8 Personalia News of DAVO Members
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8 Personalia News of DAVO Members
INHALTSVERZEICHNIS TABLE OF CONTENTS Inhaltsverzeichnis / Table of Contents 1 DAVO-Intern / Inside DAVO 1.1 Wichtige Hinweise für DAVO-Mitglieder / Important Announcements for Members of DAVO 1.2 Mitgliederstruktur der DAVO 2010 / Composition of DAVO Membership 1.3 Protokoll der Mitgliederversammlung 2010 / Minutes of the General Meeting 2010 1.4 DAVO-Dissertationspreis 2010 / DAVO Dissertation Award 2010 1.5 Vorträge des DAVO-Kongresses 2010 / Papers of the Congress of DAVO 2010 1.6 Neuer Vorstand der DAVO / New Board of DAVO 1.7 DAVO-Dissertationspreis 2011 / DAVO Dissertation Award 2011 1.8 Einladung zum 18. DAVO-Kongress, Berlin, 6.-8. Oktober 2011 / Invitation to the 18th DAVO Congress in Berlin 2011 1.9 Beitrittserklärung zur DAVO / DAVO Membership Application 1.10 Neue Mitglieder und Adressenänderungen / New Members and Change of Addresses 4 4 5 9 12 14 22 23 24 29 30 2 Veranstaltungsankündigungen / Forthcoming Conferences 2.1 Veranstaltungsankündigungen / Forthcoming Events 2.2 Ausstellungen / Exhibitions 39 39 46 3 Veranstaltungsberichte / Recent Conferences 48 4 Dissertationen und Habilitationen / Dissertations and Habilitations 52 5 Forschungsprojekte / Research Schemes 61 6 Institute und Organisationen / Centres and Organizations 6.1 Institutionen mit politikwissenschaftlichem Bezug zum Vorderen Orient in Deutschland, Österreich und der Schweiz 6.2 Studieren und Forschen in den Sozialwissenschaften an der Universität Kairo: Erfahrungen und Perspektiven 6.3 VAE – Höhere Bildung an zwei Universitäten in Sharjah 6.4 Centre for Academic Shi’a Studies (CASS), London 62 7 Stipendien, Sprachkurse und Praktika / Grants, Language Courses and Internships 77 8 Personalia / News of DAVO Members 78 9 Publikationen / Books and Journals 9.1 Veröffentlichungen von DAVO-Mitgliedern / Publications by DAVO Members 9.2 Rezensionen / Book Review 9.3 CURRENT CONTENTS Zeitschriftenartikel / Articles in Journals 9.4 Beiträge in Sammelbänden / Articles in Edited Books 9.5 Reihen / Series 9.6 Medienspiegel der Deutsch-Maghrebinischen Gesellschaft 62 68 73 76 78 78 87 115 133 135 136 3 WICHTIGE HINWEISE 1 DAVO-Intern 1.1 Wichtige Hinweise für DAVOMitglieder Neuer Rekordanstieg der DAVO-Mitgliederzahl Die Mitgliederzahl der DAVO ist bis zum Jahresende 2010 auf die Rekordhöhe von 1170 gestiegen. Dies bedeutet eine Zunahme um 121 Mitglieder innerhalb eines Jahres. Weitere Informationen über die Entwicklung und Struktur der DAVO-Mitgliederschaft siehe Seite 5. Erfolgreicher 17. Kongress der DAVO 2010 in Marburg Der 17. Internationale DAVO-Kongress fand vom 20. bis 24. September 2010 im Rahmen des 31. Deutschen Orientalistentages an der Philipps-Universität Marburg statt. Die Veranstaltung wurde ausgerichtet vom Centrum für Nah- und Mittelost-Studien unter organisatorischer Leitung von Dr. Leslie Tramontini, Prof. Dr. Stefan Weninger und Prof. Dr. Christoph Werner. Wir danken allen Mitgliedern des Organisationsteams für die ausgezeichnete Vorbereitung und Durchführung dieser Veranstaltung. Mit ca. 200 TeilnehmerInnen stellten die DAVO-Mitglieder rund ein Viertel der registrierten TeilnehmerInnen des DOT/ DAVO-Kongresses. Hinzu kamen zahlreiche (insbesondere ausländische) TeilnehmerInnen, die von etlichen als OrganisatorInnen von Panels tätigen DAVOMitgliedern als ReferentInnen eingeladen wurden. Zusammenfassung von Vorträgen siehe S. 14. DAVO-Dissertationspreis 2010 Der DAVO-Dissertationspreis 2010 für die beste Dissertation aus dem Bereich der gegenwartsbezogenen Orientforschung wurde zu gleichen Teilen verliehen an Dr. Pierre Hecker (Orientalisches Institut der Universität Leipzig) und Dr. Florian P. Kühn (Institut für Internationale Politik, Helmut Schmidt-Universität Hamburg): siehe S.12. 18. Internationaler DAVO-Kongress in Berlin am 6. – 8. Oktober 2011 Der Kongress der DAVO 2011 findet in der Freien Universität Berlin statt und wird ausgerichtet von Prof. Dr. Gudrun Krämer (Berlin Graduate School Muslim Cultures and Societies) in Kooperation mit der Arbeitsstelle Vorderer Orient des Instituts für Politikwissenschaft und dem Zentrum Moderner Orient. Zuständig für die Organisation sind Amke Dietert, Uta Kühne und Dr. Katharina Nötzold. Anmeldeschluss für Vorträge und Panels ist der 1. Juli 2011. Die Einladung zum DAVO-Kongress, Anmeldeformulare und weitere Informationen siehe S. 24. 4 IMPORTANT ANNOUNCEMENTS Important Announcements for Members of DAVO Number of DAVO members has continued to rise The number of DAVO members has arrived at a new record level of 1170 at the end of 2010. 121 new members joined DAVO last year. For information on the development, structure and composition of DAVO membership see page 5. Successful 17th International DAVO Congress in Marburg, 20 – 24 September 2010 The last international congress of DAVO took place at the University of Marburg. It was combined with the 31st Deutscher Orientalistentag. This international event was hosted by the Centre for Near and Middle Eastern Studies. The main organisers were Dr. Leslie Tramontini, Prof. Dr. Stefan Weninger und Prof. Dr. Christoph Werner. We thank all members of the organizing team for the excellent preparation and execution of this international event. About 200 members of DAVO participated in this conference, i.e. about one quarter of the total number of registered participants. Summaries of some of the presented papers are available at page 14. DAVO Dissertation Award 2010 The award for best dissertation in the field in the field of Middle Eastern studies in 2010 was split among two young scholars: Pierre Hecker (Orientalisches Institut der Universität Leipzig) and Florian P. Kühn (Institut für Internationale Politik, Helmut SchmidtUniversität Hamburg). For further information see page 12. 18th International DAVO Congress in Berlin, 6 – 8 October 2011 The Annual Congress of DAVO in 2011 will be held at the Free University of Berlin, chaired by Professor Dr. Gudrun Krämer (Berlin Graduate School Muslim Cultures and Societies) in cooperation with the Arbeitsstelle Vorderer Orient of the Institut für Politikwissenschaft and the Zentrum Moderner Orient. Amke Dietert, Uta Kühne and Dr. Katharina Nötzold are responsible for the organizational tasks. Deadline for the registration of panels is 1 July 2011. Invitation to this Congress, registration forms and further information see page 24. MITGLIEDERSTRUKTUR DER DAVO 1.2 Mitgliederstruktur der DAVO 2010 Composition of DAVO Membership Entwicklung der Mitgliederzahlen Nach der Vereinsgründung 1993 stieg die Zahl der DAVO-Mitglieder bis 1999 jährlich um rund 100 Personen (Abb. 1). Dann schwächte sich die Zuwachsrate ab, und 2004 ging die Mitgliederzahl sogar COMPOSITION OF DAVO MEMBERSHIP leicht zurück. Die Senkung des Mitgliedsbeitrags für Studierende und ein erheblich verbessertes Informationsangebot durch den DAVO-Info-Service verbunden mit einem steigenden Bekanntheitsgrad der DAVO an den Universitäten löste dann den jüngsten Boom von Beitritten aus. Dieser Boom ist ungebrochen. Der in der Abb. 1 für September 2010 angegebene Höchststand von 1152 Mitgliedern erhöhte sich bis zum Jahresende noch weiter auf 1170. 5 MITGLIEDERSTRUKTUR DER DAVO Fachrichtungen Bei der fachlichen Orientierung der DAVOMitglieder dominieren die Islamwissenschaften im weitesten Sinne, d. h. Orientalistik, Islamkunde, Arabistik, Turkologie, Iranistik, Semitistik etc. (Abb. 2). 41 % aller DAVO-Mitglieder gehören diesen Fachrichtungen an. Hier ist die mit weitem Abstand stärkste absolute Zunahme mit 165 neuen Mitgliedern seit 2006 festzustellen. Die folgenden Ränge nehmen Politikwissenschaft (18 % der Mitglieder), Geographie (7 %), Geschichte (6 %), Wirtschaftswissenschaften (4 %), Ethnologie und 6 COMPOSITION OF DAVO MEMBERSHIP und Soziologie bzw. Sozialwissenschaften (mit je 3 %) ein. Publizistik, Rechtswissenschaften und Religionswissenschaften sind mit jeweils rund 2 %, sonstige Fachrichtungen mit insgesamt 6 % vertreten, während für 7 % der DAVO-Mitglieder keine eindeutige Zuordnung zu einer bestimmten Fachrichtung möglich ist. Tätigkeitsbereiche 77 % aller DAVO-Mitglieder sind an Universitäten und Fachhochschulen tätig (Abb. 3). Diese Gruppe ist mit 284 neuen Mitgliedern in den letzten vier MITGLIEDERSTRUKTUR DER DAVO COMPOSITION OF DAVO MEMBERSHIP Jahren am stärksten gewachsen. In sonstigen wissenschaftlichen Institutionen sind 4 % der Mitglieder beschäftigt. Alle übrigen Tätigkeitsbereiche erreichen jeweils einen Anteil von maximal 2 %. Zu nennen sind hier Parteien und Stiftungen, Kulturund Bildungsinstitutionen sowie Presse, Medien und Verlage, außerdem die öffentliche Verwaltung, Bundes- und Landesministerien, Verfassungsschutz und Botschaften. Akademische Abschlüsse 12 % aller Mitglieder sind Professoren; Habilitierte und Privatdozenten stellen 3 % und promovierte WissenschaftlerInnen 22 % aller DAVO-Mitglieder (Abb. 4). Über einen Diplom-, Magister-, Master oder Ingenieursabschluss verfügen 31 %; sie bilden die größte Gruppe und haben seit 2006 mit 140 neuen Beitritten am stärksten zugenommen. Studierende erreichen einen Anteil von 26 %. Altersstruktur und Geschlechtsproportion Bei den weiblichen und männlichen Mitgliedern der DAVO ist die Altersgruppe der 25- bis 30-Jährigen am stärksten vertreten. Hier ist auch der höchste Anstieg in den letzten vier Jahren zu verzeichnen. Während die meisten internationalen Verbände der Orientforschung über gravierende Nachwuchsprobleme und Überalterung klagen, ist es der DAVO in einem Maße wie in keinem anderen Land Europas gelungen, besonders den wissenschaftlichen Nachwuchs zu mobilisieren – wobei durchaus auch in den meisten höheren Jahrgängen eine Zunahme der Mitglieder zu verzeichnen ist. Bei der graphischen Darstellung in Abb. 5 ist anzumerken, dass die geringe Zahl der Mitglieder im Alter von unter 20 Jahren und über 80 Jahren zur Gruppe der 20- bis 24-Jährigen bzw. der 75- bis 80Jährigen gerechnet wurde. Die „Frauenquote“, die 1998 noch bei 39 % lag und 2003 bereits auf 42 % gestiegen war, hat sich seit 2006 bei 48 % stabilisiert. 72 Mitgliedern, vor Leipzig mit 65 und Bonn mit 54 Mitgliedern. Den eindrucksvollsten Sprung auf der Rangskala hat Marburg von Platz 19 auf die fünfte Position mit 39 Mitgliedern vollzogen, was vor allem eine Folge der Gründung des Centrums für Nah- und MittelostStudien ist. Mainz (36 Mitglieder), Köln (33), Erlangen (30), Frankfurt (26) sowie München und Tübingen (je 25) folgen auf den nächsten Plätzen. Diese Auflistung verdeutlicht, dass an einigen Hochschulstandorten mit größeren Schwerpunkten in der Orientforschung offensichtlich immer noch ein erhebliches unausgeschöpftes Potenzial für die Mobilisierung neuer Mitglieder besteht. 223 DAVO-Mitglieder, das sind rund 19 % aller Vereinsangehörigen, leben im Ausland (Abb. 7). Dabei hat die Schweiz ihre Mitgliederzahl in den letzten vier Jahren verdoppelt und nimmt jetzt mit 28 Personen die Spitzenposition ein. Auf den weiteren Rängen folgen das Vereinigte Königreich (26), Österreich (25), Ägypten und die USA (je 16), Libanon (12 Mitglieder, vor allem durch das Orientinstitut in Beirut) sowie Frankreich (11). Zum größten Teil handelt es sich bei den im Ausland lebenden Mitgliedern um Deutsche, die sich dort aus beruflichen Gründen oder zu Studienzwecken aufhalten, sowie um ausländische Wissenschaftler, die in Deutschland promoviert haben. Günter Meyer, Mainz Herkunft der Mitglieder In der Abb. 6 sind die Beschäftigungsorte oder – sofern diese nicht bekannt waren – die Wohnorte der in Deutschland lebenden Mitglieder aufgeführt. Hier wird vor allem die überragende Position von Berlin mit 164 Mitgliedern und der größten Zunahme mit 48 Neueintritten in den letzten vier Jahren deutlich. Den zweiten Rang nimmt Hamburg ein mit 7 MITGLIEDERSTRUKTUR DER DAVO 8 COMPOSITION OF DAVO MEMBERSHIP DAVO-DISSERTATIONSPREIS 2010 DAVO DISSERTATION AWARD 2010 1.4 Verleihung des DAVO-Dissertationspreises 2010 DAVO Dissertation Award 2010 Im Rahmen des 17. DAVO-Kongresses in Marburg wurde am 20. September 2010 zum dritten Mal der DAVO-Dissertationspreis vergeben für die beste deutsch- oder englischsprachige Dissertation aus dem Bereich der gegenwartsbezogenen Orientforschung, die im Jahre 2009 an einer Universität in Deutschland, Österreich oder der Schweiz eingereicht wurde. Die Mitglieder des Auswahlgremiums – bestehend aus dem Vorstand und dem wissenschaftlichen Beirat – entschieden sich dafür, zwei Arbeiten zu gleichen Teilen mit dem DAVO-Dissertationspreis auszuzeichnen: Dr. Pierre Hecker (Orientalisches Institut der Universität Leipzig, Erstbetreuer Prof. Dr. Jörg Gertel): Heavy Metal in a Muslim Context: New Social Spaces in Istanbul Laudatio: Die Dissertation beschäftigt sich nicht nur mit dem Entstehen und der Ausbildung der Metal-Szene in Istanbul, mit einem – im wachsenden islamischen Kontext der gegenwärtigen Türkei – scheinbar ungewöhnlichen Verhalten und Erscheinungsbild junger Metalheads, die mit ihren langen Haaren, ihrer schwarzen Kleidung, ihren Tätowierungen in der Mehrheitsgesellschaft auffallen wollen. Der Autor lässt die Protagonisten vielmehr ihre Geschichte erzählen, lässt sie selbst zu Wort kommen, gibt den Metalheads eine Stimme, erschließt dabei die Ambivalenz selbst gewählter und fremd gemachter Subalternität junger Türken, welche „die Türkei“ irgendwie zeitweise immer wieder verlassen – nicht nur im Kopf, sondern auch durch Reisen –, die gleichzeitig allerdings mit ihrem gelebten Alltag „die Türkei“ sind, sie gleichsam mitmachen. Die Erfahrungen kollektiver Sichtbarkeit markieren hier zentrale Kristallisationspunkte einer Szene, die trans-national neue soziale Räume erschließt. Entsprechend lautet die zentrale Fragestellung des Autors: „Wie trägt die Aneignung neuer kultureller Ressourcen zur Produktion neuer sozialer Räume auf lokaler Ebene bei, wie nehmen diese Räume eine neue Bedeutung an, und wie initiieren sie eine Transformation des Alltagslebens?“ Pierre Hecker stößt damit in absolutes empirisches Neuland vor – denn Veröffentlichungen existieren zu dieser Thematik bisher nicht. Kaum eine andere Person als der Autor – selbst ein Metal-Anhänger – wäre in der Lage gewesen, diese ethno-geographische Untersuchung durchzuführen. Die herausragende Empirie ist die absolute Stärke dieser Dissertation und Pierre Hecker entwickelt sich zum Insider der türkischen Metal-Szene, ohne jedoch die kritische Distanz zu seinem Untersuchungsfeld zu verlieren. 12 Verleihung des DAVO-Dissertationspreises 2010 (von links nach rechts): Dr. Florian P. Kühn, Prof. Dr. Annette Jünemann, Dr. Pierre Hecker und Prof. Dr. Günter Meyer. Der Autor lebte insgesamt 15 Monate als teilnehmender Beobachter in der Türkei, meist in Istanbul, forschte und lernte Türkisch. Über einen Zeitraum von sieben Jahren führte Hecker mehr als 70 oft mehrstündige thematische und biographische Interviews mit Schlüsselpersonen der türkischen Metalszene durch. Hinzu kamen mehrere Dutzend themengeleiteter Gespräche. Er nahm eine systematische Auswertung der Presse vor, beschäftigte sich mit der MetalGeschichte, war in ständigem E-Mail Kontakt mit Szenemitgliedern, wertet Kartoons, Comic Strips und Flyers aus und recherchierte internationale Verflechtungen der Szene. Zunächst rekonstruiert die Arbeit systematisch die Geschichte und die Ausbildung der türkischen MetalSzene. Nach dem Militärcoup 1980 stehen im Mittelpunkt einerseits die informellen sozialen Netzwerke, über die der Zugang zur Metal-Kultur und zu ihrer Verbreitung erfolgt, und andererseits das zunehmende Sichtbarwerden der Szene und die Markierung des öffentlichen Raums – etwa durch Rockcafés. Beleuchtet wird dann ein neuer öffentlicher Diskurs, der die Auseinandersetzung zwischen der Mehrheitsgesellschaft und der Metal-Szene seit Ende der 1990er Jahre strukturiert: der Satanismus. Zur Analyse dieser aufgeladenen Debatte legt Pierre Hecker das Konzept der moral panics zu Grunde. Empirischer Bezugspunkt sind mehrere Selbstmorde bzw. die Ermordung von Jugendlichen, die mit der MetalSzene in Verbindung gebracht wurden. Untersucht wird auch die Frage nach der persönlichen Bedeutung von Metal. Zum einen werden globale Bezüge im Hinblick auf die Übernahme von Symbolen untersucht und zum anderen wird exemplarisch die biographische Situation der Aushandlung von Metal-Bedeutung und Identität aufgezeigt. Das letzte Kapitel widmet sich der Konstruktion von moralischen Grenzen anhand der Konzepte von Ehre und Scham. Insgesamt ist festzuhalten, dass hier eine Dissertation vorliegt, die in empirisches Neuland vorstößt und abstrakte Fragestellungen mit eigenen empirischen DAVO-DISSERTATIONSPREIS 2010 Untersuchungen, die unter keineswegs einfachen Bedingungen durchgeführt wurden, in herausragender Weise verbindet. Pierre Hecker zeigt dabei geradezu exemplarisch, wie theoriegeleitete Untersuchungen eine tiefgreifende Analyse empirischer Befunde in einer globalisierten Welt ermöglichen und wie erst dadurch eine sinnvolle Interpretation der Praxis erzielt werden kann. Mehr noch, die Arbeit positioniert sich an der Forschungsfront der Nah-Ost-Wissenschaften und bringt neue wissenschaftliche Erkenntnisse hervor. Dr. Florian P. Kühn (Institut für Internationale Politik, Helmut Schmidt-Universität Hamburg, Erstbetreuerin Prof. Dr. Annette Jünemann): Sicherheit und Entwicklung in der Weltgesellschaft. Liberales Paradigma und Statebuilding in Afghanistan. Laudatio In Afghanistan zeitigen die Bemühungen um den Aufbau eines demokratischen Staates keine nachhaltigen Erfolge. Stattdessen nehmen Instabilität und Gewalt zu – vor allem gegen die internationalen Einsatzkräfte. Angesichts dieser Situation geht es Florian Kühn nicht allein darum, tagespolitisch verwertbare Empfehlungen an die Politik in Bezug auf Afghanistan zu formulieren. Sein Erkenntnisinteresse ist grundsätzlicher und zielt auf die strukturellen Gründe für die Defizite der westlichen Interventionspolitik und des damit einhergehenden Statebuilding-Ansatzes. Ausgehend von der These, dass die konzeptionellen Schwächen westlicher Welt- und Interventionspolitik im Kern liberalen Denkens liegen, unterzieht der Autor deren theoretische Grundlagen einer umfassenden Durchsicht. Dabei offenbart er ein äußerst kritisches Wissenschaftsverständnis, mit dem er gängige Denkschemata mutig durchbricht, den normativen Konsens über die Höherwertigkeit des liberalen Weltbildes auf den Prüfstand stellt und die inneren Widersprüche liberaler Weltpolitik aufdeckt. Signifikant für die von Florian Kühn verfolgte Fragestellung ist die im Liberalismus wurzelnde westliche Konzeption von Sicherheit und Entwicklung im Kontext von Staatlichkeit. Darin erkennt der Autor wesentliche Ursachen für die vielfältigen Widersprüche liberaler Weltpolitik. Diese Widersprüche konkretisiert er unter Heranziehung unterschiedlicher theoretischer Konzepte zu Thesen, die er anhand einer empirischen Fallstudie zu Afghanistan überprüft. In dem anspruchsvollen Analyserahmen und der provokanten Ausgangsthese manifestiert sich die intellektuelle Selbständigkeit des Autors. In seinem Streben nach Erkenntnis scheut er nicht davor zurück, mit normativen Tabus zu brechen, die in der politischen Praxis seit dem Endes des Ost-West-Konflikts geradezu sakrosankt geworden sind und selbst im wissenschaftlichen Diskurs wenig hinterfragt werden. Damit werden auch der praktischen Politik neue Perspektiven geöffnet, die über die Tagesaktualität und deren Sachzwänge hinausweisen. Originalität und Relevanz dieser Arbeit stehen damit außer Frage. DAVO DISSERTATION AWARD 2010 In den Kapiteln zu Sicherheit, Entwicklung und vor allem zum Verhältnis zwischen diesen beiden Konzepten wird die überdurchschnittliche Belesenheit des Kandidaten in beeindruckender Form unter Beweis gestellt. Sein holistischer Ansatz, der ohne diese Grundlagen gar nicht operationalisierbar gewesen wäre, führt ihn durch die Ideen- und Geistesgeschichte, in der er sich ebenso souverän bewegt wie im Umgang mit den modernen Theorien der Internationalen Beziehungen und der politischen Ökonomie. Dabei trägt er auch selber zur Theoriebildung bei. So z. B., wenn er das Konzept des Sicherheitsdilemmas von der staatlichen Ebene auf die gesellschaftliche Ebene überträgt und damit den sich derzeit noch bekämpfenden gesellschaftlichen Akteuren Afghanistans das Potential zuspricht, sich zu einem Staat bzw. einer eigenen Herrschaftsform zu entwickeln. Analog dazu geht er auch über bisherige Rententheorien hinaus, die er auf den nichtstaatlichen Bereich ausweitet und damit ökonomische Renten aus Schmuggel und Drogenhandel in seine Analyse integrieren kann. Bemerkenswert im Kontext der Theoriebildung ist nicht zuletzt die eigenständige Konzeption von Entwicklung als sukzessive Reduktion existentieller Risiken, die eine übergreifende Analyse weltwirtschaftlicher, staatlicher und kulturell-sozialer Zusammenhänge erlaubt und damit als Bereicherung des entwicklungstheoretischen Diskurses zu werten ist. In der Fallstudie zu Afghanistan weist Kühn nach, dass er nicht nur ein ausgezeichneter Theoretiker ist, sondern auch empirisch präzise zu arbeiten versteht. Dies bedarf insofern besonderer Erwähnung, als sich die Feldforschung in Afghanistan durch die krisenhaften Entwicklungen und die Verschärfung der Sicherheitslage – vorsichtig ausgedrückt – als problematisch erwies. Hier war Flexibilität und Anpassungsfähigkeit gefragt, ohne dabei auf sozialwissenschaftliche Standards zu verzichten. Florian Kühn hat sich mit dieser exzellenten Dissertation, die bereits in der Reihe „Politik und Gesellschaft des Nahen Ostens“ veröffentlicht wurde, einen festen Platz in der internationalen WissenschaftsCommunity erarbeitet, wovon die zahlreichen Vortrags- und Publikationsangebote zeugen – sowohl zum Thema Afghanistan als auch zu allgemeinen Themen der Sicherheitspolitik und ihrer theoretischen Perspektiven. 13 VORTRÄGE 17. DAVO-KONGRESS 1.5 17. DAVO-Kongress in Marburg am 20.-24. September 2010 Vorträge von DAVO-Mitgliedern Papers of DAVO Members Mahmoud Abd-Allah (Düsseldorf): Ist die arabische Sprache vom Verfall bedroht? Die Stimmen, die zur Rettung des Arabischen vor dem Untergang rufen, werden immer lauter. Ob das Arabische von Anglizismen und Umgangssprache bedroht oder ob es von Allah beschützt wird, sind u.a. Fragen des Vortrags. Wenn wir uns dieser Debatte weniger ideologisch und mehr von den Fakten her nähern, müssen wir feststellen, dass die Verwendung von Fremdwörtern kein Zeichen mangelnder Beherrschung der Muttersprache ist, sondern sich dadurch erklärt, dass Fremdwörter als prägnanter und gebildeter gelten. Und das ist eine sehr alte „Tradition“, keineswegs ein spezielles Problem des Arabischen. Auch sollten wir nicht der Illusion verfallen, die arabischen Dialekte würden das Hocharabisch ersetzen. Dialektischer, sogar falscher Sprachgebrauch lässt keine Schlüsse auf den Zustand „der Sprache“ zu. Die Betrachtung der Ausbreitung von Fremdwörtern und Dialekten als Verwahrlosung der Sprache ist somit genauso klar zurückzuweisen, wie die Berufung auf den Vers neun der Sure al-Hijr als Argument, dass Arabisch heilig und Allah sein „Beschützer“ sei. Sprachwandel heißt nicht Religionswandel und Arabisch ist nicht nur die Sprache des Korans, sondern vor allem eine von vielen Millionen lebenden Menschen benutzte Sprache. Die Sprachpflege von heute sollte in erster Linie keine Frage dogmatischer, sondern sprachsoziologischer Natur sein. Vielleicht fänden Linguisten wie Sibawayhi den Gebrauch einer „Lingua franca“ und der Dialekte nicht besonders „funny“, aber funny fänden sie wahrscheinlich die übertriebene Aufregung, denn ein Rückzug oder gar Aussterben des Arabischen ist nirgendwo in Sicht. Mahmoud Abd-Allah (Düsseldorf): Der Koran und die Werbung: Islamisierung vs. Säkularisierung der Werbung In dem Vortrag wird versucht, die Rolle der Religion in der Werbekommunikation nachzuzeichnen. Es wird u. a. den Fragen nachgegangen, wie und warum religiöse Elemente in der Werbung arabischer und deutscher Kultur eingesetzt werden und ob dadurch Religion lächerlich gemacht wird. Die Bedeutung, aber auch die Problematik der Werbung mit religiösen Motiven liegt weniger darin, wie sie sich auf das Verständnis des Rezipienten auswirken, als vielmehr welche Einstellung die jeweiligen Rezipienten zur Religion haben. Im Okzident ist das Christentum heute eher eine historische Kategorie. Man betrachtet Bibelsprüche lediglich als Zitate. Hingegen gibt es kaum eine islamische Gesellschaft, in 14 PAPERS DAVO CONGRESS 2010 welcher der Koran keinen zentralen Stellenwert besitzt. Daher weisen die Methoden der Werbemacher und die Reaktionen der Rezipienten in beiden Gesellschaften diverse Unterschiede auf, obwohl man in beiden Kulturen religiöse Motive aus den gleichen „profanen“ Gründen, also zur Produktwerbung, verwendet. Positive wie negative Reaktionen provoziert nicht die Werbung an sich, sondern eher der religiöse Status des Empfängers. Während man in Europa meistens gar nicht an Religion, sondern eher daran denkt, wie die Werbebotschaft amüsant und lustig wirken könnte, sieht die islamische Welt diese Art von Werbung als eine Abweichung vom Islam, die verdammt werden muss. Religiöse Symbole sind nach dem eigenen Selbstverständnis unantastbar. Doch so, wie die Verwendung von religiösen Motiven in westlicher Werbung nicht als allgemeiner Angriff auf Religion verstanden werden kann, sollte das Hochhalten islamischer Werte nicht gleich als „fundamentalistischer“ Versuch zur Sakralisierung säkularer Kulturen missdeutet werden. Mara Albrecht (Erfurt): Orders of Violence in the Lebanese Civil War The civil war (1975-90) caused many changes in the complex power structures within the fragmented political system in Lebanon. The main actors were political parties of traditional or new za’ims and their respective militias. Some of the larger parties also created civil administrations in their territories, which were backed up by the militias. They offered security and public services which the Lebanese state, or what remained of it, could not provide. The experience of self-governed civil administrations in monoconfessional “cantons” altered the perspective of the parties and continues to have some influence on their postwar policies. The paper is focused on the "Civil Administration of the Mountains" created by the Druze Progressive Socialist Party and the “Poplar Committees”, formed by the Maronite Kataeb/Lebanese Forces. Different aspects of the two selected civil administrations such as their basic concept, the provided services, their financing, and the connection with party and militia are compared. By emphasizing the differences and similarities between them, they are classified on the basis of the theoretical framework of “Orders of Violence”. Grounded on the assumption that wars may also have a constitutive character, every conflict can be regarded as an alternative form of social order in which new social rules were established and perpetuated by use of violence. Non-state violent actors create more or less institutionalized structures which can be classified in the range between two opposing ideal types of orders of violence: Warlord figurations and quasistates (Bakonyi/Stuvoy, 2006). The presentation is based on interviews with party officials of both parties, analysis of primary sources as well as secondary literature regarding the civil administrations. VORTRÄGE 17. DAVO-KONGRESS Iftikhar A. Al-Naqash (Baghdad): Social Development of Iraqi Governorates in Comparison Up to 2003, data shortages prevented a comprehensive assessment of the human development situation in Iraq. Surveys conducted since 2004 by the Central Organization for Statistics and Information Technology permit the measurement of national Human Development indicators. Based on these surveys, the first comprehensive Iraqi National Report on the Status of Human Development (INRHD) was published in 2008. Whereas most of the data contained in these surveys and in the INRHD relate to Iraq as a whole, 12 variables are collected on Governorate basis and permit a comparison of social development among 18 Iraqi Governorates. This paper attempts, on the basis of these 12 variables, to identify the social development differences among 18 Iraqi Governorates using first the equal weighted distance vector method and, secondly, the principal component method. The two methods used to calculate regional composite social development index resulted in similar rankings of the governorates, except some very simple changes in four out of the 18 governorates. The level of the social development vary from one governorate to another according to the level of economic activities, health and education. The highest level was recorded in Erbil, whereas the lowest level was in Salahulddin. The most important variables in ranking the governorates were (1) the gender unemployment rate, (2) the percentage of population with chronic disease conditions, and (3) the percentage of population having a computer. André Bank & Thomas Richter (Hamburg): Monarchische Herrschaft im arabischen Raum: Genese, Niedergang und Reproduktion Arabische Monarchien müssen zu Beginn des 21. Jahrhunderts als eine besonders stabile Form autoritärer Herrschaft angesehen werden. In historischer Perspektive stellt das Ende der Sanusi-Dynastie in Libyen 1969 den letzten Fall eines Zusammenbruchs monarchischer Herrschaft in der arabischen Welt dar. Was sind also die wichtigsten Erklärungsfaktoren für die Dauerhaftigkeit der acht aktuell herrschenden arabischen Monarchien? Was unterscheidet sie in ihrer historischen Genese von ihren zusammengebrochenen Schwestern? Welche gemeinsamen und unterschiedlichen Eigenschaften charakterisieren die Monarchien Marokkos, Jordaniens, Saudi-Arabiens, Bahrains, Kuwaits, Katars, Omans und der Vereinigten Arabischen Emirate bis in die Gegenwart? Basierend auf einer systematischen Auswertung der jüngeren sozial-, regional- und islamwissenschaftlichen Literatur zu den arabischen Monarchien wirft dieser Vortrag einen Blick auf die Eigenheiten und Varianten arabischer Monarchien seit dem Ende des 2. Weltkriegs. Dabei werden partikularistische (islamische Legitimität, Tribalismus, Patriarchat) und universalistische (Rentierismus, sicherheitspolitische Einbettung) Erklärungen herausgearbeitet und kritisch disku- PAPERS DAVO CONGRESS 2010 tiert. Als zentrales Ergebnis wird darauf verwiesen, dass keiner der Einzelfaktoren allein die Dauerhaftigkeit arabischer Monarchien erfassen kann. Vor diesem Hintergrund werden abschließend unterschiedliche Kombinationen von Erklärungsfaktoren unterschiedlichen Varianten arabischer Monarchien gegenübergestellt und auf ihren jeweiligen Sinngehalt überprüft. Ulrich Brandenburg (Bonn): Der andere Orient. Das Japanbild in drei ägyptischen Texten vom Anfang des 20. Jahrhunderts Zu Anfang des 20. Jahrhunderts war in vielen Ländern des Orients eine regelrechte Japanbegeisterung zu spüren. In Ägypten und im Osmanischen Reich spielte sich diese Faszination für Japan auf zwei Ebenen ab: Einerseits galt auf der säkularen Ebene Japan als Vorbild für die Schaffung eines leistungsfähigen, den Herausforderungen des europäischen Imperialismus gewachsenen Staates. Andererseits begeisterte man sich auf der religiösen Ebene für die Idee einer Konversion Japans zum Islam. Vor diesem Hintergrund untersuchte der Autor MuOPafQ KQmils aš-Šams al-mušriqa (1904) und zwei Reiseberichte von RAlS ATmad al-UirVQwSs (1907/08) und MuTammad RAlS (1910). Dabei hat sich gezeigt, dass, sowohl was den säkularen als auch was den religiösen Aspekt der Japanbegeisterung betrifft, der Verweis auf Japan der charakterlichen Formung der eigenen Nation dienen soll. Eingefordert werden dabei viktorianisch anmutende Werte wie Tatkraft und Opferbereitschaft, die einem internationalen Wertediskurs entstammen, wie er sich etwa beispielhaft in dem Werk Self-Help (Erstausgabe 1859) von Samuel Smiles verkörpert. Dass somit auch in der religiösen Beschäftigung mit Japan der Einfluss europäischer Ideen nicht zu unterschätzen ist, zeigt sich am deutlichsten bei al-UirVQwS, in dessen (möglicherweise fiktivem) Reisebericht sich erstaunliche Parallelen zu zeitgleichen christlich-missionarischen Diskursen zeigen. Die Idee einer Islamisierung Japans erscheint bei al-UirVQwS demnach letztlich als Folge der Konkurrenz mit der christlichen Weltmission, wobei alUirVQwS in seinen eigenen islamischen Missionsanstrengungen die christliche Argumentation und christliche Methoden in großen Teilen übernimmt. Philipp Bruckmayr (Linz): From Chrang Chamres to Mecca and back again: Fatawa by Shaykh Ahmad al-Fatani (d. 1906) for Cambodian Muslims At the end of the 19th century the Patani scholar Ahmad b. Muhammad Zayn al-Fatani was one of the eminent Southeast Asian figures in the religious life of Mecca. Besides being a renowned teacher of various Islamic sciences, he played an important part in the dissemination of Malay Islamic literature in his capacity as supervisor of the Ottoman Malay printing press. Moreover, with al-Fatawa al-Fataniyyah he left one of the era’s very few extant collections of Southeast Asian fatawa, five of which responded to enquiries of Cambodia’s Muslim Chams. Apart from serving as 15 VORTRÄGE 17. DAVO-KONGRESS evidence for the fact that certain segments of the Cambodian Muslim community were clearly not as isolated from the wider Islamic world as is often assumed, these are providing us with a rare spotlight on specific issues, which preoccupied Cham religious elites at the turn of the 20th century: The intricacies of being neither part of the Arabic nor Malay logosphere, as well as of generational divides and of forming a minority population in a Buddhist state under an European protectorate. Strikingly, one of the themes already addressed in the collection, namely the question of the appropriate formula to conclude a marriage, was to remain at the forefront of intra-Muslim controversy in Cambodia for subsequent decades. Accordingly, the paper will discuss the written evidence of issues raised and responses provided in al-Fatawa alFataniyyah against the backdrop of what is otherwise known concerning Islam in Cambodia in the decades preceding and immediately following the completion of the collection. Philipp Bruckmayr (Linz): The Malays and Indochina during Southeast Asia’s Buginese/Chinese Centuries The gradual virtual takeover of major centers on the Malay peninsula and Borneo, most prominently the Sultanate of Johor-Riau, by initially alien Bugis dynasties, led Western scholarship to baptize the 18th century as the “Bugis century” in Southeast Asia. A denomination finding a viable contender in the largely coinciding “Chinese century” (1740-1840), which stresses the paramount role played by Chinese traders, captains and coolies in inaugurating a new phase of commercial expansion in the region. Finally, the Minangkabau, especially after the founding of the Sultante of Siak on Sumatra’s east coast, became a major regional player. Both Johor-Riau and Siak came to profit massively from Chinese activities, and the same applies to the Indochinese mainland with its Khmer and Vietnamese coastlines towards the Gulf of Thailand and the South China Sea. However, Malay presence in present day Cambodia and Vietnam and Malay-Khmer or Malay-Vietnamese relationships during the period in question have rarely been dealt with by historical scholarship so far, as scholars of Malay history in the 18th century have usually failed to take contemporary developments in Indochina into account and vice-versa. The present paper will present and analyze relevant reports from Malay and Vietnamese sources, such as how Daeng Kamboja, third yang dipertuan muda (under-king) of Johor-Riau (r. 17451777) acquired his intriguing name and how Siak’s Sultan Ismail (d. 1781), having been ousted by the Dutch, was invited by the Minangkabau colony of HaTien to attack and to take over this Chinese-ruled port of Indochina instead. Markus Dressler (Istanbul): The Role of Turkish Historiography in the Formation of National Memory 16 PAPERS DAVO CONGRESS 2010 Turkish nationalism was rather successful in establishing a collective memory about the Turks, their culture, and history. Historiography played a crucial role in this process. The basic knowledge about Turkish nationhood and its history that has been created and codified between the 1910s and 1930s has ever since remained remarkably stable. The author argues that it is not possible to understand the scholarship of late Ottoman/early Republican intellectuals such as the Turkish historian Mehmed Fuad Köprülü (18901966), whose work tried to prove the continuity of Turkish national culture, without taking into account nationalist politics, which provided an important subtext for the study of history, as well as related disciplines in this period. Influenced by Ziya Gökalp, Köprülü believed that a firm historization of its evolution was existential for the take-off of Turkish nationalism. In his writings from 1913 onwards, Köprülü set out to write a history of the Turkish “national spirit” as revealed in popular Turkish literature and religious culture. His work contributed significantly to the still hegemonic narrative of the continuity of Turkish culture from ancient pre-Islamic Central Asia to modern Turkey. In this way he provided Turkish nationalism with a internationally recognized academic narrative that helped to legitimize and make evident nationalist claims both to the outside world and to the Turkish people. Ali Fathollah-Nejad (London): The Iran Conflict in the Obama Era: Strategic Considerations With Barack Obama assuming the U.S. presidency in 2009, many predicted a peaceful resolution of the conflict with Iran. The paper discusses the strategic debates in Washington and Tehran related to the question of bilateral ties. It suggests that the present standoff can be expected to prevail due to both sides' lack of a strategically coherent approach, furthered by factions benefiting from the on-going conflict. Hanaa A. Hammood (Erlangen): Women's Role in the Economic Reconstruction of Iraq Since the establishment of a religious state after the War of 2003, women are excluded not only from the public life, but also from the economic life due to a number of factors the most pressing of them being discrimination against women, shortage of education and training and unequal access to financial resources. Women’s ratio in public sector employment declined from 46 % in 2002 to 17 % in 2008, whereby this sector was providing 43% of all jobs and 60 % of all full time jobs in Iraq in that year. Female employment in primary schools declined from 60 % in 1999 to 20 % in 2008 which was mainly the result of reinstatement of previously dismissed male staff and the increase in salaries. As the scarcity of human capital is one of the crucial impediments to the economic reconstruction and development of Iraq, the creeping exclusion of women from the public and economic life is a major threat to international efforts to combat economic de- VORTRÄGE 17. DAVO-KONGRESS cay and social unrest. In this perspective, the high proportion of women to men resulting from wars since 1980s and violence since 2003 is not only a pressing social problem in the present circumstances of religious extremism, but also a fact that augments the problem of wasting the scarce human resources highly needed for the economic reconstruction and development of Iraq. Simone Evelyn Heil (Bremen): Deutsche als Vermittler im Nahostkonflikt? Ergebnisse einer qualitativen Studie Da die deutsche Nahostpolitik in den letzten Jahren aktiver geworden ist, wird oft die Frage gestellt, ob Deutsche wirklich neutrale Vermittler im arabischisraelischen Konflikt sein können. Im Rahmen der Dissertation „Jugendaustausch und die besonderen Beziehungen zwischen Deutschland und Israel: Interdependenz von Strukturen und Akteuren“, wurden 23 Politiker und 18 Organisatoren von trilateralen Jugendaustauschprogrammen zwischen Deutschen, Israelis und Palästinensern zu ihrer Meinung befragt, inwieweit deutsche Jugendliche als Vermittler im Nahostkonflikt fungieren können. Die Auswertung der Interviews erfolgte mittels qualitativer Inhaltsanalyse. Anhand der Fragen und den Antworten wurde ein induktiv-deduktives Kategoriensystem entwickelt. Aus den Ergebnissen wird eine gewisse Diskrepanz zwischen den Antworten der Politiker und Praktiker ersichtlich. Während sich die Botschafter, Parlamentsabgeordneten und Bürgermeister mehrheitlich auf beiden Seiten dafür aussprachen, deutsche Jugendliche als Vermittler einzusetzen, um so den Friedensprozess im Nahen Osten zu untermauern, waren die Organisatoren des Jugendaustauschs eindeutig dagegen. Hauptargumente gegen eine deutsche Vermittlerrolle im Nahostkonflikt waren die Verflochtenheit der deutsch-israelischen Beziehungen aufgrund des Holocausts, die Komplexität des arabisch-israelischen Konflikts und die Unerfahrenheit der deutschen Jugendlichen. Die Ergebnisse dieser qualitativen Studie zeigen, dass die deutsche Vermittlerrolle im Nahostkonflikt ein sehr heiß diskutiertes Thema zwischen den verschiedenen Interessensgruppen ist. Während auf der politischen Makroebene Deutsche zunehmend als akzeptierte Akteure in der Konfliktbewältigung im Nahen Osten wahrgenommen werden, ist dies weniger der Fall auf der Mikroebene des Jugendaustauschs. Der politische Wille, deutsche Jugendliche als Vermittler im Konflikt einzusetzen, wird heftig von den Jugendaustauschorganisatoren kritisiert. Sabine Hofmann (Berlin): Eine Ökonomie, viele Rezepte? Wirtschaftspolitische Konzeptionen in Konflikt- und Kriegsökonomien im Vergleich. Das Beispiel Westjordanland und Gazastreifen In der Bewertung ihrer wirtschaftspolitischen Programmatiken für Entwicklungsökonomien gehen Donorstaaten und internationale Organisationen vor- PAPERS DAVO CONGRESS 2010 rangig von neoliberalen Ansätzen und Wirtschaftswachstum aus. Das trifft auch auf Ökonomien und Institutionen in politischen Entities zu, die nach Kriegen neu entstehen oder durch Konflikte weiterhin von externen Akteuren besetzt oder abhängig sind, die die Nationalökonomien letztendlich entscheidend beeinflussen. So hat in den Palästinensischen Autonomiegebieten im Westjordanland und Gazastreifen (WJLGS) die israelische Regierung das Besatzungsregime zwar verändert, doch die Reglementierungen behindern weiterhin eine souveräne palästinensische Verfasstheit. Die internationalen Hilfsgelder werden kanalisiert und institutionalisiert unter der Schirmherrschaft der Donorstaaten und Organisationen. Die politischen Rahmenbedingungen als bekannt vorausgesetzt, wird im Beitrag auf die strukturellen Auswirkungen von Okkupationsregime, Rentier(staats)system und Quasi-Staatsbildung auf die Wirtschaft und Gesellschaft und deren Differenzierung in WJL und GS eingegangen. Dazu erfolgt zunächst ein grober Überblick über die wichtigsten Wirtschaftskonzeptionen und „Entwicklungsstrategien" der palästinensischen Hauptakteure seit 1990 und deren Umsetzung. Das führt schließlich zu dem im August 2009 von MP Fayyad verkündeten Programm mit dem Ziel Establishing the State und den von der PNA im Januar 2010 veröffentlichten Priority Interventions. Dem gegenüber steht die Realität der wirtschaftlichen und politischen Differenzierung: Im Westjordanland Palestine Investment Conference 2008 und 2010 in Bethlehem, Institutionenaufbau, Wachstumsprognosen usw.; im Gazastreifen UNRWA-Versorgung, Niedergang des Privatsektors, Blockade und Tunnelökonomie. Schwerpunkt der Darlegung ist die Frage, inwiefern die angewendeten wirtschaftspolitischen Konzepte dazu geeignet sind, dem Ziel der Staatsgründung näher zu kommen oder ob dadurch die politischen Differenzen zwischen den polit-ökonomischen Entities und letztendlich ihre Krisen- und Konfliktanfälligkeit verstärkt werden. Maria Josua (Tübingen): The King’s Advantage: Legitimität und Legitimierung monarchischer Herrschaft Modernisierungsprozesse in arabischen Monarchien haben nicht zu einer Destabilisierung oder Abschaffung dieser Herrschaftsform geführt, anders als von Huntington mit dem Begriff „The King’s Dilemma“ prognostiziert. Ganz im Gegenteil lassen Dynastisierungen in arabischen Republiken darauf schließen, dass die traditionelle Herrschaft der Monarchie Vorbildcharakter hat und also einen Vorteil darzustellen scheint. Worauf gründet sich „The King’s Advantage“? Der Vortrag argumentiert, dass die Elemente von Legitimität und Legitimierung in Monarchien weniger krisenanfällig sind als solche in anderen Regimetypen. Die Stabilität arabischer Monarchien kann somit durch ihre spezifische Kombination legitimierender Faktoren erklärt werden. Dabei sind zunächst die in 17 VORTRÄGE 17. DAVO-KONGRESS Monarchien nach Weber idealtypisch vorhandenen Legitimitätsquellen zu nennen, traditionelle und teilweise religiöse Legitimität. Zudem hatten Krisen materieller Legitimität in ressourcenreichen Golfstaaten bislang weniger gravierende Auswirkungen als in ärmeren Semi-Rentiers. Aus der konzeptuellen Verknüpfung von klassischen Legitimitätsquellen mit modernen Legitimierungsstrategien wird eine integrierte Typologie entwickelt, anhand derer sich die Besonderheiten von Monarchien herausarbeiten lassen. Berücksichtigt man strukturelle und personale Formen von Legitimität, so fällt auf, dass die besondere Rolle des Monarchen eine effektivere Nutzung von personaler Legitimität ermöglicht als das bei Staatsoberhäuptern von Republiken der Fall ist, die sich zumindest symbolischen Abstimmungen stellen müssen. Insgesamt verfügen Monarchen über eine vorteilhafte Ausgangslage durch ihre verhältnismäßig krisenfesten Legitimationsquellen sowie eine große Bandbreite neuer Legitimierungsstrategien. Da Legitimität sich jedoch nicht nur auf die Strategien von Herrschern beziehen, sondern vor allem die Anerkennung durch die Bevölkerung im Blick hat, ist die Frage, ob Monarchien ihren grundsätzlichen Vorteil nutzen, nur empirisch zu beantworten. Dabei spielt auch die regionale Einbettung eine wichtige Rolle. Fouad J. Kadhem (Exeter): Shi’i of Iraq and Arab Nationalism Disputing the Myth Until recently, there has been a very common stereotype indicating to a strong opposing trend for Arab nationalism among the Shi’a of Iraq let alone the Shi’a in general on contrast to a deep-rooted and dominant pan-Arabism tendency associated with the Sunni of Iraq. Such a picture is existing in both western research and Arab writings. Geography, the influence of the Persian ‘ulama or even an old hatred for the Arab, all these reasons may be suggested as explanations for the Shi’i antagonism of Arab nationalism. According to this myth-story, Arab nationalism in Iraq is specifically linked to the ex-Sharifian Sunni Arab Officers. This story, it is argued, began with the forming of the first nationalist movements such as al‘Ahd and Haras al-Istiqlal, which are considered as the ‘Founding Fathers’ of Arab nationalism in Iraq during the 1920s. In seeking to explore the rare documents and political literature that appeared in Najaf in particular in the turn of the 20th century, the author comes to the conclusion that the common view is far from the truth. Along with the primitive tendency of Arab nationalism in the Fertile Crescent, the nationalist ideas were advocated by the Shi’i ‘ulama in Najaf in the first stage as an expression of spontaneous and non organized sentiments. This short phase occupied the period between the beginning of the 20th century and 1920. This period was interrupted however by the assumption of the Sharifian Sunni elite of the political power and characterized by its clear pan-Arabism tendency. 18 PAPERS DAVO CONGRESS 2010 However, the second stage (dated between 1921 and 1941) witnessed a kind of secular and anti-Shi’i sense, theoretically set out by Sati’ al-Husri and put in effect by the governing Sunni elite. Starting from the mid of the 1940s until 1963, however, a third phase could be distinguished with a rising Shi’i element among the Arab nationalist movement. During this period, Arab nationalism became imbued with an Islamic thread, the fact that attracted more Shi’i followers. This phase, however, came to its end in 1963 with the start of the first Ba’th government and ‘Abdul Salam ‘Arif. It was followed be the final phase which lasted until the toppling of Saddam’s regime in 2003. Stephan Kokew (Leipzig): Aspekte von Toleranz in zwölferschiitischen Korankommentaren Bei der Frage nach der Vereinbarkeit von koranischen Aussagen mit dem modernen Toleranzprinzip spielen Koran 2:256 und 2:148 in aktuellen Debatten um „Toleranz im Islam“ eine zentrale Rolle. Der Vortrag thematisiert die beiden Verse aus zwölferschiitischer Sicht und diskutiert sie im Hinblick auf die Bestimmungen des modernen Toleranzbegriffs. Als Grundlage dienen hierfür der zwölferschiitische Korankommentar Tafs%r al-M%z(n des iranischen Gelehrten Muhammad Husain ^abQ_abQ’S, der als einer der wichtigsten zwölferschiitschen Theologen des Iran gilt, und der Kommentar Min wahy al-Qur’(n des 2010 verstorbenen libanesischen GroßayQtullQhs Muhammad Husain FatlallQh, der zu seinen Lebzeiten als geistiger Mentor der radikalschiitischen HizbullQh von sich reden machte. ^abQ_abQ’S vertritt in seiner Kommentierung zu Koran 2:256 eine modern wirkende Auffassung von Religion, die jeglichen Zwang in religiösen Angelegenheiten verbietet und dem inneren Glauben den Vorrang gegenüber einer nach außen bekundeten Religiosität einräumt. Den +ih(d definiert er als Defensivkrieg, der nicht zur Ausbreitung des Glaubens bestimmt ist. FatlallQh folgt dieser Argumentation in seiner Kommentierung zu Koran 2:256 in Ansätzen, konzentriert sich aber stärker auf den Umgang mit Nichtmuslimen. Bemerkenswert ist hierbei, dass er gegenüber Christen und Juden nicht von den einschränkenden Bestimmungen des islamischen Rechts abweicht, Polytheisten und Atheisten aber innerhalb eines islamischen Staates Meinungs- und Glaubensfreiheit garantiert. Koran 2:148 interpretieren beide Autoren als Plädoyer für religiösen und kulturellen Pluralismus, wobei beide am Exklusivanspruch des Islams gegenüber anderen Religionen festhalten. Im Sinne des modernen Toleranzverständnisses können die Interpretationen von ^abQ_abQ’S und FatlallQh demnach als Anerkennung anderer Glaubens- und Wertvorstellungen angesehen werden. Gleichheitsrechte lassen sich dadurch aber nicht ableiten. Agnes Korn (Frankfurt a. M.): Westiranische Demonstrativ-Pronomina VORTRÄGE 17. DAVO-KONGRESS Early works on the history and dialectology of the Iranian languages tended to assume a neat divide between the South Western and the North Western Iranian languages. However, research has shown that things are much more complex, and there have been numerous suggestions for a modified picture. These have been mainly based on features of historical phonology. In this paper the author will transfer the discussion of the relationship of Western Iranian languages to the field of morphology for an explanation of Western Iranian demonstrative pronouns in terms of language contact and linguistic area. The focus will be on the deictic pronouns and the discussion what sort of relationships these indicate. More specifically, this presentation will look at the demonstrative pronouns in Gilaki, Balochi and Koroshi. Sonja Mejcher-Atassi (Beirut): Contemporary Book Art in the Middle East: Between Modernity and Heritage Contemporary book art in the Middle East is manifold. It draws inspiration from the rich heritage of the book in Islamic art but is part of contemporary artistic practices. In its capacity of establishing a continuity with past traditions, it has become a powerful means of expression for a growing number of artists in the region. But to overemphasize the link to the past would be reductive and orientalising, especially since the illustrated manuscripts in question often remain inaccessible to contemporary artists in the region. Rather the question arises: What is it in the present that makes artists in the Middle East chose to work in book art? As this paper argues, it is not only the quest for authenticity through re-connecting with past traditions that has been of much importance in the region’s modern art history, as the manifesto of the Baghdad Group for Modern Art exemplifies. It is also, for a number of books which the author groups under “the book as document,” a term borrowed from Drucker’s The Century of Artists’ Books (New York: 2004) but acquiring a different meaning once adapted to the Middle East, the political urgency in which they were produced. By political urgency the author means a pressing political condition which has urged many artists to leave traces, a record, a document, a personal testimony, or witness, as long as this documentation is still possible, given that it is threatened by ongoing political crisis, conflict, and war, such as in Iraq, Palestine, or Lebanon. Irina Morozova (Berlin): Perestroika in Zentralasien: kirgizische und mongolische politische Eliten im Vergleich The socio-political development in present-day Central Asia takes root in the perestroika reforms and the transformation of the socialist/Soviet nomenklatura. The late Soviet and Mongolian nomenklatura was not monolithic. The state-party structures fostered compe- PAPERS DAVO CONGRESS 2010 tition along horizontal and vertical lines and the complex correlation between economic departments added to the formation of regionalism. The Central Asian nomenklatura was more dependent on its networks at republican, regional and local levels than the Slavic Republics’ nomenklatura. The sovereign status of Mongolia and the lack of discourse on the use of national language spurred wider internationalism in foreign relations, while in Kyrgyzstan new ideological trends which penetrated Soviet society during perestroika from the West (ideas of democracy and civil society) and from the Middle East (Islamic reformist movements) were equally not welcomed by the upper nomenklatura circles. The crisis period in the late Soviet period presented a momentum for a rapid change and mix of people’s loyalties and perceptions of elites, while power occurred to be dispersed among various sections of the population. The shifts in ideological trends and social relations which happened during perestroika determined not simply the course of the social development in post-Soviet/post-socialist era, but are still reflected in people’s attitudes towards the reform. Whilst the Mongolian People’s Revolutionary Party managed to change its ideological orientation with the preservation of its legacy, the former Kyrgyz Soviet Socialist Party experienced much faster disintegration and loss of social influence. Monika Fatima Mühlböck (Wien): „Ein jeder wird den Tod erleiden“: Vorschriften und Gebräuche im Islam, das Ableben betreffend Der Tod ist eine der wenigen universalen Erfahrungen unserer Existenz. Er verkörpert das unausweichliche Ereignis im menschlichen Leben, ein Ereignis, das mit absoluter Gewissheit zu erwarten ist. Im Mittelpunkt der Betrachtungen stehen die religiösen Verpflichtungen und kulturellen Gepflogenheiten der engsten Familienmitglieder, sie sind zumeist auch die Totenwächter, und darüber hinaus der Totenwäscher, Imame und Totengräber, um dem Verstorbenen den Eingang ins Paradies „zu sichern“. Eine Reihe von Stellen im Koran weisen auf die Vergänglichkeit des irdischen Daseins und die Schwelle von diesem zum nächsten Leben hin. Die nahen Angehörigen haben Handhabungen im Hinblick auf den Sterbenden, wie das Erbitten seines Segens und das Bekräftigen seines Glaubens durch Vorsagen des Bekenntnisses auszuführen. Die Hinterbliebenen müssen sich beeilen, die Schulden des Heimgegangenen zu begleichen. Auch die Regelungen bezüglich der Waschung und Einhüllung in das Totenlaken, die Konstruktion der Tragbahre, die korrekte Bauweise des Grabes und die Beisetzungsmodalitäten mit dem Totengebet werden ausführlich behandelt. Die Gebräuche bei der Trennung vom Dahingeschiedenen sowie das Aufsuchen der Ruheplätze und die damit verbundenen Vorschriften im Bereich der Totenstätte sowohl bei den Sunniten als auch den 19 VORTRÄGE 17. DAVO-KONGRESS Schiiten kommen im Überblick zur Sprache. Nach Auffassung der Muslime befragen die beiden Totenengel Munkar und Nakir den Verstorbenen nach seinem Glauben im Grab. Das Überbringen von Kondolenzen nimmt innerhalb der muslimischen Gesellschaft einen hohen Stellenwert ein. Die Praktiken der Bewirtung der Verwandten, Freunde und Nachbarn vonseiten der Leidtragenden ist je nach Region unterschiedlich. Darüber hinaus wird Bezug auf das Trauern um den Toten und die sogenannte Wartezeit für Witwen genommen. Luay Radhan (Wiesloch): Anti-authoritarian Islam: NaMr AbN-Zayd and OamPl al-BannP Amongst the many interpretations of Islam, there is a trend that one could call "anti-authoritarian Islam" because it is opposed to authoritarian relationships: It is opposed to male authoritarianism toward women (anti-patriarchy), religious authoritarianism toward non-Muslims, Islamic authoritarianism among Muslims, political authoritarianism and all kinds of oppression. Thus the four principles of anti-authoritarian Islam are: gender equality, religious egalitarianism (equality between Muslims and non-Muslims), Muslim egalitarianism (equality among Muslims, no church, a secular state), democracy, liberty, and humanism. Two prominent representatives of what I call antiauthoritarian Islam (al-islQm al-lQaistibdQdS) are the Egyptian scholars NaOr Abb-Zayd (1943-2010) and camal al-BannQ (*1920). Yet there are many others, such as RAbdullQhi an-NaRSm (*1946) or Hamid Dabashi (*1951). The rich and powerful have been abusing the religions for centuries, and they have done so by spreading authoritarian interpretations of Islam, Christendom etc. Authoritarian religion has been part of an authoritarian culture that teaches you to always obey your father, your husband, your teacher, your religious leader, your political leader, and your boss. This authoritarianism is a huge obstacle for any social, political and economic liberation. Anti-authoritarian religion cannot solve all of society’s problems but it can be an important element within the movements for a more just society, as Martin Luther King, Muhammad Ali (the boxer), Malcolm X and Malalai Joya have shown. Tonia Schüller (Bonn): Heiratspolitik im islamischen Mittelalter – das Beispiel Timur Der Vortrag arbeitet vier Aspekte heraus, die kennzeichnend für timuridische Heiratspolitik sind. An erster Stelle stehen dabei Heiraten, um den eigenen Rang zu erhöhen und Gefolgsleute an sich zu binden. Zweites Charakteristikum bei Ehen im Hause Timur sind Ehen mit Frauen aus dem Haus Dschingis Khan zur Stärkung der Legitimität der erreichten Herrscherposition. Die hohe Bedeutung dieser Heiratsaspekts zeigt sich dadurch, dass solche Frauen beim Tod ihres ersten Mannes oft erneut verheiratet wurden und ihre 20 PAPERS DAVO CONGRESS 2010 Abkunft wichtiger als gutes Aussehen war. Heiraten, um auf friedlichem Weg Ländereien an sich zu binden, beziehungsweise bei Frauen aus Kriegsbeute um Ressentiments der neuen Landgebiete zu schwächen, stellen das dritte Motiv dieser Heiratspolitik dar. Als ein letzter Aspekt ist ansatzweise dargestellt worden, dass timuridische Frauen vor allem dschingisdischer Herkunft, Einfluss auf Entscheidungen ihres Mannes hatten. Stefanie Slaoui-Zirpins (Frankfurt a. M.): Lokale Politiknetzwerke in Fes. – Stadt- und Regionalpolitik in der arabischen Welt aus einer Perspektive der politischen Ökonomie Auch wenn ein Großteil der Empirie zeigt, dass autokratische Herrschaft in der arabischen Welt stabiler ist als die meisten Forscherinnen und Forscher erwartet hatten, so lassen sich doch Entwicklungen aufzeigen, die dieser Stabilität entgegenlaufen. Um zu einem besseren Verständnis von Politik in den Staaten der arabischen Welt zu gelangen, muss weiter erforscht werden, wie politische Koordination geschieht. Der Forschungsstrang zu Rentierstaatlichkeit hat die Analyse von Akteurshandel schon früh stärker fokussiert. Politische Eliten übernehmen in diesem Konzept die Verteilung von Renten. Akteure werden folglich in ihrer systemstabilisierenden Funktion betrachtet. Inwiefern ökonomische Liberalisierungen zu einem Aufbrechen dieser klientelistischen Strukturen geführt haben, ist umstritten. Durch eine Analyse einer politischen Ökonomie mit den Kategorien des Varieties of Capitalism-Ansatzes von Hall und Soskice wird gezeigt, dass diese – im vorliegenden Fall die marokkanische politische Ökonomie beispielhaft für einen der reformorientierten Staaten der Region – neben rentierstaatlichen Elementen (im umfassenden Elsenhansschen Sinne) auch zahlreiche Elemente einer staatlich durchdrungenen Marktwirtschaft aufweist. Dieser neuere Typ der vergleichenden Kapitalismusforschung ist durch den Koordinationsmechanismus des Clans geprägt. Im Zuge jüngster Entwicklungen, insbesondere im Zusammenhang mit den entstandenen und entstehenden Techno- und Offshoring Parks, scheint wiederum ein dritter Koordinierungsmechanismus aufzutreten, der stärker die Form eines Netzwerks annimmt. Diese kann dezidiert empirisch nachgewiesen werden. Netzwerkanalysen bieten hierzu ein methodisches Instrumentarium, welche Spannungen zwischen der spezifischen Empirie der MENA-Region und den generalisierenden Ansprüchen der Theoriebildung in Gesellschafts- und Wirtschaftswissenschaften zumindest teilweise auflösen kann. Asfa Widiyanto (Bonn): Religiöser Pluralismus und religiöse Autorität im zeitgenössischen indonesischen Islam: Mustofa Bisri (geb. 1944) und Emha Ainun Nadjib (geb. 1953) Der vorliegende Vortrag konzentriert sich auf zwei indonesische muslimische Gelehrte: A. Mustofa Bisri und Emha Ainun Nadjib. Im Rahmen des Vortrages VORTRÄGE 17. DAVO-KONGRESS wird analysiert, welche Rolle Bisri und Nadjib bei der Förderung des religiösen Pluralismus in Indonesien gespielt haben. Dabei soll auch untersucht werden, inwieweit diese beide Gelehrten und deren Ideen zum religiösen Pluralismus einen Einfluss auf den zeitgenössischen, indonesischen Islam ausüben. Bisri und Nadjib gelten als einzigartige Persönlichkeiten; beide sind Dichter und fromme Muslime, die beide ihre Bildung aus den Pesantren (islamische Internat in Indonesien) bezogen haben. Bisri und Nadjib als zeitgenössische Gelehrte gewinnen vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen des indonesischen Islam immer mehr an Bedeutung. Nach dem Zusammenbruch des strengen Suharto-Regimes im Mai 1998, genoss das Volk mehr Meinungsfreiheit. Einige Wissenschaftler weisen zu Recht daraufhin, das diese Tatsachen, das Aufblühen der radikalislamischen Bewegungen in Indonesien wie Laskar Pembela Islam (islamische paramilitärische Einheit für die Verteidigung des Islam) und Laskar Jihad (Heiliger Krieg Einheit) förderte. Diese radikal-islamischen Strömungen bedrohen wiederum in gewissem Maße den religiösen Pluralismus im Land, von dem sie selbst profitiert haben. Die Problematik des religiösen Pluralismus wird deutlicher, wenn drei Fatwas näher betrachtet werden, welche der Rat der indonesischen Religionsgelehrten im Juli 2005 erlassen hat. Diese drei Fatwas sind (a) das Verbot des Säkularismus, des religiösen Pluralismus und des religiösen Liberalismus, (b) das Verbot der Ahmadiyya-Bewegung, (c) die Untersagung des kollektiven interreligiösen Gebets. Steffen Wippel (Berlin/Leipzig): Konflikte und ihre Folgen für Handel und Austausch im westlichen Sahararaum im langen 20. Jahrhundert Der weitere westliche Sahararaum erlebte seit dem späten 19. Jahrhundert bis heute eine kontinuierliche Reihe politischer Konflikte und kriegerischer Auseinandersetzungen. Diese reichen von kolonialer Penetration und antikolonialem Widerstand bis hin zu den großmarokkanischen Gebietsansprüchen und zum Westsaharakonflikt. Schließlich wurde in jüngster Zeit die westliche Sahara als Teil eines weiteren Rückzugsraums terroristischer Gruppierungen ausgemacht. Die brisanten politischen Konfliktlagen und militärischen Auseinandersetzungen, in die staatliche ebenso wie nichtstaatliche Akteure involviert waren, hatten erhebliche sozioökonomische Auswirkungen, insbesondere auf den Handel im weiteren westsaharischen Raum. Sie brachten den traditionellen transsaharischen Warenfernverkehr zum Erliegen und beeinträchtigten bis in allerjüngste Zeit auch den Güteraustausch mit modernen Transportmitteln. Hingegen beförderten sie einen regen transterritorialen, nun meist als „informell“, „illegal“ oder Schmuggel betrachteten Handel einschließlich der jüngeren „klandestinen“ Migrationsbewegungen. Der Beitrag legt den Schwerpunkt auf die Territorialisierungs- und Grenzziehungsversuche, die einen PAPERS DAVO CONGRESS 2010 Großteil der beschriebenen Konflikte ausmachten. Im Fokus stehen die Folgen für die Handelsbeziehungen und andere sozioökonomische Verflechtungen zwischen den Staaten der Region und die damit einher gehenden Reaktionen und räumlichen Umorientierungen der translokalen Akteure. Von Bedeutung sind dabei auch die Wechselwirkungen zwischen regionalen Neuausrichtungen der Kontakte und Ströme und neuen Territorialisierungs- und Konfliktlösungsversuchen. Anja Zorob (Berlin): Tümmerfeld Gaza: Wirtschaftliche und humanitäre Folgen von Krieg und vierjähriger Blockade Im Vortrag werden neben einer Chronologie der wichtigsten Ereignisse seit dem Wahlsieg der Hamas im Gaza-Streifen 2006 die Auswirkungen von vierjähriger Absperrung und der gewaltsamen Zerstörung zahlreicher Häuser, Anlagen und der öffentlichen Infrastruktur durch den Winterkrieg auf die Wirtschaft und das Leben der Menschen in Gaza dargestellt. Ein Hauptaugenmerk gilt den massiven Defiziten in der Versorgung der Bevölkerung von alltäglichen Stromsperren über Wasserknappheit und weitgehend zerstörte Abwasserversorgung bis hin zu empfindlichen Einschnitten in der Gesundheitsversorgung gepaart mit dem Ausbruch von epidemischen Krankheiten.. Außerdem trugen die Unterbindung des Personen- und Güterverkehrs mit Israel und Ägypten, darunter das Verbot des Imports von Rohmaterialien für die industrielle Produktion, Ersatzteilen und Baumaterialien, neben der Zerstörung weiter Teile der Agrar- und Fischereiinfrastruktur und der Einrichtung weitläufiger „Pufferzonen“ durch das israelische Militär dazu bei, den meisten Menschen und Unternehmen im GazaStreifen ihre Existenzgrundlage zu entziehen. Vor diesem Hintergrund erstaunt es nicht, dass das 2006 von der Weltbank prognostizierte ‚worst-casescenario‘, einer fortgesetzten Schrumpfung des palästinensischen Pro-Kopf-Einkommens auf das Niveau der weltweit am wenigsten entwickelten Länder sowie wachsender Armut und Arbeitslosigkeit für den GazaStreifen zur bitteren Wahrheit wurde. Diese Abwärtsspirale lässt sich weder durch eine noch so rege „Tunnelökonomie“, noch durch die von Seiten der israelischen Regierung im Sommer 2010 verkündete, jedoch lediglich stark eingeschränkte „Lockerung der GazaBlockade“ nachhaltig stoppen. Die offensichtlichen Ziele von Blockade und Krieg sind indes nicht in Erfüllung gegangen – die Regierung der Hamas zumindest sitzt allem Anschein nach fester denn je im Sattel. Daher wird es höchste Zeit, die offensichtlich sinnlose Strategie der Isolation so wie sie bislang vom Nahost-Quartett und als Teil dessen der EU mitgetragen wurde, aufzugeben, die kollektive Bestrafung der Bevölkerung in Gaza zu beenden sowie der systematischen De-entwicklung und sich immer weiter verschärfenden Abhängigkeit des Gaza-Streifens von ausländischen Hilfen einen Riegel vorzuschieben. 21 NEUER DAVO-VORSTAND NEW BOARD OF DAVO 1.6 Neuer Vorstand der DAVO New Board of DAVO Während der Mitgliederversammlung der DAVO am 20. September 2010 in Marburg wurde ein neuer Vorstand für den Zeitraum von vier Jahren gewählt. Schriftführer: Dr. Jörn Thielmann (Erlanger Zentrum für Islam und Recht in Europa, EZIRE) Vorsitzender: Prof. Dr. Günter Meyer (Zentrum für Forschung zur Arabischen Welt, Universität Mainz) Beisitzerin: Prof. Dr. Katajun Amirpur (UFSP Asien und Europa, Universität Zürich) Stellvertretende Vorsitzende: Prof. Dr. Annette Jünemann (Institut für Internationale Politik, Helmut Schmidt Universität, Universität der Bundeswehr, Hamburg) Beisitzerin: Silvana Becher, Dipl.-Jur., M.A.. (Seminar für Orientkunde, Universität Mainz) Schatzmeister: Dr. habil. Hermann Kandler (Seminar für Orientkunde, Universität Mainz) 22 Beisitzerin: Dr. Monika Fatima Mühlböck (Institut für Orientalistik, Universität Wien) NEUER DAVO-VORSTAND NEW BOARD OF DAVO 1.7 DAVO-Dissertationspreis 2011 DAVO Dissertation Award 2011 Beisitzerin: Prof. Dr. Birgit Schäbler (Lehrstuhl für Westasiatische Geschichte, Universität Erfurt) Beisitzer: Prof. Dr. Christoph Schumann (Professur für Politik und Zeitgeschichte des Nahen Ostens, Universität Erlangen-Nürnberg) Die Deutsche Arbeitsgemeinschaft Vorderer Orient für gegenwartsbezogene Forschung und Dokumentation e.V. (DAVO) lädt ein zur Bewerbung um den DAVO-Dissertationspreis 2011. Der Preis wird vergeben für die beste deutsch- oder englischsprachige Dissertation im Bereich der gegenwartsbezogenen Orientforschung, die im Jahre 2010 an einer Universität in Deutschland, Österreich oder der Schweiz eingereicht wurde. Der Preis ist mit 1.000 Euro dotiert und kann auf mehrere Preisträger aufgeteilt werden. Geeignete Personen können sich selbst bewerben oder von Hochschullehrerinnen und Hochschullehrern der jeweiligen Disziplin empfohlen werden. Einzureichen sind die folgenden Bewerbungsunterlagen: 1. Ein Exemplare der Dissertation 2. Eine dreiseitige Zusammenfassung der Arbeit 3. Ein tabellarischer Lebenslauf der Verfasserin / des Verfassers 4. Gutachterliche Stellungnahmen von zwei Hochschullehrerinnen / Hochschullehrern. Die Dissertation ist in zweifacher Ausfertigung bis zum 15. Juni 2011 per Post zu senden an: Sekretariat der DAVO Zentrum für Forschung zur Arabischen Welt Johannes Gutenberg-Universität Mainz 55099 Mainz Die übrigen Bewerbungsunterlagen schicken Sie bitte in elektronischer Form an das DAVO-Sekretariat E-Mail [email protected] Über die Vergabe des Preises entscheidet eine Auswahlkommission, die aus dem Vorstand der DAVO und dem Beirat gebildet wird. Die Kommission kann erweitert werden, wenn zusätzliche Expertise erforderlich ist. Die Preisverleihung findet während des 18. DAVOKongresses im Rahmen der Mitgliederversammlung am 6. Oktober 2011 um 13.30 Uhr in Berlin statt. Beisitzer: Prof. Dr. Udo Steinbach (Berlin) Beisitzer: Dr. Christian Steiner (Geographisches Institut, Universität Mainz) 23 DAVO-KONGRESS 2011 1.8 Einladung zum 18. Kongress der DAVO 2011 Internationaler Kongress zur gegenwartsbezogenen Forschung im Vorderen Orient Berlin, 6. – 8. Oktober 2011 Der 18. DAVO-Kongress findet in der Freien Universität Berlin statt und wird ausgerichtet von Prof. Dr. Gudrun Krämer (Berlin Graduate School Muslim Cultures and Societies) in Kooperation mit der Arbeitsstelle Vorderer Orient des Instituts für Politikwissenschaft und dem Zentrum Moderner Orient. Zuständig für die Organisation sind Amke Dietert, Uta Kühne und Dr. Katharina Nötzold. Es wird um Anmeldung von Vorträgen aus allen relevanten Disziplinen gebeten, die sich mit dem Vorderen Orient sowie dessen Beziehungen zu anderen Regionen befassen. Unter dem Raum Vorderer Orient werden alle Mitglieder der Liga Arabischer Staaten sowie Afghanistan, Iran, Pakistan, die Türkei, Israel und die islamischen Staaten der GUS verstanden. Panels und Einzelvorträge Besonders willkommen sind Vorschläge für vorbereitete Sitzungen zu einem bestimmten Thema mit mindestens drei Vortragenden und Sitzungsleitung (ggf. mit Discussant). Die KoordinatorInnen der Sitzungen sind für die Qualitätskontrolle der Beiträge mitverantwortlich und können Vorträge aufgrund mangelhafter Qualität der Zusammenfassungen ablehnen. Individuelle Vortragsangebote werden thematisch geordnet und zu Panels zusammengefasst. Für jedes Referat sind eine Redezeit von 20 Minuten und 10 Minuten zur Diskussion vorgesehen. Vortragssprachen sind Deutsch und Englisch. Wegen der Internationalität der Veranstaltung sind englische Vorträge besonders willkommen. Es können maximal zwei Vorträge pro TeilnehmerIn angemeldet werden. Jedem Vortragsangebot muss eine Zusammenfassung von ca. 300 Wörtern beigefügt werden. Aufgrund der Qualität der Zusammenfassung wird über die Annahme der Vortragsanmeldung entschieden. Neue Anforderungen an Zusammenfassungen von vorgeschlagenen Einzelvorträgen und Panels Über die Annahme oder Ablehnung von Vorträgen entscheiden jeweils zwei GutachterInnen nach folgenden Kriterien: • Hat der Beitrag eine klare Fragestellung? • Entwickelt der Beitrag ein Argument, überprüft er eine Hypothese oder beantwortet er die Fragestellung anhand einer eigenen empirischen bzw. quellengestützten oder theorie- bzw. literaturbasierten Untersuchung? • Bezieht sich der Beitrag auf den aktuellen Forschungsstand bzw. die Literatur zum Thema? • Ist der Beitrag wissenschaftlich innovativ? Bei vorgeschlagenen Panels wird geprüft: Entsprechen alle Beiträge wissenschaftlichen Qualitätsstan24 DAVO CONGRESS 2011 dards? Verspricht das Panel einen kohärenten Beitrag? Sind die Vorträge aufeinander abgestimmt? Bitte beachten Sie bei der Formulierung Ihrer Zusammenfassungen, dass diese Anforderungen erfüllt werden. „DAVO-Werkstattgespräche“ zur Vorstellung studentischer Forschungsarbeiten In speziellen Panels werden Studienabschlussarbeiten und Promotionsvorhaben, die sich in der Konzeptions- oder Durchführungsphase befinden, einem fachkundigen Publikum präsentiert. Dabei sollen keine fertigen Arbeiten vorgestellt werden, sondern im Rahmen der DAVO-Nachwuchsförderung soll jungen Mitgliedern Hinweise und Anregungen für ihre laufenden Arbeiten gegeben werden (weitere Hinweise siehe Ende des Kapitels). Mitgliederversammlung der DAVO Im Rahmen des Kongresses findet die Mitgliederversammlung der DAVO am Donnerstag, 6. Oktober 2011, um 20 Uhr statt. Anmeldungen - Anmeldung von Vorträgen und Panels mit Zusammenfassung von 300 Wörtern bis 1. Juli 2011. - Entscheidung über Annahme oder Ablehnung der vorgeschlagenen Kongressbeiträge bis 1. August 2011. Zur Anmeldung Ihrer Teilnahme sowie von Vorträgen und Panels nutzen Sie bitte die beigefügten Formulare (auch unter http://davo.uni-mainz.de/tagungen /davo2011.html) Die Anmeldungen der TeilnehmerInnen mit oder ohne Vortrag sollten zusammen mit den Tagungsgebühren (Euro 55, ermäßigt Euro 30, Nicht-DAVOMitglieder Euro 75) bis spätestens 1. Juli 2011 bei der DAVO-Kongressleitung vorliegen. Danach erhöht sich die Tagungsgebühr um einen Zuschlag von Euro 20. Ihre Unterkunft können Sie buchen bei www.HRS. de/Berlin. Eine Liste mit günstig gelegenen Hotels und preiswerten Unterkünften für Studierende wird noch auf die DAVO-Website gestellt. Das endgültige Programm wird nach dem 15. September 2011 online und per E-Mail an die TeilnehmerInnen bekanntgegeben. Hinweise zur Anreise zum Veranstaltungsort finden sich dann ebenfalls auf der Website. Tagungsort: Henry-Ford Bau der Freien Universität Berlin, Garystr. 35, 14195 Berlin Kontakt: Bitte richten Sie Ihre Anmeldungen und ggf. Rückfragen ausschließlich an: DAVO-Kongress, Frau Amke Dietert, Carl-Cohn-Straße 73, 22297 Hamburg; Tel.: 040-5133671, E-Mail: amke.dietert@ googlemail.com. DAVO-KONGRESS 2011 18th International DAVO Congress of Contemporary Research on the Middle East Berlin, 6 – 8 October 2011 The German Middle East Studies Association for Contemporary Research and Documentation (DAVO) is calling for papers for its 18th International Congress. The conference will be held at the Free University of Berlin, chaired by Professor Dr. Gudrun Krämer (Berlin Graduate School Muslim Cultures and Societies) in cooperation with the Arbeitsstelle Vorderer Orient of the Institut für Politikwissenschaft and the Zentrum Moderner Orient. Amke Dietert, Uta Kühne and Dr. Katharina Nötzold are responsible for the organizational tasks. We welcome papers on all fields of contemporary Middle East studies and the impact of this region on other parts of the world. Middle East studies are understood to include disciplines relevant to the study of an area comprising all members of the League of Arab States, Afghanistan, Iran, Pakistan, Turkey, Israel and the Muslim states of the former USSR. Pre-organized Panels and Individual Papers Proposals for pre-organized panels and workshops on a common theme with at least three papers to be presented and chair are welcome. The coordinators of such pre-organized panels are also responsible for the quality of the papers and may reject papers with summaries of low quality. Individual paper submissions will be grouped into panels. No more than two paper proposals are accepted. Although most of the papers will be held in German, English papers and discussions are strongly encouraged. Generally, 20 minutes will be allowed for each presentation and 10 minutes for discussion. Every proposal for a paper has to be accompanied by an abstract of about 300 words. The decision about the acceptance or refusal of the proposed papers will be taken according to the quality of the abstract. Summaries of proposed Papers and Panels Every summary of the proposed papers and panels will be reviewed by two scholars who accept or refuse the proposed contribution according to the following criteria: - Is the paper based on a clearly stated research question? - What is the methodological approach of this paper? Does it develop an argument, does it attempt to verify on hypothesis, or does it answer the research question on the basis of the author`s empirical findings or the results of a study based on other sources? - Does this paper take into account the latest state of research? - Does this paper contain innovative aspects? DAVO CONGRESS 2011 The review of the proposed panels will take into account the academic quality and the coherence of the papers. Please keep these academic standards in mind when you formulate the summary of your paper or pre-organized panel. Panels for the Presentation of Research Projects by Advanced Students and Post-graduates Advanced students and post-graduates have the chance to present their current research projects for a MA-Thesis or a dissertation in special panels. The discussions are intended to provide additional ideas and concepts for the improvement of the current research work of young members of the German Middle East Studies Association. General Meeting of DAVO The General Meeting of the members of DAVO is due to be held during the Congress on Thursday, 6 October 2011 at 8 pm. Registration - Deadline for the registration of papers and panels including abstract of 300 words before 1 July 2011. - Confirmation of the acceptance of proposed papers and panels until 1 August 2011. Please use the attached forms for the registration of papers and panels, and also for the registration of your participation during the conference. The forms are also available at http://davo.uni-mainz.de/tagungen /davo2011.html. The registration forms of all participants of this meeting should arrive at the organizers of the DAVO Congress together with the registration fees (Euro 55, reduced Euro 30, non-DAVO members Euro 75) not later than 1 July 2011. After this date an additional fee for late registration of Euro 20 will be charged. A list with hotels located near to the conference venue and accommodations with fees suitable for students will be placed on the DAVO website. You may also book your accommodation online via www.HRS. de/Berlin. The final program of the congress will be available on the DAVO website after 15 September 2011. Travel information and details on the location of the DAVO Congress will also be shown on the website of this conference. Conference venue: Free University of Berlin, HenryFord Building, Garystr. 35, 14195 Berlin Contact: Please forward your registration forms and enquiries only to the following address: DAVO Congress, Mrs Amke Dietert, Carl-Cohn-Strasse 73, D22297 Hamburg, Germany; Tel.: ++49-40-5133671 Email: [email protected]. 25 DAVO-KONGRESS 2011 „DAVO-Werkstattgespräche“ che“ im Rahmen des DAVO-Kongresses es zur Förderung des wissenschaftlichen ichen NachNac wuchses Abgesehen von ihren Betreuern verfügen rfügen die meisten jungen Wissenschaftler/innen kaum m über persönliche Netzwerke in ihren Forschungsgebieten ieten oder zu wi wissenschaftlichen Fachkolleginnen undd -kollegen. Gerade in der Phase einer Konzeptentwicklung wicklung für Fo Forschungsarbeiten können solche Kontakte ntakte jedoch nicht nur unschätzbare Funktionen als „Türöffner“ üröffner“ erfüllen, sondern junge Wissenschaftler/innen en mit Tipps und kritischen Anregungen bei der inhaltlichen altlichen und mem thodischen Gestaltung ihrer Projekte te und der LiteraLiter turrecherche unterstützen. Die richtigen igen Kontakte zum richtigen Zeitpunkt helfen nicht nurr das Gelingen eie nes Forschungsprojektes zu befördern, ern, sondern auch seine Bearbeitungszeit erheblich zu verkürzen. Zu diesem Zweck wurden im Jahrr 2006 in Hamburg erstmals die „Werkstattgespräche“ durchgeführt. Di Diese stießen auf eine so außerordentlich ich positive Res Resonanz, dass das Forum nun im sechsten sten Jahr stattfinden wird. Ziel Im Rahmen von speziellen Panels nels des DAVOKongresses in Berlin vom 6. bis 8. Oktober 2010 können Studienabschlussarbeiten und nd PromotionsvorPromotionsvo haben, die sich in der Konzeptionss- oder Durchführungsphase befinden, einem fachkundigen undigen Publikum präsentiert werden. Hier sollen gerade ade keine fertigen Arbeiten vorgestellt werden, sonderrn im Rahmen der DAVO-Nachwuchsförderung soll jungen ungen Mitgliedern Tipps und Anregungen für ihre laufenden aufenden Arbeiten vermittelt werden. Damit soll ihnen zugleich eine GeG legenheit eingeräumt werden, sich vor einem FachFac publikum mit ihren Ideenskizzen zu erproben, ohne bereits dem Verteidigungsdruck einer iner abgeschlosseabgeschloss nen Forschungsarbeit ausgesetzt zuu sein. Bereits vor der Tagung werden die eingereichtenn Beiträge betreut, wodurch inhaltliche Brüche im Vorfeld aufgezeigt, Präsentationsunsicherheiten behobenn und auf rhetorirhetor sche Mängel rechtzeitig hingewiesenn werden soll. Einsendung von Vortragsangeboten oten bis zum 15. Mai 2011 Vortragsangebote in Form von Zusammenfassungen usammenfassungen der Forschungskonzepte (max. 4000 Wörter) werden zunächst von Dr. Thomas Demmelhuber lhuber gesammelt. Sie sind per E-Mail bis zum 15. Mai 2011 an tho [email protected] l.uni-erlangen.de zu senden. Bitte beachten Sie den auf der TagungsTagung homepage für Sie bereitgestellten Leitfaden zur E Erstellung der Vortragskonzeptionen.. Die potentiellen Referenten/innen werden nach einerr Begutachtung ihi rer Konzepte bis spätestens 28. Juni uni 2011 über die Annahme oder Ablehnung ihrer Beiträge iträge von den OrO ganisatoren informiert. Sie erhalten zugleich ein erstes Feedback zu Ihren Vortragsangeboten. ten. Aufgrund der aufwändigen Betreuung der Beiträge ge wird ab diesem 26 DAVO AVO CONGRESS 2011 Jahr nur noch eine begrenzte Anzahl an Vorträgen ana genommen. Kongressanmeldung meldeschluss am 1. Juli Sie sollten sich bis zum Anmeldeschluss 2011 für den Kongress angemeldet meldet haben. Spätere Anmeldungen sind mit einem Säumniszuschlag verve bunden. Sollte Ihr Vortragsangebot sangebot angenommen werden, wird Ihr Vortrag von den Organisatoren der Werkstattgespräche an das Tagungsbüro gungsbüro gemeldet. Einreichung der fertigen Vorträge rträge bis zum 15. AuA gust 2011 AuDie fertigen Vorträge sind bis spätestens zum 15. A gust 2011 an den jeweiligen Betreuer zu senden, die den Referent/innen ggf. Verbesserungsvorschläge erbesserungsvorschläge mitteilen werden. Zeitrahmen der Vorträge Da der praktische Nutzen aus Vortrag und FeedbackFeedback Runde für die Vortragenden im Vordergrund stehen soll, ist der Zeitrahmen für den en Diskussionsteil nach den jeweiligen Vorträgen (15 5 Min.) genauso groß bemessen wie der Zeitrahmen für die Vorträge selbst. Die Werkstattgespräche werden en von folgenden WissenschaftlerInnen betreut: dorf, Institut für Orient- PD Dr. Sabine Damir-Geilsdorf, und Asienwissenschaften, Abt. A für Islamwissenschaft, Universität Bonn, E--Mail: s.damirgeilsdorf @google mail.com. - Dr. Thomas Demmelhuber, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen E-Mail: [email protected] @polwiss.phil.uni-erlan gen.de - Prof. Dr. Anja Zorob, Arbeitsstelle tsstelle Politik des Vo Vorderen Orients, Center for Middle ddle Eastern and North African Politics, Freie Universität ersität Berlin, Berlin E-Mail: [email protected] DAVO-KONGRESS 2011 DAVO-CONGRESS 2011 Anmeldung für den 18. internationalen Kongress der DAVO Registration for the 18th International Congress of DAVO DAVO-Kongress Frau Amke Dietert Carl-Cohn-Straße 73 22297 Hamburg Registration form and further information: http://davo.uni-mainz.de E-Mail: [email protected] Fax: 030-83853244 (only urgent messages during the week of the congress) Titel/Name / title/name: Adresse / address: Institution / affiliation: Tel. / phone: Fax: E-Mail: Vortrag / individual paper*: ja/yes nein/no Panel / panel*: ja/yes nein/no * sofern zutreffend / if applicable Ich melde mich verbindlich an zur Teilnahme am DAVO-Kongress vom 6. bis 8. Oktober 2011 I register for the DAVO Congress on 6 – 8 October 2011 Tagungsgebühr / Registration fee: € 55,- normales DAVO-Mitglied/Fördermitglied / Full DAVO-Member € 30,- studentisches DAVO-Mitglied/reduziertes Einkommen / Student member of DAVO € 75,- Nicht-DAVO-Mitglied / Non-member of DAVO € 20,- Säumniszuschlag bei Anmeldung nach dem 01.07.2009 / Extra fee for registering after 1 July 2011 Gesamtbetrag / total amount € .......... Ich werde den Gesamtbetrag umgehend, jedoch spätestens bis zum 01.07.2011 auf das Konto der Kongresskoordinatorin überweisen: Konto-Inhaberin: Amke Dietert, Kto.-Nr.:799920603, Postbank Frankfurt, BLZ:500 100 60, IBAN: DE20 5001 0060 0799 9206 03 I shall transfer the congress fees before 1 July 2011 to the bank account of the congress coordinator. Account owner: Amke Dietert, account no.799920603, Postbank Frankfurt, BLZ:500 100 60, IBAN: DE20 5001 0060 0799 9206 03, or shall send a cheque drawn on a German bank. _______________________ Ort/Datum / place / date ____________________________ Unterschrift / signature 27 DAVO-KONGRESS 2011 DAVO-CONGRESS 2011 Anmeldung von Beiträgen für den 18. DAVO-Kongress Registration of Contributions to the 18th Congress of DAVO DAVO-Kongress Frau Amke Dietert Carl-Cohn-Straße 73 22297 Hamburg Registration form and further information: http://davo.uni-mainz.de E-Mail: [email protected] Fax: 030-83853244 (only urgent messages during the week of the congress) Titel/Name / title/name: Adresse / address: Institution / affiliation: Tel. / phone: Fax: E-Mail: Ich melde ein/en / I register for a ¤ Vortrag / paper ¤ Poster ¤ Panel ¤ Workshop zum Thema / with the title: .................................................................................................................................................................... .................................................................................................................................................................... Vortragssprache / language: Deutsch / German ¤ Englisch / English Fachbereich / Academic discipline: ¤ Arabistik ¤ Iranistik ¤ Turkologie ¤ Islamwissenschaft /Islamic Studies ¤ Politikwissenschaft/Political Science ¤ Geographie/Geography ¤ Wirtschaft/Economy ¤ Literatur-/ Kulturwiss. / Literature/Cultural Studies ¤ Sonstiges / Other: ……………………….. ¤ Vortrag gehört zum Panel koordiniert von / Paper is part of a panel organized by: .................................................................................................................................................................... ¤ Vortrag gehört nicht zu einem vorbereiteten Panel / Paper is not part of an organized panel Folgende visuellen Medien werden für den Vortrag benötigt / The following visual equipment will be needed: ¤ keine/none ¤ Dia-Projektor/slide projector ¤ Video-Projektion/video projection ¤ Powerpoint ¤ Overhead-Projektor/overhead projector __________________________________________________________________________________ Zusammenfassung (ca. 300 Wörter) / Abstract (about 300 words) Zu folgenden Fragen sollte die Zusammenfassung Auskunft geben / The abstract should include the following information: - Welcher Fragestellung folgt der Vortrag? / Which is the basic question of the paper? - Auf welcher Methodik beruht die zugrunde liegende Forschung? / Methodological approach - Bezug zum aktuellen Forschungsstand / Relation to the latest state of research - Innovative Aspekte des Vortrags bzw. der zugrunde liegende Forschung / Innovative aspects of the paper and the research it is based on. Schreiben Sie die Zusammenfassung bitte auf die Rückseite oder auf ein zweites Blatt. / Please write the summary on the back of this form or on a second page. Ort/Datum / Place and date: 28 Unterschrift / Signature: BEITRITTSERKLÄRUNG MEMBERSHIP APPLICATION 1.9 Beitrittserklärung zur DAVO An English membership application form is to be found at http://davo.uni-mainz.de DAVO-Sekretariat Zentrum für Forschung zur Arabischen Welt Geographisches Institut der Universität Mainz 55099 Mainz Fax: (06131) 39-24736 E-Mail: [email protected] Hiermit erkläre ich meinen Beitritt zur Deutschen Arbeitsgemeinschaft Vorderer Orient für gegenwartsbezogene Forschung und Dokumentation (DAVO). Name, Vorname, akademischer Titel: _____________________________________________ Geburtsdatum: ________________ Berufliche Stellung und Fachrichtung: ____________________________________________ Institutionelle Verbindung (mit Adresse, Tel., Fax, E-Mail, homepage): __________________ ___________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________ Private Adresse (mit Tel., Fax, E-Mail): __________________________________________ ___________________________________________________________________________ Ich bin einverstanden, dass die oben aufgeführten Angaben im Mitgliederverzeichnis der DAVO veröffentlicht werden. Angaben, die nicht veröffentlicht werden sollen, habe ich eingeklammert. Postalische Mitteilungen sollen an meine [ ] dienstliche oder [ ] private Adresse geschickt werden (bitte ankreuzen). Bitte beachten Sie, dass eine Kündigung Ihrer Mitgliedschaft schriftlich erfolgen muss (z. B. per E-Mail) und erst zum Ende des laufenden Jahres wirksam wird. Bitte geben Sie unbedingt eine E-Mail Adresse an, da wir alle relevanten Informationen auf diesem Weg an unsere Mitglieder weitergeben und teilen Sie uns bitte umgehend einen Wechsel Ihrer E-Mail Adresse mit. Beitragskategorie € 30,- Normales Mitglied € 100,- Fördermitglied € 10,- Studentisches Mitglied € 10,- Arbeitsloses Mitglied oder reduziertes Einkommen Den angekreuzten Jahresbeitrag werde ich auf das Konto Nr. 392 965 018 der DAVO bei der Mainzer Volksbank eG (BLZ 551 900 00, BIC-Code: MVBMDE55, IBAN: DE56 5519 0000 0392 9650 18) überweisen oder von dem u.a. Konto einziehen lassen. Ort, Datum, Unterschrift: ______________________________________________________ Einzugsermächtigung Hiermit ermächtige ich die Deutsche Arbeitsgemeinschaft Vorderer Orient bis auf Widerruf zum Einzug des jährlichen Mitgliedsbeitrags vom unten genannten Konto (nur bei Geldinstituten in Deutschland) Name, Vorname: _____________________________________________________________ Kontonummer: _____________________________ BLZ: ____________________________ Name der Bank: _____________________________________________________________ Ort, Datum, Unterschrift: ______________________________________________________ 29 KONFERENZANKÜNDIGUNGEN view on contemporary society as an alternative. Information [email protected]. • International Conference: “From the Centre to the Periphery: Israel, Clandestine Diplomacy and the Modern Middle East”, NTNU Trondheim, Norway, 9-10 May 2011 This international conference offers scholars and practitioners alike the opportunity to reflect on the nature and types of Israel’s clandestine diplomacy over nearly six decades. Bringing together academics from the Middle East, Europe and North America, the conference explores how informal contacts based on social and kinship ties have shaped approaches to individual actors, as well as relations based upon patronage and indeed personal friendships. Contact: [email protected] and tore.petersen@ hf.ntnu.no. • International Workshop: “The Long 1890s in Egypt: Colonial Quiescence, Subterranean Resistance”, IMES, University of Edinburgh, 13-14 May 2011 This workshop seeks to evaluate the decade, to consider how different strands of articulation and activism may have intersected or been mutually constitutive, to examine the roles of various communities and identity groups during the decade’s conversations, and to consider transregional flows into Egypt. Contact: [email protected] and M.Booth @ed.ac.uk. • International Conference: "Palestinian, Lebanese and Syrian Communities in the World: Theoretical Frameworks and Empirical Studies", Mainz, 19-22 May 2011 Organizers: Prof. Dr. Paul Tabar (Institute for Migration Studies at Lebanese American University) and Prof. Dr. Anton Escher (Institute of Geography, Johannes Gutenberg-University of Mainz). The goals of the conference are: - To initiate an international long term research on Lebanese, Palestinian and Syrian global communities. - To discuss cultural and social theoretical frameworks for interpreting the “living-between-cultures” of migrant communities in times of globalization in light of the key aspects like diaspora, transnationalism, ethnicity and social network. - To talk about empirical findings e.g. everyday routines and their changes, historical developments, forms of organizations like NGOs and Web-based social networks, social impacts on societies. Contact: Tobias Boos [email protected]; www. geo.uni-mainz.de/arabcommunities/. • First International Conference of Al-Qasemi Arabic Language Academy: “In the Footsteps of Sufism: History, Trends and Praxis”, Baqa alGharbiyya, Israel, 24-25 May 2011 The conference provides a stage for those who like to dispatch presentations and exchange knowledge in 40 FORTHCOMING CONFERENCES different issues which relate to the Sufi Movement in Islam since its appearance at the end of the 8th century. Information: www.qsm.ac.il/SufismConf • International Workshop: “Central Asia in the World of Islam”, Tel Aviv Univ., 29-30 May 2011 The intention of the workshop is to illustrate the position of Central Asia as an integral part of the Islamic world and the region's role in the development and history of this world. Contact: [email protected] • Conference: “Multiculturalism and Gender in France, UK, Canada and the U.S.”, Université du Havre, 26-27 May 2011 This conference aims at exploring the ways in which each country deals with the tensions between multiculturalism (in its ethno-racial, socioeconomic, and/or religious dimensions) and gender. Information: http://calenda.revues.org/nouvelle179 55.html. • Conference: “Re-enchantment of Arab Television: Audience Responses and Identity Constructions”, University of Copenhagen, 27-29 May 2011 The main objective of the conference, and subsequent book proposal, is to gain new knowledge about the Arab audiences and how they make use of TV in their construction, negotiation and rejection of religious identities and practices. Information: www.nyislamiskoffentlighed.hum.ku. dk/english/. • International Conference: “Cross-Cultural Education”, Notre Dame University, Lebanon, 2-3 June 2011 ADYAN Lebanese Foundation for Interfaith Studies and Spiritual Solidarity is organizing this conference in partnership with Notre Dame University. Information: www.understandingprogram.net/cour se/view.php?id=12. • Colloque: “Méditerranée Sud, le retour du cosmopolitisme? Mobilités, altérités et reconstructions identitaires sur la rive Sud de la Méditerranée”, Rabat, 8-10 juin 2011 Colloque international organisé en partenariat par le Centre Jacques Berque/l’Institut Français de Rabat, le Conseil de la Communauté marocaine à l’étranger et la BNRM (Bibliothèque Nationale Royale du Maroc). Sous la responsabilité scientifique d’Ali Bensaad Observatoire des circulations migratoires et des espaces transfrontaliers, CJB, Rabat. Information; http://calenda.revues.org/nouvelle1759 6.html. • 11th International Conference: “Migration and Culture”, University of Klagenfurt, 16-18 June 2011 Proposals on the following subject areas are welcomed: KONFERENZANKÜNDIGUNGEN - Current theoretical debates (including multiculturalism, interculturality, diversity). - Mechanisms of exclusion (including neo-racism, neo-assimilationism, intrinsic and extrinsic ethnicization). - Forms of resistance (including politics of identity, subculture). - Cultural phenomena in the everyday world. - Media representations of migration. Information: www.irm-trier.de/irm-home.htm. • Sixth Geography of Religion Colloquium: “Changing Religious Landscape of Europe – Representation and Future Trends”, Lucerne, 16-18 June 2011 The colloquium will scrutinize processes of representation and future trends of the religious landscape, both with regard to selected countries and Europe in general. Contact and information: [email protected] and www.religionsgeographie.de/aktuell.htm. • Fourth International Conference on Iranian Linguistics, Uppsala University, Sweden, 17-19 June 2011 The conference is organized by the Department of Linguistics and Philology at the Uppsala University. We expressly solicit contributions from the full range of Iranian linguistics, including formal theoretical perspectives, computational linguistics, neurolinguistics, typological and functional perspectives, as well as diachronic and areal perspectives. Information: www.lingfil.uu.se/info/icil4/. • Workshop on “Economics of the Mediterranean and the Euromediterranean Process”, Barcelona, 21–22 June 2011 The event will highlight Microeconomics and Macroeconomics topics relating to the Mediterranean, including Social Protection and Welfare, Environmental Economics, Human Development, Free Trade Agreements, Labor market and Migration, Fiscal and Monetary Policies among others. Contact: [email protected]. • Konferenz: „Fragmentierung industrialisierter Agrarproduktion und zirkuläre Migration: Neue Räume der Unsicherheit“, Leipzig, 23.-25. Juni 2011 Ziel der Konferenz ist es, die vielfältigen Schnittstellen, an denen die Fragmentierung, Aufsplitterung und Finanzierung von landwirtschaftlichen Produktionszusammenhängen und (Arbeits)Migrationen ineinandergreifen, aufzudecken und zu problematisieren. Auf diese Weise streben wir ein systematisches Verständnis an, das über die individuelle Betrachtung einzelner Dynamiken hinausweist. Der erste Teil der Konferenz beleuchtet das weitere mediterrane Gefüge, während der zweite Teil komplementäre Fallbeispiele etwa aus den USA, Neuseeland und China analysiert. Willkommen sind theoretisch-konzeptionelle Beiträge FORTHCOMING CONFERENCES ebenso wie empirisch dichte Fallstudien aus entsprechenden Untersuchungskontexten. Veranstalter: Sarah R. Sippel & Sebastian Lentz & Jörg Gertel, Universität Leipzig. Kontakt: sippel@ uni-leipzig.de. • Post-Graduate Workshop: “Qur´án, Tafsir and Hadith Studies”, Institute of Ismaili Studies, London, 24 June 2011 The aim of the workshop is to give emerging scholars the chance to present an academic paper among their peers, to discuss ideas freely, to develop research and writing skills, and to gain advice and comments from scholars currently working in the field. Contact: [email protected]; www.qs.iis.ac.uk. • Interdisciplinary Conference: “Empowerment and the Sacred”, University of Leeds, 24-26 June 2011 This conference is hosted by the Institute for Colonial and Postcolonial Studies and will bring together scholars, professionals and arts practitioners to investigate the ways in which sacred traditions – in diverse cultural and historical contexts – have shaped discourses and practices of empowerment, emancipation, change, resistance and survival. Information: www.empowermentandthesacred.com. • International Conference of BRISMES, EURAMES and AFMA: “The Middle East: Aspirations and Challenges”, University of Exeter, 27-29 June 2011 The British Society for Middle Eastern Studies (BRISMES) organizes its annual conference 2011 at the University of Exeter in association with the European Association for Middle Eastern Studies (EURAMES) and the Association of Far Eastern Middle Eastern Studies Associations (AFMA). The event will be hosted by the Institute of Arab and Islamic Studies (IAIS) at the University of Exeter. Main theme ‘The Middle East: Aspirations and Challenges’ with sub-themes, organised by the BRISMES research networks on: Clerical Authority in Shiite Islam; Critical Middle East Studies; Faith, Politics and Society; Liberation, Domination and Expression; Resistance, Representation and Identity. Deadline for registration: 12 May 2011 – Deadline for submitting papers: 30 May 2011. Further information: www.huss.exeter.ac.uk/iais/all-events/conferen ces/brismes/index.php • Workshop: “IftI' on Screens: Satellite Television, the Internet and Religious Authority in the Arab World”, Doha, Qatar, 27-28 June 2011 The workshop is organised by the Center for the Study of Contemporary Muslim Societies of the Qatar Faculty of Islamic Studies, in collaboration with the New Islamic Public Sphere Programme of the University of Copenhagen. It will focus specifically on iftY' on screens, be they of Arab satellite channels or of the Arab cyberspace, for both Sunni and Shii Muslims. 41 KONFERENZANKÜNDIGUNGEN The aim is to explore the ways in which these new spaces for, and means of, fatwY are reconfiguring religious authority in the Arabic-speaking Muslim World. Contact: [email protected]. • Three Conferences of the ARAM Society for Syro-Mesopotamian Studies, Oxford, July 2011 The conferences deal with "Trade Routes and Seafaring in the Ancient Near East" (04-06 July 2011), "The Amorites" (11-13 July 2011) and "The Western Missions in the Levant including Iran, Iraq & Egypt" (1820 July 2011) and will be held at the Oriental Institute, University of Oxford, UK. Contact: [email protected]; www.aramsociety. org. • Conference: “The Quran and Islamic Tradition in Comparative Perspective”, King’s College, London, 4-8 July 2011 Suggested topics might include, but are not limited to: parallels to biblical, Jewish, and Christian tradition in the Quran and Islamic literature; the relationships between Jewish, Christian, and Muslim exegetical traditions; the various discursive expressions of intercommunal exchange and relations, including both dialogue and polemic; Islam in European discourse; and Muslim cultural, religious, social, and political life in the West. Registration at www.sbl-site.org/meetings/Congres ses_Requirements.aspx?MeetingId=18. Contact: [email protected]. • Second Gulf Research Meeting, University of Cambridge, 6-9 July 2011 The Gulf Research Meeting is an activity of the Gulf Research Centre at Cambridge. The meeting seeks to provide an academic environment to foster Gulf studies and to promote scholarly and academic exchange among scholars working and/or having familiarity with the Gulf region. The Gulf Research Meeting aims to identify issues of importance to the Gulf region and provide a basis for academic and empirical research into those fields. Information: http://grcevent.net/cambridge2011/. • Internationale Konferenz: „Nach staatlicher Repression und kollektiver Gewalt: Vom Umgang mit der Vergangenheit in Irak, Marokko, Libanon und DDR“, Marburg, 7.-9. Juli 2011 Das Documentation and Research Center Iraq (DARCI) im CNMS organisiert in Kooperation mit den Fachgebieten Politik des NMO und Arabistik sowie dem Zentrum für Konfliktforschung der PhilippsUniversität Marburg diese internationale Konferenz. Durch den Vergleich von Aufarbeitungsprozessen kollektiver Gewalt oder staatlicher Repression in Irak, Marokko, Libanon und DDR sollen neue Erkenntnisse – theoretischer wie empirischer Natur – für die Transitional Justice – wie auch für die beteiligte Regional- und Länderforschung gewonnen werden; Möglichkeiten, Chancen und Risiken von Aufarbei42 FORTHCOMING CONFERENCES tungsprozessen für Konflikt- und Regimetransformation sowie für Identitätsbildungsprozesse werden ausgelotet. Kontakt: Monika Hasenmüller, monika.hasenmuel [email protected]. • International Conference on “Syrian-Turkey Relations”, University of St. Andrews, 7-9 July 2011 Joint collaboration of the University of St Andrews School of International Relations, the Department of Political Science, Middle East Technical University and the British Academy. 500 word abstracts of papers should be submitted by 30 April 2011; Papers should be sent to the conference administrator, Francesco Belcastro [email protected]. • Tenth Congress of the Society for Middle Eastern Studies (SeSaMO): “Uniform(ed) Memories. Peoples, States and Nations in the Mediterranean and Middle East”, Milan, 9-11 June 2011 In 2011 Italian unification, proclaimed in 1861, will be celebrated; 2011 is also the centenary of the Italian colonial campaign in Libya. These celebrations offer our Association the opportunity to debate three fundamental questions in Middle Eastern studies, which involve history, political science, literature and cultural studies: a) the relationship between commemorations, memory and identity constructions; b) the connections between nationalism, colonialism and postcolonial societies; c) the link between migrations, globalization and self-identification processes. The Scientific Committee: Paolo Branca, Mirella Cassarino, Eugenia Ferragina, Marcella Simoni, Alberto Tonini, Lorenzo Casini, Lucia Sorbera, Daniela Melfa. Information: www.sesamoitalia.it/ • International Conference: “Gender Transformations in the Arabian Peninsula and the Horn of Africa”, University of Sana'a, 10-12 July 2011 The French Research Centre for Archaeology and Social Sciences in Sana'a (CEFAS) is calling for paper proposals for an international conference which will focus on recent social changes, spatial and social mobilities, as well as on locations, possibly emerging and alternative places for such changes. The theoretical framework will involve methodological reflexivity regarding our precon-ceived notions when dealing with the issue of gender, especially in this region. It will elaborate on the centrality of the migration experiences and their impact on gender transformations. Information www.cefas.com.ye/spip.php?article230 • Interdisziplinäre Tagung: "Muslimische Diaspora-Gemeinschaften außerhalb Europas", Erlangen, 15.-16. Juli 2011 Organisation: Shadia Husseini de Araújo (Institut für Geographie), Jörn Thielmann (Erlanger Zentrum für Islam und Recht in Europa), Georg Glasze (Institut für Geographie), Christoph Schumann (Institut für Politische Wissenschaft). KONFERENZANKÜNDIGUNGEN Nicht nur die globalen und die transnationalen Dimensionen sind für die Konstitution von DiasporaGemeinschaften bedeutsam, sondern auch die gesellschaftlichen und ökonomischen Milieus, die sozialen Netzwerke, die staatlichen Politiken und die nationalen und regionalen Medien, die konkrete Orte und konkrete Kontexte ausmachen. Die Tagung zielt darauf ab, die Heterogenität und die Vielschichtigkeit der Identitätskonstruktionen von MuslimInnen sowie ihrer Diaspora-Zusammenhänge sichtbar zu machen. Auf diese Weise soll ermöglicht werden, hegemoniale Umgangsformen mit muslimischer Diaspora in Deutschland sowie anderen europäischen Staaten infrage zu stellen und neue Forschungsperspektiven aufzuzeigen. Anmeldung [email protected]; www.geographie.uni-erlangen.de/aktuell/tagungen/ • 45th Seminar for Arabian Studies Conference, British Museum, London, 28-30 July 2011 The Seminar for Arabian Studies is the only international forum that meets annually for the presentation of the latest academic research in the humanities on the Arabian Peninsula from the earliest times to the present day or, in the case of political and social history, to the end of the Ottoman Empire (1922). Details of the Seminar for Arabian Studies can be found at www.arabianseminar.org.uk. Contact: [email protected]. • 9th Biennial Iranian Studies Conference, Istanbul, 1-5 August 2012 Conference organized in partnership with Iran Heritage Foundation and the co-sponsorship of American Institute for Iranian Studies and the Foundation for Iranian Studies. ISIS welcomes submissions on all aspects of the Turko-Iranian history and culture.. Information: http://iranianstudies.com/conferences/2 012/submission; contact 2012program@iranianstu dies.com. Deadline for abstracts: 20 April 2011. • 7th European Conference of Iranian Studies, Jagiellonian University, Cracow, Poland, 7-10 September 2011 The Conference will be held under the auspices of the Societas Iranologica Europaea, see www.societasira nologicaeu.org/. • 6th International Cultural Studies Conference “Space and Culture”, Istanbul, 8-10 September 2011 The Conference is jointly organized by the Cultural Studies Association of Turkey and Kadir Has University. The purpose of the conference is to question existing paradigms in topics that bring together the concepts of 'culture' and 'space,' to present critical and analytical studies in these themes, and to explore new theoretical and methodological approaches in cultural studies with inter- and multi-disciplinary perspectives. Invited Speakers: Edward Soja (UCLA), Engin Isin (Open University), Setha Low (CUNY). FORTHCOMING CONFERENCES Information: [email protected]. • Inaugural Conference on Iran’s Economy, SOAS, University of London, 9-10 September 2011 The newly formed International Iranian Economic Association (IIEA) is pleased to announce its first international conference on Iran’s Economy. The purpose of the conference is to provide a venue for the best current research on Iran’s economy and to generate information and encouragement for future high quality research in this area. Information [email protected]. • Annual Conference of the Central Eurasian Studies Society (CESS), Ohio State University, Columbus, 15-18 September 2011 Panel and paper topics relating to all aspects of humanities and social science scholarship on Central Eurasia are welcome. The geographic domain of Central Eurasia extends from the Black Sea and Iranian Plateau to Mongolia and Siberia, including the Caucasus, Crimea, Middle Volga, Afghanistan, Tibet, Xinjiang, and Central and Inner Asia. Practitioners and scholars in all humanities and social science disciplines are encouraged to participate. www.units.muohio.edu/cess/CFP_2011.html. • Workshop on “Relations between Christian Churches in the Near and Middle East – Theological, Historical and Political-cultural Aspects”, Catholic University Eichstaett-Ingolstadt, 16-17 September 2011 The research centre on the Christian Orient of the Catholic University Eichstaett-Ingolstadt (www.kueichstaett.de/thf/chr_or/) and the Christians in the Middle East Research Network based in Scotland (www.cme.stir.ac.uk/) hold this joint workshop. Working languages will be English, German and French.. Abstracts should be sent to Prof. Heinz Otto Luthe ([email protected]) and Dr. Michael Marten ([email protected]) by 3 May 2011. • Panel: “Euro-Mediterranean Development Cooperation after Lisbon: A New Opportunity?”, York, UK, 19-22 September 2011 This Panel is planned for the EADI Conference "Rethinking Development in an Age of Scarcity and Uncertainty" by a working group which brings together experts from several Euro-Mediterranean partner countries to investigate key issues in EUMediterranean relations from a development perspective. Conveners Tobias Schumacher (Centre for Research and Studies in Sociology, Lisbon University Institute, [email protected]) and Mark Furness (Biand Multilateral Development Cooperation Department, German Development Institute, Bonn, mark.fur ness@die-gdi-de). Information: www.eadi.org/index.php?id=1371. 43 KONFERENZANKÜNDIGUNGEN • 12th ESCAS Biennial Conference: “Central Asia: A Maturing Field”, University of Cambridge, 20-22 September 2011 The European Society for Central Asian Studies (ESCAS) invites proposals for individual papers, panels and round-table discussions relating to all aspects of research in the arts, humanities and social sciences on Central Asia – namely the republics of Kazakhstan, Kyrgyzstan, Tajikistan, Turkmenistan and Uzbekistan, together with Xinjiang, Mongolia, Afghanistan and adjacent regions of Russia, Iran, Pakistan, India and the Caucasus. Scholars and practitioners of anthropology, archaeology, architecture, art and art history, cinema, development studies, economics and finance, history, musicology, philology, political science, sociology and other related disciplines are encouraged to participate. Information www.escas.pz.nl and escas2011@ gmail.com. • Second Conference of the Institute of Coptic Studies, Cairo, 26-29 September 2011 The conference theme is open for all proposals including historical, geographical, archeological, social, artistic, practical, musical, industrial, conversation and reservation issues, intangible and oral issues, ethnical legal issues etc. The languages of the conference are English and Arabic. Please send your abstracts to instituteofcoptic @yahoo.com, [email protected]. CFP deadline: 31 July 2010. • International Congress: “The Ethnic History and Culture of Turkic Peoples of Eurasia on Materials from Anthropology, Archeology, Cultural Science, Linguistics, Folklore Studies and Ethnography”, Omsk, 27-30 September 2011 The following problematic is offered to discussion: - History of studying of Turkic peoples of Eurasia. - Ethnic history of Turkic peoples of Eurasia. - Traditional culture of Turkic peoples of Eurasia. Contact: [email protected]. • International Conference “Borders and BorderCrossing – New Perspectives on the Horn of Africa“, Berlin, 30 Sep. -1 Oct. 2011 This year’s annual conference of the “Academic Research Association Horn of Africa” deals with concepts relating to borders in the broader sense. Accordingly, the organizers consider borders to be constructs of the human mind. Likewise, political, economic and socio-cultural processes are constantly creating borders. Contact: [email protected]. • CASS Second Annual Conference: “Shi’a Minorities in the 21st Century”, London, 1-2 October 2011 The Centre for Academic Shi’a Studies is pleased to announce this conference. In the past decade, much attention has been paid to the Shi’a world due to re44 FORTHCOMING CONFERENCES cent political changes, especially in Iraq, Iran, Lebanon, Bahrain and Saudi Arabia. The Shi’a presence in the Americas, Europe, the Gulf, the Indian subcontinent, South-East Asia, and Africa, also deserves careful study to shed more light on these communities. The CASS encourages new research trajectories based on historical, sociological, political, religious and anthropological studies and welcomes scholars and specialists to submit proposals. Deadline for proposals is 31 May 2011. Contact: [email protected]; information www.shiaresearch. com. • Internationaler DAVO-Kongress zur gegenwartsbezogenen Forschung im Vorderen Orient, Berlin, 6. – 8. Oktober 2011 Siehe Einladung Kapitel 1.6. • Second International Seljukian Culture and Civilisation Symposium: “Science and Thought in Seljukian Era (XI-XIII.cc)”, Konya, Turkey, 20-22 October 2011 For further information see www.selcuklusempozyu mu2011.com. Contact: mdemirci@selcuklusempoz yumu2011.com. • First Centre for Syrian Studies (CSS) Postgraduate Conference on Syria, St. Andrews/ Scotland, 1-2 September 2011 The conference theme “Syria in the face of a changing world” is meant to attract postgraduate researchers and young scholars from a broad range of disciplines. Papers may cover the following suggestions: • Foreign policy and international relations. • Political economy, domestic politics and decisionmaking. • Societal issues including religion, urban-rural relations, gender, etc. Please email an abstract of max. 350 words and a brief CV until 15th May 2011 to Tina Zintl mjz3 @st-andrews.ac.uk. • ESCAS XII Biennial Conference, University of Cambridge, 20-22 September 2011 Please go to www.escas.org for further information. • Conference: “Coercion or Empowerment? Official Anti-Veiling Campaigns in the Middle East and Central Asia”, St. Antony’s College, University of Oxford, 23 September 2011 The conference will look at the official anti-veiling campaigns in the interwar Middle East and Central Asia from a comparative historical perspective. It will examine as wide a range of historical episodes as possible and draw conclusions about the nature, objectives, achievements and failures of these campaigns. Contact: [email protected] • “Arab Conference for the Internationalization of Quality Assurance in Higher Education (ACI- KONFERENZANKÜNDIGUNGEN FORTHCOMING CONFERENCES QA)”, Arab International University, Damascus, Syria, 8-9 October 2011 The conference is organised by the Arab International University (AIU) in collaboration with the Arab Universities Union (AUU) and TEMPUS under the direct supervision of the Ministry of Higher Education in Syria. Enquiries: [email protected]. Information: www.aii u.edu.sy/aciqa. The workshop is committed to experts of the Balkans, Middle East and Maghreb who will discuss the ways of reception, adaptation and transformation of Kemalism beyond the frontiers of Turkey in the postOttoman space, in a transnational perspective. Interested scholars of all disciplines are invited to send a 300 word abstract to Fabio Giomi at [email protected] by 30th June 2011. Further Information: http://actualites.ehess.fr/nouvelle4356.html • Tagung: „Transnationale deutsch-türkische Migration“, Orient-Institut Istanbul, 30. Oktober – 2. November 2011 Ziel der Tagung ist es, transnationale deutschtürkische Bindungen näher zu beleuchten. Nach einer ausführlichen Darlegung und Diskussion theoretischer Implikationen sowie der Vermittlung eines Überblicks über türkische Migrationsströme nach Deutschland und deutsche bzw. deutsch-türkische Migrationsströme in die Türkei durch GastreferentInnen soll der Blick auf unterschiedliche Aspekte der deutschtürkischen Transnationalität gerichtet werden. Contact: Dr. Barbara Pusch [email protected]. Information: www.oidmg.org/istanbul/16.html. • Seventh Meeting of the SOAS Biennial Conference: “The Qur'an: Text, Society & Culture”, London, 10-12 November 2011 While the conference will remain committed to the textual study of both the Qur'an itself and the history of the religious, intellectual and artistic activity that developed around it and drew on it, attention will also be given to non-textual cultural, sociological and anthropological studies relating to the Qur'an. Information about previous sessions of the conference series: www.soas.ac.uk/islamicstudies/confer ences/. CFP deadline: 1 June 2011. Workshop: “Towards a Transnational History of Kemalism in the post-Ottoman Space beyond Turkey”, Paris, 8-9 December 2011 Organizers: Centre d’études turques, ottomanes, balkaniques et centrasiatiques (CETOBAC- EHESS) with the support of the ANR Transtur Institut d’études de l’islam et des sociétés du monde musulman (IISMM – EHESS). The workshop is committed to experts of the Balkans, Middle East and Maghreb who will discuss the ways of reception, adaptation and transformation of Kemalism beyond the frontiers of Turkey in the postOttoman space, in a transnational perspective. Interested scholars of all disciplines are invited to send a 300 word abstract to Fabio Giomi at [email protected] by 30th June 2011. Further Information: http://actualites.ehess.fr/nouvelle4356.html • International Conference: “Emerging Research Paradigms in Business and Social Sciences”, Dubai, 22-24 November 2011 Middlesex University Dubai will hold this International Conference. The Conference includes six main tracks: Business and Management; Education; Psychology and Sociology; Media Studies; Tourism and Hospitality; Information and Knowledge Management Information: www.mdx.ac/conference/. • Annual Meeting of the Middle East Studies Association (MESA) – Washington, DC, 1-4 December 2011 For further information: www.mesa.arizona.edu. • Workshop: “Towards a Transnational History of Kemalism in the post-Ottoman Space beyond Turkey”, Paris, 8-9 December 2011 Organizers: Centre d’études turques, ottomanes, balkaniques et centrasiatiques (CETOBAC- EHESS) with the support of the ANR Transtur Institut d’études de l’islam et des sociétés du monde musulman (IISMM – EHESS). • Workshop: “Aspects of al-Ghazali's Influence on Modern and Contemporary Islam”, Yale University, 9-10 December 2011 The workshop deals with contributions to the study of al-Ghazali's position within Islamic discourses during the 19th, 20th, and 21st centuries, be it in the fields of philosophy, Sufism, education, political theory, ethics, or any other topic. Contact: [email protected]. Information: www.yale.edu/macmillan/cmes/al-GhazaliCallForPap ers.pdf. • International Association for the History of Religions Special Conference: “Religions, Science and Technology in Cultural Contexts: Dynamics of Change”, The Norwegian University of Science and Technology, 1-3 March 2012 Papers are invited for special panels on "Similarities and Differences between Christian and Islamic Versions of Creationism, and the Relative Significance of Cosmologies and Contextual Factors". Contact: Ulrika Mårtensson ulrika.martensson@ hf.ntnu.no. Deadline for abstracts 1 August 2011. Information: www.ntnu.no/iar/konfer anser/relsci. Meeting of the Middle East Studies Association (MESA) – Denver, CO, 17-20 November 2012 For further information: www.mesa.arizona.edu. Deadline for abstracts of papers is 15 February 2012. 45 AUSSTELLUNGEN EXHIBITIONS 2.2 Ausstellungen / Exhibitions „Orientalismus in Europa: Von Delacroix bis Kandinsky“ Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung, München, bis 1. Mai 2011 Léon Bonnat: Der schwarze Barbier in Suez, 1876 James Tissot: Die Reise der heiligen drei Könige, um 1894 Die Ausstellung zeigt mit rund 150 Gemälden und Skulpturen die vielfältigen Auseinandersetzungen von fast 100 westeuropäischen Künstlern mit dem islamischen Orient, Nordafrika und dem Nahen Osten. Das Projekt setzt beim Ägyptenfeldzug Napoleons (1798-1801) an und führt bis hin zur Moderne des frühen 20. Jahrhunderts. Meisterwerke von Ingres, Delacroix, Gérôme, und Sargent, bis zu Renoir, Klee und Kandinsky stellen den Orientalismus als vielfältiges künstlerisches Thema dar, das Stilrichtungen, künstlerische Positionen und nationale Grenzen überschreitet. Auch von weniger bekannten Künstlern gibt es Großartiges zu entdecken, wie zum Beispiel Arbeiten von Lawrence Alma Tadema, Gustave Bauernfeind, Jaroslav Dermák, Henri Evenepoel, Fabio Fabbi, Osman Hamdi Bey, John Frederick Lewis, Alberto Pasini, Edward Poynter und José Villegas y Cordero. Mit dem Ägyptenfeldzug Napoleons setzt in ganz Europa eine wahre »Ägyptomanie« ein. Mit der französischen Armee reisen 167 Forscher und Künstler, die in der Folge nicht nur neue wissenschaftliche Disziplinen, sondern auch einen neuen Orientalismus in der Kunst auslösen. Viele Künstler reisen nun als offizielle Gesandte westlicher Regierungen oder auf eigene Initiative an die verschiedensten Originalschauplätze, um die als ursprünglich empfundenen Kulturen zu dokumentieren. Manche lassen sich sogar dauerhaft dort nieder. Ihre Gemälde und Fotografien fördern ihrerseits weiteren Tourismus und prägen ein ganz bestimmtes Bild des Orients, das im Zeitalter des Kolonialismus stark von Überheblichkeit geprägt ist. Die einen erhoffen sich die sinnlichen Freuden aus 1001 Nacht, die sich in den vielen gemalten Drogen- und Haremsfantasien niederschlagen. Andere fasziniert die Emotionalität 46 einer bislang als bedrohlich empfundenen »barbarischen« Kultur. Auch islamische Städte in Südspanien werden im 19. Jahrhundert wiederentdeckt und lösen große Neugier auf den Orient aus. Zum Abschluss der Ausstellung werden Werke einiger Künstler der Moderne präsentiert, die sich dem Reiz des Orients ebenfalls nicht entziehen konnten und das Thema in eine neue Bildsprache überführen. Eine Ausstellung, die den Blick des Westens auf den Orient dokumentiert, zeigt also nicht nur wunderbare Kunstwerke, sondern auch die Geschichte von Konflikten und Projektionen. „Ägyptische Magie im Wandel der Zeiten“ Universitätsmuseum Heidelberg, bis 13. Juni 2011 Ein jahrzehntelang verschollenes „Zauberbuch“ aus dem Alten Ägypten steht im Mittelpunkt einer gemeinsamen Ausstellung des Instituts für Papyrologie und des Ägyptologischen Instituts der Universität AUSSTELLUNGEN Heidelberg. Unter dem Titel „Ägyptische Magie im Wandel der Zeiten. Eine zauberhafte Reise durch Text- und Bildwelten vom Alten Ägypten bis in die arabische Welt“ sind einzigartige Stücke aus der Papyrussammlung der Ruperto Carola mit reich bebilderten Pergamenten in koptischer Sprache zu sehen. Sie gehören zu den bedeutendsten magischen Papyri weltweit. „Ägypten: Tod in der Wüste“ Roemer- und Pelizaeus-Museum, Hildesheim, neue Dauerausstellung EXHIBITIONS reits im ganzen osmanischen Reich verbreitet. Oya schmücken unter anderem die Ränder von Kopftüchern, Unterkleidern, Tischdecken und Geldbeuteln, sogar Männer tragen sie um den Fez gewickelt. Nach der Errichtung der türkischen Republik in den 1920er Jahren zählt das Anfertigen von Oya zu den alten türkischen Handwerkskünsten und wird mit Vorstellungen aus dem Volksglauben und lokalen Mythen verbunden. Altem Brauch folgend verwahrt man sie in der Aussteuertruhe „Schahname. Heroische Zeiten. Tausend Jahre persisches Buch der Könige“ Pergamonmuseum, Berlin, bis 3. Juli 2011 Diese Sammlung repräsentiert 8.000 Stücke der wichtigsten Kulturepochen Ägyptens. Sie zählt neben Boston, Kairo und Wien zu den bedeutendsten Sammlungen weltweit. Die Ausstellung widmet sich den Jenseitsvorstellungen der alten Ägypter. Prächtige Särge zeigen eindrucksvoll die Rituale rund um die Mumifizierung und veranschaulichen gemeinsam mit vielfarbigen Grabbeigaben und der originalen Kultkammer des Uhemka aus dem Alten Reich die Einheit von Grabausstattung und Architektur. „Oya – Von osmanischer Mode zu türkischer Volkskunst“ Museum für Völkerkunde, München, bis März 2012 Im frühen 19. Jahrhundert treten sie in Erscheinung – die Oya – bunte Blüten aus feinster Nadelspitze. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sind sie be- Rostam kämpft mit dem Div Arzang. Isfahan, 1605 (Staatsbibliothek zu Berlin PK, Orientabteilung) 2010 feierte die Welt die Fertigstellung des persischen Buchs der Könige vor 1000 Jahren. Mit seinen über 50.000 Versen gehört das "Schahname" zu den größten Epen der Weltliteratur. Die persische Dichtung erzählt die gesamte Geschichte der alten Könige von Iran, von ihrem mythischen Anfang bis zur Eroberung durch die Araber im Jahr 651 n. Chr. Geschrieben wurde das Epos von dem persischen Dichter Ferdausi (935-1020), der es laut eigener Angabe nach 25 Jahren 1010 n. Chr. fertig gestellt hat und dem ghaznawidischen Herrscher Sultan Mahmud (r. 998-1020) gewidmet haben soll. Die Orientabteilung der Staatsbibliothek und das Museum für Islamische Kunst stellen das Epos mit über 100 herausragenden Objekten vor, darunter sind Leihgaben aus dem Museum für Asiatische Kunst, dem Ethnologischen Museum und dem Deutschen Historischen Museum. Berlin verfügt über eine einzigartige Kollektion von Schahname-Handschriften und Einzelblättern, von denen einige zu den großartigsten Schätzen der persischen Buchkunst überhaupt gehören. Ausgestellt werden auch Beispiele angewandter Kunst, die den Einfluss des Epos auf die verschiedenen Lebensbereiche dokumentieren. Die Ausstellung gibt vielseitige Einblicke in die Welt der großen Könige und verdeutlicht, welche zentrale Rolle dieses Stück Weltliteratur bis heute für das persische Nationalbewusstsein spielt. 47 VERANSTALTUNGSBERICHTE 3 Veranstaltungsberichte / Recent Conferences Internationaler Workshop „Regionalizing Oman Political, Economic and Social Dynamics“, Orientalisches Institut, Universität Leipzig, 25.26.03.2010 Am 25. und 26. März 2010 fand am Orientalischen Institut (Bereich Wirtschaft und Sozialgeographie) der Universität Leipzig der internationale Workshop „Regionalizing Oman – Political, Economic and Social Dynamics“ statt, organisiert von Steffen Wippel. Der Workshop verfolgte das Ziel, historische Formen und aktuelle Dynamiken von Regionalisierungsprozessen, in die Oman eingebunden ist, zu untersuchen und zu diskutieren. Er war einerseits Ausfluss aktueller Debatten über „Regionalisierung“ und „region-building“ und die Infragestellung etablierter „Meta-Geographien“. Zum andern resultierte er aus zwei Forschungsprojekten, die der Ausrichter in den beiden vorausgegangenen Jahren am Orientalischen Institut der Universität Leipzig („Zwischen arabischer Welt und Indischem Ozean: Die regionalwirtschaftlichen Orientierungen Omans“) und am Zentrum Moderner Orient in Berlin („Tanger – Salalah: Zwei 'regional cities' im Aufbruch“) bearbeitete. Oman, das in Politik, Wissenschaft und Medien oft unhinterfragt als Teil der „Arabischen Welt“ oder der MENA-Region angesehen wird, wurde hier vor allem im Rahmen seiner vielfachen regionalen Bezüge und Verortungen betrachtet. Diese umfassen beispielsweise auf Makroebene große Teile des Indischen OzeanRaums, seiner Seitenmeere und seines weiteren Hinterlands. Kleinräumig zählen dazu gesellschaftliche Erfahrungen ambivalenter Prozesse des „disembedding“, der Loslösung sozialer Beziehungen aus lokalen Interaktionskontexten, und des „reembedding“, RECENT CONFERENCES das kontinuierliche Aushandlungsprozesse sozialer und territorialer Grenzen widerspiegelt. Theoretische Ansätze eröffneten eine Vielfalt möglicher regionaler Perspektiven auf Oman. Territorien existieren auf verschiedenen Raumebenen weiterhin als besondere Formen von „Regionen“ von Bedeutung sind, sind Gegenstand von Auseinandersetzungen und unterliegen damit regelmäßigen Rekonfigurationen. Andere Regionalisierungsprozesse resultieren eher aus einer Perspektive von Bewegungen und Kommunikation. Die emergierenden (trans-) lokalen, (trans-) nationalen und (trans-) regionalen Verbindungen und räumlichen Zusammenhänge können über Ströme von Menschen, Gütern oder Kapital rekonstruiert werden. Des weiteren bezieht sich Regionalisierung auf kognitive und diskursive Raumkonstruktionen. Ziel der Konferenz war vor diesem konzeptionellen Hintergrund die disziplinen- und regionenüberschreitende Diskussion zwischen Vertretern verschiedener sozial- und regionalwissenschaftlicher Fächer. Vier Untersuchungsfelder standen dabei im Mittelpunkt: - Omans Integration in globale und regionale Ströme von Gütern, Kapital, Menschen und Ideen; - die politischen Aushandlungen solcher Integrations- (oder Desintegrations-) prozesse auf unterschiedlichen Ebenen; - Auswirkungen solcher Regionalisierungsprozesse und -formen für die (trans-) lokalen Akteure; - Vorstellungen und strategische Kommunikation von Regionenbildung und regionaler Zugehörigkeit. 25 aktive Teilnehmer vertraten ein breites Feld wissenschaftlicher Disziplinen, von der Geographie und Volkswirtschaftslehre, über die Politik- und Geschichtswissenschaften bis hin zu Sprach-, Islam- und Afrikawissenschaften. Die zweitägige Veranstaltung war in sechs Panels aufgeteilt. Das Panel „Oman's Regionalism Policy and (New?) Economic Spaces“ beschäftigte sich mit der Eingliederung des Sultanats in regionale Integrationsverbünde und deren Verhältnis zueinander sowie mit der TeilnehmerInnen des internationalen Workshops „Regionalizing Oman“ 48 VERANSTALTUNGSBERICHTE Entstehung wirtschaftlicher Verflechtungsräume und deren historischen Bezüge. Während bei Abdulla Baabood (Gulf Research Center, Cambridge) „Oman as a Member of the Gulf Cooperation Council (GCC)“ im Mittelpunkt stand, untersuchte Anja Zorob (FU Berlin) unter dem Titel „Reconciling the OmanUS Free Trade Agreement with Membership in the GCC Common Market: A difficult Task Ahead?“ bestehende Widersprüche und potenzielle Konflikte zwischen verschiedenen Freihandelsvereinbarungen. Nasser Al Badri (Univ. Manchester) befasste sich mit Verflechtungsbeziehungen unter den arabischen Golfstaaten anhand des Themas „Regional Employment: Omani Labour Force in the Gulf – Past, Present and Future Trends“. Steffen Wippel (Univ. Leipzig/ZMO Berlin) untersuchte in seinem Beitrag „Oman and the Indian Ocean Rim – Economic Integration Across Conventional Meta-Regions“ Wirtschaftskontakte in einem alten Handels- und Beziehungsraum, der jüngst wieder an Bedeutung und Aufmerksamkeit gewann. Gulshan Dietl (Univ. New Delhi & Odense) musste ihren Beitrag „Musandam: Creating a New Region across the Water“ kurzfristig absagen, konnte jedoch im Juni 2010 in einem öffentlichen Vortrag ihre Untersuchungsergebnisse zu einem den Golf überschreitenden Beziehungsraum, der Bezüge zu unterschiedlichen Raum- und Akteursebenen aufweist, Kollegen und Studierenden an der Universität Leipzig vorstellen. Christian Steiner (Univ. Mainz) leitete das Panel „Oman’s Territorial and Regional (Re)Configuration“, das sich mit räumlichen Ausformungen im Innern des Landes befasste. Marc Valeri (Univ. La Rochelle & Exeter) untersuchte in seinem Beitrag „Domesticating the Local Elite. Sheikhs, Walis and State-Building under Sultan Qaboos“ die Bedeutung der regionalen Ebene im omanischen Staatsbildungsprozess. Geographische Perspektiven nahmen Mokhtar Belgacem und Montasser I. M. Abdelghani (beide Sultan Qaboos University, Muscat) ein. Der erste Vortrag, „The Reconfiguration of Omani Territory: The Phenomenon of Littoralization as a Driver“, behandelte die zunehmende Verlagerung der wirtschaftlichen und demographischen Zentren in die Küstenregionen des Landes und die daraus folgenden planerischen Konsequenzen. Im zweiten Vortrag standen mit „The Impact of Shopping Centers on Traditional Retail Stores and on Urban and Regional Development in the Capital Region. Case Study ’As-Seeb Wilayat’“ strukturelle Veränderungen im Einzelhandel im Großraum Muscat im Mittelpunkt. Mit „Bilder aus dem Oman … sagen (wirklich) mehr als 1000 Worte / Pictures from Oman – Impressions and Interpretations“ schloss der erste Veranstaltungstag. Frauke Borchers (VHS Lübeck) kombinierte dabei die Präsentation eindrucksvoller Fotos mit konzeptionellen Überlegungen zu unterschiedlich geprägten Wahrnehmungen von Bildern. Klein- und großräumige Betrachtungsebenen umfasste das Panel „Historical Perspectives on Oman and RECENT CONFERENCES its Regional Context“. Beatrice Nicolini (Università Cattolica, Milano) stellte in ihrem Vortrag „Rereading the Role of Oman within its International Trade Relations, 16th through the 19th Centuries“ die Wirtschaftskontakte im Indischen Ozean und im Persischen Golf in den Mittelpunkt. Michaela HoffmannRuf (Univ. Tübingen) dagegen befasste sich mit „Private Documents as Source for Regional History – The Archive of the 'Abriyin of al-Hamra'“, die es erlauben, Geschichte aus lokaler Perspektive zu schreiben. Eine weitere Sitzung konzentrierte sich auf „Oman’s Transnational Social, Economic and Cultural Dynamics“. Detlef Müller-Mahn und Julia Pfaff (beide Univ. Bayreuth) präsentierten den Vortrag „Living in Two Places: Translocal Practices and Imaginative Geographies of ‘Omani Zanzibaris/Zanzibari Omanis’“, in dem sie heutige Kontakte und Verflechtungen zwischen den beiden ehemaligen Teilen des vergangenen omanischen Reichs untersuchten. Samir Pradhan (Gulf Research Centre, Dubai) bettete in seinem Beitrag „Oman-India Ties: Exploring the Migration Dynamics“ das aktuelle Wanderungsgeschehen in die breitere Beziehungsgeschichte zwischen den beiden Ländern ein. Claire Beaudevin (Univ. Aix-Marseille) leistete mit ihrer medizinanthropologischen Untersuchung „The Blood of ‘Sinbad’s descendants’: Political and Social Stakes of Inherited Blood Disorders in Oman, Revealing Transnational Dynamics“ einen besonders anregenden Beitrag zu (imaginären) regionalen Beziehungen aus ungewöhnlicher Perspektive. Schließlich untersuchte Monika Fatima Mühlböck (Univ. Wien) „The History of Tribes in Dhofar: Transnational Dimensions“ zwischen dem südlichen Oman und Jemen. Im Rahmen des Panels „Oman between the Local and the Global“ (geleitet von Birgit Krawietz, FU Berlin) ging Katja Brinkmann (studiosus Berlin) im Vortrag „The Omani Museum Landscape: Institutions of Domestic and Incoming Tourism as an Instrument for Shaping Local Identities?“ auf die Nutzung von Museen für die Repräsentation nationaler Identität gegenüber lokalen wie ausländischen Besuchern ein. Mit „Privatization and Internationalization of Higher Education in the Sultanate of Oman“ präsentierte Torsten Brandenburg (Univ. Mainz) eine Fallstudie zu einem globalen Phänomen, das gerade in den arabischen Golfstaaten in besonderem Ausmaß die Bildungslandschaft zu prägen begann. Victoria Tuzlukova stellte ihren mit Rahma Al-Mahrooqi (beide SQU Muscat) vorbereiteten Vortrag „Bringing the Global and the Local together through English in Oman“ vor, während sich Saleh Alblushi (SQU Muscat) mit „Names and Changes in Naming Trends in Oman from 1986 to 2008: Local Traditions vs. Regional and Global Influences“ auseinander setzte. Das abschließende Panel „Concepts of Regionalisation“ trug dazu bei, nochmals den grundlegenden Anspruch des Workshops zu verdeutlichen, einen konzeptionellen Rahmen zu spannen, und die nachfolgende Abschlussdebatte zu fokussieren. Aus unter49 VERANSTALTUNGSBERICHTE schiedlichen (trans-)disziplinären Perspektiven konnten jüngere Zugänge zu „Regionalisierungen“ beispielhaft aufgezeigt werden. Ulrike Lorenz (Univ. Leipzig/FU Berlin) bezog sich dabei in ihrer Präsentation „Theorizing Regionalism(s). New Regionalism(s) Reloaded“ auf Überlegungen eines „New Regionalism Approach“, der herkömmliche politikund wirtschaftswissenschaftliche Ansätze überwinden und eine breitere Perspektive auf Regionalisierungsprozesse bieten will. Frank Mattheis (Univ. Leipzig/École Normale Supérieure, Paris) ging unter dem Titel „When Regions Interact – Concepts and Cases of Interregionalism“ auf vornehmlich institutionalisierte wirtschaftliche und politische Beziehungen zwischen Weltregionen ein. Katrin Bromber (ZMO Berlin) stellte dagegen mit „Working with ‘Translocality’: Conceptual Implications and Analytical Consequences“ eine Herangehensweise vor, die auch die historischen Dimensionen von Beziehungen vor und jenseits des modernen Nationalstaats und ihre verschiedenen Raumebenen berücksichtigen kann. Nach anregenden Diskussionen fasste der Veranstalter in seinen abschließenden Bemerkungen den wesentlichen Tenor der Veranstaltung zusammen und gab einen Ausblick auf zukünftige Kooperationsmöglichkeiten. Neben Vorschlägen zu einer Fortführung des Austauschs über aktuelle Oman- und Golfforschung ging es dabei vor allem um die Veröffentlichung der Tagungsergebnisse. Die Publikation eines Tagungsbands, der die konzeptionelle Ausrichtung der einzelnen Beiträge auf unterschiedliche Herangehensweisen an „Regionalisierung“ weiter vertiefen soll, ist in Vorbereitung. Gefördert wurde der internationale Workshop von der Fritz Thyssen Stiftung für Wissenschaftsförderung. Weitere Mittel kamen von der Deutschen 50 RECENT CONFERENCES Forschungsgemeinschaft, die das Oman-Projekt an der Universität Leipzig finanziert, sowie aus dem Forschungsgemeinschaft, die das Oman-Projekt an der Universität Leipzig finanziert, sowie aus dem Graduiertenkolleg „Bruchzonen der Globalisierung“ an der Research Academy Leipzig. Kosten für zwei Teilnehmer übernahm die Sultan Qaboos University in Muscat (Oman). Steffen Wippel Internationale Konferenz “Under Construction. The Material and Symbolic Meaning of Architecture and Infrastructure in the Gulf Region”, 6.10.10.2010 am Zentrum Moderner Orient (ZMO), Berlin Ausrichter: PD Dr. Katrin Bromber (ZMO), Prof. Dr. Birgit Krawietz (FU Berlin), PD Dr. Steffen Wippel (Uni Leipzig/ZMO). Dezidiertes Anliegen der viertägigen Fachtagung war es, den kulturwissenschaftlichen Blickwinkel bewusst anzulegen, um in der Diskussion bereits vorhandener Forschungsergebnisse neue wissenschaftliche Perspektiven auf architektonische, infrastrukturelle und städtebauliche Entwicklungen in den Staaten am Persischen Golf zu erproben. Das erforderte nach Ansicht der Organisatoren nicht nur, den für diese Region erst im Entstehen befindlichen Dialog über die Disziplingrenzen hinweg zu fördern, sondern vor allem auch die Erkenntnisse von zum überwiegenden Teil akademisch gebildeten Kulturschaffenden über die konkrete Praxis der Kulturpolitik vor Ort einzubeziehen. Die 39 aktiven Teilnehmer traten zudem mit einer interessierten akademischen Öffentlichkeit in einen fruchtbaren Austausch, in dem neue Wege zum Verständnis der Dynamiken in der Region diskutiert wurden. VERANSTALTUNGSBERICHTE Der Doppelvortrag des Kulturmanagers Michael Schindhelm (ehemals Dubai Culture and Arts Authority) und des Architekten Michael Schwarz (Universität Ajman) am Eröffnungstag war als Aktivität des ZMO im Bemühen um lokale Sichtbarkeit seiner Forschungsinitiativen und als Partizipationsmöglichkeit für eine breitere Öffentlichkeit gedacht. Entsprechend nahm auch anschließend an der Konferenz eine gewisse Anzahl von Architekten, Wissenschaftlern und allgemein Interessierten teil, die sich ebenfalls intensiv an den Diskussionen beteiligten. Das gilt auch für die teilnehmenden Künstler, die im aktiven Gespräch mit den anwesenden Wissenschaftlern und Praktikern ihre Situation und Exponate erläuterten: Die Beiträge von Stephan Zirwes, George Katodrytis, Andreas Siekmann und Alice Creischer sowie Anette Baldauf und Dorit Margreiter erwiesen sich als große Bereicherung. Sie verstärkten den Eindruck, dass Künstler oftmals in wenigen Momenten auszudrücken vermögen, worauf Wissenschaftler lange Darstellungen verwenden müssen. Gerade Möglichkeiten des Sprechens über Exponate und damit verbundene Erfahrungen der Künstler erwiesen sich als besonders wichtig, ein Umstand, der auch in einer Endpublikation Eingang finden soll. Den Grundgedanken des Experiments, nicht nur Wissenschaftler und Praktiker, sondern auch Künstler und Kulturmanager zusammenzubringen, sahen die Ausrichter als besonders gelungen an. Es war ein Zusammentreffen von Personen, die sich im Nachhinein wunderten, sich nicht vorher schon in Dubai, Abu Dhabi oder Katar begegnet zu sein. Die OrganisatorInnen Birgit Krawietz, Steffen Wippel, Ulrike Freitag und Katrin Bromber (von links) bei der Eröffnung der Tagung Mit Bezug auf die Konstruktion des kulturellen Erbes wurde dabei unter anderem das Spannungsverhältnis zwischen angenommener kultureller Vergangenheit und dem Aufbau moderner Kunstmuseen diskutiert. Die vormaligen Kuratoren Joachim Gierlichs (Museum of Islamic Art, Doha) und Bruno Maquart (Louvre in Abu Dhabi) diskutierten den Anspruch der Golfregion, als „cultural hub“ die globale Kunstszene nachhaltig mitzubestimmen. RECENT CONFERENCES Die Direktorin des ZMO, die Historikerin und Islamwissenschaftlerin Ulrike Freitag, eröffnete nicht nur offiziell den wissenschaftlichen Teil der Veranstaltung, sondern war auch mit einem eigenen wissenschaftlichen Referat vertreten. Einige Fächer wie insbesondere die neuere Kulturgeographie beanspruchten zwar in gewissem Sinne Deutungshoheit. Doch zeigte sich, dass es keinen Königsweg der Auseinandersetzung mit Phänomenen des „Arabischen Golfes“ – wie die Region angesichts der dynamischen Entwicklung entlang der Küste der Arabischen Halbinsel inzwischen häufig bezeichnet wird – und seiner potentiellen Interpretation als Laboratorium oder Prisma dessen gibt, was der Weltgemeinschaft möglicherweise insgesamt noch bevorsteht. Es bedarf vielmehr konzertierter Auseinandersetzungen verschiedener Richtungen einer Kulturwissenschaft im weitesten Sinne und auch genauer Einblicke beispielsweise in die Zwangslagen und Anforderungsstrukturen von Architekten etc. Immer wieder stand die Frage im Raum, was das alles „mit uns hier in Europa“ zu tun hat. Damit nahmen die Teilnehmer von vornherein Abstand von orientalistischen Betrachtungsweisen oder Häme nach der Finanzkrise. Vielmehr konzentrierten sie sich auf die Frage, mit welchen Strategien des Branding versucht wird, Alleinstellungsmerkmale zu generieren, die jedoch an entsprechende globale Diskurse anschlussfähig sind. Diese wurden unter dem Blickwinkel der Stadtentwicklung (wie von Brigitte Dumortier oder Delfina Serrano), der Freizeitindustrie (z. B. Katrin Bromber, Sonja Nebel) und großangelegter Wirtschaftsprojekte (z.B. Steffen Wippel, Martin Hvidt) betrachtet. Die vielzitierte Verbindung von Luxus, Orientalismus und Modernität als Rezeptur zur Herstellung von Unverwechselbarkeit wurde in diesem Zusammenhang beispielsweise von Nadine Scharfenort kritisch hinterfragt. Obgleich die politischen und ökonomischen Dimensionen der „Raumentwicklung“ im Sinne des sozial produzierten Raumes unter den vorgenannten Perspektiven nicht ausgeblendet wurden, war ihre gesonderte Berücksichtigung in mehrfacher Hinsicht besonders geboten. So ging es im Beitrag von Ala AlHamarneh um Repräsentationen der Macht, wie sie gerade für autokratische Herrschaftssysteme charakteristisch sind. Dagegen zeigte die Videoproduktion von Anette Baldauf und Dorit Margreiter die genderspezifische Ordnung des Raumes und die Schaffung von she-zones an öffentlichen Orten, die vermutlich eher eine bestehende Geschlechterordnung zementieren als einen modernen islamisch geprägten Gegenentwurf bilden. Heiko Schmid ging der Frage nach den sozialökonomischen Strukturmerkmalen einer Bautätigkeit im Hochgeschwindigkeitstempo und der damit einhergehenden „Ökonomie der Faszination“ nach. Die Betrachtung von „Dubai Elsewhere“, zeigte, in welcher Weise die architektonisch-symbolische und infrastrukturelle Entwicklung der aufstrebenden Städte am Golf in Staaten des Maghreb (Pierre-Arnaud Bar51 VERANSTALTUNGSBERICHTE thel), im subsaharischen Afrika (wie von Armelle Choplin) und in der Levante (Leïla Vignal) aufgegriffen werden. Deutlich wurde, dass der jüngste Bauboom im Zentrum der dortigen Metropolen nicht nur eine Gelegenheit für erfolgreiche Arbeitsmigranten bietet, in den Golfstaaten verdientes Geld gewinnbringend zu investieren. Vielmehr scheinen sich Tendenzen einer ästhetischen Umorientierung von westlichen Vorbildern hin zu symbolischen Repräsentationen von Erfolg und Lebensstandard anzudeuten, die dezidiert in den Staaten am Persischen Golf entwickelt wurden. Eine Anschlusspublikation befindet sich im fortgeschrittenen Planungsstadium. Die angesetzten Panel waren ursprünglich bereits als Rahmen einer späteren Veröffentlichung gedacht. Die Diskussionen im Nachgang der einzelnen Vorträge, Sitzungen und Tagesveranstaltungen erwiesen sich jedoch als so dynamisch, dass das ursprünglich geplante Format noch einmal gründlich überdacht wurde. Da manche Diskussionsstränge beharrlich immer wieder von unterschiedlichen Teilnehmern aufgegriffen wurden, erwies es sich als wichtig, diese Dynamik aufzufangen. Im Vordergrund werden Branding-Strategien in sämtlichen sozialen Bereichen (von Bildung über Tourismus zu Sport und Kultur) stehen. Die Tatsache, dass der arabische Kleinstaat und finanzielle Riese Katar mittlerweile die Fußballweltmeisterschaft für 2022 zugesprochen bekommen hat, zeigt, dass der Grundgedanke, die symbolische Bedeutung von Infrastruktur und Architektur zu analysieren, mehr als berechtigt ist. Die umfangreiche finanzielle Unterstützung durch die DFG bot die großartige Gelegenheit einer spannenden, aufschlussreichen – und nicht zuletzt überaus unterhaltsamen – Konferenz. Das detaillierte Programm der Veranstaltung sowie eine Videodokumentation der Keynote Lectures sind unter www.zmo.de/veranstaltungen/2010/UnderConst ruction/Programme_UnderConstruction_2010.pdf einzusehen. Steffen Wippel (Leipzig/Berlin) RECENT CONFERENCES 4 Dissertationen und Habilitationen / Dissertations and Habilitations Ahmed Abd-Elsalam: Das Verhältnis des beduinischen zum islamischen Recht in sozialem und historischem Kontext: Rechtskonzept, Institutionen und Praxis. – Abgeschlossene Dissertation am Seminar für Islamwissenschaft, Martin-Luther-Universität Halle Wittenberg. Betreuer: Prof. Dr. Stefan Leder und Prof. Dr. Richard Rottenburg. Recht ist eine gesellschaftliche Institution. Es ändert die Gesellschaft und ändert sich mit der Gesellschaft. Es schafft Kultur. Kultur ist dynamisch. So auch ist das Recht aus einer historischen Perspektive veränderlich und dynamisch. Das Gleiche gilt für das beduinische Recht, also Recht, Rechtsnormen und Rechtspraktiken arabischer Beduinen. Gestützt auf die Hypothese, dass das beduinische Recht ein eigenes System des Rechts und der Gerichtsbarkeit darstellt bzw. eine eigene Rechtsfamilie bildet, untersucht die Dissertation die Dynamik des beduinischen Rechts aus einer historischen Perspektive. Dabei werden zwei Leitfragen gestellt: Was ist beduinisches Recht? Und wie wirkt beduinisches Recht? In der Arbeit wird eine historische Untersuchung der Entwicklung altarabischer Rechtsnormen zu einem Rechtssystem arabischer Stämme in der Neuzeit mit methodischer Anlehnung auf die Rechtsvergleichungstheorie zur Klassifizierung von Rechtsfamilien nach Constantinisco (1983) und der Ansicht von René David (1950) zu den Unterscheidungskriterien durchgeführt. Es werden unter anderem Rechtsnormen, -praktiken und -institutionen sowie Rechtsgeschichte verschiedener Stammesgruppierungen und Körperschaften in der Neuzeit untersucht und miteinander verglichen. Dabei werden die Stammesgemeinschaften der BeduinenZentralregion, welche sich vom Nordarabien über Ostjordanland und Negev bis zum Sinai in Ägypten erstreckt, und die Stammesgemeinschaften der AwlNd OAlP-Gebiete in der Libyschen Wüste Ägyptens und zwischen dem 17. und 20. Jahrhundert berücksichtigt. - These I: Das Recht der arabischen Stämme, genannt beduinisches Recht, in der Vergangenheit und in 52 DISSERTATIONEN UND HABILITATIONEN der Gegenwart stellt eine eigene Rechtskultur dar, die im Sinne der Rechtsvergleichungstheorie nach den determinierenden Kriterien von Constantinisco als eine Rechtsfamilie per se bezeichnet und betrachtet wird. Dabei stellt die Tribalität, welche sich durch die kollektive Haftung der Solidargruppe zeigt, zusammen mit dem Ausgleich nach dem �aqq-Prinzip, also dem „subjektiven Recht“-Prinzip, die entscheidenden Unterscheidungskriterien nach René David für die Rechtsfamilie des beduinischen Rechts dar. Trotzdem war das Recht der arabischen tribalen Gemeinschaften in der Neuzeit alles anders als vereinheitlicht. Im Laufe ihrer Geschichten entwickelten sich die Stammesgemeinschaften und das von ihnen praktizierte Recht je nach Bedarf und eigenen Voraussetzungen. Sie bildeten dadurch kleinere unterschiedliche Rechtskreise innerhalb der beduinischen Rechtsfamilie. - These II: Die Interaktion zwischen beduinischem und islamischem Recht ist vielschichtig. Zum Rechtswesen der Zeit der Entstehung des islamischen Rechts, gehörten die tribalen Rechtshandlungen der Altaraber mit ihren Normen und Praktiken sowie die religiösen Rechtsauffassungen der Juden und Christen von Arabien. Alles floss in einen Korpus. Im islamischen Recht sind daher Elemente der verschiedenen beeinflussenden Rechtssysteme wiederzuentdecken. So vereinigte das islamische Recht die Idee des Rechtsausgleiches der Altaraber und Beduinen „�aqq“ mit dem Prinzip der Buße „kaff�ra“ des religiösen Rechts, indem die kaff�ra als Ausgleich für die verletzten Rechte Gottes (�aqq All�h) interpretiert und damit die Stiftung objektiven strafrechtlichen Sinns (�aq�ba/ �ud�d) legitimiert wird. Die Auffassung von Strafe als Buße und Individualität der Schuld sind die entscheidenden Unterscheidungskriterien für das islamische Recht, die der Autor als Merkmale der Islamität der Rechtsanwendung betrachtet. Diese Merkmale harmonisieren aber nicht selbstverständlich mit der Rechtstribalität des beduinischen Rechts, welches unter anderem dem Zusammenhalt des tribalen Verbands dienen soll. Daher ist der Autor der Meinung, dass eine Form der Beduinisierung bzw. Tribalisierung der Rechtsanwendung bei der Übersetzung islamischer Normen durch die Beduinen stattfand. - These III: Die Rechtstransformationen, welche arabische Stammesgemeinschaften der Neuzeit in der Zentralregion und bei den Awl�d �Al� erlebten, stehen in enger Verbindung zur Bildung tribaler Neuorganisationen durch Spaltungen oder Fusionen begleitet von der zunehmenden Neuschaffung von vertraglichen Rechtsräumen innerhalb und außerhalb einer Genealogie. Gegen vielfache Auffassung war das Recht der Beduinen auf dem Gebiet des heutigen Jordaniens, Palästinas, Israels und Ägyptens zwischen dem 17. und 20. Jahrhundert alles andere als statisch. Deutlichster Ausdruck der veränderlichen Rechtsverhältnisse war die Aufteilung ihrer beduinischen Rechtsfamilie in DISSERTATIONS AND HABILITATIONS neue Rechtskreise. Diese ging nicht in erster Linie auf äußere Einflüsse zurück, sondern entsprang der Eigendynamik der beduinischen Stammesgesellschaft. Diese Eigendynamik als Quelle von Rechtstransformationen bestand wesentlich in inter- und transtribalen Begegnungen und Konfrontationen; dies war auch in früheren Zeiten möglich – und wahrscheinlich. Ausführliche Zusammenfassung unter http://drahme dabdelsalam.blogspot.com/. Christiane Fröhlich: Der israelischpalästinensische Wasserkonflikt. Diskursanalytische Betrachtungen. – Abgeschlossene Dissertation am Zentrum für Konfliktforschung der PhilippsUniversität Marburg. Erstbetreuer Prof. Dr. Berthold Meyer) Dem Wasserkonflikt zwischen Israelis und Palästinensern liegen fundamental unterschiedliche Wahrnehmungen von Knappheit zugrunde. Zwar bilden die geografischen, hydrogeologischen und demographischen Gegebenheiten in der Region die Basis des israelisch-palästinensischen Wasserkonflikts. Der Begriff Wasser steht jedoch nicht nur für diese „objektiven“ Daten, sondern auch für zahllose soziale, materielle und symbolische Vermittlungsprozesse, die verschiedenen Funktionen der Ressource Wasser sowie die mit ihnen verbundenen Nutzungsinteressen. Diese Ambivalenz führt dazu, dass sich Kommunikation über Wasser auf sehr unterschiedliche Gegenstände beziehen kann; meist liegt der Fokus dabei nicht auf dem eigentlichen Stoff Wasser, sondern auf seiner Nutzung und den Kontexten, in denen er zu finden ist. Die vorliegende Untersuchung konzentriert sich auf die politischen, sozialen und symbolischen Vermittlungsprozesse in der israelischen und der palästinensischen Gesellschaft, die dafür sorgen, dass Wasserknappheit dort als Konfliktgrund wahrgenommen wird. Sie äußern sich in konfliktiven Diskursstrukturen, etwa der diskursiven Versicherheitlichung von Wasserknappheit für verschiedene Referenzobjekte. Beide Seiten konstruieren Wasser zum Konfliktgegenstand, der emotional stark aufgeladen ist: „Nothing is more basic, more vital, than water, and few issues stir as much emotion.“ Wasserknappheit wird diskursiv versicherheitlicht, doch die Motivationen hinter diesen Versicherheitlichungen sowie ihr Referenzobjekt sind 53 DISSERTATIONEN UND HABILITATIONEN jeweils sehr verschieden. Genau hier müssen Konfliktlösungsversuche ansetzen. Im Fokus steht die Frage, wie die Ressource Wasser in Israel und den palästinensischen Gebieten wahrgenommen wird, um so Parallelen, Ähnlichkeiten und Ansatzpunkte für Dialog innerhalb des israelischen und des palästinensischen Wasserdiskurses herauszuarbeiten. Zunächst wird die Struktur der Diskursstränge „Wasser in Israel“ und „Wasser in Palästina“ von 1882 bis 2005 in einer Diskursgenese entfaltet und vergegenwärtigt. Als Basis dient die vorhandene Sekundärliteratur zum Thema. Darauf folgt eine kritische Diskursanalyse, deren Ergebnisse verdeutlichen, wie die beiden Gesellschaften die Ressource Wasser heute politisch, strategisch und gesellschaftlich bewerten und inwieweit Wasser ver- oder entsicherheitlicht wird. Die Datenbasis bildeten 17 halboffene, semistrukturierte Interviews, die 2005 mit israelischen und palästinensischen Wasserexperten geführt wurden. So wird die konkrete, aktuelle Ausgestaltung des Wasserdiskurses in Israel und Palästina auf der Ebene der Experten/der Wissenschaft beschreibbar. In einem dritten und letzten Schritt werden aus den Entwicklungen seit 1882 bis 2005 Trends für die zukünftige Entwicklung der Wasserdiskurse und damit des Wasserverteilungskonfliktes zwischen Israelis und Palästinensern formuliert, auf deren Basis neue Friedensinitiativen aufbauen könnten. Die Diskursgenese und die synchrone Diskursanalyse zeigen, dass sich in Israel und der palästinensischen Gesellschaft zwei fundamental unterschiedliche Interpretationen von Wasser und Wasserknappheit gegenüber stehen. Diese sind aus der spezifischen Entwicklung und Struktur der jeweiligen nationalen Diskursstränge erklär- und nachvollziehbar. Beide Diskursstränge enthalten Elemente eines Hegemonial- und eines Gegendiskurses. Die Sagbarkeitsfelder in beiden Diskurssträngen hängen einerseits stark von der Ebene ab, auf die sich das Gesagte jeweils bezieht, und andererseits von der Position des jeweiligen Sprechers im Diskurs. Auf der internationalen Ebene, also bei Themen der Gerechtigkeit, des internationalen Rechts und der Verteilung der natürlichen Wasserressourcen unter allen Anrainern des Wassereinzugsgebiets, ist Kritik am Wassermanagement der jeweiligen ingroup im Hegemonialdiskurs in aller Regel unsagbar. Hier überwiegen konfliktive Diskursstrukturen, die die Unterscheidung zwischen in- und outgroup und die Bedrohung, als die bestimmte outgroups wahrgenommen werden, in den Mittelpunkt stellen. Wasser wird auf dieser Ebene als Nullsummenspiel wahrgenommen: Die Aufgabe von Kontrolle über Wasser, insbesondere über die natürlichen Ressourcen, bedeutet realen Wasserverlust, während gleichzeitig fehlende Kontrolle als existenzielle Bedrohung wahrgenommen wird. Kooperatives Wassermanagement wird zwar in beiden Diskurssträngen als Wunschvorstellung formuliert, gehört aber innerhalb der hegemonialen Diskursstrukturen nur dann in den Bereich des 54 DISSERTATIONS AND HABILITATIONS praktisch Möglichen, wenn politische Aspekte des Wassermanagements ausgespart werden. Auf der nationalen Ebene gestalten sich die Sagbarkeitsfelder im Hegemonialdiskurs großzügiger. Ohne die Bedrohung durch eine feindliche outgroup ist es möglich, die Wassermanagementpraktiken der eigenen ingroup in die Kritik zu nehmen und zum Teil sogar massive Veränderungen zu fordern. An dieser Stelle zeigen sich innerhalb der beiden Hegemonialdiskurse Ansatzpunkte für einen Dialog zwischen Israelis und Palästinensern, denn über die groben Linien eines idealen regionalen Wassermanagements sind sich die Wasserexperten beider Seiten weitestgehend einig. Deutliche Veränderungen und Erweiterungen erfahren die hegemonialen Sagbarkeitsfelder in den jeweiligen Gegendiskursen. Hier wird sowohl die Wahrnehmung von Wasser als Nullsummenspiel als auch die Darstellung des jeweils anderen als bedrohlich und gefährlich aufgebrochen und durch kooperativere Diskursstrukturen ersetzt. Dazu dient auf der israelischen Seite die Transzendierung der bis dato primär nationalen Interessen auf die globale Ebene, auf der palästinensischen die Anerkennung der jeweiligen Eigenverantwortung in Bezug auf den herrschenden Status quo der Wasserverteilung. Wo im Hegemonialdiskurs der Fokus noch primär auf der Sicherheit der (nationalen) ingroup und dem Fehlverhalten der outgroup liegt, eröffnen sich in den Gegendiskursen neue Handlungsspielräume für Kritik am Verhalten der jeweiligen ingroup sowie eine gewisse Offenheit für die Sichtweise der anderen Seite. Im israelischen Hegemonialdiskurs, der wie der gesamte Spezialdiskurs „Wasser“ maßgeblich von Expertenmeinungen geprägt wird, gilt die natürlich vorhandene Wassermenge im Jordanbecken als nicht ausreichend, um den derzeitigen Lebensstandard der gesamten regionalen Bevölkerung zu erhalten, geschweige denn zu verbessern. Dieses Wasser wird im israelischen Hegemonialdiskurs als absolut knapp wahrgenommen; zusammen mit der historischen Verbindung zwischen Land, Wasser und dem Aufbau einer jüdischen Heimstatt, die aus der zionistischen Ideologie stammt, ergibt dies die Wahrnehmung von natürlicher Wasserknappheit als existenzieller Bedrohung. Die Aufgabe von israelischer Kontrolle über natürliche Wasserressourcen ist unsagbar: Die zahlreichen Versicherheitlichungen illustrieren, dass die hegemonialen Diskursstrukturen primär darauf abzielen, den Status quo der Wasserverteilung zu erhalten und zu sichern, Veränderungen in Bezug auf die Verteilung der natürlichen Wasserressourcen also zu verhindern. Der einzige Ausweg aus der als existenziell bedrohlich empfundenen Knappheitssituation besteht im israelischen Hegemonialdiskurs in der Erzeugung zusätzlichen Wassers per Entsalzung; eine fundamentale Veränderung der israelischen Wirtschaftsstruktur oder des allgemeinen Lebensstandards ist ebenso unsagbar wie die Aufgabe auch nur eines Teils der israelischen Kontrolle über die natürlichen Was- DISSERTATIONEN UND HABILITATIONEN serressourcen. Eine Transformation dieser Diskursstrukturen im Sinne einer Entsicherheitlichung der natürlichen Wasserknappheit erscheint wenig wahrscheinlich. Im palästinensischen Hegemonialdiskurs dagegen gelten dieselben natürlichen Wasserressourcen grundsätzlich als mindestens ausreichend für eine deutliche Verbesserung der palästinensischen Lebenssituation. In der palästinensischen Wahrnehmung wird die erfahrene Wasserknappheit als ausschließlich politisch induziert wahrgenommen, was in zahllosen Versicherheitlichungen der israelischen Kontrolle über die Wasserressourcen deutlich wird. Wo im israelischen Diskursstrang „objektive“ Wasserknappheit im Mittelpunkt der Versicherheitlichungen steht, ist es im palästinensischen Diskursstrang die Dominanz Israels, die zahlreiche securitizing moves hervorruft. Zusammenfassend kann man sagen, dass die hegemonialen Strukturen sowohl des israelischen als auch des palästinensischen Wasserdiskursstrangs von machtvollen konfliktiven Mustern geprägt sind. Diese konfliktiven Diskursstrukturen, die Versicherheitlichungen und Exklusionen stehen der Lösung des israelisch-palästinensischen Wasserverteilungskonfliktes im Wege. Die Dissertation wurde 2010 im VS-Verlag in Wiesbaden in der Reihe „Politik und Gesellschaft des Nahen Ostens“ veröffentlicht (384 S.). Thomas K. Gugler: Mujahidin islamischer Mission: Die Barelwi Tablighi Jamaat Dawat-e Islami. – Abgeschlossene Dissertation am Lehrstuhl für Islamwissenschaft der Universität Erfurt, erarbeitet am Zentrum Moderner Orient in Berlin. Betreuer: Prof. Dr. Jamal Malik und Prof. Dr. Thomas Bauer. Die aus der Barelwi-Bewegung hervorgegangene Dawat-e Islami ist eine sunnitisch-islamische Organisation, die sich die innere Mission der Muslime zum wichtigsten Ziel gesetzt hat. Sie wurde 1981 in Karachi als Gegen- bzw. Konkurrenzbewegung zur Deobandi-nahen Tablighi Jamaat gegründet, die bislang weitaus mehr akademische Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat. Die stark sufisch geprägte Dawat-e Islami ist mittlerweile zu einer der größten transnationalen islamischen Bewegungen aus Pakistan geworden. Die Organisation ist weltweit in über 70 Ländern aktiv. Die beiden sunnitischen Reformbewegungen aus Deoband und Bareilly haben mittlerweile eigene Mis- DISSERTATIONS AND HABILITATIONS sions- und Erweckungsbewegungen hervorgebracht, die als Neue Religiöse Rechte in gewisser Hinsicht mit den evangelikalen Bewegungen innerhalb des modernen Protestantismus vergleichbar sind. Die Tablighi Jamaat ist eine um 1927 von Mawlana Ilyas gegründete Bewegung für dini dawat (Ruf zur Religion). Die Dawat-e Islami ist eine 1981 offiziell von dem Geschäftsmann Mawlana Muhammad Ilyas Qadiri Attar gegründete Modernisierungs- und Missionsbewegung der Barelwis. Organisation, Struktur und Vorgehen der beiden Bewegungen ähneln sich stark. Die Idee, nach dem Vorbild der Deobandiaffiliierten Tablighi Jamaat eine effektive Erneuerungsbewegung mit vergleichbaren Heilsprodukten und -dienstleistungen für die Barelwi-Jugend zu ihrem Schutze vor weiterer Deobandisierung zu gestalten, überwindet sichtbar traditionelle Milieugrenzen. Ein entscheidender Unterschied zwischen beiden Bewegungen ist die systematische Nutzung neuer Medien der Dawat-e Islami (u.a. www.dawateislami.net oder www.trueislam.info). Im September 2008 ging deren eigene Fernsehsender Madani Channel auf Sendung. Islamisches Projekt der Dawat-e Islami ist die sogenannte Medina-Reform: „Ich muss versuchen mich selbst und die Leute der gesamten Welt zu berichtigen!“ Für diese Mission gibt es zwei zentrale Medina-Blüten: Zur systematischen Selbstverbesserung die 72 Medina-Belohnungen (madani inamat), zur Weltund Anderenverbesserung die Medina-Karawanen (madani qafila). Ziel ist die Islamisierung, präziser Sunnaisierung, individueller Kleidung, Rede und Verhaltensgewohnheiten. Die Konkurrenzdynamik zwischen der Deobandi Tablighi Jamaat und der Barelwi Dawat-e Islami ist eng mit Retraditionalisierungsprozessen innerhalb der affiliierten Denkschulen verknüpft und wirft zahlreiche Fragen auf, die sich auf die modernen religiösen Wandlungsprozessen auf den zunehmend deregulierten religiösen Märkten beziehen. Dabei scheint es, dass sich Netzwerke von Symbolen, Mythen und Ritualen religiöser Traditionen als komplexe adaptive Systeme in ihren Entwicklungsprozessen zunehmend auch nach Regeln der Ressourcenmaximierung durch milieuübergreifende Ideenkommunikation gegenseitig beeinflussen und kompetitiv weiterentwickeln. In religionssoziologischer Perspektive erinnern einige dieser modernen Wandlungsvorgänge möglicherweise an typische Charakteristika neureligiöser Bewegungen. Gegenwärtige neofundamentalistische islamische Identitäten der neuen transnationalen sozialen Bewegungen sind durch die Grundsignatur des Postislamismus geprägt. Die Spannungen zwischen alten und den neuen, jungen Islamisten sind zahlreich. Die Schariaisierung der Gesamtgesellschaft ist von dem, was in der Dissertation als Sunnaisierung beschrieben wird, klar abgrenzbar. Diese Reformabsicht einer „apolitischen“ bottom-up-Islamisierung der Gesamtgesellschaft von unten nach oben durch dawa und Reformimplementierung im persönlichen Alltag beginnt, klassisch-islamistische Formen der Islamisie55 DISSERTATIONEN UND HABILITATIONEN rung durch Erreichung staatlicher Kontrolle top-down zu ersetzen. Neofundamentalistische Mobilisierung hilft möglicherweise bei der Neutralisierung terroristischer Netzwerke, denn hochfromme Kleingruppen der Neobruderschaften fischen in den gleichen Wässern wie militante Akteure. Mit vergleichbaren Mobilisierungsstrategien üben sie ihre Attraktionskraft auf dieselben Gruppen hochengagierter, manchmal sozial alienierter junger männlicher Muslime aus, deren Mangel an gesellschaftlichen Verantwortlichkeiten mit Abenteuerliebe und einem ansteckend brennenden Verlangen nach Weltverbesserung gepaart ist. Die Laienprediger verbreiten eine in ähnlicher Weise dichotome Weltsicht, aber friedlich und auf die Privatsphäre bezogen. Die Sunna-Handbücher wie Fazail-e Amal, Faizan-e Sunnat, Barakat-e Shariat usw. befähigen die Laienanhänger im Namen des Islams zu sprechen. Symbolbemächtigung durch Habitusformation, Sunnaisierung von Verhaltensweisen und Verfrommung der Rede islamisieren individuelle Identitätsmerkmale sichtbar; das Lebensführungsbewertungssystem der madani inamat macht Moralitätsfortschritte personenbezogen messbar. Einfluss und Erfolg eigener islamischer Mission und Mobilisierung werden in der unmittelbaren Lebensumgebung direkt erfahrbar. Soziale Bewegungen des Lifestyle Evangelism „säkularisieren“ durch ihre paramosque-spezifischen Mobilisierungsstrategien islamische Symbole, um ihren Akteuren Handlungsmacht in diversen Kontexten zu verleihen. Der Erfolg dieser neuen neofundamentalistischen Frömmigkeitswelten, -modi und -techniken wird die Zukunft islamischer (Frömmigkeits-) Politikformen entscheidend formen. Die Dissertation erscheint unter dem Titel „Mission Madina“ in der Reihe Kultur, Recht und Politik in muslimischen Gesellschaften im Ergon-Verlag. Kontakt: [email protected]. Pierre Hecker: Heavy Metal in a Muslim Context. New Social Spaces in Istanbul. – Abgeschlossene Dissertation am Orientalischen Institut der Universität Leipzig, Erstbetreuer Prof. Dr. Jörg Gertel. Ausgezeichnet mit dem DAVO-Dissertationspreis 2010. In the late summer of 1999, Turkish police recovered the naked, half-buried body of a young woman from a cemetery in the Istanbul neighborhood of Ortaköy. The girl’s head had been reportedly smashed with a stone and her body showed signs of rape. By the time the newspapers published the story, the police had already arrested two young men and a young woman who unanimously confessed to murdering 21year-old �ehriban Ço�kunfırat on the night of September 13th. When pictures turned up, showing the long-haired perpetrators dressed in black and holding the remains of a dissected cat, rumors of necrophilia and satanic rituals dominated the news. In the following days and 56 DISSERTATIONS AND HABILITATIONS weeks, the media coverage snowballed into a major moral panic with rock and heavy metal music at the forefront of public concern: parents warned their children to stay away from longhaired men in the streets, and the police conducted crackdowns on rock bars, record labels, fanzines, record stores, and individuals who came to have long hair or wear black clothes. The public discourse surrounding these events forms the backdrop for investigations into cultural change, the production of new social spaces and identities, and the individual meaning of metal music and culture for young people’s lives. Relying on over 70 in-depth interviews, longstanding direct observations in Istanbul, documentary analysis, and the use of daily papers, lyrics, flyers, booklets, comic strips, and the like, the dissertation journeys deep into the heart of the Turkish heavy metal scene, uncovering the emergence, evolution, and especially the social implications of this controversial musical genre in a Muslim society. In doing so, the study provides information on almost every aspect of this musical genre – its history, its development, the people, places, and events involved, and its dissemination within Turkish society. The overall aim, however, is not to create an Encyclopedia of metal in Turkey as has been done in comparable studies on local music scenes. The dissertation rather applies the approach of ‘thick description’ in order to study social and cultural change in a Muslim society that is stricken in conflict over the religious or secular nature of the state. Following an ethnographic approach, the investigation is situated within the field of global studies: it provides proof of how modern media and communications systems – especially the advent of the Internet and the evolution of technological means to convert sounds and images into digital data files that can be easily sent along a world wide data highway – facilitate the global availability of cultural resources and its appropriation at a local level. Heavy Metal in Muslim Context examines how these cultural resources assume meaning, generate conflict, and initiate transformation in an urban Muslim context. Throughout this process, the study aims to let the ‘subalterns’ speak for themselves. It places emphasis on individual narratives, enabling the reader to come as close to the Turkish metal protagonists as possible. It dips deep into young people’s everyday lives, revealing that metal matters, for it functions as a meta- DISSERTATIONEN UND HABILITATIONEN phor for what is individually considered meaningful in life – let it be freedom, rebellion, excess, or emancipation. As has been the case in other parts of the world, the sonic, visual, and verbal representations of heavy metal culture were seen as an offense against a series of national, religious, and cultural sensibilities in Turkish society. Beyond the above-mentioned, highly imaginative media reports – including accounts on Satanism, suicide pacts, and perverted sexual practices – Turkish metalheads did indeed violate traditional concepts of morality. Their love for violent music, long hair, beer, and blasphemy – taken to the extreme by the subgenre of black metal – produced widespread conflict and resentment amongst the Turkish public. Moreover, the dissertation explores how Turkish metalheads, against all odds, manage to successfully claim public spaces of their own, thereby transforming the public face of the city; it raises the question of how and why the young dare to rebel against the prevalent social and moral restrictions in Turkish society; and it examines whether they succeed in asserting their individual freedom in a society that is still wellknown for sanctioning any kind of behavior deviating from the norm. Above all, the study investigates the Turkish metal scene’s potentials for contesting Islamic concepts of morality, its relevance within the field of female emancipation, and its capacity to foster social relations that cut across national, religious, and ethnic boundaries. Florian Kühn: Sicherheit und Entwicklung in der Weltgesellschaft. Liberales Paradigma und Statebuilding in Afghanistan. – Abgeschlossene Dissertation am Institut für Internationale Politik, Helmut Schmidt-Universität Hamburg. Erstbetreuerin Prof. Dr. Annette Jünemann. Ausgezeichnet mit dem DAVO-Dissertationspreis 2010. Als die internationale Intervention in Afghanistan in der Folge der Anschläge des 11. September begann, war nicht klar, welche Richtung die militärische Kampagne und in der Folge das politische Handeln nehmen würde. Während die militärisch führenden USA vor allem Terroristen verfolgen wollten, strebte die internationale Gemeinschaft nach einer dauerhaften staatlichen Ordnung. Die dafür ausgehandelte Nachkriegsordnung war zwar nur ein Fahrplan; das Ergebnis lief auf einen stark zentralisierten Staat mit präsidialem Regierungssystem hinaus, in dem die Regionen DISSERTATIONS AND HABILITATIONS wenig Einfluss auf staatliches Handeln haben. Dies widersprach allen historischen Erfahrungen mit zumeist indirekten, ad hoc ausgehandelten und oft nur punktuell wirksamen Herrschaftsarrangements in Afghanistan. Der Staatsaufbau folgte einer westlichen Vorstellung von staatlicher Herrschaft. Konzentriert auf den Aufbau von Institutionen und auf Monopolisierung der Gewalt sollte in Afghanistan die historische Zäsur nach über 20 Jahren Krieg für einen Modernisierungsschub genutzt werden. Allerdings stieß die Intervention schon bald auf Hindernisse wie etwa Mangel an (Aus-)Bildung, Lese- und Schreibfähigkeit oder schlicht an Wissen über die Gegebenheiten in dem in allen Belangen vom Krieg fragmentierten Land. Die Interventen mussten deshalb auf eine kleine Elite als afghanisches Gesicht des neuen Staates zurückgreifen. Der Aufbau blieb im Wesentlichen internationalen Organisationen und dem zur Unterstützung entsandten Militär vorbehalten. So verkörperte die Elite zwar den Staat, konnte aber wenig Eigengewicht entfalten. Weil der Staat so schwach und unfähig war, sich selbst zu finanzieren, flossen neben Aufbaugeldern (die den Staat meist umgingen) große Summen als politische Renten ins Land, die den Staatsaufbau unterstützen sollten. Aufgrund dieser Finanzierung konnten die neuen Strukturen an alte Gewohnheiten staatlicher Rentenfinanzierung anknüpfen. Die Probleme, die Rentierstaaten im gesamten Orient aufweisen, entwickelten sich auch in Afghanistan, wenngleich lange unbemerkt von den westlichen Gebern. Dazu gehört ein ausgeprägtes Netzwerk an Klientelbeziehungen; diesem Netzwerk nicht angehörende Gruppen sind politisch ausgeschlossen. Ausreichende Legitimität, auf die staatliches Handeln angewiesen ist, um zu verhindern, dass die mit Herrschaft verbundenen Dominanzansprüche auf Widerstand stoßen, blieb so unerreichbar. Die Gewaltmonopolisierung, einerseits Ergebnis, aber auch Voraussetzung von Legitimität, blieb unvollständig, weil die USA dauerhaft auf lokale Milizen und andere Gewaltunternehmer zurückgriffen. Zwischen Staatsaufbau und gleichzeitiger Kriegführung blieb wenig Platz für die Aushandlung politischer Ziele. Dazu trug auch das politische System bei, das voll auf den vom Westen unterstützen Präsidenten Karzai zugeschnitten ist und dem Parlament wenig Raum lässt. So konnte sich die Präsidentschaft zur schwachen, paradoxerweise aber autoritären Spitze der Klientelpyramide entwickeln. Das westliche Engagement zum Statebuilding in Afghanistan ist vielfach widersprüchlich: Während die Gleichheit aller Menschen ein zentraler Wert der Interventen ist, bestimmen sie doch in der Intervention über andere Menschen, die sich in nicht liberal verfassten Gemeinwesen befinden. Der Staatsaufbau lässt nämlich kaum Raum, politische Ziele frei auszuhandeln. Für eine Übergangsphase werden politische Rechte begrenzt und von außen übernommen – darüber kann auch die Durchführung von Wahlen nicht 57 DISSERTATIONEN UND HABILITATIONEN hinwegtäuschen. Das Ergebnis des Statebuilding, ein liberaler Staat mit konkurrenzdemokratischen Verfahren und marktwirtschaftlicher Ausrichtung, ist vorgegeben, die Selbstverfügung afghanischer Akteure war damit negiert. Aufgrund der Angst, dass ein Staat die ‚falsche’ Entwicklungsrichtung nimmt, wird er so erstaunlicherweise depolitisiert. Die ethnische Quotierung trug dazu bei und verschärfte die ohnehin stark ethnisierten Konfliktlinien in Afghanistan. Obendrein wurden so die wirtschaftlichen und sozialen Beziehungen vernachlässigt, die sich im Staat abbilden: Wie wirtschaftliche Fortschritte verteilt werden, ist ausschlaggebend dafür, welche Bevölkerungsgruppen sich politisch engagieren können. Indem die Intervention aber marktliberaler Ideologie folgt, begünstigt sie wachsende ökonomische Ungleichheit – und dadurch neben politischen und religiösen neue soziale Konfliktlinien. Das zentrale Ziel des Statebuilding, die Gewalt im Staat zu monopolisieren, ist schließlich nicht zu erreichen, wenn externes Militär diese Monopolisierung forcieren soll. Dem Gewaltmonopol fehlt es immer an Legitimität, wenn es extern abgesichert werden muss, weil ihm die ideelle Zustimmung ebenso abgeht wie eine wirksame Durchsetzung. Woher kommen die gedanklichen Grundlagen, auf denen diese Form der Intervention basiert? Diese Arbeit schlüsselt die Konzepte der Sicherheit und der Entwicklung auf. Die Politik des Statebuilding, wie sie heute in so unterschiedlichen Regionen wie dem Balkan, in Afrika, aber eben auch in Afghanistan oder dem Irak betrieben wird, beruht demnach auf einer fixen Vorstellung vom Staat. Dieser wird als universelle Form gesellschaftlicher Organisation betrachtet, ohne seine historische Genese oder die Tatsache zu beachten, dass die ‚Durchstaatlichung’ der Welt durch den kolonialen Export dieser Herrschaftsform erst entstand. Der Staat wird zum alleinigen Sicherheitsgaranten hypostasiert, andere Herrschaftsmodi gelten als konkurrierend und damit gefährlich. Auch für Entwicklung ist der Staat von zentraler Bedeutung für die Verregelung wirtschaftlichen Handelns. Während Entwicklung im Kern mit Wachstum gleichgesetzt wird, bleiben soziale Funktionen wie etwa Bildung, Gesundheitsversorgung etc., die sich aus dem Wachstum ergeben, nachgeordnet. Im zeitgenössischen (westlichen) Verständnis soll der Staat das Wachstum nicht behindern, also möglichst wenig eingreifen, gleichwohl soll er den (rechtlichen) Rahmen dafür vorgeben. Diese Merkmale sind Ausgangspunkt für ein analytisches Konzept, das für Afghanistan und andere Interventionsfälle anwendbar ist. Sicherheit wird darin als vom historischen Kontext abhängig und im sozialen Austausch erst konstituiert begriffen, während Entwicklung als ‚sukzessive Reduktion existenzieller Risiken’ gefasst wird. Auf Afghanistan angewendet zeigt sich, dass Herrscher dort immer versuchen mussten, die extern vorausgesetzte Staatlichkeit nachholend zu konsolidieren. Aufgrund der wirtschaftlich begrenzten internen 58 DISSERTATIONS AND HABILITATIONS Fähigkeiten machten sie sich dafür die weltpolitische Rivalität des Britischen und des Zarenreichs, später zwischen den USA und der Sowjetunion zunutze. Dies prägte den Herrschaftsmodus, der regional unterschiedliche Formen indirekter Herrschaft aufwies, die meist nur temporär stabil waren. So waren die jeweiligen Machthaber immer nur so mächtig wie die Finanztöpfe groß waren, aus denen sie schöpfen konnten. Ein abstraktes Verständnis vom Staat, den zu erhalten ein von partikularen Interessen unabhängiges Ziel ist, entwickelte sich so nur ansatzweise. Die weltgesellschaftliche Einbettung von Politik bringt externe Faktoren in die lokale Konstellation ein und verwebt sie mit diesen – umgekehrt erlaubt die lokale Politik, externe Entwicklungen zu nutzen beziehungsweise sie politisch einzubinden. So war die Souveränität Afghanistans zwar garantiert, weil sie als internationale Rechtsnorm galt, gleichwohl waren die Türen für externe Einflussnahme weit geöffnet. Auch wenn die terroristischen Anschläge den Bestand westlicher Staaten nicht gefährdeten, wurden die Taliban durch Securitization schnell zum wichtigsten Ziel im Kampf gegen den Terrorismus. Die langfristige ordnungspolitische Zielsetzung, einen Staat aufzubauen, der selbstständig für Sicherheit sorgen sollte, wurde sowohl für Sicherheit als auch Entwicklung zur gedanklichen Plattform. Legitimität sollten diesem Staat durch einen erkennbaren und weitreichenden Entwicklungsschub verschafft werden. Damit ging aber eine weitgreifende Modernisierung einher, die die gesellschaftlichen Verhältnisse völlig neu zu strukturieren strebt. Sie produziert Gewinner und Verlierer, wobei die mit den Interventen kooperierenden Eliten gewinnen, während der größere Teil der Bevölkerung zunächst weder profitiert noch ideell am neuen Staat beteiligt ist. Dabei waren der Staat, aber auch seine externen militärischen Unterstützer, zunächst unfähig, Sicherheit für die Mehrheit herzustellen. Dies liegt vor allem an Allianzen der Intervention mit Gewaltunternehmern und lokalen Milizen, welche die aus den vorangegangenen Kriegen resultierende Fragmentierung aufrechterhielten. Der Sicherheitssektorreform fehlen deshalb wesentliche Merkmale, auch wenn mit sich verschlechternder Sicherheitssituation der Aufbau der afghanischen Nationalarmee (ANA) immer dringlicher vorangetrieben wurde. Deren Finanzierung auf Dauer ist jedoch ungeklärt. Die Frage ist offen, wie nachhaltig der Aufbau solcher abhängigen Strukturen, insbesondere in einem gut bewaffneten Gewaltmilieu, sein kann, wenn die Gelder zurückgehen werden. Die Rentenfinanzierung entkoppelt auch die zivile Administration von der Bevölkerung; die staatliche Elite verfolgt längst eigene Interessen. Die Durchdringung von Staat und Gesellschaft, in Afghanistan historisch ohnehin nicht ausgeprägt, wird so dauerhaft verhindert. In einem komplementären Prozess hat sich eine Opiumrentiersgruppe gebildet, deren Interessen zumindest teilweise mit denen der Staatsklasse konvergieren und die deswegen punktuell kooperieren. Was im Westen als DISSERTATIONEN UND HABILITATIONEN Korruption oder ‚Narco-Staat’ betrachtet wird, erfolgt durch das analytische Raster eines Rentiersansatzes jedoch einer wirtschaftlichen Logik. Zu dieser Situation hat die westliche Intervention zum großen Teil selbst beigetragen. Da die Politik des Statebuilding die Folgen dieser Politik nicht adressieren kann, aber selbstbezogen und sich selbst überschätzend an ihrer vermeintlichen Gestaltungsfähigkeit festhält, kommt sie organisierter Verantwortungslosigkeit gleich. Sie erweist sich nämlich in der Verbindung von Sicherheit und Entwicklung als unfähig, eine klare Zielsetzung zu entwickeln und erreicht letztlich keines von beiden. Andrea von Sarnowski: The Role of Indigenous People in National Development Processes: Participation and Marginalization of Indigenous Bedouin in South Sinai Tourism Development. – Abgeschlossene Dissertation am Geographischen Institut, Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Erstbetreuer Prof. Dr. Günter Meyer. The Bedouin of South Sinai have been significantly affected by the politics of external powers for a long time. However, never had the interest of external powers in Sinai been so strong as since the IsraeliEgyptian wars in the second half of the 20th century when Bedouin interests started to collide with Egypt’s plans for a development of luxury tourism in South Sinai. The tourism boom that has started in the 1980s has brought economic and infrastructure development to the Bedouin and tourism has become the most important source of income for the Bedouin. However, while the absolute increase of tourists to Sinai has trickled down to the Bedouin to some extent, the participation of Bedouin in the overall tourism development is under-proportionate. Moreover, the Bedouin have become increasingly dependent on monetary income and consequently from tourism as the only significant source of income while at the same time they have lost much of their land as well as their selfdetermination. In this context, the Bedouin livelihoods have become very vulnerable due to repeated depressions in the tourism industry as well as marginalization. For the investigation of Bedouin participation in the South Sinai tourism as well as their marginalization, DISSERTATIONS AND HABILITATIONS the Livelihood Systems Approach (LSA) was chosen as a theoretical framework. Four key issues were analysed: the overall context, the availability of livelihood resources, the institutional processes and organizational structures and the livelihood strategies that are developed in this setting. Especially the institutional processes and organizational structures are crucial in order to understand Bedouin involvement in and marginalization from the tourism development. The data for the research was collected during three phases of fieldwork in 2003 and 2004 with the help of 128 semi-structured interviews with Bedouin in the touristic locations Dahab, Nuwaiba and St. Catherine as well as several locations in the desert. Sharm al Shaikh, the pole of South Sinai tourism was not considered, since there, Bedouin are no longer involved in the tourism business. The key questions regarding the respondent, the household and where applicable the firm as well as the respondent’s opinion about important issues were continuously adapted and developed on the basis of already available results. Major marginalization processes the Bedouin are facing are the loss of land, barriers to market entry, especially increasingly strict rules and regulations in the tourism industry, as well as discrimination by the authorities. Social differentiation and Bedouin preferences are identified as further factors in Bedouin marginalization. The strategies Bedouin have developed in response to all these problems are coping strategies, which try to deal with the present problem at the individual level. Basically no strategies have been developed at the collective level that would aim to actively shape the Bedouin’s present and future. Collective action has been hampered by a variety of factors, such as the speed of the developments, the distribution of power or the decay of tribal structures. While some Bedouin might be able to continue their tourism activities, a large number of in-formal jobs will not be feasible anymore. The majority of the previously mostly self-employed Bedouin will probably be forced to work as day-laborers who will have lost much of their pride, dignity, sovereignty and freedom. Moreover, with a return to subsistence being impossible for the majority of the Bedouin, it is likely that an increasing number of marginalized Bedouin will turn to illegal income generating activities such as smuggling or drug cultivation. This in turn will lead to further repression and discrimination and could escalate in a serious violent conflict between the Bedouin and the government. Development plans and projects should address the general lack of civil rights, local participation and protection of minorities in Egypt and promote Bedouin community development and the consideration of Bedouin interests in tourism development. Whether the political upheavals and the resignation of President Mubarak at the beginning of 2011 will have a positive effect on the situation of the Bedouin remains to be seen. 59 DISSERTATIONEN UND HABILITATIONEN Die elektronische Veröffentlichung der Dissertation ist als download verfügbar unter http://ubm.opus.hbznrw.de/frontdoor.ph p? source_opus=2733&la=de. Steffen Wippel: Territorialisierungen und Regionalisierungen im nordwestlichen Afrika - Wirtschaft, Politik und Raum in den marokkanischmauretanischen Beziehungen. – Abgeschlossene Habilitation an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Philosophische Fakultät und Fachbereich Theologie. Mentoren: Prof. Dr. Sefik Alp Bahadir, Prof. Thomas Philipp, PhD, Prof. Dr. Horst Kopp. Die westsaharische Verflechtungsachse stellt eine bedeutende historische „Brücke“ zwischen dem mediterran-arabischen Nordafrika und dem subsaharischen Raum dar. An dieser Schnittstelle untersucht der Autor in seiner Habilitationsschrift aus einer jüngeren historischen Perspektive die politischen und wirtschaftlichen Interaktionen zwischen dem heutigen Marokko und Mauretanien und beleuchtet im Kontext globaler und regionaler Verflechtungen die räumlichen Zusammenhänge, die daraus resultieren. Die Arbeit ist in zwei Blöcken organisiert: Der erste Block ist konzeptionell ausgerichtet und beschäftigt sich aus unterschiedlichen disziplinären Perspektiven mit raumtheoretischen Ansätzen, die zugleich empirisch operationalisiert werden. Der zweite Block untersucht für unterschiedliche Zeitphasen jeweils politische, wirtschaftliche und infrastrukturelle Dimensionen der bilateralen und regionalen Kontakte. Kapitel 2 beleuchtet zunächst „Raum“ als Gegenstand unterschiedlicher Disziplinen. Aus unterschiedlichen Zugängen leitet der Verfasser als wichtigste Analysekategorien die zwei komplementären Aspekte „Regionalisierungen“ und „Territorialisierungen“ ab. Diese werden zum einen verstanden als Entstehung und Verfestigung von oft eher linien- und knotenförmig strukturierten Verflechtungsräumen und zum andern als Herrschaft und Kontrolle über Containerräume. Im dritten Kapitel wird der Regionalisierungsaspekt vertieft. Einleitend werden verfestigte regionale Metageographien in Wissenschaft und Politik betrachtet, die im Rahmen der Arbeit zu inner- und transsaharischen Verflechtungen durchbrochen werden sollen. 60 DISSERTATIONS AND HABILITATIONS Es folgen Ausführungen zu verfließenden Maßstäblichkeiten sozialer Prozesse, zur Herausbildung regionaler Bewegungs- und Beziehungsräume sowie zur empirischen Bedeutung räumlicher Nähe und zur Rolle von Infrastruktur für die Distanzüberwindung. Das theoretische Verständnis und der historische Wandel von Territorialität stehen im Mittelpunkt des vierten Kapitels. Anschließend werden Territorialisierungsprozesse im subsaharischen Afrika und in der arabisch-islamischen Welt genauer beleuchtet. Genauer wird das Wiederaufleben von praktischer Geopolitik und -ökonomie und neue konzeptionelle Überlegungen zu Formen des Regionalismus besprochen. Kapitel 5 fasst die theoretisch-konzeptionelle Diskussion zusammen und beleuchtet nochmals das ambivalente Verhältnis von Territorialisierung und Regionalisierung. Dabei wird die Bildung „transstaatlicher“ Räume hervor gehoben, die territoriale Grenzen überschreiten, welche für die Handelnden sowohl Herausforderungen als auch Gelegenheiten darstellen. Auf dieser Basis entfaltet das sechste Kapitel zunächst eine historische Querschnittsanalyse der Entwicklungen im weiteren westsaharischen Raum. Teilkapitel beschäftigen sich mit vorkolonialen Herrschaftsgebieten und marokkanischen Interventionen im Sahararaum, mit den Etappen der französischen Kolonialisierung und den Problemen, die territorialen Ansprüche umzusetzen. Weitere Abschnitte untersuchen die Wechselfälle des Transsaharahandels sowie die kolonialzeitlichen Verkehrsplanungen, denen neben ihrem Beitrag zur räumlichen Erschließung große symbolische Bedeutung zufiel. Kapitel 7 unternimmt eine genaue Analyse der politischen Verhältnisse zwischen Marokko und Mauretanien seit den späten 1940er Jahren einschließlich ihrer regionalen Faktoren. Untersucht werden die wiederholte Gefährdung des mauretanischen Territorialstaats ebenso wie die allmähliche Expansion und Konsolidierung des marokkanischen Staatsgebiets. Zentrale Zeitabschnitte der Kooperation und Konfrontation sind die Hochphase großmarokkanischer Ideen und Gebietsforderungen, die gemeinsame Besetzung der ehemals Spanischen Sahara sowie der mauretanische Rückzug aus dem Gebiet. Für die etwa Mitte der 1990er Jahre einsetzende Phase sich erneut verdichtender Zusammenarbeit werden bilaterale Vereinbarungen, jüngere Entwicklungen in der Westsaharafrage und die Bedeutung der Sahara als Durchgangs-, Aufenthalts- und Rückzugsraum für Migranten, Islamisten und Terroristen analysiert. Weitere zentrale Aspekte stellen die Reaktionen der mauretanischen Außen- und Regionalpolitik auf marokkanische Positionen und der Wandel der Wahrnehmungen und Verortungen des bilateralen Verhältnisses aus Perspektive von politischen Vertretern und Medien dar. Die in der Öffentlichkeit kommunizierten und strategisch platzierten Vorstellungen lassen erneut die komplexen Raumkonstellationen erkennen. Den postkolonialen ökonomischen Prozessen spürt Kapitel 8 nach. Es widmet sich den formellen zwi- DISSERTATIONEN UND HABILITATIONEN schenstaatlichen Handelsbeziehungen, die sich aufgrund des gespannten Verhältnisses erst spät entwickelten, den Unternehmenskooperationen in verschiedenen, oft strategisch bedeutsamen Sektoren (wie Telekommunikation, Finanzwesen oder Transportbereich) sowie der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit. Besondere Beachtung finden transstaatliche Ströme, die neben dem umfangreichen informellen Grenzhandel Waffen-, Drogen- und Zigarettenschmuggel umfassen. Aufgezeigt werden schließlich die weiteren regionalen Dimensionen der Verflechtungen, besonders in Hinblick auf marokkanische Wirtschaftsinteressen südlich der Sahara oder die Lage beider Staaten an interkontinentalen Schnittflächen im weltweiten Schmuggelverkehr. Das neunte Kapitel nimmt die Infrastrukturentwicklung als dritte thematische Achse auf. Hier reicht der Bogen vom Ausbau des Straßennetzes, der in den 1960er Jahren begann, über die Planungen und den Bau der westlichen Transsahararoute bis zu Fragen territorialer Erschließung und regionaler Vernetzung. Analysiert werden auch bereits feststellbare wirtschaftliche Auswirkungen der neuen Straße sowie erneut die symbolische Rolle dieser Verkehrswege. Die Schlussbetrachtung beleuchtet nochmals die wichtigsten Mechanismen der marokkanisch-mauretanischen Beziehungen bezüglich Territorialisierung und Regionalisierung. Die Habilitationsschrift erschließt damit theoriegeleitet und mit weitem disziplinären Blick einen großen empirischen Korpus zu den wechselnden räumlichen Konfigurationen der politischen und wirtschaftlichen Kontakte. Ein besonderes Anliegen des Verfassers war es, nicht-essentialistische und prozessorientierte Ansätze zu „Region“ und „Raum“, die mit dem „spatial turn“ bereits in zahlreichen sozialwissenschaftlichen Disziplinen diskutiert werden, als zentrale Perspektive auch auf wirtschaftliche und politische Verflechtungen, insbesondere auf Süd-Süd-Ebene, zu verankern. Zentral ist die Frage territorialer Kontrolle und Re-strukturierungen gegenüber der Entwicklung grenzüberschreitender Beziehungen und Bewegungen. Immer wieder hervorgehoben werden die vielfachen und überlappenden räumlichen Zusammenhänge, die sich um beide betrachteten Staaten konstituieren und sie jeweils zu Bindegliedern zu weiteren Weltregionen werden lassen. Gleichzeitig trägt die Arbeit zum Verständnis der Vielfalt und Widersprüchlichkeit politischer und ökonomischer Raumbildungen im heutigen Afrika bei. Dabei wird der mehrfache Wechsel zwischen dem Primat von Wirtschaft und Politik in den Sahara überschreitenden Kontakten unterstrichen. Die Arbeit wurde mit dem Habilitationspreis des Universitätsbundes Erlangen-Nürnberg ausgezeichnet und wird im Verlag Hans Schiler veröffentlicht. DISSERTATIONS AND HABILITATIONS 5 Forschungsprojekte Research Schemes „Logics of Action in the Mediterranean“ (Prof. Dr. Annette Jünemann, Hamburg) Im Rahmen eines Forschungsfreiraums von A. Jünemann entstand im Frühjahr 2010 das Forschungsprojekt unter dem Titel „Logics of Action in the Mediterranean“. Erstmals vorgestellt wurde das Projekt auf einer Fachkonferenz der British Academy in London zum Thema „Rethinking the Middle East? Values, interests, and security concerns in Western policies toward Iraq and the wider region, 1918 – 2010”. Weitere Ergebnisse wurden auf dem World Congress of Middle Eastern Studies (WOCMES) Ende Juli 2010 in Barcelona auf insgesamt drei durch den Lehrstuhl von A. Jünemann organisierten Panels zur Diskussion gestellt. Das Forschungsprojekt beschäftigt sich mit politischen Prozessen in der Euro-Mediterranen Region. Innerhalb der politischen Debatte über die EuroMediterranen Beziehungen haben sich eine Reihe stereotyper Vorstellungen herausgebildet, die zur Erklärung politischer Prozesse in der Region herangezogen werden. Diese Vorstellungen basieren meist auf einer simplifizierenden Dichotomisierung zwischen „dem Norden“ und „dem Süden“. Typische Erklärungen für inter-regionale Beziehungen greifen dementsprechend oft auf dichotome Kategorien zurück: Demokratie vs. Autokratie, Herrscher vs. Beherrschte oder „der Westen“ vs. „der Islam“. Viele Experten der Euro-Mediterranen Beziehungen kennen diese stereotypen Kategorien, die sich nicht zuletzt auch im akademischen Diskurs wiederfinden und dort zu langen aber doch meist fruchtlosen Debatten führen. Das Ziel des Forschungsprojektes ist die Entwicklung und Anwendung eines gemeinsamen Analyserahmens, um die Untersuchung politischer Prozesse in der EuroMediterranen Region weiterzuentwickeln. Der dabei eingesetzte Analyserahmen gründet auf dem komplexen Zusammenspiel unterschiedlicher Parameter, aus denen sich spezifische „Logics of Action“ (LoA) zusammensetzen. Mit Hilfe des LoAAnsatzes soll die hohe Komplexität politischer Prozesse in der Euro-Mediterranen Region ein Stück weit entflochten werden. Insofern zielt das Forschungsprojekt nicht auf die Suche nach universellen Kausalmechanismen, sondern auf die Erklärung spezifischer kontextbedingter politischer Prozesse und deren innerer Logiken. Im Rahmen dieses Forschungsprojektes fand am 10. Dezember 2010 ein Workshop an der Helmut-Schmidt Universität in Hamburg statt. Ziel des Workshops war die weitere Verfeinerung des Analyserahmens und die Publikation der Forschungsergebnisse in einem referee journal. Darüber hinaus ist die Vorstellung der Ergebnisse des Forschungsprojektes auf der 4th Annual International Conference on Mediterranean Studies im April 2011 in Athen vorgesehen. 61 INSTITUTE UND ORGANISATIONEN “Genealogy and History: Collective Identities in Independent Kyrgyzstan” (Zentrum für Interdisziplinäre Regionalstudien – Vorderer Orient, Afrika, Asien (ZIRS), Halle) The prominence and persistence of genealogical identification among the Kyrgyz have given rise to an insistent reading of social and political dynamics through the grid of clans, both in the social sciences and in the national and international media. The project is built upon the hypothesis that genealogy alone can account neither for collective identities nor for integrated groups. Preliminary enquiries point to ‘history’ as a decisive factor in the structuring of relations on the micro-level. Processes of identification and group formation are informed by genealogy but they are also inextricably intertwined with historical experience. Fieldwork will be carried in two localities: one which is explicitly ‘genealogy-oriented’ since it is inhabited by the descendants of an illustrious historical figure (Ormon, khan of the Kyrgyz, d. 1854), the other that is ‘genealogy-free’ since its inhabitants cannot claim any distinguishing genealogical identification. The project aims at investigating the interplay of history and genealogy in collective identities building and group formation on the micro-level. It focuses on: (1) historical traditions that condition genealogical status, notably the categorization of genealogical lines as ‘major’ (chong) and ‘minor’ (kichi); (2) orally transmitted eyewitness accounts of status changes during the Soviet period and after independence and (3) self-perception, i.e. the ways in which collective identities are related to the visible traces of history (cemeteries, mosques, monuments but also public constructions of particular significance such as schools, roads etc.). The project will also explore to what an extent local genealogies and histories are constitutive of national history, to what an extent ‘local identities’ and ‘local histories’ are ‘exportable’ and how they are made comprehensible to others. By combining the methods of social anthropology, oral history and archival research the project has the ambition of working out a historical anthropological approach to the study of collective identities in Central Asia. The project is a collaborative research program involving both Kyrgyz scholars established at the Kyrgyz Academy of Sciences and connoisseurs of local histories and genealogies in order to take into consideration the post-independence efforts of writing ‘history from below’. (01.06.2010 – 31.05.2013, VolkswagenStiftung, Funding initiative: “Zwischen Europa und Orient – Mittelasien/Kaukasus im Fokus der Wissenschaft”). Contact: Dr. Svetlana Jacquesson (ZIRS), E-Mail: [email protected]. Further information http://www.zirs.uni-halle.de/projekte.php. Hanne Schönig 62 CENTRES AND ORGANIZATIONS 6 Institute und Organisationen Centres and Organizations 6.1 Institutionen mit politikwissenschaftlichem Bezug zum Vorderen Orient in Deutschland, Österreich und der Schweiz A) Politikwissenschaftliche Forschungseinrichtungen mit Schwerpunkt Vorderer Orient in Deutschland Berlin Freie Univ., Otto-Suhr- Institut (OSI), Arbeitsstelle Politik des Vorderen Orient Mitarbeiter: Prof. Dr. Cilja Harders, Jun.-Prof. Anja Zorob Schwerpunkte: Politische und gesellschaftliche Transformationen; Staat und Staatlichkeit; politische Ökonomie der Reformen; internationale und regionale Beziehungen; aktuelle Politikfelder Lehre: BA/MA in Politikwiss. oder Internationalen Beziehungen; Berlin Graduate School of Muslim Cultures and Societies (BGSMCS) (FU, ZMO) Region: Euro-Mediterrane Region Projekte: 2006-aktuell: SFB 700: Governance in Räumen begrenzter Staatlichkeit (Prof. Dr. Thomas Risse, Prof. Dr. Ursula Lehmkuhl); 2006-10: EUExzellenznetzwerk RAMSES 2 Personalentwicklung: Harders seit 4/2007 Professorin am OSI, zuvor Prof. Dr. Büttner bis 2003; Zorob Jun-Prof. seit 2009 Internet: http://www.polsoz.fu-berlin.de/polwiss/for schung/international/vorderer-orient/index.html Berlin Stiftung Wissenschaft und Politik, Forschungsgruppe Naher und Mittlerer Osten Mitarbeiter: Dr. Muriel Asseburg, Dr. Guido Steinberg, Dr. Walter Posch, Dr. Stephan Roll, Dr. Isabelle Werenfels Schwerpunkte: Gesellschaftliche/politische Dynamiken; regionale Stabilität; innerstaatliche und regionale Konflikte; regionale Kooperation und Konkurrenz; politische Systeme; deutsche, europäische und amerikanische Nahostpolitik; wirtschaftliche Transformationsprozesse Lehre: Anbindung von Doktoranden und Gastwissenschaftlern möglich Region: EU, Naher Osten, Golf, Euro-Mediterrane Region, Iran Projekte: 2009-10: Jihadismus Online (Steinberg) Personalentwicklung: Seit 2005: Prof. Dr. Volker Perthes Direktor der SWP, Asseburg seit 2006 Leiterin der Forschungsgruppe INSTITUTE UND ORGANISATIONEN Internet: http://www.swp-berlin.org/de/forschungsgr uppen/naher-mittlerer-osten-und-afrika.html Erlangen Univ. Erlangen-Nürnberg: Politik und Zeitgeschichte des Nahen Ostens Mitarbeiter: Prof. Dr. Christoph Schumann, Dr. Thomas Demmelhuber Schwerpunkte: Politische Konzepte; Systemanalysen von Staat und Herrschaft; Eliten- und Systemwandel; Kooperations- und Konfliktmuster; internationale Politik, Rolle externer Akteure, EU-Mittelmeerpolitik Lehre: BA Orientalistik und Sozialwissenschaften (Zeitgeschichte und Politik des Vorderen Orients), MA Nahoststudien; Graduiertenkolleg Region: Türkei, Levante, Golf, Ägypten Projekte: Staat, Religion und politische Normativität im Nahen Osten Personalentwicklung: Angliederung an das Zentralinstitut für Regionenforschung; Dr. Demmelhuber seit 2008 wiss. Mitarbeiter Internet: http://www.polwiss.uni-erlangen.de/profes suren/naherosten/ Hamburg GIGA: German Institute of Global and Area Studies, Institut für Nahost-Studien Mitarbeiter: Prof. Dr. Henner Fürtig, Dr. Hanspeter Mattes, Andre Bank, Dr. Thomas Richter, PD Dr. Martin Beck, Jun.-Prof. Dr. Juliane Brach Schwerpunkte: Innen-, Außenpolitik, soziale und politische Transformation, Demokratisierung, Stabilitätsaspekte, Soft-security-Probleme, Staatlichkeit, Kriegs- und Friedensprozesse, regionale Ordnung, Rentierstaatstheorie, Außenwirtschaftsreformen, Tourismussektor und nachholende Entwicklung, Wirtschaftliche Entwicklung, politische Ökonomie Lehre: Hamburg International Graduate School for the Study of Regional Powers (HIGS) (seit 2010, Kooperation mehrerer Einrichtungen) Region: gesamter Vorderer Orient Projekte: 2011-2012: Stabilität und Wandel autoritärer Regime Personalentwicklung: Fürtig Direktor des IMES seit 2009; Brach wiss. Mitarb. Seit 2009; Richter wiss. Mitarb. Seit 2008; Bank wiss. Mitarb. seit 2010; Beck beurlaubt seit 2010 Internet: http://www.giga-hamburg.de/index.php?fi le=imes.html&folder=imes Marburg Univ. Marburg, Centrum für Nah-und Mitteloststudien (CNMS): Politik des Nahen und Mittleren Ostens Mitarbeiter: Prof. Dr. Rachid Ouaissa, Dr. Ingrid alMasry, Ivesa Lübben, Karolin Sengebusch, Jens Heibach CENTRES AND ORGANIZATIONS Schwerpunkte: Staat und Gesellschaft, Mittelmeerpolitik, Außenpolitik arabischer Staaten, energiepolitische Fragestellungen; Staat und Staatlichkeit; internationale und regionale Beziehungen; aktuelle Politikfelder; Globalisierung, Systemtransformation, regionale Integration, regionale Konflikte, Nah- und Mittelostpolitik der EU/USA; Verhältnis von Staat und Religion, Politische Systeme, Soziale Bewegungen Lehre: Interdisziplinärer BA (Orientwiss., Polwiss.); M.A. International Development Studies; M.A. Peace and Conflict Studies Region: Arabische Welt Projekte: 2009-12: Außenpolitische Positionen islamistischer Parteien; Irak-Centrum DARCI; Entstehung und Entwicklung fundamentalistischer Bewegungen Personalentwicklung: Ouaissa seit 2009 Professor; Leiter des DARCI; al-Masry seit 2007 wiss. Mitarb.; Lübben/Sengebusch/Heibach seit 2009 wiss. Mitarb. Internet: http://www.uni-marburg.de/cnms/politik/ind ex_html Tübingen Univ. Tübingen, Vorderer Orient und Vergleichende Politikwiss. Mitarbeiter: Prof. Dr. Oliver Schlumberger, Torsten Matzke, Maria Josua Schwerpunkte: Vergleichende politische Regimeforschung, Demokratisierung und Autoritarismus, Entwicklungspolitik und -theorie, Good Governance, Politik des Vorderen Orients, Politische Ökonomie, Staat-Unternehmer-Beziehungen, Wirtschaftsreformen und Strukturanpassung, Herrschaft und Legitimität, Staat-Gesellschaftsbez. Lehre: BA/MA Politikwissenschaft, MA Friedensund Konfliktf. Region: Vorderer Orient, Fokus arabische Staaten Projekte: 2010-12: Kooperationsprogramm mit ägyptischen und jordanischen Partnerinstitutionen in Forschung und Lehre; interdisziplinärer MA Politics and Society in the Middle East in Planung Personalentwicklung: Schlumberger seit 2009 Professor, Josua/Matzke seit 2009 wiss. Mitarb. Internet: http://www.wiso.uni-tuebingen.de/faecher/ ifp/lehrende/vorderer-orient-und-vergleichende-poli tikwissenschaft-professur-schlumberger.html B) Politikwissenschaftliche Forschungseinrichtungen mit regionalen Anknüpfungspunkten in Deutschland Berlin Humboldt Univ, FB Sozialwiss., Lehrbereich Vergleichende Strukturanalyse Mitarbeiter: Dr. Naika Foroutan; Dr. Isabel Schäfer Schwerpunkte: Hybridität, Identität, hybride Akteure, Migration, Integration, Zugehörigkeit 63 INSTITUTE UND ORGANISATIONEN Region: Deutschland, Europa Projekte: 2008-13: Hybride europäisch-muslimische Identitätsmodelle; Internet: http://www.heymat.hu-berlin.de/ Hamburg Helmut-Schmidt Univ., Institut f. Politikwiss. Mitarbeiter: Prof. Dr. Anette Jünemann; Dr. Florian Kühn Schwerpunkte: Sicherheit, Entwicklung, Umbruch, externe Demokratieförderung, Kooperation; Terrorismus und Gewalt; Kriegsökonomie, Europäische Integration Lehre: Postgradualer MA Friedensforschung und Sicherheitspolitik; BA/MA Politikwiss; Region: EU, Naher Osten, Mittelmeerraum; Zentralasien, Afghanistan Projekte: Logic of Action in the Mediterranean (Jünemann, Maggi, Horst, Kühn, Rothe); Die externe Demokratieförderung der EU; Sicherheit und Entwicklung in Afghanistan Personalentwicklung: Jünemann seit 2003 Professorin Internet: http://www.hsu-hh.de/juenemann/index_y st3JcR9iArY64tx.html München Univ. der Bundeswehr, Institut f. Politikwiss. Mitarbeiter: Prof. Dr. Stefan Stetter Schwerpunkte: Euro-mediterrane Beziehungen, EUAußen- und Sicherheitspolitik, Politik & Gesellschaft Lehre: BA/MA/Dipl Politikwiss. Region: Israel, Palästina, Syrien, Jordanien, Libanon Projekte: Seit 2003 Leiter (gemeinsam mit Christoph Moosbauer und Dr. Roby Nathanson des IsraeliEuropean Policy Networks (IEPN) der Friedrich-Ebert Stiftung Personalentwicklung: Seit 2008 Professor Internet: http://www.unibw.de/sowi8_4/professur/mit arbeiter/Stephan%20Stetter Münster Univ. Münster, Institut f. Politikwiss. Mitarbeiter: Prof. Dr. Rüdiger Robert Schwerpunkte: u.a. israelisch-arabischer Konflikt; Entwicklungen am Persisch-Arabischen Golf; die Wasserfrage in der Region; das Problem von Identitätskonstruktionen, Rüstung, Sicherheit Lehre: BA/MA Politikwiss., Promotion Region: Iran, Irak, Golf, Levante, Türkei Projekte: Werkstatt Nahost: 2011-13: Erneuerbare Energien und nachhaltige Entwicklung MENA; 200810: Kollektive Identitäten. Studien zum Verhältnis von Staat und Religion Personalentwicklung: Seit 2003 Professor in Münster, 2010 emeritiert 64 CENTRES AND ORGANIZATIONS Internet: ml http://egora.uni-muenster.de/pol/robert.sht Osnabrück Univ. Osnabrück, FB Sozialwiss. Mitarbeiter: Prof. Dr. Mohssen Massarat Schwerpunkte: Politische Ökonomie, Theorie Nachhaltiger Entwicklung, Demokratietheorie, Internationale Wirtschaftsbeziehungen/Globalisierung, Friedens- und Konfliktforschung Region: Naher und Mittlerer Osten, Iran Personalentwicklung: emeritiert Internet: http://www.home.uni-osnabrueck.de/mohm ass/ C) Moderne nicht-sozialwissenschaftliche Orientforschung mit politikwissenschaftlichen Anknüpfungspunkten in Deutschland Berlin Freie Univ. Berlin, Institut f. Islamwiss. Mitarbeiter: Prof. Dr. Gudrun Krämer, Prof. Dr. Shirin Amir-Moazami Schwerpunkte: Politisches Denken im modernen Islam: nahöstliche und europäische Perspektiven?; Islamische Bewegungen in Europa, Religionspolitik, Öffentlichkeitstheorien und Geschlechterfragen Lehre: Seit 2008: Berlin Graduate School of Muslim Cultures Region: Europa, Türkei Internet: www.geschkult.fu-berlin.de/e/islamwiss/ Berlin Zentrum Moderner Orient (ZMO) Mitarbeiter: Prof. Dr. Ulrike Freitag; Dr. Kai Kresse; Schwerpunkte: Interdiszipl., historisch-vergl.; islam. geprägte Gesellschaften und deren Bez. zu nichtislamischen Nachbarn Region: Nahost, Afrika, S/SO-Asien Projekte: 2008-13: Muslim Worlds: World of Islam?; 2010-14: Europa finden: Vermessung des Möglichen in Afrika und im Nahen Osten Personalentwicklung: Freitag seit 2002 Direktorin des ZMO sowie S-Professur an der FU Berlin Internet: http://www.zmo.de/ Berlin Humboldt Univ. Sonderforschungsbereich Mitarbeiter: Prof. Dr. Ulrike Freitag; Dr. Sonja Hegasy; Dr. Andrea Fischer-Tahir; Schwerpunkte: Arabische Identitätspolitik, Oratorik, internationale Organisationen, Afrikanische Moderne, Europa-Repräsentationen INSTITUTE UND ORGANISATIONEN Lehre: Graduiertenkolleg Region: Afrika, Südostasien, Europa, Kaukasus, Nordafrika, Irak Projekte: Bis 2012: SFB 640: Repräsentationen sozialer Ordnungen im Wandel Internet: http://www.sfb-repraesentationen.de/ Erfurt Univ. Erfurt, Vergleichende Analyse von Mediensystemen/Kommunikationskulturen Mitarbeiter: Prof. Dr. Kai Hafez Schwerpunkte: Kulturvergleichende Medienethik; Kommunikation Islam/Westen; Medien im Nahen Osten; Medien und Einwanderung; 2) Politikwissenschaft: politische Beziehungen Westen/islamische Welt; Vergleich politische Kulturen Islam/Westen; Muslime im Westen Lehre: BA/MA Kommunikationswissenschaften mit Schwerpunktsetzung Region: Europa, Vorderer Orient Personalentwicklung: Seit 2003 Professor Internet: http://www.uni-erfurt.de/kommunikationswissenschaft/personen/personenuebersicht/prof-drkai-hafez Erlangen Univ.-Erlangen-Nürnberg, Institut f. Wirtschaftswiss., Gegenwartsbezogene Orientforschung Mitarbeiter: Prof. Dr. Sefik Alp Bahadir Schwerpunkte: Euro-mediterranes Partnerschaft, neue Perspektiven für Handel und Investitionen, Zollunion EU-Türkei, Türkischer EU-Beitritt, Probleme der Wirtschaftstransformation, Entwicklung angepasster Abfallentsorgungsverfahren Lehre: BA Orientalistik und Sozialwissenschaften (Volkswirtschaft des Vorderen), MA Nahoststudien, MA Development Economics and International Studis Projekte: Seit 2009: Center for Iraq Studies: Baghdad-Erbil-Erlangen-Project (BEEP), German-Iraqi Strategic Academic Partnership (inkl. German-Iraqi Dual Degree Master’s Program in Economics, German-Iraqi Joint Degree Doctoral Program in Economics) Internet: http://www.orient.uni-erlangen.de/ Erlangen Univ.-Erlange-Nürnberg, Institut f. Geographie, Lehrstuhl f. Kulturgeographie Mitarbeiter: Prof. Dr. Georg Glasze, Christian Bittner, Dr. Shadia Husseini de Araújo Schwerpunkte: Kultur- und Sozialgeographie, geographische Diskursforschung, Politische Geographie, Migrationsforschung, Kritische Kartographie Lehre:BA/MA Kulturgeographie Region: Vorderer Orient Internet: www.geographie.uni-erlangen.de/pers/gglas ze/ CENTRES AND ORGANIZATIONS Freiburg Arnold-Bergstraesser Institut (ABI) Mitarbeiter: Prof. Dr. Theodor Hanf; Dr. Tilman Lüdtke; Dr. Jan Völkel Schwerpunkte: Modernisierung, Globalisierung, Konfliktforschung, Islam in Europa, islamische Bewegungen/Islamismus, Nahostkonflikt, Staat/Herrschaft/politischer Wandel Lehre: kein Studienangebot, Angliederung an Univ. Freiburg Region: Europa, Naher Osten Internet: http://www.arnold-bergstraesser.de/cms2/ Halle Zentrum f. Interdisziplinäre Regionalstudien (ZIRS) Mitarbeiter: Dr. Felix Girke, Dr. Hanne Schönig (Koordinatoren) Schwerpunkte: Interdisziplinär, transregional Lehre: Graduate School Society and Culture in Motion Region: Vorderer Orient, Afrika, Asien Personalentwicklung: Angliederung an Univ. Halle Internet: http://www.zirs.uni-halle.de/ Hamburg Univ. Hamburg, Arbeitsbereich Außereuropäische Geschichte Mitarbeiter: Prof. Dr. Henner Fürtig (Professur für Nahoststudien) Schwerpunkte: Innen-, Außenpolitik, soziale und politische Transformation, Demokratisierung, Programme und Strukturen des politischen Islam Lehre: BA/MA mit Schwerpunkt außereuropäischer Geschichte möglich; Promotion Region: Iran, Irak, Saudi-Arabien, Ägypten Personalentwicklung: Seit 2007 Fürtig Professor Internet: http://www.geschichte.uni-hamburg.de/per sonal/fuertig.html Hamburg Univ. Hamburg, Asien-Afrika-Institut Mitarbeiter: Jun.-Prof. Katja Niethammer; Prof. Dr. Thomas Eich Schwerpunkte: Moderne politische Geschichte und internationale Beziehungen der Golfregion, politischer Islam, konfessionelle Konflikte Lehre: BA/MA in Islamwiss, Turkologie, Iranistik Region: Naher Osten, Golf, Nordafrika, Türkei, Iran Personalentwicklung: Seit 2009 Niethammer Jun.Professorin; Eich seit 2010 Prof. Internet: http://www.aai.uni-hamburg.de/voror/ Hamburg Univ. Hamburg, Asien-Afrika-Institut, Türkei-EuropaZentrum 65 INSTITUTE UND ORGANISATIONEN Mitarbeiter: u.a. Prof. Dr. Raoul Motika, Prof. Dr. Udo Steinbach, Dr. Heinz Kramer, Prof. Dr. Wolfgang Voegli Schwerpunkte: Interdisziplinäre Türkeiforschung, Kooperation, Vernetzung Region: Europa, Türkei Personalentwicklung: 2008 gegründet; Leiter Prof. Motika 2010-15 beurlaubt Internet: http://www.aai.uni-hamburg.de/tuerkeieuro pa/ Leipzig Univ. Leipzig, Wirtschafts- und Sozialgeographie Mitarbeiter: Prof. Dr. Jörg Gertel Schwerpunkte: Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Sozialgeographie und Gesellschaftstheorie Lehre: BA/MA Arabistik mit Schwerpunkt Wi.- und Soz.geographie MENA Region: Naher und Mittlerer Osten Internet: www.uni-leipzig.de/~orient/orient Neu/inde x.php?page=index Mainz Univ. Mainz, Geograph. Institut, Zentrum für Forschung zur Arabischen Welt (ZEFAW) Mitarbeiter: Prof. Dr. Anton Escher, Prof. Dr. Günter Meyer, Dr. Ala Al-Hamarneh, Dr. Sandra Petermann, Dr. Nadine Scharfenort, Dr. Christian Steiner, Dr. Stefan Zimmermann, Katharina Abdo, Thorsten Brandenburg Schwerpunkte: Wirtschafts-, Sozial- und Mediengeographie, Politische Geographie, stadtgeograph. Entwicklungsforschung, Migrationsforschung, Globalisierung, Armutsbekämpfung, Tourismusentwicklung, Wasserprobleme Lehre: BA Geographie; MA Humangeographie: Globalisierung, Medien und Kultur Region: Arabische Staaten Projekte: Privatisierung und Internationalisierung des Hochschulwesens in arabischen Staaten; Neoliberale Stadtentwicklung in den Golfstaaten; Globale Migrationsprozesse von Palästinensern, Libanesen und Syrern; Gentrification in arabischen Altstädten Personalentwicklung: Internet: http://www.geo.uni-mainz.de/meyer/ Marburg CNMS: Centrum für Nah- und Mitteloststudien: Islamwiss. Mitarbeiter: Prof. Dr. Albrecht Fuess Schwerpunkte: Islam in Europa, zeitgenössische Islamische Jugendkulturen, islamischer Fundamentalismus Lehre: B.A. Orientwissenschaft, Schwerpunkt Islamwissenschaft Region: Ägypten, Europa 66 CENTRES AND ORGANIZATIONS Personalentwicklung: Fuess seit 2010 Professor Internet: http://www.uni-marburg.de/cnms/islamwis senschaft/index_html Marburg CNMS: Centrum für Nah- und Mitteloststudien: Wirtschaft des Nahen und Mittleren Osten Mitarbeiter: Prof. Dr. Rachid Ouaissa Lehre: B.A. Orientwissenschaft, Schwerpunkt Wirtschaft des NMO; M.A. International Development Studies/M.A. Economic Change in the Arab Region Region: Arabische Staaten Internet: http://www.uni-marburg.de/cnms/wirtschaft/ index_html München Univ. München, Orientalisches Seminar Mitarbeiter: Prof. Dr. Andreas Kaplony Schwerpunkte: Massenmedien, Geographie Lehre: BA/MA Arabische Welt, Iranische Welt, Türkische Welt, Judentum im Islam, Naher und Mittlerer Osten (auch in Kombination) Personalentwicklung: Ab 2011 Professor Internet: http://www.ori.uzh.ch/persons/kaplony.html D) Politikwissenschaftliche Forschungseinrichtungen mit regionalen Anknüpfungspunkten in der Schweiz Genf Graduate Institute of International and Development Studies Mitarbeiter: Prof. Dr. Riccardo Bocco Schwerpunkte: Entwicklung, Konflikt Lehre: MA/PhD Region: Naher und Mittlerer Osten Personalentwicklung: vereinzelte Lehrveranstaltungen; existiert seit 2008 Internet: http://graduateinstitute.ch/ E) Moderne nicht-sozialwissenschaftliche Orientforschung mit politikwissenschaftlichen Anknüpfungspunkten in der Schweiz Basel Univ. Basel, Orientalisches Seminar Mitarbeiter: Prof. Dr. Maurus Reinkowski Schwerpunkte: Nationalismus, Minderheitenregime, Islam in Südosteuropa, Grenzgängertum Lehre: BA/MA Islamwiss. Region: Türkei, östlicher Mittelmeerraum, SOEuropa INSTITUTE UND ORGANISATIONEN Personalentwicklung: Seit 2010 Professor, löst Prof. em. Dr. Schoeler ab; Neuausrichtung auf Moderne/ Gegenwart Internet: http://orientsem.unibas.ch/?id=19248 CENTRES AND ORGANIZATIONS Personalentwicklung: Dennerlein seit 2009 Professorin Internet: www.ori.uzh.ch/persons/dennerlein.html Zürich Bern Univ. Bern, Institut f. Islamwiss. Mitarbeiter: Profs. Dr. Reinhard Schulze, Dr. Frank Peter Schwerpunkte: Islamismus, Islam & Europa, Orientalismus, Säkularismus, rel. Autorität Lehre: MA Middle Eastern Studies Region: Europa Personalentwicklung: Peter seit 2010 Professor Internet: www.islam.unibe.ch/content/ueber_uns/in dex_ger.h tml Schweizerische Gesellschaft Mittlerer Osten und Islamische Kulturen (SGMOIK) Mitarbeiter: Präsidentin Dr. Astrid Meier (Historisches Seminar Zürich) Schwerpunkte: Vermittlung zwischen der universitären-wissenschaftlichen Forschung, den Medien, der Politik und der interessierten Öffentlichkeit Region: Westasien, Nordafrika, Schweiz Personalentwicklung: Internet: www.sagw.ch/sgmoik/ Zürich Zürich Univ. Zürich, UFSP Asien und Europa Mitarbeiter: u.a. Dr. Inge Ammering; Prof. Dr. Katajun Amirpur, Prof. Dr. Andrea Büchler Schwerpunkte: Forschungsfeld I: Normen und Ordnungen; FF II: Begriffen und Taxonomien; FF III: Verflechtungsgeschichten Lehre: Promotion, Post-Doc Region: SO-Asien, S-Asien, Zentralasien; Vorderer Orient und Iran; Asien-Europa Personalentwicklung: Existiert in dieser Form seit 2005/6 Internet: www.asienundeuropa.uzh.ch/index.html Zürich Zentrum für Religion, Wirtschaft, Politik (ZRWP) Mitarbeiter: u.a. Profs. Dr. Daria Pezzoli-Olgiati, Dr. Antonius Liedhegener Schwerpunkte: Migration, Transformationsprozesse, ethnische/kulturelle Konflikte, politische/religiöse Gemeinschaften, Minderheiten Lehre: Forschungskolleg, Masterstudiengang und Doktoratsprogramm (transdisziplinäres Joint Programm Zürich, Basel, Lausanne, Luzern) Region: Türkei, EU, Mittelmeer Projekte: OIIP-Expertenforum Türkei Personalentwicklung: Gegründet 2006, Lehre seit 2008 Internet: http://www.zrwp.ch/ Zürich Univ. Zürich, Orientalisches Seminar Mitarbeiter: Prof. Dr. Bettina Dennerlein Schwerpunkte: Gender, Migration, Postkolonialismus, Orientalismus, islam. Familienrecht Lehre: BA/MA Islamwiss., Islamische Welt Region: Nordafrika Univ. Zürich, Rechtswiss. Institut, Center for Islamic and Middle Eastern Legal Studies (CIMLES) Mitarbeiter: Prof. Dr. Andrea Büchler Schwerpunkte: Islamisches Recht Lehre: MA/Promotion in Rechtswiss. Region: Ägypten, Syrien Projekte: Law Summer School Cairo Personalentwicklung: Seit 2008 Professorin Internet: www.rwi.uzh.ch/lehreforschung/alphabe tisch/buechler.html F) Politikwissenschaftliche Forschungseinrichtungen mit regionalen Anknüpfungspunkten in Österreich Salzburg Univ. Salzburg, Institut für Politikwiss. Mitarbeiter: Dr. Jan Claudius Völkel Schwerpunkte: EU, UN, Naher Osten, Entwicklungspolitik; Medien Lehre: BA/MA Politikwiss. Region: EU, Naher Osten Projekte: 2008-aktuell: Regionalkoordinator Nahost/Norafrika Bertelsmann Transformation Index Personalentwicklung: Internet: www.uni-salzburg.at/portal/page?_pageid= 1625,1557596&_dad=portal&_schema=PORTAL Wien Österreichisches Institut für Internationale Politik Mitarbeiter: Dr. John Bunzl Schwerpunkte: Islamophobie, Antisemitismus, Terrorismus, Konfliktforschung Lehre: BA/ MA an der Uni Wien in Politikwiss. Region: Naher Osten, Israel Internet: www.oiip.ac.at/home.html 67 INSTITUTE UND ORGANISATIONEN Wien Univ. Wien, Institut für Politikwissenschaft Mitarbeiter: Profs. Dr. Sieglinde Rosenberger, Birgit Sauer; Dr. Ilker Atac Schwerpunkte: Migration, Gender, politische Ökonomie, Integration, Asyl Lehre: BA/MA Polwiss. Region: Türkei, Europa Internet: http://politikwissenschaft.univie.ac.at/instit ut G) Moderne nicht-sozialwissenschaftliche Orientforschung mit politikwissenschaftlichen Anknüpfungspunkten in Österreich Wien Univ. Wien, Institut für Orientalistik: FWF-Projekt „Jihadismus Online“ Mitarbeiter: Prof. Dr. Rüdiger Lohlker, Dr. Orhan Elmaz, Dr. Thomas Gugler Schwerpunkte: Extremistische transnationale Strömungen des Jihadismus; Mobilisierung von Anhängern; theologische, visuelle und sprachliche Überzeugungsstrategien Lehre: MA/BA in Islamwiss. Region: Naher und Mittlerer Osten Projekte: 2010-2012: Jihadismus Online Internet: www.univie.ac.at/jihadism/ Wien Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW), Zentrum Asienwissenschaften und Sozialanthropologie Mitarbeiter: Prof. Dr. Andre Gingrich; Dr. Florian Schwarz Schwerpunkte: Konsens/ Konflikt in Asien und östlichem Mittelmeer: Wirtschaft, Religion, Sicherheit; Gewohnheitsrecht, Central European Network of Iranian Studies (CENIS) Region: Asien, östliches Mittelmeer, Iran, Europa Personalentwicklung: Umstrukturierung 2007-9 Internet: http://www.oeaw.ac.at/sozant/ Wien Univ. Wien, Forschungsplattform „Religion and Transformation in Contemporary European Society“ Mitarbeiter: u.a. Profs. Dr. Birgit Sauer, Rüdiger Lohlker, Sieglinde Rosenberger Schwerpunkte: Islamic, Christian and Jewish communities Lehre: Angliederung an Univ. Wien Region: Europa, Österreich Projekte: Religion in Inklusions- und Exklusionsprozessen; Religionskritik; Rechtliche Voraussetzungen 68 CENTRES AND ORGANIZATIONS in multireligiösen Gesellschaften; Religiöse Sinn- und Wertkonstruktionen Personalentwicklung: Existiert seit 2010t, fakultätsübergreifend Internet: http://www.religionandtransformation.at/ Wien Univ. Wien, Institut f. Bildungswissenschaften, Islamische Religionspädagogik Mitarbeiter: Prof. Ednan Aslan, Dr. Monika Mühlböck Schwerpunkte: Islamische Kulturgeschichte, islamische Glaubens-, Lebens-, Gesellschaftsordnung; Migration und Integration von Muslimen Lehre: Magister Region: Europa, Naher und Mittlerer Osten Projekte: 2010-11: Prof. Aslan: Religiöse Erziehung in Moscheen und Medresen in verschiedenen Islamischen Communities; 2007-aktuell: Der Beitrag der islamischen Bildung zur Integration der Muslime Internet: http://islamische-religionspaedagogik.uni vie.ac.at/ Anmerkung der Redaktion: Die vorstehende Übersicht wurde nach Anregung von PolitikwissenschaftlerInnen im Rahmen des 17. DAVO-Kongresse in Marburg dankenswerterweise von Nadine Kreitmeyr mit Unterstützung von Prof. Dr. Oliver Schlumberger (Institut für Politikwissenschaft, Univ. Tübingen) erstellt und basiert vorwiegend auf Selbstdarstellungen der Institute im Internet. Die hier abgedruckten Angaben erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Bitte schicken Sie Korrekturen und Ergänzungen für eine geplante Überarbeitung dieser Zusammenstellung an das DAVO-Sekretariat ([email protected]). INSTITUTE UND ORGANISATIONEN CENTRES AND ORGANIZATIONS 6.2 Studieren und Forschen in den Sozialwissenschaften an der Universität Kairo: Erfahrungen und Perspektiven Kuppelhalle der Universität Kairo Dr. Patricia Bauer, DAAD-Langzeitdozentin für Politikwissenschaft und Euromediterrane Studien an der Fakultät für Ökonomie und Politikwissenschaft (Faculty of Economics and Political Science – FEPS) der Universität Kairo, Ägypten. Hintergrund Der DAAD hat ab September 2007 eine neue Langzeitdozentur für Politikwissenschaft mit besonderer Berücksichtigung Europäischer Studien an der Fakultät für Ökonomie und Politikwissenschaft (FEPS) der Universität Kairo in Ägypten eingerichtet. Seit fünf Semestern nehme ich diese als erste Stelleninhaberin wahr. Meine Tätigkeit umfasst Lehr- und Forschungsaufgaben im Master- und PhD-Programm EuroMediterrane Studien (EuroMediterranean Studies: MastEuroMed und DocEuroMed) der FEPS. Beide Programmteile – Master und PhD – bieten spezifische europawissenschaftliche und auf den Mittelmeerdialog der EU bezogene Weiterqualifikationsmöglichkeiten für meist berufstätige Postgraduierte an. Berufliche Tätigkeitsfelder der Studierenden sind Diplomatie, öffentlicher Dienst, Nichtregierungsorganisationen und Medien. Die Universität Kairo Die 1908 gegründete Universität Kairo ist – nach der 975 n.Chr. gegründeten Al Azhar Universität – die zweitälteste staatliche Universität in Ägypten. An ihr sind etwa 250.000 Studierende eingeschrieben. Die Fakultäten sind unterschiedlich groß: Während an der Fakultät für Betriebswirtschaftslehre etwa 45.000 Studierende eingeschrieben sind, gibt es an der FEPS ca. 6.000 Immatrikulierte. Daher kann die Universität Kairo als Massenuniversität bezeichnet werden, deren ungewohnte Größe für den auswärtigen Besucher einerseits beeindruckend, andererseits aber auch überwältigend erscheinen mag. Der Campus der Universität Kairo liegt in Giza auf dem linken Nilufer. Wahrzeichen sind die Kuppelhalle (ca. 5.000 Plätze) und der Uhrturm. Ungewohnt für europäische Verhältnisse ist, dass die Campuseingänge von Polizisten bewacht werden, die auch stichprobenartig die Zugangsberechtigung, wie den Studentenausweis, kontrollieren. Als Europäerin kann man in jedem Falle damit rechnen, beim ersten Besuch des Campus befragt zu werden, wo man denn hinwolle. Kann man angeben, Gaststudierender oder wissenschaftler einer bestimmten Fakultät zu sein, wird man gewöhnlich auch ohne Vorlegen einer formellen Zugangsberechtigung eingelassen. Hat man versäumt, die meist hilfsbereiten Polizisten nach dem Weg zu befragen, so kann man auf die gute Ausschilderung des Campus mit englischen und arabischen Wegweisern zurückgreifen. Wegweiser auf dem Campus der Universität Kairo Die gute Reputation der Universität Kairo leitet sich aus dem Erfolg ihrer Alumni ab, zu denen der Literatur-Nobelpreisträger Naguib Mahfus, der frühere UNGeneralsekretär Boutros Boutros-Ghali und der frühere IAEO-Generaldirektor Mohamed El Baradei zählen. Präsident der Universität ist seit 2009 Prof. Dr. Hossam Kamel, ein Mediziner mit deutschem Bildungshintergrund. Für die Reputation der Universität bedeutsam war auch der Umstand, dass US-Präsident Barack H. Obama im Juni 2009 seine an die arabische Welt adressierte Rede in der zentralen Kuppelhalle der Universität Kairo gehalten hat. 69 INSTITUTE UND ORGANISATIONEN Fakultät für Ökonomie und Politikwissenschaft (FEPS) Innerhalb der Universität besitzt die 1960 gegründete FEPS besonders hohes Ansehen und versteht sich selbst als Kaderschmiede für den Nachwuchs in Politik, Administration und Diplomatie des ägyptischen Staates. Zudem sind Teile des Lehrkörpers neben ihrer universitären Tätigkeit als Abgeordnete im Parlament, Mitglieder der Regierung oder National Party oder in staatsnahen Beratungsorganen und Think Tanks tätig. Gebäude der Faculty of Economics and Political Science (FEPS) auf dem Campus der Universität Kairo Die FEPS bietet als einzige staatliche Fakultät in Ägypten ein grundständiges politikwissenschaftliches Studium an. Dieses Alleinstellungsmerkmal und die entsprechend restriktive Auswahl der Studierenden anhand des exzellenten Schulabschlusses unterfüttert das von Lehrenden und Studierenden gepflegte Selbstverständnis der FEPS als Elitebildungsinstitution. Außerhalb der FEPS kann Politikwissenschaft nur an verschiedenen privaten Universitäten (zuvorderst ist hier die American University in Cairo – AUC – zu nennen) studiert werden. Auch das Ökonomiestudium gilt als eines der besten an staatlichen Universitäten. Die große Anzahl an Studierenden erzeugt insbesondere in den Einführungsveranstaltungen mit 200 bis 300 Teilnehmern gewöhnungsbedürftige Enge. FEPS Außenansicht 70 CENTRES AND ORGANIZATIONS Die institutionelle Struktur der FEPS ist oft nicht auf Anhieb durchschaubar. Grob kann sie wie folgt beschrieben werden: 6.000 Studierende stehen 80 Lehrenden (mit Emeriti ca. 120) gegenüber. Die Fakultät ist in vier Abteilungen (Departments) unterteilt: Ökonomie (Economics), Politikwissenschaft (Political Science), Verwaltungswissenschaft (Public Policy) und Statistik (Statistics). Jede Abteilung hat einen Leiter (Head), der für die Regelung von Fachangelegenheiten wie Lehrpläne und Lehrveranstaltungen, fachbezogene Hochschulkooperationen oder Koordination der Lehrkräfte des Fachs zuständig ist. Die Leitung der Fakultät obliegt dem Dekanat. Dekanin ist seit Sommer 2008 Prof. Dr. Alia El Mahdi, eine Ökonomin. Sie wird von drei Vizedekanen für Studienangelegenheiten, postgraduale Studien sowie für soziale und Gemeinschaftsangelegenheiten unterstützt. Die FEPS verfügt über drei Sprachsektionen: Arabisch, Englisch und Französisch. Jede Sprachsektion besitzt ihre eigenen Lehrprogramme, die auf die jeweils verliehenen Abschlüsse in Politik und Ökonomie hinarbeiten. Darüber hinaus existiert das EuroMed-Programm als einziges interdisziplinäres Programm der FEPS. Dieses lässt MA- und BAKandidaten aus anderen Fakultäten und anderen Universitäten zu und stellt so die einzige Möglichkeit für Nicht-FEPS-Absolventen dar, an der FEPS einen Abschluss zu erwerben. Dies ist deshalb besonders hervorzuheben, weil das wissenschaftliche Denken an der FEPS nicht nur stark von der ihr zugeschriebenen Bedeutung innerhalb des staatlichen Systems geprägt, sondern auch strikt von disziplinärem Denken getragen ist. Innovative Konzepte fächerübergreifender Lehre und Forschung sind entsprechend wenig verbreitet. Eigene Erfahrungen Als DAAD-Langzeitdozentin bin ich gleichberechtigtes Mitglied des Lehrkörpers der FEPS. Ich wurde äußerst freundlich und ohne Vorbehalte von allen Kollegen aufgenommen. Meine Anregungen und neuen Ideen wurden ernsthaft diskutiert und oftmals akzeptiert. Nach der ersten Orientierung an der FEPS war mir vor allem wichtig, innerhalb des EuroMedProgramms modernisierende Akzente zu setzen. Insbesondere ging es mir darum, in meiner Lehrtätigkeit das eher hierarchisch strukturierte Lehr- und Lernsystem mit alternativen Angeboten aufzulockern und den durch die FEPS angestrebten Prozess der Internationalisierung der Fakultät durch erste persönliche Initiativen voranzutreiben. So habe ich erstmals ein Magister- und ein Doktorandenkolloquium eingeführt, die beide rege nachgefragt werden. Zielsetzung dieser Kolloquien ist es, einen Freiraum für die Diskussion von Abschlussarbeiten zu schaffen, der einerseits die Vorbereitung von Examensarbeiten mit persönlicher methodischer Anleitung verknüpft und andererseits eine vertiefte Aus- INSTITUTE UND ORGANISATIONEN einandersetzung zwischen den Studierenden und der Dozentin ermöglicht. Darüber hinaus habe ich erste Projekt-Studienreisen für Studierende nach Deutschland durchgeführt, um die Studierenden mit dem akademischen System in Deutschland vertraut zu machen. Zudem habe ich regelmäßig Gastvorträge europäischer Wissenschaftler initiiert, die das akademische Programm der Pflichtkurse anreichern und die Studierenden an europäische Forschungsstandards heranführen konnten. Studien- und Forschungsmöglichkeiten für Ausländer Die Fakultät hat sich, insbesondere im Hinblick auf die immer wichtiger werdenden internationalen Rankings, das Ziel der verstärkten Internationalisierung gesetzt. Darüber hinaus versteht sich die FEPS als weltoffenes sozialwissenschaftliches Zentrum Ägyptens. Aus diesem Grunde sind ausländische Studierende und Wissenschaftler immer willkommen, Kontaktaufbau ist erwünscht, gemeinsame Forschungs- und Lehrprojekte werden gerne diskutiert. Entsprechend finden sich an der FEPS Gaststudierende aus aller Welt. Diese internationalen Studierenden werden durch die Wafedin-Behörde der ägyptischen Regierung verwaltet. Das Wafedin-Programm bietet auch Stipendienmöglichkeiten (ca. 600,- LE oder 75,- € / Monat) für Ausländer. Diese Stipendien werden für Deutsche über den DAAD vergeben. Die Bewerbung für das im Herbst beginnende Studienjahr erfolgt im vorangehenden Frühjahr beim DAAD in Bonn (siehe Adresse im Kasten). Nach dem Entschluss zum Studium an der FEPS sollte man sich außerdem rechtzeitig an das International Relations Office der FEPS (siehe Adresse im Kasten) wenden. Für alle ausländischen Studierenden fallen Studiengebühren an. Dies gilt auch für Kurse, in denen kein Leistungsschein erworben wird. Die Gebühren sind nach Sprachsektionen und Niveau verschieden, sowie vom Status der Studierenden abhängig. Das einzige Graduiertenprogramm in englischer Sprache ist das EuroMed-Studienprogramm, in dem ich unterrichte. Zum Arabischen Programm sei angemerkt, dass ausländische Studierende trotz Arabischausbildung in Deutschland den Kursen oft nicht vollständig folgen können und entsprechend Schwierigkeiten beim Leistungsscheinerwerb auftreten. Sollte also ein bestimmter Anteil an Studienleistungen zwingend im Auslandsaufenthalt erbracht werden müssen, so ist es ratsam, sich auf die englischsprachigen Kurse zu verlassen. Dies bedeutet auch, eine entsprechende Summe an Studiengebühren entrichten zu müssen. Das International Relations Office der FEPS erbringt folgende Leistungen, für die diese Gebühren im Wesentlichen erhoben werden: • Einschreibung in der Fakultät • Verfertigung möglicherweise notwendiger Unterlagen für den Visaerwerb • Erstellung von Studierendenausweisen CENTRES AND ORGANIZATIONS • Beratung bei der Kursauswahl • Zertifizierung der Studienleistungen durch eine offizielle Bescheinigung in englischer Sprache. Die nachfolgende Tabelle gibt eine Übersicht über die im Herbst 2010 gültigen Gebühren: StudierendenTyp Undergraduate Arabische Abteilung WafedinStipendiat Nicht-WafedinStipendiat 3,- LE (0,40 €) pro Kurs; keine Begrenzung der Kurszahl Undergraduate Englische Abteilung 3,- LE (0,40 €) pro Kurs; maximale Kurszahl pro Semester: 3 500,GBP (580,- €) als Festbetrag pro Semester; maximale Kurszahl pro Semester: 3 500,- LE (63,- €) pro Kurs mit Examensteilnahme; 300,- LE (38,- €) für die Teilnahme an einem Kurs; keine Beschränkung der Kurszahl 750,- LE (95,- €) pro Kurs, unabhängig, ob lediglich Teilnahme oder Examen Graduate EuroMedProgramm Sollte sich ein ausländischer Student um einen Abschluss bemühen, muss die Hochschulzugangsberechtigung beim Supreme Council of Egyptian Universities anerkannt werden. Die Kosten für die Zulassung betragen dann 3600,- GBP (4000,- €) plus 750,- LE (95,- €) pro Kurs im englischsprachigen Postgraduiertenbereich. Diese Regelungen können durch bilaterale Universitätsabkommen, die einen Erlass von Studiengebühren vorsehen, außer Kraft gesetzt werden. Dahlia El Orabi, Verwaltungskraft für internationale Beziehungen Als Gaststudent ist es ratsam, sich direkt an das International Relations Office zu wenden, um genaue Fristen, Zulassungsvoraussetzungen und Studienmöglichkeiten zu erfragen: Die verantwortliche Verwaltungskraft spricht fließend Englisch und Französisch. In jedem Falle ist es ratsam, vor Vorlesungsbeginn einzureisen und genügend Zeit zur Akklimatisierung, 71 INSTITUTE UND ORGANISATIONEN Wohnungssuche und Einschreibung vorzusehen. Das Studium an der FEPS sollte unter zwei Gesichtspunkten betrachtet werden: wissenschaftlicher Standard und persönliche Erfahrung in einem fremden Wissenschaftssystem. Entsprechend bietet der Besuch von Veranstaltungen an der FEPS neben fachlichen Informationen immer auch die Möglichkeit, die Perspektive der ägyptischen Forscher und Studierenden einzunehmen. Hier ist besonders interessant, als Europäer herauszufinden, welche sozialwissenschaftlichen Themen in Ägypten als wichtig angesehen werden und wo die Differenzen zur wissenschaftlichen Wahrnehmung oder wissenschaftlichen Moden in Europa liegen. Ähnliches gilt für Forschungskooperationen. Themen wie der theoretischen Analyse der EUAußenbeziehungen, der Compliance mit den Regeln der EU oder der Implementation von EU-Politikfeldern wird bisher kaum Beachtung geschenkt. Stattdessen stehen komparative und best practice-Ansätze in Politikwissenschaft und Ökonomie hoch im Kurs. Hier werden gerne aktuelle Themen wie die Finanzkrise, die ägyptische Dezentralisierungsinitiative, Frauenrechte oder partizipative Demokratie (Zivilgesellschaft/NGOs) von einem pragmatisch-politikberatenden Standpunkt thematisiert und bearbeitet. Da es an einer vollständig ausgestatteten Bibliothek sowohl auf Universitäts- wie auf Fachbereichsebene mangelt, ist der Zugang zum westlichen Forschungsstand für die ägyptischen Studierenden und Kollegen eingeschränkt. Die Suche nach Quellen im Internet kann hier einiges leisten, jedoch nicht das Fehlen einer systematischen Sammlung kompensieren. So fehlen aktuelle Ausgaben elektronischer oder gedruckter internationaler Fachzeitschriften in der Bibliothek völlig. Auch für mich ist diese Situation nicht erfreulich. Um mich im Bereich Internationale Beziehungen und Europastudien auf dem Laufenden zu halten, greife ich weiter auf meinen Zugang zu deutschen Verbundkatalogen und meinen Zugang zur AUCBibliothek aufgrund persönlicher Kontakte zurück. Für kurzfristige Studien- und Forschungsaufenthalte kommt die Universität Kairo vor allem bei Interesse an Themen des ägyptischen politischen bzw. ökonomischen Systems, einzelner Politikfelder sowie Problembereiche der institutionellen, politischen und gesellschaftlichen Struktur Ägyptens in Frage. Die FEPS ist insofern ein guter Ausgangspunkt für jede Art von qualitativ-empirischer Forschung, als dass die Kollegen dort selbst zu mannigfachen Themen und Problemen innerhalb Ägyptens arbeiten. Zudem kann die große Politiknähe vieler Kollegen für empirische Studien von Nutzen sein: So dürfte es problemlos sein, die Kollegen an der FEPS, die an bestimmten ökonomischen oder politischen Entscheidungen mitgewirkt haben, dazu in einem Experteninterview zu befragen. Die starke Vernetzung der Kollegen garantiert außerdem die Kontaktaufnahme mit weiteren Wissenschaftlern und Entscheidungsträgern. Beim Zuschneiden von Forschungsprojekten, die auf Kooperation mit ägyptischen Kollegen beruhen, sollte 72 CENTRES AND ORGANIZATIONS berücksichtigt werden, dass die ägyptischen Kollegen wegen der schlechten Bezahlung im Hochschulsektor neben ihrer Tätigkeit an der FEPS weitere berufliche Aktivitäten ausfüllen, um den Lebensunterhalt zu sichern: Ständiger Zeitdruck in Lehre und Forschung sind das Resultat. Eine erfolgreiche Forschungskooperation sollte deshalb mit finanziellen Anreizen arbeiten, um die von den Kollegen auf Forschung verwendete Zeit entsprechend zu honorieren. Diese finanziell bedrückenden Verhältnisse prägen das wissenschaftliche Leben in der FEPS insofern, als dass bezüglich zusätzlicher Projekte von den Kollegen jeweils ein rationales Kalkül zwischen Aufwand und Nutzen angestellt wird. Insgesamt kann trotz der genannten Restriktionen von guten Voraussetzungen für Studium und Forschung im Bereich der Sozialwissenschaften an der FEPS gesprochen werden. Ich sehe mich selbst an der FEPS als Mitgestalterin einer modernisierten und internationalisierten Fakultät und verstehe mich deshalb auch als Anlaufstelle und Vermittlerin für Studierende und Kollegen, die internationale Kooperationen anstreben. Außerdem sind wir in Kairo in der glücklichen Lage, eine gut ausgebaute DAAD-Außenstelle mit hoher lokaler Expertise zu besitzen, die entsprechende Studien- und Forschungsanliegen unterstützen und fördern kann. Hilfreiche Adressen bei der Planung von Studium und Forschung an der FEPS, Ägypten: Dr. Patricia Bauer DAAD Visiting Professor Euro-Mediterranean Studies Faculty of Economics and Political Science Cairo University Al-Orman, 12613 Giza – Cairo – Egypt E-Mail: [email protected] Tel./Fax: +20 2 35713315, Mobile: +20 16 2978076 homepage: http://www.home.uos.de/pbauer/ Faculty of Economics and Political Science International Relations Office Director: Prof. Dr. Ola El Khawaga Executive Secretary: Dahlia El Orabi Cairo University Al-Orman, 12613 Giza – Cairo – Egypt E-Mail: [email protected] Tel./Fax: +20 2 35713315 Deutscher Akademischer Austauschdienst Referat 441 – Nordafrika und Nahost Leiterin: Dr. Renate Dieterich Kennedyallee 50, 53175 Bonn Tel.: (0228) 882-0 Fax: (0228) 882-444 E-Mail: [email protected] DAAD-Außenstelle Kairo Leiter: Dr. Michael Harms 11 Sharia Saleh Ayoub, Kairo-Zamalek, Ägypten Telefon: (0020 2) 27 35 27 26, (0020 12) 17 16 298 E-Mail: [email protected]; www: cairo.daad.de INSTITUTE UND ORGANISATIONEN 6.3 VAE – Höhere Bildung an zwei Universitäten in Sharjah Der Emir von Sharjah: Motor für Wissenschaft und Bildung Herrscher in Sharjah ist seit 1972 Dr. Sultan bin Mohammed Al Qasimi, Jahrgang 1939. Er ist der einzige Akademiker unter den Herrschern der Golfstaaten. Er ist Motor aller neuen Entwicklungen in seinem Emirat, dem er einen ganz besonderen Stempel durch eine eigenwillige Architektur aufgedrückt hat, die seinem Geschmack entspricht – in Anlehnung an die Fatimiden. Zwei Promotionen an britischen Universitäten haben ihm international Anerkennung gebracht. Mit der ersten Doktorarbeit hat er die Geschichte der politischen Entwicklung auf der Arabischen Halbinsel neu geschrieben, indem er aufzeigte, dass entgegen der früheren Geschichtsschreibung über die Golfregion zu Beginn des 19. Jh. nicht die arabischen Stämme Piraten waren und an der von den Briten so bezeichneten „Piratenküste“ ihr Unwesen trieben, sondern dass diese Untaten vor allen Dingen den Briten zuzuschreiben sind. Verständlich, dass dies für großes Aufsehen S.H. Sheikh Dr. Sultan bin Mohammed Al Qasimi, Emir von Sharjah sorgte. Mit der zweiten Doktorarbeit folgten weitere detaillierte und grundlegende historische Studien zur politischen Entwicklung am Golf, die ihm größten Respekt und Anerkennung in internationalen Fachkreisen einbrachten. Wegen seines starken Engagements für Archäologie, Wissenschaften, Bildung und Kultur wurde ihm 2006 die Ehrendoktorwürde der Universität Tübingen verliehen. Dies hat einen besonderen Hintergrund: In jährlichen Grabungskampagnen von mehreren Wochen Dauer wird von Prof. Hans-Peter Uerpmann in Mleiha im Wadi Hillu seit Jahren eine wichtige Fundstelle in der Wüste von Sharjah wissenschaftlich erschlossen, die völlig neue Erkenntnisse über die späte Steinzeit im Süden Arabiens erbracht hat. Weltweit bekannt geworden ist das Ausgrabungsprojekt (mit 120.000 Jahre alten Funden, die ältesten CENTRES AND ORGANIZATIONS in den Emiraten) durch die in Tübingen hergestellte Replik einer jungsteinzeitlichen Kinderbestattung aus dem Emirat, die im Rahmen der Weltausstellung in Lissabon zu sehen war. Der Emir fördert zahlreiche Universitätsinstitute in England und Deutschland und finanziert in erheblichem Maße wissenschaftliche Veröffentlichungen über Forschungsprojekte in der Arabischen Welt. In Sharjah hat er zwei Universitäten gegründet. Sein vielfältiges, internationales Engagement für Wissenschaft und Kultur ist in der Arabischen Welt einmalig. Auf Grund seiner akademischen Vorbildung sind Wissenschaften, Kunst und Kultur schon seit Jahrzehnten in Sharjah, als dem einzigen Emirat, wichtige Themen – lange bevor diese Bereiche von Dubai und Abu Dhabi entdeckt wurden. Zwei Universitäten: Studien nach amerikanischem Vorbild Südlich des Flughafens liegen die beiden Universitäten des Emirats Sharjah: die American University of Sharjah (AUS) und die University of Sharjah (UOS). Der Campus für beide Universitäten umfasst eine Fläche von 6 mal 1 km und zeichnet sich dadurch aus, dass die im traditionellen, arabischen Stil erbauten, weißen palastartigen Gebäude auf weiten und gepflegten Rasenflächen mit Blumenrabatten und Palmen stehen. Der Zutritt zu beiden Universitäten ist bewacht, Besucher müssen also offiziell angemeldet sein. Auf dem Campus sieht man mehr weibliche als männliche Studierende. Dieser Eindruck ist richtig, denn die Studentinnen sind mit weit über 50 Prozent vertreten. Es sind alle Fakultäten vorhanden und in den einzelnen Colleges läuft der Lehrbetrieb nach amerikanischem Muster ab: Es gibt Bachelor- und Masterstudienabschlüsse. Auch im Innern der Gebäude der einzelnen Colleges wurde viel Marmor verbaut und der erste, eher Konservatismus vermutende Eindruck ist falsch: Hier gibt es die modernste Technik. Von Stillstand ist man weit entfernt. „Obwohl es kurzfristig darum geht, den großen Bedarf der Region an Akademikern zu befriedigen und die akademische Lehre daher Priorität hat, steht man hinsichtlich der Forschung schon in den Startlöchern, und das riesige Campusgelände stellt dafür auch die entsprechenden Baugrundstücke zur Verfügung“, so Monqeth A. Al Dabbagh, der für die Medien an der UOS zuständig ist. „Neben meiner Tätigkeit an der Universität arbeite ich als Leiter „kreativer Dienstleistungen“ des Unternehmens Media House in Dubai“. Wie aus seiner Visitenkarte ersichtlich, ist Media House für Art Production, Video Clip & Music Production, Broadcast Management sowie Broadcast & IT Solutions tätig. „Für Ihren Besuch habe ich versucht, Ihre Wünsche zu erfüllen und Treffen im Sprachzentrum Englisch, Gespräche mit Studentinnen sowie die Besichtigung des universitätseigenen Medienzentrums vorbereitet“, so Monqeth. 73 INSTITUTE UND ORGANISATIONEN Im College für Englisch als erste Fremdsprache Die Abteilung für Englische Sprache ist im College of Arts untergebracht. Dr. Khaldah Al Mansoori, ELC Director, ist Direktorin des English Language Centre. „Ich habe an dieser Universität im Jahr 2004 am College of Higher Education begonnen und kam vier Jahre später hierher. Bei uns geht es darum, die Studenten auf ihre Sprachexamina nach TOEFL und IELTS (Internationale Standards) vorzubereiten. Die Studenten lernen 25 Stunden pro Woche in Lernzentren und Sprachlaboren und alle Lehrer sind hoch qualifiziert“, meint sie – selbstverständlich auch in perfektem Englisch. „Wir beginnen mit etwa 900 Studierenden (60 Prozent weiblich) und nach dem ersten Semester sind noch rund 500 Studierende übrig. Daran sieht man, mit welchen schlechten Englisch-Kenntnissen viele von der Schule kommen. Das Ziel ist hoch gesteckt: Die englischen Sprachkenntnisse der Studenten müssen so gut sein, dass sie die Voraussetzungen dafür erfüllen, die Englisch-sprachigen Vorlesungen zu verstehen. Mit unseren Kursen füllen wir also die große Lücke zwischen dem Schulenglisch und dem Englisch, das für das Studium Grundvoraussetzung ist. In allen Fakultäten ist die Lehrsprache Englisch, also z. B. in den beliebtesten Fächern Medizin, Architektur und Betriebswirtschaft, nur in den Bereichen Medien, Arabisch, Geschichte und Soziologie wird auf Arabisch unterrichtet“. Auf die Frage nach dem Minimum Benchmark, der Dauer der Vorbereitungszeit und der praktischen Lernumgebung meint sie: „Minimum ist TOEFL 500 und die durchschnittliche Dauer ist ein Jahr. Man darf zweimal durch die Sprachprüfung fallen. Ist dies der Fall, dann muss der durchgefallene Studierende das Studienfach wechseln, also eines der vier arabischsprachigen Fächer wählen. Um den Studierenden beim Erwerb der Englischkenntnisse zu helfen, haben wir eine Vielzahl von Fördermöglichkeiten im Angebot: Es gibt ein unabhängiges Lernzentrum, im Sprachlabor steht ständig ein Lehrer zur Verfügung, sodass man bei Übungen und Praxis im Notfall Hilfe bekommt, und es gibt eine Fülle von schriftlichen 74 CENTRES AND ORGANIZATIONS Übungs- und Hilfsmaterialien sowie einen „Resource Room“, eine Bibliothek mit einer großen Auswahl an Büchern – an vorderster Front die gängigen Standardwerke von Oxford University Press und Cambridge University Press – die sowohl von den Lehrern als auch von den Studierenden genutzt wird und gleichzeitig als Kommunikationszentrum dient“. Was gefällt ihr an ihrer Tätigkeit? „Aus den Unterrichtsaktivitäten entstehen viele Ideen. So können die Studierenden z. B. in der fakultätseigenen Zeitschrift publizieren. Wir haben eine „writing clinic“ gegründet, um die Kunst des Schreibens zu erlernen und manch einer hat davon schon sehr profitiert und eigene Schriften herausgebracht“. Auf die Frage, ob nach der Graduierung noch Kontakte bestehen, meint sie: „Wir begleiten die Graduierten in die Zukunft. Wir folgen ihnen und sie folgen uns, d. h. der Kontakt wird mit vielen ehemaligen Studierenden über viele Jahre hinweg gepflegt. Wie vertrauensvoll die Zusammenarbeit ist, sehen Sie daran: Wenn die Studierenden während ihres Studiums eine Rede oder eine schriftliche Arbeit sprachlich überprüfen wollen, dann kommen sie hierher, weil sie wissen, dass sie stets willkommen sind“. „Die Medizinstudierenden geben zu, dass sie bessere Noten bekommen, weil sie den Englisch-Einführungskurs gemacht haben. Auch die Professoren sind der Meinung, dass es viele Vorteile hat, den Kurs zu absolvieren. Im vorigen Jahr kam Fatima, eine Studentin, zu mir mit der Idee, bei der Graduierten-Feier eine Rede zu halten, in der sie über ihre Erfahrungen mit dem Englisch-Kurs berichten wollte. Sie hat die Rede gehalten und freimütig zugegeben, dass sie fast ohne Englisch-Kenntnisse kam und sich nun im Englischen perfekt fühlt. Unabhängig von Fatima hatte Student Mahmoud dieselbe Idee – Frauen und Männer studieren getrennt. Ich bin stolz darauf, dass die Studenten sich derart engagieren. Natürlich glauben manche Studierenden am Anfang, dass sie mit dem Englisch Vorbereitungskurs Zeit verschwenden, werden aber dann meist eines Besseren belehrt. Besonders gefreut habe ich mich, als eines Tages eine Studentin zu mir kam mit dem Wunsch, mich zu interviewen und das Interview in der Zeitschrift „Cronicle“ des ELC zu veröffentlichen. Es wurde veröffentlicht. Übrigens ist „Cronicle“ nicht zu verwechseln mit der Universitäts-Zeitschrift „The University Forum“. Die ursprünglich aus dem Nachbaremirat Ras Al Khaimah stammende Direktorin des English Language Center hat in England ihr Studium abgeschlossen und blickt auf 32 Jahre Englisch-Lehrerfahrung zurück – nach wie vor voller Begeisterung und Engagement. Wie ergeht es ihr in der „akademischen Welt“? „Frauen haben es in der akademischen Welt nicht leicht. Man stößt immer wieder an Grenzen. Für mich bedeutet diese Welt mein Leben. Ein Akademiker muss ein echter Akademiker sein. Ich muss hart arbeiten, aber auf meinen vielen Auslandsreisen zu internationalen Bildungskongressen, auf denen ich Vorträge halte, sehe ich, dass es meinen Kollegen genauso geht“. INSTITUTE UND ORGANISATIONEN Studentinnen als Computerfreaks Shaima stammt aus Dubai und Aziza aus Sharjah. „Computer Kommunikation und Netzwerke“ ist ihr Studienfach. Beide stehen kurz vor dem Examen. Im ansonsten völlig leeren Computerraum sitzen sie nebeneinander an den Geräten und lassen sich gern stören. Warum hier so allein? „Wir bereiten uns auf unser Examen vor und nutzen jede Minute, am Computer zu arbeiten, die anderen Studenten haben Pause“, so Shaima und Aziza weiß schon die Antwort auf die nächste Frage: „Wir studieren von Anfang an zusammen, sind seitdem befreundet und sprechen viel über unser Studienfach und über unsere zukünftigen Perspektiven“. Hatten sie schon die Gelegenheit, praktische Erfahrungen zu sammeln? „Ja, im Curriculum unseres Studienfachs ist es vorgesehen, dass wir ein Praktikum nach dem dritten Studienjahr absolvieren. Das ist Pflicht“. Shaima hat ihr Praktikum bei der Dubai Police gemacht: „Ich habe dort viel gelernt und gesehen, wie wichtig Elektronik und Vernetzung sind: von Verkehrsunfallstatistiken bis zur Verbrechersuche in internationalen Netzen“. Mit ihrem Praktikum bei Etisalat, dem größten Telekommunikationskonzern der Emirate mit Filialen in allen Emiraten, einem großen Verfechter der Emiratisierungspolitik, auf internationalem Expansionskurs und mit eigener Trainingsakademie hat Aziza das große Los gezogen: „Ich bin auf Etisalat durch die Karrieremesse für Studierende auf der EXPO in Sharjah gekommen. Das Unternehmen qualifiziert Telekommunikationsfachleute und die können dann in sehr gute Positionen gelangen. Die Trainingsakademie steht nicht nur Praktikanten und Hochschulabsolventen offen, sondern auch der eigenen Belegschaft für Fortbildungskurse“. „Wir lieben Computer und wir wollen immer mehr dazu lernen“ meint Aziza und Shaima ergänzt: „… und wir wollen arbeiten“. Aber zuerst muss das Examen geschafft werden. „Das dauert zwei Stunden und etwa eine Woche später erfahren wir das Ergebnis“. Gefragt nach ihren Kommilitonen meint Shaima: „Wir sind insgesamt 16 in unserem Fach und Jahrgang: 2 Männer und 14 Frauen. Seit 2010 studieren Frauen und Männer in unserem Bereich zusammen, im Hörsaal gibt es allerdings eine Trennwand“. Und was sagen die Eltern zu Studium im Allgemeinen und Studienfach im Besonderen? „Unsere Familien unterstützen uns kompromisslos und finden auch das Studienfach sehr gut, weil sie meinen, dass wir mit großer Wahrscheinlichkeit gute Positionen bekommen. Sie finden es auch gut, dass wir nach dem Studium in Vollzeit arbeiten wollen“. Bei diesen Studentinnen interessiert ihre Meinung zum Englisch Einführungskurs: „Den fanden wir sehr nützlich, haben ihn aber nur vier Monate lang gebraucht, weil wir in der Schule einen guten Englischunterricht hatten“. Und zum Schluss fragt Aziza, ob sie noch eine Bitte äußern dürfe. – Selbstverständlich! CENTRES AND ORGANIZATIONS – „Wir würden uns gern mit Computerfachleuten in Deutschland austauschen“. Wandschmuck für das College of Art Das College of Art unterscheidet sich von den anderen dadurch, dass die langen, weißen Wände der Flure mit Kunstwerken geschmückt sind. Außerdem sind die Gänge mit Arkaden gesäumt und erinnern an die Innenarchitektur des Kunstmuseums in Sharjah City. Studentin Aisha ist in ihrem ersten, „fundamental“ Studienjahr. „Dieses Jahr dient dazu, sich mit den verschiedenen Bereichen innerhalb der Kunsthochschule vertraut zu machen: Malerei, Mode, Schmuck, Architektur, Design und vieles mehr. Nach diesem „Orientierungsjahr“ weiß man, in welche Richtung man tendiert und kann dann das entsprechende Studienfach auswählen“. Sie arbeitet mit fünf Kommilitoninnen an einem Riesengemälde – auf einer soliden Spezialleinwand mit Acrylfarbe. Wegen der Dimension des Werkes liegt es auf dem Boden und so muss auch auf dem Boden gearbeitet werden. „Wir haben uns für die bodenständige Arbeit entschieden, weil wir nicht 75 INSTITUTE UND ORGANISATIONEN ständig auf Leitern herumklettern wollten, die man uns auch zur Verfügung gestellt hätte. Der Dekan hat den Studierenden, die pro Gemälde in Gruppen arbeiten, die Themen für die Kunstwerke frei gestellt. Es war nicht einfach, Konsens über ein Thema innerhalb einer Gruppe zu erreichen. In meiner Gruppe haben wir uns für das Thema „Universum und Astrologie“ entschieden“. Gleich nebenan hocken zwei junge Männer am Boden, die ebenfalls an einem Riesengemälde arbeiten, sie orientieren sich an einem Mustergemälde, das sie direkt über dem Boden an die Wand gehängt haben. „Es ist erstaunlich, wie sich die Wirkung von so unterschiedlich großen Gemälden ändert“, stellen sie fest. Die Dienste der Kunststudenten werden auch gern in Anspruch genommen, wenn es gilt, hässliche Baugruben zu verbergen. „Wir können hier ständig große Gemälde malen, denn die Baustellen für neue Forschungseinrichtungen auf dem Universitätsgelände werden immer mehr“, so Aisha. Sie freut sich auch über eine neue Idee des College of Art: „In diesem Jahr gibt es erstmals einen Wettbewerb in den fünf Disziplinen Malerei, Schmuckdesign, bei dem die besten Werke in jedem Bereich prämiert werden“. CENTRES AND ORGANIZATIONS Vorzeigeprojekten der Universität gehört. „Von einer solchen Ausstattung können wir in Deutschland nur träumen“, meint eine Professorin vom Institut für Publizistik der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, die gerade zu Besuch ist. Text und Fotos von Barbara Schumacher 6.4 Centre for Academic Shi’a Studies (CASS), London Professionelles Medienzentrum der Universität Auf dem Weg zum nächsten Ziel darf noch ein Blick in die Bibliothek der Medizinischen Fakultät geworfen werden, die über ein hochmodernes Computersystem verfügt. Das College of Communication hat einige Überraschungen zu bieten. Das Erdgeschoss präsentiert sich als Shoppingcenter. Das Medienzentrum ist im obersten Stockwerk angesiedelt. Dr. Mamdouh M. Meshmeshy ist Assistant Professor, stammt aus Ägypten und hat den Medienbereich maßgeblich aufgebaut. Dr. Mamdouh M. Meshmeshy Nicht ohne Stolz führt er die Besucher durch die Räumlichkeiten. Hier lernen die Studenten an Geräten und in einer technischen Umgebung, die einem hochmodern ausgerüsteten, professionellen Fernsehstudio in nichts nachstehen. Professionelle Fernsehkameras stehen im Aufnahmestudio, das sich bestens für Talkshows eignet, es gibt Interviewräume, das Mischpult ist vom Feinsten, die neuesten Computer mit modernen Großflachbildschirmen stehen zur Verfügung. Es liegt auf der Hand, dass das Medienzentrum zu den 76 The Centre for Academic Shi’a Studies (CASS) established in 2009 with the aim of promoting original, contemporary and impartial scholarship on Shi’a Islam and Muslims. The Centre also endeavours to establish itself as a consultative body that offers analytical framework for a number of bodies and organizations, ranging from NGOs, media outlets, academic researchers, journalists, to governmental bodies. The Centre organized its Inaugural Annual Conference for 2010 with a special theme on Contemporary Shi'i Thought. A number of internationally renowned academics, researchers and scholars from a range of intellectual backgrounds contributed in the conference, which was held and hosted by al-Khoei Foundation in London on 2 October 2010. Papers discussed ranges of issues (Shi'i Political Theory, Debates in Shi'a Theology and Philosophy, Advancements in Shi'a Jurisprudence and Legal Methodology, Clerical Authority and the Question of Marja'iyya and Identity and Nationalism(s), etc). The second conference titled "The Shi'a in the 20th & 21st Centuries" will be held on 1 - 2 October 2011. It is being co-organised with the London Middle East Institute (SOAS). Abstract deadline: 31 May 2011. Yousif al-Khoei is the Director of the Centre and Fouad J. Kadhem (DAVO member and currently PhD candidate at University of Exeter) is the Project Manager. For more details and contact, see the Centre website: www.Shiaresearch.com. Fouad J. Kadhem STIPENDIEN, SPRACHKURSE 7 Stipendien, Sprachkurse, Praktika / Scholarships, Language Course, Internships Stipendien der ägyptischen Regierung Die ägyptische Regierung bietet deutschen Studierenden und Graduierten Stipendien für Aufenthalte an staatlichen Universitäten an. Diese so genannten "wafidin"-Stipendien berechtigen zum gebührenfreien Besuch der Universität und beinhalten eine monatliche Stipendienrate von 600 Ägyptischen Pfund (circa 80 EUR). Bewerbungen werden über die Außenstelle des DAAD in Kairo abgewickelt (http://cairo.daad.de), die auch Auskünfte hierüber sowie über die Studienbedingungen in Ägypten allgemein erteilt. Arabisch intensiv in Amman (18.09.-06.10.2011) Das LSI-Arabicum bietet in Kooperation mit der Deutsch-Jordanischen Hochschule Amman einen dreiwöchigen Sprachkurs an. Der Kurs richtet sich an AnfängerInnen ohne Vorkenntnisse bzw. mit geringen unsystematischen Vorkenntnissen in der arabischen Sprache. Die Teilnehmenden erhalten rechtzeitig vor Kursbeginn einen Zugang zu einem Online-Kurs, mit dem sie vor Kursbeginn selbständig die arabische Schrift erlernen. Der Kurs bietet einen fundierten Einstieg in die arabische Sprache. Er behandelt wesentliche Grammatikstrukturen und Alltagsthemen, wie sie einem Ausländer in einem arabischen Land begegnen und schafft die Basis für ein weitergehendes Studium der Sprache. Die didaktische Vorgehensweise orientiert sich an den Vorgaben und dem Vorwissen in der deutschen Sprache; daher ist eine gute Beherrschung des Deutschen eine wichtige Voraussetzung für die Teilnahme. Dieser Kurs wird geleitet von einer aus Bochum entsandten Dozentin des LSI-Arabicum, die über langjährige Erfahrung in der Entwicklung von Intensivkursen und in der Durchführung solcher Kurse in Bochum und in den arabischen Zielländern verfügt. Sie wird unterstützt durch einen Dozenten der DeutschJordanischen Hochschule Amman. In der Nähe der Hochschule gibt es unterschiedliche Unterbringungsmöglichkeiten in diversen Preiskategorien. Kursgebühr 750 Euro (inkl. Lehrmaterial). Der DAAD fördert mit dem Programm PROMOS die Teilnahme an Sprachkursen im Ausland. Anmeldeschluss für diesen Kurs ist der 15.08.2011. Weitere Informationen www.landesspracheninstitutbochum.de/arabisch/arabisch-lernen.html?D=contrast Praktika in den Arbeitsbereichen Bibliothek und Forschung im Orient-Institut Istanbul Das Orient-Institut Istanbul vergibt Praktika in den Arbeitsbereichen Bibliothek und Forschung. Bewerben können sich Studierende aus Fachrichtungen, die der wissenschaftlichen Aufgabenstellung des Instituts entsprechen, soweit das Grundstudium (MAStudiengang) bzw. das dritte Studiensemester (Bache- SCHOLARSHIPS, LANGUAGE COURSES lor-Studiengang) absolviert wurde. Hauptrichtungen sind hierbei: Turkologie, Osmanistik und Islamwissenschaft. Auch andere Studienrichtungen, die in einem regionalen Bezug zur Forschungsregion stehen, können berücksichtigt werden. Die Praktika dauern in der Regel mindestens sechs Wochen. Kenntnisse der Landessprache – bei wissenschaftlichen Praktika des Englischen und je nach Projekt auch weiterer Sprachen – werden vorausgesetzt. Die Praktikantinnen und Praktikanten müssen für die Zeit des Praktikums an einer deutschen Hochschule immatrikuliert sein. Ein Entgelt gewährt das Institut nicht. Es besteht jedoch die Möglichkeit, beim DAAD ein Stipendium für Kurzaufenthalte an den Auslandsinstituten der Stiftung DGIA zu beantragen. Die wöchentliche Ausbildungszeit beträgt 20 Stunden. Bewerbungen sollten ca. 6 Monate vor dem gewünschten Praktikumsbeginn eingereicht werden. Weitere Informationen www.oidmg.org/istanbul/16 .html Praktikum bei der Euro-Mediterranean Association for Cooperation and Development (EMA), Hamburg Die EMA e. V. engagiert sich für die Erweiterung und Vertiefung der Kooperation zwischen Deutschland und den Länder im Raum Nahost/ Nordafrika. Neben der wirtschaftlichen Zusammenarbeit fördert die EMA die Verständigung zwischen Unternehmen und Organisationen der Zivilgesellschaft wie auch den kulturellen Austausch. Wir bieten Menschen unterschiedlicher Kulturkreise das Forum, sich in Offenheit und Toleranz zu begegnen. Wir bieten Ihnen die Möglichkeit, in einem Praktikum Einblick in die Berufspraxis zu bekommen und als Teammitglied selbst Projekterfahrung zu sammeln. Ihre Aufgaben beinhalten die Unterstützung der Geschäftsleitung bei der Durchführung ihrer Aufgaben, Entwicklung und Durchführung von Maßnahmen zur Bindung von Mitgliedern, Korrespondenz mit Kunden sowie die Mitarbeit an der Gestaltung von EMAVeranstaltungen. Ihr Profil: Sie haben Ihr sozial- oder geisteswissenschaftliches Studium erfolgreich abgeschlossen und interessieren sich für Themen der internationalen Beziehungen und insbesondere für die Euro-Mediterrane Kooperation bzw. für deutsch-arabische Zusammenarbeit. Nicht nur Ihr im Studium erworbenes und in Praktika ausgebautes Fachwissen, sondern auch Ihre hohe Einsatz-, Lern- und Leistungsbereitschaft möchten Sie in unserer Institution einsetzen. Wir bieten Ihnen die Möglichkeit ein sechs- bis zwölfmonatiges Praktikum in unserer Hamburger Geschäftsstelle zu absolvieren. Als gemeinnütziger Verein können wir ihren wertvollen Einsatz mit 420 € monatlich vergüten aber Kosten wie Reise- bzw. Fahrtkosten nicht zurückerstatten. Kontakt: Tel.: 040-52014889, E-Mail: n.lantzerath@ema-ger many.org. 77 PERSONALIA 8 Personalia News of DAVO Members NEWS OF SCHOLARS 9 Publikationen Books and Journals 9.1 Publikationen von DAVO-Mitgliedern Publications by DAVO Members Abd-Elsalam, Ahmed: Stammesrecht in traditionellen intratribalen Beziehungs- und Machtverhältnissen am Beispiel arabischer Stämme in Nordkurdufan, Sudan – Beobachtungen aus dem Feld. – In: Josef Estermann (Hrsg.): Interdisziplinäre Rechtsforschung zwischen Rechtswirklichkeit, Rechtsanalyse und Rechtsgestaltung. Beiträge zum Kongress „Wie wirkt Recht?“, 2009, S. 20-34. Prof. Dr. Andreas Kaplony (Orientalischen Institut, Universität Zürich) hat den Ruf auf die W3-Professur für Arabistik und Islamwissenschaft der LudwigMaximilians-Universität München angenommen. Abd-Elsalam, Ahmed: Die Bibel des Ibn Kathir: Textkritik zu Gen 22 als Argument des Verfälschungsvorwurfs. – In: Johannes Thon (Hrsg.): The Claim of Truth in Religious Contexts, 2009, S. 29-36. Akbari, Semiramis: Religiöse Wissensgenerierung und Modernisierung: Wandel religiös-politischer Deutungsmuster im politischen Diskurs der Schia und Verschiebungen der inneren Machtbalance im postrevolutionären Iran. – Baden-Baden: Nomos, 2010, Frankfurt a.M., Univ., Diss., 2009. Akbari, Semiramis: Der Faktor Religion und Irans regionale Ambitionen im Nahen Osten. – In: Sigrid Faath (Hrsg.): Rivalitäten und Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten in Nahost. – Berlin, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V., 2010, S. 51-78. Prof. Dr. Dr. h.c. Gudrun Krämer (FU Berlin) erhielt den mit 100.000 € dotierten Gerda-Henkel-Preis 2010 für ihre Forschungen zur Geschichte, Kultur, Religion und zu den Wertvorstellungen der Muslime. Bälz, Kilian: Sharia Jet Set: Islamic Banking – Aufstieg der neuen Rechtsgelehrten. – inamo Heft 57, 2009, S. 14-17. Bälz, Kilian: Insurance: Islamic Law. – In: Katz, Stanley N. (ed.): The Oxford Encyclopedia of Legal History. – New York: Oxford University Press, 2009, Bd. 3, p. 254-257. Bälz, Kilian: Breaking the Formalist Deadlock: Islamic Investment and Corporate Social Responsibility. – In: Ali, Nazim S. (ed.): Islamic Finance: Innovation and Authenticity. – Cambridge/Mass, 2010, p. 249264. Bälz, Kilian: Länderbericht „Kuwait“. – In: Geimer/Schütze (Hrsg.): Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen. – C. H. Beck, München, EL 38, 2010. Prof. Dr. Shabo Talay (Orientalistik, Universität Erlangen-Nürnberg) leitet seit dem 1. April 2011 den Lehrstuhl für Arabische Sprache und Kultur an der Universität Bergen/Norwegen. 78 Bälz, Kilian, Mahmoud Hamza: Länderbericht „Libyen“. – In: Geimer/Schütze (Hrsg.): Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen. – C. H. Beck, München, EL 38, 2010 PUBLIKATIONEN VON DAVO-MITGLIEDERN Bälz, Kilian, Sven Klaiber: Länderbericht „Jemen“. – In: Geimer/Schütze (Hrsg.): Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen. – C. H. Beck, München, EL 39, 2010. Bälz, Kilian: Länderbericht „Irak“. – In: Geimer/Schütze (Hrsg.): Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen. – C. H. Beck, München, EL 39, 2010. PUBLICATIONS BY DAVO MEMBERS Finance, Vol. 5, No. 3, 2009, Article 1. Auch www.bepress.com/rmeef/vol5/iss3/art1 Brach, Juliane, Robert Kappel: Handel, Hierarchien und Kooperation in der Globalisierung: Transnationale Netzwerke im Wirtschaftswissenschaftlichen Diskurs. – In: Ouaissa, R., H. Zinecker (Hrsg.): Globalisierung – entgrenzte Welten versus begrenzte Identitäten? – Leipziger Universitätsverlag, 2009, S. 97-163. Bälz, Kilian: Islamisches Kreditwesen – Religion, Wirtschaft und Recht im Islam. – Zeitschrift für Vergleichende Rechtswissenschaften (ZvglRwiss) Bd. 109, 2010, S. 272-292. Bälz, Kilian: Islamic Finance Litigation. – QFinance: Islamic Finance – Instruments and Markets. – London: Bloomsbury, 2010, p. 49-53. Bälz, Kilian: Grünen Strom rentabel machen. – Zenith Branchenreport Nordafrika und Naher Osten – Wasserwirtschaft und Umwelttechnik, 2010, S. 98102. Bälz, Kilian: Sanktionen gegen den Iran. Die Auswirkungen auf bestehende Verträge. – Majlis Spezial 2010, S. 47-48. Bälz, Kilian: Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von ausländischen Schiedssprüchen im Irak. – Zeitschrift für Schiedsverfahren (SchiedsVZ) 2011, S. 28-31. Bank, André, Morten Valbjorn: Examining the 'Post' in Post-Democratization: The Future of Middle Eastern Political Rule through Lenses of the Past. – Middle East Critique, 19, 3, 2010, S. 183-200. Bank, André: Bringing the Arab Regional Level Back in ... – Jordan in the New Arab Cold War. – Middle East Critique, 19, 3, 2010, S. 303-319. Morten Valbjørn, André Bank (eds.): The Future of Middle Eastern Political Rule through Lenses of the Past: Revisting the (first) Era of Post-Democratization. – Middle East Critique, vol. 19/3, 2010. Morten Valbjørn, André Bank: Examining the ‘Post’ in Post-Democratization: The Future of Middle Eastern Political Rule through Lenses of the Past. – Middle East Critique, vol. 19/3, 2010, p. 183-200. Morten Valbjørn, André Bank: Bringing the Arab Regional Level Back in … — Jordan in the New Arab Cold War. – Middle East Critique, vol. 19/3, 2010, p. 303-319. Brach, Juliane: Technology, Political Economy, and Economic Development in the Middle East and North Africa. – Review of Middle East Economics and Brauch, Hans Günter, Úrsula Oswald Spring, Czeslaw Mesjasz, John GrinPatricia Kameri-Mbote, Béchir Chourou, Pal Dunay, Jörn Birkmann (eds.): Coping with Global Environmental Change, Disasters and Security – Threats, Challenges, Vulnerabilities and Risks. – Hexagon Series on Human and Environmental Security and Peace, vol. 5, Berlin – Heidelberg – New York: Springer-Verlag, 2011. Bruckmayr, Philipp: Phnom Penh's 'Fethullah Gülen School' as an Alternative to Prevalent Forms of Education for Cambodia's Muslim Minority. – In: Esposito, John L, Ihsan Yilmaz (eds..): Islam and Peacebuilding. Gülen Movement Initiatives. – New York: Blue Dome Press, 2010, S. 225-248. Czerwonnaja, Swetlana M.: Das Dorf Kangly als Lebensmodell der Existenz des Nogaj Volkes in Russland. – In: Die gegenwärtige Lage und Entwicklungsperspektiven des Nogaj Volkes im 21. 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Kritiknetz.de/. REZENSIONEN 9.2 Rezensionen / Book Review Koordination durch Silvana Becher und Dr. Hermann Kandler, Zentrum für Forschung zur Arabischen Welt (ZEFAW), Universität Mainz. Brünnow, Ernst Rudolf, August Fischer, Lutz Edzard, Amund Bjørsnøs (2008): Klassisch-arabische Chrestomathie aus Prosaschriftstellern. – Harrassowitz, Wiesbaden, 121, 200 S., Edzard und Bjørsnøs haben die verdienstvolle Aufgabe übernommen, die bekannte Chrestomathie von Brünnow und Fischer neu auflegen zu lassen. Die Zeit dafür war reif. Die letzte Ausgabe der Chrestomathie stammte aus dem Jahre 1988, sie war als damalige siebente Auflage ebenfalls bei Harrassowitz erschienen. Gleichwohl beruht auch die Neuauflage im Grundsatz auf der seinerzeit von Fischer endgültig so getroffenen Auswahl der Lesestücke. Sie gibt in der Tat einen nach wie vor guten Überblick über die klassische Literatur, umfasst sie doch die wesentlichen Textgattungen. Neben der „schönen“ Literatur zählen dazu insbesondere das für Religion und Kultur des Islam bedeutsame Schrifttum (Prophetenbiographie, Koran und HadAt). Neu aufgenommen haben Edzard und Bjørsnøs lexiko- und geographische Specimina, etwa einen Auszug aus Ibn ManDErs Lis(n al-*arab und aus al-MasFEdAs MurEG ad-dahab. Der Umfang der Chrestomathie ist damit von 183 auf 200 Seiten angewachsen. Adressat ist laut Vorwort der motivierte Studierende ab dem dritten Semester. Der Chrestomathie neu vorangestellt haben Edzard und Bjørsnøs eine kurze, aber gehaltvolle Einleitung. Ganz am Anfang haben sie die Quellen ihrer Textauszüge angegeben, sowohl in der arabischen Originalfassung als auch gegebenenfalls in einer Übersetzung. Das hat zwei Vorteile. Zum einen macht es den Anfänger mit dem Original vertraut, er kann so langsam die Sphäre des Lehrbuchs verlassen. Damit verbunden ist ein angenehmer Nebeneffekt. Die Chrestomathie ist selbstverständlich mit Ausnahme der koranischen Lesestücke kaum vokalisiert, in jedem Falle spärlicher als das angegebene Originalschrifttum. Ein Blick in dieses kann also die Lektüre erleichtern. Zum anderen wird der Weg zu den Übersetzungen gebahnt, die sich ja erheblich unterscheiden können (man vergleiche die Weil’sche Übersetzung der SAra mit jener von Guillaume). Der Beginner kann auf diese Weise für die Schwierigkeiten und Risiken der Übersetzungsarbeit sensibilisiert werden. Zugleich hat er im Eigenstudium eine wichtige Lernkontrolle. An die Quellenangaben schließen sich Hinweise zur Onomastik (Namenkunde) und vergleichenden Etymologie an. Hier sind vor allem die Hinweise auf koranische Termini nichtarabischen Ursprungs hilfreich. Demgegenüber fallen die Handreichungen zur arabischen Metrik etwas ab, sie dürften den in lyrischen Dingen regelmäßig nicht sehr geübten Anfänger überfordern, vielleicht wäre hier mehr als ein Beispiel BOOK REVIEW nützlich. Gut und ausführlich sind wiederum die Literaturhinweise, die neben unverzichtbaren Werken (etwa Brockelmanns Grundriß der vergleichenden Grammatik) auch Bücher enthalten, die im akademischen Unterricht erfahrungsgemäß kaum Beachtung finden (z. B. Reckendorfs Paronomasie in den semitischen Sprachen), von denen man als (angehender) Arabist/Semitist bzw. Islamwissenschaftler zumindest aber einmal gehört haben sollte. Der Einführung schließt sich das bekannte Glossar an, dessen bisherige Form Edzard und Bjørsnøs zu Recht als „kleines Kunstwerk“ rühmen. Leider haben sich in die Neubearbeitung einige Fehler eingeschlichen, bisweilen fehlen ganze Einträge, die die Vorauflagen enthalten (etwa Seite 68 danna; Seite 79 aFwaza; Seite 95 kallafa; Seite 111 hada’a). Noch ärger ist, dass für die neu aufgenommenen Stücke am Ende des Werkes das Glossar nicht weitergeführt wurde. Beispielsweise enthält Seite 198, Zeile 6 der Chrestomathie den Begriff ištiqTq, das Glossar führt auf Seite 63 neben dem Grundstamm aber nur den VII. Stamm an. Das nimmt der Chrestomathie insoweit einen wesentlichen Wert, nämlich aus sich heraus hinreichend zu sein. Es ist sehr zu wünschen, dass Edzard und Bjørsnøs in Zukunft die Zeit finden, das Glossar zu vervollständigen. Das erscheint vordringlicher als eine Ausgabe in englischer Fassung, die beabsichtigt ist. Die eigentliche Chrestomathie behält die Seitenund Zeilenstruktur der 7. Auflage bei, Vergleiche sind so ohne weiteres möglich. Hilfreich sind die zahlreichen Anmerkungen, die den ambitionierten Studenten zu den Standardwerken greifen lassen sollen. Die Kommentare beschränken sich nicht nur auf Werke der Grammatik (Brockelmann, Reckendorf, Wright, Wolfdietrich Fischer, daneben auch die arabische Nationalgrammatik), sondern umfassen auch solche, die vorrangig für Islamwissenschaftler Relevanz haben. Das gilt etwa für Goldzihers Richtungen der islamischen Koranauslegung bei Sure 113 oder den Einführungsaufsatz zum HadAt von Hallaq. Bei koranischen Lesestücken wird häufig auf Bell und Paret verwiesen. Die Hinweise könnten an manchen Stellen noch ausführlicher sein (so mag beim Vergleich einer Sache oder Person mit ihrer selbst ein Hinweis auf Reckendorfs Arabische Syntax, § 123, 3 nicht schaden). Das ist freilich eine Kleinigkeit. Hilfreicher erscheint, noch öfter wörtliche Übersetzungen und vor allem Hinweise zur Syntax zu geben. So könnte bei Sure 66:6 ein Verweis auf Wolfdietrich Fischers Grammatik des klassischen Arabisch, § 374 zur Verdeutlichung des doppelten Objekts angebracht sein. In diesem Zusammenhang kann auch Brockelmanns Arabische Grammatik, auf die kaum Bezug genommen wird, durchaus noch mit Gewinn zu Rate gezogen werden. Überlegenswert wäre zudem, die Chrestomathie mit dem grammatischen Text des Ibn XGurrEm beginnen zu lassen, das könnte den Übergang vom einheimischen Lehrbuch zur nativen arabischen Grammatik erleichtern. 87 REZENSIONEN Der Adressatenkreis der klassisch-arabischen Chrestomathie ist mit dem motivierten Studenten ab dem dritten Semester gewiss anspruchsvoll formuliert, Pflicht sollte das Werk spätestens für den Absolventen des Masterstudienganges sein. Auch der bereits mit Ausbildung und Lehre befasste Arabist wird das Buch zur Vorbereitung heranziehen können. Insgesamt handelt es sich um eine sehr gelungene Neuauflage, der aller Erfolg zu wünschen ist. Martin Heckel, Leipzig Ebert, Hans-Georg, Assem Hefny (2010): Der Islam und die Grundlagen der Herrschaft, Übersetzung und Kommentar des Werkes von Alî Abd arRâziq. – Frankfurt a. M.: Peter Lang, 115 S. Den ägyptischen Scharia-Richter Ali Abd ar-Raziq (auch: Abdarraziq) [1888-1966] kann man als einen der großen islamischen Aufklärer des 20. Jahrhunderts bezeichnen. Im April 1925 veröffentlichte er, ein gutes Jahr nach der Abschaffung des Kalifats durch die Türkische Republik (März 1924), sein Büchlein mit dem arabischen Titel al-islam wa usul al-hukm – bahth fi al-khilafa wa al-hukuma fi al-islam (Der Islam und die Grundlagen der Herrschaft – Eine Studie über das Kalifat und die Regierung im Islam). Übersetzungen dieses Buches wurden bis dato (Oktober 2010) u.a. auf Französisch, Spanisch und Italienisch veröffentlicht, aber erstaunlicherweise immer noch nicht auf Englisch (!), und nun haben Professor HansGeorg Ebert und Assem Hefny den deutschsprachigen LeserInnen, die am islamischen Laizismus (oder Säkularismus) interessiert sind, einen großen Gefallen getan. Koranvers (6:38) sagt: „Nichts haben wir in dem Buch übergangen“ (S. 44); wenn eine bestimmte Staatsform „islamisch“ wäre, hätte der Koran sie demnach ausdrücklich angesprochen. Stattdessen spricht das heilige Buch lediglich von den ulu al-amr, also „jenen, die Befehlsgewalt besitzen“, dies könne man jedoch nicht als Beleg für das Kalifat verwenden (S. 43). Ali Abdarraziq betont, dass sogar die Erwähnung von etwas im Koran nicht zwangsläufig ein islamisches Gebot bedeutet: Auch Jesus „befahl, dem 88 BOOK REVIEW Kaiser zu geben, was des Kaisers ist“, was keineswegs die christliche Anerkennung des Kaisers bedeutet (S. 46-7). Die Verträge mit den Götzendienern einzuhalten – wie im Koran gefordert – heißt demnach auch nicht, dass der Islam den Götzendienst gutheißt. Muslime sollen ja auch lieber einem Tyrannen gehorchen, wenn die einzige Alternative ein blutiger Bürgerkrieg ist; aber daraus leitet man nicht ab, dass Tyrannei erlaubt ist. Muslime müssen barmherzig sein zu den Bedürftigen und die Sklaven gut behandeln, aber welcher vernünftige Gläubige würde behaupten, die Muslime müssten dafür sorgen, dass es Bedürftige und Sklaven gibt?! Die bloße koranische Erwähnung von Scheidung, Verschuldung, Verkauf und Verpfändung macht aus ihnen noch lange keine islamische Vorschrift (S. 47). Fazit: Es gibt keinen Koranvers, der das Kalifat fordert (Seite 42). Die zweite islamische Wissensquelle, die sunna (Tradition von Muhammad), enthält ebenfalls kein Kalifats-Gebot (S. 44). „Wer stirbt, ohne gehuldigt zu haben, stirbt wie in vorislamischer Zeit“ ist ein hadith (Muhammad-Aussage), dessen Authentizität von vielen Muslimen bestritten wird, denn warum soll Muhammad das gesagt haben, ohne jemals über „islamisches Regieren“ gesprochen zu haben? Angenommen der hadith ist echt: selbst dann wäre er immer noch kein Beweis für eine islamische Pflicht, das Kalifat (oder Imamat) einzuführen (S. 45-6). Wir wissen zudem nicht genug über das Gerichtsbarkeitssystem von Muhammad, falls es ein System gab (S. 63). Es spricht auch vieles dafür, dass der Prophet keine Statthalter dauerhaft ernannte. Wenn man dann noch andere essenzielle Regierungstätigkeiten analysiert, etwa die Finanzen und die Polizei usw., „wird man mit Sicherheit davon in der Zeit der religiösen Botschaft nichts Deutliches finden, das man überzeugt und beruhigt als System der Prophetenregierung benennen kann“ (S. 67-8). „Wenn der Gesandte Gottes (Gott segne ihn und schenke ihm Heil) einen politischen Staat gegründet oder mit seiner Gründung begonnen hat, warum existierten dann in seinem Staat viele Pfeiler des Staates und Stützen der Herrschaft nicht? Warum kannte sein System nicht die Ernennung von Richtern und Statthaltern? Warum hat er seine Gemeinde nicht über das System des Königtums und die Regeln der Beratung informiert? Warum ließ er die Gelehrten in der Frage des Regierungssystems seiner Zeit ratlos und verstört zurück?“ (S. 77). Muhammad „ist gestorben, ohne jemanden als seinen Nachfolger zu ernennen […und] hat darüber hinaus zeit seines Lebens nicht auf einen so bezeichneten islamischen oder arabischen Staat hingewiesen“ (S. 101). Logischerweise musste es nach der religiösen Führerschaft des letzten Gottesgesandten „eine neue Art der Führerschaft“ geben, und diese nichtreligiöse Führerschaft ist letztlich nichts anderes „als eine zivile oder politische Führerschaft, nämlich die der Regierung und des Herrschers, nicht jedoch die der Religion“ (S. 104). Nach einem Machtstreit erfolgte die Huldigung Abu-Bakrs, somit „war er der erste König im Islam“ (S. 105). Seitdem rebellierten Muslime gegen das Kalifat. „Die islamische Geschichte kennt REZENSIONEN kaum einen Kalifen, gegen den nicht rebelliert worden ist, und kaum eine vergangene Generation, die keinen Mord an einem Kalifen erlebt hat. […] der Widerstand der Muslime gegen das Kalifat ist gleichzeitig mit der Entstehung des Kalifats selbst entstanden und begleitete es ununterbrochen“ (S. 49-50). Das real existierende Kalifat basierte auf einer „Angst einflößenden Macht“, zumeist auf einer „materielle[n] bewaffnete[n] Macht“. Zweifellos war „Unterdrückung die Grundlage des Kalifats“ (S. 51). Die Aussage „das Kalifat war und ist ein Unglück für die Muslime und für den Islam und eine Quelle des Bösen und der Verdorbenheit“ (S. 59) würde Ali Abdarraziq heute sicherlich auch auf den so genannten „islamischen Staat“ beziehen. Luay Radhan, Heidelberg Freitag, Ulrike (Hrsg., 2010): Saudi-Arabien, Ein Königreich im Wandel? – Paderborn: Ferdinand Schöningh, 322 S. Insbesondere seit dem 11. September 2001 ist viel über die islamische Welt und Muslime berichtet worden, wobei Saudi-Arabien als Beispiel für ein rückständiges, mittelalterliches Land dienen musste.1 Die Wahrnehmung Saudi-Arabiens in der Öffentlichkeit ist geprägt von Nachrichten über Ölreichtum und Terrorismus, Rüstungsdeals und Frauenunterdrückung. Die deutschsprachige Literatur zu Saudi-Arabien ist hingegen vergleichsweise rar gesät. Bislang machte sich in erster Linie Guido Steinberg um die Darstellung des Königreichs verdient, u.a. mit der 2004 erschienenen Monographie »Saudi-Arabien. Politik – Geschichte – Religion«. Ein Wandel im Königreich scheint jedoch erst seit August 2005 spürbar zu sein, als der damalige König Fahd verstarb und sein Halbbruder Abdullah den Thron bestieg. Es ist dieser Wandel, den die Autorinnen und Autoren – ausnahmslos Studierende von Ulrike Freitag, Direktorin des Zentrums Moderner Orient (ZMO) in BOOK REVIEW Berlin und Professorin für Islamwissenschaft – in diesem Sammelband erörtern. Dabei analysieren und beschreiben sie politische Reformen ebenso wie gesellschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Wandel. Vor diesem Hintergrund skizzieren sie ein zutiefst widersprüchliches und facettenreiches Land, dessen interne Veränderungen zuallererst neue saudiarabische Öffentlichkeiten schaffen und die Rolle des Islams – etwa der Religionspolizei und möglicher Kritik an ihr – neu definieren, wie Freitag in ihrer Einleitung schreibt. Es ist kaum hoch genug einzuschätzen, saudiarabische Texte einem breiteren Publikum zugänglich zu machen, wie dies insbesondere Stefan Maneval mit seiner Analyse und Übersetzung der Reformpetition vom 2. Februar 2007 gelungen ist. Aber auch eigene Erfahrungen mit der Nutzung des Internets vor Ort, wie sie Jannis Hagmann in seinem Beitrag über die saudi-arabische Medienlandschaft und das Walten der Zensur schildert, oder Begegnungen auf der Riader Buchmesse in Julia Clauß’ Aufsatz über das »saudische Fräuleinwunder« (226) sowie persönliche Gespräche mit Betroffenen in Philipp Dehnes Darstellung der Situation von asiatischen Arbeitsmigranten runden das Gesamtbild empirisch ab. Weitere Beiträge befassen sich mit dem Nationalen Dialogforum (Drewes), Geschlechterpolitik (Schmid), dem Gelehrten und loyalen Oppositionellen Salman al-Awda (Atmaca), den saudi-arabischen Schiiten (Dinkelaker), der Organisation der Pilgerfahrt (Haakh), deutschen Unternehmen in Saudi-Arabien (Behr) und der Rolle der Bourgeoisie (Scharaf). Allen ist die Frage nach der Existenz und ggf. nach dem Ausmaß des Wandels gemein. Wenn hier von Wandel und Reform die Rede ist, dann sind diese Ausdrücke positiv konnotiert als Fortschritt im westlichen Sinn. Tatsächlich lassen sich kleine Anzeichen dafür erkennen. Dies betrifft zuerst und immer das Verhältnis zwischen Religion und Teilöffentlichkeiten. Die wahhabitische Interpretation des Islams ist ein Einflussfaktor in allen Belangen, gleich ob Politik, Kultur, Gesellschaft und Wirtschaft. Sie ist neben Sexualität und Politik eine der roten Linien im medialen Diskurs. Und dennoch: Im Gegensatz etwa zu Kritik am Königshaus ist Kritik am wahhabitischen Establishment möglich, wie Hagmann nachweist. Auch Christoph Dinkelaker greift diese Beobachtung auf, wenn er Stimmen zitiert, wonach die Ausgrenzung der Schiiten im Königreich auf wahhabitische Gelehrte zurückgeht und nicht auf die Familie Saud. Eine Überarbeitung der saudischen Schulbücher weg von einer kompromisslosen Ausgrenzung nichtwahhabitischer islamischer Strömungen zeigt zumindest, dass die Religionsgelehrten auf die Regierung zugehen.2 Eine »Stagnation des Emanzipationsprozesses« (220) ist gleichwohl nicht auszuschließen. Clauß 2 1 Vgl. z. B. Koch, Christian: König sucht Partner. SaudiArabien ist ein autoritäres, rückständiges Land – mit dem Deutschland auf jeden Fall zusammenarbeiten sollte. – Süddeutsche Zeitung (8. November 2007), S. 2. Vgl. dazu auch Abdella Doumato, Eleanor: Saudi Arabia: From ›Wahhabi‹ Roots to Contemporary Revisionism. – In: Abdella Doumato, Eleanor, Gregory Starrett (eds.): Islam and Textbooks in the Middle East. Comparing Curricula. – Kairo: AUC Press 2008, S. 153-176. 89 REZENSIONEN legt ferner nahe, dass es gerade ein Roman war, der die saudischen Schiiten einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt hat, und dass damit vormals strengere Regeln der Zensur gelockert wurden. Dabei ist Zensur nach wie vor ein Mittel zur Unterscheidung von Erlaubtem und Verbotenem: »Verhandelt wird nicht, wie etwas gesagt werden soll, sondern vielmehr was überhaupt gesagt werden darf.« (221) Schließlich thematisierte das Nationale Dialogforum 2003 ebenfalls den Umgang mit der schiitischen Minderheit im Land. So unterschiedlich denn auch die einzelnen Beiträge im Vergleich sind, so sehr verknüpft sie doch das übergeordnete Thema »Wandel«, ein im weitesten Sinne kultureller Wandel, den die Autorinnen und Autoren mal mehr, mal weniger nachhaltig einschätzen. Einige Ungereimtheiten stören dennoch. Zum einen heißt es im Beitrag von Frauke Drewes zum Beispiel, dass der Madschlis al-Schura (Konsultativ-Rat) zur Hälfte von der männlichen Bevölkerung über 21 Jahre gewählt würde, (31) wohingegen Said Khalid Scharaf richtig anmerkt, dass seine Mitglieder ausschließlich vom König ernannt werden. (285) Gewählt wurde in Saudi-Arabien zuletzt im Jahr 2005 die Hälfte der Mitglieder der Kommunalräte; die für das Jahr 2009 angesetzten Wahlen sind bis auf weiteres verschoben worden. Zum anderen handelte es sich bei Fuad alFarhan im Dezember 2007 wohl nicht um den ersten saudi-arabischen Blogger, der für seine OnlineAktivitäten inhaftiert wurde. Gary Bunt weist bereits für 2003 den Fall dreier verhafteter Blogger nach.3 Trotzdem ist Ulrike Freitag und den Autorinnen und Autoren mit dem Sammelband ein wichtiger und willkommener Beitrag zur deutschsprachigen SaudiArabien-Forschung gelungen. Die Lektüre kann jedem an der Region Interessierten nur empfohlen werden. Jens Kutscher, Erlangen Hopkins, Peter, Richard Gale (eds., 2009): Muslims in Britain. Race, Place and Identities. – Edinburgh University Press: Edinburgh, 236 S. Der Begriff des ‚Räumlichen’ ist der gemeinsame Nenner, den Peter Hopkins und Richard Gale für ihren Sammelband über „Muslims in Britain“ gewählt haben. Ziel der Herausgeber ist es, durch die Bündelung interdisziplinärer Forschungsergebnisse über Muslime in Großbritannien Stereotype in politischen und medialen Debatten aufzulösen, in denen Muslime als monolithische Einheit dargestellt werden. Damit begründen sie die Wichtigkeit des Buches als Grundlage für den öffentlichen Diskurs über eine reine Rezeption in Wissenschaftskreisen hinaus. Die beiden Herausgeber leiten auf die nachfolgenden Beiträge hin, indem sie dem Leser Strukturdaten aus dem britischen Zensus 2001 und dem Home Office Citizenship Survey 2005 (HOCS) zu Muslimen in Großbritannien 3 Bunt, Gary R.: iMuslims. Rewiring the House of Islam. – London: Hurst 2009, S. 140. 90 BOOK REVIEW darlegen und liefern damit implizit eine forschungspragmatische Erklärung für die Auswahl der Untersuchungsgruppen der meisten Beiträge, die sich auf Personen südasiatischer Herkunft, wie z.B. aus Pakistan, Bangladesh oder Indien konzentrieren, die mehr als zwei Drittel der Muslime in Großbritannien stellen. Die Mehrheit der empirischen Analysen ist in ihrem Forschungsdesign durchweg qualitativ angelegt. Die Studienteilnehmenden wurden zumeist in einzelnen Städten mittlerer Größe im Norden Englands rekrutiert. Das Buch setzt drei inhaltliche Schwerpunkte. Der erste Teil des Buches ist „Gender, place and culture“ gewidmet. Drei der vier Beiträge fokussieren auf muslimische Frauen, der vierte beschäftigt sich mit männlichen muslimischen Jugendlichen. Thematisch untersuchen sie berufliche Perspektiven (Bowlby/ Lloyd-Evans, Kap. 3) und bildungsrelevante Einstellungen von Frauen (Dwyer/Shah, Kap. 4) sowie die Entwicklung von Identität sowohl von jungen muslimischen Frauen (Phillips Kap. 2) als auch von muslimischen männlichen Jugendlichen (Archer, Kap. 5). Der zweite Teil fasst die Beiträge unter den Stichworten „Landscapes, communities and networks“ zusammen. Hier steht die Bedeutung von Gemeinschaft und Staatsbürgerschaft (Nagel/Staeheli, Kap. 6) im Mittelpunkt. Weiterhin werden religiöse Identität (McLoughlin, Kap. 8) und kulturelle Anpassung (Mukadam, Mawani, Kap. 9) im Kontext von Wanderungsprozessen diskutiert sowie stadtplanerische Prozesse und die Sichtbarkeit muslimischer Symbolik in englischen Städten aufgegriffen (Gale, Kap. 7). Der dritte Teil trägt die Überschrift „Religion, race and difference“. In diesem Abschnitt stehen nicht mehr empirische Analysen im Vordergrund, sondern normative Forderungen, wie Forschung, Politik und Gesellschaft Muslime integrieren sollen, wobei unter anderem ein „Muslim mainstreaming“ äquivalent zu einem „Gender“ oder „Ethnic mainstreaming“ gefordert wird (Modood, S. 193). Obgleich auf räumliche Aspekte sowohl in dem Untertitel des Buches als auch in den einzelnen Sektionstiteln rekurriert wird, spielt der ‚Raum’ in den wenigs- REZENSIONEN ten Beiträgen eine analytische Rolle. Dies enttäuscht Erwartungen auf entsprechende Untersuchungen, die durch die einleitende Ankündigung der Herausgeber genährt werden, dass ‚Raum’ ein „exploratory and explanatory research construct“ (S. 3) mit Potenzial sei. Vielmehr verwenden Hopkins und Gale den Begriff ‚Raum’ synonym zu ‚Kontext’ (S. 3). Setzt man diese beiden Begriffe gleich, kann in einem positiven Sinne festgestellt werden, dass die Mehrzahl der empirischen Beiträge dem Grundmodell soziologischer Erklärungen entsprechend – bewusst oder unbewusst – kollektive Phänomene wie beispielsweise Einbindung in den Raum bzw. Kontext „Arbeitsmarkt“ auf individuelle Einstellungen und Handlungen zurückführt. Besonders gut ist dies im Beitrag von Sarah Bowlby und Sally Lloyd-Evans (S. 37-54) nachzuvollziehen, denen es darüber hinaus gelingt, Lücken quantitativer Forschung durch qualitative Methoden plausibel zu füllen. Zu beachten ist weiterhin, dass es in dem Buch nicht um Muslime in Großbritannien, sondern streng genommen um Muslime in England geht, da sich die empirischen Analysen der Beiträge auf muslimische Personen in nordenglischen Städten beziehen. Schließlich muss kritisch bemerkt werden, dass das Buch ein aktuelles Thema aufgreift, aktuell ist zumindest das Datenmaterial, auf das sich die Analysen in den Beiträgen stützen, jedoch nicht. Die Daten stammen aus Forschungsprojekten, die älter als vier Jahre sind und bisweilen zu den Anfängen der 1990er Jahre zurückreichen und deren Ergebnisse zumindest ähnlich oder in Teilen bereits anderweitig veröffentlicht wurden. Ignoriert der Lesende diese Kritikpunkte, wird er entdecken, dass er ein Buch in den Händen hält, das einen grundlegenden Einblick in Einstellungen, Handlungen und Identitäten britischer Muslime gibt. Die Sammlung der empirisch angelegten Beiträge in einem Band ist ob der lückenhaften Datenlage zu muslimischen Bevölkerungsgruppen in Europa umso wertvoller und begrüßenswert. In dieser Hinsicht setzt „Muslims in Britain“ einen Standard, an den zukünftige Forschung über Muslime in ganz Europa anknüpfen kann. Stephanie Müssig, Nürnberg/Mainz Kaddor, Lamya (2010): Muslimisch – weiblich – Deutsch. Mein Weg zu einem zeitgemäßen Islam. – Verlag C. H. Beck: München, 206 S. Lamya Kaddor hat ein sehr persönliches Buch verfasst. Sie ist als Pionierin der islamischen Religionspädagogik und als Herausgeberin des ersten „Koran für Kinder und Erwachsene“ (mit Rabeya Müller, 2008) bekannt. Als Islamwissenschaftlerin berät sie die Politik und spricht regelmäßig im „Forum am Freitag“ des ZDF. In ihrem vorliegenden Buch schreibt sie überwiegend über ihre Erfahrungen als Lehrerin für den Islamunterricht an einer Hauptschule. Diese beschrei BOOK REVIEW ben u.a. die „Gründe und Abgründe der Migration“, „Sexualität und Geschlecht“, „Integration als moderner Dschihad“, „der Koran in der Schule“ sowie „die islamische Depression“. Sie ist der Auffassung, dass ein liberaler, zeitgemäßer Islam notwendig sei, um im 21. Jahrhundert anzukommen (S. 84). Sie ist ebenso der Ansicht, dass „die größte Herausforderung bei dieser Aufgabe“ darin bestehen wird, „denjenigen, die heute die Deutungshoheit über den Islam für sich reklamieren, ein Stück von ihrer Macht zu nehmen und auf andere zu verteilen.“ Dazu gehören aus ihrer Sicht „viele immer noch einflussreiche Scheichs und Islamgelehrte, viele Verbandsvertreter und Gremienfunktionäre, viele Familienoberhäupter.“ Sie erwartet, dass sich viele „mit Händen und Füßen dagegen wehren“ werden und hat die Hoffnung, dass „die liberalen Muslime“ als die schweigende Mehrheit für mehr Machtverteilung und mehr Ausgleich eintreten werden/müssen, denn dies würde „am Ende allen gut tun“ (S. 85). Damit zweifelt sie auch die Bedeutung der vom ehemaligen Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble im Jahre 2006 initiierten Deutschen Islam Konferenz (DIK) an. Die DIK würde solche Vertreter der Muslime einbinden, die nicht alle Muslime repräsentieren würden. Ihre Kritik richtet sich daran, dass die Islamkonferenz zu stark auf den „türkischen Islam“ orientiert sei und dass keine theologisch versierten Gläubigen daran beteiligt seien. „Der Islam“ sei zu keiner Zeit seiner Geschichte „so stark nationalisiert und ethnisiert“ wie im Europa des 20. und 21. Jahrhunderts! Dafür stehe die Deutsche Islamkonferenz, so Kaddor (S. 194-197). Kaddor bezeichnet sich als eine muslimische Deutsche mit syrischem Migrationshintergrund und während sie abschließend „die Mehrheit der Deutschen als offen, tolerant und entgegenkommend“ bezeichnet, legt sie „den eingewanderten Muslimen“ nahe, dass, wer die Kultur der neuen Umgebung nicht akzeptieren könne, den Schritt zurück in die ursprüngliche Heimat gehen müsse (S. 200-201) Lamya Kaddor hat eine sehr persönliche Ansicht hinsichtlich dessen, wie die Integration am besten erfolgen könne. Sie kann aufgrund ihrer eigenen integrativen wie desintegrativen Erfahrungen viele Vorur- 91 REZENSIONEN teile aufdecken, welchen sie – zugegebenermaßen – auch selbst zu erliegen scheint. Askim Müller-Bozkurt, Kerpen Karagiannis, Emmanuel (2010): Political Islam in Central Asia. The Challenge of Hizb ut-Tahrir. – Routledge: London & New York, 172 S. Die in der Mitte des 20. Jahrhunderts in Jordanien gegründete Hizb ut-Tahrir, ist eine der bemerkenswertesten transnationalen islamischen Bewegungen unserer Zeit. Durch ihr Verbot in Deutschland 2003 und ihre angebliche Rolle im blutig niedergeschlagenen Aufstand von Andizhan (Usbekistan) 2005, stand sie immerhin auch kurz im Zentrum medialen Interesses in Mitteleuropa. In der Tat stellen die zentralasiatischen ehemaligen Sowjetrepubliken, wo sie eindeutig als führende derartige Organisation fungiert, das bei weitem erfolgreichste Betätigungsfeld der Gruppe dar, wenngleich auch eine rasante rezente Ausbreitung in Südostasien zu beobachten ist. Daher war ein Werk, wie die vorliegende Studie bereits überfällig. Als Quellen dienten dem Autor hierzu zahlreiche Interviews, vor allem in Tadschikistan, Usbekistan, Kirgisien, Kasachstan, aber auch in Großbritannien, den USA, dem Libanon und Palästina, sowie Hizb utTahrir Publikationen aller Art, von Büchern bis hin zu Flugblättern. Unterteilt in fünf Kapitel wird zunächst, Staat für Staat, die Genese des politischen Islams im postsowjetischen Zentralasien nachgezeichnet und danach Ursprung, Ideologie und Struktur der Hizb ut-Tahrir erklärt, bevor sich der Autor speziell ihrer Rolle in der Region widmet. Die letzten beiden Abschnitte stehen im Zeichen der Betrachtung der Gruppe als Social Movement Organization (SMO) und ihrem, auch in unseren Breiten eben schon angeregt diskutierten Verhältnis zu politischer Gewalt. Besonders die Zentralasien-spezifischen Kapitel bieten jeweils einen sehr guten, konzisen Überblick, und die Behandlung der Gewaltfrage führt klar vor Augen, dass Hizb ut-Tahrir zumindest derzeit in keiner Weise als gewalttätige Organisation eingestuft werden kann. 92 BOOK REVIEW Wie durch die Zielsetzung des vierten Kapitels ersichtlich, hat der Autor die im Bezug auf islamische Organisationen bisher noch weitgehend vernachlässigte Social Movement Theory (SMT) als methodologische Grundlage seiner Betrachtung der Hizb utTahrir im Allgemeinen und speziell auch ihres Standpunktes bezüglich politischer Gewalt gewählt. Dieser überfällige Rekurs auf rezente theoretische und methodologische Fortschritte in den Sozialwissenschaften erweist sich durchaus als einer differenzierteren Beobachtung und Analyse der Mechanismen hinter der zentralasiatischen Erfolgsgeschichte der Hizb utTahrir dienlich. Es offenbaren sich jedoch im Zuge der Lektüre auch einige Schwächen dieses Ansatzes und seiner spezifischen Ausführung. So werden die gängigsten Ansätze innerhalb der SMT mit Hinblick auf die Entwicklung der Partei in der Region sowohl in Kapitel vier als auch fünf jeweils einer nach dem anderen behandelt (bzw. abgehakt), um jeweils in die sich stetig wiederholende Feststellung zu münden, dass sich keiner hiervon zu einer eindeutigen Erklärung des Phänomens eigne. Hierbei halten sich Lesespaß und Innovativität naturgemäß in Grenzen. Wie bereits Wiktorowitz in seinem theoretischen Pionierwerk zum Thema4, sieht auch Karagiannis eine deutliche Annäherung an eine Lösung des genannten Dilemmas in einem größeren Augenmerk auf die Rolle von Ideologie im Konstitutions- und Ausbreitungsprozess derartiger Bewegungen. Eine von ersterem als viel versprechend angesehene Analyse der Interaktion vom framing Ansatz der SMT und Ideologie wird allerdings außer Acht gelassen, und beide wiederum lediglich nebeneinander behandelt. Das mehrmals postulierte Defizit der SMT im konkreten Falle, nämlich ihre Entstehung in der Erforschung säkularer Organisationen (z.B. S. 121f.), scheint zu implizieren, dass im so genannten religiösen Bereich, soziale Prozesse (zumindest zum Teil) gänzlich anderen Mechanismen unterliegen würden. Der freiwillige Einstieg in eine illegalisierte Organisation wie Hizb ut-Tahrir, trotz der Aussicht, dass Sympathisanten die Vorzüge eines schlussendlich erkämpften Kalifats auch ohne aktive persönliche Beteiligung auskosten könne, wird als irrational eingestuft, weshalb er eben nur durch religiös-ideologische Faktoren erklärbar sei. Unabhängig davon, weist das Buch (vor allem aus islamwissenschaftlicher Perspektive) eine Reihe eklatanter Unstimmigkeiten auf. Dies betrifft eine höchst fragwürdige Einteilung des Islams in Zentralasien in einen „Hoch-“ und „Niederislam“. Letzterem wird noch ein nebuloser „Volksislam“ beigestellt. Lokales, vom Autor als zoroastrisch eingestuftes Erbe firmiert unter Animismus. Der Hizb ut-Tahrir wird ein vermeintlicher intellektueller Vorteil gegenüber anderen islamischen Gruppierungen aufgrund ihres (nicht ge4 Witkorowitz, Q.: Islamic Activism and Social Movement Theory: A New Direction for Research. – In: Robertson, B. A. (ed.): Shaping the Current Islamic Reformation. – London: Frank Cass, 2003, p. 187-211. REZENSIONEN rade einzigartigen) Rekurses auf kanonische Texte attestiert. Die Aufnahme von Frauen wird als wichtiger Unterschied zu anderen islamistischen Bewegungen präsentiert. Diese Feststellung verwundert insbesondere deshalb, da in einer der wenigen Studien, welche bisher die SMT zu Studium islamistischer Organisationen herangezogen haben, Frauen großes Augenmerk zukommt5. Zu Vergleichszwecken wird lediglich die zwischenzeitlich gewalttätige tadschikische IRPT herangezogen, während gleichsam gewaltlos lokal bzw. global agierende Organisationen, wie eben Hizb al-Islah im Jemen oder etwa Tablighi Jamaat weltweit, gänzlich ausgespart bleiben. Eine Grafik zur Struktur der von Hizb ut-Tahrir entworfenen Form des zu errichtenden Kalifats, widerspricht den beigegebenen Erklärungen offensichtlich in zwei Punkten. All dies soll jedoch nicht über den beträchtlichen Informationsgehalt und die zeitgemäße Zielsetzung des Buches hinwegtäuschen. Philipp Bruckmayr, Linz Khiabany, Gholam (2010): Iranian Media. The Paradox of Modernity. – Routledge: New York, 251 p. Die iranische Medienlandschaft steht spätestens seit der so genannten Twitter-Revolution vom Sommer 2009 im Mittelpunkt eines breiteren öffentlichen Interesses. Insbesondere der über Youtube und Facebook kommunizierte Todesfall der Studentin Neda Soltan schuf eine weltweite mediale Aufmerksamkeit. Der iranische Regisseur Ali Samadi Ahadi berichtete gar über die entstehende Blogger-Bewegung in seinem animierten Dokumentar-Film „Iran Elections 2009“. Vor diesem Hintergrund liefert Gholam Khiabany mit seinem Buch über Entstehung und Inhalte iranischer Medien brauchbare Hintergrundinformationen zur rechten Zeit. Teilweise sind die Kapitel allerdings bereits zwischen 2005 und 2008 andernorts als eigenständige Aufsätze veröffentlicht worden. Und obwohl der Verlag als Erscheinungsjahr 2010 angibt, bleiben die Ereignisse des Sommers 2009 bedauerlicherweise ausgeklammert. Hier wurde eine Chance vertan, in einem einzigen Werk die Entwicklung iranischer Medien bis ins Web-2.0-Zeitalter nachzuzeichnen. Nichtsdestotrotz handelt es sich um eine willkommene Bestandsaufnahme des iranischen Medienmarktes. Khiabany selbst beabsichtigt, sich insbesondere auf die vielfältige Presselandschaft zu konzentrieren, und zeichnet deren Entstehen ab dem 19. Jahrhundert nach. Analog geht er bei der staatlichen Islamic Republic of Iran Broadcasting (IRIB) für Rundfunk und Fernsehen vor. Er folgt dabei drei analytischen Schwerpunkten: (1) Zunächst hinterfragt er die These eines „Islamic exceptionalism“, einer unreflektierten essentialisti5 Clark, Janine: Islam, Charity, and Activism. Middle-Class Networks and Social Welfare in Egypt, Jordan, and Yemen. – Indianapolis: Indiana UP, 2003. BOOK REVIEW schen Ideologie, wonach es etwas genuin Islamisches an Medien gebe. „There is nothing specifically Islamic about medical journals, general knowledge, sport (the only Islamic aspect of sport in Iran is the banning of female athletes from participation in tournaments and of women in stadiums)“ (S. 72). Dazu kritisiert er insbesondere den „Reverse Orientalism“ (S. 7) des Kommunikationswissenschaftlers Hamid Mowlana, der eine islamische Kommunikationstheorie ersann, die sich wiederum aber nur über ihre Unterscheidung und ihr Anderssein gegenüber den Informationsgesellschaften des „Westens“ definiert. Demgegenüber waren für Khiabany für die Entwicklung der iranischen Presse in der Vergangenheit vielmehr demographische Faktoren, die Alphabetisierung, die Einbindung von Frauen im öffentlichen Leben und der Einfluss des Staates entscheidend. (2) Diese Rolle des Staates, den er gerade auch angesichts ökonomischer Realitäten als wichtigen – und nicht nur repressiven – Medienakteur verstanden wissen will, zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch. „The central Iranian state has played and continues to play a major role in defining national ‚culture’, promoting certain traditions and heritage and discarding or marginalizing other ‚tradition’ and trends. It is for this reason […] that even ‚Islam’ and ‚Islamic culture’ in Iran has come to be defined in a particular way and alongside the interests of the national state.” (S. 12). Khiabany identifiziert den Staat nicht nur als „biggest media proprietor“ (S. 16). Auch historisch betrachtet konnte sich kaum eine staatsunabhängige Presse etablieren, war doch gerade das Pressewesen elitär geprägt. Neben dieser strukturellen Schwäche waren die Phasen politischer Freiheit kurz, politische und ökonomische Interessen des Staates groß und traditionelle Institutionen wie die Ulama stark. (3) Eng damit verwoben zeigt Khiabany, dass die Rolle des Staates von Kontinuität und Wandel geprägt ist, sich mit der Islamischen Revolution von 1979 zwar inhaltlich, nicht aber strukturell geändert hat. Nach wie vor ist der Staat der zentrale Akteur in der iranischen Medienlandschaft; privaten Investoren und freien Journalisten wird die (legale) Arbeit durch vielfältige Formen der Repression schwergemacht. Wenig überraschend ist ebenso die von Khiabany konstatierte Kontinuität des Pressegesetzes seit 1907, dessen willkürliche Interpretation und die damit verbundene Rechtsunsicherheit. Völlig zu Recht spricht er an einer Stelle die rund 700.000 iranischen Blogs vorwiegend junger Iranerinnen und Iraner an, die Persisch zu einer der führenden Sprachen der Blogosphäre machen. Hier entwickelte sich seit 2000 eine wahre „vierte Gewalt“, in deren Rahmen „Konservative“ und „Reformer“, „Islamismus“ und „Republikanismus“ um die Definition und die Rolle von Medien kämpfen. Khiabany bezeichnet die Internet-Politik insbesondere der IRIB und damit der iranischen Regierung als „ad-hoc and contradictory“ (S. 154). Die weitere Entwicklung des Internets „is constrained by confusion in government policies, varied institutional interests, and above all 93 REZENSIONEN the dialectical tension between the imperative of the market and the ‚revolutionary’ claims of the state.“ (154). Auch wenn sich Gholam Khiabany mit diesem Werk als intimer Kenner der Materie ausweist, sind einige redaktionelle Probleme zu nennen. Die Lektüre wird von zahlreichen Uneinheitlichkeiten bei der Transkription iranischer Eigennamen erschwert. So heißt es für einen ehemaligen Präsidentschaftskandidaten mal „Karroubi“, mal „Karrubi“. Für den geistlichen Führer verwendet er sowohl die Form „Khamenei“ als auch „Khamenaie“. Und die auflagenstarke regierungseigene Tageszeitung nennt er gar „Ette’lat“, „Ete’lat“ und „Ettela’at“. Auch die türkische Zeitung Hürriyet hätte nicht „Houriat“ genannt werden müssen. Daneben erscheinen einige Daten arg veraltet. Als Stichjahr für die Bevölkerungsstatistik zieht Khiabany das Jahr 1996 heran. Und für die Anzahl der Internetbenutzer im Jahr 2009 zitiert er eine Schätzung von 2005. Ein Blick in die umfangreiche Bibliographie belegt ebenfalls, dass Khiabany kaum Literatur zu Rate zog, die nach 2004 publiziert wurde. In den genannten Fällen tritt außerdem der Aufsatzcharakter des Buches besonders hervor; die einzelnen Kapitel lassen sich auch unabhängig vom Gesamtwerk gut lesen – zumal die beiden Hauptteile zur Ideologie einer islamischen Kommunikationstheorie und zur Rolle des Staates in der iranischen Medienlandschaft zu deutlich voneinander getrennt bestehen. Trotz diesen Defiziten sind Khiabanys Ausführungen ein geeigneter Ausgangspunkt, um sich konkreter mit islamisch geprägten Einflüssen auf Kommunikation zu beschäftigen. Auch Untersuchungen zur komplexen Rolle des Staats als Medienakteur regt er überzeugend an. Ein Band, der diese Fragen beispielsweise angesichts sozialer Online-Netzwerke aufgreift und vertieft, ist zu begrüßen. Jens Kutscher, Erlangen Larsson, Göran (ed., 2009): Islam in the Nordic and Baltic Countries. – Routledge: Abingdon, 160 p. More than three quarters of a million Muslims live in the Nordic and Baltic countries. Scandinavia (Denmark, Norway and Sweden) has over the last three decades received relatively large numbers of migrants with Muslim background, whereas the Baltic countries and Finland contain small Muslim minorities which to some degree have historical bonds to Russia before the revolution in 1917. The Faroe Islands and Iceland have similar experiences as the Scandinavian countries, yet on a much smaller scale. The Book “Islam in the Nordic and Baltic Countries” comprises nine chapters including an introduction by the editor, Göran Larsson, who in his short introductory Chapter 1 mentions the importance of a critical and self-reflexive approach. His attempt is interesting and in some ways successful, but not flawless. An important part of this has to do with a dissimilarity of the chapters, which in the introduction is explained by referring to the fact that the contributors 94 BOOK REVIEW belong to different academic disciplines and the differences in the research and data collections concerning each of the countries. Iceland and the Faroe Islands are analyzed in Chapter 2 by Göran Larsson and Ingvar Svanberg. Contrary to most other countries Iceland keeps records of religious affiliations. It is mentioned that 352 persons are member of the Muslim Association in Iceland and also that there are approximately 900 Muslims in the whole country (out of a population of 304,334). The chapter is short and a bit bland – and some of the discussions are noncommittal. Also no documentation is provided to demonstrate these points. The conclusion that Muslims “obviously survive on the Faroe Islands by keeping a very low profile” is hardly accounted for. Chapter 3 on Norway by Christine M. Jacobsen is the most thoroughly documented of the contributions. Jacobsen chooses shortly to present the spatial distribution of immigrants which is a result of early chain migration to Norway related to needs in the labor market and later migration related to family reunification and refugees. Jacobsen emphasizes that research in Norway (including her own) shows a tendency of focusing on “the ways in which young people and women currently affect interpretations of what Islam might mean in a Nordic context” and analyses this by pointing to new patterns of cooperation and visibility in the Norwegian public. She describes how this visibility also has become a reality in the media via newspapers, participation in TV debates and by publishing “Muslim magazines”. It would have been interesting, though, if this media participation had been described more in detail as to content and scope. Chapter 4, which compared to Jacobsen contains rather few references to research on Islam and Muslims in Denmark, goes back to the late 1960s and describes the development of the number of Muslims until 1973, when a legal stop for immigration was issued. Garbi Schmidt raises the question, if Denmark is an increasingly xenophobic and islamophobic country – and tends to confirm that this is the case. The chapter which only to a minor degree analyses the development of Islamic institutions and Muslim groups in Denmark is finally describing the cartoon controversy of 2006 and how it contributed to a polarization within the Danish society. The conclusion emphasizes this perspective by claiming that “Muslims in Denmark try to publicly promote the “human face” of their religion”. In the largest contribution in the book, chapter 5, Göran Larsson looks into the Swedish situation, in which the presence of 350,000 – 400,000 Muslims constitutes the background for controversial discussions – both within research and at the policy level. Both discussions are covered in the chapter, which Larsson begins by showing, drawing on his own research, that around 150,000 can be considered practicing Muslims. Larsson claims that the great majority of people with a Muslim cultural background are as secular or REZENSIONEN irreligious as most other people living in Sweden and that this is ignored in academic research and in popular discourse. Larsson chooses to devote a part of his chapter to an interesting description of how the training of imams is organized in Sweden, showing that it has been and still is a problem that most imams have a low level of knowledge about Swedish society, laws and customs. He points out, however, that some differences concerning imam training exist between the Muslim organizations and “official” Sweden, but unfortunately does not go into a more thorough discussion about Swedish multiculturalism at its recent stage, which might have been highly interesting taking the imam issue as a possible point of departure. Chapter 6 by Tuomas Martikainen covering Finland opens by stating that rather than resembling traditional post-war immigration societies like Germany or France, Finland is more similar to countries like Greece, Ireland or Portugal. It remains somewhat unclear what exactly is meant by that and Martikainen to some degree denies his own statement by showing that a development similar to that of the Scandinavian countries has taken place since 1990 resulting in a variety of immigrants (including refugees) located in and around the big cities in Finland. But added to that an interesting development can be found which also is represented in the Baltic countries, namely the continuing existence of a Muslim community related to the Tatars, which arrived in Finland in the 1870s, but has a long history attached to the Czarist regime in Russia. The chapter contains a fine presentation of the recent number of Muslims in Finland and a similar overview of Islamic institutions and mosques – as a basis for an interesting discussion on Islam in the public sphere. The Baltic countries are covered in chapter 7, 8 and 9 – rather shortly, but certainly interesting. Aysha Özkan is going through the history of Muslim presence in Estonia, showing that Estonia “has a number of Muslims with deep historical roots”. Özkan distinguishes between the “older” Muslims belonging to an ethnic minority and “new” Muslims, namely the converts – a distinction somewhat void of meaning since no impression is given either as to the number of or the conditions for the latter group. There are around 10,000 Muslims in Estonia of which the Tatars with its 2,500 members constitute the largest group. The history of the Tatars is briefly described and obviously Islam seems to have played a role for them in preserving a sense of ethnic identity – especially under the Soviet regime. In neighbouring Latvia, analyzed by Emin Poljarevic and Ingvar Svanberg, the Tatars are also present. Poljarevic and Svanberg point to the complex origin of this group, and the relation to the Mishars, a large group of Tatars located around the river Oka in Russia, some of which later migrated and came to constitute a part of the basis for the Tatar population in Latvia. Apparently the number has stepped up since the fall of the Soviet Union and today accounts for a rather BOOK REVIEW large (a recent number is not provided) minority. Together with other immigrants with a highly differentiated ethnic-religious background, they make up what is described as a splintered Muslim community, divided into several internal factions. The chapter is informative and well documented. Finally Egdunas Racius presents Lithuania and its Muslim population. A pattern similar to that in Latvia and Estonia is revealed, with an even longer history behind it. The article concludes by suggesting a reflection on the current situation regarding the presence of Islam and Muslims in Lithuania, vital both to the Tatars and to the state, with the sympathetic point that scholars should contribute to this process. Summing up it should be made clear that the volume contains many interesting observations and reflections. However, the relatively comprehensive chapters on the Scandinavian countries represent mostly mainstream deliberations and do not provide much new insight. Contrary to that the chapters on the Baltic countries represent attempts to present new material, but lack depth and more focus on recent developments. All in all the volume is too heterogeneous as to content, academic level and documentation. The good intentions in the introduction of presenting a critical and self-reflexive approach is hardly fulfilled. Khalid & Annett Abdel-Rahman, Hannover Liverani, Andrea (2008): Civil Society in Algeria, The political function of associational life, 224 S., Routledge, New York, ISBN 978-0-415-77583-0. Eine verbreitete und zutiefst euphorische Ansicht vieler westlicher Akteure über demokratische Entwicklungen in Entwicklungsländern lautet nach Liverani wie folgt: NGOs bilden die Stützen der Zivilgesellschaft und eine Entwicklung der Zivilgesellschaft ist das Wundermittel gegen jegliche Formen autoritärer Herrschaft und schlechter Regierungsführung. Daraus folgt: Je mehr NGOs es in einem Land gibt, desto mehr zivilgesellschaftliches Leben ist vorhanden und entsprechend weit ist die demokratische Entwicklung vorangeschritten. Diese vereinfachten Annahmen laufen nach Liverani aber an den Realitäten im Nahen Osten vorbei. Anhand des Beispiels Algerien zeichnet Liverani detailliert ein widersprechendes Bild, denn seit Anfang der 90er Jahre hat dort eine massive Expansion des NGO-Sektors (associational life) nur oberflächliche Fortschritte für die Demokratisierung bedeutet. Die Vervielfältigung von NGOs habe sich im Gegenteil vielmehr als herrschaftsstabilisierend für ein autoritäres Regime erwies. Unter dem verwendeten Begriff „associational life“ fasst Liverani dabei ein breites Spektrum von Debatierclubs, islamische Hilfsvereinigungen, Entwicklungsorganisationen, Verbrauchervertretungen, Clubs, Stiftungen sowie Menschenrechts- und Frauengruppen. Den Rahmen für seine Untersuchung bilden die politischen und sozialen Entwicklungen in Algerien 95 REZENSIONEN zwischen 1987 und 2005. So durchlebte Algerien ab den 80er Jahren eine langwierige ökonomische Krise, die dazu führte dass der Rentierstaat den Umfang seiner sozialen Leistungen nicht mehr aufrechterhalten konnte. Auf diese Krise folgte eine politische Liberalisierung, die islamistische FIS drohte durch Wahlen an die Macht zu gelangen. Das demokratische Zwischenspiel wurde jedoch abrupt durch einen Militärputsch am 11. Januar 1992 beendet, der die Rückkehr zum Autoritarismus bedeutete. Der darauf folgende zehnjährige bewaffnete Konflikt zwischen Islamisten und der Armee forderte ca. 150.000 Todesopfer. Zusätzlich wurde der Zentralstaat durch einzelne regionale Aufstände, wie im Jahre 2001 durch die Berber der Kabylei, herausgefordert. Parallel zu diesen Konflikten expandierte wie erwähnt die Anzahl der NGOs in Algerien. So vervielfachte sich die Anzahl registrierter Vereine von 1990 bis 2006 von 11.000 bis 73.000. Liverani zeigt anhand einer Fülle von Beispielen, dass diese Expansion keineswegs eine Antwort unterdrückter sozialer Gruppen auf die autoritäre Herrschaft war, sondern vielmehr auf unterschiedliche Weise dem Regime nützte. So zog sich die Regierung aufgrund fallender Einnahmen im Verlauf der Wirtschaftskrise seit Ende der 80er Jahren aus zahlreichen Bereichen staatlicher Dienstleistungen zurück. Diese Lücke wurde in der Folge durch private Initiativen gefüllt, sodass im Ergebnis diverse NGOs weite Bereiche der Fürsorgen und Wohlfahrt dominierten (S.31). Für das Regime hatte dies gleich zwei positive Effekte: Zum einen konnten die Ausgaben reduziert werden, zum anderen wurde die Expansion der NGOs der Internationalen Gemeinschaft und den auswärtigen Geldgebern als erfolgreiche Demokratisierungsmaßnahme verkauft. Zusätzlich nahm der Staat den privaten Sektor öffentlich in die Pflicht. So zeigt Liverani auf, wie bei einer verheerenden Flutkatastrophe im November 2001 von Regierungsseite, erfolgreich vom eigenen Planungsversagen abgelenkt wurde und die Hauptschuld auf den angeblich zuständigen NGO-Sektor geschoben wurde. (S.36). Während von einer westlichen Perspektive große Hoffnungen in das NGO-Leben gesteckt werden, herrscht innerhalb Algeriens hingegen seit längerem Misstrauen vor. So mangelt es den meisten NGOs an Mitgliedern, selbst wenn sie über ein Büro verfügen sind die Organisationen häufig inaktiv. NGOs mit vollmundigen Namen aber nur zwei bis drei Mitgliedern sind so keine Seltenheit. (S.55) Die beschriebene Vermehrung der Anzahl von NGOs, die als Demokratisierungsfortschritt bewertet wurde, hat bei genauerem Hinsehen manchmal auch ganz simple Ursachen. So spalten sich viele Vereine schon nach kurzer Zeit aufgrund von Machtkämpfen und Streit zwischen den Mitgliedern, was dann zu einer Reihe von Neugründungen führt. Ein positiver statistischer Effekt kann hier also vielmehr auf Organisationsprobleme zurückgeführt werden, was das positive Gesamtbild eines expandierenden NGO-Sektors infrage stellt (S.56ff.). 96 BOOK REVIEW Liverani beschreibt zahlreiche sogenannte Wohltätigkeitsorganisationen, die in Vorgehen und Struktur vielmehr Wirtschaftsunternehmen ähneln als vermeintlich altruistische Vereinigung. Signifikante Ressourcen werden in diesen Fällen in Werbung und Marketing investiert und ganze Abteilungen arbeiten am öffentlichen Image der Organisation, um immer mehr öffentliche Gelder einzutreiben. (S.61) Auch die innere Struktur der funktionierenden NGO lässt dabei aus einem demokratietheoretischen Standpunkt zu wünschen übrig. Denn viele NGOs werden über Jahre von ein und demselben Präsidenten dominiert. Dieser umgibt sich als Machtbasis meist mit Familienangehörigen, die entweder formale Mitglieder der NGO sind oder gleich zum Stamm der Angestellten gehören. (S.62ff) Liverani zeigt darüber hinaus, dass NGOs manchmal als reine Verteilungskanäle für die Ministerien im Sinne eines politischen Klientelismus fungieren. So stieg der Anteil des Budgets diverser Ministerien, das direkt an NGOs verteilt wird, seit den 90er Jahren systematisch an. Erklärtes Ziel ist dabei, an möglichst viele Organisationen Geld zu verteilen. Als Nebeneffekt ergibt sich durch dieses Gießkannenprinzip, dass ein Anreizsystem etabliert wurde, immer neue NGOs zu gründen, um an die begehrten Staatsgelder zu gelangen (S.85). Auch die Tätigkeit von westlichen NGOs in Algerien sieht Liverani in einem pessimistischen Licht und bilanziert, dass deren Aktivitäten weniger die Souveränität des algerischen Regimes untergraben hätten, als vielmehr indirekt entscheidend zu seiner internationalen Legitimität beigetragen haben. Liveranis Buch ist insgesamt ein wertvoller Beitrag in der stattfindenden Neubewertung der Rolle von lokalen NGOs in der politischen Entwicklungsarbeit. Es bietet einen fundierten Analyserahmen, um viele Entwicklungen, insbesondere in den 90er Jahren, kritisch zu reflektieren. Björn Zimprich, Beirut Lohlker, Rüdiger (2009): Dschihadismus, Materialien. – UTB Islamwissenschaft – Religionswissenschaft, Facultas WUV: Wien, 248 S. REZENSIONEN Mit dem Band Dschihadismus, Materialien hat der am Wiener Institut für Orientalistik lehrende deutsche Islamwissenschaftler Rüdiger Lohlker eine wohldurchdachte Auswahl aus dem Arabischen ins Deutsche übersetzter Texte mit Kommentar vorgelegt. Inbegriffen sind Pamphlete und Aufrufe diverser Onlineforen der mittlerweile international und im virtuellen Raum tätigen jihâdi-Szene. Dass es sich bei diesen Kreisen um keine homogene, durch die Ereignisse des 11. September 2001 verstärkt in den Interessenmittelpunkt von Regierungskreisen, Medien und Wissenschaftlern geratene Bewegung handelt, wird in Lohlkers breiter Textauswahl deutlich. Gerade das einleitende Ideen-geschichtliche Kapitel, welches überblicksartig unterschiedliche Konstruktionen des jihâd-Begriffs anhand muslimischer Gruppen und Theoretiker seit dem 8. Jahrhundert vorstellt, bringt dem Leser den evolutionären Charakter der von Marokko bis zu den Philippinen in unterschiedlicher Form gebrauchten Konzepte nahe. Als Widerstands- und Befreiungsideologie gegen die sozio-ökonomische Hegemonie der seit Ende des 15. Jahrhunderts expandierenden europäischen Seemächte, einem „aus einer individuellen Verzweiflung geborenen religiös codierten Kampf“ (S. 24) bis hin zur Umsturz-Ideologie gegen die eigenen muslimischen Herrscherhäuser war die Idee von einem jihâd vielfältigsten Deutungen unterworfen. Nicht zuletzt die Orient-Strategen der europäischen Kriegsnationen des 20. Jahrhunderts besannen sich während des Ersten Weltkrieges auf das militärische Potenzial eines Heiligen Krieges: Das Deutsche Kaiserreich und Großbritannien betrauten ihre Emissäre Freiherr Max von Oppenheim und Thomas Edward Lawrence mit der Aufgabe, arabische Stammesführer zu einem jihâd gegen die Briten bzw. die Osmanen zu bewegen. In der zentralen Frage nach der Rolle von Gewalt und Gewaltanwendung im jihâd kontrastiert der Autor die für einen inneren, zum Teil spirituellen und gewaltfreien Kampf als „Anstrengung“ stehende Position verschiedener ‘ulamâ’ und muslimischer Denker mit einer dezidiert gewaltbereiten und -verherrlichenden Richtung innerhalb einzelner jihâdStrömungen. Ebenso trägt die Gegenüberstellung der islamischen Konzepte des Märtyrertums und des Glaubenszeugens – des šah d – auf der einen und der militärisch-terroristischen Logik des Selbstmordattentats auf der anderen Seite zum nötigen Verständnis eines aktuellen und kontroversen inner-islamischen Diskurses bei (S. 50-55). Die dschihadistische Strömung des Islam versteht Lohlker als die ethisch-moralische Unternehmung einer sozialen Bewegung der Moderne, die im dschihadistischen Narrativ nach Antworten auf ihre im Zuge von Kolonialisierung und Globalisierung entstandene Krisenerfahrung sucht und diese im imaginierten Konzept des Dschihad zu finden glaubt (Einleitung). Wie inzwischen aus der umfangreichen Fundamentalismus-Forschung bekannt ist, birgt auch der Dschihadismus wirkmächtige Elemente, wie ein manichäisches Welt- und Wertesystem oder die Inanspruchnahme einer selektiven Geschichtsdeutung, die BOOK REVIEW sich meist durch die Glorifizierung einer Blütezeit und das Vorbild einer idealtypischen Urgemeinschaft der Gläubigen auszeichnet. Damit reagiert diese Ideologie auf ein nicht nur im muslimischen Kontext sondern gleichfalls in Eliten- und Intellektuellendiskursen vieler post-kolonialer Gesellschaften wahrgenommenes Unbehagen gegenüber der Moderne, bedient sich dabei jedoch selbst ihrer Errungenschaften und bejaht sie im Wesentlichen. Stereotypen wie die ökonomische und technologische Rückständigkeit muslimischer Kulturen gegenüber einer übermächtigen westlichen „Belehrungskultur“ erscheinen angesichts der versierten Erschließung und Nutzbarmachung des virtuellen Raums als Proliferationsmedium dschihadistischer Inhalte jedoch obsolet. Diese neueren Entwicklungen, die auf die Bedrohungserfahrungen der Konflikte in Afghanistan, auf dem Balkan und im Irak zurückgehen, illustrieren nach Lohlker die bislang letzte Stufe in der Entwicklung des jihâd von einer kollektiven zu einer individuellen Pflicht eines jeden Gläubigen. Über die ideologische Ebene hinaus werden Webseiten und Foren zum Anbieter „dschihadistischer strategischer Studien“ (S. 36). Dieses neue Genre beinhaltet praxisorientierte Anleitungen zur GuerillaKriegsführung, Baupläne und Video-Leitfäden zur Herstellung von Kampfmitteln etc. und wendet sich damit gezielt an dschihadistische Aktivisten in den hochselektiven Milieus der Gewaltmärkte im Nahen Osten, Süd- und Südostasien. Ebenfalls als Träger einer „Dschihadisierung“ vormals terroristischer oder nationalistischer Gruppen in der muslimischen Welt sind die „Arabischen Afghanen“ zu nennen: Diese internationale Gruppe ehemaliger freiwilliger Aktivisten (mujâhidûn) im bewaffneten Kampf gegen die Sowjettruppen in Afghanistan stellte in den Jahren nach der Rückkehr in ihre Heimatländer für die lokalen Sicherheitsdienste ein akutes Gefährdungspotenzial dar. Grund dafür war ihre zentrale Rolle bei der deutlichen Radikalisierung von Subgruppen der islamistischen Szene in einzelnen arabischen Staaten, etwa den Maghreb-Staaten, die sich in einem Anstieg religiös motivierter Gewaltakte entlud. Die Bedeutung sogenannter „Online- und VideoBotschaften“ und die Zuhilfenahme modernster Medientechnik in der Verbreitung ideologischer Inhalte und praktischen Know-hows zur Durchführung terroristischer Operationen wurde bislang überwiegend anhand des dschihadistischen Gewaltunternehmens par excellence, Al-Qaida, untersucht, etwa im von Gilles Kepel und Jean-Pierre Milelli herausgegebenen Gemeinschaftswerk Al-Qaida dans le texte. Auch Lohlker widmet dieser Organisation ein Sonderkapitel seines Buches, ordnet sie aber darüber hinaus bereichernd und differenziert in den ideengeschichtlichen und theoretischen Entwicklungsprozess des Dschihadismus ein. Malte Gaier, Ludwigsburg 97 REZENSIONEN Meier, Astrid, Johannes Pahlitzsch, Lucian Reinfandt (Hrsg., 2009): Islamische Stiftungen zwischen juristischer Norm und sozialer Praxis. – Akademie Verlag: Berlin, Stiftungsgeschichten Bd. 9, 279 S. Veröffentlichungen zum Stiftungswesen in der islamischen Welt gehören bislang nicht zum bevorzugten Genre orientalistischer Literatur; zu Unrecht, wie dieser zu rezensierende Sammelband nachdrücklich beweist. Er greift den Bereich islamischer Stiftungen in interdisziplinärer Weise – „aus einer weit gefassten gesellschafts-geschichtlichen Perspektive“ (Einleitung S. 13) – auf und vermag den Leser auf ein interessantes Feld zu führen, welches reichen Ertrag für ein genaueres Bild vom Orient verspricht und gleichsam Schlüsse in die Zukunft ermöglichen kann. Die insgesamt elf Beiträge des Buches basieren auf einem Workshop an der FU Berlin im Jahre 2004. Die verbindende Klammer bildet dabei das Spannungsverhältnis von Stiftungsrecht und Stiftungspraxis (S. 12). M. Macuch untersucht anhand der Kompilation „Haz%r d%dest%n“ aus dem 7. Jh. die möglichen sasanidischen Einflüsse auf die Rechtsgestaltung der islamischen Stiftung (S. 19-38). Im Ergebnis ihrer Analyse erkennt sie sechs „bemerkenswerte juristische Übereinstimmungen zwischen diesen beiden Institutionen“ (S. 36-38). Sie plädiert vollkommen überzeugend für die Berücksichtigung der sasanidischen Stiftungen bei der Erforschung der Ursprünge islamischer auq%f. Christliche Stiftungen in Syrien und im Irak im 7. und 8. Jh. thematisiert J. Pahlitzsch (S. 39-54). Er konstatiert eine „generelle Kontinuität sozialer und ökonomischer Verhältnisse“ am Übergang von byzantinischer zu islamischer Herrschaft (S. 40). Am Beispiel christlicher Stiftungen in frühislamischer Zeit (S. 42-49) sowie aufgrund von Beteiligungen muslimischer Herrscher an der Gründung christlicher Stiftungen wird demonstriert, dass ein kultureller Transfer in diesem Bereich wahrscheinlich ist, aber im Konkreten noch weiterer Untersuchungen bedarf. Der einzige englischsprachige Beitrag im Sammelband (S. 55-60) stellt die Frage nach der Rechtspersönlichkeit des waqf. D. Behrens-Abouseif sieht einerseits normative Übereinstimmungen zwischen der 98 BOOK REVIEW islamischen Stiftung und der kirchlichen Stiftung, betont aber andererseits die unterschiedliche sozialpolitische Bedeutung in der jeweiligen Rechtskonzeption (S. 59). St. Heidemann beschäftigt sich mit der Abgabenund Stiftungspolitik in der Mitte des 12. Jh. in Syrien und Nordmesopotamien (S. 61-77). Er räumt mit bislang vorherrschenden Meinungen auf, wonach das Stiftungswesen zur gesellschaftlichen Stagnation geführt habe. Während der Regierungszeit von NLr adDMn MaNmLd (1146-1174) „bilden Stiftungen von städtischen, rententragenden Immobilien eine vom staatlichen Fiskalapparat unabhängige Finanzierungsquelle öffentlicher und semi-öffentlicher Institutionen und Aufgaben“ (S. 73). Der Autor schätzt sie als „urbanes Äquivalent zum ländlichen iq(%)“ ein (S. 73). Gleichzeitig werden islamisch-rechtlich illegitime Steuern abgeschafft. G. Wedel wendet die computergestützte Textanalyse an, um im Werk von Ibn QallikRn „WafayRt al-aSyRn“ nach Einträgen zur Stiftung und zum Stifter zu suchen (S. 79-116). Seine Ausführungen erläutern zunächst die Datenbasis, Probleme und Möglichkeiten einer solchen Auswertung von arabischen Texten. Mit Hilfe der Concordance-Software (S. 87 f.) würden sich auch komplexe Suchfunktionen durchführen lassen. Im Ergebnis entwirft der Verf. ein Suchprofil, welches auch für andere Textcorpora nutzbar ist (S. 116). Eine Stiftungsurkunde aus mamlukischer Zeit steht im Mittelpunkt des Beitrages von L. Reinfandt (S. 117-152). Der Edition des Urkundentextes in arabischer Sprache (S. 137-152) ist eine historische Auswertung vorangestellt, die die Praxis des Stiftungswesens in Ägypten in jener Zeit erhellt und dabei Aufschlüsse zur Herauslösung von Stiftungskapital durch Tausch oder Geldzahlungen ermöglicht (S. 126). Gerade diese Studie zeigt, dass die Auswertung von Stiftungsurkunden unser Orient-Bild ganz wesentlich konkretisieren und erweitern kann. Zur Rolle von Frauen im Stiftungswesen der Mamlukenzeit analysiert R. Jacobi das sog. Frauenlexikon des as-SaTRwM (gest. 1497). Im Unterschied zu einem bestimmten Rechtstext könne eine solche Quelle „Motivation oder die äußeren Gründe“ für eine Stiftung stärker in den Vordergrund rücken (S. 156). Die Autorin legt dar, dass Frauen aus der einheimischen Elite „in größerem Umfang als bisher bekannt oder vermutet“ selbst als Stifterinnen oder als Verwalterinnen von Stiftungen in Erscheinung getreten sind (S. 165). Die folgenden drei Beiträge des Bandes können durchaus als Fallbeispiele (S. 16) bezeichnet werden, beleuchten sie doch unterschiedliche Aspekte des islamischen Stiftungswesens in unterschiedlichen Zeiten und Regionen. Zunächst widmet sich Chr. Werner der ebenso schwierigen (vgl. die Textbeispiele S. 188189) wie wichtigen Frage der sozialen Funktion von Stiftungen am Beispiel des schiitischen Schreins von Mašhad (S. 167-189). Er unterscheidet dabei vier hauptsächliche Bereiche: Beleuchtung und Heizung der Gebäude, Durchführung von Trauerveranstaltungen, Personal- und Betriebskosten sowie Unterstüt- REZENSIONEN zung bedürftiger Pilger (S. 173). Auch die Anwerbung arabischer Pilger und Sayyids zur Aufwertung des Schreins gehöre zu den Besonderheiten der Stiftungspraxis in Mašhad (S. 179). Der Beitrag von A. Meier setzt sich mit der Frage auseinander, ob und wie Stiftungen befristet werden können (S. 191-212). Die von ihr gewählten Beispiele von Gerichtsverfahren aus Damaskus des 17. und 18. Jh. bringen anschaulich zum Ausdruck, dass durch die Interpretation von Rechtsnormen – sie spricht von der „Manipulation von Rechtsnormen“ (S. 221) – eine Veränderung von Stiftungen erreicht werden kann. Die aufgeführten islamisch-rechtlichen Methoden (S. 197) bleiben bis in die Gegenwart hinein aktuell. Ein bislang kaum beachtetes Gebiet, die Stadtviertelstiftungen von Aleppo, fokussiert St. Knost (S. 213-232). Der Autor korrigiert die bisher dominierende Auffassung, dass solche Stiftungen nur zur Minderung der Abgabenlast der Bewohner eines Stadtviertels gegründet wurden. Vielmehr erfüllen sie eine Vielzahl von sozialen und städtischen Funktionen (S. 213-214). Es wird auch über die Verleihung von Stiftungskapital gegen Zinsen gesprochen, wobei dies in Form einer islamisch-korrekten Vertragsgestaltung erfolgen kann (S. 220, Fn. 29). Abschließend führt Fr. Kogelmann den Leser in die postkoloniale Zeit, indem er die Entwicklung des Stiftungswesens in Ägypten, Algerien und Marokko bis in die Gegenwart beschreibt, gleichsam Gemeinsamkeiten und Unterschiede feststellt (S. 233-260). Er betont insbesondere die staatliche Kontrolle der Stiftungen, die er zu Recht als ein Element der faktischen Säkularisierung charakterisiert (S. 259-260). Dabei verkennt er nicht, dass die national-staatliche Rechtsordnung auf einer unterschiedlichen historischen Ausgangssituation basiert. Alles in allem überzeugt der Band in Inhalt und Form. Die Indices (S. 269-279) erleichtern die vergleichende Suche nach Orten, Personen und Begriffen. Die Autoren und Herausgeber haben eine hervorragende Arbeit geleistet und es dem Rezensenten schwer gemacht, Kritikpunkte zu finden (das überflüssige Wort „er“ in der 8. Zeile auf S. 256 steht eher für diese „erfolglose“ Suche). Das Buch sei nicht nur Historikern und Islamwissenschaftlern, sondern auch Juristen, Linguisten und Sozialwissenschaftlern zur Lektüre empfohlen. Hans-Georg Ebert, Leipzig Mejcher, Helmut, Marianne Schmidt-Dumont (Hrsg., 2010): Franz Frederik Schmidt-Dumont: Von Altona nach Ankara. Ein hanseatisches Leben im Vorderen Orient (1882 – 1952). – Studien zur Zeitgeschichte des Nahen Ostens und Nordafrikas, Bd. 16, Berlin: LIT Verlag, 2010, L+388 Seiten. Es ist ein fünfteiliges Buch – mit Register und Anhang besteht es sogar aus sieben Teilen. Im ersten Teil ordnet H. Mejcher auf 39 Seiten die einzelnen Lebensstationen von F. F. Schmidt-Dumont Zeithori BOOK REVIEW zonten im Orient zu. Er liefert damit historische Hintergründe in einer Weise, die eines L. v. Rankes würdig sind – aus der Zeit heraus verstehen. So erklärt H. Mejcher u.a. F. F. Schmidt-Dumonts Beitritt zur NSDAP im Frühjahr 1934: „ ... dürfte ihn auch diesmal in erster Linie die Aussicht auf eine finanzielle Besserstellung und materielle Absicherung der in Not geratenen Familie zu diesem Schritt bewogen haben.“ (S. XXXVI). Wenn man eine so fundierte Abhandlung liest, freut man sich, hinterher überhaupt noch etwas kritisch anmerken zu können, auch wenn es nur Peanuts sind. Jedenfalls geht mir das so. Auf S. XVI skizziert H. Mejcher akribisch die Entwicklung des Schienennetzes und des Eisenbahnverkehrs bis 1910. Über die „Türkische Post“, deren Schriftleiter und oft auch einziger Redakteur von 1926-1928 und erneut von 1931 bis – ja, bis wann eigentlich? – F. F. Schmidt-Dumont gewesen war, erwähnt H. Mejcher dagegen weder Auflagenhöhe noch Umfang oder thematische Schwerpunkte. Erst einem im Anhang wiedergegebenen Artikel aus der „Türkischen Post“, IV. Jahrgang, 1. Januar 1934, entnimmt man, dass es sich um eine vierzehntägige Zeitung gehandelt hat und F. F. Schmidt-Dumont nicht mehr der Herausgeber ist. Ach ja, noch eines. Beim Lesen des folgenden Satzes stutzte ich: „... – Dr. Hans Posse – dem späteren Schwiegervater seines Sohnes.“ (S. XXXII). Nein, keine komplizierten Familienverhältnisse! Gemeint ist der Sohn des vor 15 Zeilen zuletzt erwähnten F. F. Schmidt-Dumont. Der zweite Teil gibt die Stationen des Lebens von F. F. Schmidt-Dumont wieder, Jugend, Jura- und Sprachstudium, Heirat und 1913-1919 erster Aufenthalt in Konstantinopel, Letzteres vorwiegend unterlegt durch Briefe seiner Frau an ihre Mutter. Für die Nachkriegszeit in Berlin und den zweiten Aufenthalt in der Türkei von 1926-1942 konnten die Herausgeber vermehrt auf Tagebuchnotizen F. F. SchmidtDumonts zurückgreifen. In manchen von ihnen klingt bereits ein tiefer Sinn für Humor an. Die Zeitspanne von 1934 bis 1942, in der F. F. Schmidt-Dumont als Mitarbeiter des Goebbelschen Propagandaministeriums im Vorderen Orient tätig war, behandeln die Herausgeber allerdings recht kursorisch. 1942 auf 99 REZENSIONEN Grund der Spannungen zwischen Außenminister v. Ribbentrop und Propagandaminister Goebbels nach Berlin zurückversetzt, war F. F. Schmidt-Dumont bis zum Ende des Krieges in der Ostabteilung des Propagandaministeriums beschäftigt – 1945 Grund genug für die sowjetischen Besatzer, in dem mehrfach dekorierten Regierungsbeamten einen vermeintlich „besonders dicken Fisch“ (S. XLVI) zu sehen, ihn zu verhaften, nach Moskau zu verschleppen und sechs Jahre später zum Tode zu verurteilen. 1952 zur Strafarbeit in Sibirien „begnadigt“, verstarb F. F. SchmidtDumont im gleichen Jahr in einem sibirischen Krankenhaus. Der dritte Teil ist der unterhaltsamste. Er basiert auf einem fast 200 Seiten umfassenden Bändchen, in welchem F. F. Schmidt- Dumont „ ... 1932 Freunden und Mitarbeitern seine langjährigen Reiseerfahrungen und Beobachtungen in der Türkei und den arabischen Anrainerstaaten ... präsentierte“ (S.XI). Welch nüchterne Umschreibung dieser mit viel Humor geschilderten Erlebnisse und Anekdoten. Ich würde diese Passagen nicht in einem öffentlichen Verkehrsmittel lesen! Denn bei einigen musste ich lauthals Lachen, z. B. bei der Beschreibung, wie auf dem Platz Eminönü eine große und beleibte Frau mit nur einem Pantoffel an den Füßen beim Versuch, durch den Verkehr den Platz zu überqueren, auch noch ihren zweiten Pantoffel verliert (S. 113). Und immer wieder zieht F. F. Schmidt-Dumont dabei Vergleiche zwischen den Verhältnissen im Osmanischen Reich vor 1918 und der neuen Türkei unter Mustafa Kemal (später Atatürk) seit 1923 mit der Wehmut eines dem Orient verschriebenen Mannes, der die Farbenprächtigkeit des Osmanischen Reiches vermisst. Auch in dem Teil „Ausgewählte Vorträge und Aufsätze“ schimmert stellenweise die mit lustigem Augenzwinkern durchsetzte Betrachtungsweise von F. F. Schmidt-Dumont durch. In ihrer Gesamtheit sind sie jedoch ernste zeitgenössische Dokumente, vor allem über die Bagdadbahn (1916-1930). Sicher eine Fundgrube für Historiker. Ein 1944 verfasster Vortrag über deutsch-türkischen Beziehungen seit dem 1. Weltkrieg sowie ein Aufsatz über die historischen jüdischen Bevölkerungsgruppen im Osmanischen Reich und in der Türkei, 1944 oder 1945 verfasst, beschließen diesen Teil des Buches. Der Aufsatz über Juden in der Türkei war sicher ein mutiger, damals, im Dritten Reich, da F. F. Schmidt-Dumont in ihm darlegt, dass die Juden in der Türkei ein Konglomerat aus mosaischen Glaubensbekenntnissen darstellten, die, je nach geographischer Herkunft, ganz unterschiedliche Rassenmerkmale aufwiesen. Ein Register von Personennamen und eines von geographischen Namen erleichtern das Auffinden gewisser Textstellen. Im Anhang bringen die Herausgeber überwiegend Dokumente zur Verurteilung F. F. Schmidt-Dumonts in Moskau. Zum Schluss noch zwei Glossen am Rande. Der Titel liest sich, als habe F. F. Schmidt-Dumont von 1882-1952 ein hanseatisches Leben im Vorderen Orient geführt. Die Lebensdaten nach dem Namen anzugeben, wäre vielleicht sinnvoller gewesen. Das In100 BOOK REVIEW haltsverzeichnis weist die Abschnitte „1919-1926 (Deutschland)“ und „1926-1942 (Naher Osten) mit Seite 32 bzw. 37 aus. Im Text stehen sie auf Seite 33 bzw. 38. Die Register folgen dem Text. Erhard Franz Robinson, Kathryn (2009): Gender, Islam and Democracy in Indonesia. – Routledge: London and New York, 230 p. Kathryn Robinson fasst in diesem Werk die Ergebnisse ihrer dreißigjährigen Forschung in Indonesien zusammen. Ihre Forschungsregion ist die Provinz Süd Sulawesi. Forschungsquellen bilden englisch- und indonesisch-sprachige öffentliche Publikationen wie Biographien, politische Schriften, in Zeitungen und Zeitschriften – auch im World Wide Web. Hierbei nutzt sie anthropologische, historische, ökonomische, politikwissenschaftliche und kulturelle Studien. Ihr Ziel ist die Analyse der aktiven Rolle der Frauen in der Demokratisierungsbewegung nach dem Fall Suhartos. Sie beginnt mit einer anthropologischen Studie über die unterschiedlichen Rollen der Geschlechter auf der Inselgruppe. Im nächsten Schritt fragt sie nach den historischen Wurzeln der Aufteilung der Geschlechterrollen und erkennt ein „nationales Erwachen“ auch in der Frauenbewegung der 20er Jahre. Dieses Erwachsen sei beeinflusst durch einen „modernistischen Islam“ („modernist Islam“) und den kolonialen Einfluss Europas. Die neue Ordnung wird durch den Präsidenten Suharto mit einer gewalttätigen und militaristischen Regierungsform eingeleitet. In dieser Ordnung herrscht – laut der Autorin – nicht nur im Staatswesen die patriarchalische und strenge Hierarchie. Diese wird auch in die Familienstrukturen übertragen. Robinson untersucht die Einflüsse der neuen Ordnung auf die Beschäftigung von Frauen in der Wirtschaft und auf den Zusammenhang zwischen der Rekonfiguration von Sexualität und Reproduktion. REZENSIONEN Bei ihrer fokussierten Betrachtung der politischen Bewegung der Frauen bildet das Thema der islamischen Religion einen besonders wichtigen Teil ihrer Arbeit. Denn der Islam beeinflusst ihrer Ansicht nach nicht nur das alltägliche Leben, sondern auch die Politik. Dieser Einfluss lässt sich, laut Robinson, auch in der Post-Suharto-Ära durch den wachsenden Islamismus nachvollziehen. Der Islam stelle sich dabei sowohl als die Erneuerung des patriarchalischen Erbes in Indonesien dar, als auch als die humanistische und kosmopolitische Version des Islam in den Vorstellungen der erstarkten feministischen Bewegung. Sie fragt nach den Wurzeln der neuen Formen des islamischen Feminismus. Kathryn Robinson beschreibt ein sehr detailliertes Bild über die Situation der Frauen in Indonesien. Es eignet sich für Studenten und Forscher mit Interesse an Indonesien. Es ist weniger ein Werk für einen interessierten Laien, der sich kurz über die Situation und den Islam in Indonesien informieren möchte. Dazu sind die wissenschaftlichen Ausführungen entweder zu speziell oder zu allgemein verfasst. Askim Müller-Bozkurt, Kerpen Salhi, Zahia Smail (ed.; 2010): Gender and Diversity in the Middle East and North Africa. – London/New York: Routledge, 198 p. Der von Zahia Smail Salhi herausgegebene Sammelband umfasst zehn Artikel, die erstmals 2008 als special issue in dem British Journal of Middle Eastern Studies publiziert worden sind. In dem vorangestellten Vorwort legt die Herausgeberin die Intention des Bandes explizit dar: Da Frauen der MENA Region meist in orientalischer Manier unter Stereotypen wie der Burkaträgerin oder Bauchtänzerin repräsentiert sowie subsumiert würden, sei es das Anliegen der Beiträge diese Simplifizierungen intervenierend in Frage zu stellen und die Diversität der unterschiedlichen Lebensbedingungen und Identitäten aufzuzeigen. Um dieser Zielsetzung nachzukommen haben die Autorinnen, sofern sie nicht selbst den Staaten ihrer Fallstudie entstammen, Primärerhebungen in den jeweiligen Ländern durchgeführt. Obwohl damit die Intention, die sowohl wissenschaftlich als auch aktionistisch gefasst ist, kenntlich gemacht und die erkenntnisfördernden Methoden dargelegt werden, wären umfassendere Hintergrundinformationen und theoretische Ausführungen von feministischen Konzepten sowie eine Selbstverortung wünschenswert gewesen. Diese sind weder in dem Vorwort noch in einer theoretischen Sektion zu finden. Stattdessen erscheint der Band genuin als Sammlung von recht heterogenen Fallstudien, welche die feministischen Bewegungen, politisch-sozialen Lebensbedingungen und Repräsentationen von Frauen in Israel, Marokko, Tunesien, der Türkei, Saudi-Arabien, dem Irak, Afghanistan, dem Libanon und Algerien porträtieren. Darin kann er als erfolgreich gesehen werden und die informativen, aber auch kritischen Artikel profitieren von den Erfahrungen und Datenerhebungen der Autorinnen. Da BOOK REVIEW nicht alle Texte ausführlich besprochen werden können, wird im Folgenden näher auf drei Beiträge eingegangen. Ay\e Günes Ayata und Fatma Tütüncü diskutieren die Parteipolitik der AKP zwischen 2002 und 2007 unter dem Gesichtspunkt der politischen Partizipation von Frauen sowie ihrer Repräsentation in den westlichen, islamistischen und feministischen Diskursen in der Türkei. Für die Studie haben sie teilnehmendbeobachtend politischen Aktivitäten beigewohnt sowie informelle und formelle Interviews mit Frauen, die mit der AKP assoziiert sind, durchgeführt. Ihre These lautet, dass die erhöhte Sichtbarkeit und Inanspruchnahme der Dienste von Frauen seit 2003 nicht zu ihrer strukturellen Ermächtigung geführt hat. Um den Beitrittsanforderungen der EU zu genügen wären zwar einige legale Änderungen vorgenommen worden, doch würde die Einführung einer Frauenquote für die Besetzung von politischen Ämtern von AKPMitgliedern mit dem Verweis auf die „natürlich schüchternen oder unzureichend gebildeten Frauen“ abgelehnt. Dies verweist auf Strategien der Parteielite, die teils Normen (Menschenrechte u.a.) adaptiere um dem westlichen Diskurs zu genügen, doch andererseits, türkischen Feministinnen zum Trotz, mit Hinweisen auf die „Kultur“ und den „Islam“ ein essentialistisches Bild der Frau als Mutter usw. aufrecht erhalte und einer strukturellen Ermächtigung von Frauen entgegenstehe. Dass erhöhte Sichtbarkeit nicht mit größerem Einfluss gleichgesetzt werden darf, ist ebenfalls die Beobachtung von Naomi Sakr. Sie untersucht die Medienbranche in Saudi-Arabien zwischen 2004 und 2006. Auch als Reaktion auf gestiegenes Interesse externer Akteure seien seit 2004 mehr und mehr Frauen im saudischen Fernsehen präsent. Wesentlich relevanter, so Sakr, sei allerdings wer die Nachrichten produziert und nicht wer sie vorträgt. Unter diesem Kriterium sei zum einen festzustellen, dass Frauen weiterhin eine Minderheit in den nationalen Zeitungsredaktionen und Radio- und Fernsehanstalten seien. Andererseits hätten die wenigen Frauen in höheren Positionen dies meist dem Einfluss von Mitgliedern der herrschenden Familie zu verdanken, so dass sie weniger für gesellschaftliche Veränderungen als für eine von oben eingeleitete Reformierung des autokratischen Systems ständen. Nadje Al-Alis Studie umfasst einen größeren Zeitraum (1950-2008). Ihr Anliegen ist es, die im medialen und politischen Diskurs verbreitete Auffassung der „Diversität irakischer Frauen“ basierend auf den ethnischen und religiösen Differenzen in Frage zu stellen. Anstelle dessen werden Herkunft, soziale Klasse und politische Orientierung als wirkungsvollere Differenzmarker identifiziert. Durch ein historischvergleichendes Vorgehen wird gezeigt, dass Frauen aufgrund ihrer politischen Orientierung beispielsweise die Zeit der Monarchie sehr unterschiedlich erinnern: Während die einen in Nostalgie verfallen, beschreiben andere die Revolution (1958) mit großem Enthusiasmus. Darüber hinaus weist die Autorin darauf hin, dass trotz einer anfänglichen Ausweitung der Partizi101 REZENSIONEN pationsmöglichkeiten der Frauen unter dem BaathRegime die Gestattung dieser Privilegien im Zuge des Iran-Irak Krieges schnell wieder zurückgenommen worden sind. Drastischer verhalte es sich mit den Entwicklungen der Invasion 2003, die u.a. der Liberalisierung von Frauen dienen sollte. Gerade die Betonung der Frauenrechte würde den Reiz für radikale Gruppierungen begründen, Frauen wieder aus dem öffentlichen Leben zu verdrängen und ihre Vorstellungen der Geschlechterbeziehungen zu realisieren, um vor dem Besatzer eine Machtdemonstration vorzunehmen. Die drei Beiträge zeigen, dass der Sammelband eine Reihe von interessanten Fallstudien inkludiert, die eine Dekonstruktion gängiger Stereotype vornehmen und sich der Diskussion von jüngeren Entwicklungen in der MENA Region und ihren Auswirkungen auf die Lebensbedingungen der Frauen stellen. Das Fehlen eines abschließenden Artikels, der die Erkenntnisse der Artikel systematisiert und reflektiert sowie mögliche Bezüge zu relevanten Theorien herstellt, verdeutlicht allerdings erneut den Mangel eines theoretischen Rahmens für die einzelnen Beiträge. Leonie Holthaus, Marburg Scharfenort, Nadine (2009): Urbane Visionen am Arabischen Golf. Die “Post-Oil-Cities” Abu Dhabi, Dubai und Sharjah. – Campus Verlag: Frankfurt, 420 S. Die Autorin hat sich keine leichte Aufgabe gestellt. Titel und Untertitel des Buches provozieren schon alle möglichen Fragen, auf die man Antworten erhofft: Sind diese drei Städte geplant oder gewachsen? Ist die Planung Vision? Ist die Vision eine einheimische Eingebung oder wird sie von cleveren Beratern vorgegeben? Inwieweit sind diese Cities ‚Post-Oil’? Auf diese und viele andere Fragen findet der Leser wenn nicht in jedem Fall eine schlüssige Antwort, so doch 102 BOOK REVIEW eine ausgezeichnet sortierte und aufbereitete Fülle von Material, womit man sich selbst ein Bild davon machen kann, wie die wirtschaftlichen, demoskopischen und gesellschaftlichen Entwicklungen die verschiedenen Phasen der Urbanisierung dieser drei Städte geprägt haben. Aus der Distanz betrachtet kann der Schluss nahe liegen, dass Urbanisierung am Golf – bedingt durch den Segen der Einnahmen vom Export von Öl und Gas – mehr oder weniger nach einem Schema ablief. Hier wird jedoch detailliert dargestellt, warum jede Stadt nach ihrer unverwechselbaren Logik gewachsen ist. Der Werdegang in Abu Dhabi wird für den größten Teil der behandelten Zeiträume als Reaktion auf die Notwendigkeiten beschrieben, dem Wachstum einer durch Zuzug diversifizierten Bevölkerung gerecht zu werden. Dubai erscheint dagegen in allen Stadien als Ergebnis des planerischen Willens der jeweiligen Herrscher. Sharjah’s Stärke zeigt sich meistens darin, dass dort aufgebaut wurde auf den Lücken, die die Geographie oder die Planung der Nachbarn gelassen hatten – sei es dass Teile von Sharjah zur Schlafstadt für Arbeitnehmende in Dubai genutzt wurde oder dass Sharjah früher als andere Emirate erkannte, dass eine Freigabe des Immobilienmarktes (erst für Golf-Araber und schließlich für Ausländer) die Wirtschaft ankurbelt und den Städtebau tiefgreifend beeinflusst. Das Kapitel drei bietet eine minutiöse Darstellung der schrittweisen räumlichen Ausdehnung jeder Stadt von den Anfängen bis zu den angekündigten kühnen Plänen für die Zukunft, wie z. B. Abu Dhabi’s Plan für 2030. Es macht sich hier bemerkbar, dass die Autorin von der Entwicklung von Dubai, Gegenstand ihrer früheren Diplomarbeit, in dem Maße beeindruckt war, dass sie dem gängigen Trend der Kontrastierung mit Dubai folgend die negativen Aspekte der Herrschaft von Scheich Shakhbut in Abu Dhabi mit ausgewählten Zitaten unterstreicht, die ihn nur als geizig, launenhaft und ohne Zukunftsvision darstellen. In den letzten Jahren der 38-jährigen Regierungszeit von Scheich Zayid’s ältestem Bruder wurden jedoch die wichtigsten Infrastruktur-Projekte, wie der Flugplatz, eine Straße nach Al Ain, die Wasserleitung von Al Ain und die Corniche auf den Weg gebracht. Wenige gegenwärtige Beobachter sind sich auch darüber im Klaren, dass es eben diesem unbeirrbaren Herrscher zu zuschreiben ist, dass das Emirat nicht in den 1930er und 1950er Jahren das Territorium fast aller seiner jetzigen Ölfelder an Saudi Arabien verlor. In dem Kapitel über die Veränderungen der Stadtlandschaft erfährt man wiederum detailliert und facettenreich über Hintergründe und Auswirkungen der Ausbauphasen in jeder Stadt. Es wird dem Leser dabei bewusst, in welchem Umfang in allen drei Städten der Zustrom ausländischer Arbeitnehmer zum logistischen Problem wurde. Im Vordergrund stand das Mandat, der einheimischen Bevölkerung durch Bereitstellung von modernen Häusern, Elektrizität, fließendem Wasser und Straßenanbindung die Bedingungen des täglichen Lebens zu revolutionieren, sowie durch gesetzgeberische Maßnahmen den Staatsbür- REZENSIONEN gern die Möglichkeiten zu geben, sich am wirtschaftlichen Wachstum zu beteiligen. Diese Vorgaben konnten nur umgesetzt werden mit der Hilfe ausländischer Expertise und physischer Arbeitskraft. Der Zustrom der Menschen aus aller Herren Länder schuf dann jeweils einen noch viel größeren Bedarf an all diesen Einrichtungen und veränderte zugleich fortschreitend die Stadtlandschaft in einer Weise, dass z. B. die eingangs behandelte Frage, ob diese Städte die Merkmale einer typischen islamischen Stadt aufweisen, inzwischen als müßig erachtet werden muss. In allen drei Städten lebt die einheimische Minorität inzwischen – wenn auch oft in designierten oder privilegierten Wohnlagen – als ein Teil einer Vielvölkergemeinschaft. Die Kriterien für die Entwicklung dieser urbanen Landschaften waren deshalb fast von Anbeginn – und sind vor allem jetzt – Verkehrsbewältigung, Versorgung mit Strom, Wasser und Abwasseranschluss, Industriealisierung und Modernität in der Bereitstellung von Gesundheits- und Bildungseinrichtungen, Maximalisierung des Profits aus Handel und Wandel und Immobilienbesitz u. a. m. Die Beschreibung der Einzelprojekte und Planungstendenzen – wie z. B. der außerterritorialen Freihandelszonen, die jeweils maßgeschneidert für Industrieunternehmen, Finanzhäuser, Bildungsinstitute, Medienfirmen, oder die Unterhaltungsindustrie sind – oder der Konzipierung von Super-Malls, Yachthäfen, Golfplätzen und Rennbahnen wird mit vielen spannenden Einzelbeispielen bereichert. Nach den Kapiteln, in denen die ‚Oil-Urbanisierung’ als „ein erstmals geplantes Wachstum“ (S. 349) verfolgt worden war, wird die ‚Post-Oil-City’ definiert: „Im Vergleich zur Oil-City, die in erster Linie eine Versorgungsfunktion innehat, tritt die PostOil-City architektonisch, funktional und strukturell weitaus facettenreicher in Erscheinung“ (S. 350). Hier herrschen nun thematische Leitbilder (z.B. Dubailand, Dubai Waterfront, Saadiyat Museumsmeile, die emissionsfreie Satellitenstadt Masdar) vor. Im Kielwasser der wahrscheinlich überfälligen Entflechtung der vormals geballten urbanen Funktionen schwimmt ein Überangebot an Projekten – oder Visionen – einher, die nicht selten den obersten Entscheidungsträgern schmackhaft gemacht wurden, weil sie besonders ausgefallen oder ‚noch nie dagewesen’ sind. Die Autorin sieht meistens eine positive Seite in solchen ‚Visionen’; sie kommt zu dem Schluss, dass „inzwischen ... die Stadtorte im weltweiten Vergleich beste moderne politische und ökonomische Standortbedingungen ... bieten“(S. 374). Sie beurteilt die Zukunft dieser drei und der nachbarlichen Golfstädte zwar als positiv, übersieht dabei jedoch nicht den gesellschaftlichen und politischen Nachholbedarf. Derartige Aussagen und definitive Analysen sind manchmal schwer auszumachen innerhalb der fast erschlagenden Fülle von kondensierten Informationen. Weniger wäre vielleicht manchmal mehr. Da sehr viele dieser Informationen aus der englisch-sprachigen Presse der VAE stammen, hätte die Autorin erwähnen können, dass im „Centre for Documentation and Research“ in Abu Dhabi ein schon detailliert vorsortier- BOOK REVIEW tes Zeitungsarchiv zur Verfügung stand, in dem die Belange dieser drei Städte über mehrere Jahrzehnte Niederschlag fanden. Frauke Heard-Bey, Abu Dhabi Schiffer, Sabine, Constantin Wagner (2009): Antisemitismus und Islamophobie – ein Vergleich. – HWK Verlag: Wassertrüdingen, 260 S. Ausgrenzungsdiskurse beginnen bereits mit der Wahrnehmung Viele gebildete Deutsche haben angesichts der deutschen Geschichte mit dem staatlich organisierten Massenmord an Juden ein Schamgefühl verinnerlicht und zu ihrem Vermächtnis erklärt, dass sich derartiges nicht wiederholen dürfe. Zweifellos stellt die Shoa die bislang grausamste und extremste Form der Enthumanisierung einer zum „Feind“ erklärten Personengruppe dar. Andere Minoritäten sind mit der gleichen Qualität wie Quantität an Rassismus seitens der deutschen Gesellschaft bislang noch nicht konfrontiert worden. Die Fixierung auf jene für einmalig empfundenen Kollektivverbrechen als „Mahnmal für Gegenwart und Zukunft“ lässt allerdings leicht übersehen, dass Antisemitismus weder erst mit der Massenvernichtung von Juden beginnt noch historisch begonnen hat. Ebenso besteht die Gefahr, die bestehenden Ausgrenzungsdiskurse gegen andere als „Feind“ oder „minderwertig“ stigmatisierte Rassen, Religionen oder gesellschaftliche Minoritäten aus dem Auge zu verlieren. Die Medienwissenschaftlerin Sabine Schiffer sowie der Politik- und Islamwissenschaftler Constantin Wagner haben sich deshalb in besonderer Weise mit dem Beginn dieses rassistisch begründeten antisemitischen Diskurses im ausgehenden 19. Jahrhundert auseinandergesetzt. Ihr wissenschaftliches Anliegen bestand darin, die Charakteristika jenes frühen Antisemitismus aufzuzeigen und einer neuerdings zu beobachtenden Stereotypisierung des Diskurses über Muslime und den Islam in der christlich-säkular geprägten deutschen Mehrheitsgesellschaft gegenüberzustellen. Die Ergebnisse dieser Vergleichsstudie präsentieren sie in dem populärwissenschaftlichen Buch 103 REZENSIONEN „Antisemitismus und Islamophobie – ein Vergleich“ der Öffentlichkeit. Der dahinter stehende gesellschaftspolitische Anspruch ist weniger darin zu erkennen, beide Gruppenressentiments graduell auf eine Ebene zu stellen, als mehr die Gesellschaft für eine bestehende Islamfeindschaft zu sensibilisieren, um zu verhindern, dass sich das dahinter stehende ressentimentbeladene Islambild weiter etabliert, und letztlich ebenso wie der sich vor 100 Jahren ausbreitende Antisemitismus die Grundlage für Vernichtungsabsichten darstellen kann. Obwohl jeder Ausgrenzungsdiskurs immer im Kontext zur jeweils betroffenen Personengruppe und der diese ausgrenzenden Gesellschaft zu betrachten sei, erschien Schiffer und Wagner die historische Entwicklung der Judenfeindschaft als geeignet, die verschiedenen Komponenten der zeitgenössischen Islamfeindschaft auf Parallelen und wiederkehrende Diskursmuster hin zu untersuchen. Schließlich beruhe Ausgrenzung und Diskriminierung generell auf bestimmten Mechanismen, die unabhängig von der jeweils diskriminierten Gruppe Wirkung zeigten. Hinzu komme, dass die Judenfeindschaft – angesichts ihrer langen Historie und extremen Intensivierung bis hin zur Massenvernichtung – relativ umfangreich erforscht sei und Juden wie Muslime als Anhänger einer in Deutschland minoritären Religion mittels Konversion prinzipiell aus dem als „anders“ oder „feindlich“ konstruierten Kollektiv heraustreten könnten – eine Möglichkeit, die beim klassischem Rassismus aufgrund von biologischen Merkmalen auch theoretisch nicht besteht. Der Ausgrenzungsdiskurs beginne Schiffer und Wagner zufolge beim biologisch begründeten Rassismus ebenso wie bei Antisemitismus und Islamophobie bereits damit, indem jeder, der das betreffende Merkmal aufweise, einer homogenen Gruppe zugewiesen werde und dieser generell bestimmte, von der Majorität abweichende Eigenschaften zugeschrieben werden. Diese zugeschriebenen Merkmale müssen nicht notwendigerweise mit negativen Assoziationen verbunden sein. Vor diesem Hintergrund hätten erklärte Philosemiten beispielsweise unbeabsichtigt zum Antisemitismusdiskurs beigetragen, da sie mit der konstruierten Kategorie „Jude“ stets ebenso wie die Antisemiten verallgemeinerten und eine Homogenisierung vornähmen. Sobald Differenzierung unterbleibe und Eigentümlichkeiten einzelner auf ein Kollektiv übertragen würden, sei der Keim für einen merkmalsspezifischen Ausgrenzungsdiskurs gelegt. Ein Diskursmuster wird nachgezeichnet Durch die umfangreiche Heranziehung von Medien, die Analyse öffentlicher Stellungnahmen antisemitischer wie islamophober Aktivisten und die Reflexion deren Argumentationsstrategien gelingt es Schiffer und Wagner, sowohl für den Antisemitismus als auch für die Islamophobie ein spezifisches Diskursmuster nachzuzeichnen. Hierbei erkennen sie zahlreiche Parallelen. Durch die Homogenisierung und Fixierung der konstruierten Gruppe als grundsätzlich „anders“ 104 BOOK REVIEW werde jedes dazu gehörige Individuum – unabhängig vom konkreten Verhalten, seinen persönlichen Ansichten und dem jeweiligen Kontext – in eine mit bestimmten Eigenschaften assoziierte Kategorie hineingeschoben. Die Bezeichnung „Neo-Rassismus“ erachten die Autoren daher für beide Ausgrenzungsdiskurse als angemessen. Ergab sich diese „Biologisierung“ eines nicht biologischen Merkmals beim Antisemitismus bereits dadurch, dass das Judentum als „Volk oder Rasse“ und somit Jude als angeborener unveränderlicher Status aufgefasst wurde, entstehe die Verknüpfung bei der Islamfeindschaft, indem die Kategorie „Muslim“ mit einer bestimmten ethnokulturellen Abkunft gleichgesetzt werde. Die sichtbare Distanzierung von mit der „fremden“ Religion assoziierten Verhaltensweisen, einhergehend mit dem Bestreben, sich die kulturellen Gepflogenheiten der Majorität anzueignen, impliziert daher nicht selten den Vorwurf, die wahre Identität der Außenwelt zu verschleiern. Offenbare man diese jedoch und ziele darauf hinaus, sein Leben öffentlich sichtbar nach jüdischen bzw. islamischen Grundsätzen auszurichten, bestätige man sozusagen das gegen die eigene Gruppe gerichtete Ressentiment. Unterstellt werde mangelnde Loyalität zur Mehrheitsgesellschaft, die sich im Falle der Juden in dem Terminus „Staat im Staate“ und im Falle der heutigen muslimischen Minorität in Europa in der Bezeichnung „Parallelgesellschaft“ ausdrücke. Schiffer und Wagner erkennen dahinter einen Mechanismus der „selbsterfüllenden Prophezeiung“. Die Feind-Stigmatisierung und Homogenisierung von außen verleite bei den Betreffenden ihrerseits zu einer verstärkten Identifikation mit der zugewiesenen Gruppe und dementsprechend zu einem hiermit als „konform“ interpretierten Verhalten, welches anschließend für die konstruierte Assoziation als „Beweis“ angeführt werden könne. Tatsächliche oder vermeintliche Integrationsschwierigkeiten der betreffenden Minorität seien somit in erster Linie der Mehrheitsgesellschaft anzulasten, welche die erfolgte Integration entweder nicht als solche wahrzunehmen bereit sei oder Integration mit Assimilation und vollständiger Nachahmung des Verhaltens der gesellschaftlichen Majorität einhergehend mit der Aufgabe einer jüdischen versus muslimischen Identität gleichsetze. Als weitere Parallele beider Ausgrenzungsdiskurse wird die Assoziation der als „homogen“ konstruierten Gruppe mit einer Bedrohung für die gesellschaftliche Majorität hervorgehoben. Man selbst könne sich dadurch in der Opferrolle wähnen und die Diskriminierung des konstruierten Kollektivs als „Verteidigung“ rechtfertigen. Erreicht werde dieser Verteidigungsmythos, indem man der stigmatisierten Gruppe entweder die gewöhnlichen humanen Charaktereigenschaften bestreite – zum Beispiel, indem sie als „Krankheit“ bezeichnet würde – oder ihr eine besondere übermenschliche Macht attestiere. In diesen Kontext ordnen die Autoren schließlich die Verschwörungstheorien ein, die eine Verbindung des für „bedrohlich“ in- REZENSIONEN terpretierten Kollektivs zur politischen oder ökonomischen Führungsebene unterstellten. Diese gemutmaßten Verbindungen werden mit dem Täuschungsvorwurf in Zusammenhang gebracht, so dass der Eindruck erzeugt werde, die Herrschaftseliten gehörten entweder selbst der betreffenden Gruppe an oder stünden in einem Abhängigkeitsverhältnis zu dieser. Um ihre vermeintliche Verbindung zum „Feind“ nach außen hin zu demonstrieren, würden in islamfeindlichen Internetblogs Politiker und christliche Kirchenfunktionäre, die sich im Sinne der gesellschaftlichen Ansprüche von Muslimen einsetzten, sogar mit muslimischen Namen präsentiert. Die Bundesvorsitzende von Bündnis90/Die Grünen, Claudia Roth, beispielsweise werde als „Claudia Fatima Roth“ angeführt, so dass jegliches gesellschaftspolitische Agieren der betreffenden Person als „Einsatz für die Herrschaft des Islam“ erscheine. Die eigene politische Gegnerschaft zu ihr lasse sich somit als „Widerstand“ gegen eine unermesslich weitreichende bedrohliche Macht des Islam legitimieren. Durch die Medien erlangt der Diskurs Breitenwirkung Auffällig am antisemitischen wie am islamfeindlichen Diskurs ist die von den Autoren hervorgehobene Tatsache, dass beide in einem Kontext entstanden sind, in dem die Religion für die Majorität der Bevölkerung einen zurückgehenden oder untergeordneten Stellenwert besaß. Zum Ende des 19. Jahrhunderts als bedeutsamer geltenden Identitätsstifter, der Nation, fühlten sich die seit Generationen in Deutschland ansässigen Juden ebenso zugehörig. Die gegenwärtig hierzulande aufgewachsene sogenannte „dritte Immigrantengeneration“ besitzt durch den Schulalltag eine mindestens ebenso tiefgründige Beziehung zur deutschen Gesellschaft wie zum majoritär muslimischen Herkunftsland ihrer Vorfahren. Der Ausschließungsdiskurs geht folglich von minoritären Strömungen innerhalb der Mehrheitsgesellschaft aus, die an traditionellen Identitätskriterien festzuhalten beanspruchen, die sie durch den Einfluss des „fremden“ Elements bedroht wähnen. Ihnen gelinge es, so die Botschaft der Autoren, ihre ressentimentbeladene Sichtweise medial so weit zu verbreiten, dass sie auch jenseits ihrer Klientel auf Resonanz träfen. Besonders anschaulich wird anhand der Veröffentlichungen der christlich-fundamentalistischen Kleinpartei Christliche Mitte (CM) aus den 1980er und frühen 1990er Jahren demonstriert, wie darin geäußerte Ressentiments gegen den als „fremd“ und „feindlich“ stigmatisierten Islam von Gesellschaftsschichten aufgenommen werden, in denen die Ideologie der Urheber auf andere Themenbereiche bezogen in keiner Weise geteilt wird. Mag die CM bis heute kaum über 1 % der Stimmen bei Wahlen erhalten, die von ihren Funktionären verbreiteten, auf den Islam oder die Muslime bezogenen Stereotype fanden in modifizierter Form Eingang bis in die offiziellen interreligiösen Dialogpapiere der Evangelischen Kirche. Sogar in neueren Beiträgen der SPD nahen Friedrich-Ebert- BOOK REVIEW Stiftung erkennen die beiden Autoren ein Islambild, das von jenen Negativassoziationen beeinflusst sei. Die Methoden, diese Stereotype und Assoziationen zu erzeugen und damit gesellschaftliche Breitenwirkung zu erzielen, ähneln sich beim antisemitischen Diskurs des späten 19. Jahrhunderts und dem gegenwärtigen islamophoben Diskurs offenbar so sehr, dass man auf die Schlussfolgerung gelangen könnte, die Islamophoben hätten von den Antisemiten bewusst die Strategien übernommen. Als beliebte Methode, die konstruierte Andersartigkeit ins öffentliche Bewusstsein dringen zu lassen, werde Schiffer und Wagner zufolge in Medienbeiträgen die jüdische versus muslimische Religion eines Akteurs permanent angeführt, selbst dort, wo die Religion für die konkrete Angelegenheit überhaupt keine Relevanz besitze. Wie in Zeitungsartikeln der 1880er Jahre über kritikwürdiges Spekulantentum bei den diesbezüglich genannten Juden deren Konfession – im Gegensatz zu ebenfalls beteiligten Nichtjuden – eigenständige Erwähnung fand, so würden heutzutage bei Berichten über Kriminalfälle muslimischer oder aus muslimischen Ländern stammender Täter deren Religion oder ihr Migrationshintergrund in Medienberichten mit angegeben, bei Tätern aus der christlich geprägten Mehrheitsbevölkerung hingegen gewöhnlich nicht. Der Eindruck eines Zusammenhangs des Islam zu der berichteten Tat werde auf diese Weise künstlich hervorgerufen, obwohl nicht nur im konkreten Fall für eine Beziehung der Aktion zum Muslim sein des Akteurs, sondern nicht einmal für eine überproportionale Häufigkeit von Tätern muslimischer Religion Belege angeführt werden könnten. Mögen islamistische Selbstmordattentäter den Bezug ihrer Anschläge zum Islam als Religion von sich aus beabsichtigt haben und diese Anschläge sogar als „islamisch“ rechtfertigen, durch die eigenständige Erwähnung eines „möglichen islamistischen Hintergrundes“ bereits bei Verdacht auf einen Anschlag entstehe die allgemeine Assoziation des Islam mit potentiellen Gewalttaten im Bewusstsein der Rezipienten. Dies gelte erst recht, wenn der Ausschluss eines spezifisch islamistisch motivierten Hintergrundes bei nichtmuslimischen Tätern oder einer nicht auf Gewalt zurückgehenden Ursache explizit genannt werde. Einem Muslim werde dadurch das Etikett des „potentiellen Gewalttäters“ angehaftet und der Islam gelte im öffentlichen Bewusstsein als „gewalttätige Religion“. Diejenigen, die tatsächlich im Namen des Islam Gewalt zu verüben beanspruchen, hätten hinsichtlich dieses im Westen Verbreitung findenden Islambildes ihr Ziel erreicht. Vielmehr sähen die Muslime sich der Definition Schiffers und Wagners zufolge ihrerseits Gewalt gegenüber, denn Gewalt beginne danach bereits mit dem Stereotyp, nicht erst mit der physischen Aktion. Bestehende Divergenzen zwischen Juden- und Muslimfeindschaft bleiben nicht unberücksichtigt Die zahlreichen entdeckten Parallelen zwischen dem Antisemitismus des späten 19. Jahrhunderts und der 105 REZENSIONEN in jüngster Zeit aufgekommenen Islamophobie lassen die Autoren nicht übersehen, dass zwischen beiden Gruppenfeindschaften durchaus Unterschiede bestehen. Diese erschöpfen sich nicht in der Tatsache, dass jener Antisemitismus in Deutschland sich historisch bis zur Massenvernichtung des konstruierten Feindes gesteigert hat – zumal eine vergleichbare Zuspitzung gegenüber anderen als „feindlich“ angesehenen Gruppen in der Zukunft prinzipiell ebenso wenig ausgeschlossen sei. Die Hauptdivergenz ergebe sich vielmehr daraus, dass die Juden bereits seit Jahrhunderten als Minorität in Europa gelebt hatten und somit sich Judenfeindschaft von vorn herein gegen ein „innergesellschaftliches Element“ gerichtet habe. Islamfeindschaft blieb in historischer Dimension hingegen eine Fixierung auf ein „äußeres Feindbild“. Erst seit der Immigration in den 1960er und 1970er Jahren sieht sich die deutsche Gesellschaft mit Muslimen als eigenem Bestandteil konfrontiert. Das Bewusstsein, dass deren Religion nun ebenfalls dauerhaftes Element des eigenen Kollektivs darstellt, kam sogar erst mit der in Deutschland aufgewachsenen sogenannten „dritten Einwanderungsgeneration“ und ihrer bewussten Ausrichtung auf ein dauerhaftes Leben in Deutschland auf. Zugleich erschien damit eine der Mehrheitsgesellschaft zugeschriebene „christliche Identität“ in Frage gestellt, die mancher nun glaubte, gegen die „fremde“ Religion „verteidigen“ zu müssen. Von diesem Moment an erhalte der Abgrenzungsdiskurs gegenüber Muslimen erst die gleiche Qualität wie der Antisemitismusdiskurs, der sich im 19. Jahrhundert durch die Zuerkennung der vollständigen Staatsbürgerrechte an Juden ergab. Nun erfährt er durch die Einbürgerung muslimischer Immigranten bzw. die Selbstdefinition der hier lebenden Muslime als „deutsche Bürger muslimischen Glaubens“ seine Grundlage. Schiffer und Wagner erkennen in der Antizipation einer spezifischen „deutschen Identität“ und selbstbewussten Partizipierung am deutschen Gesellschaftsleben letztlich die Basis für den Juden wie Muslimen entgegengebrachten Vorwurf, ihre wahrhaftige Identität verbunden mit „konspirativen Absichten gegen die Mehrheitsgesellschaft“ vor dieser zu verbergen. Da Antisemitismus auch in der heutigen deutschen Gesellschaft als minoritäre Strömung nach wie vor existent sei, erachteten die Verfasser des Buches es vor allem für bedeutsam, die Divergenzen zwischen der Auswirkung jenes gegenwärtigen Antisemitismus und dem gleichzeitig an Dynamik gewinnenden islamophoben Diskurs herauszustellen. Hierbei konstatieren sie, dass Antisemitismus im Gegensatz zur Islamophobie in der Mainstream-Öffentlichkeit kaum noch auf Resonanz treffe und dort eindeutig tabuisiert sei. Islamophobe Ansichten würden hingegen – wie der Karikaturenstreit belege – nicht selten als „legitime Meinungsäußerung“ gewertet, die ein Rechtsstaat zu tolerieren habe. Dieser auf doppelten Standards beruhenden Moralität erfordere es, öffentlich entgegenzutreten. Hierfür erscheine es wesentlich, dass auch 106 BOOK REVIEW der Antisemitismus nicht in erster Linie deshalb verurteilt werde, weil er sich gegen „Juden“ wende, sondern weil er eine Ungleichwertigkeit von Menschen unterstelle, aus der heraus prinzipiell jeder als „anders“ konstruierten Gruppe – einschließlich der Muslime das Stigma des „Minderwertigen“ anhaften könne. Eine Vergleichsstudie mit pädagogischem Anspruch Sicherlich wurde der Vergleich der in jüngster Zeit in der europäischen Gesellschaft verstärkt aufgekommenen Islamophobie mit dem historischen Antisemitismusdiskurs in erster Linie ausgewählt, weil letzterer wissenschaftlich bereits eingehend erforscht ist und somit ausreichend Vergleichsmaterial bietet. Die Erkenntnis, dass Antisemitismus in der gegenwärtigen deutschen Mainstream-Öffentlichkeit stets auf Widerstand trifft und diesbezüglich angesichts der historischen Zuspitzung in der Shoa eine allgemeine Sensibilität besteht, erschien jedoch gleichermaßen Motivation, den Antisemitismusdiskurs als Vergleichsmuster für die von vielen als „legitim“ angesehene Islamophobie zu prädestinieren. Dahinter verbirgt sich eine pädagogische Strategie und die Botschaft, das „Wehret den Anfängen“ dürfe sich nicht nur auf den Widerstand gegen vermeintliche oder tatsächliche judenfeindliche Ressentiments beziehen, sondern müsse eine Wachsamkeit gegenüber jeglichen Tendenzen der Homogenisierung und gruppenbezogenen Pauschalisierung beinhalten. Auf diese Weise erhoffen sich die Autoren nicht nur zu erreichen, dass die Islamophobie gleichermaßen als Neo-Rassismus eingestuft wird und die Mehrheitsgesellschaft der muslimischen Minorität den ihr gebührenden Respekt entgegenbringt, sondern darüber hinaus die Reflexion jeglichen gruppenbezogenen Diskurses, in wie weit er auf Stereotypen beruht. Letztlich rufen sie ihre Leser zur Zivilcourage auf, eigenständig herauszufinden, wo ein neues Kollektiv als „Feind“ konstruiert und stigmatisiert wird. Dieser beklagenswerten Tendenz gelte es couragiert entgegenzutreten. Der deutschen Mehrheitsbevölkerung wird verdeutlicht, dass die Erfahrung des Massenmordes an Juden während des Nationalsozialismus sowie der objektive Rückgang und die Tabuisierung judenfeindlicher Ansichten keineswegs bedeutet, dass die deutsche Gesellschaft vor der Entstehung eines erneuten Ausschließungssystems immun ist. Der Kampf für die Gleichberechtigung und gleichwertige Anerkennung aller Menschen erweist sich demnach als immerwährende Aufgabe und erfordert permanente Aufmerksamkeit. Der Leser des Buches sieht sich aufgerufen, die Erkenntnisse aus Schiffers und Wagners Vergleichsstudie aufzunehmen und hiervon ausgehend mit geschärftem kritischem Blick sich in die öffentlichen gesellschaftspolitischen Debatten einzubringen. Mohammed Khallouk, Marburg REZENSIONEN Schmid, Hansjörg, Andreas Renz, Bülent Ucar (Hrsg., 2010): “Nahe ist das Wort …” Schriftauslegung in Christentum und Islam. – Friedrich Pustet: Regensburg, 277 S. Wolfgang Schäuble war offenbar überrascht, als er, noch Innenminister und Gastgeber der IslamKonferenz, zur fünften christlich-muslimischen Fachtagung des Theologischen Forums Christentum – Islam an der Akademie der Diözese RottenburgStuttgart Anfang März 2009 eingeladen wurde. Das Forum wird seit seiner Gründung im Jahre 2003 vom Bundesinnenministerium gefördert, doch der Minister ist kaum den 125 christlichen und muslimischen Theologen aus zwölf Ländern zuzurechnen, die zusammengekommen waren, um über hermeneutische Fragen der Auslegung von Koran und Bibel zu diskutieren. Kein Wunder, dass der ministerielle Vortrag: “Zusammen in Deutschland – Zum Dialog zwischen Christen und Muslimen” (S. 21-28) und die in diesem Band vereinigten Beiträge inhaltlich auseinanderklaffen und letztere sich vor allem an einen entsprechend gebildeten Leserkreis richten. Ob die 16 abgedruckten Vorträge über ihren wissenschaftlichen Gehalt hinaus einen Beitrag leisten zum besseren Verständnis der Christen und Muslime voneinander und ihrem harmonischeren Zusammenleben förderlich sind, erscheint fraglich – die bei der Tagung Versammelten brauchten sich wohl kaum gegenseitig Toleranz und Achtung zu versichern. Der Minister machte mehrfach klar, dass er einen weltanschaulich und religiös neutralen Staat auf der Grundlage der säkularen Ordnung des Grundgesetzes vertrete, vermied jedoch tunlichst, auf die religiösen Fundamente der Staaten des Nahen Ostens, der arabischen ebenso wie Iran, Israel und die Türkei, hinzuweisen, die allesamt nicht mit den betonten Maßstäben des Grundgesetzes übereinstimmen. Er sprach nur ganz allgemein von einer “gemeinsamen Basis zwischen den Religionen” und nannte diese entscheidend für das Miteinander in einem säkularen und weltanschaulich neutralen Staat. Überrascht äußerte er sich, dass seine Bemerkung, der Islam sei ein Teil der Gegenwart und der Zukunft Deutschlands so viel, wie er sagte, “Aufmerksamkeit” erregt habe, begnügte sich BOOK REVIEW jedoch mit der Feststellung, dass manchmal schon das Aussprechen einer Tatsache, einer gesellschaftlichen Wirklichkeit durch einen Innenminister ein Ereignis sei. Auf Einzelheiten ging er nicht ein. Dass in Deutschland nicht alles zum Besten steht, wenn es um die Wahrnehmung der Musliminnen und Muslime geht, sprach Schäuble offen aus und verwies auf die Debatten um den Bau und den Betrieb von Moscheen und das Kopftuch. Die meisten Deutschen dächten “inzwischen recht positiv” über die Integration der nach Deutschland kommenden Zuwanderer, meinte er, fügte jedoch im darauffolgenden Satz hinzu, beim Stichwort Islam dächten die Deutschen selten an positive Werte wie Friedfertigkeit oder das Streben nach Gerechtigkeit, verbänden mit dem Islam eher die Benachteiligung von Frauen, Rückwärtsgewandtheit, Fanatismus, Intoleranz und Demokratiefeindlichkeit. Schäuble nannte keine Zahlen, nach statistischen Umfrageergebnissen soll ihr Anteil bei gut 80 Prozent liegen – kaum ein günstiges Anzeichen für ein harmonisches Miteinander von Angehörigen verschiedener Religionsgemeinschaften. Wenn etwa der (inzwischen zurückgetretene) Ministerpräsident eines Bundeslandes, der CDU-Politiker Roland Koch in Hessen, mit einem Appell an die antimuslimischen Emotionen auf Stimmenfang bei den Landtagswahlen (2008) geht, kann es mit der christlich-muslimischen Harmonie in Deutschland nicht weit her sein, trotz aller wohlmeinenden Worte und Veranstaltungen. Als Grund für diese negative Sicht nannte Schäuble die Extremisten, die sich auf den Islam beriefen, fügte jedoch zugleich hinzu, solche gebe es auch in anderen Religionen – er vermied es jedoch, diese beim Namen zu nennen. Diese Extremisten machen nach Einschätzung des Ministers nur eine sehr kleine Gruppe unter den Muslimen aus, diese präge jedoch maßgeblich das Bild des Islams im Westen. Nichtsdestoweniger, der interreligiöse Dialog und der Dialog zwischen Muslimen und öffentlichen Institutionen des Staates können nach Ansicht des Ministers zu einem “mehr gelebten Miteinander” beitragen. “Da haben wir noch viel zu tun.” So fügte er hinzu und erinnerte abermals an die verbreiteten abwertenden Klischeevorstellungen: “Wenn die Menschen in Deutschland einmal beim Stichwort Islam nicht zuerst an negative Erscheinungen, sondern an den Beitrag der Muslime zu unserem Gemeinwesen denken, dann werden wir in der Integration ein ganzes Stück weiter sein. Dann wird mehr religiöse Vielfalt nicht mehr Ängste auslösen, sondern die Gesellschaft bereichern und auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland stärken.” Die Verfasser der Einleitung (S. 11-20), Hansjörg Schmid und Bülent Ucar, erinnern daran, dass die kanonischen Texte von Christen und Muslimen in einem kulturellen Umfeld entstanden sind, das heute vielen Menschen fremd ist, zugleich jedoch beanspruchen, eine zeitlose und universal gültige Lebensorientierung zu bieten. Als Aufgabe von Übersetzung und Interpretation bezeichnen sie, die Distanz zwischen Geschichtlichkeit und aktuellem Lebensbezug zu überbrücken, und weisen darauf hin, dass es eine Ausle107 REZENSIONEN gung und Aktualisierung der Schriften sowohl im Christentum wie im Islam von Anfang an gegeben hat – dies sei kein Spezifikum christlicher Theologiegeschichte. Koranexegese beginne nicht mit der modernen Hermeneutik, sondern habe eine lange Tradition in der islamischen Wissenschaftsgeschichte und sei keineswegs als Reaktion auf die westliche Moderne entstanden, habe Tausende von Werken hervorgebracht. In der Bibelwissenschaft komme, so erklären die Verfasser, der historisch-kritischen Methode kein Alleinvertretungsanspruch mehr zu; diese Methode sei vielmehr um sprach-, literatur- und sozialwissenschaftliche Ansätze erweitert worden und werde nur noch selten in Reinform praktiziert. In entsprechender Weise kenne auch der Islam verschiedene Zugänge, schreiben die Verfasser der Einleitung und verweisen auf muslimische Aktivisten im 19. Jahrhundert, die Möglichkeiten ‘ausloteten’, den Koran veränderten politischen und sozio-ökonomischen Rahmenbedingungen anzupassen. Diese Debatten hätten sich im 20. Jahrhundert fortgesetzt und, so darf angenommen werden, halten auch in diesem Jahrhundert an. Von den Texten des Sammelbandes, die sich zu ihrem größten Teil vor allem an Bibel- und KoranwissenschaftlerInnen richten, verdienen die Beitrage des Kapitels “Feministische Auslegungen” Interesse auch jenseits der jeweiligen Expertenkreise. Gegensätzliches zur Stellung der Frau im Koran hat wie andere vor ihr die Islamwissenschaftlerin Muna Tatari (Hamburg) gefunden. Zur Genderfrage enthalte der Text eine Vielzahl an Versen, die von einer ontologischen Gleichheit von Mann und Frau sprechen und beide gleichermaßen zu ethischem Verhalten aufrufen und sie zur Gestaltung von gemeinschaftlichem Leben und seinen Rahmenbedingungen einladen als Ausdruck ihrer von Gott übertragenen Verantwortung. In ihrem Beitrag “Geschlechtergerechtigkeit und Gender-Gihad – Möglichkeiten und Grenzen frauenbefreiender Koraninterpretationen” (S. 120-143) führt sie Koranverse an, die “eine lange Geschichte Frauen marginalisierender Interpretationen bergen”: Verse über Themen wie Mehrehe, Erbrecht, Scheidungsmöglichkeiten, Zeugenaussage und “eheliche Konfliktlösungsstrategien”. In der islamischen Tradition scheiden sich die Geister an der Frage, wie die von ihr angeführten Verse verstanden werden sollen – welcher Interpretation sie sich anschließt, lässt sich allenfalls erahnen, sie zitiert nur eine weitere Sure über die unterschiedliche Deutung des Buches. Eben. Muna Tatari führt des weiteren Geschichtswerke wie das von al-Tabari an, die sich auch auf Quellen aus jüdischen und christlichen Traditionen berufen und “eine Fülle frauenfeindlicher Aussagen” enthalten. Wie wird Eva dargestellt? Steht sie als eine Art Urmutter allen Übels da, und lässt sich folglich ihr Anteil am Sündenfall des ersten Menschenpaares als Begründung für die in muslimisch geprägten Ländern bis heute verbreitete Diskriminierung und Unterdrückung der Frau anführen? Abermals bringt Tatari unterschiedliche Quellen herbei, betont jedoch, Eva die Schuld an ihrem und Adams Ungehorsam gegenüber 108 BOOK REVIEW Gott zu geben, stehe nicht im Koran. Diese Schuldzuweisung habe sich in der Entwicklung islamischer Anthropologie jedoch nachteilig ausgewirkt auf die Frauen und ihre gesellschaftspolitischen Einflussmöglichkeiten. Aus Evas überliefertem Verhalten im Paradies sei abgeleitet worden, Frauen seien eine Quelle von fitna und Grund für die moralischen Verfehlungen der Männer. In einigen Traditionen sei der gesamte Körper der Frau, selbst ihre Stimme, als ‘aura definiert worden – mit dieser Begründung seien die Frauen auf den häuslichen Bereich beschränkt worden. AlTabari, so hält sie ihm zugute, habe zu den Gelehrten gehört, die qualifizierten Frauen ebenso wie qualifizierten Männern das Richteramt zutrauten, Frauen und Männer als gleichwertige Zeugen vor Gericht einstuften und Frauen die Eignung für das Amt des Imams zuerkannten. Wie konnten Texte aus der Überlieferung des Propheten in den islamischen Kanon verbindlicher Texte gelangen, wenn ihre Inhalte nicht durch Koranstellen gestützt werden oder gar im Widerspruch zum Koran stehen? Zweifel über die Authentizität vieler Texte seien angebracht, sagt Tatari und führt beispielhaft den Überlieferer Abu Huraira an. Er erwähnt etwa die auf der Arabischen Halbinsel bekannte “Rippengeschichte” und schreibt dem Propheten die Bemerkung zu, die Frau sei aus einer krummen Rippe gebildet, wolle man sie geradebiegen, werde sie zerbrechen; belasse man sie aber in ihrem mangelhaften Zustand, könne man ein schönes Leben mit ihr führen. Auf Abu Huraira geht auch eine andere dem Propheten zugeschriebene Äußerung zurück: Beim Anblick einer Gruppe von Frauen soll er gesagt haben, diese sollten mehr beten, da sie die Mehrheit der Höllenbewohner bildeten, eine Versuchung für die Männer seien und der Vernunft und der Religion ermangelten. Nach der “Rekonstruktion” seiner Lebensumstände war Abu Huraira ein später Konvertit und stand dem Propheten nicht besonders nahe. Der Unverheiratete soll den Frauen nicht wohlgesonnen gewesen sein. Nach manchen Überlieferungen soll er Fehler bei der Wiedergabe von Sachverhalten und Aussagen des Propheten eingestanden haben. Viele der frauenfeindlichen Texte seien nur durch ihn überliefert, sagt Tatari. “Aber: An Abu Huraira scheiden sich bis heute die Geister.” Für Tatari sind die widersprüchlichen Texte zu Genderfragen ein Hinweis auf die Kontroversen in der frühislamischen Gesellschaft über den Einfluss, den Frauen hatten oder haben sollten. Ein Drittel der Texte, der zur Grundlage von Recht und Theologie wurde, sei von Frauen überliefert worden. Nach den von Tatari angeführten Texten sind die patriarchalischen Strukturen empfindlich beschnitten oder aufgebrochen worden; Frauen nahmen Schlüsselfunktionen bei politischen Entscheidungen, in Wirtschaftsunternehmen und bei der “Produktion” und der Vermittlung von Wissen ein. Sie findet daher eine “Gegenbewegung” nicht verwunderlich und versteht aus patriarchalischer Perspektive die Bereitschaft, Texte zur Untermauerung der “Rückbewegung” aufzunehmen. So entstanden nach Tataris Befund frauenfeindliche Tex- REZENSIONEN te, die ein Echo in der Gesellschaft fanden und sich bis heute auswirken. Dass die Frau nach den heutzutage allgemeinverbindlichen Maßstäben in den geheiligten Schriften des Christentums kaum besser wegkommt als in den islamischen ist aus dem Beitrag der Theologin Kerstin Rödiger (Binningen, Schweiz) zu erfahren: “Die Leserin entscheide! Chancen und Grenzen feministischer Interpretationsparadigmen” (S. 144-158). In der Bibel werde auf Adam und Eva im Paradies (Gen 2 und 3) nur sehr begrenzt Bezug genommen, hat sie bemerkt. Im Ersten Testament stelle vor allem die weisheitliche Literatur an wenigen, aber sehr einflussreich gewordenen Stellen “Rückbezüge” her: In Sir 25,24 werde von der Frau gesagt, ihretwegen sei die Sünde in die Welt gekommen, und ihretwegen müssten wir sterben. In Koh 7, 26-29 werde das Böse mit dem Tod und dieser mit der Frau gleichgesetzt. Im Buch der Sprichwörter werde die Frau sowohl positiv wie negativ beschrieben. (Spr 11, 16. 22) Rödiger findet es kennzeichnend, dass in den meisten nachbiblischen Interpretationen nur auf frauenfeindliche Bemerkungen Bezug genommen wird, Positives jedoch unter den Tisch falle. Unter den Jesus-Worten im Neuen Testament seien keine negativen Aussprüche über die Frau im Allgemeinen zu finden. Beim Scheidungsverbot beziehe sich Jesus auf die Genesis-Texte und bezeichne Mann und Frau als von Gott geschaffen und zu einer Einheit zusammengefügt (Mk 10, 2-12 par). Jesus stelle also keine Geschlechterhierarchie her. Anderes ist in den Schriften von Paulus zu lesen. Im ersten Korinther-Brief werde, wie Tatari schreibt, explizit eine hierarchische Schöpfungsordnung angenommen, die aus der sekundären Erschaffung der Frau abgeleitet werde. Christus sei das Haupt des Mannes, während der Mann das Haupt des Weibes sei, er sei vor ihr geschaffen worden. Weiter heißt es da: “Der Mann darf sein Haupt nicht verhüllen, weil er Abbild und Abglanz Gottes ist; die Frau aber ist der Abglanz des Mannes. Denn der Mann stammt nicht von der Frau, sondern die Frau vom Mann. Der Mann wurde auch nicht für die Frau geschaffen, sondern die Frau für den Mann” (1Kor 11,3. 7-9). Im ersten Timotheus-Brief hat Rödiger den zweiten “schwerwiegenden” Rückbezug auf den Genesis-Text gefunden, mit dem die Frau dafür verantwortlich gemacht wird, dass die Sünde in die Welt gekommen ist: “Eine Frau soll sich still und in aller Unterordnung belehren lassen. Dass eine Frau lehrt, erlaube ich nicht, auch nicht, dass sie über ihren Mann herrscht; sie soll sich still verhalten. Denn zuerst wurde Adam erschaffen, danach Eva. Und nicht Adam wurde verführt, sondern die Frau ließ sich verführen und übertrat das Gebot. Sie wird aber dadurch gerettet werden, dass sie Kinder zur Welt bringt, wenn sie in Glaube, Liebe und Heiligkeit ein besonnenes Leben führt” (1Tim 2, 11-15). Beide Textstellen markieren für Rödiger den Anfang der Auslegungsrichtung, die für die christliche Interpretation über Jahrhunderte hinweg bestimmend bleiben sollte. “Sie lieferte den Interpretationsschlüs- BOOK REVIEW sel des Sündenfalls und der hierarchischen Unterordnung.” Wolfgang Köhler, London Swedish Public State Investigation SOU 2009:52 (Hrsg.): The State and the Imams: Religion, Integration, Autonomy. – Stockholm: Fritzes, 2009, 161 p. Europe is in the process of institutionalising Islam as the second largest religion after Christianity, and education of imams has become a focus-issue for national policy debates about how to best manage this process. Currently, imams are recruited from Islamic countries and therefore often lack knowledge about the languages, societies, laws and values of the European countries in which they are to serve their communities. Since European Muslim communities overall are low-income groups, most European imams are either not paid or paid very little for their services, and have to make a living through other jobs; in most Muslim countries they are paid by the state. Consequently, European governments and Muslim organisations see a need to further educate imams, with the long-term objective that imams should receive their main education in their European countries. Some governments (including the Swedish) have also expressed the idea that educating imams could improve integration of Muslims. Practical solutions to further imam education vary, depending on the history and religious policy of each country (i.e. whether imam education is undertaken by state universities or private Muslim organisations, and whether they are initiated by the state or by Muslim organisations). Some countries which belonged to the former Ottoman Empire – Bosnia-Hercegovina and Turkey – have long established, state organised programs for imam education; Turkey is also one of the major exporters of imams to Western Europe and Scandinavia. Other countries with a history of colonial relations with Islamic countries – especially the United Kingdom and the Netherlands – have established programs since the 1970s which are run either by private Muslim organisations, by state universities, or by joint state-Muslim organisation colleges. The other Western European countries and Scandinavia have only recently entered this scene. While some Scandinavian countries – e.g. Norway – are trying out models similar to those found in the United Kingdom and the Netherlands, others – e.g. Sweden – are still deliberating. It is clear that education of imams is part of broader educational adjustments in multi-cultural societies to meet the needs of immigrated religious leaders from a wide range of religions. Norway – which still has a Lutheran state church – has introduced a course for religious leaders about Norwegian society and religious studies, requested by imams and other religious leaders and provided by the theology department at Oslo University. Twenty religious leaders of several faiths have taken the first course (2007-2008), which 109 REZENSIONEN had more applicants than could be accepted. Oslo University and the Islamic Council Norway are also discussing how to develop BA and MA programs in Islamic studies, suitable for imams but open for all students (utrop.no, 4 mars 2009). In Sweden, the transition from a mono-cultural society with a dominating Lutheran state church to a multi-cultural and multi-religious society led to the separation between church and state in 2000. Before 2000, the Lutheran priests were educated at theologyand religious studies programs designed and provided by the state universities, and complemented by a oneyear pastoral and confessional training provided by the church. Since 2000, the state can no longer make requirements concerning training of priests, and in 2007 the university priest exam was abolished. However, state universities continue to offer courses in theology, and currently the bulk of the one-year ‘confessional’ training that used to be provided by the church has been taken over by the university departments of theology and religious studies. Paradoxically, the universities today thus provide more of the ‘confessional’ pastoral training than before 2000. This has generated a sharply polarised debate about the desirability of the church’s involvement in university programs (DN.se, 2 June 2009). Onto this scene entered the Swedish Muslim organisations with a request to the government that education programs for imams be introduced at university or intermediate levels, but excluding the theological and confessional parts of the training, which they want to be provided by Muslim teachers or institutions. One of the organisations’ arguments was that since priests are educated at state universities, imams should have the same opportunity. The Swedish ministry of education responded by requesting a public investigation in May 2008, to be finished by June 2009. The results are published in the report – The State and the Imams: Religion, integration, autonomy. The principal investigator is Erik Amnå, professor of political science at Örebro University with special expertise in democracy and civil society, in cooperation with the two investigation secretaries Dr. Göran Larsson, religious studies at Gothenburg University, and Dr. Pia Brundin, political science at Örebro University. Larsson in particular has broad expertise in researching Islamic institutions in Sweden. These qualifications on the part of the investigating team are clearly manifested in the report, which is commendably accessible and informative. The report consists of six chapters, with appendices (the government directive; questionnaires; list of meetings and organisations involved in the investigation; and material concerning imam education in Europe). Chapter 1 presents the background, main questions, delimitations, and methodology of the investigation. The government directive defines the investigation’s three objectives: (1) to survey the needs for national education programs for imams as expressed by Muslim organisations; 110 BOOK REVIEW (2) to survey and analyse the needs of currently practising and future imams for various educational efforts concerning Swedish language and society as well as theological education within the systems of higher and intermediate education; (3) to assess if the already existing educational opportunities could meet the needs for imam education (pp. 111; 115). 121 imams of different national backgrounds and Islamic traditions and schools have been involved in the investigation. These are estimated to constitute around one third of the active imams in Sweden. Chapter 2 provides a historical outline of Sweden’s development from the sixteenth century’s national unification on the religious basis of the Lutheran state church, through the emergence of the free churches in the nineteenth century, the acceptance of Jewish citizens in 1870, and the religious freedom act of 1951, to an increasingly multi-religious and multi-cultural society. Today Sweden’s religious ‘market’ consists of a range of Christian churches and denominations, Jewish, Hindu, Buddhist, Sikh, Zoroastrian and Islamic communities, as well as several new religious movements. Chapter 3 presents the Swedish imams, against a historical background of Muslim immigration and the establishment of Swedish Muslim organisations from the 1970’s onwards. This is followed by another trajectory of how the expectations on imams are changing in Europe, from the traditional role as prayer leader and moral-spiritual-‘legal’ guide towards that of a modern priest and chaplain, whose numerous social responsibilities require knowledge about the law and the values, regulations and functions of public institutions. Against this background the data gathered from the imams is presented. The vast majority are trained in Turkey (47 of 102 answering), followed by Bosnia (10), Saudi Arabia (9), Iraq (7) and Jordan (7) (p. 42). The main results of the questionnaires are that imams (even those with long educations from Islamic countries) are strongly in favour of national education programs (94 of 116), and perceive a need for further education in Swedish law (81 of 90); Islamic theology (31 of 90); Swedish history and society (68 of 90); conflict management and family counselling (61 of 90); management and leadership (38 of 90); Swedish language (75 of 90); spiritual counselling (31 of 90); and religious dialogue (43 of 90) (pp. 46–47). According to the report, the results of meetings with the Muslim organisations complicate the imams’ responses, because there is considerable disagreement over how best to provide the education they all agree is needed, and the majority want Islamic theology to be provided by Muslim organisations or through studies abroad. Chapter 4 surveys the existing educational opportunities. Swedish language for immigrants is provided by Swedish municipalities, and sometimes combined with professional training courses. A course for newly immigrated religious leaders could be designed, including both language and the other requested subjects. Sweden also provides a wide variety of relevant REZENSIONEN courses through the intermediate education system, which offers separate courses as well as complete programs. Then there is the higher education system with its courses and programs in social sciences, history, and religious studies. This survey is followed by an overview of how the Swedish ‘free churches’ (i.e. denominations outside the state church), the Catholic church, the Orthodox and Oriental churches, and the Jewish community have institutionalised education programs outside of the universities, through the initiatives of the community members, with some state funding. The chapter concludes with a brief survey of European models for imam education, including a recent EU-initiated model where newly immigrated religious leaders of all faiths are encouraged to take stateprovided courses treating subjects such as integration, law, freedom of religion, identity, and citizenship, the point being that bringing together leaders from different faiths will open up new perspectives (p. 78; the Norwegian university course described above is in line with this EU-initiative). Two outcomes emerge from these surveys: that there are already enough opportunities for imams to further their education regarding Swedish language and society; and that the experiences of non-state church religious communities suggest that the best way to provide religious education is through their own initiatives and organisation. Chapter 5 treats the conditions and principles relevant to education of imams, the most important being the objective of Swedish integration policy: ‘Equal rights, duties and opportunities for everyone regardless of ethnic and cultural background’ (p. 82). Through an exposition of other relevant laws and principles, the report concludes that (a) the state should not conceive of imams or any other religious leader as mechanisms for integration, which should be promoted through general political and economic measures; and (b) the state should not make imams the objectives of initiatives regarding education, since that would mean treating imams differently from other religious leaders, and an interference of the state in religious matters, which after 2000 it cannot do. Instead the autonomy of the Muslim organisations to find their own solutions must be maintained. The report stresses that the separation between state and church effectuated in 2000 has a corresponding educational objective, that state universities should be religiously neutral (p. 101). Chapter 6 sums up the main findings in a concluding analysis which leads on to a recommendation: The investigation recommends the alternative to improve what is already being done, rather than introduce a special education for imams/religious leaders [in general]. For reasons of principle, establishing an education for imams is not in accordance with, on the one hand, the state’s confessional neutrality, and on the other hand, the autonomy of religious communities. The practical reasons for not introducing an education are that there is disagreement among the Muslim organisations and communities that the investiga- BOOK REVIEW tion was in touch with concerning how a proposed education would be constructed, and what level in the education system would be appropriate. The education requested by the Muslim organisations and communities is to a large extent already available or could be provided within the existing education system (p. 109; italics added). As already mentioned, this is a competently produced report. However, it has some weaknesses. While the imams’ views are presented in an accessible manner through tables, the Muslim organisations’ views are only summarily described in words and neither identified in terms of organisation nor correlated to the views of the imams. Thus it is not transparent which organisation has which view, how the organisations’ views relate to the imams’ views, and over which issues they conform or differ. This matters because nearly half of the imams answering the questionnaires are from Turkey and are educated and paid by the Turkish state. Thus when 31 of 90 say they need Islamic theology, one should take into account that the ca. 47 Turkish imams are unlikely to express a need for more theology. Other sociological data concerning the imams is also lacking, e.g. ethnicity/nationality, general education, income levels, and other jobs. It also seems that the recommendation (above, p. 4) goes beyond the terms of reference for the investigation (the three points quoted above, p. 2), particularly regarding the issue of the state’s religious neutrality, which is outside the brief, and not actually researched in the report. Since 2000, the state cannot regulate the contents of religious education – through state universities or other means – but state universities can of course provide education for imams, Buddhist monks, and computer engineers alike, the contents of which are a matter for the university and the professional ‘client’ to decide; as we have seen, this is being done with respect to religious leaders in other countries, e.g. Norway. It is obvious that such courses at state universities – which transmit considerable institutionalised knowledge about society – support new immigrant communities on the road to full integration. Ulrika Mårtensson, Trondheim Thompson, Jason (2010): Edward William Lane. The Life of the Pioneering Egyptologist and Orientalist. – London: Haus Publishing, 742 pp. Die meisten Besucher der National Gallery in London stroemen vorbei an der Terrakotta-Statue von Edward William Lane (1801-1876), die sein Bruder Richard 1829 von ihm gestaltet hat. Er war so hingerissen von der orientalischen Kleidung, die sein Bruder in Ägypten angelegt hatte, dass er ihn in dieser Gewandung mit untergeschlagenen Beinen und einem Turban darstellte. Eine Inschrift auf dem Podest beschränkt sich auf knappe Auskünfte über den Dargestellten, “einer der führenden Gelehrten des Arabischen in Europa”, der 1826/27 und 1833 bis 1835 in Ägypten lebte. Von seinen Werken ist nur sein bekanntestes angeführt: An 111 REZENSIONEN Account of the Manners and Customs of the Modern Egyptians (London 1836), das auch ins Deutsche übersetzt wurde: Sitten und Gebräuche der heutigen Ägypter (Leipzig 1856). Immer wieder aufgelegt, war das Original niemals vergriffen und begleitet bis in unsere Tage romantisch gestimmte Ägypten-Besucher als Reiselektüre: eines der “einflussreichsten und meistgelesenen Bücher, das jemals über den Nahen Osten geschrieben wurde”. (S.393f.) Thompson bescheinigt Lane, den Islam westlichen Lesern verständlich gemacht zu haben mit einer bemerkenswerten Ausgeglichenheit von Sympathie und Objektivität (S.33) – angesichts der heutzutage verbreiteten Islamfeindlichkeit im Westen offenkundig ohne dauerhafte Wirkung. Mit seiner monumentalen Biografie hat der amerikanische Orientalist Thompson Lane ein literarisches Denkmal gesetzt. Die Biografie schließt sich der von Thompson besorgten Veröffentlichung seiner Description of Egypt (Cairo 2008) an, die zu Lebzeiten Lanes trotz seiner unermüdlichen Bemühungen nicht zustande gekommen war. (S.135) Nach den Maßstäben seiner Zeit war Lane ein diskreter Mann, der von seinem Privatleben keine Aufzeichnungen hinterlassen hat. Wäre er mitteilungsfreudiger gewesen, wie umfangreich wäre dann Thompsons Biografie ausgefallen? Nach Auffassung seines Biografen sollte die Inschrift unter der Statue im Londoner Museum weitere Angaben enthalten: Lane der Verfasser eines arabisch-englischen Wörterbuches, der Übersetzer von Tausendundeine Nacht und des Korans, war er doch einer der hervorragendsten Nahost-Gelehrten, dessen Werk bis heute nicht angemessen gewürdigt worden sei. (S.7) Dieses Werk ist nicht unangefochten geblieben. 1978, als Laila Ahmed die letzte Lane-Biografie vorlegte, schloss Edward Said in seinem “sensationellen” und “explosiven” Buch Orientalism auch Lane in seine Kritik an der westlichen Orient-Forschung als Bestandteil westlicher Projektionen auf den Orient ein, 112 BOOK REVIEW um diesen zu beherrschen – nach Thompson der “erste ernsthafte Angriff auf Lane”, obgleich er ihm nicht einmal vorgeworfen habe, die Fakten nicht richtig mitbekommen zu haben, vielmehr habe er wiederholt die hohe Qualität seiner Beobachtungen hervorgehoben. Diese Kritik hatte große Aufmerksamkeit erregt und andere Autoren ermutigt, ihr nachzueifern. (S.2f.) Thompson lässt nichts auf seinen Helden kommen, nimmt ihn gleich zu Beginn und gegen Ende seines Buches gegen Angriffe in Schutz. (S.3,692-696) Seinen “Verleumdern” wirft er vor, ihrerseits dem “Irrtum der Selektivität” verfallen zu sein, indem sie “Krimskrams” aus seinen Werken aufpickten, der in ihre theoretischen Modelle passe. Tatsächlich wussten sie wenig über Lane, ein Vorwurf, der Thompson auch gegen Generationen von Gelehrten erhebt, deren Zitate aus Lanes Werken ebenfalls bejammernswert uninformiert seien. Diesem Missstand will sein Biograf abhelfen, indem er Lanes Leben, soweit sich die Einzelheiten rekonstruieren lassen, wohlwollend, wenn auch nicht kritiklos ausbreitet. “Das Problem war nicht, was Lane sagte, sondern wie er es sagte.” (S.693) Thompson verwirft auch Saids Thesen nicht allesamt, würdigt sie vielmehr als eine bedeutende Leistung, überkommene Denkvorstellungen zerschlagen und den Weg zu neuen geöffnet zu haben, und daher als die “Eröffnungsrunde” einer weitreichenden Neuntersuchung des Orientalismus eingeleitet, nicht eine endgültige Erklärung abgegeben zu haben. (S.696) Nichts von Lanes familiärem Hintergrund deutet auf seinen Lebensweg als einer der bedeutendsten Orientalisten. (S.14ff) Abgewiesen von der Universität Cambridge, wo er offenbar in die Fußstapfen seines Bruders Theo treten und sich auf eine klerikale Laufbahn vorbereiten wollte, folgte er dem Beispiel eines anderen Bruders, Richard, und begann 1819 mit einer Lehre als Kupferstecher, die ihm später zugutekommen sollte. Was sein Interesse an Ägypten weckte, hat auch Thompson nicht herausgefunden. Die Napoleonische Expedition hatte eine allgemeine ÄgyptenBegeisterung, vor allem für die Altertümer, ausgelöst. Die mit vielen Abbildungen des alten und neuen Ägypten ausgestattete Description de l’Egypte dürfte Lanes professionellem Interesse kaum entgangen sein. Der entscheidende Anstoß kam möglicherweise jedoch von Giovanni Battista Belzonis Ausstellung ägyptischer Altertümer, die 1821 in der Egyptian Hall, einem Gebäude mit seiner ägyptisierenden Fassade und seiner phantastischen Innenausstattung (abgerissen 1905) am Picadilly in London, eröffnet wurde. Von einem bestimmten Zeitpunkt an schloss Lanes Interesse die zeitgenössische ägyptische Gesellschaft ein, im besonderen das Arabische, dessen Kenntnis er sich größtenteils im Selbststudium aneignete. Zeitlebens sollte er ein Außenseiter bleiben, ein “einsamer Gelehrter”, ein “vollendeter (consummate) Amateur”, der keinen Platz im britischen Establishment fand und von aristokratischen Gönnern, Familienangehörigen und später auch von der Regierung Unterstützung erhielt. In seiner wissenschaftlichen Tätigkeit verband REZENSIONEN er die traditionelle Buchgelehrsamkeit mit aus eigener Anschauung gewonnenen Kenntnissen. Spät im Leben wurden ihm schließlich zwei Ehrenmitgliedschaften angetragen: Royal Society of Literature (1858) und Royal Asiatic Society (1866). Lanes ägyptische Forschungen beschreibt Thompson als Bestandteil der Wiederentdeckungsgeschichte des Landes und der systematischen Erfassung seiner Altertümer. Er war weniger Entdecker als Beobachter und Beschreiber. (S.169) Als Lanes Schiff sich im September 1825 der ägyptischen Küste nähert, fühlt er sich, so schreibt er später, wie ein orientalischer Bräutigam, der dabei ist, den Schleier seiner Anvermählten zu lüften. (S.254) Alexandria enttäuschte ihn jedoch, war von dem Ruhm der antiken Metropole, die infolge widriger Umstände im Laufe der Jahrhunderte zu einem Fischerdorf von etwa 15 000 Einwohnern verkommen war, kaum etwas übriggeblieben. Der Anblick antiker Überreste floesste ihm keine Ehrfurcht ein, brachte ihn vielmehr auf melancholische Gedanken. “Tatsache war, dass er Alexandria nicht mochte.” (S.29) Die Stadt war ihm nicht “orientalisch genug”, trotz seiner ersten exotischen Eindrücke bemerkte er beim genaueren Hinsehen, dass westliche “Bräuche” vieles von ihrem orientalischen Charakter ausgelöscht hatten. Lane war geneigt, Alexandria als einen armseligen, elenden Ort abzutun. (S.29f.) Ihn überkam sogar die Frage, ob er denn seine Zeit verschwende, ob seine Reise nach Ägypten gar ein großer Fehler gewesen sei. (S.35) Doch vor ihm lag “seine orientalische Stadt”, die ihn niemals enttäuschen würde. War er Alexandria entflohen in das Landhaus des britischen Generalkonsuls Henry Salt und hatte er dort “idyllische Tage” verbracht, so fand er Kairo unwiderstehlich attraktiv und “tauchte ein mit Eifer” in die Stadt. Können wir es Lane verargen, dass er sich einnehmen ließ von romantischen Vorstellungen, denen sich ausländische Besucher bis heute hingeben, ohne die sich der Anblick des Elends der meisten Einwohner dieser inzwischen auf viele Millionen angewachsenen Stadt vielleicht gar nicht ertragen ließe? “Ich fand so viel Vergnügen, die engen, verzweigten Straßen zu durchstreifen und die öffentlichen Gebäude, die Läden und das sich drängende Volk dieser pittoresken und interessanten Stadt zu bestaunen.” (S.41) So schrieb Lane in seiner Description (S.160). Diese Menschenmengen waren ihm eine Quelle endloser Faszination. Sie regten ihn an, Menschen zu skizzieren, in Gruppen oder einzeln. Die bunten Trachten überwältigen ihn zunächst, bevor er die verschiedenen Klassen und Berufe zu unterscheiden lernte, von den türkischen Granden in ihrer prächtigen Kleidung, umgeben von Dienerschaft, bis herunter zu den barfüßigen, armen Schluckern, die kaum ein Hemd am Leibe hatten. Sodann die verhüllten Frauen, deren Verschleierung gewöhnlich nur ihre “mysteriösen” mit kohl umrandeten Augen, “schöner als man sie sich vorstellen kann” (eyes more beautiful can hardly be conceived), freiließ. Lane habe bald eine andauernde Bewunderung für die physische Erscheinung der Ägypter entwickelt, BOOK REVIEW bescheinigt ihm Thompson. (S.42), doch die Blüte der jungen Ägypterinnen wäre nur einige Jahre. Im Alter von 14 bis 18 oder 20 Jahren seien sie im allgemeinen Ebenbilder an Schönheit, doch bald nachdem sie völlig erwachsen geworden seien, gehe es abwärts mit ihnen; ihre Busen erschlaffen (the bossom early loses all its beauty, acquiring […] an excessive length and flatness in its forms). Mit 40 seien viele, die in frühen Jahren von beträchtlicher Attraktivität gewesen seien, “absolut hässlich”. (S.36) Diese Sicht der Ägypterinnen wurde nicht von allen ausländischen Beobachtern wie etwa Lucie Duff Gordon geteilt. Dem Elend der Bevölkerungsmehrheit war Lane freilich entrückt, konnte er sich doch trotz nach europäischen Maßstäben knappen Finanzen einen Lebensstil leisten, der dem der türkischen Herrscherschicht von etwa 10 000 (gegenüber der einheimischen Bevölkerung von schätzungsweise 2,5 Millionen) entsprach und ging entsprechend gewandet einher, nahm selbst einen arabischen Namen an: Mansur Effendi oder al-Faqir Mansur al-Inklisi, bewahrte jedoch seine westliche Identität, konvertierte nicht zum Islam, auch wenn er diesen Eindruck gelegentlich erweckte. “Er funktionierte fast ausschließlich in einer fremden Sprache”, bemerkt Thompson – “konnte seine Identität intakt bleiben, da sein Zusammenwirken mit Ägypten sich intensivierte, während vertraute kulturelle Bezugspunkte verschwammen?” (S.56) Mansur Effendi scharte bald einen großen Kreis ägyptischer Freunde um sich, war es doch leicht, Menschen zu treffen. Wie Lane schon frühzeitig bemerkte, sind die Ägypter freundlich, fröhlich und gastfreundlich, pflegen gesellschaftliche Etiketten, die soziale Beziehungen begünstigen, schreibt Thompson. “Leutseligkeit ist ein allgemeines Charakteristikum der Ägypter aller Klassen”, schrieb Lane. Er passte in diesen Rahmen, verbesserte sich doch rasch sein Arabisch, und beherrschte er doch die Feinheiten der Kleidung und der Manirismen. (S.59) Sein ägyptischer Bekanntenkreis beschränkte sich im wesentlichen auf Männer. Seine Kenntnisse über das Privatleben der Frauen “sickerte durch” zu ihm durch die “verzerrenden Linsen” männlicher Vorstellungen. Die Ausnahmen waren ghazawi, professionelle Tänzerinnen, die Lane oft traf und die er als äußerst hübsch (handsome) beschrieb. Falls er Intimbeziehungen mit Ägypterinnen hatte, dann waren es, meint Thompson, vermutlich ghazawi. (S.63-65) Völlig anders war seine Beziehung zu einer Griechin namens Anastasia, Nefeesh genannt, über deren Erwerb auf dem Sklavenmarkt im Alter von acht Jahren Thompson verschiedene Versionen anführt. Zunächst eine Art Maskottchen, jüngere Schwester, Tochter oder kindliche Gefährtin, nahm er sie später in England zur Ehefrau. (S.224-227) Mit dem Kauf einer Sklavin verbanden Lanes englische Freunde und andere Europäer in Kairo gewöhnlich sexuelle Absichten. Seine Unerfahrenheit im Umgang mit Ägypterinnen hielt Lane jedoch nicht davon ab, in “ungewöhnlicher Ausführlichkeit” über sie zu schreiben; zehn der 28 Kapitel seiner Modern Egyptians enthalten Wesentliches über Frauen, nach Thompson höchst Außerge113 REZENSIONEN wöhnliches. Sie seien, so informiere er autoritativ seine Leser, die zügellosesten von allen Frauen, die beanspruchten, Angehörige einer zivilisierten Nation zu sein; sie setzten jede List ein, um ihre unkontrollierbaren Begierden zu stillen, und dies gelinge ihnen trotz aller Beschränkungen. Orientalinnen seien sinnlicher als Frauen in den meisten anderen Weltgegenden, mehr als Männer, so informiere uns Lane, doch die Ägypterinnen überträfen sie alle. Woher weiß er das? Thompson glaubt, die Antwort in einem Notizbuch Lanes entdeckt zu haben: Ehemänner der Mittelklasse und einige Höherrangige, die offen über Haremsangelegenheiten sprächen. “Mit anderen Worten, seine Quellen für Ägypterinnen waren einige Gespräche mit ägyptischen Männern.” (S.224f.). Nicht alle Erlebnisse und Beobachtungen Lanes lassen sich als romantisch beschreiben. Das ist auch seinem Biografen klar, der Kapitel 18 mit der Überschrift “Wahrnehmung und Wirklichkeit” (Perception and Reality) versehen hat. (S.319-344) Thompson bescheinigt Lane, eines seiner Hauptmotive, über Ägypten zu schreiben, sei es gewesen, falsche Vorstellungen im Westen über den Nahen Osten zu korrigieren. Hat er gerade mit seinen Bemerkungen über die Ägypterinnen nicht vielmehr dazu beigetragen, Vorurteile über die Orientalinnen zu bestätigen? Außerdem: Nicht alle Ägypter bei all ihnen zugeschriebener Leutseligkeit verhielten sich freundlich gegenüber Fremden, einige bezogen selbst Prügel, namentlich Christen und Juden am Tage der Mahmal-Prozession in Kairo. Solche Erlebnisse bestätigten Lanes Schwester Sophia in ihrer Neigung, Kairo als einen für Außenseiter bedrohlichen und nicht einladenden Ort zu empfinden. (S.547) Lane selbst hat bedrohliche Situationen zu bestehen wie etwa in Assuan, wo er dem (offenbar aus Habgier) geplanten Mordanschlag von zwei türkischen Soldaten dank seines aufmerksamen Dieners entgeht (S.153), und hat sich einige Tage später in Edfu unfreundlicher Bemerkungen eines türkischen Beamten über die “Ungläubigen” und die Christen mit Hilfe von Koran-Versen zu erwehren. Bei einem Überfall in Bani Hassan gerät Lane abermals in Lebensgefahr. (S.349-351) Die Pest, die Lane 1835 in Kairo überlebt, war ebenso wenig ein romantisches Erlebnis. (S.345-365) Die politische Lage in Ägypten und in der Region sowie ihre möglichen Auswirkungen auf die Ausländer regten, ebenso wenig wie heute, zu romantischen Vorstellungen an. Besorgniserregend namentlich für die Briten war der Unabhängigkeitskampf der Griechen gegen die Osmanen-Herrschaft, die von Muhammad Ali unterstützt wurde, während im Westen Griechenland-Begeisterung herrschte. Doch auch nach der Niederlage der ägyptisch-osmanischen Flotte in der Schlacht von Navarino geschah ihnen nichts. Muhammad Ali versicherte den Europäern seine Sympathie. Umgekehrt gehörte Lane zu denjenigen, die seiner Herrschaft weniger freundlich gesinnt waren: Er bewunderte ihn einerseits, warf ihm andererseits vor, die gesamte Landbevölkerung fast der Sklaverei unterworfen zu haben. (S.262) Die Bevölkerung 114 BOOK REVIEW sei unter seiner Herrschaft verarmt, doch an die Stelle von Anarchie sei Ruhe eingekehrt, und unverhüllter Fanatismus sei von gekünstelter Duldsamkeit ersetzt worden. (S.343) Wer die illustrierte Ausgabe von Lanes Übersetzung von Tausendunddeine Nacht zur Hand nimmt, kann sich versetzt fühlen in romantische Orientvorstellungen, wie sie nicht nur zu seiner Zeit gehegt wurden. Besondere Aufmerksamkeit erheischen die Illustrationen, die in dieser Zahl, 635, keiner vorausgegangenen Übersetzung beigefügt worden waren. Das Orientbild, das sie vermitteln, lässt sich als ‘pittoresk’ beschreiben, ein Begriff, mit dem Lane seinerseits Kairo beschrieben hatte (S.41) und den auch andere Orient-Reisende verwendeten, entsprach er doch den vorherrschenden Vorstellungen von dieser Gegend. Die Leser von Tausendundeine Nacht und ihrer zahlreichen Bearbeitungen konnten sich leicht in ihren Vorstellungen, wenn nicht Vorurteilen, bestätigt fühlen. Im Gefolge der Übersetzung von Galland und ihren Übertragungen ins Englische und Bearbeitungen, mehr 80 bis zum Ende des 18. Jahrhunderts sollen es sein, waren diese orientalischen Geschichten im Westen zu einem Klassiker geworden, der nach einer englischen Übersetzung aus dem Arabischen verlangte – wer erschien für diese Aufgabe geeigneter als Lane, der Verfasser der Modern Egyptians und einer der bedeutendsten Orientalisten Europas? Lane hatte jedoch anderes im Sinne mit der Übersetzung, die ihm angetragen wurde gerade zwei Tage nach der Ablehnung seiner Description durch einen anderen Verleger. Ihm ging es nicht um literarische Vortrefflichkeit, er war nicht darauf bedacht, dem englischen Lesepublikum eine wortgetreue, verlässlichere Übersetzung eines so bedeutend gewordenen Werkes zu bieten. In der Überzeugung, dass Tausendundeine Nacht die “bewundernswertesten Bilder” von den Sitten und Bräuchen der Araber, im besonderen der Ägypter, bot, wollte er eine Übersetzung vorlegen, die diese Bilder so getreu wie möglich wiedergab. In diesem Sinne fügte er Anmerkungen an, die vielfach ausführlicher ausfielen, als die entsprechenden Textstellen. An diesem Punkt setzt die Kritik an Lanes Übersetzung an. Thompson findet es absurd, ein Werk, das schon vom Titel her mit orientalischen Fantasien gleichgesetzt wurde, als einen verlässlichen Führer durch die orientalische Gesellschaft zu präsentieren, erscheinen die Geschichten doch oft mehr als Karikaturen der arabischen Gesellschaft denn als “bewundernswerte Bilder” von ihr. “Hatten Lanes sorgfältige Beobachtungen vor Ort in Ägypten ihm so wenig bedeutet, dass er so leicht geblendet werden konnte von einem so fantastischen Werk?” Mit seiner Auffassung stand Lane freilich nicht allein da. Lucie Duff Gordon, die den Ägyptern nicht weniger sympathisch gegenüberstand als Lane und das Leben auf dem Lande viel besser kannte, pries Tausendundeine Nacht als den endgültigen Maßstab ihrer eigenen Beobachtungen. Eine aufnahmefähige Ethnographin wie Mary Wortley Montague schrieb aus Konstantinopel, die Geschichten von Tausendundeine Nacht seien die ZEITSCHRIFTENARTIKEL “wirkliche Schilderung der Sitten hier”. Henry Torrens, der seine Übersetzung etwa zur selben Zeit begann, jedoch abbrach, verfolgte offenbar dieselben Absichten wie Lane: weniger Geschichten als die Sitten der Leute darzubieten. (S.412f.) Viele Leser teilten diese Sicht, verwoben viele dieser Geschichten, so wunderbar (wondrous), magisch und völlig unwahrscheinlich sie sein mochten, doch eine Umgebung (setting), Ausstattung (trappings) und Schattierungen (nuances) mit den Erfahrungen des täglichen Lebens – eine Verbindung, die bis heute Leser und Filmbesucher fasziniert, wie die Popularität von Harry Potter und Lord der Ringe zeigt. Die letzten 25 Jahre seines Gelehrtenlebens verbrachte Lane in der Abgeschiedenheit des südenglischen Küstenortes Worthing, wo er sich fast ausschließlich der Arbeit am Wörterbuch widmete, nicht einmal die Eisenbahn nach London nahm, sich jedoch über die Ereignisse in Ägypten auf dem laufenden hielt. Er verließ die Stadt nur einmal, im Herbst 1856, um an das – vermeintliche – Sterbebett seines Freundes James Outram in das zehn Meilen entfernte Brighton zu eilen, der als Kommandeur an der persischen Front noch weitere sieben Jahre leben sollte. In diese Zeit fiel auch seine Aufnahme als Ehrenmitglied in die Deutsche Morgenländische Gesellschaft im Jahre 1871. Das Wörterbuch blieb unvollendet. Wolfgang Köhler, London 9.3 Zeitschriftenartikel Articles in Journals CURRENT CONTENTS OF PERIODICALS ON THE MIDDLE EAST This is a quick-alert publication, reporting in brief form the appearance of articles on the Middle East in specialized and general journals prepared by Marion Gliksberg, Librarian, Moshe Dayan Center for Middle Eastern and African Studies, Tel Aviv University. Electronic current contents appear six times a year. It is distributed to all recipients of the MERIA News and Journal (www.biu.ac.il/SOC/ besa/meria.html). Adelphi Papers 2010, Vol. 50, Nos. 412, 413 Ending Wars, Consolidating Peace: Economic Perspectives Mats Berdal: Introduction [7-14] Achim Wennmann: Chapter One: Peace Processes, Business and New Futures after War [15-32] Robert Muggah: Chapter Two: Stabilising Fragile States and the Humanitarian Space [33-50] ARTICLES IN JOURNALS Ashraf Ghani, Clare Lockhart, Blair Glencorse: Chapter Three: Assessing Linkages between Diplomatic Peacemaking and Developmental Peacebuilding Efforts [53-74] Graciana del Castillo: Chapter Four: The Bretton Woods Institutions, Reconstruction and Peacebuilding James K Boyce: Chapter Five: Aid and Fiscal Capacity Building in Post-Conflict Countries [101-120] Päivi Lujala, Siri Aas Rustad, Philippe Le Billon: Chapter Six: Valuable Natural Resources in ConflictAffected States [121-136] Andreea Mihalache-O'Keef, Tatiana Vashchilko: Chapter Seven: Foreign Direct Investors in Conflict Zones [137-156] Jennifer Hazen: Chapter Eight: War Transitions and Armed Groups [157-170] Ken Menkhaus: Chapter Nine: State Failure and Ungoverned Space [171-188] James Cockayne: Chapter Ten: Crime, Corruption and Violent Economies [189-218] Achim Wennman: Conclusion [219-226] http://www.informaworld.com The American Historical Review October 2010, Vol. 115, No. 4 Susan Pedersen: Getting Out of Iraq – in 1932: The League of Nations and the Road to Normative Statehood [975-1000] December 2010, Vol. 115, No. 5 Justin Jacobs: The Many Deaths of a Kazak Unaligned: Osman Bator, Chinese Decolonization, and the Nationalization of a Nomad [1291-1314] Keith David Watenpaugh: The League of Nations' Rescue of Armenian Genocide Survivors are the Making of Modern Humanitarianism, 1920-1927 [13151339] http://www.journals.uchicago.edu American Politics Research January 2011, Vol. 39, No. 1 Erin Leon McDaniel, Irfan Nooruddin, Allyson Faith Shortle: Divine Boundaries: How Religion Shapes Citizens’ Attitudes Toward Immigrants [205-233] http://apr.sagepub.com Arab Media & Society Summer 2010, No. 11 Paul Cochrane: The Coming Contenders [*] David Faris: (Amplified) Voices for the Voiceless [*] Stephen Marmura: Tales of 9/11 – What Conspiracy Theories in Egypt and the United States Tell Us about 'Media Effects' [*] Diana Turecek: Is the Global Financial Crisis Aggravating Anti-Americanism in the MENA Region? What Arab Media Coverage Suggests [*] Lisa Reinisch: Environmental Journalism in the UAE Chiara Bernardi: Saudi Bloggers, Women's Issues and NGOs [*] Evelyn Thai: Alternate Viewpoints: Counterhegemony in the Transnational Age [*] http://www.arabmediasociety.com 115 ZEITSCHRIFTENARTIKEL Arab Studies Quarterly Summer 2010, Vol. 32, No. 3 Omaima Abou-Bakr: Articulating Gender: Muslim Women Intellectuals in the Pre-modern Period [127144] Daniel Meir: 'Al-tawteen': The Implantation Problem as an Idiom of the Palestinian Presence in Post-Civil War Lebanon (1989-2005) [145-162] Gokhan Bacik: Hybrid Sovereignty in the Arab Middle East: The Cases of Kuwait, Jordan and Iraq [163170] www.arabstudiesquarterly.plutojournals.org Fall 2010, Vol. 32, No. 4 Arab Studies Quarterly Commemorates the Life of Abbas Abdul-Karim Alnasrawi (1932-2009) [189190] Donald Barry: Canada and the Middle East Today: Electoral Politics and Foreign Policy [191-217] Dina Jadallah, Laura el-Khoury: State Power and the Constitution of the Individual: Racial Profiling of Arab Americans [218-237] www.arabstudiesquarterly.plutojournals.org Armed Forces & Society October 2010, Vol. 36, No. 5 Yagil Levy: The Second Lebanon War: Examining 'Democratization of War' Theory [786-803] Oren Barak, Assaf David: The Arab Security Sector: A New Research Agenda for a Neglected Topic [804824] Dalia Gavriely-Nuri: Rainbow, Snow, and the Poplar's Song: The 'Annihilative Naming' of Israeli Military Practices [825-842] http://afs.sagepub.com British Journal of Middle Eastern Studies August 2010, Vol. 37, No. 2 Khalid Al-Azn: Change and Conflict in Contemporary Omani Society: The Case of Kafa'a in Marriage [121137] Kobi Peled: The Well of Forgetfulness and Remembrance: Milieu de Memoire and lieu de Memoire in a Palestinian Arab Town in Israel [139-158] Roham Alvandi: Muhammad Reza Pahlavi and the Bahrain Question, 1968-1970 [159-177] Elie Podeh: From Indifference to Obsession: The Role of National State Celebrations in Iraq, 19212003 [179-206] December 2010, Vol. 37, No. 3 David Shankland: Maps and the Alevis: On the Ethnography of Heterodox Islamic Groups [227-239] Markus Dressler: How to Conceptualize InnerIslamic Plurality/Difference: 'Heterodoxy' and 'Syncretism' in the Writings of Mehmet F. Köprülü (1890-1966) [241-260] Yuri Stoyanov: Early and Recent Formulations of Theories for a Formative Christian Heterodox Impact on Alevism [261-272] Ayfer Karakaya-Stump: Documents and Buyruk Manuscripts in the Private Archives of Alevi Dede Families: An Overview [273-286] 116 ARTICLES IN JOURNALS Peter Andrews, Hidir Temel: Hubyar [287-334] Caroline Tee: Holy Lineages, Migration and Reformulation of Alevi Tradition: A Study of the Dervi Cemal Ocak from Erzincan [335-392] Robert Langer: Yezidism between Scholarly Literature and Actual Practice: From 'Heterodox' Islam and 'Syncretism' to the Formation of a Transnational Yezidi 'Orthodoxy' [393-403] Amed Gökçen and Caroline Tee: Notes from the Field: Yezidism: A New Voice and an Evolving Culture in Every Setting [405-427] Michael Nijhawan: 'Today, We Are All Ahmadi': Configurations of Heretic Otherness between Lahore and Berlin [429-447] http://www.informaworld.com Bulletin of the School of Oriental and African Studies October 2010, Vol. 73, No. 3 Khaled El-Rouayheb: Heresy and Sufism in the Arabic-Islamic World, 1550-1750: Some Preliminary Observations [357-380] http://journals.cambridge.org Les Cahiers de l’Orient Autumn 2010, No. 100 Benjamin Stora: Algérie, 2010 [9-18] Radidja Nemar: Au-delà des casernes. 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ARTICLES IN EDITED BOOKS Rüdiger Robert, Daniela Schlicht: Kollektive Identitäten im Nahen und Mittleren Osten im Kontext von Staat und Religion. Shazia Saleem: Die Umma – Wandel und Interpretationen eines Gemeinschaftskonzepts. Daniela Schlicht: Der Pan-Islamismus – eine transnationale politische Fiktion? Sven W. Speer: Der Pan-Arabismus – eine gescheiterte staatenübergreifende Idee? Marius Meyer, Maximilian Felsch: Zwischen Universalismus und Partikularismus – Ägyptens Muslimbrüder Eva-Maria Schrage, Antje Thul: Der Zionismus: Eine (Trans-)Nationalbewegung. Werner Ruf: Identität durch antikolonialen Befreiungskampf: Algerien Verena Voigt: Identität durch Territorialkonflikt: Palästina Julia Kaspari, Rüdiger Robert: Identität durch Personenkult: Gamal Abdel Nasser und Rouhollah Khomeini Rüdiger Robert: Identität durch Mythenbildung: Massada. Britta Acksel: Identität durch Sozialisation: Das Militär in der Türkei Tim Karis: Identität durch neue Medien? 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Diskussionspapiere, Freie Universität Berlin, Fachbereich Wirtschaftswissenschaft, Fachgebiet Volkswirtschaft des Vorderen Orients Klaus Schwarz Verlag, Berlin, hrsg. von Dieter Weiss und Steffen Wippel Samina Yasmeen: Introduction: Muslims in Australia, Inclusion and Exclusion (1) Samina Yasmeen: Understanding the Exclusion/Inclusion Dynamics: Relevance for Muslims in Australia (11) Geoffrey Brahm Levey: Religious Inclusion, Core Values and the ‘Muslim Question’ in Multicultural Democracies (30) Michael Humphrey: Securitisation, Social Inclusion and Muslims in Australia (56) Anne Aly: Fear, Victimisation and Identity: The Community Victimisation Perspective and Social Inclusion of Australian Muslims (79) Adis Duderija Adis Duderija: Identity Construction Among Western (Born) Muslims: Religious Traditions and Social Orientation (96) Jan A Ali: The Tablighi Jama’at in Australia (118) Jeremy Northcote, Suzy Casimiro: Muslim Citizens and Belonging in Australia: Negotiating the Inclusive/Exclusive Divide in a Multicultural Context (141) Barbara Giles: Somali Narratives on Islam, Education and Perceptions of Difference (162) Hanifa Deen: A Question of Boundaries: A Close Encounter with Victoria’s Religious Vilification Law (186) Jamila Hussain: Muslim Family Law in Australia: Conflicting or Compatible? (204) Danielle Celermajer: Inclusion, Trust and Democracy: Interfaith and Faith-Secular Dialogue as Strategies for Muslim Inclusion (229) Fethi Mansouri: Local Governance, Intercultural Tension and the Racialisation of Muslims in the West (250) William Maley: Australian Approaches to Dealing with Muslim Militancy (270) Samina Yasmeen: Conclusion: Muslims in Australia. Promoting Social Inclusion (291) Nr. 104: Tina Zintl: Modernisierungspolitik durch Kompetenztransfer? Syrische Remigranten mit deutschem Hochschulabschluss als Katalysatoren von Brain Gain in Syrien unter Bashar al-Assad. 2009. Nr. 105: Thomas Hüsken: Stämme, Staaten und Assoziationen. Die neotribale Wettbewerbsordnung im ägyptisch-libyschen Grenzland. 2009. Nr. 106: Ulrich G. Wurzel: Middle East-Related Economic Research in Germany. Scientific Community, Institutional Framework, Subject Choice and Methodological Selectivity. 2009. Nr. 107: Dieter Weiss: Migrationsbewegungen aus den südlichen Mittelmeerländern und SubsaharaAfrika in die Europäische Union. 2010. Nr. 108: Sarah Ruth Sippel: "Resistance is futile"? – Zivilgesellschaft und Exportproduktion in SüdMarokko. 2010. Islamkundliche Untersuchungen Klaus Schwarz Verlag Berlin, hrsg. von Gerd Winkelhane Band 297: Hatice Bayraktar: „Zweideutige Individuen in schlechter Absicht“. Die antisemitischen Ausschreitungen in Thrakien 1934 und ihre Hintergründe. 2011. Band 299: Sophie Wagenhofer: „Rassischer“ Feind – politischer Freund? Inszenierung und Instrumentalisierung des Araberbildes im nationalsozialistischen Deutschland. 2010. Band 303: Egodi Uchendu: Dawn for Islam in Eastern Nigeria. A History of the Arrival of Islam in Igboland. 2011. Studien zum Modernen Orient Klaus Schwarz Verlag, Berlin Band 11: Charlotte Joppien: Die türkische Adalet ve KalkUnma Partisi (AKP). Eine Untersuchung des Programms »Muhafazakar Demokrasi (Konservative Demokratie)« . – 2011. 211 S. 135 MEDIENSPIEGEL Band 12: Sara Winter: „Ein alter Feind wird zum Freund“. Fremd- uns Selbstbild in der aserbaidschanischen Geschichtsschreibung. – 2011, 161 S. MEDIA REVIEW 9.6 Medienspiegel der DeutschMaghrebinischen Gesellschaft von Liesel Schulze-Meyer Der Medienspiegel wird herausgegeben von der Deutsch-Maghrebinischen Gesellschaft, Turmstr. 26, 53175 Bonn, Tel. 0228-353826, E-Mail [email protected], Internet www.dmag-bonn.de. Texte und Reaktion Liesel Schulze-Meyer, © DeutschMaghrebinische Gesellschaft. 1. Bücher von DAVO-Mitgliedern Band 13: Fawzi Habashi: Prisoner of All Generations. My Life in the Homeland Egypt. – 2011, 293 S. Zwischen Orient und Okzident. Studien zu Mobilität von Wissen, Konzepten und Praktiken. Festschrift für Peter Heine. Herausgegeben von Anke Bentzin, Henner Fürtig, Thomas Krüpper, Riem Spielhaus. Herder Verlag, Freiburg i. Br. 2010. Hardcover. 368 Seiten. Band 14: Melani Krebs: Zwischen Handwerkstradition und globalem Markt. Kunsthandwerker in Usbekistan und Kirgistan. – 2011, 248 S. Band 15: Irene Weipert: Starke Reformer oder schwache Revolutionäre? Ländliche Notabeln und das ägyptische Parlament in der 'Urabi-Bewegung, 18661882. – 2011, 140 S. Band 16: Salem Said: Globalisierung und Regionalisierung im arabischen Raum – Eine empirische Untersuchung. – 2011, 380 S. Studies on Modern Yemen Klaus Schwarz Verlag, Berlin Band 11: Marianus Hundhammer: Prophetenverehrung im Hadramaut. Die Ziyara nach Qabr Hud aus diachroner und synchroner Perspektive. – 2010, 146 S. Würzburger Geographische Manuskripte Heft 77: Konrad Schliephake, Tobias Sprafke (Hrsg): Die arabische Seite des Golfs – geographische Erkundungen eines Wirtschaftsraumes im Aufbruch, basierend auf Aufzeichnungen von der Exkursion Kuwait – Bahrain – Saudi-Arabien 2008. – Mit weiteren Beiträgen von Dieter Böhn, Harald Luxen, HansGeorg Müller, H. Vogel u. a., Würzburg, 2010, 198 S. 136 Peter Heine war bis zu seiner Emeritierung Professor für Islamwissenschaften des nichtarabischen Raumes am Institut für Asien- und Afrikawissenschaften der Berliner Humboldt-Universität. Diese Festschrift anlässlich seines 65. Geburtstages, geschrieben von Freunden, Kollegen und Schülern, sollen die wichtigsten Themenfelder abdecken, die der Jubilar „in seinem reichen wissenschaftlichen Leben ‚beackert’ hat“. Die einzelnen Beiträge nach den einleitenden Würdigungen: - Der Orient in der Pupille des Westens – der Fall Hammer-Purgstall (Bert G. Fragner, Österreichische Akademie der Wissenschaften), - Ein Wanderer zwischen den Welten. Philipp Walter Schulz (1864 – 1920): Liebhaber, Sammler und Erforscher islamischer Kunst (Reingart Neumann, Universität Münster), - My Body ist here, My Thoughts are in Germany – Dr. Muhammad Iqbal’s Tribute to German Poetry and Philisophie (Muhammas Aslam Syed, Pakistan), - Zakir Husain und Deutschland – der Präsident als Student in Berlin (Joachim Oesterheld, Humboldt-Universität, Berlin), MEDIENSPIEGEL - - - - - - - - - Koran und Bibel – Über die Götter der Polytheisten (Adel Theodor Khoury, früher Universität Münster), Vernunftgemäß… Zur universalen Verbindlichkeit der Vernunft: Raimund Lull und Nikolaus von Kues im Gespräch mit dem Islam (Ludwig Hagemann, Universität Mannheim), Der Mihrab in der Kathedrale – Die Mezquita von Cordoba und der muslimisch-christliche Dialog (Werner Ende, früher Universität Freiburg), Galal Amin’s Struggle with Progress, Enlightenment and Tolerance (Mona Abaza, American University Kairo), Reading Gender in The Qur’an – Text, Kotext, and Identity in the Work of Amina Wadad (Juliane Hammer, George-Mason-University, Virginia/ USA), Macht Scharia dick? Islamrechtliche Restriktionen beim Sport und ihre Folgen (Birgit Krawietz, Universität Tübingen), Karrierestart mit Kopftuch? Wie Musliminnen in Deutschland Religiosität und berufliche Ausbildung verbinden (Nadja Nagie, Beratungsstelle Kumulus, Berlin), Materielle Kultur und Identität – Zur Geschichte der Ethnographie der Krimtataren im Museum Europäischer Kulturen der staatlichen Museen zu Berlin (Elisabeth Tietmeyer, Stellvertretende Direktorin des Museums Europäischer Kulturen, Berlin), Transnationale Räume zwischen der Türkei und Uzbekistan und die Rolle der uzbekischen Gemeinde in Istanbul (Anke Bentzin, HumboldtUniversität, Berlin), Continueties and Mutations in Middle Eastern Calinary Cultures (Sami Zubaida, Universität London), Der Prophet spricht nicht von Nouvelle Cuisine – Kontinuität und Wandel der Kulinarik vom Frühislam bis zum arabisch-islamischen Mittelalter (Thomas Krüppner, Berlin), Some Reflections on the Meanings and Uses of the Handfan in Sindh and the Punjab (Jürgen Wasim Fremdgen, Leiter der Orient-Abteilung am Staatlichen Museum für Völkerkunde, München), Die Klassifizierung der Fauna in al Gahiz’ Kitab al-Hayawan und ihre altorientalischen Parallelen (Linda Heinig, Freie Universität, Berlin), Zwei neusumerische Verwaltungstexte aus Umma über den Arbeitskräfteeinsatz an Wasserläufen (Hans Neumann, Universität Münster), Von der Welthauptstadt zum Weltkulturerbe – Eine Nachlese zur Stadtgeschichte von Babylon (Hannelore Müller und Walter Sommerfeld, Universität Marburg), Zivilisten als Militärs? Die madhara’is und die Baridis im Vorderen Orient am Ende des 9./Anfang des 10. Jahrhunderts (Gerhard Hoffmann, früher Universität Leipzig), MEDIA REVIEW - - Ka’anna as-sarka laysa lahu fam – Nationales Selbstverständnis und Selbstbehauptung in der modernen irakischen Dichtung (Leslie Tramintini, Universität Marburg), Totgesagte leben länger – 30 Jahre iranische Revolution (Henner Fürtig, GIGA, Hamburg), Using the Sheikhs – Zur Kooptierung sunnitischer Stammesmilizen durch die amerikanische Armee im Irak (Gudrun Harrer, Leitende Redakteurin „Der Standard“, Wien). Medien-Fatwas@Yusuf al-Qaradawi. Die Popularisierung des islamischen Rechts. Von Bettina Gräf. Klaus Schwarz Verlag, Berlin 2010. 541 Seiten. Durch die modernen Medien hat sich der Charakter von Fatwas – islamischen religiösen Rechtsgutachten – erheblich verändert. In dieser Doktorarbeit an der Freien Universität Berlin zeigt die Autorin das an der Person von Yusuf al-Qaradawi auf. Dieser 1926 in Kairo geborene Azhar-Gelehrte, Sympathisant der Muslimbrüder und Repräsentant des sogenannten islamischen Erwachens, durchlief die Entwicklung vom Verfasser schriftlicher Fatwas, die seit 1950 in Printmedien veröffentlicht wurden, bis zum Fernsehund Internetstar. Seine wöchentliche Fernsehsendung „Die Scharia und das Leben“ im katarischen Sender al-Jaseera wird von Millionen Muslimen eingeschaltet. Mit den neuen Medien veränderte sich auch das Verhältnis zwischen Fragenden und Antwortenden: früher eine Kontakt zwischen Unwissenden und Wissenden, heute eher zwischen Star und Fan. Die Autorin hat ihre Arbeit in vier Hauptartikel unterteilt. Das erste beschäftigt sich mit Fatwas als Forschungsgegenstand, das zweite mit der Person Qaradawi, das dritte mit der Produktion von Medien-Fatwas und das vierte mit Formaten und Funktionen von MedienFatwas. Die Arbeit ist verständlich und lesbar geschrieben. 137 MEDIENSPIEGEL Public Private Partnerships in der Wasserwirtschaft des Nahen Ostens und Nordafrikas. Institutionelle Bestimmungsfaktoren und Potentiale. Von Rahel Schomaker. Lucius Verlag, Stuttgart 2010. 174 Seiten. Kartoniert. Public Private Partnerships, kurz PPPs genannt, sind Zusammenschlüsse von staatlichen und privatwirtschaftlichen Unternehmen, die besonders in der Entwicklungszusammenarbeit zu finden sind. Die Autorin hat in ihrer Dissertation an der Universität Münster untersucht, inwieweit die Beteiligung von Unternehmen bei wasserwirtschaftlichen Infrastrukturmaßnahmen im Nahen Osten und Nordafrika praktikabel und sinnvoll sind: volkswirtschaftlich, betriebswirtschaftlich, politisch und entwicklungspolitisch. Bei der Abwägung der Fürs und Widers kommt sie zu dem Fazit, dass PPPs in der Wasserver- und -entsorgung die zweitbeste Lösung sind und unter gewissen Voraussetzungen durchaus Vorteile für alle Beteiligten haben. Komplotte, Ketzer und Konspirationen. Zur Logik des Verschwörungsdenkens. Beispiele aus dem Nahen Osten. Herausgegeben von Shirin Fathi. transcript Verlag, Bielefeld 2010. 323 Seiten. Kartoniert. Ist der Nahe Osten besonders anfällig für Verschwörungen? Ja sagt die Herausgeberin, die 2003 und 2006 zu diesem Thema sogar gut besuchte Seminare an der Universität Hamburg abhielt – trotz der Schwierigkeit, die Materie wissenschaftlich zu behandeln. Zwar gibt es auf der ganzen Welt den Glauben an Verschwörungsphänomene, aber Auswüchse finde man geballt in der Region, ein bekannte Beispiel sind die Verschwörungstheorien im Zusammenhang mit dem 11. September 2001. Aber dafür gebe es Ursachen, die in dem Buch ergründet werden. Der Band enthält vier Kapitel mit insgesamt 12 Beiträgen von den Seminarteilnehmern. Jedes Kapitel wird von der Herausgeberin eingeleitet. Behandelt werden unter anderem der Konflikt zwischen Sunna und Shia, die Freimaurer, die „Protokolle der Weisen von Zion“, Antisemitis138 MEDIA REVIEW mus und der Bombenanschlag auf Rafiq al-Hariri im Libanon. Ben Ali’s „New Tunisia“ (1987 – 2009). A Case Study of Authoritarian Modernization in the Arab World. Von Steffen Erdle. Klaus Schwarz Verlag, Berlin 2010. 515 Seiten. Kartoniert. Der Autor dieser Doktorarbeit an der Berliner Humboldt-Universität hat das Tunesien des Staatspräsidenten Zine el-Abedine Ben Ali, seit 1987 an der Macht, ausführlich untersucht, bewertet und mit dem seines Vorgängers Bourguiba verglichen. Das betrifft vor allem das spezielle politische Gefüge und die Wirtschaftspolitik, mit kurzen Ausflügen zur Außen-, Sozial- und Kulturpolitik. Er zeigt den politischen Werdegang des Präsidenten in einzelnen Phasen auf und arbeitet die Machtstrukturen und die Rollen der öffentlichen und nicht öffentlichen Eliten heraus. Die Anpassung an die Globalisierung mit „autoritärer Modernisierung“ in der Wirtschaftspolitik führte zu einer „neoliberalen Erfolgsgeschichte“. Aufgezeigt wird – auch im Vergleich zu anderen Ländern der Region – wie es Ben Ali versteht, die Macht und die Kontrolle in Händen zu halten. Er entscheide, „wer gewinnt, wer verliert, wer bleibt und wer geht“. Für seine ausführlichen Recherchen reiste der Autor von 2001 bis 2009 zu Feldstudien siebenmal nach Tunesien und führte Gespräche mit zahlreichen Interviewpartnern, auch mit Vertretern deutscher Institutionen im Lande, die er im Anhang aufführt. Das Buch ist in englischer Sprache geschrieben, die vielen Zitate blieben Französisch. Les ksour du sud tunisien. Atlas illustré d’un patrimoine culturel. Von Herbert Popp und Abdelfettah Kassah. Veröffentlichung der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft Bayreuth 2010. 400 Seiten mit zahlreichen meist farbigen Abbildungen. Kartoniert mit Umschlagklappe im Schuber. Die ksour (Einzahl: ksar) im Süden Tunesiens dienten früher als hauptsächlich als Speicher. Sie sind meist riesige Gebäudekomplexe, die durch ihre Architektur mit aneinandergereihten tonnendachüberwölbten MEDIENSPIEGEL MEDIA REVIEW Landschaft und Dorf werden als Gegenpole zur entfremdenden Stadt empfunden, hier kann sich ein Individuum entfalten. Landschaft wird häufig auch als Paradiesgarten dargestellt, in dem sich Utopien hineindenken lassen, in dem mystische Erfahrungen möglich sind und von dem man träumt. Aber es gibt auch Stellen, wo Landschaften bedrohlich und desolat sind. Ghorfas, oft in mehreren Etagen, beeindrucken. Dieses Buch ist das Ergebnis einer wissenschaftlichen Bestandsaufnahme, die in Zusammenarbeit der Geographen Herbert Popp (Lehrstuhl für Stadtgeographie der Universität Bayreuth) und Abdelfettah Kassah (Universität Sfax) erstellt wurde. Sie haben 92 dieser auch Speicherburgen genannten Anlagen katalogisiert, beschrieben und fotografiert. Die meisten liegen in der Umgebung der Städte Medinine und Tataouine. Auch wer des Französischen nicht mächtig ist, wird an den vielen schönen Fotos Freude haben. Sie werden von Kartenausschnitten, Grundrissen, Luft- und Satellitenaufnahmen sowie Beschreibungen begleitet. Die einleitenden Texte informieren über ihren architektonischen und ästhetischen Wert und ihre verschiedenen früheren wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Funktionen, ihren Erhaltungszustand sowie ihre heutige Nutzung, zum Beispiel für einen Kulturtourismus. Die ksour sind ein Kulturerbe Tunesiens, das der wissenschaftlichen Aufmerksamkeit dringend bedurfte, damit es nicht dem Verfall preisgegeben wird. 2. Sonstige wissenschaftliche Publikationen Landschaft und Utopie. Studien zur erzählten Natur in der arabophonen und frankophonen Literatur Marokkos. Von Peter Dové. Harrassowitz Verlag, Wiesbaden 2010. 158 Seiten, Kartoniert. Welche Rolle spielt Landschaft in der marokkanischen Literatur? Dieser Frage widmet sich diese interessante literaturwissenschaftliche Studie, wohl die Habilitationsschrift des Autors, Mitarbeiter am Institut für Islamwissenschaft und Neuere Orientalische Philologie der Universität Bern, Dové untersucht Werke aus den 1980er und 1990er Jahren, vor allem solche von Laila Abuzeid, Souad Bahéchar, Mohammed Kheir-Eddine und Muhammad Berrada. Landschaften und naturnahe Orte, sind oft positiv besetzt. Hier kann abseits der Gesellschaft eine bessere Existenz gelebt und Glück erfahren werden, hier haben Frauen mehr Freiheit. Symbolische Repräsentation und Wirklichkeit nomadischen Lebens. Herausgegeben von Ute Pietruschka und Michael P. Streck. Reichert Verlag, Wiesbaden 2010. 212 Seiten mit einigen Schwarzweißfotos. Hardcover. Der Sammelband enthält Beiträge zweier Kolloquien an den Universitäten Halle-Wittenberg und Leipzig, die 2006 bzw. 2005 stattfanden. Die erste dieser Veranstaltungen beschäftigte sich mit „Symbolischen Repräsentationen von nomadischen Identitäten“, das zweite mit dem Thema „Kamel, Pferd und Rentier“. Behandelt werden: Nomaden in der syrischen Literatur, Symbole in verschiedenen Religionen, mongolisches Weidevieh, Symbole in Teppichen, Symbole in den Felsbildern Südmarokkos, Nomadensprache in Kasachstan, Arabisch in der Beduinenliteratur, Kamele in assyrischen Quellen und Kamelbeschreibung in der altarabischen Dichtung. Zwei der Aufsätze sind in englischer, einer in französischer Sprache. Der Koran als Text der Spätantike. Ein europäischer Zugang. Von Angelika Neuwirth. Verlag der Weltreligionen im Insel Verlag, Berlin 2010. 960 Seiten. Hardcover mit transparentem Schutzumschlag. „Wir wollen die Geisteswelt des Korans rekonstruieren und zeichnen deshalb die Interaktion der koranischen Gemeinde mit ihrem spätantiken, christlichen und jüdischen Umfeld nach. Wir wollen herausarbeiten, wie der Koran Altes aufgreift, um Neues zu sagen.“ So die Autorin, Professorin am Seminar für Semitistik und Arabistik der Freien Universität Berlin, in einem Interview der „Zeit“. Dieser Band ist der erste des ehrgeizigen, auf 18 Jahre angelegten Projektes „Corpus Coranicum - Textdokumentation“, dem ab 2011 fünf weitere Bände über einzelne Koranabschnitte mit historisch-kritischem Handkommentar folgen sollen. Über den Koran wurde schon jahrhundertelang in Ost und West wissenschaftlich gearbeitet, doch es gibt noch viele Wissenslücken. Angelika Neuwirth und ihre Mitarbeiter haben für dieses Buch bisherige Forschungsergebnisse zusammengetragen und bewertet, Forschungslücken gefüllt oder aufgezeigt. Sie nähern sich dem Text historisch und literaturwissenschaftlich, wobei auch Methoden der historisch-kritischen Bibelauslegung angewandt werden. Die Autorin will den Koran auf Augenhöhe mit der Bibel rücken, betrachtet ihn sowohl als islamisches Erbe als auch als spätantikes Vermächtnis. Sie stellt sich die Frage, wie der Koran in Raum und Zeit verankert ist, inwieweit er sich in der Spätantike bereits vorhandenes Wissen einverleibt oder darauf reagiert. Man könnte den Koran „mit leichter Übertreibung – in 139 MEDIENSPIEGEL großen Teilen der Gattung ‚Exegese’ zuordnen“, also als Bibelauslegung. Koranzitate sind in transkribiertem Arabisch und in deutscher Übersetzung aufgeführt. Das Buch liest sich, auch für interessierte Laien, spannend. Es ist relativ verständlich geschrieben und bringt eine Fülle von interessanten Fakten. Ein Mann spricht für die Frauen. At-tahir alHaddad und seine Schrift „Die tunesische Frau in Gesetz und Gesellschaft“. Von Iman Hajji. Klaus Schwarz Verlag, Berlin 2009. 120 Seiten mit einigen schwarzweißen Abbildungen. Vielleicht war der eine oder andere Tunis-Besucher schon einmal bei einem Vortrag oder einer Ausstellung im Club Tahar Haddad in der Medina von Tunis. Aber weiß er auch, wer der Namensgeber dieser Lokalität war? Die Autorin dieser Studie, einer Diplomarbeit an der Universität Münster, widmet sich dem tunesischen Reformdenker Tahar Haddad (1899 – 1935), dessen Ideen dazu beitrugen, dass das tunesische Frauenrecht seit der Unabhängigkeit des Landes das liberalste in der arabischen Welt ist. Die Autorin untersucht vor allem Haddads Schrift „Die tunesische Frau in Gesetz und Gesellschaft“ und analysiert die einzelnen Passagen. Haddads Schrift machte ihn über Tunesiens Grenzen hinaus bekannt, führte aber zu Hetzkampagnen gegen ihn, zu Berufsverbot und Isolation. Einige mutige Zeitgenossen richteten ihm dennoch eine Feier aus, bei der rund 100 Gäste im Kasino des Botanischen Gartens von Tunis mehreren Lobreden auf ihn zuhörten. – Im Anhang der Schrift sind einige Gedanken Tahar Haddads auf Arabisch und in deutscher Übersetzung aufgeführt. Bedrohung, Gastrecht, Integrationspflicht. Differenzkonstruktionen im deutschen Ausweisungsdiskurs. Von Tobias Schwarz. Transcript Verlag, Bielefeld 2010. 311 Seiten. Zu unterscheiden ist zwischen „Abschiebung“ und „Ausweisung“. Abgeschoben werden Menschen, die sich unrechtmäßig in Deutschland aufhalten. Die Ausweisung dagegen ist eine Maßnahme, bei der Menschen das Aufenthaltsrecht entzogen wird. In dieser Dissertation an der Philosophischen Fakultät I der Berliner Humboldt-Universität geht es um Letzteres. Warum wird ausgewiesen und wie wird die Ausweisung von Politikern begründet? Von Januar 1991 bis April 2007 wurden 270.000 Menschen aus Deutschland ausgewiesen. Der Autor legt den Schwerpunkt auf die Ausweisungspraxis von 1996 bis 2007, ein Zeitraum, in dem die Gesetze mehrmals verschärft wurden. Er belegt das anhand von Pressebeiträgen, Gesetzestexten und parlamentarischen Vorgängen. Mit Ausflügen zur Praxis im Deutschen Reich, zur Zeit des Nationalsozialismus und zur Zeit nach 1945 in der DDR und der Bundesreplik stellt er Vergleichen an. In der Bundesrepublik verwirkten das „Gastrecht“ zunächst Straftäter, dann auch Terrorismusverdächtige und schließlich Integrationsverweigerer. Obwohl inzwischen bei uns das liberalere EU140 MEDIA REVIEW Recht gilt, in dem Türken mit EU-Bürgern gleichgestellt sind, werden weiterhin populistische Rechtsverschärfungen gefordert. Fern von Afrika. Die Geschichte der nordafrikanischen „Gastarbeiter“ im französischen Industriegebiet von Longwy (1945 – 1990). Von Sarah Vanessa Losego. Böhlau Verlag, Köln 2009. 559 Seiten. Das Buch ist die überarbeitete Fassung einer Doktorarbeit am Fachbereich Neuere und Neueste Geschichte der Universität Trier. Die Autorin untersucht die Geschichte der maghrebinischen Arbeiter in einem früheren Industriegebiet, das in dem Zipfel liegt, wo die Grenzen von Frankreich, Belgien und Luxemburg zusammenstoßen. Der untersuchte Zeitraum erstreckt sich zwischen „Wirtschaftsblüte und Deindustrialisierung, zwischen Vollbeschäftigung und Massenarbeitslosigkeit, zwischen nationalen und regionalen Problemlösungsstrategien“. Kritisch dargestellt werden die Einbürgerungspraxis und die Integrationspolitik. „Erinnerungen“ spürt die Autorin anhand von Sendungen eines illegalen Radiosenders der Gewerkschaft auf. Dabei geht es vor allem auch um Gründe, die Absonderung oder Anschluss bewirkten, was das Verhältnis zur französischen Bevölkerung betrifft. Die Unterschiede der Integration von europäischen, vor allem italienischen, und nordafrikanischen Einwanderern werden aufgezeigt. Die Autorin konnte ein reichhaltiges Quellenmaterial auswerten und sich einem Thema widmen, das bisher in Frankreich noch nicht bearbeitet wurde. Der verschleierte Völkermord. Die Geschichte des muslimischen Sklavenhandels in Afrika. Von Tidiane N’Diaye. Aus dem Französischen von Christine und Radouane Belakhdar. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2010. 153 Seiten mit einigen Schwarzweißfotos. MEDIENSPIEGEL Der Autor, in Frankreich lebender Anthropologe und Wirtschaftswissenschaftler senegalesischer Herkunft, will mit diesem Buch eine Geschichtslücke auffüllen. Er zeichnet die Geschichte eines „Völkermordes“ auf, dem seinen Schätzungen zufolge 17 Millionen Schwarzafrikaner zum Opfer fielen. Ohne den Sklavenhandel mit Amerika herunter spielen zu wollen, hält er den muslimischen für schwergewichtiger: weil er 13 Jahrhunderte lang andauerte, weil er mehr Opfer zählte und weil er grausamer war. Männer wurden oft kastriert. Die Gefangenen gelangten auf zwei „Handelswegen“ zu ihrem Bestimmungsort, einmal an der ostafrikanischen Küste entlang, zum anderen durch die Sahara. Der Versklavung von Schwarzafrikanern machten sich hauptsächlich „Länder wie Ägypten, Persien, Arabien, Tunesien, Marokko und die Türkei“ schuldig. Bis heute ist bei vielen Bewohnern Nordafrikas und des nahen Ostens Rassismus gegenüber Schwarzen festzustellen. Als „Rassisten“ aus in der Vergangenheit führt er zum Beispiel Ibn Battuta und Ibn Khaldoun an. N’Diaye verschweigt nicht die Grausamkeiten, die bei den Völkern unterhalb der Sahara Usus waren, auch nicht die Mithilfe von Landsleuten bei dem Geschäft. Dem Buch anzukreiden ist, dass der Autor oft keine Quellen für Behauptungen angibt oder dass er auf lediglich auf mündlich tradierte Geschichtsdaten verweist. Der Stil ist zuweilen recht holprig, was vielleicht an der Übersetzung liegt, denn immerhin wurde das Werk für den renommierten französischen Literaturpreis Prix Renoudot Essay nominiert. Wasserkonflikte sind Machtkonflikte. Ursachen und Lösungsansätze in Marokko. Von Annabelle Houdret. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2010. 301 Seiten. Bei dieser Studie handelt es sich um eine Doktorarbeit im Rahmen eines Ko-Doktorats an den Universitäten Duisberg-Essen und Paris VII. Weltweit ist die Landwirtschaft mit Anteilen von durchschnittlich 70 % der größte Wasserverbraucher. Vor allem in heißen Gebieten mit wenigen Niederschlägen können viele Pflanzen nur mit künstlicher Bewässerung angebaut werden. Die Autorin hat den Schwerpunkt in ihrer Arbeit auf die bewässerte Landwirtschaft gelegt. Sie zeigt am Beispiel Marokko, und hier vor allem an der Region Souss, die ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Risiken der Wasserknappheit auf. Dazu kommt: „Von vorkolonialen Zeiten an bis heute wurde und wird die Zuteilung von Wasser und fruchtbarem Land hier zur Bildung und Sicherung von Allianzen zwischen der Zentralmacht und der ländlichen Eliten genutzt.“ Das ist auch bei dem ausführlich behandelten Pilotprojekt „El Guerdane“ der Fall, das im Rahmen einer PPP = Public Private Partnership, also einer öffentlich-privaten Partnerschaft, betrieben wird, Wasserkonflikte in der Landwirtschaft können sich, wie die Autorin zeigt, auf viele andere Bereiche auswirken. MEDIA REVIEW Karthago. Aufstieg und Fall einer Großmacht. Von Klaus Zimmermann. Theiss Verlag, Stuttgart 2010. 160 Seiten mit vielen farbigen Abbildungen. Die Geschichte Karthagos, der „dritten großen, gestaltenden Kraft der mediterranen Antike“, werde mit diesem Buch neu geschrieben, so der Verlag. Der Münsteraner Althistoriker Klaus Zimmermann setzt zunächst Fragezeichen hinter Klischees, zum Beispiel dass die Punier ein Handelsvolk par excellence gewesen seien, dass sie Kinderopfer brachten oder das Karthago von einer Frau gegründet worden sei. Er beschreibt chronologisch die Geschichte vom 8. oder 9. Jahrhundert v. Chr. bis 146 v. Chr. Eine Geschichte, die kompliziert rekonstruiert werden muss, da es nur wenig Zeugnisse von den Karthagern selbst gibt, und die griechischen und römischen Quellen nur bedingt zu verwerten sind. Das Buch, ein großformatiger Text-Bild-Band, ist reich illustriert. Neben Abbildungen von punischen Relikten enthält es vor allem Griechisches und Römisches sowie Werke von Historienmalern, sogar Filmplakate. Ein Foto etwa von Kerkouane, die Ausgrabung der vermutlich einzigen erhaltenen punischen Stadt auf der tunesischen Halbinsel Cap Bon – UNESCO-Weltkulturerbe – sucht der Interessierte vergebens. Der Verfasser legt den Schwerpunkt auf politische Geschehnisse mit Verträgen, mit Krieg und Frieden, weniger auf die Kultur. 3. Sachbücher Weißes Gold. Die außergewöhnliche Geschichte von Thomas Pellow und das Schicksal weißer Sklaven in Afrika. Von Giles Milton. Theiss Verlag, Stuttgart 2010. 288 Seiten. Während sich der Autor des vorhergehenden Buches auf islamischer Seite hauptsächlich die Länder des Osmanischen Reiches behandelt, konzentriert sich der britische Journalist Giles Milton auf einen anderen 141 MEDIENSPIEGEL Schauplatz, nämlich Marokko, das nicht dem Sultan in Istanbul unterstellt war. Als roter Faden zieht durch sein Buch der Bericht eines Mannes aus Cornwall, Thomas Pellow, der als Elfjähriger mit der Besatzung eines englischen Schiffes 1715 gefangen genommen wurde, als Sklave nach Salé und Meknès kam und erst nach 23 Jahren entkommen konnte. Wem die Rückkehr gelang, der war oft verarmt und schrieb einen Bericht über sein Sklavendasein. Solche Berichte waren oft übertrieben, damit sie sich besser verkauften. Andere Zeugnisse, auch die aus arabischen Quellen, beweisen aber, dass Pellow „die Geschehnisse bemerkenswert getreu wiedergab“. Inhalte des Berichts machen aber nur einen kleinen Teil des Buches aus. Der Autor informiert ausführlich über den marokkanischen Sklavenhandel mit Europäern, ein lukratives Geschäft; die Menschen waren „weißes Gold“. Milton schreibt vor allem über die Verhältnisse am Hof des Sultans Mulai Ismael, von dem unvorstellbare Grausamkeiten überliefert sind. Doch ging es manchen Sklaven auch verhältnismäßig gut. Einige Chronisten überliefern, dass die skrupellosen Plünderungszüge einiger Clans, die aus Andalusien vertrieben wurden, aus Rache geschahen. Die Sklaven konnten für bestimmte Lösegeldsummen freigekauft werden Die weißen Väter. Mission in der Wüste. Von Susanne Sterzenbach. Sankt Ulrich Verlag, Augsburg 2009. 143 Seiten mit zahlreichen Schwarzweißfotos. Susanne Sterzenbach war von 2001 bis 2004 ARDKorrespondentin für den Maghreb mit Wohnsitz Algier. Aus dieser Zeit, die den deutschen Zuschauern manch informativen und schönen Film aus Nordafrika bescherte, resultiert auch dieses Buch über den Missionsorden der Weißen Väter. In der Wüstenstadt Ghardaia konnte sie Einblick in ein Fotoarchiv des Ordens nehmen, das zur Grundlage des Buches wurde. So sind auf fast jeder Seite Fotos abgebildet, die zum Teil noch aus dem vorvorigen Jahrhundert stammen. Susanne Sterzenbach erzählt Geschichten aus der Historie des Ordens, von ihren Leben und Wirken, 142 MEDIA REVIEW von ihrer Gelehrsamkeit, ihrer Kenntnis des Landes und seiner Sprachen. Sie kamen im Zuge mit der französischen Besatzung im 19. Jahrhundert ins Land und entwickelten eine ganz besondere Mission, die auf Bekehrungsversuche verzichtet, die christliche Werte vorlebt und sich auf das Land und seine Kultur einlässt, verbunden mit Wohltätigkeit und sozialer Arbeit. Und so soll denn auch noch kein einziger Muslim von den Weißen Vätern bekehrt worden sein. Heute hat der Orden – es gibt auch „Weiße Schwestern“ – in aller Welt Niederlassungen, und viele stammen aus den Ländern ihres Wirkens. Die Autorin schreibt kein Geschichtswerk über die „Pères blancs“, sondern baut Historisches in die einzelnen kurzen Episoden ein, die wie in einem Feature persönliches Erleben mit Sachinformationen über Land und Leute sowie Biographischem einzelner Patres unterhaltsam verbinden. Interessant sind die Mitteilungen über das Wirken einzelner Ordensleute, einer der Patres sammelt zum Beispiel Teppiche und erforscht Herstellung und Muster, ein anderer widmet sich der Tuaregkultur, wieder ein anderer befasst sich mit Artefakten der Frühgeschichte und hat für steinerne Faustkeile, Speerspitzen und andere Funde eigenhändig ein Museum gebaut. Die Patres betreiben Schulen und Werkstätten, arbeiten als Handwerker oder Hochschullehrer – und sie sind immer für Rat und Trost da. In den „schwarzen“ 1990er Jahren wurden einige weiße Väter von Islamfanatikern ermordet, worüber die meisten Algerier entsetzt waren, denn die „Pères Blancs“ genießen hohes Ansehen bei der Bevölkerung. Die unbekannte Mitte der Welt. Globalgeschichte aus islamischer Sicht. Von Tamim Ansary. Aus dem Englischen von Jürgen Neubauer. Campus Verlag, Frankfurt a. M. 2010. 367 Seiten mit einigen Karten. „Mit dem Islam und dem Westen stehen zwei gewaltige Welten nebeneinander, doch ist bemerkenswert, wie wenig sie einander zur Kenntnis genommen haben“. In der westlichen Geschichtsschreibung blieb die islamische immer unter der Oberfläche, „eine Art gegenläufige Unterströmung“. Der afghanisch-britische Autor, in den USA lebender Journalist und Publizist, stellt der eurozentrischen Geschichtsauffassung mit diesem Buch eine Alternative entgegen. Mit seinem unterhaltsam zu lesenden Buch will er „eine Geschichte“ erzählen, das, „was ich Ihnen in einem Café erzählen würde, wenn Sie mich fragen würden, was es mit dieser parallelen Weltgeschichte auf sich hat“. Er beginnt mit der vorislamischen „Welt der Mitte“, dem Mittelmeerraum, und arbeitet dann die Geschichte des Islam chronologisch ab bis zum Jahr 2001, dem Zeitpunkt als beide Geschichtsstränge zusammen geprallt seien. Was danach geschah, sei noch zu frisch, um es aus der Vogelperspektive betrachten zu können. Für den Kundigen, etwa einem Islamwissenschaftler, bringt das Buch vielleicht nicht viel Neues. Aber auch er wird an dem Buch Freude haben, an den Erklärungen für manche Phänomene, an den Anekdoten. Zum Beispiel, wie ein englischspra- MEDIENSPIEGEL chiger rassistischer Schundroman über die Iraner aus dem 19. Jahrhundert in der persischen Übersetzung zu einem meisterlichen Vorbild für die moderne iranische Literatur wurde. Oder wie im 16. Jahrhundert im Osmanischen Reich eine Dampfmaschine erfunden wurde, mit der ein Schaf am Drehspieß angetrieben wurde. „Nach dem Fest fiel niemandem eine weitere Verwendungsmöglichkeit für den Apparat ein und er wurde wieder vergessen.“ Der Autor schließt mit der Betrachtung: „Jede Geschichte der Menschheit beinhaltet alle anderen aus einem ganz bestimmten Blickwinkel“. Schattenarmeen. Die Geheimdienste der islamischen Welt. Von Wilhelm Dietl. Residenz Verlag, Sankt Pölten-Salzburg 2010. 301 Seiten mit einigen Schwarzweißfotos. Das Buch beginnt mit einer Panne des PLOGeheimdienstes Rasd. Ein Dutzend Männer reisten ehedem von Tunis nach Damaskus und waren bestens auf ihre Mission vorbereitet. Was sie jedoch nicht kannten, waren ihre falschen Namen in den funkelnagelneuen Pässen. Der Autor des Buches, das über die Geheimdienste des Iran und des Irak, von Syrien, Libyen, Ägypten, Palästina, und Saudi-Arabien informiert, weidet sich an Missgriffen und Fehlschlägen. Er bescheinigt den Führern der Geheimdienst jedoch nicht durchweg Dummheit, sondern extreme Grausamkeit. Sie sind der verlängerte Arm der Diktaturen, die sich auch nicht scheuen, unbequeme Gegner im Inund Ausland ermorden zu lassen. Manch ein östlicher Geheimdienst arbeitet zuweilen auch für den amerikanischen Geheimdienst CIA. Einzelne bekannte Attentate – Mykonos, LaBelle, Hariri, Lockerbie, UTAFlug 772 – und berühmte Attentäter wie Carlos und, Abu Nidal, auch bekannte Al-Qaida-Anhänger werden ausführlicher behandelt. Das Lockerbie-Attentat hat nach Ansicht des Autors nicht Libyen zu verantworten, sondern der Iran. Der Autor, freier Journalist und ehemaliger Mitarbeiter des Bundesnachrichtendiens- MEDIA REVIEW tes, hat ein spannend zu lesendes Buch geschrieben, das Hintergründe erschließt und einem manchmal schaudern lässt. Marrakesch und der weite Süden. Reiseführer von Edith Kohlbach. Verlag Edith Kohlbach Reisebücher, Wiesbaden 2010. 461 Seiten mit zahlreichen schwarzweißen und einigen farbigen Abbildungen. Die Autorin, die Marokko wie ihre Westentasche kennt, hat diesen Reiseführer für Touristen geschrieben, die mit dem Flugzeug zum Beispiel nach Marrakesch reisen, sich ein Auto mieten und das Land auf eigene Faust entdecken wollen. Dafür hat sie jede Menge Insidertipps und Hinweise auf entlegene touristenferne Landschaften. Zu den Routenbeschreibungen gibt es jeweils eine Karte. Sie beschreibt die Landschaft und die Straßenverhältnisse, nennt Möglichkeiten zum Wandern und weiß, wo es sich lohnt, zu shoppen. Darüber hinaus hat sie auch so manchen Ratschlag, was die besonderen lokalen Verhältnisse angeht, zum Beispiel in Tinerhir: „Ein Problem sind die falschen Führer. Jeder Neuankömmling wird sofort von ihnen überfallen und in ein bestimmtes Hotel gelotst. Will man z. B. ins nette Hotel Tomboctou des Schwarzen Edi Kunz, so heißt es, dieser sei gestorben…“. Aber auch nette und vertrauenswürdige Landsleute werden genannt. Edith Kohlbach gibt sehr viele Unterkunftsmöglichkeiten an – vom Luxushotel bis zum Campingplatz, von denen sie die meisten wohl persönlich kennt. Das gleiche gilt für Restaurants, Bäckereien usw. Auch GPS-Koordinaten fehlen nicht. Apropos Sehenswürdigkeiten: In welchem anderen Reiseführer steht zum Beispiel, wo es alte Foggaras, Partnerschaften mit deutschen Orten oder einen guten Hammam gibt? Wer mit dem Auto im Süden des Königreiches unterwegs ist, sollte diesen wertvollen Ratgeber unbedingt bei sich haben. Die sagenhafte Welt von Tausendundeine Nacht. Von Hedwig Appelt. Theiss Verlag, Stuttgart 2010. 160 Seiten mit vielen farbigen Abbildungen. 143 MEDIENSPIEGEL Die Autorin, eine Literaturwissenschaftlerin und Journalistin, hat allerhand Unterhaltsames für diesen großformatigen Text-Bild-Band zusammengetragen. Sie beginnt mit der komplizierten Herkunfts- und Editionsgeschichte und endet mit der Rezeptionsgeschichte in Europa. Letztere hätte etwas ausführlicher sein können. Zwischendrin informiert sie den Leser über die Hauptpersonen (Shahrazad, Ali Baba, Ala ed-Din, Djinnen, Dämonen, König Salomo, Harun ar-Rachid und Sindbad). Wer die Geschichten kennt, erfährt hier aus dem Nacherzählten kaum Neues. Interessanter ist schon der Teil, der sich mit der Geographie und den Erzählschwerpunkten beschäftigt (Luxus, Frauen, Schicksal und Glück sowie Zauberhaftes). Hier gibt es ein wenig Hintergrundwissen. Die Bebilderung besteht sowohl aus alten und neuen Fotos, als auch aus Malereien, Zeichnungen usw. von der persischen Miniatur aus dem 12. Jahrhundert über niederländische Gemälde und Werke der Orientalisten bis zu kitschigen Märchenbuchillustrationen und Bildern von Marc Chagall und Paul Klee. MEDIA REVIEW Roman packender und enthält auch gute Dialoge, zum Beispiel wenn Mariam sich mit dem frömmelnden Abdelkader unterhält, der ihr wegen ihres Lebenswandels Vorwürfe macht: „Mann, du bist vielleicht pathetisch! … Es dreht sich alles allein um Deinen eigenen jämmerlichen Profit. Ausgebeutet zu werden, um genug Geld zu verdienen, um ein besseres Auto und ein größeres Haus zu kaufen als deine Brüder, die du da hinten zurückgelassen hast. Du willst im westlichen Überfluss schwelgen, dich mit amerikanischem und deutschem Luxus umgeben und dann fünfmal am Tag den Arsch in die Luft strecken, um dein Gewissen zu reinigen.“. Die Schuld des Tages an die Nacht. Roman von Yasmina Khadra. Aus dem Französischen von Regina Keil-Sagave. Ullstein Verlag, München 2010. 414 Seiten. 4. Belletristik Frauenland. Roman von Rachida Lamrabet. Aus dem Niederländischen von Heike Baryda. Luchterhand Verlag, München 2010. 255 Seiten. Der Debütroman der belgischen Menschenrechtsaktivistin und Schriftstellerin mit marokkanischen Wurzeln fand in der deutschen Presse ein erstaunlich großes Echo, das wesentlich besseren Werken nicht beschieden war. Es ist wohl ein Thema, das hierzulande eine breitere Leserschaft berührte: Die Schwierigkeit für Menschen, besonders Frauen, aus islamischorientalischen Ländern, in der neuen Heimat zurechtzukommen, ihre Identität zu bewahren, einen Weg zwischen zwei Kulturen zu finden. Es geht um eine verworrene Liebesgeschichte zwischen der in Belgien lebenden Mariam und dem in Marokko lebenden Younes. Sie haben sich in den Ferien in Marokko kennen gelernt, und die Liebe von Younes ist so groß, dass er fünf Jahre später nach Abschluss seines Studiums beschließt, ihr nach Belgien zu folgen. Er ertrinkt aber während der Überfahrt nach Spanien in einem Flüchtlingsboot. Mariam hat sich emanzipiert, mit Familie und Traditionen völlig gebrochen Durch mehrere Zufälle erfährt sie vom Tod ihrer Urlaubsbekanntschaft, die sie schon vergessen hatte. Sie lässt sich von ihrem Bruder überreden, an den Platz zu fahren, wo Younes in Spanien an Land gespült wurde. Danach reisen sie weiter nach Marokko zu Verwandten. Mariam beginnt, an ihrem selbstgewählten Lebensentwurf zu zweifeln. Ein Brief und seltsame Träume spielen dabei eine Rolle. Manches in dem Roman ist wenig glaubwürdig, die Charaktere der vielen auftretenden Personen sind oberflächlich gezeichnet. Vor allem am Anfang ist es schwierig, die Handlung, in der sich mehrere Stränge abwechseln, zu verfolgen. Dann, vor allem zum Ende hin, ist der 144 Younes Mahieddine erzählt als über Achtzigjähriger seine Lebensgeschichte. Eine Geschichte, die vor allem in das koloniale Algerien der 1920er bis 1960er Jahre führt. Sein Lebensweg beginnt auf einem Bauerhof, den sein Vater durch einen Sabotageakt verliert, über einen Slum in Oran in ein wohlhabendes von Kolonialisten bewohntes Weindorf an der Küste. Dort findet er als Jugendlicher drei Freunde, die vier bilden die unzertrennliche „Forke“. Aus Younes wird Jonas. Unter den Vieren kommt es zu Zerwürfnissen. Der Roman handelt vor allem vom Leben der in Algerien lebenden Europäer. Manchmal erscheinen Algerier, im Slum, in Person des misshandelten Dienstboten Djelloul, in Gestalt eines Harkis, der auf Seiten der Franzosen kämpft. Der Befreiungskrieg verändert das süße Leben im Weindorf. Die politischen Geschehnisse bleiben aber immer im Hintergrund. Eine unerfüllte tragische Liebesgeschichte mit Émilie durchzieht vor allem den zweiten Teil das Buch. Younes ist gespalten, er sitzt zwischen den Stühlen, er weiß nicht, wohin er gehört. Und er kann sich nicht entscheiden. Das Buch erhält seine Spannung durch das Verschwinden und Wiederauftauchen der verschiedenen Personen und durch eine Liebesgeschichte, von der der Leser bis zum Schluss hofft, dass sie sich erfüllen möge. Am Ende zieht Younes Bilanz: „Was sollte ich aus dieser MEDIENSPIEGEL Fülle an Rohmaterial behalten? Was verwerfen? … Wer sind wir denn bei Licht betrachtet? Das Unrecht, dass wir begangen oder jenes, das wir erlitten haben?… Wir sind alles zugleich, dieses ganze Leben, welches das unsrige war, mit seinen Höhen und Tiefen, seinen Wagnissen und Wechselfällen… sind mehrere Personen in einer und verkörpern die verschiedenen Rollen so überzeugend, dass es uns am Ende unmöglich ist zu unterscheiden, wer wir ursprünglich waren, zu wem wir geworden sind.“ Zurückkehren. Roman von Tahar Ben Jelloun. Aus dem Französischen von Christiane Kayser. Berlin Verlag, Berlin 2010. 142 Seiten. Tahar Ben Jelloun, geboren 1944 in Fes, hatte 2009 quasi das Rentenalter erreicht und genau zu diesem Zeitpunkt in Frankreich einen Roman über einen Rentner veröffentlicht. Das Buch ist kürzlich auch bei uns erschienen. Es ist die Geschichte von Mohammed Limmigri, der 40 Jahre lang bei Renault am Fließband stand und widerwillig seinen Arbeitsplatz, der sein Leben ausfüllte, verließ. Seine fünf Kinder haben sich ihm entfremdet, seine Frau führt ein Schattendasein. Was soll er jetzt mit seinem Leben anfangen? Mohammed kehrt in sein Dorf in Marokko zurück und kommt dort auf die Idee, ein Haus zu bauen – das größte und schönste in der ganzen Gegend. Das beschwingt ihn; ein monströses Gebäude entsteht. Doch Mohammeds Träume erfüllen sich nicht. Tahar Ben Jelloun erzählt aus der Perspektive eines rechtschaffenen, unauffälligen Mannes. Er versetzt sich wunderbar in das Denken und Fühlen eines analphabetischen Gastarbeiters, der nie richtig in Frankreich angekommen ist und der nicht versteht, dass seine Tochter einen Christen geheiratet hat und sein Sohn Rachid sich inzwischen „Richard“ nennt. Mohammed findet schließlich Frieden im Grab. Serafinas später Sieg. Roman von Judith Lennox. Aus dem Englischen von Georgia Sommerfeld. Piper Verlag, München 2010. 572 Seiten. MEDIA REVIEW Der Abenteuerroman spielt im 16. Jahrhundert unter Kaufleuten und Piraten. Serafina, Tochter eines Seidenhändlers aus Marseille, wird als 10-Jährige nach Algier verschleppt. Ihr bewegtes Leben, verbunden mit dem eines englischen Schiffbauers und eines französischen Fieslings, wird bis zum Schluss spannend erzählt. Mit Zutaten wie Sex und Crime, Ehebruch und zweifelhaften Geschäften, unheilvollen Begegnungen zu Land und See, Türkenschuften und MediciPrinzen, und Schiffen, Schiffen, Schiffen. Alles ausgeschmückt mit Samt und Seide, auch viel historischem Beiwerk, bei dem es nicht so sehr auf den Wahrheitsgehalt ankommt. Das Herrscherkleid. Roman aus der Sahara. Von Ibrahim al-Koni. Aus dem Arabischen von Hartmut Fähndrich. Lenos Verlag, Basel 2010. 184 Seiten. Taschenbuch. Wie in allen anderen Romanen des libyschen in der Schweiz wohnenden Autors ist die Handlung auch hier in die Sahara der Tuaregs gelegt. Thema ist einmal das Machtstreben und seine Verwerflichkeit, zum andern Gedanken über Transzendenz. Assanaj bekommt von einem Boten ein ledernes Herrscherkleid, das ihm der Führer schickt. Dieser Führer ist gottähnlich und unsichtbar. Das Verhalten seines Boten erinnert manchmal an Jesus. Assanaj missbraucht die ihm durch das Herrscherkleid verliehene Macht und hält bis zu seinem Tode daran fest. Der Übersetzer Hartmut Fähndrich interpretiert im Nachwort den Roman als Parabel für die politischen Verhältnisse in vielen arabischen Staaten. Das kann man so sehen, aber auch allgemeiner. „Das Herrscherkleid ist der Traum der Zeit, nicht nur weil es irdische Wohltat ist, sondern auch wegen des tief darin verborgenen Geheimnisses, das die einen als Sicherheitsversprechen ansehen, die anderen Macht nennen.“ Al-Koni reichert seine handlungsarme Geschichte wie üblich mit vielen philosophischen Weisheiten und poetischen Bildern an: „Dann erhob er sich und führte Assanaj auf den Marktplatz, wo sich die Händler, die Neugierigen und die Müßiggänger einfanden, um dort Bedürfnisse zu befriedigen oder ihre Waren anzupreisen, ihr Auge 145 MEDIENSPIEGEL MEDIA REVIEW mit Gesehenem zu sättigen oder ihr Ohr mit Gehörtem zu füllen, ihre Zunge mit Gesagtem zu tränken oder ihren Körper fern vom Gespenst des Todes zu erquicken.“ Der Mann aus den Bergen. Roman von Abdelhak Serhane. Aus dem Französischen von Ruth Wentzel. Verlag Donata Kinzelbach, Mainz 2010. 232 Seiten. Kartoniert. längere Erzählungen, Gedichte oder Romanauszüge. Im ersten Teil erzählen Frauen von oder aus der Wüste; die Sahara betreffend sind es Ingeborg Bachmann, Assia Djebar, Sabine Kebir und Malika Mokkedem. Im zweiten Teil kommen meist Frauen zu Wort, die sich die Wüste vorstellten.Von den wüstenreisenden Frauen begaben sich Isabell Eberhard, Florence Hervé oder Odette de Puigaudeau in die Sahara „Unaufhörlich musste ich kämpfen gegen die Hysterie der religiösen Rede, gegen die Gewalt um mich herum, die Lüge der Menschen, die Unwürdigkeit unserer Normen, unserer Masken, unserer täglichen Ängste, unserer Schäbigkeit. In der Schule musste ich gegen die Demütigungen kämpfen.“ Der Autor geht hart ins Gericht mit der Kindheit seines Ich-Erzählers, die sich in den 1950er Jahren im marokkanischen Hohen Atlas zuträgt. Auch im Stil gleicht es dem Neorealismus jener Zeit, mit derber Sprache und drastischen Schilderungen bis zur Blasphemie. Das Buch erschien zuerst 2009 in Frankreich. Die Befreiung aus Elend und Engstirnigkeit beginnt, als das Kind in die französische Schule am Ort gehen darf. Schließlich besteht der Junge das Abitur und kann in Frankreich studieren. Auch sein Freund Thami hat es geschafft und am Ende einen Lehrstuhl an der Universität Bonn, er ist Dolmetscher beim Staatsbesuch von Helmut Kohl in Marokko. Der spannend erzählte Roman enthält viele autobiographische Bezüge des marokkanischen Schriftstellers, der zurzeit in den USA lebt und Literatur lehrt. Wie in allen seinen bisher veröffentlichten Büchern übt er schonungslose Kritik an Staat und Gesellschaft in Marokko. Durch den Sand. Schriftstellerinnen in der Wüste. Herausgegeben von Florence Hervé. Aviva Verlag, Berlin 2010. 223 Seiten mit einigen Schwarzweißfotos. Hardcover. „Leben in der Wüste“ – „Träume der Wüste“ – „Reisen in der Wüste“. In diese drei Rubriken sind die 29 Beiträge dieser Anthologie eingeteilt: Kürzere und 146 Arabische Nächte. Erzählungen aus Tausend und eine Nacht. Mit 50 farbigen Bildern von Edmund Dulac in einer Zusammenstellung von Ernst Ludwig Schellenberg. Verlag Faber & Faber. Leipzig 2010. Leineneinband im Schuber. 415 Seiten. Das Buch ist ein schönes Beispiel Leipziger Buchmachertradition: Eingebunden mit einem seidig glänzenden dunkelblauen Stoff, gedruckt auf dickem, edlem Papier in schöner Serifenschrift, in einem stabilen, handwerklich perfekt gearbeiteten Schuber. Der Verlag greift mit dieser Prachtausgabe auf die 1907 von dem französischen, in England lebenden Edmond Dulac gemalten Aquarelle und die 1919 vom Verlag Gustav Kiepenheuer in Weimar veröffentlichten Ausgabe zurück. Die Bilder, in Jugendstilmanier und alle ein wenig düster, repräsentieren einen zauberhaften Orient westlicher Vorstellungen. Das Buch enthält 11 Erzählungen, darunter die „Geschichte Sindbads, des Seefahrers“, die „Geschichte des Prinzen Ahmed und der Fee Pari Banu“ oder die „Geschichte des Ali Baba und der vierzig Räuber.“