die grünen männchen sind da

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die grünen männchen sind da
DIE GANZ UND GAR UNERNSTE GESCHICHTE
DIE GRÜNEN MÄNNCHEN SIND DA
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DIE LANDUNG ‘
Es ist ein alter Menschheitstraum: wir sind nicht allein. In den unendlichen Weiten des Alls leben
unsere kosmischen Brüder. Und von Zeit zu Zeit besuchen sie auch die Erde. Dieser Fall ist so wahr
wie alle anderen, die als Beweis für das Vorhandensein von fliegenden Untertassen angeführt werden. Für den „WIENER“ testeten zwei Außerirdische, wie Erdlinge auf ihr Erscheinen reagieren. Eine
Dokumentation von Gerald Teufel, Fotos: Gerhard Aba.
Der Steinbruch von St. Margarethen/ Burgenland gilt seit je als Tummelplatz außerirdischer Fernreisender. Die stille Invasion des intergalaktischen Stolltrupps erfolgt im Zwielicht der Abendstunden
des 13. September 1990. Sie materialisieren. Plötzlich hört man von der uns abgewandten Seite eines
Felshaufens ein gurgelndes Geräusch. Zwei Wesen, gebückt, als ob sie Pflanzen untersuchten, verschwinden hinter Sträuchern in einer Mulde. Zwei Spaziergänger im Jogginganzug weichen der fluoreszierenden Erscheinung großräumig aus. Oder haben sie nichts gesehen?
UNHEIMLICHE BEGEGNUNG
Eselsmühle St. Margarethen, 18.46 Uhr:
Irgend etwas Unheimliches liegt in der Luft. „Barry“ sträuben sich die Nackenhaare. Der sonst so
gutmütige Bernhardiner beginnt drohend zu knurren. So als wurde er etwas unbeschreiblich Fremdes
wittern. Auch im Stall hinter dem Wirtshaus gackert, jault und quiekt es. Das Gefühl, daß irgend etwas nicht stimmt, beschleicht die Wirtin. „Wieso is denn der Hund so narrisch?“ Sie späht durchs
Fenster. „Do draußen rennen jo grüne Viecher umadum.“
Mit ungläubig staunendem „Wo??!“ drängen sich Kellner und Kellnerinnen um die Chefin. In der
Dämmerung versuchen sie etwas zu erkennen: „Herst, des san jo zwa mit Silbergwandl.“ flüstert einer ungläubig. Zwei ungarische Küchenhilfen öffnen die Tür. Der Hund ist nicht mehr zu halten. Er
stürzt in die Büsche. Die ganze Belegschaft hinterher. Da huschen „sie“ ins Lokal. Obwohl die Kreaturen von menschenähnlichem Aussehen sind, war der evolutionäre Prozeß, der zu ihrer Entwicklung
führte, offensichtlich anders als bei uns. Außerirdische! Ihre Körper phosphoreszieren. Sie sind wie
von Grünspan überzogen, wie gewisse Insekten, die wir hier auf der Erde kennen. Oder auch wie
große Reptilien. Die legendären grünen Männchen, von denen seit Urzeiten geredet wird, sind da. Sie
hüllen sich in eine silberschimmernde Metallfolie.
Eine Art weiter, hüftlanger Mantel, in dessen steifem Kragen irgendwelche rätselhafte elektronische
Bauteile eingeschmolzen sein könnten. Mit kleinen Trippelschritten bewegen sich die humanoiden
Wesen mühelos unter den Schwerebedingungen der Erde. Barfuß nähern sie sich dem einsamen
Zecher an der Bar. Mit ,,blubbb, blubb" greift sich die eine extraterrestrische Intelligenz das Krügel
des Verblüfften.
Nach einer Schrecksekunde löst sich die Zunge des Burgenländers. Wer so irdische Bedürfnisse hat,
kann nicht von einem fremden Stern stammen. „Seid’s vielleicht Rumänen, grün eingefärbte ?“
Dann stutzt er. Der Außerirdische hat geleeartiges Plasma ins Bier fallen lassen. Sofort löst sich die
geheimnisvolle Substanz auf. Die Flüssigkeit verfärbt sich grün. Also doch keine getarnten Rumänen.
Inzwischen sind die Wirtin und ihr Personal wieder von der Jagd zurück. Auch der Hund hat sich in
seinem Winkel winselnd verkrochen. Nur die kleine Tochter der Wirtin nähert sich voller Neugierde
den Fremden, „Geh da ja net hin" mahnt sie die Mutter. ,,Das ist vielleicht ansteckend."
Tatsächlich scheinen sich die Befürchtungen zu bestätigen. Beim Zigarettenanzünden explodiert etwas in der Hand des einen Fremden mit solcher Helligkeit, daß jeder vorübergehend geblendet ist.
Da gibt es kein Halten mehr für ein deutsches Ehepaar, das bis jetzt wie gelähmt vor dem kosmischen
Treiben gesessen ist. Die Touristen treten die Flucht an.
Sprachlos vor Panik, Schweißperlen im Gesicht, stürzen sie davon. Den bestellten Schafkäse lassen sie
unangetastet stehen.
Nach einer halben Ewigkeit erscheinen zwei Gendarmen. Zuerst ungläubig sarkastisch: ,,So. Wo san s‘
jetzt, die grünen Manderln?" Wortlos deutet die Wirtin in die Ecke, wo die mysteriösen Wesen inzwischen munter blubbernd einen Bund Getreide aus der Blumenvase schnabulieren. „ls das net a Werbegag von de „Grünen“ vermutet der eine Beamte einen höchst irdischen Grund. Sein Kollege kratzt
sich indessen den Kopf". Ist es nicht eigenartig, daß die Gläser und Flaschen auf dem Tisch - entgegen
allen Gesetzen der Schwerkraft - schief stehen und der eine die Zigarette verkehrt raucht?
Schließlich faßt sich der Mutigere von beiden trotzdem ein Herz und fordert: „Ausweis!“ - „Glugg,
glugg!"
Eine Provokation. bei der das Auge des Gesetzes grün sieht: ,,Wollt‘s mi pflanzen?“'
„Glugg!“
„Na guat, dann mitkummen“
Mit festem Gritt langt der Gendarm zu und versucht den einen an seinem metallisch glänzenden
Schlawittchen hochzuziehen. ln der Länge eines ausgestreckten Armes zischt eine Stichflamme hoch.
Erschrocken läßt der Beamte los. E.T. nützt seine Chance. Mit einem Sprung ist er auf und schießt
hinter die Theke, blitzschnell beschleunigend eine Treppe hoch ins Obergeschoß. Ein abruptes Manöver, dem der Gendarm nicht folgen kann. Nach einer rechtwinkeligen Richtungsänderung ist auch der
zweite Grüne weg. Und obwohl die Gendarmen jeden Winkel durchsuchen, bleiben die grünen
Männchen verschwunden. Als hätten sie eine Raumfalte als Abkürzung in eine andere Dimension
genutzt. So wie sie von nirgends hergekommen sind, scheinen sie nirgendwo hingegangen zu sein.
VON DER MILCHSTRASSE AUF DIE WEINSTRASSE
Trotz diverser fadenscheiniger Ableugnungsversuche der Existenz von Außerirdischen durch die sogenannte Wissenschaft wird den Besuchern eines überfüllten Heurigen in Rust ihr Leben lang bewußt
bleiben: es gibt sie!
Dutzende Augenzeugen können beschwören: „Wir haben sie gesehen!"
Ganz selbstverständlich. als habe man schon seit Urzeiten auf sie als galaktische Schutzengel gewartet, schenkt ihnen die Heurigenwirtin ein Achterl ein (das sich sofort wieder grün verfärbt). „Hobt”s
an Durscht'"
Blubbern. . .
„Kommt's her, kriegt`s was zum Trinken!"
„Einige Besserwisser glauben deswegen sofort an einen Gag des Fremdenverkehrsvereines. Auch
dann noch. als sie von den Grünen ein Stückchen Folie bekommen, das sich in Sekunden auf der Haut
erhitzt.
Die Wirtin macht die Probe aufs Exempel.
„l halt viel Hitz aus, So heiße Pfannen wie I jeden Tag angreif.“
Mit eisernem Willen hält sie das Metallkügelchen fest bis es in ihrer Hand verglüht.
Eine 43jährige Frau, die gegen 23 Uhr die Straße überquerte und im Licht der Straßenlaterne zwei
grünliche Schatten davonhuschen sah, greift nach der Hand ihres Begleiters.
„Sag mal, siehste das och? Sind das die Weingeister‘?“ lacht der etwas angeheitert. - „Das wird wohl
die Reblaus sein,“ Eine Schlußfolgerung, die wieder einmal deutlich zeigt, wie riskant der Schritt von
der Beobachtung zur Deutung sein kann. Zufälligerweise biegen auch die zwei deutschen Touristen,
die schon aus der Eselsmühle geflüchtet sind, ums Eck. Der kosmische Schrecken holt sie auch in Rust
ein.
Als sie die beiden chlorophyllgrünen Männchen bei der Nahrungsaufnahme im Rosenbeet entdecken,
hetzen sie leise kreischend zum Auto und brausen davon.
Weg! Nur weg!
Inzwischen drehen sich in der Ruster Sektbar bereits alle Gespräche um die Außerirdischen. „Woher
sie wohl kommen“? Vom Alpha Centauri oder vom Orion?
Jeder hat seine Thesen, obwohl es natürlich gefährlich ist, Außerirdischen, die scheinbar ziellos herumflitzen, unsere Logik zu unterschieben. Eine Esoterikerin: „Es ist klar, daß die Grünen als Warner
vor der katastrophalen Umweltverschmutzung kommen. Das hängt mit den gewaltigen kosmischen
Vorgängen zusammen. Das Fischezeitalter ist ausgeklungen, das Wassermannzeitalter hat begonnen!"
Als die Grünen reinkommen, sind alle längst vertraut mit den Seelen der Sternmenschen. Angezogen
von der Körperwärme einer Blondine, nehmen die Außerirdischen sofort eine Untersuchung an ihr
vor. Einer kommentiert:
„Paß auf, die machen dir vielleicht noch ein grünes Baby!"
DIALOG MIT DEM UNIVERSUM
Kurz nach Mitternacht stoppt in St. Margarethen Anton E. aufgeregt winkend den Streifenwagen der
Gendarmerie. „Herr Inspektor, do rennen grüne Manderln umadum in der Gegend. An hätt" ich beinah erwischt und in de Kammer eing'sperrt." Der Beamte skeptisch: ,,Aha, das haben Sie g’sehn‘?l"
Der kreuzbrave Anton schiebt den Hut ins Genick: ..Das müssen S' ma glauben. Eigentlich müsset ma
de glei niederhaun. Wenn mei Onkel jetzt no do wär, wissen S', der war ja bei der Gestapo - de hätt
ma sicher derwischt.“
So was hört ein demokratisch gesinnter Gesetzeshüter nicht gern: „Mir san aber net von der Gestapo!“
Trotzdem leuchtet er mit der Taschenlampe ins Gebüsch. „l seh aber nixl" Anton murrt leise: ,.l tät a
Gwehr hol’n, um auf de zu schiaßen an eurer StelI."
Anton betritt wieder – „Auf den Schrecken brauch ich noch was!“ - die Diskothek. Auf einmal geht die
Tür auf und einer der Grünen schaut rein. Anton springt wie vom wilden Affen gebissen auf. Er stolpert auf den Grünen los, reibt tüchtig auf, da fällt ihm der Wirt in den Arm. „Anton“, mahnt er. „loß
ihn doch in Ruh! Greif ihn net an. Der hat dir ja nix tan. Vielleicht glaubt er, daß Fasching is'!" Minutenlang steht Anton da. Es arbeitet in ihm, Schließlich dämmert ihm eine tiefe universelle Erkenntnis:
,,Was hätt' das für einen Sinn, wenn i eich ane obahau und es wehrt's eich net. Das wär sinnlos."
Ein telepathischer Dialog beginnt. Antons weintraubenblaue Augen glänzen: ,,Wer sads denn“?°°
„Glugg!“
.,Ahso !“‘ Er versteht. „l bin der Anton. I lad euch alle ein."
Man muß keine elektroenzephalogrammatischen Messungen anstellen, um zu erkennen, daß sich
Anton den Sternen verbunden fühlt. Nur der Wirt warnt Anton: ,,Wannst hamkommst und deiner
Oidn sagst, du hast grüne Manderln g'sehn, kriagst sicher deine Watschen.“
ERKLÄRUNGSMODELL
Grundsätzlich gibt es zwei Arten. mit den Ereignissen vom I3. September umzugehen.
Entweder man geht davon aus, daß die beiden Aliens tatsächlich auf ihrer interstellaren Reise einen
Zwischenstopp im Burgenland gemacht haben. Oder man ist einer von den Skeptikern, für die all das
nur ein grober Unfug war.
Der Magier Tony Rei gehört von Berufs wegen zu den Zweiflern. „Es gibt zum Beispiel einen injizierbaren Farbstoff, der bis zu 48 Stunden lang durch und durch grün färbt. Das Blut wird grün, die Haut
und sogar das Sperma." Dieses Spezialserum sei entwickelt worden, um die Nierenfunktion zu testen.
„Bei uns allerdings ist das Zeug bislang fast unbekannt.“
Die Außerirdischen von St. Margarethen könnten sich aus lauter Jux und Tollerei eine derartige Substanz injiziert haben. „Oder noch simpler. Sie haben sich mit irgendeinem grünen Spray eingesprüht.“
Und die rätselhaft schillernden Insektenaugen. wie sie Augenzeugen beschrieben haben? „Ganz einfach“, meint Magier Rei, .“es gibt ja bekanntlich Spezialgeschäfte für farbige Kontaktlinsen in Wien.
Zum Beispiel Peter Optik. Da könnt' ich mir jeden Tag eine andere Augenfarbe zulegen. Genauso trau`
ich mir zu, jedes angeblich außerirdische Phänomen zu erklären - von der Feuersäule in der hohlen
Hand bis zum spurlosen Verschwinden in der Eselsmühle. Alles altbekannte Tricks."
Natürlich schmerzen diese irdischen Erklärungen die himmelstürmenden Erkenntnisse von UFOGläubigen. „In den USA sind ungezählte bedeutende Persönlichkeiten — angefangen von den sieben
letzten Präsidenten (!), Astronauten, Sheriffs und hohen Militärs bis zu den Reportern von Millionenblättern — von der Existenz der Extraterrestrischen überzeugt. Warum sollten sie nicht auch bei uns
gelandet sein? Wir fordern eine Welt-UFO- Behörde.“