgewählten Phänomene zusammen?
Ö Welche Aussagen könnten die nachgeordneten Leitideen stützen?
Ö Wie sind diese Aussagen am eindrucksvollsten zu präsentieren?
Für die Vorbereitung einer Kurzinterpretation (ein Phänomen - eine Leitidee) können, je nach Rechercheaufwand, zwei bis drei Arbeitstage eingeplant werden. Die Erarbeitung eines Interpretationselements (Aktionselement mit Tafeltext) beansprucht – von der Auswahl des Phänomens bis
zur Konstruktionszeichnung, etwa eine Woche. Ein Interpretationsgang
kann ohne weiteres eine Vorbereitungszeit von zwei bis drei Wochen in
Anspruch nehmen. Für die umsetzungsreife Planung eines Interpretationspfades über 20 Stationen sind von der Vor- bis zur Ausführungsplanung
mehrere Monate zu veranschlagen.
Obwohl der Zeitbedarf bei all diesen Beispielen eher knapp bemessen ist,
löst er in Deutschland immer wieder Erstaunen aus. Er relativiert sich aber
schnell, wenn man bedenkt, wie viel Zeit etwa die Erstellung und Pflege
einer Internet-Seite oder die Planung einer modernen Ausstellung für ein
Infozentrum in Anspruch nimmt.
Die Präsentation der Phänomene verdient im Gelände die gleiche Aufmerksamkeit wie im geschlossenen Raum.
Erarbeitung von fünf Kurzinterpretationen
Nach der theoretischen Einführung wird mit den praktischen Umsetzungen
begonnen. Im Mittelpunkt steht für diesen Tag die Kurzinterpretation –
also die etwa zehnminütige Interpretation eines Phänomens an einem Ort
unter einer Leitidee. Von fünf Kleingruppen wird – dem Arbeitsblatt
folgend – jeweils eine Kurzinterpretation erarbeitet. Bei der Vorstellung
übernimmt die Kursgruppe die Rolle der BesucherInnen.
Erste Kurzinterpretation
Phänomen:
Leitidee:
„gewöhnliche“, etwa 80jährige Rotbuche
Diese Buche ist hier verwurzelt.
25
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Dramaturgie: Die TeilnehmerInnen werden gebeten, am Wegesrand nach
einer etwa 80-jährigen Buche Ausschau zu halten. Sie sollen
die Borke untersuchen und stellen „Lebensfalten“ („Chinesenbärte“) fest – ein Merkmal ihrer Lebensgeschichte. Die
TeilnehmerInnen werden bei einem Windstoss aufgefordert,
die Bewegung der Buchenkrone mit der der benachbarten
Birkenkrone zu vergleichen. In den Boden hineinschauend
werden die Samen künftiger Buchen an diesem Standort
entdeckt.
Präsentation: Claus Weber
Dauer:
12 min.
Zweite Kurzinterpretation
Phänomen: vom Sturm geworfene Birke bildet neuen Haupttrieb aus
Leitidee:
Diese Birke kann so schnell nichts umwerfen.
Dramaturgie: Die TeilnehmerInnen bekommen eine Einführung zu den
rauen Lebensumständen an der Küste, mit denen hier alle
zurechtkommen müssen. Die Gruppe tritt aus dem Windschutz des Waldes heraus zum Ufer und findet sich dort der
schneidenden Kälte ausgesetzt. Auf eine zerfetzte Eiche
wird hingewiesen, die dem Wind trotzt. Die TeilnehmerInnen werden dann auf die Birke aufmerksam gemacht, die
offenbar einem Sturm weichen musste – bevor sie den
neuen, etwas verdeckten Haupttrieb aufspüren. Mit seiner
Hilfe gelingt es der Birke, einige Meter weiter ins Landesinnere zu „wandern“ und dort neu zu wurzeln.
Präsentation: Henning Möller
Dauer:
9 min.
Dritte Kurzinterpretation
Phänomen: mit dem Hang abgerutschte Bäume stehen nun im Wasser
Leitidee:
Bäume wandern zum Meer
Dramaturgie: Die TeilnehmerInnen werden an einen Steilhang herangeführt und auf die Hangdynamik aufmerksam gemacht. Sie
entdecken die Bäume, und geben ihrer Verwunderung Ausdruck, dass sich diese so dicht am Salzwasser angesiedelt
haben. Sie erfahren, dass diese Bäume auf einer Erdscholle
den Steilhang hinunter ins Wasser gerutscht sind – auf einer
Erdscholle vergleichbar der, auf der die Gruppe selbst steht.
Präsentation: Axel Knoblich
Dauer:
4 min.
Vierte Kurzinterpretation
Phänomen: Schilfgürtel
Leitidee:
Schilf ist doppelter Schutz
Dramaturgie: Die TeilnehmerInnen laufen durch ein Waldstück und sollen
auf ein Wispern lauschen, das Schutz verheißt. Schnell wird
das Schilf erkannt und als nachwachsender Baustoff vorgestellt, der im Winter geerntet wird, wenn das Schilf trocken
26
Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation
Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004
und das Wasser gefroren ist - während das Schilf im Sommer vielen Lebewesen als natürlicher Lebensraum dient.
Präsentation: Anne Spiegel
Dauer:
7 min.
Fünfte Kurzinterpretation
Phänomen: natürliches Waldbild
Leitidee:
Die toten Bäume sind als Brennholz viel zu schade.
Dramaturgie: Die TeilnehmerInnen werden aufgefordert, das sie umgebende Waldbild zu bewerten. Es entsteht eine lebhafte Diskussion über die Funktionen des Waldes. Der vielfältige
Nutzen gerade des Altholzbestandes wird deutlich.
Präsentation: Peter Kreke
Dauer:
7 min.
Nach der Mittagspause werden die fünf Kurzinterpretationen vorgestellt
und gemeinsam ausgewertet. In einigen Fällen ist es sehr gut gelungen,
einen Spannungsbogen zu entwickeln. Das Verhältnis zwischen dem Phänomen, seinen Botschaften, der Leitidee und den sie unterstützenden Aussagen ist verstanden.
Außerplanmäßig wird nach der Kaffeepause die
Besichtigung einer Fotoausstellung
eingeschoben. Volkmar Herre hat mit einer Lochkamera auf Rügen und
auf Vilm Baummotive „ins Licht geführt“. Seine Schwarz-Weiß-Fotographien mit Belichtungszeiten bis zu mehreren Stunden lassen Lichtimpulse
verschmelzen, machen Wesentliches und Veränderliches sichtbar. Die Besichtigung fügt sich im anschließenden Gespräch nahtlos in die eigenen
Betrachtungen der TeilnehmerInnen im Zusammenhang mit der Aufarbeitung der Phänomene am Vormittag ein.
Vor dem Abendessen wird noch gemeinsam über die
Rolle des Interpretationsrangers
nachgedacht. Mit Hilfe eines Arbeitsbogens22 ermitteln die TeilnehmerInnen, welche Eigenschaften ihrer Auffassung nach für diesen Beruf am
wichtigsten sind. Ihre Gesamteinschätzung, die an der Flipchart visualisiert
wird, deckt sich i. w. mit den Einstellungskriterien des US National Park
Service23.
Der Kritik vom Vortag Rechnung tragend („Haben wir nichts der Interpretation Vergleichbares…?“), werden Zitate aus der deutschen Literatur
analysiert, die im Kern das beschreiben, was Interpretation ausmacht.24
Besonders eindrucksvoll ist in diesem Zusammenhang ein bereits
erwähntes Zitat von NOVALIS aus „Die Lehrlinge zu Saïs“, in der der
Naturwissenschaftler und Dichter 1798 die Rolle eines „Naturkündigers“
beschreibt:
22
s. Kurshandbuch Anlage III
s. Kurshandbuch Anlage IVa und IVb
24
s. Kurshandbuch Anlage XIV
23
27
Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation
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Ein Verkündiger der Natur zu sein, ist ein schönes und heiliges Amt...
Nicht der bloße Umfang und Zusammenhang der Kenntnisse, nicht die
Gabe, diese Kenntnisse... an bekannte Begriffe und Erfahrungen anzuknüpfen und die... fremd klingenden Worte mit gewöhnlichen Ausdrücken zu vertauschen, selbst nicht die Geschicklichkeit..., die Naturerscheinungen in... treffend beleuchtete Gemälde zu ordnen, ...alles
dies macht noch nicht das echte Erfordernis eines Naturkündigers
aus...
Wer in ihr alles sucht... der wird nur den für seinen Lehrer und für den
Vertrauten der Natur erkennen, der mit Andacht und Glauben von ihr
spricht...
FREEMAN TILDEN zitiert in seinem Buch „Interpreting Our Heritage“ auf S.
89 aus der Harzreise von HEINRICH HEINE, dessen Naturbeschreibung er
als vorbildlich lobt, und die Vorträge, die ALEXANDER VON HUMBOLDT
Mitte des 19. Jh. in der Berliner Singakademie gehalten hat, haben sich
deshalb so stürmischen Andrangs erfreut, weil es dem Naturforscher gelungen ist, die Landschaften vor dem geistigen Auge seiner ZuhörerInnen in
„Naturbildern“ wieder entstehen zu lassen.
Novalis
Es entwickelt sich eine Diskussion um die Frage, warum wir uns in
Deutschland von diesen Grundsätzen so weit entfernt und die Auseinandersetzung mit unserem Natur- und Kulturerbe eher versachlicht haben.
Auf der einen Seite werden Aspekte wie der rasante technologische Fortschritt und das dahingehend instrumentalisierte Lernen genannt, das auch
für die Auseinandersetzung mit Natur und Kultur prägend ist. Gerade das
Bedürfnis vieler Menschen nach intakter Natur ist so weit aus unserer gesellschaftlichen Wahrnehmung heraus gefallen, dass es vollkommen normal geworden ist, eine sachliche (und keinesfalls emotionale) Begründung
einzufordern, warum Natur nicht zerstört werden sollte, statt Nachweise
für die Notwendigkeit der Zerstörung von Natur zu verlangen. Das Primat
des wirtschaftlichen Wachstums (i. S. der Steigerung des Kapitalumsatzes), das unser Handeln mehr und mehr bestimmt, gibt diesem Aspekt
eine neue und zusätzliche Dramatik.
In einem weiteren Begründungsversuch wird an die Bürde des Dritten Reiches erinnert. Begriffe wie „Heimat“ und „Erbe“ sind für viele Menschen
im Umgang problematisch geworden. In einigen Bereichen hat das bis hin
zur Tabuisierung geführt. Zentrale Gesichtspunkte menschlichen Daseins,
mit denen in anderen Ländern vollkommen sorgenfrei umgegangen wird,
sind bei uns in den Hintergrund gedrängt worden.
Ein Konsens kann dahingehend erzielt werden, dass dem emotionalen Aspekt in der Auseinandersetzung sowohl der InterpretInnen als auch der BesucherInnen mit den Naturphänomenen mehr Beachtung geschenkt werden
muss.
Nach dem Abendessen steht noch einmal der Dialog zwischen den beiden
Eckpunkten auf der Grundlinie des Interpretationsdreiecks - InterpretIn
und BesucherIn - im Mittelpunkt der Betrachtungen. Hierzu werden die
folgenden drei Kommunikationsübungen durchgeführt.
28
Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation
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Sprachliche Ausdrucksübung
Ein einfacher Satz wird an die Flipchart geschrieben. Die TeilnehmerInnen
bekommen nun reihum Adjektive (müde, vorwurfsvoll, ironisch,…) vorgehalten und haben die Aufgabe, diesen einen Satz den Adjektiven entsprechend auszudrücken. Die übrigen TeilnehmerInnen müssen ergründen,
welches Adjektiv da zum Ausdruck gebracht werden sollte.
Körperliche Ausdrucksübung
In der zweiten Übung wird eine Fortsetzungsgeschichte gespielt. JedeR
TeilnehmerIn übernimmt dabei einen Part und bekommt eine entsprechende Handlungsanweisung vorgelegt. (Etwa: „Du legst beim Wandern eine
Rast ein und setzt Dich, um Dein Brot zu essen. Ameisen stören Dich.“)
Diesmal darf frei agiert aber nicht gesprochen werden.
Sprachlich-körperliche Ausdrucksübung / Spontantheater
In der dritten Übung geht es schließlich nicht nur darum, sich in Sprache
und Körpersprache zu üben, sondern auch darum, auf unvorhergesehene
Situationen spontan zu reagieren. Bis auf zwei TeilnehmerInnen und den
Trainer verlässt die gesamte Kursgruppe den Raum. Die beiden im Raum
verbliebenen TeilnehmerInnen spielen eine Szene. Dabei soll gesprochen
und frei agiert werden. Auf ein Signal wird die Szene „eingefroren“. EinE
weitereR KursteilnehmerIn betritt den Raum, ersetzt eine der beiden Personen, indem er/sie die gleiche Position einnimmt und spielt die Szene so
weiter, wie er/sie sie versteht. Die Person, die von Anfang an mit dabei
war, muss den neuen Impuls aufnehmen und darf nicht wieder zur ursprünglichen Spielidee zurückkehren. So entsteht ein Theaterstück, das aus
einer Vielzahl einzelner Theaterszenen besteht.
Spontantheater
Im Anschluss an diese Übungen besteht noch die Möglichkeit, das Thema
Bildungsarbeit
am Beispiel der Bildungsarbeit im Nationalpark Sächsische Schweiz zu
beleuchten, und den Ansatz der zielgruppenspezifischen Bildungsprogramme für Kinder und Jugendliche mit dem der Interpretation in Beziehung zu
setzen. Hierzu liegen ein 25-minütiges Video und einige Textmaterialien
vor.25 In Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit und unter Berücksichtigung
des ausgefüllten Tages machen die TeilnehmerInnen von diesem fakultativen Angebot aber keinen Gebrauch mehr.
Zwischenreflexion
Einschätzung der TeilnehmerInnen:
Die Kursgruppe ist insgesamt der Auffassung, dass sie viel Anwendbares
mitgenommen hat. Diese Feststellung wird insbesondere auch von den
TeilnehmerInnen geäußert, die am Vortag weniger motiviert in den Kurs
hineingegangen sind. Hauptkritik des heutigen Tages waren die Witterungsverhältnisse und der enge Zeitplan.
25
s. Kurshandbuch Texte 39 bis 42 und Anlagen X bis XIII
29
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3. Kurstag: Mittwoch, der 21. Januar 2004
Im Mittelpunkt des dritten Kurstages steht die Erarbeitung von zwei aus jeweils vier Kurzinterpretationen bestehenden Interpretationsgängen26 durch
zwei Arbeitsgruppen. Die Leitideen der Kurzinterpretationen werden dabei
zu einer Themenlinie verknüpft und unterstützen eine Haupt-Leitidee.
Um dem Wind nicht ganz so stark ausgesetzt zu sein, findet die Erarbeitung und Präsentation der Interpretationsgänge diesmal auf der dem Wind
abgewandten Seite der Insel statt.
Bei der Erarbeitung der Interpretationsgänge folgen die TeilnehmerInnen
den Anweisungen eines Arbeitsblatts27.
Nach der Erarbeitung zeichnen die beiden Gruppen auf einem Pinwandbogen jeweils eine Mind-Map28 auf, die ihnen zur Verinnerlichung der
Inhalte dient.
Auf einem weiteren Pinwandbogen entsteht außerdem – nach einer
entsprechenden Einführung - jeweils ein Plakat, mit dem für den Interpretationsgang geworben werden soll.
Die beiden Interpretationsgänge im Überblick:
Auf den Spuren der Höhlenbewohner
Themenfeld:
Haupt-Leitidee:
Höhlenbewohner des Urwaldes
Unwirtliche Situationen schaffen Lebensräume.
Phänomen 1:
Leitidee 1:
alte Eiche
Höhlen entstehen natürlich aber langsam.
Phänomen 2:
Leitidee 2:
Mauseloch
Diese Höhle bietet der Maus Schutz.
Phänomen 3:
Leitidee 3:
Brutplatz eines Waldkauzes
Nicht jeder passt in jede Höhle.
Phänomen 4:
Leitidee 4:
Buche mit Zunderschwämmen und Bohrgängen
Windbruch gibt dem Zunderschwamm die
Möglichkeit, Lebensräume für Insekten zu schaffen.
Die Themenlinie setzt bei den HöhlenbewohnerInnen der Eiszeit an und
wirft zunächst die Frage auf, wie Höhlen entstehen, und wodurch sie zu
Lebensräumen werden.
Aus der Perspektive des Menschen wechselt sie in die kleinräumigere
Perspektive der Höhle im Wurzelbereich einer alten Eiche, die offenbar zu
einem Lebensraum für eine Maus geworden ist. Im Vergleich dazu werden
die Anforderungen aufgezeigt, die der Waldkauz an seine Höhle stellt.
Schließlich wird demonstriert, wie aus der zersetzenden Tätigkeit eines
Baumpilzes heraus die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass
auch Insekten als Höhlenbauer aktiv werden können.
26
s. Kurshandbuch Text 19
s. Kurshandbuch Arbeitsblatt A2
28
s. Kurshandbuch Text 16
27
30
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Vilm – eine Insel in Bewegung
Themenfeld:
Haupt-Leitidee:
dynamische Prozesse um und auf der Insel Vilm
Die Insel Vilm ist ständig in Bewegung.
Phänomen 1:
Leitidee 1:
Felsrücken im Wasser
In der Eiszeit wurde die Insel hier her geschoben.
Phänomen 2:
Leitidee 2:
abstürzende Bäume an der Abbruchkante
Die Abbruchkante wandert ins Inselinnere.
Phänomen 3:
Leitidee 3:
umgestürzter Baum und Lücke im Kronendach
Der gefallene Riese gibt neuem Leben Raum.
Phänomen 4:
Eisschollen markieren Strömungslinie Abtragung und Anlandung
Die Insel verändert ihre Gestalt –
so wie alle Küstenlinien in unserem Blickfeld.
Leitidee 4:
Die Themenlinie setzt bei den Findlingen an, die unterhalb der Steilküste
wie „badende Riesen“ aus dem Wasser ragen. Über die Bewegung dieser
mächtigen Steine wird deutlich gemacht, dass im Zuge der Eiszeit auch
viel größere räumliche Einheiten verschoben und modelliert worden sind.
Dieser Veränderungsprozess ist bis heute nicht abgeschlossen. Die unterhalb der Steilküste liegenden Bäume beweisen: die Abbruchkante wandert
ins Inselinnere. Wo ein Baum gefallen ist, gibt er aber einer Vielzahl
anderer Pflanzen die Möglichkeit, zu wachsen. Der Zerfall ist somit
zugleich Neubeginn. Auch die Insel wird nicht immer kleiner. Das Land,
das an der einen Seite weggenommen wird, wird an der anderen wieder
angelagert. So bleibt die Insel in Bewegung.
Die
Auswertung der beiden Interpretationsgänge
wird anhand von Supervisionsbögen29 von jeweils drei Kleingruppen vorgenommen, die ganz konkrete Beobachtungsaufträge haben. Im Einzelnen
befassen sich die Gruppen mit Fragen zum Auftreten der InterpretInnen,
zur Würdigung der Phänomene und zur Integration der BesucherInnen.
Nach der Auswertung schließt sich auf Wunsch der TeilnehmerInnen in
der auf 60 min. verlängerten Kaffeepause ein Inselspaziergang um den
Großen Vilm an. (Am Vormittag waren die Pausen entfallen, da die
Gruppen durchgehend an ihren Interpretationsgängen gearbeitet hatten.)
Nach der Kaffeepause stehen
Analyse und Lösung von Konflikten
auf dem Programm. Gemeinsam wird gefragt, was ein Konflikt ist. In die
Beantwortung dieser Frage werden die Aspekte des Aktiven Zuhörens, des
auf WATZLAWICK zurückgehenden Eisberg-Modells, der Bedürfnispyramide nach MASLOW und des Wertequadrats nach HELWIG sowie unterschiedlicher Modelle nach SCHULZ VON THUN eingeflochten30. In den Mittel29
30
s. Kurshandbuch Arbeitsbogen A3
s. Kurshandbuch Texte 4 bis 11
31
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punkt der Betrachtung tritt bald schon die Frage, was „Autorität“ ausmacht, und welche Strategie welcher Konfliktsituation angemessen ist.31
Hierzu wird nach dem Abendessen ein
Rollenspiel
durchgeführt.32 Der reale Hintergrund: Am Teich in der
Kernzone eines Nationalparks möchte ein Investor einen Steg
bauen lassen. Aus Sicht der Nationalparkverwaltung ist das
Projekt abzulehnen, die Entscheidungsbefugnis liegt jedoch bei
der Gemeinde. Im Gemeinderat, der vom Bürgermeister geleitet
wird, sitzen sich der Investor, ein Angler, ein älterer Naturschützer
und
ein
Ranger
als
Vertreter
der
Nationalparkverwaltung gegenüber. Zwei Sitzungen werden
vereinbart. Das Rollenspiel, das mit dem Camcorder
aufgezeichnet wird, wird also unterbrochen, wobei die Rollen in
der „Sitzungspause“ neu besetzt werden.
Akteure sind
Investor:
Bürgermeister:
Angler:
NaturschützerIn:
Ranger:
Ulf Damm / Claus Weber
Sigmund Gaudeck / Rüdiger Meyer
Reinhard Rusnak / Uwe Stüben
Peter Kreke / Elfi Laack
Henning Möller / Axel Knoblich
Die erste Runde dauert 15 min. und endet mit einem Kompromissvorschlag des Naturschützers. Nach dieser Runde kommt es – entlang der
Kameraaufzeichnungen - zu einer 30-minütigen Aussprache über die unterschiedlichen Strategien, die in den Verhandlungen erkennbar waren.
Die zweite Runde (in Neubesetzung) dauert ebenfalls 15 min. und endet
damit, dass der Investor verärgert ankündigt, das Problem auf höherer
Ebene lösen zu lassen. (Wie im Nachhinein erklärt wurde, hat der Konflikt
tatsächlich so geendet.)
Im Rollenspiel haben sich die zehn TeilnehmerInnen vereinzelt darin versucht, die im Vorfeld besprochenen Strategien anzuwenden. Insgesamt war
der Zeitrahmen aber zu knapp bemessen, um neue Inhalte unmittelbar in
die Praxis umsetzen zu können. Hierzu hätte es umfangreicherer Vorübungen bedurft.
31
32
zum Lösen von Konflikten s. Kurshandbuch Texte 43 bis 46
s. Kurshandbuch Text 47
32
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4. Kurstag: Donnerstag, der 22. Januar 2004
Standen während der ersten drei Kurstage die personalen Formen der Interpretation im Vordergrund, so stehen die beiden letzten Tage ganz im Zeichen der medialen Interpretation. Analog zur Erarbeitung von Kurzinterpretationen am zweiten Kurstag sollen nun Interpretationselemente entwickelt werden. Dabei handelt es sich um Interpretationstafeln oder Aktionselemente zu jeweils einem Phänomen unter jeweils einer Leitidee.
In der Vorbereitung auf diese Erarbeitung werden per PowerPoint-Präsentation Beispiele für Navigations-, Regulations-, Informations- und Interpretationstafeln aus unterschiedlichen Schutzgebieten gezeigt.33 Die Kriterien
für das Verfassen von Tafeltexten34 werden gemeinsam erarbeitet, ein nach
den Grundsätzen der Interpretation erarbeitetes Originalmodul35 vorgestellt.
Schläft ein Lied
in allen Dingen,
die da träumen
fort und fort,
und die Welt
hebt an zu singen,
triffst Du nur das
Zauberwort.
Eichendorff
Aufgabe der TeilnehmerInnen ist es zunächst, mit Hilfe eines Arbeitsblatts36 in Zweiergruppen zu ausgewählten Phänomenen insgesamt zehn
Texte für EUROPARC-Standardmodule zu verfassen. In Ausnahmefällen
dürfen auch Abbildungen verwendet werden.
(Bei der Behandlung der Gestaltungsraster für das EUROPARC-System37
wird allerdings deutlich, dass die Idee hinter dem Raster selbst einigen
Rangern, in deren Gebiet das System angewandt wird, nicht vertraut ist.)
Folgende Textvorschläge werden von den TeilnehmerInnen erarbeitet:
Phänomen 1: Der Seeadler
Der Seeadler
Der Seeadler ist unser größter Greifvogel.
Er hat eine Flügelspannweite von bis zu 2,50m.
Der Seeadler lebt in einer lebenslangen Partnerschaft.
Er zieht 1-3 Jungvögel im Jahr auf.
Die Nahrung des Seeadlers besteht aus Entenvögeln, Fisch und Aas.
Den Altvogel erkennt man am gelben Schnabel
und dem weißen Stoß (Schwanz).
Versuchen Sie, ihn zu entdecken. (Abb. Seeadler)
Phänomen 2: Felsen im seichten Wasser
Sehen Sie unsere Einwanderer?
Unterhalb des Steilufers sehen Sie die Eingewanderten –
große und kleine Steine.
Vor 10000 bis 12000 Jahren wurden sie,
eingeschlossen in mächtige Eisgletscher,
aus Skandinavien hierher gebracht.
Nach dem Schmelzen blieben sie hier zurück.
33
s. Kurshandbuch Text 23
s. Kurshandbuch Texte 24 und 25
35
s. Kurshandbuch Anlage VII
36
s. Kurshandbuch Arbeitsblatt A4
37
s. Kurshandbuch Text 24
34
33
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Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004
Phänomen 3: Schwäne unterhalb der Steilküste im Wasser
Schönheit und Eleganz
Der Höckerschwan ist ein majestätischer Vogel,
der hier am Bodden seinen Rast- und Ruheplatz findet.
Mit dem auserwählten Partner bleibt er ein Leben lang zusammen.
Das erste Jahr verbringt der Jungvogel mit seiner Familie.
Ihn erkennen Sie an der hell- bis dunkelgrauen Färbung.
Im Winterhalbjahr können Sie bis zu 10000 Schwäne hier beobachten.
(Abb. Schwanenpaar alt: oben links, Schwanenpaar jung: unten rechts)
Phänomen 4: Kleinspecht
Der trommelnde Einsiedler
Ö
Ö
Ö
Ö
Ö
so groß wie ein Sperling
weiß-schwarz-rotes Federkleid
Botschaften übermittelt er mit einem Trommelwirbel
zimmert seine Höhle in weiche Laubgehölze und
bewohnt sie nur ein Jahr
Der Kleinspecht ist es, der hier sein Zuhause hat. (Abb. Kleinspecht)
Phänomen 5: Rotkehlchen
Das Rotkehlchen
Es ist ein einheimischer, circa 6 cm großer Vogel in unseren Breiten.
Er kommt in Wäldern und Gärten vor und ist sehr zutraulich.
Die rote Brust gab ihm seinen Namen (Rotkehlchen)
34
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Phänomen 6: alte Eiche mit vernarbtem Stamm
Zeitzeuge einer Bootsfahrt
Beulen – Zeugen der Vergangenheit.
Durch Beschuss sind hier Vernarbungen entstanden.
Diese Eiche wurde in den dreißiger Jahren als Ziel gewählt,
um Waffen vom Boot aus einzuschießen und zu testen.
Phänomen 7: Rotbuche mit beschnitzter Rinde
Haben Sie die Lesezeichen gefunden?
Die Buche erzählt die Geschichte mehrerer Besucher in ihrer Rinde.
Können Sie die Spur von Margot und Sigismund entdecken,
die sich 1950 hier zum ersten Mal küssten?
Die glatte Rinde verführt zum Hinterlassen von Botschaften.
Könnte das der Vorläufer des Buches gewesen sein?
Phänomen 8: Baumpilz am liegenden Stamm
Achtung! Verborgene Kräfte am Werk!
Dieser Baumpilz ist viel größer als man denkt.
Der Fruchtkörper (Konsole) ist längst nicht alles:
Tief im Inneren des Baumstamms
zersetzt ein riesiges Pilzgeflecht (Mycel) das Holz.
Nur der kleinere Teil des Pilzes schaut hier heraus.
Phänomen 9: Rindenverletzung um einen Nagel
Autsch – Du hast mich verletzt!
Dein Nagel hat meine schützende Haut durchbrochen.
Über die Jahre wuchs die Wunde.
Nun trage ich eine kahle Narbe.
Fühle mit deinen Händen, dass ich friere und wo ich lebe. (Abb. Hand)
Phänomen 10: Verblühte Königskerze oberhalb der Steilküste
Nachtschattengewächse im Sonnenlicht
Die Königskerze hat sich als Standort diese schöne Aussicht gewählt.
So wie alle anderen Nachtschattengewächse
braucht sie zum Gedeihen volles Sonnenlicht
und keinen Schatten.
Auswertung der Interpretationstafeln
In der Auswertung wird deutlich, dass sich einige der TeilnehmerInnen mit
dem Verfassen von Texten noch deutlich schwerer tun als mit dem freien
Reden. Phänomen, Leitidee und Aussagen im Hinterkopf zu haben und in
einen attraktiven Text einfließen zu lassen, stellt viele TeilnehmerInnen
vor erhöhte Anforderungen. Aus Zeitgründen kann die Übung, die bis dato
eher Studiencharakter hat, nicht vertieft werden.
35
Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation
Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004
Nach der Kaffeepause tritt die
Gestaltung von Pfaden
in den Vordergrund.38 Wieder werden per PowerPoint Bildbeispiele –
diesmal mit Beispieltafeln aus den Nationalparken der USA und Kanadas –
zusätzlich aber auch eine ganze Reihe erfolgreicher Werbeanzeigen gezeigt. Dabei geht es zum einen um den Einsatz von Bildelementen, zum
anderen aber auch um die Auswahl von Materialien39 und Tafelstandorten.40 Gemeinsam macht sich die Gruppe Gedanken über die Möglichkeiten, Standardmodule in Aktionselemente umzuwandeln.41
Nach der Mittagspause widmen sich die KursteilnehmerInnen der Erarbeitung von Interpretationspfaden. Der Interpretationspfad ist das mediale
Pendant zum Interpretationsgang: Unter einer Haupt-Leitidee werden entlang einer Themenlinie mehrere Phänomene mit ihren Leitideen aufeinander aufbauend miteinander verknüpft.42
Zunächst werden die Unterschiede zwischen den verschiedenen Pfadtypen
(Lehr-, Lern-, Erlebnis- und Interpretationspfad) aufgezeigt.43 Zur Erläuterung dienen diesmal Bildbeispiele aus den Nationalparken Deutschlands,
Österreichs und der Schweiz.
Dann begeben sich die TeilnehmerInnen im Gelände in zwei Gruppen auf
die Suche nach attraktiven Phänomenen und arbeiten folgende Konzepte
entlang des entsprechenden Arbeitsblatts aus.44
Interpretationspfad 1: Vilmer Perspektiven
Haupt-Leitidee:
Vilm bietet An-, Um-, Weit- und Durchblick
Phänomen 1:
Moos
Gestaltung:
wie eine auf dem Erdboden liegende Postkarte mit
einem Ausschnitt an Stelle der Briefmarke. Text:
Text:
An den
neugierigen Besucher
der Insel Vilm
Anblick
Ein Wasserbett im Wald?
Würden Sie sich nicht gern
in das weiche Moos legen
und den Wald genießen?
Oder ist es doch zu feucht?
Finden Sie es selbst heraus!
38
s. Kurshandbuch Texte 26 bis 29
s. Kurshandbuch Text 30
40
s. Kurshandbuch Text 31
41
s. Kurshandbuch Text 32
42
s. Kurshandbuch Texte 33 bis 35
43
s. Kurshandbuch Text 33
44
s. Kurshandbuch Arbeitsblatt A5
39
36
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Phänomen 2:
drehwüchsige, verwitterte Eiche
Gestaltung:
Tafel schräg aufrecht stehend –
dem Drehwuchs der Eiche folgend
Text:
Nicht nur geradeaus…
Umblick
Wie ein Fels in der Brandung fand diese Eiche
einen Weg, Wind und Wetter zu trotzen.
Sich windend und drehend
behauptet sie sich noch heute an ihrem Platz.
Und Sie?
Phänomen 3:
Blick aufs Meer
Gestaltung:
um eine zentrale Jahresuhr
Text:
Haben Sie Weitblick?
Phänomen 4
Weitblick
Menschen und Jahreszeiten kommen und gehen,
aber die Schönheit der Insel bleibt.
Phänomen 4:
tote Eiche mit Einblick durch ein Astloch in eine
nach oben offene und somit relativ helle Höhlung
Gestaltung:
Tafel „Einsicht“ mit Hinweispfeil zum Astloch;
im Astloch ein postkartengroßes Modul
Text:
Dieser Baum ist tot.
Durchblick
Und doch findet gerade hier die Eule ihr Zuhause.
Sie ist das Symbol des Naturschutzes –
und der Weisheit…
Interpretationspfad 2: Wasser ist Leben
Haupt-Leitidee:
Wasser ist Leben
Phänomen 1:
Moor
Text:
Wasser im Verborgenen
Ein riesiger Schwamm, mit Wasser gefüllt –
und sauber gefiltert.
Schilf und spezielle Pflanzen sind Qualitätsgaranten
für diesen Lebensraum.
Das Moor
Phänomen 2:
alte, fast zerfallene Eiche, die trotzdem noch eine
lebendige Krone hat
Text:
Kampf ums Überleben
Mit einem Blitzschlag vor mehr als hundert Jahren
begann der Leidensweg dieser Eiche.
Mit verminderter Kraft pumpt sie seither
die im Wasser gelösten Nährstoffe
bis hinauf in die Krone.
Wie lange wird ihr Puls noch schlagen?
37
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Phänomen 3:
Seeadler
Text:
Leben am und vom Wasser
1. Ich brauche das Wasser zum Trinken.
2. Ich brauche das Wasser zur Gefiederpflege.
3. Ich hole mir Nahrung vom und aus dem Wasser.
Graphik:
Kreislauf Seeadler > Wasservögel > Fische >
Wasserpflanzen > Schnecken)
Phänomen 4:
Blick aufs Meer
Text:
Wo kommen wir eigentlich her?
Blicken Sie auf das Meer und
spüren Sie Ihrem Ursprung nach.
In den unendlichen Tiefen
leben die Nachkommen unserer Vorfahren.
Drei Viertel der Erdoberfläche
sind vom Wasser bedeckt.
In der Vorbereitung der Interpretationspfade war festzustellen, dass einige
der Ideen und Erkenntnisse vom Vormittag umgesetzt werden konnten.
Eine eingehendere Beschäftigung mit diesem Thema wäre nötig gewesen,
war aber zeitlich nicht zu leisten.
In Form einer PowerPoint-Präsentation beispielhaft vorgestellt wurde im
Anschluss das Projekt „Interpretationspfad Waldschlucht“ aus dem Nationalpark Sächsische Schweiz.45 Aber auch in Sichtweite - auf der
Greifswalder Oie - ist ein Interpretationspfad in Planung.
Zum Ausklang werden noch einmal die Unterschiede zwischen Interpretationspfad und Interpretationsraum aufgezeigt.46 Der Interpretationsraum
(freie Entscheidung der BesucherInnen für mehrere, aufbereitete Phänomene im Themenkreis) ist das Pendant zur freien Interpretation47 unter den
personalen Formen.
Nach dem Abendessen lernen die TeilnehmerInnen noch den
Lichterlauf
als eine besondere Spielart des Interpretationsraums kennen. JedeR TeilnehmerIn erhält ein Glas mit einem brennenden Teelicht sowie einen Stift
und eine Moderationskarte. Die TeilnehmerInnen schwärmen in einem
großzügig umgrenzten Areal aus, suchen sich einen Ort, der sie anspricht
und versuchen, ihre Gedanken im Lichtkreis ihres Windlichts schriftlich
oder gestalterisch sichtbar zu machen. Danach haben alle TeilnehmerInnen
die Möglichkeit, sich frei im Lichterfeld zu bewegen.
Folgendes ist auf den Karten zu finden:
Ö Was machen die Menschen dort oben um diese Zeit?
45
s. Kurshandbuch Anlage VIII
s. Kurshandbuch Text 36
47
s. Kurshandbuch Text 20
46
38
Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation
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Ö
Ö
Ö
Ö
Ö
Ö
Ö
Ö
Ö
Ö
Ö
Ö
Ö
Ö
Ö
Ö
Ö
Ö
Ö
Schutz (unterm Dornstrauch)
Schutz (unterm Dornstrauch)
Ein Licht umgeben von wilder Natur – Winterlandschaft
Ungewohnte Situation: Sternhimmel gefällt – Ruhe –
Licht kommt mit der Zeit wieder – Kerze eher störend
Strukturen im Schnee
Insel Vilm (mit Graphik)
Ich bin ein Leuchtturm.
Bis hierher? – Buchen soll man suchen…
Geheimnisvolle Dunkelheit – romantisch – als Fremder in einer
unbekannten Gegend – unbekannte Stille – dennoch Leben: Knistern
und Knacken, Schlürfen und Rauschen
Zeichnung: Orion, Nordstern und Großer Wagen, darunter eine
Menschenkette auf der gewölbten Erde (s. u.)
Der Sternhimmel – unendliche Weite – plötzlich eine Stimme:
„Ich war in der Dusche!“
Einkehr
Was ist wirklich wichtig im Leben? Innere Ruhe zu finden und einen
solch herrlichen Sternenhimmel zu betrachten; seit zwei Jahren habe
ich mir nicht mehr die Zeit dafür genommen. Das wird sich jetzt
ändern…
Zeichnung: Wind, Gras, Sterne (s. u.)
Hier bin ich der höchste Punkt auf der Erde.
Ich bin die Verbindung zum Universum.
Gestaltung: Schneewall um in den Schnee eingeschmolzene Kerze
Gestaltung: Habebutte als Männchen in einem „Nest“ aus Gras
zwei Lichter - ohne Kommentar
ein verlorenes Licht
Die TeilnehmerInnen tauschen kurz ihre Empfindungen aus.
Für eine längere Auswertung fehlt die Zeit, denn es steht noch eine Präsentation von Christian Zepf zum
Nationalparkhaus Königsstuhl
im Nationalpark Jasmund aus, die anschließend v. a. im Hinblick auf die
Bedeutung aufwändiger, technischer Installationen in den modernen Infozentren und auf die Wechselwirkung mit der Arbeit der Ranger vor Ort
ausgiebig diskutiert wird.
39
Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation
Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004
5. Kurstag: Freitag, der 23. Januar 2004
Im Mittelpunkt des letzten Kurstages steht die Gestaltung eines
Interpretationszentrums48 sowie die Projektskizze für eine unmittelbar an den Phänomenen orientierte Ausstellung49 in diesem
Zentrum. Als Beispiel wird die Planungsskizze für die Informationsstelle Amselfallbaude im Nationalpark Sächsische Schweiz50
vorgestellt.
Zwei Gruppen treten als unterschiedliche Planungsbüros gegeneinander an. Sie haben die Aufgabe der
Planung eines Interpretationszentrums
am gleichen Ort nach den in einem Arbeitsblatt festgehaltenen Kriterien.51
In einer Art Wettbewerb sollen die Planungsergebnisse im Anschluss daran
in jeweils 7 Minuten präsentiert werden. Für die Vorbereitung stehen
insgesamt 2½ Stunden zur Verfügung. Folgende Entwürfe werden von den
Gruppen vorgestellt:
Büro 1: Johann von Eichenblatt-Haus
Haupt-Leitidee: Vilm ist eine Insel im Wandel
Benannt nach dem Stifter des Hauses (der alle finanziellen Bedenken des
Büros relativiert hat) umreißt das gleich einer Welle über den Steilhang
hinausragende Haus das Spannungsfeld zwischen Entstehung und Zerfall,
zwischen Himmel und Erde. Der/die BesucherIn betritt das Haus durch
einen Tunnel. Er/sie dringt so in geologische Zeiträume vor und steigt von
dort aus über eine Wendeltreppe ans Licht, das durch ein Panoramafenster
im Obergeschoß in den großzügig angelegten Ausstellungsraum fällt.
Wichtig war der Gruppe das unmittelbare Empfinden der Naturkräfte
(Licht, Wind, Erdanziehungskraft), die auf der Insel wirken und so den
Wandel vorantreiben.
Der Sponsor
48
s. Kurshandbuch Text 37
49
s. Kurshandbuch Text 38
50
s. Kurshandbuch Anlage IX
51
s. Kurshandbuch Arbeitsblatt A6
40
Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation
Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004
Büro 2: Augenblick – Das Haus der Sichtweisen
Haupt-Leitidee: Jeder Ort auf der Insel ermöglicht vielfältige Perspektiven.
Der Entwurf des zweiten Planungsbüros gleicht im
Grundriss einem Auge, das sich zum Meer hin öffnet.
Der bestehende Wanderpfad führt mitten durch das
Haus hindurch, das Haus lädt die SpaziergängerInnen
zum Innehalten ein. Auch in diesem Entwurf kommt
der großzügig angelegten Terrasse eine besondere Bedeutung zu, wobei an unterschiedlichen Stellen auf der
Terrasse Standorte eingezeichnet sind, die besondere
Blickachsen ermöglichen. In der dem Inselinneren zugewandten, geschlossenen Rückwand befinden sich
kleine Sichtfenster und Blickrohre, die aus ungewohnten Perspektiven auf bestimmte Phänomene außerhalb
des Hauses ausgerichtet sind.
Die Präsentationen beider Gruppen sind – vor dem Hintergrund der zur
Verfügung stehenden Zeit - durchaus überzeugend. Beide Gruppen haben
sich der Herausforderung gestellt, die Phänomene außerhalb des Hauses
unmittelbar mit dem Ausstellungsteil im Haus zu verbinden. Dabei ist die
Komplexität der Planungsaufgabe bewusst geworden.
Reflexion
Die Abschlussbesprechung verlief sehr erfreulich. Die Witterungsbedingungen hatten sich im Verlauf der Kurswoche kontinuierlich verbessert,
und die Gruppe hatte eine überdurchschnittliche Leistungsbereitschaft und
ein bemerkenswertes Gemeinschaftsgefühl entwickelt, so dass der Zeitmangel, unter dem die Veranstaltung gelitten hatte, der wesentliche Kritikpunkt blieb. Insgesamt hatten die TeilnehmerInnen den Eindruck, von
der Woche viel Brauchbares mitgenommen zu haben.
In der Schlussrunde wurde ein Aufbaukurs bzw. die Schaffung einer
kontinuierlichen Arbeitsgruppe zur Interpretation beim BfN angeregt.
Nach dem Mittagessen verließen wir Vilm wieder – großenteils ungern und
wegen des starken Eisgangs diesmal mit dem Schlepper.
41
Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation
Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 19.-23.01.2004
Auswertung
Die folgende Auswertung ist vom Bundesamt für Naturschutz durchgeführt worden und
beruht auf Fragebögen die von den TeilnehmerInnen unmittelbar nach der Veranstaltung
ausgefüllt wurden.
1. Inwieweit hat die Veranstaltung Ihre Erwartungen erfüllt?
voll und ganz (10)
Es war so, wie ich es mir vorgestellt hatte: schwer, aber interessant.
Sie hat meine Erwartungen in Bezug auf Tagungsort und/oder Inhalte übertroffen (3)
Naturinterpretation war vor zwei Jahren schon mal Thema in Schneeverdingen, leider nur
kurz; für mich immer noch gewisses Neuland.
Man muss sich mit neuen, zum Teil „hochtrabenden“ Begriffen vertraut machen
schwierig, aber es geht. Und wenn ich auch nicht alles behalten werde, ein gewisser Teil
wird mir hilfreich sein.
Überraschung insofern, dass Kommunikation und Infocenter mit drin waren, hätte den
Führungsbereich im Gelände (bzw. Vorbereitung) zeitmäßig länger erwartet
Hätte mehr Zeit für Diskussionen erwartet
Es war vielseitig, enthielt viele Praxisteile. Man war immer gefordert in Gruppenarbeit
oder selbständig intensiv zu arbeiten. Die unmittelbare Arbeit am Objekt war wichtig.
Durch die Kälte war manche Auswertungsrunde jedoch zu lang, so dass man nicht mehr
im Einzelnen folgen konnte. Komprimierung oder Auswertung im Raum wäre angebrachter gewesen.
Grundlagen der Interpretation gelernt
Arbeitsmaterial und Anregung zur Weiterarbeit erhalten
Praktische Arbeit
wenig didaktische Hintergrundinfos (vielleicht auch in diesem Rahmen nicht machbar)
Jeder Ranger sollte an diesem Seminar teilgenommen haben.
Das war Neuland, deshalb war das eine gute Erweiterung, manche Sachen anders zusehen.
Es war interessant gestaltet.
Man wurde gefordert.
2. Welches waren für Sie die wichtigsten und/oder besten Teile und warum?
praktische Anwendung und intensive Auswertung
selbst ausgearbeitete Interpretationen
personale Interpretation
mediale Interpretation
Aufbau von Kurzinterpretation über Interpretationsgang zum Interpretationspfad und die
damit verbundene Teamarbeit
freundliche Atmosphäre der TeilnehmerInnen aus vielen Teilen Deutschlands
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Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation
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Für mich gab es keine „wichtigsten“ Teile.
Anwendung von Interpretation im Führungsbereich liegt am dichtesten an der Arbeitsrealität, wo immer an Verbesserungen gearbeitet werden kann; die personale Kurzinterpretation und der personale Interpretationsgang, weil gut strukturiert, verständlich und für meine Praxis tauglich; die praktischen Interpretationen im Gelände (3)
Aufbau und Inhalte insgesamt sehr gut - aber unter zu starken Zeitdruck
sehr positiv auch die vielen praktischen Übungen und Rollenspiele (2)
Kurzinterpretation an einem Phänomen, Vorstellung vor der Gruppe, Interpretationsgang
Wichtig waren auch die theoretischen Hintergründe mit der Darstellung von guten und
weniger guten Beispielen (Tafeln, Pfade).
Gruppenarbeit
Grundlagen
weiterführende Materialien
Erkennen von Phänomenen und sich auf das wesentliche zu beschränken
Konfliktsituationen, weil wir damit am häufigsten zu tun haben
Bindung an einen bestimmten Ort
praktische Anwendung und das Arbeiten in der Gruppe
Es war sehr informativ für mich, und man musste seine eigene Kreativität einsetzen.
Beide großen Teilgebiete - Naturinterpretation durch den Menschen und durch Tafeln waren für meine Arbeit sehr wichtig.
3. Welche Themen hätten knapper behandelt oder ganz weggelassen werden sollen?
Für alle Themen war eigentlich zu wenig Zeit.
Erstellung von Tafeln, Besucherzentren
Kommunikation (entweder konsequent mindestens mehrere Tage oder gar nicht)
Konfliktbearbeitung und –management, wäre als eigenes Seminarthema besser gewesen.
Auf Grund der Witterung, hätten die Außenübungen spontan kürzer gehalten werden
müssen. Durch Wind und Kälte ist in einigen Situationen eine gewisse Kreativität
verloren gegangen (leider!).
Geschichte hätte etwas verkürzt werden können, Konflikte passten nicht so gut in den
Themenbereich, Kommunikation hätte man noch intensiver machen können (z. B.
während der Führung, Umgang mit schwierigen Personen usw.).
Die Auswertungsrunden zur Kurzinterpretation, wo jeder einzelne unbedingt zu Wort
kommen sollte, und die Kälte jeden eingenommen hatte, war zu langwierig und war nicht
effektiv, da nach einer gewissen Zeit keiner mehr zugehört hat.
bei der Kälte zu viel Draußen-Arbeit
US Ranger
Nichts – alles gut und wichtig (5); somit kann man eher sagen: mehr Zeit einplanen.
In der Kürze der Zeit war nicht mehr drin.
43
Grundkurs Natur- und Kulturinterpretation
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4. Welche Aspekte Ihrer Arbeit als Schutzgebietsbetreuer
sollten in einer künftigen Veranstaltung behandelt werden?
Konflikttraining; Rollenspiele und Konfliktbewältigung; Konfliktlösung: wie andere Bundesländer Konflikte und Möglichkeiten nutzen; Konfliktlösung mit den Besuchern (6)
Aufbau von Vorträgen
Interpretation
„Freie Interpretation“ finde ich sehr wichtig, im Gespräch und der Öffentlichkeitsarbeit
vor Ort mit Besuchern und Urlaubern.
Kommunikation und Konflikte sind Themen, die immer spannend und notwendig sind
und deutschlandweit behandelt werden können, nicht nur regionsabhängig (mit Besuchern, aber auch innerhalb von Verwaltungen und Planungsprozessen). Bei beiden Themen ist viel Zeit für Diskussionen, Rollenspiele und ähnliches notwendig (3).
Kinderführungen, Arbeit mit Kindern (3)
Interpretation der Landschaft
zuverlässige Evaluationsmethoden in der Umweltbildung
Führungen zu anderen Themen
Artenschutz (2)
Rechte und Pflichten der Naturwacht
5. Grad der Zufriedenheit mit den Inhalten
nach Blöcken einzeln unterteilt: Skala von 1 = sehr zufrieden bis 5 = unzufrieden
Block
Grad der Zufriedenheit
Bemerkungen
Grundlagen der
Interpretation
1;1;1;2;1;1;1;1;2;2;2;2;2 •
;2;1;1
•
∅ 1,4 •
•
•
Kurzinterpretationen
1;2;1;2;2;1;1,5;1;1;2;2;1 •
;1;2;1;1
•
∅ 1,4
•
•
Interpretationsgänge
1;2;1;2;2;1;1;1;1;2;2,5;1 •
;1;1;1;1
•
∅ 1,3
•
•
sehr guter, schlüssiger Aufbau
vom Referenten (Th. Ludwig) sehr gut
verständlich gemacht
enger Zeitplan
sehr angenehme, übersichtliche und
weitreichende Darstellung Æ
Beamertechnik und PowerPointPräsentationen waren beeindruckend
sehr trockener Stoff
sehr guter, schlüssiger Aufbau
enger Zeitplan
Abkürzung oder Verlängerung der
Auswertung
stellenweise zu kalt
Die Zeit könnte länger bemessen sein
enger Zeitplan
sehr gute Weiterführung der Kurzinterpretation, erfordert aber noch mehr
Überblick
Witterung
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Konfliktbewälti- 2;2;3,5;5;1;2;2;3;2;2;2;2 •
gung und Rollen- ;2;1;1;1
•
verständnis
•
∅ 2,1
•
Mediale
Interpretation:
Tafeln, Pfade,…
2;3;1;2;1;2;1;2;3;2;1;2;2 •
;1;1;1
∅ 1,7
•
•
•
Infozentren
2;3;3;3;1;2;3;2;2;2;2;2;1 •
;1
•
∅ 2,1 •
•
•
•
•
zu kurz (mindestens 3 volle Tage)
eigenes Seminar wäre angebracht
spannendes Thema, immer wichtig,
aber für das Seminar etwas zu viel –
Themenbereich, der Zeit braucht
Theorie war recht kurz gehalten, dafür
die Rollenspiele stärker – recht
fremdbetont, spät am Abend
Ich habe keine Möglichkeiten das
durchzuführen
interessante Ergänzung zum oberen
Bereich – die wenigsten arbeiten damit
(Arbeitsaufteilung in NLP)
etwas zu kurz im allgemeinem
gibt Anstöße
zu wenig Zeit für die Reflektion
Ich habe keine Möglichkeiten, das
anzuwenden.
zu wenig die Ranger betreffend
(Grafik, Technik usw.)
Die Zeit wurde zu knapp, und damit
kam es zwangsläufig zu Konzentrationsabfall.
interessant, das mal zu tun, obwohl es
im Arbeitsalltag eher selten
vorkommt.
zu kurz, zu gedrängt, so dass die
Einführung zu knapp.
wurde ja nur an einem Beispiel
vorgestellt
6. Grad der Zufriedenheit mit der täglichen Zeiteinteilung
(Skala von 1 = sehr zufrieden bis 5 = unzufrieden)
1...............2................3...............4...............5?
3;4;2,5;4,4;1,5;4;2;3;2,7;2;3,4;1;2,3;3;2,4;1
•
∅ 2,6
zu wenig Zeit zum Rundgang
7. Grad der Zufriedenheit mit der Gesamtdauer der Veranstaltung
(Skala von 1 = sehr zufrieden bis 5 = unzufrieden)
1...............2................3...............4...............5?
2;4;2,2;2,5;1,5;1;3;3;1,7;2;4;4;2,3;2;2;1
•
•
•
∅ 2,4
etwas zu kurz bei der Fülle der Themen
ruhig länger
zu kurz
45
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8. Grad der Zufriedenheit mit dem Trainer:
(Skala von 1 = sehr zufrieden bis 5 = unzufrieden)
1...............2................3...............4...............5?
1;1;1,3;2,5;1;1;2;1;2,3;2;4,6;1;1,5;1;1;1
∅ 1,6
9. Grad der Zufriedenheit mit dem Tagungsort und seiner Infrastruktur:
(Skala von 1 = sehr zufrieden bis 5 = unzufrieden)
1...............2................3...............4...............5?
1;1;2,9;2,5;1;1;2;1;2,7;1;4,9;1;1,5;1;1;1
•
∅ 1,7
etwas schwierige Anbindung an öffentliche Verkehrsmitteln
10. Sonstige Bemerkungen:
zuviel Stoff in zu kurzer Zeit
Interpretationslehrgänge sollten regelmäßig (vielleicht aufbauend) durchgeführt werden.
Es könnte mehr Zeit für die Insel mit ihrer Landschaft eingeplant werden.
Man sollte sich über den zeitlichen Ablauf Gedanken machen bzw. diesen überarbeiten.
Es fehlte Zeit zum Themenabschnitt reflektieren, Pausen waren faktisch nicht vorhanden,
„Nahrungsaufnahme“ ist keine Pause.
Ab 8.30 bis 21.00 Uhr Input ist nicht nur tariflich betrachtet bedenklich - und der Referent
ist zu gut, um mit ihm bei Konzentrationsmangel zu arbeiten.
Keine Zeit mehr für Abschlussrunde, das halte ich aber für wichtig.
Mehr Zeit notwendig, zum Packen, Kennenlernen, Bogen ausfüllen usw..
Die Insel ist mit ihren urwüchsigen Wald sehr beeindruckend und lädt mit ihrer Ruhe zur
kreativen Arbeit ein
Man kann wirklich den gewohnten Alltag hinter sich lassen und findet Zeit für die
Seminarthemen.
sehr gute Verpflegung und freundliche Betreuung
weitere Seminare auf dieses aufbauen und vertiefen
ein für mich sehr informatives Seminar
Macht weiter so!!!
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