Die Wirkungen von multimodalen

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Die Wirkungen von multimodalen
Erkenntnisse aus dem Forschungsprojekt
Die Wirkungen von multimodalen
Verkehrsinformationssystemen
untersucht am Beispiel
des Routenplaners
ITSworks Team
Dezember 2010
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
untersucht am Beispiel des Routenplaners AnachB.at
Erkenntnisse aus dem Forschungsprojekt ITSworks
Gefördert durch:
Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie
Programmlinie:
ways2go
Projektlaufzeit:
März 2009 bis Oktober 2010
Projektleitung:
Helmut Hiess, Rosinak & Partner ZT GmbH
ITSworks Team
Wien, Dezember 2010
Redaktion:
Eva Favry, Gerit Götzenbrucker, Helmut Hiess, Margarita Köhl
Beiträge von:
Renate Cervinka, Cornelia Ehmayer, Eva Favry, Tanja Gerlich, Gerit Götzenbrucker
Klaus Heimbuchner, Max Herry, Helmut Hiess, Clemens Kaufmann
Helene Karmasin, Margarita Köhl, Ralf Risser, Werner Rosinak
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
2
Inhaltsverzeichnis
Kurzfassung............................................................................................................................................. 5
Abstract ................................................................................................................................................... 7
1 Einleitung: Verkehrspolitische Erwartungen an Verkehrsinformationssysteme................................ 9
2 Über das Projekt ITSworks .............................................................................................................. 11
3 Theoretische Annäherungen............................................................................................................. 14
3.1 Zum Verhältnis von digitalen Kommunikationstechnologien und Mobilität.......................................... 14
3.2 Nachhaltigkeits- und Gesundheitsaspekte des Mobilitätsverhaltens....................................................... 15
4 Aktuelle Forschung zu Intelligenten Verkehrsinformationssystemen ............................................. 16
4.1 Internationale Studien: ATIS im Lichte der Forschung .......................................................................... 16
4.2 Praxisrecherche: Vier vergleichbare Routenplaner ................................................................................. 17
5 Methodisches Vorgehen im Projekt ITSworks ................................................................................ 19
5.1 Delphi-Methode ...................................................................................................................................... 19
5.2 Fokusgruppen.......................................................................................................................................... 19
5.3 Semiotische Analyse ............................................................................................................................... 20
5.4 Testlabor: Interventionsforschung / qualitativ-quantitative Sozialforschung.......................................... 20
5.5 Mobilitätserhebung ................................................................................................................................. 22
5.6 Szenariotechnik....................................................................................................................................... 23
6 Ergebnisse aus ITSworks und Schlussfolgerungen.......................................................................... 24
6.1 Systemgestaltung und Usability von Verkehrsinformationssystemen .................................................... 24
6.1.1
Wie sollen ATIS gestaltet sein? Die Delpi-ExpertInnen meinen.............................................. 24
6.1.2
Gestaltung und Usabilty von AnachB.at .................................................................................. 27
6.2 Bekanntheitsgrad, Verbreitung und Zielgruppen von Verkehrsinformationssystemen........................... 30
6.2.1
Wie sollen ATIS bekannt gemacht werden? Die Delphi-ExpertInnen meinen…. ................... 30
6.2.2
Nutzung und Bekanntheitsgrad von AnachB.at........................................................................ 31
6.3 Einfluss auf das Verkehrsverhalten......................................................................................................... 35
6.3.1
Veränderung von Verkehrsverhalten durch ATIS Informationen?........................................... 35
6.3.2
Verkehrsmittelwahl und Nachhaltigkeit – die Delphi ExpertInnen meinen…. ........................ 37
6.3.3
Verkehrsverhalten im Testlabor und Bedingungen zur Verhaltensänderung ........................... 39
6.3.4
Beobachtete Verhaltensänderungen bei den Testpersonen....................................................... 40
6.4 Szenarien mit quantitativer Wirkungsabschätzung ................................................................................. 42
6.4.1 Verkehrliche Wirkungen ................................................................................................................ 42
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
3
6.4.2 Externe Kosten und Umweltwirkungen ......................................................................................... 44
7 Handlungsempfehlungen und Produktstrategie................................................................................ 46
7.1 Empfehlungen im Sinne einer hohen Wirksamkeit von AnachB.at ........................................................ 46
7.2 Produktstrategie für ATIS ....................................................................................................................... 47
7.2.1
Systemgestaltung, Usability, Informationsvermittlung ............................................................ 47
7.2.2
Bekanntheitsgrad, Verbreitung, Zielgruppen............................................................................ 48
8 Ausblick und neue Forschungsfragen .............................................................................................. 49
8.1 Die Zukunft von ATIS – die Perspektiven der Delphi-ExpertInnen ....................................................... 49
8.2 Offene Forschungsfragen ........................................................................................................................ 51
8.2.1
Ausblick der betreibenden Organisation ITS Vienna Region................................................... 51
8.2.2
Folgeprojekt MyITS ................................................................................................................. 51
8.2.3
Sonstige weiterführende Forschungsfragen.............................................................................. 51
Literaturverzeichnis............................................................................................................................... 50
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
4
Kurzfassung
In einigen europäischen Stadtregionen wurden in den letzten Jahren multimodale Verkehrsinformationssysteme eingerichtet, die einen Vergleich der Reisezeiten verschiedener Verkehrsmittel erlauben.
Für die „Vienna Region“ (Wien, Niederösterreich, Burgenland) steht seit Juni 2009 der Routenplaner
www.AnachB.at zur Verfügung. Dieser wird nicht nur als Dienstleistung betrachtet, sondern ist auch
mit beträchtlichen verkehrspolitischen Erwartungen verbunden – er soll ein umweltverträglicheres
nachhaltigeres Verkehrsverhalten fördern. Diese Erwartungen beruhen auf der Annahme, dass durch
die Schließung bestehender Informationslücken eine rationalere Verkehrsmittelwahl zugunsten des
öffentlichen Verkehrs und des Radverkehrs unterstützt wird. Ob und wie Verkehrsinformationssysteme diesen Erwartungen entsprechend wirken können, wurde jedoch bis dato noch nicht erforscht.
Das Projekt ITSworks befasste sich mit der Fragestellung, unter welchen Bedingungen multimodale
Verkehrsinformationssysteme einen Beitrag zur Förderung von nachhaltiger Mobilität liefern können.
Ein Novum im Bereich der Mobilitätsforschung stellte die transdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen
VertreterInnen verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen und Praxisbereiche dar (Soziologie;
Kommunikationswissenschaft; Marktforschung; Umwelt-, Verkehrs- und Stadtpsychologie; Mobilitätsforschung und Verkehrsplanung), wobei die besondere Qualität der gemeinsamen Wissensproduktion hervorzuheben ist. Der Vielfalt an Fragestellungen und Perspektiven entsprechend, kam eine
Kombination aus den in den beteiligten Disziplinen erprobten qualitativen und quantitativen Forschungsmethoden zum Einsatz.
Gerahmt wurde das Projekt von einer Delphi-Studie über Advanced Traveller Information Systems
(ATIS) – also Informationssysteme, die sich an individuelle NutzerInnen richten. In der Delphi-Studie,
die das Projekt während der gesamten Laufzeit begleitete, wurden die Meinungen von 30 ExpertInnen
erhoben und evaluiert. Der Pool der Befragten setzte sich aus VerkehrsexpertInnen (Verkehrswissenschaft, -planung und -politik) und IT ExpertInnen (aus den Bereichen Forschung, Beratung, Medienkunst und Medien) zusammen. Ziel der drei Befragungswellen der Delphi-Studie war es, Einblick in
zukünftige Entwicklungen im Bereich der Intelligenten Verkehrssysteme zu gewinnen.
Am Anfang der Arbeit stand eine eingehende Recherche der wissenschaftlichen Literatur und vergleichbarer Projekte in anderen europäischen Städten. Nachdem in Fokusgruppen Interviews mit NutzerInnen, potentiellen NutzerInnen und Nicht-NutzerInnen geführt wurden und das Produkt AnachB.at
einer semiotischen Analyse unterzogen wurde, fand – als Kernstück des Projekts – das Testlabor statt,
welches als Interventionsforschung angelegt wurde: Im Zuge von Befragungen, Beobachtungen und
Gruppeninterviews konnten die Erfahrungen einer ausgewählten Gruppe von 38 Personen bei der Nutzung des multimodalen Verkehrsinformationssystems AnachB.at über einen Zeitraum von zwei Wochen erhoben werden. Das Testlabor prüfte das System AnachB.at gewissermaßen auf seine Anwendbarkeit und Effizienz und lieferte Vorstellungen über die ideale Ausgestaltung eines derartigen Systems.
Zur Ermittlung des tatsächlichen Verkehrsverhaltens der am Testlabor teilnehmenden Personen wurden ihre Wege vor, während und nach dem Testlabor (mit einem Fragebogen nach dem KONTIVDesign) dokumentiert. Die Ergebnisse des Testlabors belegen, dass bei Kenntnis und Nutzung von
AnachB.at eine nachhaltige Änderung des Mobilitätsverhaltens bzw. der Verkehrsmittelwahl ausgelöst
werden kann.
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
5
Für die Abschätzung der verkehrlichen und umweltbezogenen Wirkungspotenziale von AnachB.at
wurden, aufbauend auf den Ergebnissen des Testlabors und unter Heranziehung der Delphistudie, vier
Wirkungsszenarien entwickelt. Während derzeit aufgrund des noch geringen Verbreitungsgrads von
AnachB.at keine Verkehrswirkungen erwartet werden dürfen, so können im Maximal-Szenario die
Zahl der Pkw-Wege, die Pkw-Fahrleistung und die CO2-Emission durch den Pkw-Verkehr in der Region Wien um 6 % verringert werden. Systeme wie AnachB.at können aber nur dann eine spürbare
Verkehrs- und Umweltwirkung entfalten, wenn ihr Bekanntheits- und Nutzungsgrad hoch ist, was nur
durch kontinuierliches Marketing und Produktverbesserungen erreicht werden kann.
Die Projektergebnisse lassen den Schluss zu, dass multimodale Verkehrsinformationssysteme im Sinne der Förderung nachhaltiger Mobilität wirken – aber nur, wenn einige Voraussetzungen erfüllt sind:
•
Das System muss in der Region allgemein bekannt sein, besondere Alleinstellungsmerkmale
(USP) aufweisen und von vielen häufig genutzt werden.
•
Es muss jedenfalls immer aktuelle und richtige Informationen liefern.
•
Es muss sehr benutzerfreundlich gestaltet sein und einen individuellen Nutzen bieten.
•
Als zentrale Zielgruppe müssen veränderungsbereite Pkw-NutzerInnen erreicht werden.
•
Multimodale Verkehrsinformationssysteme wirken nur bei verkehrspolitischen und infrastrukturellen Rahmenbedingungen, die für den Umweltverbund günstig sind.
Im Projekt ITSworks wurde schließlich ein Empfehlungskatalog für ATIS (Advanced Traveller Information Systems) erstellt:
(1) Systemgestaltung, Usability und Informationsaufbereitung
ATIS sollten aktuelle und präzise Informationen sowie individuelle Zusatzinformationen bieten; die
Informationen sollten auf unterschiedlichen mobilen Endgeräten abrufbar sein. ATIS sollten ästhetisch
ansprechend gestaltet sein und einen einfachen intuitiven Zugang ermöglichen. Vorstellbar ist ein
einfaches Basissystem gekoppelt mit individuell konfigurierbaren Zusatzfeatures und -funktionen. Als
Zusatzinformationen im Sinne einer hohen Wirksamkeit sollten ATIS den NutzerInnen Feedback über
die Gesundheits- und Umweltwirkungen des eigenen Verkehrsverhaltens geben und zu körperlicher
Bewegung anregen.
(2) Steigerung des Bekanntheitsgrades und der Verbreitung
Das Marketing für ATIS muss die Besonderheiten des Produkts und die Unterschiede zu anderen Routenplanern herausarbeiten. Das „virale Marketing“, das die Dynamik sozialer Netzwerke nutzt, eignet
sich besonders gut, um die Bekanntheit von ATIS zu steigern und Vertrauen zu schaffen. Es empfiehlt
sich eine Abstimmung der Marketingmaßnahmen auf unterschiedliche Zielgruppen. So müssen beispielsweise Menschen, die nicht mit neuen Technologien vertraut sind, Gelegenheit zum Ausprobieren
der Services bekommen. Um Systeme bekannt zu machen, sollten MultiplikatorInnen wie LehrerInnen
und JournalistInnen angesprochen werden. Das Erlernen der Nutzung von ATIS sollte in die schulische Verkehrserziehung einfließen. Sinnvoll ist die Bewerbung von ATIS in den Medien der Autofahrerclubs sowie in den Verkehrsnachrichten regionaler Radiosender. ATIS-Informationen sollten gezielt Personen angeboten werden, die lebensverändernde Ereignisse (wie etwa Wohnungs- oder Arbeitsplatzwechsel) erfahren, weil in solchen Situationen des Umbruchs auch das Verkehrsverhalten
leichter veränderbar ist.
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
6
ATIS wie AnachB.at können mit einem vergleichsweise geringen Aufwand ein hohes Maß an Wirksamkeit bei der Erreichung einer nachhaltigeren Gestaltung der Mobilität entfalten. Den Kosten für die
Entwicklung, Wartung, Qualitätssicherung und Verbreitung dieser Systeme stehen hohe und rasch
lukrierbare Nutzen gegenüber.
Abstract
Several urban regions in Europe recently introduced multi-modal traveller information systems enabling the users to compare travel times on various transport modes. When in 2009 the route planner
www.AnachB.at was introduced for the “Vienna Region” (Vienna, Lower Austria, Burgenland), it was
not only regarded as a service but was also expected to enhance environment-friendly mobility behaviour. This expectance implies the presumption that providing full information on travel times of different transport modes reduces the knowledge gaps of the users and therefore supports more rational
modal-split decisions in favour of public transport and cycling. If and how traveller information systems can meet those expectations has not yet been researched systematically.
Therefore the research project ITSworks dealt with the question of how the full Potenzial of a traveller
information system like AnachB.at for fostering sustainable mobility can be tapped.
The transdisciplinary project approach was a novelty in the field of mobility research and afforded a
specific co-operation culture. To bridge the gap between transport research and social science approaches towards mobility, the research team consisted of eight partners from different disciplines
(e.g. communication scientists, psychologists, traffic planners, marketing experts, IT developers). In
this context the high quality of corporate knowledge production has to be highlighted. To be able to
adequately tackle the multifaceted research questions and perspectives, a combination of qualitative
and quantitative research methods, well-established in the participating disciplines, was applied.
The project was framed by a Delphi-study about the future of Advanced Traveller Information Systems (ATIS). Within this three-step Delphi-study the positions of 30 international experts were collected and evaluated. The group of respondents consisted of traffic and ICT experts (from the fields of
planning, research, consulting, media and media art). The Delphi-study yielded new insights into future trends and sustainability aspects of ATIS.
After an in-depth analysis of the scientific literature and a screening of other practical projects, focus
groups with users, Potenzial users and non-users of AnachB.at were conducted, and a semiotic analysis was carried out to evaluate the product “AnachB.at“.
At the heart of the project was the so-called “testing laboratory“, which followed the approach of intervention research. 38 probands tested the "AnachB.at" service over a period of two weeks. By applying qualitative methods (group interviews and observations) we gained insight into the user experience
of the probands. Within the “testing laboratory“, the applicability and efficiency of AnachB.at were
tested. Furthermore, ideas about the ideal design of traveller information systems like AnachB.at could
be extracted. To investigate the impact of the use of AnachB.at on the probands’ travel behaviour the
probands’ trips were mapped before, during and after the testing phase (by applying the KONTIVdesign questionnaire). The results of the “testing laboratory” show that – if AnachB.at is well-known
and broadly used – a sustainable change of modal-split decisions can take place.
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
7
Based on the results of the “testing laboratory”, and using results of the Delphi study, four different
scenarios were modelled to assess the Potenzial impact on transport and environment in the Vienna
region. Presently, one cannot yet expect any impact on the overall transport situation because of the
low diffusion of AnachB.at. But according to the “maximum scenario” we expect that the amount of
individual motor car traffic could be reduced by 6 %. To unfold the full Potenzial of systems like
AnachB.at it is important to increase the level of awareness and utilization of AnachB.at. This can be
achieved by continuous marketing activities and constant improvements of the system.
The results of the project show that advanced traveller information systems actually can foster sustainable mobility – subject to the condition that they meet the following requirements:
•
The system has to be commonly known within the region. It has to have special Unique Selling Propositions and has to be frequently used by many people.
•
It has to provide correct and up-to-date information.
•
It has to have a user-friendly design and to provide benefits to the individual user.
•
Car drivers, who are willing to change their travel behaviour, have to be considered as a key
target group.
•
We can only tap the full Potenzial of multi-modal traveller information systems if general conditions pertaining to transportation policy and infrastructure promote ecomobility.
Within the project ITSworks a catalogue of recommendations for ATIS was developed:
(1) System Design, Usability and Information Processing
ATIS should provide precise and up-to-date information as well as additional information for individual users. Information should be available on various mobile devices. ATIS should be designed aesthetically appealing and allow for intuitive access. We can imagine a basic system combined with
supplementary functions and features, which can be individually configured. Additional information
should include feedback about the consequences of the user’s travel behaviour for human health and
for the environment. Furthermore, it should encourage users to physical activity.
(2) Increasing brand awareness and diffusion
Marketing activities should be aimed at accentuating the distinctive features of the product and have to
focus on the differences compared to other route planners. “Viral marketing”, a marketing technique
that makes use of the dynamics of the users’ social networks, is especially suitable for increasing the
awareness of ATIS and for enhancing trust towards it. Marketing activities should be adapted to different target groups. People who are not familiar with new technologies should be given the chance to
try out the service. Multiplicators like teachers and journalists have to be addressed to make the service more popular. Road safety education in schools should be broadened and include practising the
use of ATIS. It is reasonable to advertise ATIS in publications of car drivers’ associations as well as
traffic news on regional radio stations. ATIS information should be targeted at people whose living
conditions are in change (e.g.: change of residence and/or job) as there is a higher chance that their
travel behaviour will also change.
In a nutshell, ATIS like AnachB.at can contribute effectively to achieving more sustainable mobilities
with comparatively low efforts. The costs for developing, servicing and promulgating ATIS are accompanied by high and quickly achievable benefits.
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
8
1
Einleitung: Verkehrspolitische Erwartungen an
Verkehrsinformationssysteme
In einigen europäischen Stadtregionen (z. B. München, Ruhrgebiet, London) wurden in den letzten
Jahren multimodale Verkehrsinformationssysteme eingerichtet, die einen Vergleich der Reisezeiten
verschiedener Verkehrsmittel erlauben. In der „Vienna Region“ (Wien, Niederösterreich, Burgenland)
steht seit Juni 2009 der Routenplaner AnachB.at, ein multimodales Echtzeit-Verkehrsinformationssystem im Netz zur Verfügung1. Er wurde entwickelt und wird betrieben von ITS Vienna
Region, einem Verkehrsmanagement-Projekt, das im Verkehrsverbund Ostregion VOR GmbH angesiedelt ist.
Abbildung 1: Startseite des Routenplaners AnachB.at
Quelle: http://www.anachb.at/routenplaner
Das multimodale Verkehrsinformationssystem AnachB.at wird nicht nur als Dienstleistung betrachtet,
sondern ist auch mit beträchtlichen verkehrspolitischen Erwartungen verbunden – es soll ein umweltverträglicheres nachhaltigeres Verkehrsverhalten fördern. Diese Erwartungen beruhen auf der Annahme, dass durch die Schließung bestehender Informationslücken, insbesondere über Angebote und
Wegzeiten im öffentlichen Verkehr, rationalere Modal-Split-Entscheidungen zugunsten des öffentlichen Verkehrs und des Radverkehrs gefördert werden.
Diese Annahme, die auf einem rationalen Erklärungsmodell für das Verkehrsverhalten beruht, ist
durchaus zu hinterfragen. Die Wirkung von multimodalen Verkehrsinformationssystemen auf das
1
Siehe www.AnachB.at
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
9
Verkehrsverhalten wurde bislang aber noch nicht systematisch erforscht – mit dem Forschungsprojekt
ITSworks betraten wir Neuland. Wir untersuchten am Beispiel von AnachB.at, wie Verkehrsinformationssysteme genutzt werden, und wie das Verkehrsverhalten davon beeinflusst wird. In einem interdisziplinären Team wollten wir mit unterschiedlichen Methoden Antworten auf die Leitfrage finden:
„Wie kann das Potenzial von AnachB.at.at im Sinne der Reduktion von Umwelt- und Klimabelastungen ausgeschöpft werden?“ AnachB.at steht hier als Beispiel für multimodale Routenplaner.
Im Detail galt es, folgende Forschungsfragen zu beantworten:
•
Wie werden Advanced Traveller Information Systems (ATIS) in Zukunft gestaltet sein?
•
Welche Motive lassen sich für die Benützung eines Routenplaners erschließen, und wie weit
werden diese Motive angesprochen?
•
Unter welchen Bedingungen können multimodale Routenplaner zu individuellen Verhaltensänderungen motivieren – im Sinne des Klimaschutzes, der Reduktion von Umweltbelastungen
und der Förderung von Wohlbefinden und Gesundheit?
•
In welchem Ausmaß können sie die Verkehrsmittelwahl zugunsten des Umweltverbundes (Öffentlicher Verkehr, Radfahren, zu Fuß gehen) beeinflussen? Welche verkehrlichen und Umweltwirkungen sind im besten Fall zu erwarten?
•
Wie können multimodale Verkehrsinformationssysteme die Folgen des eigenen Verkehrsverhaltens bewusst machen und zu Änderungen motivieren?
•
Was ist zu tun, damit multimodale Verkehrsinformationssysteme weitere Verbreitung finden?
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
10
2
Über das Projekt ITSworks
Das Forschungsprojekt „ITSworks - Intelligente Verkehrssysteme wirken!" begann im März 2009 und
wurde im Oktober 2010 abgeschlossen. Es wurde im Rahmen der Programmlinie ways2go vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie gefördert2.
Neben der Aufbereitung von Hintergrundwissen über Intelligente Verkehrsinformationssysteme und
Mobilitätsverhalten stand konkret das multimodale Verkehrsinformationssystem AnachB.at im Zentrum der Untersuchungen. An Hand dieses Beispiels wurden Erkenntnisse über die Nutzung von Verkehrsinformationssystemen sowie über ihre Wirkung auf das Mobilitätsverhalten und schließlich über
Auswirkungen im Verkehrssystem gewonnen. Daraus konnten schließlich Schlussfolgerungen und
Empfehlungen abgeleitet werden.
Abbildung 2: Projektstruktur ITSworks
AP 1
Aufbereitung von Wissen
über ATIS / Mobilitätsverhalten
• Literatur- / Praxisrecherchen
• Delphi-Studie
WS 1
AP 2
Nutzung von AnachB.at
• Fokusgruppen-Interviews
• Motivanalyse
• Semiotische Analyse
WS 3
• Aktionsforschung:
AP 7 Vier Transdisziplinäre Workshops
WS 2
Nutzung AnachB.at
↔ Mobilitätsverhalten
AP 4
Szenarien
• Durchdringungsgrad /
Wirkungspotenzial
AP 5
Verkehrs- und
Umweltwirkungen
von AnachB.at
AP 6
Schlussfolgerungen und Empfehlungen
WS 4
Neue Forschungsfragen
2
AP 8 Kooperationsmanagement und Organisation
AP 3
Testlabor
Wirkungsrahmen
Produktstrategie: Verbreitung,
Systemgestaltung, Usabilty
Siehe: http://www.bmvit.gv.at/innovation/verkehrstechnologie/ways2go/index.html
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
11
Das Forschungsprojekt wurde von Helmut Hiess von der Rosinak & Partner ZT GmbH geleitet. Das
Konsortium bestand aus folgenden Unternehmen bzw. Instituten:
• Rosinak & Partner ZT GmbH
•
Verkehrsverbund Ostregion (VOR) GmbH
•
Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft (Universität Wien),
•
FACTUM Chaloupka & Risser OHG
•
Institut für Umwelthygiene (Medizinische Universität Wien)
•
Stadtpsychologische Praxis Ehmayer
•
Karmasin Motivforschung GmbH
•
Herry Consult GmbH.
Als besondere Qualität des Projekts ist der inter- und transdisziplinäre Forschungsansatz zu nennen.
Da sich ITSworks (1) mit der Informationsvermittlung durch technische Systeme, (2) dem menschlichen Verhalten und (3) mit dessen Auswirkungen auf das System Verkehr befasst, liegt das Forschungsthema an der Schnittstelle Mensch-Maschine und ist der inter- und transdisziplinären Technikfolgenforschung zuzurechnen. Um diese zentrale Forschungsfrage des Projekts adäquat bearbeiten zu
können, wurden verschiedene Themenfelder definiert: Neben den Einstellungen und Motiven der NutzerInnen, wurden Wechselwirkung von technologievermittelter Information und menschlichem Verhalten und Aspekte der Systemgestaltung und Usability untersucht. Ein weiteres Ziel war es, Umweltwirkungen und Wirkungspotenziale abzuleiten. Die entsprechenden Forschungsfragen bieten Stoff
für unterschiedliche wissenschaftliche Disziplinen und Praxisbereiche. Im Forschungsteam sind demnach mehrere Fachrichtungen – wie Kommunikationswissenschaft, Umwelt-, Verkehrs- und Stadtpsychologie, Soziologie, Marktforschung, Mobilitätsforschung und Verkehrsplanung – vertreten, wobei
ein Teil des Teams eher wissenschafts-, der andere eher praxisorientiert arbeitet.
Abbildung 3: Die transdisziplinäre Zusammenarbeit
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
12
Über die disziplinären Sichtweisen hinaus bringt die Kooperation einen echten Mehrwert, da auf Basis
eines intensiven und gut organisierten Austauschs zwischen den verschiedenen Fachrichtungen Synergien entstehen. In diesem Sinne wurde die Kultur der Zusammenarbeit im Forschungsprojekt ITSworks von Anfang an sehr wichtig genommen. Das Projekt zeichnete sich durch klare Projektstrukturen und Zuständigkeiten aus. Ein umfassendes Kooperationsmanagement sorgte dafür, dass die Zusammenarbeit in ihren unterschiedlichen Facetten gut vorbereitet und nachvollziehbar dokumentiert
wurde. Der Betrieb einer web-basierten Kommunikationsplattform ermöglichte es allen Teammitgliedern, schnell auf Dokumente zuzugreifen und Arbeitspapiere zur Diskussion zu stellen.
Für eine intensive inhaltliche Auseinandersetzung fanden, zusätzlich zu den periodischen ProjektteamMeetings, vier transdisziplinäre Workshops statt – mit den Zielen der Reflexion des Projekts, und der
Planung weiterer Arbeitsschritte. Folgende Themen standen im Mittelpunkt dieser Workshops:
•
Gemeinsame Sprache und Begriffsdefinitionen
•
Perspektiven externer Fachleute zur Zukunft von Mobilität und Kommunikationstechnologie
•
Bewertung der Erkenntnisse aus dem Testlabor
•
Diskussion von Empfehlungen – an dieser Diskussion nahmen auch Vertreter von ITS Vienna
Region teil, an die mehrere Empfehlungen gerichtet sind.
Die Teammitglieder bewerteten die Kooperation im Projekt sehr positiv: In ITSworks wurden unterschiedliche Forschungsansätze nicht nur parallel verfolgt, sondern miteinander verschränkt. Die interund transdisziplinäre Zusammenführung von Methoden und Denkweisen wurde von allen Beteiligten
geschätzt, wobei sich insbesondere zeigte, dass die konventionelle Mobilitätsforschung durch sozialwissenschaftliche Zugänge sehr bereichert wird. ITS Vienna Region, die Organisation, die AnachB.at
entwickelt und betreibt und als Praxispartnerin am Projekt ITSworks teilnahm, konnte zentrale Forschungserkenntnisse über AnachB.at.at schon im Zuge der laufenden Projektarbeit in die Weiterentwicklung des Produkts einfließen lassen.
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
13
3
Theoretische Annäherungen
3.1 Zum Verhältnis von digitalen Kommunikationstechnologien und
Mobilität
Mobilität3 spielt sowohl im Arbeits- und Freizeitkontext, als auch im Zusammenhang mit dem Transport von Gütern eine wichtige Rolle (vgl. Büchs et al. 2001:248). Als „physische Mobilität“ wird die
Realisierung der Bedürfnisse von Personen verstanden, unter Zuhilfenahme eines Verkehrsmittels an
ein gewünschtes Ziel zu gelangen (vgl. Minge et al. 2001:189). Neben den positiven Effekten von
physischer Mobilität für das gesellschaftliche Leben, welche an Faktoren wie persönlicher Zeitersparnis, gesteigerter Flexibilität und Autonomie festgemacht werden können, entstehen jedoch auch externe Kosten, wie Gesundheits-, Umwelt- und Sicherheitsrisiken (vgl. Minge et al. 2001:1991). Durch
die Förderung von „nachhaltiger Mobilität“4 (Minge et a. 2001:193) sollen die Risiken für Mensch
und Umwelt minimiert werden.
Welchen Beitrag Advanced Traveller Information Systems (ATIS) dazu leisten können, stellt die zentrale Frage des Projekts ITSworks dar. Das Projekt untersucht, unter welchen Bedingungen digitale
Kommunikationstechnologien zu einer Veränderung des Verkehrsverhaltens führen können. Um diese
Frage beantworten zu können, muss eine Auseinandersetzung mit einer vergleichsweise neuen Form
der Mobilität, der „digitalen Mobilität“ (Minge et a. 2001:194) stattfinden. Diese umfasst alle Formen
von Bewegung, die es Individuen ermöglichen, sich virtuell – ohne physische Regung – fortzubewegen.
Der Einsatz digitaler Kommunikationstechnologien und die damit verbundene digitale Mobilität können sich auf unterschiedliche Art und Weise auf andere Formen der Mobilität auswirken5: Einerseits
kann die Notwendigkeit der physischen Mobilität durch die Nutzung digitaler Kommunikationstechnologien entfallen (z.B. durch Telearbeit) (vgl. Graham 1998; Golob & Regan 2001; Minge et al.
2001). Andererseits kann digitale Mobilität physische Mobilität auch ergänzen und die Planung und
Koordination von Wegen erleichtern (vgl. Plaut 2004). Eine weitere Position ist, dass digitale Kommunikationstechnologien den Mobilitätsbedarf erhöhen können. Vor allem Informationen auf mobilen
Endgeräten kann die Art und Weise verändern, wie Wege zurückgelegt werden: „Modifications of travel
can particularly be brought about by mobile devices which allow a reorganisation of travel concerning both
stopps and modes’ in the fly.“ (Lenz 2005:4)
Die aus der Nutzung mobiler Kommunikationstechnologien resultierende Mobilisierung der Öffentlichkeit (vgl. Sheller 2004) im Kontext des „vernetzten Urbanismus“ (Graham & Marvin 2001:7-35)
3
Zwei grundsätzlich zu unterscheidende Dimensionen der Mobilität sind die mentale und die physische Mobili-
tät. Während die mentale Mobilität einer Person ihre Flexibilität in Entscheidungsfindungsprozessen, also die
„interne“ Dimension bezeichnet, ist die physische Mobilität als die externe Dimension zu verstehen. (vgl. Minge
et al. 2001:189)
4
Mit dem Begriff der nachhaltigen Mobilität wird eine Mobilität bezeichnet, die keine negativen Auswirkungen
auf gegenwärtige und zukünftige Generationen hat (Minge et a. 2001:193).
5
Eine detaillierte Erläuterung der Ansätze zum Verhältnis von digitalen Kommunikationstechnologien und Ver-
kehrsverhalten nimmt Lenz (2005) vor. Es lassen sich auf Basis der Literatur drei Positionen identifizieren, die
auch von den Delphi-ExpertInnen in der ersten Befragungsrunde angesprochen wurden.
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
14
geht mit einer Neuverhandlung der Grenzen zwischen öffentlichem und privatem Leben einher. Mobile Kommunikationstechnologien ermöglichen „personalisiertes Netzwerken“ (vgl. Wellmann 2001),
wodurch Entscheidungen hinsichtlich der Verkehrsmittelwahl zunehmend flexibler werden. Die Geographien von Netzwerken und Mobilität werden gegenwärtig nicht nur von der physischen (Fortbewegung von Menschen im Freizeit- und Arbeitskontext), sondern auch von der imaginativen (Vorstellungen ausgelöst durch Medien wie Film und TV), virtuellen (Fortbewegung im Internet) und kommunikativen Fortbewegung (zwischen Personen via E-Mail oder Telefonat) geformt (vgl. Larsen et al.
2006:47ff).
Neue Technologien, wie ATIS, können den NutzerInnen dabei helfen, sich in einer zunehmend komplexeren Umwelt zu orientieren. Die Analyse der Nutzung von ATIS kann zeigen, wie sich diese unterschiedlichen Fortbewegungsarten zukünftig überschneiden und wechselseitig beeinflussen werden.
Ein Ziel des Projekts ist es, offen zu legen, wie ATIS als neue technologische Systeme von den NutzerInnen angenommen und überformt werden. Schließlich handelt es sich dabei nicht nur um einen technologischen, sondern auch um einen sozialen Prozess, der Technikfolgenabschätzung erforderlich
macht.
3.2 Nachhaltigkeits- und Gesundheitsaspekte des Mobilitätsverhaltens
Wie oben angeführt, ist das alltägliche Mobilitätsverhalten sowohl mit Gefahren für die Umwelt (z.B.
partikuläre und gasförmige Emissionen) als auch für die Gesundheit (z.B. Unfälle, Lärm) verbunden
und wird häufig durch das Erleben von psychischem Stress (z.B. Überfüllung, Stau, unerwartete Verzögerungen) begleitet (Evans et al. 2002, 2006; Woodcock et al. 2007). So konnten Evans und Wener
(2007) zeigen, dass eine Fahrt in einem überfüllten öffentlichen Verkehrmittel und eine Fahrt im Auto
bei starkem Verkehrsaufkommen ein vergleichbares Ausmaß von Stress erzeugen. Steg und Gifford
(2005) wiesen den Zusammenhang zwischen “sustainable transportation” und der empfundenen Lebensqualität nach. Das Wohlbefinden einer nachhaltigen Verkehrsteilnahme im Verkehrsverbund kann
zusätzlich noch durch regelmäßige Bewegung (Gehen oder Radfahren), eingebaut in Alltagsroutinen
(Oja et al. 1998), gefördert werden. Bewegung hat nachweislich stressreduzierenden Charakter im
Bereich der Mobilität (Gatersleben & Uzzel, 2007). Gemäß der Weltgesundheitsorganisation sollten
die BürgerInnen zukunftsfähig mobil sein: „...citizens should be able to conveniently meet most of their
local needs by foot, cycle and public transport whilst the latter should be available and affordable. Also longer
distance journeys between cities should be easily feasible by public transport and journeys by private transport
should pay their full economic and environmental costs.....“ (WHO 2002; 2003, p. 2).
Es ist daher zusammenfassend anzunehmen, dass zukünftig in ATIS vor allem solche umwelt- und
gesundheitsrelevante Informationen angeboten werden sollten, die helfen, die individuellen Mobilitätsbedürfnisse umwelt- und gesundheitsfreundlich zu gestalten.
Als Definition für individuelle nachhaltige Mobilität (Individual sustainable mobility; ISMo) wurde
von Cervinka et al. (2009) folgende Definition festgelegt: „Personen sollen mittels ATIS darin unterstützt
werden, ihre Wege derart zu gestalten, dass schädliche Emissionen vermieden, humane und ökologische Ressourcen heute und in Zukunft gewahrt bzw. Potenziale gestärkt werden.“
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4
Aktuelle Forschung zu Intelligenten
Verkehrsinformationssystemen
4.1 Internationale Studien: ATIS im Lichte der Forschung
Grundsätzlich lassen sich zwei Hauptkategorien von Intelligenten Verkehrsinformationssystemen unterscheiden (vgl. Bornemann 2001 et al.:172): Einerseits Applikationen, die dem/r individuellen NutzerIn dienen, andererseits Applikationen, die dem Verkehrsmanagement dienen. Das Projekt ITSworks befasst sich mit so genannten „Advanced Traveller Information Systems“ (ATIS). Der Begriff
ATIS umfasst also sowohl Navigationssysteme, als auch Routenplaner auf mobilen Endgeräten und im
Internet. (vgl. Schofer et al. 1993; Lyons et al. 2008). McQueen et al. (2002:31) definieren ATIS als
„the systematic application of information and communications technologies to the collection of travel-related
data and the processing and delivery of information of value to the traveller.“ ATIS stellen also Informatio-
nen und Empfehlungen bereit, die für die individuellen NutzerInnen von Wert sind. Es kann sich dabei
um den unmittelbaren persönlichen Wert für den/die individuelle NutzerIn („direct personal value“,
z.B. Zeit- oder Kostenersparnis durch Verkehrsinformation) oder auch um den Wert für die gesamte
Community („indirect community value“, z.B. Förderung von Nachhaltigkeit) handeln.
ATIS können dazu beitragen, dass Mobilitätsdienstleistungen mit möglichst geringem Organisationsund Zeitaufwand genutzt werden können, Transaktionskosten niedrig gehalten werden und ein einfacher Zugang zu Verkehrsinformationen gewährleistet ist (vgl. Maertins 2005). Eine Integration aller
Modi in ATIS kann einfaches „modal switching“ ermöglichen (vgl. Bornemann et al. 2001:154).
ATIS können durch personalisierte Angebote die Individualisierung des kollektiven Verkehrs fördern
(Bornemann et al. 2001:172f). Als zukunftsweisend gelten Systeme, die sich am sozialen Kontext der
NutzerInnen orientieren. Das Konzept von „i-Travel“ (vgl. Simonov/ Bridgeman 2009) ist an vernetzten VerkehrsteilnehmerInnen („connected travellers”) ausgerichtet: Hier begleitet ein virtual travel
assistant die NutzerInnen vor und während jedem/s Weg/es und stellt personalisierte, kontextspezifische Information zur Verfügung. Shirra (2009) weist darauf hin, dass es für die NutzerInnen immer
wichtiger wird, die vom System bereitgestellten Informationen kommentieren oder berichtigen, sowie
eigene Informationen und Erfahrungen beisteuern zu können. Die Net Generation bringt der Information, die ihren Peergroups entspringt, mehr Vertrauen entgegen, als den von institutionellen Kanälen
bereitgestellten Informationen.
Die Basis für eine umfassende Einführung solcher virtual oder personal travel assistants (PTAs) ist
jedoch eine plattform- und verkehrsmittelunabhängige Datenbank. PTAs sind dann für die Planung
und Umsetzung von Wegen mittels pre-trip und on-trip Information oder für Direktzahlungen nutzbar.
Auch eine Integration entsprechender Zusatzinformationen (wie z.B. location-based services, wegund ortsbezogene Informationen, Restaurants) wäre denkbar (Bornemann et al. 2001:174).
Ein Beispiel für ein Open Source Verkehrsinformationssystem ist „One Bus Away“6. Hier wird es den
NutzerInnen ermöglicht, die Architektur des Systems selbst zu verändern. Dieses System zeichnet sich
vor allem dadurch aus, dass es auf unterschiedlichen Endgeräten bzw. über verschiedene Kanäle
(Computer, Telefon, SMS, iPhone Apps) abgerufen werden kann. Nach Ferris et al. (2000:4) haben
6
siehe online unter: www.onebusaway.org/
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
16
Open Source Systeme den Vorteil, dass sie von verschiedenen Stellen aus angepasst und erweitert
werden können. Um ATIS jedoch zukünftig auf mobilen Endgeräten optimal nutzbar zu machen, gilt
es vor allem Probleme des User-Interface-Designs zu lösen. (vgl. McDonald et al. 2006:71).
Die nächste Generation von Verkehrsinformationssystemen wird als „Future Traveller Information
Systems“ (FTIS), welche durch pervasive computer environments (vgl. Crang/ Graham 2007) unterstützt werden, bezeichnet (vgl. Guo et al. 2007). Im Sinne von Ambient Urban Intelligence (vgl. Nakashima 2009) werden in diesen pervasive computing environments personalisierte Informationen auf
mobilen Endgeräten standortgebundene kollektive Informationen auf Informationsterminals ergänzen.
Auf diesen Terminals werden sowohl kollektive Hinweise als auch personalisierte Informationen zu
finden sein (z.B. Hinweistafeln im öffentlichen Raum, die dem Betrachter personalisierte Informationen liefern). Insgesamt wird standardmäßig mehr Information (akustisch, auf Monitoren, Online Information) in Verkehrsmitteln vorhanden sein. Aber auch die Möglichkeit des standortgebunden, individuellen Informationszugangs wird geboten werden: Vorstellbar sind hier interaktive Informationspfähle, die in Bahnhöfen oder auch in der Stadt installiert werden. Insofern werden standortgebunden
kollektive Systeme mit mobilen Systemen verschmelzen.
4.2 Praxisrecherche: Vier vergleichbare Routenplaner
Zu Projektbeginn wurde recherchiert, wie mit AnachB.at vergleichbare Projekte in anderen Städten
bzw. Regionen konzipiert wurden und ob dieser Konzeption wissenschaftliche Evaluierungen bzw.
Umfragen rund um die Auswirkungen auf das Mobilitätsverhalten der NutzerInnen zugrunde liegen.
Konkret wurden auf Basis einer Internetrecherche vier Routenplaner für eine nähere Betrachtung ausgewählt: www.bayerninfo.de (Bayern), www.vmz-info.de (Berlin), www.ruhrpilot.de (Ruhrgebiet)
und als Ergänzung www.journeyplanner.org (London). Zu diesen Projekten wurden in einem zweiten
Schritt geeignete Ansprechpersonen befragt. Als Besonderheiten der Projekte lässt sich ableiten, dass
sie ohne Einbindung der NutzerInnen auskommen und nicht wissenschaftlich evaluiert werden:
www.bayerninfo.de (Bayern) ging 1995 aus einem Teilprojekt von „Bayern Online“ hervor, das eine
Initiative der Bayrischen Staatsregierung im Rahmen der „Offensive Zukunft“ war. 2006 übernahm im
Rahmen eines PPP-Projekts die VIB (Verkehrsinformationsagentur Bayern) den Betrieb. Im Gegensatz zu AnachB.at setzte die VIB bei der Konzeption der Startseite nicht auf eine Kartendarstellung,
sondern auf die Kombination verschiedener Infomodule, wie Routenplanung, Verkehrslage, Bayernnetz für Radler, Verkehrsmeldungen und das Staubarometer. Die Konzeption hatte zum Ziel, möglichst viele verschiedene Informationen auf einen Blick zu bieten und so die als sehr heterogen eingeschätzten Bedürfnisse möglichst gleichwertig abzudecken. Die Gestaltung des Services erfolgte allerdings ohne strukturierte Einbindung von NutzerInnen. Grundsätzlich wird Bayerninfo als öffentlicher
Dienst in Form eines laufend aktualisierten Info-Portals gesehen, dessen primärer Anspruch möglichst
einfach aufzufindende Information und weniger ein werblich wirkender Lenkungseffekt ist. Die Optimierung bzw. Erweiterung des Services erfolgte daher bisher auch primär auf technischer Ebene. Wissenschaftliche Untersuchungen, ob oder wie sich das Service auf das Verhalten der unterschiedlichen
NutzerInnen auswirkt, wurden bisher jedoch nicht durchgeführt.
www.vmz-info.de (Berlin) wurde Anfang 2009 einem Relaunch unterzogen und im Juli 2009 unter
der neuen Domain www.vmz-info.de online gestellt. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um ein
neues Webdesign und eine übersichtlichere Struktur der Startseite, die nun Verkehrsmeldungen, Ver-
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
17
kehrslage, Webcams und Routenplaner übersichtlich integriert. Sowohl die ursprüngliche Konzeption
als auch der Relaunch erfolgten – wie auch bei Bayerninfo.de – ohne Einbindung der NutzerInnen
bzw. ohne wissenschaftlich fundierte Evaluierung. Vordringlich waren Webdesigns, Usability sowie
verkehrspolitische Zielsetzungen. Lediglich im Rahmen der Leichtathletik-WM (August 2009) erfolgte eine allgemeine Umfrage zu Verkehrsthemen mit MedienvertreterInnen als Fokusgruppe, die jedoch
auf die weitere Gestaltung von www.vmz-info.de keinen Einfluss hatte. Das Service wird von VMZ
Berlin als Teil der Daseinsvorsorge und als Standardaufgabe der Öffentlichen Hand gesehen. Direkte
Einflüsse des Services auf Mobilitätsverhalten, Modal Split oder Verkehrsmittelwahl wurden bislang
auch bei diesem Projekt nicht erforscht.
www.ruhrpilot.de (Ruhrgebiet) wurde ähnlich wie www.vmz-berlin.de neu gestaltet, die aktualisierte Version ist seit September 2009 online. Aufgrund der Größe des Ruhrgebiets stehen auf der Startseite neben Verkehrsmeldungen und der Eingabemaske für den Routenplaner auch eine Auswahlkarte
zur Verfügung, auf der für einzelne Gebiete Verkehrsinfos abgefragt werden können. Auch hier bezog
sich der Relaunch auf eine Evolution des Webdesigns und der Struktur ohne die grundsätzlichen NutzerInnen-Bedürfnisse zu hinterfragen. Es existieren auch wie bei allen anderen Projekten keinerlei
Daten zur Wirksamkeit des Systems auf das Mobilitätsverhalten oder zu den tatsächlichen InfoBedürfnissen der NutzerInnen. Umfragen sind derzeit nicht geplant.
www.journeyplanner.org (London) wird als Infoservice-Portal von TfL (Transport for London)
laufend verbessert und ist in deren generellen Webauftritt integriert. Eine wissenschaftlich fundierte
Umfrage über die Wirkung der Services erfolgte bislang nicht und ist auch in nächster Zeit nicht geplant. Jedoch besteht ein sehr routiniertes Rückmeldesystem direkt auf der Homepage, mit Hilfe dessen punktuelle Defizite rasch verbessert werden können. Eine grundsätzliche Debatte über die rationale und fokussierte Konzeption des Services gab es bislang nicht. Es ist auch primär keine emotionale
Beeinflussung der Verkehrsmittelwahl bzw. des Mobilitätsverhaltens beabsichtigt, sondern ausschließlich die möglichst optimale Information über Routen.
Die Recherche ergab zusammenfassend, dass die ursprüngliche Motivation für die Entwicklung von
ITS-basierter Verkehrsinformation primär die Unterstützung der öffentlichen Administrationen bei
Verkehrsmanagement und E-Government war (B2A). Die zusätzlich geplante kommerzielle Nutzung
der Dienste für private Unternehmen (Logistik, Management etc.) stellte sich wegen der nicht vorhandenen Zahlungsbereitschaft bald als Illusion heraus (B2B). Für eine Bereitstellung der Services für
alle VerkehrsteilnehmerInnen wurden schließlich die oben angeführten Websites erstellt (B2A).
Grundlage dafür waren verkehrspolitische Zielsetzungen und die Absicht, den EndnutzerInnen ein
Service mit aktueller und optimaler Verkehrsinformation zur Verfügung zu stellen.
Keines der Projekte wurde bislang wissenschaftlich evaluiert. Im Vordergrund steht durchwegs rationale Verkehrsinformation. Relaunches erfolgten primär auf technischer Ebene oder in Form eines
neuen Webdesigns und ohne Beteiligung der EndnutzerInnen (Umfragen, Focusgruppen etc.). Kenntnisse zu eventuellen Verhaltensänderungen sind jenseits der Klickraten durchwegs nicht bekannt.
Forschungsprojekte wie ITSworks können somit als absolutes Novum betrachtet werden, da erstmals
direkte Auswirkungen eines konkreten Verkehrsinfo-Services auf das Mobilitätsverhalten von NutzerInnen erforscht wird.
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
18
5
Methodisches Vorgehen im Projekt ITSworks
Um das Projektziel der inter- und transdisziplinären Evaluation des intermodalen Routenplaners
AnachB.at zu erreichen, wurden verschiedene sozialwissenschaftliche, psychologische und technikwissenschaftliche Methoden eingesetzt, die im Folgenden kurz umrissen werden.
5.1 Delphi-Methode
Die im Rahmen von ITSworks durchgeführte Delphi-Studie beschäftigte sich mit möglichen zukünftigen Entwicklungen im Bereich der Verkehrsinformationssysteme und umfasste insgesamt drei Befragungswellen zwischen Juni 2009 und Mai 2010.
Ziel dieser mehrstufigen Befragung war, Konsens und Dissens der Meinungen eines Expertenpools
zur Zukunft Intelligenter Verkehrsinformationssysteme offenzulegen und zu diskutieren. Insgesamt
nahmen 31 ExpertInnen (5 davon weiblich) teil, 24 von ihnen an allen drei Erhebungswellen. Der Pool
der ExpertInnen setzte sich aus VerkehrsexpertInnen (Verkehrswissenschaft, -planung und -politik,),
Mitgliedern von „think tanks“ wie Forschungseinrichtungen und Medienorganisationen, weiters MedienkünstlerInnen und BeraterInnen zusammen, die sich mit den Auswirkungen und den Einsatzmöglichkeiten Neuer Technologien beschäftigen.
Während in der ersten Welle 31 qualitative Interviews geführt wurden, um ein möglichst breites Meinungsspektrum auszuloten, wurden die Daten in der zweiten (n=27) und dritten Befragungswelle
(n=26) jeweils mittels eines Online Befragungs-Tools (Unipark) erhoben. Die Ergebnisse der Runden
1 und 2 wurden in der jeweils darauffolgenden Runde der abermaligen Bewertung durch die ExpertInnen unterzogen, sodass sich als Ergebnis von Runde 3 ein finales Bild der einzelnen Standpunkte zur
Zukunft von ATIS (Advanced Traveller Information Systems) ergab. Diese Expertenprognosen bilden
eine wichtige Rahmung für die Einschätzung der weiteren Ergebnisse von ITSworks, die im Zuge der
Produktevaluation und der Interventionsforschung erhoben wurden.
5.2 Fokusgruppen
Bereits zu Projektbeginn wurden die Nützlichkeit und Güte des Routenplaners AnachB.at mithilfe von
Fokusgruppen evaluiert. Diese Methoden sind dadurch gekennzeichnet, dass eine Gruppe von Personen unter der Moderation einer Diskussionsleitung über ein bestimmtes Thema diskutiert. Dies ist eine
geeignete Methode, um insbesondere in der Konzeptionsphase die Bedürfnisse und Erwartungen einer
Zielgruppe systematisch zu erheben. Diese spezifische Befragungsmethode fördert den Austausch von
Meinungen, Einstellungen und Argumenten im Rahmen einer Diskussion. Ein zentraler Vorteil von
Fokusgruppen ist, dass in der Dynamik einer Diskussion, durch wechselseitige Stimulation das Wesentliche zur Sprache kommt. Im Gruppendialog regen sich die TeilnehmerInnen nicht nur gegenseitig
zu offenen und freimütigen Beiträgen an (Enthüllungsatmosphäre), es werden auch spontane Reaktionen durch die Redebeiträge der anderen Gruppenmitglieder provoziert7.
In diesem Zusammenhang ist aber zu unterstreichen, dass mit Hilfe der Fokusgruppeninterviews nur
Phänomene wie Meinungen, Sichtweisen, Einstellungen etc. aufgedeckt werden, die bei den weiteren
Forschungen zu beachten sind. Inwieweit diese zu generalisieren sind bzw. welche Verteilung diese in
7
Lamnek, S. (1998). Gruppendiskussion. Weinheim: Beltz
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
19
der Bevölkerung haben, ist nicht Aufgabe von Fokusgruppen, sondern wäre mit Hilfe quantitativer
Methoden zu erheben.
Es wurden drei Fokusgruppeninterviews durchgeführt, zu denen Personen eingeladen wurden, die
entweder (1) das Angebot AnachB.at ablehnen und es daher nicht verwenden, (2) die dem Produkt
AnachB.at gegenüber prinzipiell positiv eingestellt sind, aber es dennoch nicht nutzen, und (3) Personen, die dem Angebot AnachB.at gegenüber positiv eingestellt sind und davon auch Gebrauch machen. Es galt herauszufinden, welche Gründe für eine Nutzung bzw. Nicht-Nutzung des Angebots
sprechen bzw. Verbesserungsvorschläge zu sammeln.
Parallel wurde auch eine semiotische Motiv-Analyse der Diskussionsbeiträge durchgeführt.
5.3 Semiotische Analyse
Semiotik als die Lehre von den Zeichensystemen besagt, dass Bedeutung nur in einem geordneten
System von Zeichen, einem Code vermittelt werden kann. Als Zeichen fungiert jede beobachtbare
Einheit: Worte, Bilder, Farben, Räume, ästhetische Arrangements etc. Am besten erforscht ist die natürliche Sprache, ihr widmet sich die Linguistik. In einer Gesellschaft werden aber viele „Sprachen/Codes“ gesprochen; diverse Sprachen/Codes wurden auch im Zuge der Beurteilung des intermodalen Routenplaners AnachB.at benutzt.
Die semiotischen Analysen der sprachlichen Äußerungen in den Fokusgruppen basieren auf strukturalistisch semiotischen Verfahren, die unabhängig von den Meinungen der untersuchten Personen
durchgeführt werden. Sie erschließen die Bedeutung, die durch die Wahl und damit auch Nichtwahl
bestimmter Zeichen/Codes/Sprachen vermittelt wird – gleichgültig, ob dem Sender diese Bedeutung
bewusst ist, oder ob er sie beabsichtigt hat.
5.4 Testlabor: Interventionsforschung /qualitativ-quantitative Sozialforschung
Im Testlabor von ITSworks wurde eine Kombination aus qualitativen und quantitativen Methoden der
Sozialforschung sowie der Verkehrsforschung angewandt, um den Routenplaner AnachB.at in einer
Real-life-Situation auf seine Praxistauglichkeit und seine Wirkung auf das individuelle Verkehrsverhalten zu überprüfen.
Zwei Wochen lang wurde eine Interventionsforschung durchgeführt, bei welcher 38 Testpersonen vor,
während und nach der Benutzung des intermodalen Routenplaners AnachB.at beobachtet und befragt
wurden. Die Testpersonen wurden gezielt nach Alter, Geschlecht und Wohnadresse rekrutiert. Eine
Teilnahmebedingung waren Führerscheinbesitz und Verfügbarkeit eines Pkw. Die Rekrutierung erfolgte überwiegend über die Website des Routenplaners (Selbstselektion). Die am Testlabor Teilnehmenden waren überwiegend männlich (30 von 38), hatten ein Durchschnittsalter von 37 Jahren und
erwiesen sich als internetaffin.
Im Zuge der qualitativen Erhebungsdimension (Gruppeninterviews) wurden die Erfahrungen der
Testpersonen mit dem System ausgelotet, wobei darauf zu achten war, die Sinnperspektiven und Erfahrungen der Testpersonen aufzugreifen und im Kontext der anderen Projektergebnisse zu reflektieren. Nach der Transkription aller Aussagen erfolgte ein dreistufiger Kodiervorgang (Bohnsack 2008;
Flick 2007; Glaser & Strauss, 1998; Mayring, 2003). Ziel war die Herausarbeitung von Kernkatego-
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
20
rien und Aussagedimensionen in Bezug auf Zugänglichkeit, Nützlichkeit und Tauglichkeit des Routenplaners AnachB.at, basierend auf den persönlichen Erfahrungen der Testpersonen.
Ergänzend dazu wurden Verbesserungsvorschläge und Probleme mit dem System erhoben. So konnten bereits während der laufenden Projektarbeit nützliche Vorschläge zur Systemerweiterung und Verbesserung der Nutzbarkeit an die Organisation, die AnachB.at betreibt, rückgemeldet werden. Abschließend wurde eine Diagnose der Daten vorgenommen, um auf die Potenziale des Routenplaners
zur Verhaltensbeeinflussung im Sinne des Klimaschutzes und der Reduktion von Umweltbelastungen
zu verweisen.
Abbildung 4: Ablauf und Methoden des Testlabors
Im Rahmen des Projektes ITSworks wurde das Stadtpsychologische Testlabor nach Ehmayer (2006)
auch um quantitative Methoden zur Evidenzbasierung erweitert:
Es fanden drei Befragungswellen mittels standardisiertem Fragebogen zur Erhebung der gesundheitsfördernden Aspekte von ATIS statt. Die Zeitpunkte der Befragung waren: (1) vor Beginn des Testlabors („Pre-Test“), (2) nach Absolvierung des Testlabors („Post-Test“), (3) Nacherhebung acht Wochen nach Ende des Testlabors („Follow-Up“).
Während der Testphase wurden die Mobilitätsdaten mittels Wegebögen (siehe folgendes Kapitel) erfasst, um die Wegeketten und Verkehrsmittelpräferenzen der Testpersonen zu analysieren. Diese Wegedaten lieferten Grundlagen für eine quantitative Wirkungsabschätzung.
(Die verwendeten Leitfäden, Fragebögen und Wegebögen wurden in einem ITSworks Materialienband
zusammengestellt.)
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
21
5.5 Mobilitätserhebung
Zur Erhebung des tatsächlichen Verkehrsverhaltens der TeilnehmerInnen am Testlabor wurde auf
einen vielfach praxiserprobten Fragebogen nach dem KONTIV-Design zurückgegriffen. Um den Anforderungen des Projektes zu entsprechen, wurde der Fragebogen inhaltlich adaptiert und um projektspezifische Fragen ergänzt, insbesondere um die Frage, ob der Weg mit Hilfe von AnachB.at geplant
wurde oder nicht, und ob AnachB.at dabei hilfreich war (siehe Fragebogen in der ITSworks Materialiensammlung).
Die Wegeerhebung wurde in drei Phasen durchgeführt:
•
Vorher-Erhebung des Verkehrsverhaltens (an zwei Werktagen vor dem Testlabor)
•
Testlabor: Erhebung des Verkehrsverhaltens während des Testlabors (zwei Wochen lang)
•
Nachher-Erhebung des Verkehrsverhaltens (an zwei Werktagen sechs Wochen nach dem
Testlabor), zur Feststellung von Veränderungen der Verkehrsmittelwahl durch die Interventionen im Testlabor.
In jeder der drei Phasen waren die Testpersonen angehalten, sämtliche am jeweiligen Tag zurückgelegten Wege schriftlich zu dokumentieren. Ein Weg ist dabei definiert als Ortsveränderung zu einem
bestimmten Zweck.
Abbildung 5:
Definition eines Weges
Wohnung
zu Fuß
Bus
Bahn
zu Fuß
Arbeitsplatz
Weg
Eine wesentliche Voraussetzung für die Auswahl der Testpersonen war Führerschein- und PkwBesitz. Das Mobilitätsverhalten unterscheidet sich vom Durchschnitt der Bevölkerung durch höhere
Pkw-Wegeanteile, durchschnittlich längere Wege und geringere Fußwegeanteile. Das Mobilitätsverhalten der Testpersonen kann aber als typisch für Personen dieser Bevölkerungsgruppe (mit den im
Kapitel 5.4 genannten soziodemografischen Merkmalen) beschrieben werden.
Im Testlabor sollten die TeilnehmerInnen ihre Wege mit AnachB.at prüfen (bekannte Wege) und planen (unbekannte Wege). Bei den Routine-Wegen sollten die Testpersonen aus ihrer Sicht vertretbare
Alternativen ausprobieren und auch bei Nicht-Routine-Wegen sollten Alternativen zur „üblichen“
Verkehrsmittelwahl getestet werden. Die Wege wurden während des Testlabors mit Mobilitätstagebüchern erfasst und mit der Vorher-Erhebung verglichen. Dabei zeigt sich, dass die Testpersonen ihr
Mobilitätsverhalten während der Testlaborphase stark variiert haben, also AnachB.at.at und Alternativen erprobt haben. Im Vorher-Nachher-Vergleich wurde schließlich geprüft, ob die Nutzung von
AnachB.at und die Erprobung von Alternativen auch zu einer nachhaltigen Änderung des Mobilitätsverhaltens geführt hat (siehe Kapitel 6.3.4).
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
22
5.6 Szenariotechnik
Für die Abschätzung der verkehrlichen sie der kosten- und umweltbezogenen Wirkungspotenziale von
AnachB.at wurden vier Szenarien entwickelt, die sich einerseits nach dem Verlagerungspotenzial8,
andererseits nach der Verbreitung des Routenplaners („Durchdringungsgrad“) unterscheiden. Da im
Testlabor aufgrund der geringen Fallzahl (38 Personen) keine repräsentativen quantitativen Daten
ermittelt werden konnten, mussten die folgenden begründbaren Annahmen getroffen werden:
•
Die Annahmen über das Verlagerungspotenzial bei Pkw-Fahrten durch die Nutzung von
AnachB.at wurden aus den beobachteten Wirkungen im Testlabor und den Einschätzungen der
Delphi-ExpertInnen abgeleitet. Dabei wurden eine Minimal- und eine Maximalvariante festgelegt.
•
Für die Annahmen über den Anteil der Pkw-NutzerInnen, die AnachB.at kennen und nützen
(Durchdringungsgrad) wurden repräsentative Befragungsergebnisse aus dem Projekt INFOEFFECT (Seebauer, Berger 2010) und die Expertenmeinung aus der im Projekt durchgeführten Delphi-Befragung herangezogen.
Aus der Kombination von Verlagerungspotenzial und Durchdringungsgrad können für ATIS grundsätzlich folgende Wirkungsszenarien gebildet werden:
Tabelle 1:
Bildung von Wirkungsszenarien für ATIS
von ATIS
potenziale
Wirkungs-
Durchdringungsgrad von ATIS
Minimal: Status Quo
Maximal: Delphi-ExpertInnen
minimal
min / min
min / max
maximal
max / min
max / max
Für die Ermittlung der Verkehrs- und Umweltwirkungen werden nur die Szenarien min/max und
max/max beschrieben und weiterverwendet, da in den Szenarien min/min und max/min keine relevanten Wirkungen nachweisbar sind.
Zusätzlich wurde ein Plausibilitätscheck basierend auf der Socialdata-Untersuchung über die Chancen
für Verhaltensänderungen in Wien durchgeführt (Socialdata 2002).
8
Potenzielle Verlagerungswirkung bei Personen, die den Routenplaner verwenden (von Pkw-Fahrten hin zu
anderen Verkehrsmitteln)
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
23
6
Ergebnisse aus ITSworks und Schlussfolgerungen
Nachfolgend werden wichtige, mit den genannten Methoden erarbeitete Projektergebnisse angeführt:
1.
Systemgestaltung und Usability von Verkehrsinformationssystemen
2.
Bekanntheitsgrad, Verbreitung und Zielgruppen von Verkehrsinformationssystemen
3.
Einfluss auf das Verkehrsverhalten.
6.1 Systemgestaltung und Usability von Verkehrsinformationssystemen
6.1.1 Wie sollen ATIS gestaltet sein? Die Delpi-ExpertInnen meinen...
Wie schon die Ergebnisse der Literaturrecherche und der ersten Befragungswelle zeigten9, sollten
ATIS einen intuitiven Zugang aufweisen. Die ExpertInnen unterstreichen, dass die Systeme „selbstlernend auf individueller Ebene“, „nutzerfreundlich“ und „leicht zugänglich“ bzw. „einfach und verständlich“ sein sollten. Weiters wurde die Wichtigkeit der Aktualität der Information betont und darauf hingewiesen, dass die auf unterschiedlichen Kanälen vermittelte Information kohärent sein müsse.
ATIS sollten nach ExpertInnenmeinung multimodal ausgestaltet sein: Die These, dass durch das Anzeigen von Alternativen (Routen und Verkehrsmittel) umwelt- und ressourcenschonende Mobilität
gefördert werden kann, wurde von den ExpertInnen (25 von 27 Personen) bestätigt, wobei die NichtVerkehrsexpertInnen etwas skeptischer sind.
In der zweiten und dritten Welle wurde abgefragt, welchem der drei Design-Prinzipien („Design for
all“, nutzergruppenspezifische Design-Versionen, individualisiertes Design) folgend ATIS zukünftig
ausgestaltet sein werden. Die ExpertInnen waren sich einig, dass nutzergruppenspezifische DesignVersionen vor „Design for All“-Varianten und Individualisiertem Design zu reihen sind. In der zweiten Welle nahmen fünf Nicht-VerkehrsexpertInnen an, dass die Systeme zukünftig ein „individualisiertes Design“ aufweisen werden, bei dem ein Basissystem mittels zusätzlicher selbst gewählter
Funktionen und Services den eigenen Bedürfnissen angepasst werden kann; Anzumerken ist, dass die
VerkehrsexpertInnen diese Variante vollkommen ablehnten. Die beiden letztgenannten Varianten wurden in der dritten Welle als etwas unterbewertet eingestuft, wie Abbildung 6 zeigt.
Die wichtigsten Kriterien zur Abgrenzung von Nutzergruppen, auf die ATIS abgestimmt werden sollten, sind einem Ranking zufolge: Verkehrspräferenzen, Alter, Technikkompetenz, gemeinsame Interessen sowie mentale oder physische Beeinträchtigung. Hingegen wurden formale Bildung, Einkommen und Berufstatus als weniger wichtige Kriterien eingeschätzt (siehe
Abbildung 7).
Für eine zukunftsträchtige Ausgestaltung der Systeme im Sinne der Usability sind für die ExpertInnen
jedenfalls die Logik der Menüführung, ein ansprechendes grafisches Design und eine global verständliche Symbolsprache ausschlaggebend. Fast ebenso wichtig scheinen realitätsnahe Symbole sowie eine
Bündelung der Information. Hingegen werden Textinformation, akustische Information und Sprachsteuerung als eher vernachlässigbar eingestuft (siehe Abbildung 8).
9
Eine detaillierte Darstellung bietet der Bericht zu den Ergebnissen der ersten Welle der Delphi-Befragung vom
30.11.2009, Seite 15-21
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
24
Abbildung 6: Einschätzung der künftigen Design-Prinzipien von ATIS
Abbildung 7:
Bewertung der Kriterien zur Abgrenzung von Nutzergruppen
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
25
Abbildung 8: Bewertung der Merkmale der Usability
Hinsichtlich der Anreizsysteme (Verlosungen, Gewinnspiele etc.) sind sich die beiden Expertengruppen allerdings uneins; während sich mehr als die Hälfte der VerkehrsexpertInnen sich solche Anreize
sehr gut bis eher vorstellen können, halten die anderen ExpertInnen nichts davon (86%). Vorschläge
sind u.a. „Gewinnmöglichkeiten für ÖV-Jahreskarten oder Fahrscheine“, „finanzielle Vergünstigungen“ oder „Bonus-Systeme“ bis hin zu „Infos über CO2 Footprint und neue Radwege “.
Die Verspieltheit des Systems sollte den Anforderungen der „i-Phone Generation“ entsprechen: Generell unterstützen knapp 80% der ExpertInnen in der 2. Befragungswelle diese These; noch einmal
nachgefragt, halten 11 Befragte in der 3. Welle dieses Ergebnis jedoch für etwas überbewertet. Insgesamt betrachtet, sind die Nicht-VerkehrsexertInnen spielerischen Anwendungen gegenüber positiver
eingestellt als die VerkehrsexpertInnen.
Ob Zusatzinformationen in Zukunft den Mehrwert des Systems ausmachen oder das System überfrachten werden, darüber sind sich die ExpertInnen nicht einig. Jedenfalls werden Zusatzinformationen über Infrastruktur (Parks, Parkhäuser, Rolltreppen) besonders wichtig eingestuft (Ranking). An
zweiter Stelle rangieren ortsbezogene Informationen (Restaurants, Einkaufsmöglichkeiten etc.) und
danach Informationen zu speziellen Services (wie z.B. Mitfahrgelegenheiten). Auf den weiteren Plätzen folgen Wetterinformationen und Informationen mit spezifischem Mehrwert (z.B. barrierefreie
Wege). Als weniger wichtig schätzen die befragten ExpertInnen Informationen zu Gesundheit, sozialen Beziehungen, Umwelt und dem CO2-Footprint ein.
Hinsichtlich der Personalisierung der Systeme ist aus ExpertInnensicht zu erwarten, dass NutzerInnen
ihre persönlichen Informationen und Erfahrungen in ATIS einspeisen werden und sich damit Datenschutzprobleme verstärken. Es werde allerdings unterschiedliche Wege geben, wie die ATIS betreibenden Organisationen an die Daten der NutzerInnen kommen: Am wahrscheinlichsten ist dabei, dass
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
26
die NutzerInnen ihre Daten freigeben, nachdem ihnen ein Anreiz geboten wurde (19 von 26 ExpertInnen sind dieser Meinung), 13 ExpertInnen meinen allerdings, dass es dieser Anreize nicht bedürfe, und
die NutzerInnen ihre Daten auch freiwillig hergeben würden. Zwei Drittel unterstützen auch die Möglichkeiten, dass NutzerInnen ihre Daten, ohne es selbst zu wissen, zur Verfügung stellen werden oder
diese gar gezwungenermaßen freigeben müssen. Das Thema Datenschutz ist demnach, wie schon in
der ersten Welle von einigen ExpertInnen angesprochen, eine der relevanten Fragestellungen für die
zukünftige Systemgestaltung.
Die ExpertInnen lieferten im Rahmen der dreistufigen Delphi Studie wichtige Hinweise für die zukünftige Ausgestaltung von ATIS und prognostizieren zudem im Rahmen von vier Zukunftsperspektiven, wie sich diese Systeme aus ihrer Sicht weiterentwickeln könnten. Hier wird sowohl auf unterschiedliche gesellschaftliche Rahmenbedingungen, als auch auf die soziale Nachhaltigkeit der Systeme eingegangen (Siehe dazu Kap. 8.1 sowie den Endbericht der Delphi Studie 2010).
6.1.2
Gestaltung und Usabilty von AnachB.at
Wie im folgenden Kapitel dargelegt wird, belegen die Projektergebnisse, dass der intermodale Routenplaner AnachB.at noch weit von den Anforderungen der Delphi-ExpertInnen entfernt ist. Neben
einigen Stärken und Potenzialen wies er insbesondere zu Beginn des Projektes noch viele Defizite auf.
Einige Erkenntnisse aus ITSworks konnten aber bereits im Projektverlauf in die Weiterentwicklung
des Produkts einfließen.
Wie wird AnachB.at beurteilt? Ergebnisse der Fokusgruppen
Die Aussagen der FokusgruppenteilnehmerInnen wurden mittels SWOT-Analyse genauer betrachtet,
wobei das Augenmerk besonders auf die Benutzbarkeit des Angebotes AnachB.at gelegt wurde10. Im
Sinne der SWOT-Analyse wurden die Aussagen zunächst nach den folgenden Bereichen eingeteilt:
Stärken (strenghts), Schwächen (weaknesses), Möglichkeiten (opportunities), Gefahren (threats), wobei in den jeweiligen Bereichen eine weitere Einteilung nach Effektivität, Effizienz und Zufriedenheit
durchgeführt wurde.
Tabelle 2:
Überblick über Stärken, Schwächen, Möglichkeiten und Gefahren von AnachB.at
Stärken
Schwächen
Möglichkeiten
Gefahren
Breite der Information
Informationsvielfalt
komplex
Eingeschränktheit
nicht auf den ersten
Blick erkennbar
von anderen Routenplanern bekannte mangelnde Aktualität
Optionen
falsche Information
mehr Information
Informationsaufbereitung
(Effizienz)
Übersichtlichkeit
Gestaltung
konservative, komplexe
Aufmachung,
Unübersichtlichkeit
unvollständig
Übersichtlichere
Gestaltung
Hilfe
spielerischer Zugang
Komplexität
falsche Informationsübermittlung
Informationsüberflutung
Allgemeiner
Eindruck
Großräumig
Einarbeitungszeit
Flexibilität der
Konkurrenz
Gegebene Information
(Effektivität)
10
Es ist zu beachten, dass die Fokusgruppeninterviews im Herbst 2009 stattfanden, als AnachB.at erst seit drei
bis vier Monaten online zur Verfügung stand.
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
27
(Zufriedenheit)
Optionenvielfalt
Innovation
stationärere Gebrauch
Nutzung
mit Innovationen
werben
Gewohnheit
In der Kategorie der gegebenen Information, also der Effektivität des Systems, stehen einander die
Breite und Vielfalt der Information und die Komplexität der Darstellung gegenüber. Es zeigt sich aber
auch, dass gerade Breite und Vielfalt nicht befriedigend zum Ausdruck kommen, da sie von den NutzerInnen teilweise nicht erkannt, und daher nicht gewürdigt werden. Daneben birgt die Informationsvielfalt auch die Gefahr, dass die Aktualität der Informationen leidet und falsche Informationen gegeben werden. Dies könnte jene Personen verschrecken, die sich auf die beworbene Aktualität der Daten
verlassen.
Bei den Stärken im Bereich Effizienz (Informationsaufbereitung) wurden die Übersichtlichkeit und die
Gestaltung der Seite genannt. Doch nicht für alle ist das Layout der Seite auch eine Stärke. Die komplexe und als konservativ empfundene Aufmachung des Angebots, sowie die mangelnde Übersichtlichkeit (Nichtwissen über Zusatzfunktionen) werden im Vergleich zu anderen Routenplanern als
Schwächen gesehen. Gerade diese Punkte bergen auch die Gefahr, dass NutzerInnen von der Verwendung abgehalten werden, wenn sie das Angebot als zu komplex ansehen, und mit einer Informationsüberflutung konfrontiert werden.
Zufriedenheit mit dem Angebot besteht insbesondere bzgl. der Großräumigkeit (W, NÖ und Bgld.),
aber auch mit der Optionenvielfalt. Diese Punkte werden als Innovation angesehen, auf die vor allem
durch Vorinformation außerhalb des Systems oder im Eingangsbereich des Systems (= beim Öffnen
der Seite) aufmerksam zu machen ist. Andererseits hat die Optionenvielfalt wieder den Nachteil, dass
die Einarbeitungszeit in das System für manche NutzerInnen zu lange dauert, die sich daher wieder
anderen, einfacher zu bedienenden Systemen zuwenden. Eine als sehr wichtig erachtete Verbesserung
ist die Ausweitung des Angebots auf mobile Endgeräte11.
Zahlreiche Aussagen der FokusgruppenteilnehmerInnen enthalten Verbesserungsvorschläge für
AnachB.at. Diese beziehen sich auf Rückmeldungen und Verbesserungen des Systems durch die NutzerInnen selber (z. B. durch die Möglichkeit, eigene Routenvorschläge und -bewertungen anzugeben),
auf zusätzliche Optionen und Funktionen (z. B. Schaffung von mehr Übersichtlichkeit durch eine
Handlungsanleitung), auf erweiterte Informationen (z. B. über Parkgebühren oder über behindertengerechtes Fahren) sowie auf das Design der Website.
Ein Ist-Soll-Vergleich zur Ausgestaltung des Systems – Ergebnisse der semiotischen Analyse
Der intermodale Routenplaner AnachB.at bereitet seine Informationen in einem spezifischen Design
auf. Da hier ein breites Paradigma von Optionen besteht, aus dem gewählt werden kann, ist die Wahl
dieser spezifischen Form bedeutungstragend. Aus ihr lässt sich ein/e „implizite/r LeserIn“ erschließen:
Welche Art der Informationsverarbeitung wird vorausgesetzt? Und ebenso ein/e implizite/r AbsenderIn: In welcher Sprache äußert sich hier eine Instanz? Welche Instanzen benützen diesen spezifischen
Code? Ebenso: Was lässt sich als Relation zwischen AbsenderIn und EmpfängerIn erschließen?
AnachB.at ist zum Zeitpunkt der Analyse so gestaltet, dass es von seinen NutzerInnen einen relativ
hohen Aufwand an Decodierungsenergie verlangt. Es schließt daher von vornherein Zielgruppen aus,
11
Diese gab es zum Zeitpunkt der Fokusgruppen noch nicht, mittlerweile steht ein i-phone App zur Verfügung
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
28
die diesen Aufwand nicht leisten wollen oder können. Dies hängt mit der spezifischen Aufbereitung
und Darstellung der Daten zusammen.
Welchen Code benützt AnachB.at? Es schlägt zunächst unbewertet mehrere/viele Optionen vor, die
der NutzerIn selber zu bewerten hat. Es vergibt die Informationen quasi demokratisch, jede ist gleichwertig. Der/ die NutzerIn muss vergleichen, berechnen, Schlüsse ziehen.
AnachB.at geht dabei nicht auf bestimmte Lebenswelten ein, denen maßgeschneiderte Informationen
geboten werden. Es bietet nicht die Möglichkeit der Personalisierung. Es bietet keine Form der Interaktivität, z.B. einen Help-Knopf, oder die Einarbeitung von Informationen anderer NutzerInnen.
AnachB.at gibt kein Anzeichen von Wertschätzung des Nutzers/ der Nutzerin, es eröffnet keinen Dialog. Dies ist der charakteristische Code bürokratisch technischer Instanzen, die wenig interessiert an
ihren „KundInnen“ sind.
Dies wird durch die spezifische Ästhetik verstärkt, die AnachB.at verwendet. Dies ist eine sehr einfache Ästhetik, die unter dem Stil der Notwendigkeit bekannt ist. Farbwahl, Layout, Aufbereitung der
Nachrichten benützen jeweils sehr einfache Register, sehr konservative Lösungen. Bevorzugt wird das
Kleingliedrige und Überfüllte, wie es diesen Stilen eigen ist. Es ist kaum der Code, der junge und moderne Gruppen anzieht.
Charakteristisch für das semiotische Herangehen ist die Startseite, die besonders wichtig ist, da sie ja
der Anlockung dient und da sie eine prägende Anmutung vermittelt, die auf dem primacy effect basiert. Sie wirkt komplex, schwierig, überfüllt, einfach, konservativ. Sie betont das Ernste, Rationale,
Nüchterne. Sie bringt z.B. in großem Umfang die Karte von Wien, was jedoch keinerlei bedeutungsvolle Informationen vermittelt. Sie zeigt eine nicht klare Optionsleiste, schwierige Benennungen, nicht
gut strukturierte Auswahlmöglichkeiten. Sie wirkt schwierig, nicht leicht zu bedienen, nicht wirklich
sicher, man meint einen langen Weg vor sich zu haben, bis man bei den Informationen ist, die man
individuell braucht.
Nach Meinung der Gruppe gibt es viele gut bekannte Routenplaner, an die man/frau sich bereits gewöhnt hat. AnachB.at erscheint als späte Option, die daher etwas Spektakuläres bieten und vor allem
auch inszeniert und kommuniziert werden müsste – weit deutlicher, als dies bisher der Fall war.
Die Einschätzung der Testpersonen – Ergebnisse des Testlabors
Am Testlabor, das etwa ein halbes Jahr nach den Fokusgruppen stattfand, nahmen 38 ProbandInnen
(30 männlich, 8 weiblich) teil. Im Zuge der zweiwöchigen Nutzung des intermodalen Routenplaners
AnachB.at machten sie ambivalente Erfahrungen hinsichtlich der Usability des Systems (Effektivität,
Effizient und Zufriedenheit).
In den drei Gruppeninterviews wurden insgesamt n=89 Aussagen getroffen, die sich auf positive Erfahrungen mit AnachB.at beziehen:
•
Das System zeigt gute Alternativen an (27% der Aussagen).
•
Die Routenangaben helfen, Zeit zu sparen (21%).
•
AnachB.at ist ein nützliches Tool für die Planung von Radrouten (knapp 14%).
•
AnachB.at ist ein nützliches Tool für Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln (9%).
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
29
Negative Erfahrungen generierten allerdings wesentlich mehr Aussagen in den drei Gruppeninterviews
(n=146 Aussagen):
•
AnachB.at plant undurchführbare Routen (22% der Aussagen).
•
Die Angaben sind inaktuell (16%).
•
AnachB.at ist für AutofahrerInnen uninteressant (12%).
•
Die Routenplanung ist zu umständlich (12%).
•
Das System macht unbeständige Angaben (10%).
•
Die Darstellung ist unübersichtlich (9%).
•
Das System ist noch nicht mobil nutzbar (6%).
Im abschließenden Fragebogen bewerteten die Testpersonen AnachB.at gesamthaft nach dem Schulnotensystem mit „befriedigend“ bis „gut“. Technik-interessierte Personen verwenden AnachB.at eher
unterwegs. Die Testpersonen, die AnachB.at stationär nutzten, bewerteten es mit der Note 2,5 besser
als die (zehn von 38), die es unterwegs verwendeten (Note 3,1)12. 17 von 38 Personen fanden während
des Testlabors „bessere Routen für ihre Wege“. Bei der Nachbefragung erklärten alle Befragten, dass
sie AnachB.at in Zukunft verwenden wollen.
Die generell sehr engagierten TeilnehmerInnen des Testlabors machen auch zahlreiche Verbesserungsvorschläge zur Ausgestaltung des Systems (n=75 Aussagen). Die Anregungen decken sich weitgehend mit jenen der oben genannten Fokusgruppen und ähneln auch den Aussagen der Delphi ExpertInnen: AnachB.at sollte personalisierte Angaben machen (16% der Aussagen) und auch die mobile
Anwendung ermöglichen (12%) oder beispielsweise die Citybike-Stationen einblenden (8%)13 sowie
die kürzesten und schnellsten Wege hervorheben (7%).
6.2 Bekanntheitsgrad, Verbreitung und Zielgruppen von Verkehrsinformationssystemen
6.2.1 Wie sollen ATIS bekannt gemacht werden? Die Delphi-ExpertInnen meinen….
In der ersten Welle der Delphi-Befragung wurden die ExpertInnen dazu aufgefordert, Kommunikationsmaßnahmen zu nennen, die für die Bekanntmachung von Intelligenten Verkehrsinformationssystemen besonders gut geeignet sind. Grundsätzlich plädieren die ExpertInnen für eine präzise Abstimmung der Kommunikationsmaßnahmen auf unterschiedliche Zielgruppen. So müssten für die Ansprache älterer Menschen die ihnen bekannten Medien (TV und Printmedien) genutzt werden.
Neue Marketingformen wären dennoch besser geeignet als klassische Formen, um solche Systeme
bekannt zu machen: Virales Marketing, also Marketing, das die Dynamik sozialer Netzwerke nutzt,
eignet sich nach Ansicht der ExpertInnen besonders gut, um die Bekanntheit zu erhöhen und Vertrauen in die Systeme zu schaffen. Dies entspricht auch dem von Pinkett et al. (2008) vorgeschlagenen
neuen Modell zur Beeinflussung von Verkehrsverhalten, „Travel Behaviour Change 2.0“, das den
sozialen Kontext der Systeme in den Vordergrund stellt. Durch eine Kombination von präziser Infor12
Die Bewertung fand statt, bevor ein i-phone App zur Verfügung stand.
13
Dieser Vorschlag wurde vom Betreiber unmittelbar umgesetzt.
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
30
mation, Anreizsystemen zur Motivationssteigerung (z.B. Zusatzinformationen) und Innovation (technische Ausgestaltung, Verspieltheit, mobile Nutzbarkeit, Einsatz viraler Marketingformen) können NutzerInnen dazu motiviert werden, ihr Verkehrsverhalten zu verändern.
Um auch technologieferne Gruppen wie z.B. SeniorInnen an Systeme wie AnachB.at heranzuführen,
sollen aktive Kommunikationsmaßnahmen wie Schnuppertage und Events zum Einsatz kommen. Unwissen, Ängste und Hemmungen bezüglich der Technologienutzung können abgebaut werden, indem
die potenziellen NutzerInnen im Zuge solcher Veranstaltungen mit den Systemen vertraut gemacht
werden und ihnen die Potenziale vor Augen geführt werden.
Die Delphi-ExpertInnen wurden auch dazu befragt, welche Faktoren zukünftig für die Nutzung bzw.
Nicht-Nutzung von ATIS ausschlaggebend sein würden. Es herrscht unter den ExpertInnen kein Konsens darüber, welche Rolle das Einkommen für die Nutzung solcher Systeme spielen wird. Insgesamt
stimmen die ExpertInnen jedoch überein, dass eine Kostenpflichtigkeit von ATIS einkommensschwache Personen von der Nutzung ausschließen würde. Nur ein Viertel der ExpertInnen ist der Ansicht,
dass Menschen mit niedriger formaler Bildung zukünftig ATIS nutzen werden. Obwohl nur 14 der 27
ExpertInnen der These zustimmen, dass ausschließlich junge Menschen mit hoher Technologiekompetenz ATIS nutzen werden, trauen nur acht der 27 ExpertInnen Senioren (65+) die Nutzung von ATIS
zu. Einigkeit herrscht darüber, dass Menschen mit Behinderung zukünftig ATIS nutzen werden. Der
These „Zuwanderer (1.Generation) werden ATIS nutzen“ stimmen nur neun ExpertInnen zu. Während
ältere Menschen und Menschen mit Migrationshintergrund im Zuge der ersten DelphiBefragungswelle als Zielgruppen der Zukunft identifiziert wurden, zeigen die Ergebnisse der zweiten
Befragungswelle, dass ältere Menschen und Zuwanderer (1.Generation) ATIS nach Ansicht der ExpertInnen eher nicht nutzen werden. Dieses Ergebnis verweist auf eine mögliche Diskrepanz zwischen
erwünschtem und tatsächlich antizipiertem Zustand. Insofern gilt es, durch entsprechende Anpassung
der Systeme an die speziellen Bedürfnisse unterschiedlicher Nutzergruppen einen möglichst großen
Teil der Gesamtbevölkerung zu erreichen.
6.2.2 Nutzung und Bekanntheitsgrad von AnachB.at
Daten aus der Zugriffsstatistik
AnachB.at wurde im Sommer 2009 erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. ITS Vienna Region optimiert AnachB.at laufend, auch mithilfe der zahlreichen Rückmeldungen der NutzerInnen, die primär
via E-Mail erfolgen.
Im August 2010 konnte AnachB.at bereits 1.000.000 Routenberechnungen pro Monat verzeichnen,
was etwa einer Verdreifachung gegenüber dem Stand von 2009 entspricht. Dabei ist insbesondere ein
starker Anstieg nach der ersten PR-Kampagne festzustellen, die Ende 2009 nach der Einführungsphase
mithilfe regionaler Medien (Print und Online) umgesetzt wurde. Nachdem seit Juli 2010 zusätzlich
AnachB.at als iPhone App zur Verfügung steht, wird von einem weiteren Anstieg ausgegangen.
Nachfragespitzen sind bislang während der Woche jeweils vormittags und nachmittags festzustellen,
an Wochenende erfolgt eine weitgehend gleichmäßige Nachfrage zwischen ca. 10 Uhr und 20 Uhr.
Rund 90% aller Abfragen erfolgen mit festgelegter Abfahrtszeit (entweder entsprechend dem Default
oder selbständig eingestellt), 80% der Abfragen werden zudem erst sehr kurzfristig vor der Abfahrt
(ca. 5 Minuten) getätigt. Es ist dabei auch denkbar, dass für manche NutzerInnen auch nur die Wegekette bzw. die Verkehrsmittel und weniger der Zeitaspekt von Bedeutung ist.
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
31
Rund 80% aller NutzerInnen greifen direkt auf AnachB.at zu, jeweils rund 10% über Suchmaschinen
und externe Links. Damit Verkehrsinformationsservices wirksam sein können, ist jedenfalls eine laufende Kommunikation, Verlinkung und Bewerbung erforderlich. Dabei müssen, wie auch bei der Konzeption selbst, der emotionale Aspekt und der effektive Nutzen für die UserInnen im Mittelpunkt stehen.
Bekanntheit und Nutzung von ATIS – Ergebnisse aus dem Projekt INFO-EFFECT
Im Projekt INFO-EFFECT (siehe Seebauer & Berger 2010), das ebenfalls im ways2goForschungsprogramm des BMVIT gefördert wird, wurden unter anderem die Bekanntheit und die
Nutzung bestehender multimodaler ATIS in einer repräsentativen Telefonumfrage unter n = 1.300
Personen erhoben. Bei der Auswertung der Daten für die österreichische Ostregion, für die das ATIS
AnachB.at zur Verfügung steht, hat sich gezeigt, dass der Bekanntheitsgrad von verkehrsmittelübergreifenden ATIS noch sehr niedrig ist: 6,7 % der Befragen geben von sich aus an, ein multimodales
ATIS zu kennen, 2 % haben von sich aus AnachB.at genannt, die übrigen haben Google Maps angeführt. Zwar ist anzunehmen, dass der Anteil bei einer gestützten Befragung (bei der Systeme dezidiert
vorgegeben werden), etwas höher liegen würde. Außerdem dürfte die Bekanntheit seit der Telefonumfrage im Jänner 2010 zugenommen haben. Dennoch ist davon auszugehen, dass der Bekanntheitsgrad
von AnachB.at noch sehr niedrig ist.
Bei der Untersuchung der Nutzungsbereitschaft für ATIS haben sich folgende Phänomene gezeigt:
•
Die Nutzungsbereitschaft ist bei Nicht-Routine Wegen höher als bei alltäglichen Wegen, d. h.
NutzerInnen können für einen Erstkontakt mit dem System bei Nicht-Routine Wegen besser
erreicht werden.
•
Die Nutzungsbereitschaft ist bei jenen Personen, die ATIS kennen, signifikant höher als bei
jenen, die kein ATIS kennen, d. h. der Bekanntheitsgrad korreliert mit der Nutzung.
•
Am Besten erklärt derzeit das Merkmal Technikaffinität die Nutzungsbereitschaft. Daraus ist
zu schließen, dass sich die Systeme noch in einer Pionierphase befinden.
Was ist das Besondere an AnachB.at? Ergebnisse der Fokusgruppen
Als Ergebnis der Fokusgruppeninterviews zeigt sich, dass AnachB.at einer Reihe von Konkurrenzprodukten gegenübersteht. Diese sind teilweise schon seit Jahren bekannt, bzw. haben den Vorteil,
dass sie jeweils nur zu einem Verkehrsmittel Routenvorschläge machen, was als einfacher angesehen
wird. Für AnachB.at ergibt sich daraus der Nachteil, dass Personen nicht gerne von Gewohnheiten
abweichen. Für den Umstieg auf AnachB.at müssten die Eigenschaften des Systems neu gelernt werden (Eingabevorlagen sind anders angeordnet, es gibt andere Optionen etc.). Auch das Fehlen bestimmter Funktionen oder Optionen bei AnachB.at würde einen Umstieg nicht gerade begünstigen.
Nichtsdestoweniger zeigt sich auf Grundlage der Aussagen in den Fokusgruppen, dass AnachB.at ein
großes Potenzial hat. Zu seinen Vorteilen gehören die Abdeckung eines großen Gebietes (Wien, Niederösterreich, Burgenland), die Optionenvielfalt sowie der Vergleich der Verkehrsmittel. Diese Funktionen werden kaum von anderen Routenplanern angeboten, bieten also einen klaren Mehrwert. Auf
Grund der relativ kurzen Zeit, in der AnachB.at online ist, sind sie aber teilweise nicht bekannt.
Für die Verbreitung von AnachB.at sind Vorinformation und Marketing essentiell. Sie haben zum
einen die Aufgabe, das Angebot bekannt zu machen, und müssen zum anderen die Unterschiede zu
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
32
anderen Routenplanern herausarbeiten. Der Mehrwert bzw. die besonderen Funktionen, die AnachB.at
von anderen Routenplanern unterscheiden, sollten dabei besonders hervorgehoben werden (z.B. auch
auf der Startseite von AnachB.at).
Wen spricht AnachB.at an? Analyse der Daten nach Motivtheorien
AnachB.at verfolgt als Ziel, VerkehrsteilnehmerInnen zu umweltfreundlicherem Verkehrsverhalten
anzuregen. Wenn eine Verhaltensänderung erzielt werden soll, wird eine bestimmte Anthropologie
benützt, also Annahmen darüber erstellt, wie „der Mensch ist“, welche Motive ihn antreiben und wie
er zu beeinflussen ist. Es stellte sich also die Frage: Welche anthropologischen Annahmen stehen hinter der aktuellen Konzeption von AnachB.at?
Der Motivanalyse zufolge ist AnachB.at folgendermaßen konstruiert, um eine Beeinflussung zu erzielen: a) Vergleich: Wenn Menschen die einzelnen Verkehrsmittel im Überblick und Vergleich sehen,
erkennen sie das Potenzial der möglichen Nutzung nachhaltiger Verkehrsmittel. b) Schnelligkeit: Es
wird postuliert, dass der Vergleich primär nach Zeitaufwand erfolgt. c) Defizitabbau: Es wird angenommen, dass Informationsdefizite bestehen, wenn bestimmte Verkehrsmittel nicht regelmäßig genutzt werden – diese baut AnachB.at ab.
Der Routenplaner AnachB.at wendet sich demnach an einen rationalen Nutzungsmaximierer, der
scharf mit der Zeit kalkuliert und der bereit ist, für diesen Vergleich beträchtliche Decodierungsenergie aufzubringen. Demgegenüber zeigt die Analyse, dass diese Annahmen in unserer Befragtengruppe
nur bedingt zutreffen, und dass flankierende Maßnahmen zu setzen sind, um das gewünschte Verhalten zu erreichen.
Die Entscheidung über die Wahl des Verkehrsmittels wurde in der Mehrheit der Fälle nämlich schon
vor dem Benützen eines Routenplaners getroffen. Interessant ist die Gruppe derer, die bereit sind zu
überlegen, ob man/frau nicht hin und wieder auf das Auto verzichten und andere Verkehrsmittel wählen könnte. Ihnen sollten Appelle, Anreize sowie Überzeugungs- und Legitimierungsstrategien außerhalb des Routenplaners geboten werden – diese Gruppe müsste ja erst an den Routenplaner herangeführt werden.
Jene Personen, die eine relativ verfestigte und habituell geübte Entscheidung für ein Verkehrsmittel
getroffen hatten, bevorzugten spezifische Routenplaner, die nur das Auto oder nur öffentliche Verkehrsmittel zeigten: diese waren einfacher zu lesen und zu benützen.
Folgende Empfehlungen sind daraus abzuleiten: Es ist anzunehmen, dass das bloße zur Verfügungsstellen von Informationen noch keine motivationale Kraft hat, um ein Verhalten in die Wege zu leiten.
Um dem Routenplaner zu größerer Wirksamkeit zu verhelfen, ist eine Reihe von Marketingmaßnahmen notwendig:
•
AnachB.at muss eine beträchtliche Präsenz und Bekanntheit haben: d.h. NutzerInnen müssen
sich angewöhnen, regelmäßig in AnachB.at zu schauen.
•
Es muss die Nützlichkeit propagiert werden, die von einer alternativen Verkehrsmittelwahl
ausgehen kann. Dies können rationale oder emotionale Nutzen sein: Abenteuer im Alltag, Gesundheit, Kosten, erstaunliche Erfahrungen, dass andere Verkehrsmittel auch ihre Vorteile haben, etc.
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
33
Dabei ist ein spielerisches Ausprobieren oder eine Strategie der kleinen Schritte notwendig. Es wäre
zudem interessant, die Effizienz von sozialen Netzwerken zu berücksichtigen und sich zu überlegen,
wie andere Zielgruppen als technikaffine, jüngere Männer angesprochen werden könnten.
Merkmale der Stichprobe und der AnachB.at-NutzerInnen – Ergebnisse des Testlabors
Die Stichprobe des Testlabors ist folgendermaßen zu charakterisieren: überwiegend männlich (79%
der Teilnehmenden), eher jung (Median = 34 Jahre), hoch gebildet, viel beschäftigt (Arbeit / Ausbildung), sehr an neuen Technologien interessiert (M = 8,1 auf einer 10-stufigen Skala). Da sich die
meisten Personen über die AnachB.at-Internetseite zur Teilnahme angemeldet haben, wird durch die
Stichprobe die vorrangige Nutzergruppe von AnachB.at stark widergespiegelt.
Abbildung 9:
Woher kennen die ProbandInnen des Testabors AnachB.at?
Woher kennen Sie den Routenplaner AnachB.at? (n=39)
Dies deckt sich mit Kenntnissen aus der Innovationsforschung: Neue Technologien werden üblicher
Weise von jungen, gebildeten Männern angenommen, bevor eine Verbreitung in der Gesamtbevölkerung stattfindet. Demzufolge erhebt sich die Frage, wer für die Entwicklung und Gestaltung dieser
intelligenten Verkehrsinformationssysteme verantwortlich ist. Diejenigen, die solche Systeme entwickeln, spiegeln möglicherweise die Population der zukünftigen NutzerInnen.
Im Testlabor hat sich herausgestellt, dass AnachB.at unter RadfahrerInnen eine relativ hohe Bekanntheit hat und von ihnen besonders geschätzt wird. Diese Zielgruppe sollte mit Marketing- und Kommunikationsmaßnahmen besonders angesprochen werden,
Wie verwendeten die Testpersonen AnachB.at nach dem Testlabor?
Sechs Wochen nach der Testlaborphase wurden die Teilnehmenden befragt, ob und wie oft sie
AnachB.at seit dem Testlabor benützt haben und ob sie vorhaben, AnachB.at auch künftig zu verwenden. Dabei ergab sich folgendes Bild:
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
34
Abbildung 10: Verwendung von AnachB.at nach dem Testlabor
Wie oft haben die Testpersonen AnachB.at in den sechs Wochen nach dem Testlabor genutzt?
Mindestens 1 x pro Woche
55%
Mindestens 1 x im Monat
36%
Seltener
4,5%
Gar nicht
4,5%
Werden die Testpersonen AnachB.at zukünftig verwenden?
Ja
100 %
Trotz der während der Testphase festgestellten Mängel haben die meisten TeilnehmerInnen des Testlabors AnachB.at weiterhin genutzt; und alle gaben an, es in Zukunft verwenden zu wollen. Wenn es
also gelungen ist, das System bekannt zu machen und die Einstiegshürde überwunden wurde, kann
eine dauerhafte Kundenbindung auch jetzt schon erzielt werden. Dies belegt auch, dass AnachB.at
trotz der kritisierten Mängel im Vergleich zu anderen Systemen durchaus wettbewerbsfähig ist.
6.3 Einfluss auf das Verkehrsverhalten
6.3.1 Veränderung von Verkehrsverhalten durch ATIS Informationen? Erkenntnisse
aus der Literatur
Hinsichtlich der Beeinflussung von Verkehrsverhalten existieren verschiedene Modelle, die auf einem
jeweils unterschiedlichen Menschenbild basieren. Obwohl die Wirkung von ATIS bisher noch nicht
systematisch erforscht wurde, zeigt sich bei einer Auseinadersetzung mit dem Verkehrsverhalten, dass
der Mensch kein nutzenmaximierend handelnder „homo oeconomicus“, sondern – dem Bounded Rationality-Modell folgend – ein durch seinen situationalen Rahmen begrenzt rational handelnder „homo
psychologicus“ ist. Das bedeutet auch, dass durch die Bereitstellung von mehr Information die Nachfrage nach Information nicht automatisch gesteigert wird. Die Determinanten der Nachfrage nach
Verkehrsinformation sind vielmehr von den Charakteristika und dem Verhalten der NutzerInnen und
des Systems bestimmt. Die Nutzung von Verkehrsinformationssystemen wird nach Lyons et al. (2008)
sowohl von individuellen Faktoren (Meinungen, Normen, Gewohnheiten) als auch von wegbezogenen
Faktoren und unterschiedlichen Entscheidungsmechanismen gerahmt. Veränderte Einstellungen alleine führen also nicht unbedingt zu einer Veränderung des Entscheidungsverhaltens im Zusammenhang
mit der Verkehrsmittelwahl. Der Regret-Theory folgend, werden zusätzliche Informationen über Alternativen nur dann gesucht, wenn falsche Entscheidungen getroffen wurden, die „bereut“ wurden
(Lyons et al. 2008:5).
Lebensumstände bestimmen in hohem Maße das Verkehrsverhalten. Da Verkehrsverhalten größten-
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
35
teils durch Gewohnheiten geformt wird, kann in Umbruchssituationen Veränderung stattfinden. Unter
anderem sind bestimmte Wendepunkte und einschneidende Erlebnisse im Lebensverlauf (Umzug /
Jobwechsel / Arbeitslosigkeit / Trennung / Verlust von Menschen / Geburt eines Kindes) für die Ausbildung und langfristige Formung von persönlichen Mobilitätsmustern besonders bedeutsam (vgl.
Dienel 2006). Dass sich Übergange zwischen verschiedenen Lebensstationen auf das Verkehrsverhalten auswirken können, zeigt auch eine Studie von Blinde/Schlich (2001).
Auch wenn die Information in ATIS sehr stark personalisiert ist, ist die Möglichkeit, Veränderungen
einzuleiten, begrenzt, wenn die sozialen Beziehungen der NutzerInnen nicht miteinbezogen werden.
Während die Theory of Planned Behaviour und der Rational Choice- Ansatz den Nutzen für den Einzelnen für zentral im Zusammenhang mit der Verkehrsmittelwahl halten, betont die Theory of Interpersonal Behaviour die Wichtigkeit des sozialen Kontexts (vgl. Pinkett et al. 2008). Ein neues Modell
der Beeinflussung des Verkehrsverhaltens würde demnach bei sozialen Netzwerken der NutzerInnen
ansetzen (Pinkett et al. 2008; Sheller 2004).
Ein Einflussschema für umweltrelevantes Verhalten wurde bereits 1981 von Fietkau und Kessel vorgestellt. Dieses Schema wurde im Zuge der Projektarbeit weiterentwickelt (siehe Cervinka et al.
2009). Abbildung 11 zeigt das im Rahmen der theoretischen Annäherungen angepasste Modell, das
Ansatzpunkte für ATIS veranschaulicht und beispielhaft Indikatoren für den Umwelt- und den Gesundheitsbereich nennt.
Abbildung 11: Einfluss von ATIS auf umwelt- und gesundheitsrelevantes Verhalten
Quelle:
Cervinka et al.(2009), auf der Grundlage von Fietkau und Kessel (1981)
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
36
Es ist davon auszugehen, dass die individuelle nachhaltige Mobilität durch ATIS gezielt gefördert
werden kann. ATIS bieten eine Reihe von Ansatzpunkten zur Unterstützung der nachhaltigen individuellen Mobilität: Sie können (1) Wissen vermitteln, (2) die Konsequenzen des eigenen Verhaltens
aufzeigen und (3) Anreize für Handlungen bieten.
6.3.2 Verkehrsmittelwahl und Nachhaltigkeit – die Delphi ExpertInnen meinen….
Beeinflussung der Verkehrsmittelwahl durch ATIS
Eines der Ziele der Delphi-Studie war die Extraktion und Evaluation von ExpertInnen-Meinungen
bezüglich der Förderung von nachhaltigen Mobilitätslösungen mittels ATIS.
Grundsätzlich galt es die Frage zu klären, welche Personen dazu bereit wären, vom Auto auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen. Die ExpertInnen wurden daher aufgefordert, einen solchen wechselbereiten Prototyp zu charakterisieren. Weitgehend Konsens herrscht bezüglich Alter, Bildung und
Berufsstand dieser Person: Die meisten ExpertInnen meinen, dass die Person zwischen 21 und 30 Jahre bzw. zwischen 31 und 40 Jahre alt wäre und gehöre keinesfalls der Gruppe der über 50-Jährigen an.
20 der 27 ExpertInnen nehmen an, dass die Person (eher) weiblich ist. Der Bildungsgrad der Person
wäre eher hoch bis hoch, die Person wäre eher in Ausbildung/Arbeit. Beim Einkommen waren sich die
ExpertInnen jedoch uneinig: Während zwei Drittel der ExpertInnen davon ausgehen, dass das Einkommen „eher hoch“ bis „hoch“ ist, meint ein Drittel, dass es auch „eher niedrig“ bis „niedrig“ sein
könnte. Die Person wird hauptsächlich als umweltbewusst, aufgeschlossen, kontaktfreudig und flexibel charakterisiert und verfüge über „ein hohes umweltorientiertes Verantwortungsgefühl“.
In der zweiten Welle der Delphi-Befragung wurden die ExpertInnen aufgefordert, zu bewerten, wie
stark verschiedene Faktoren (Komfort, Zeit, Geld, etc.) die Verkehrsmittelwahl in unterschiedlichen
Kontexten (Arbeits- und Freizeitkontext, Versorgungswege) beeinflussen. Einigkeit herrschte darüber,
dass der Faktor „Komfort“ die Verkehrsmittelwahl sowohl bei ungewohnten Versorgungswegen, als
auch bei ungewohnten Wegen im Arbeits- und Freizeitkontext am stärksten beeinflusst. Während die
Verkehrsmittelwahl bei gewohnten Wegen im Arbeitskontext stark vom Faktor „Zeit“ beeinflusst
werde, sei bei ungewohnten Wegen im Freizeitkontext vor allem der Faktor „Familie, Freunde und
Peergroup“ ausschlaggebend. Für die Verkehrsmittelwahl auf ungewohnte Versorgungswege bezogen,
wären neben dem Faktor „Komfort“, „Zeit“ und „Geld“ ausschlaggebend. Der Privatsphäre wurde
eine vergleichsweise geringe Bedeutung zugeschrieben.
Weiters wurden in der ersten Welle der Delphi Studie verschiedene Positionen bezüglich der Wirkungspotenziale von ATIS identifiziert, die dann in der zweiten Welle einer nochmaligen Bewertung
unterzogen wurden. Der These, dass durch Informationen und Zusatzleistungen (z.B. Ticketing, Count
Down-Zeitanzeigen) Widerstände gegenüber öffentlichen Verkehrsmitteln abgebaut werden können,
stimmen schon in der zweiten Welle beinahe alle ExpertInnen (24 von 27 Personen) (eher) zu. Auch
die These, dass durch das Anzeigen von Alternativen (Routen und Verkehrsmittel) umwelt- und ressourcenschonende Mobilität gefördert werden kann, wurde von den ExpertInnen bestätigt. Mehr als
die Hälfte der ExpertInnen betrachten es als wahrscheinlich, dass ATIS einen Beitrag zur Erhöhung
der Verkehrssicherheit leisten werden. 15 von 27 ExpertInnen halten es allerdings für eher bis sehr
wahrscheinlich, dass ATIS NutzerInnen dazu verführen, ihre Eigenverantwortung an diese Technologie abzugeben. Nur die These, dass ATIS durch die Integration aller zur Verfügung stehenden Verkehrsmittel den Anteil der kombinierten Wege (z.B. Auto – öffentlicher Verkehr – Fußweg) steigern
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
37
können, wurde – auch nach nochmaliger Bewertung – nicht einheitlich positiv bewertet: Hier sind die
VerkehrsexpertInnen etwas skeptischer als die anderen ExpertInnen.
In der dritten Welle der Delphi-Befragung, wurden die ExpertInnen dazu aufgefordert, abzuschätzen,
wie viel Prozent der in Wien lebenden Menschen, die über ein Auto und einen Führerschein verfügen,
regelmäßig ein verkehrsmittelübergreifendes Informationssystem nutzen würden. Vorausgesetzt wurde
ein optimal ausgestaltetes ATISystem, das auf einem mobilen Endgerät abrufbar und in der Region
hochaktuell ist. Hier schätzten die ExpertInnen den Anteil auf 38 Prozent ein. Weiters besteht laut
ExpertInnenmeinung für 15 Prozent der Wege in Wien, die aktuell mit dem Auto zurückgelegt werden
(das sind 32 Prozent aller Wege), die Möglichkeit, dass sie auf Grund von Informationen in ATIS
nicht mit dem Auto zurückgelegt werden.
Potenziale für die Förderung von Nachhaltigkeit
Mobilität ist ein entscheidender Faktor für die soziale, ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit.
Eine zentrale Aufgabe von ATIS ist es, nachhaltige Mobilität zu fördern. Dem Modell der drei Säulen
der Nachhaltigkeit (vgl. Deutscher Bundestag 1998) folgend, wurden auf Basis der Ergebnisse der
ersten Delphi-Befragungswelle die Dimensionen der sozialen, ökonomischen und ökologischen Nachhaltigkeit abgefragt: Während sich die ExpertInnen darüber einig sind, dass ATIS ökonomische Nachhaltigkeit fördern können, herrscht bezüglich der Förderung von sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit in der zweiten Erhebungswelle kein Konsens. Daher wurden die ExpertInnen in der dritten
Welle noch einmal zu einer Bewertung aufgefordert.
Einig sind sich die ExpertInnen darüber, dass individuelle Mobilität durch Information gefördert werden kann. Etwas mehr als die Hälfte meint auch, dass ATIS den Zugang zu Arbeitsplätzen fördern
können. Die These, dass „ATIS in der Lage sind, zu sozialer Gerechtigkeit beizutragen (z.B. durch
Erhöhung der Zugangschancen zu Infrastruktur und Verkehrsmitteln)“ wird zwiespältig bewertet;
etwas mehr als die Hälfte der ExpertInnen sehen hier weniger Potenzial14, lediglich vier ExpertInnen
sehen ein höheres Potenzial.
Hinsichtlich der ökologischen Nachhaltigkeit, sind sich die ExpertInnen einig, dass ATIS einen Beitrag zur Verbesserung der Umweltqualität und zur Senkung des Energieverbrauchs leisten können.
Der These, dass „ATIS helfen können, Risken für Mensch und Umwelt (z.B. im Katastrophenfall) zu
verringern“, stimmen die ExpertInnen in der zweiten Welle jedoch nicht uneingeschränkt zu. Der Mittelwert liegt hier bei 2,2 (auf einer Skala von 1 bis 4)15. Etwas weniger als die Hälfte der ExpertInnen
(12 von 26 Personen) halten diese Bewertung für angemessen, rund ein Drittel für überbewertet. Nur
fünf Personen schätzen das Potenzial von ATIS in diesem Bereich höher ein.
Was die unterschiedlichen Raumtypen betrifft, sehen die ExpertInnen das höchste Potenzial für die
Förderung umweltbezogener nachhaltiger Verkehrslösungen durch ATIS im Umland und in der Kernstadt, weniger im ländlichen Raum. Vor allem sind hier die VerkehrsexpertInnen pessimistischer als
die Technologie-ExpertInnen.
14
Der Mittelwert liegt in der zweiten Welle bei 2,5. Die Bewertung dieser These in der zweiten Welle der Del-
phi-Befragung erfolgte mittels der Skala: 1=trifft sehr zu; 2=trifft eher zu; 3=trifft kaum zu; 4=trifft gar nicht zu.
15
Die Bewertung dieser These in der zweiten Welle der Delphi-Befragung erfolgte mittels der Skala: 1=trifft
sehr zu; 2=trifft eher zu; 3=trifft kaum zu; 4=trifft gar nicht zu.
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
38
Hinsichtlich der Siedlungsentwicklung sind sich die ExpertInnen einig, das ATIS einen Beitrag zur
Verringerung mentaler Barrieren – z.B. vom Land in die Kernstadt zu fahren – leisten können. Nur
rund die Hälfte der ExpertInnen sieht einen direkten Einfluss von ATIS auf Zersiedelung oder die
Konzentration auf die Kernstadt.
Entwicklungsbedarf sehen die ExpertInnen zukünftig vor allem im Ausbau der Informationen zur
„letzten Meile“ in ATIS und den Ausbau von ATIS für ländliche Regionen.
6.3.3 Verkehrsverhalten im Testlabor und Bedingungen zur Verhaltensänderung
Im Testlabor wurden die ProbandInnen dahingehend instruiert, dass sie AnachB.at für möglichst viele
Wege, aber mindestens einmal täglich verwenden sollten, und dass sie (mindestens viermal im Verlauf
des Testlabors) andere Verkehrsmittel als die sonst üblicherweise von ihnen verwendeten ausprobieren
sollten. Die Wege während des Testlabors wurden mit Mobilitätstagebüchern (Wegebögen) erfasst
und mit der Vorher-Erhebung verglichen. Dabei zeigt sich, dass die Testpersonen ihr Mobilitätsverhalten während der Testlaborphase stark variiert haben, also AnachB.at und Alternativen erprobt haben.
•
Alle Personen, die in der Vorher-Befragung kein Öffentliches Verkehrsmittel benutzt haben,
sind in der Testphase zumindest einmal mit dem Öffentlichen Verkehr gefahren.
•
Bis auf eine Person haben alle alternative (unübliche) Verkehrsmittel ausprobiert.
•
51% jener Personen, die vorher nicht mit dem Rad gefahren sind, sind im Testlabor zumindest
einmal mit dem Rad gefahren.
Die Wegebögen belegen, dass der Anteil der Wege, die mit dem Auto (selbst fahrend) zurückgelegt
wurden, von vorher 56% auf 38% während des Testlabors sank, während mehr Wege mit dem Fahrrad
und mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt wurden.
Beim Gruppeninterview wurden die ProbandInnen über ihre Erfahrungen während des Testlabors
befragt: Von den (n = 55) Aussagen lassen sich 22% unter „war überrascht über schnelle Öffis“ zusammenfassen, 14,5% unter „hat mich zum Radfahren gebracht“ und 14,5% unter „habe die Busse
entdeckt“. Hingegen besagen 13% „hat bei mir nichts verändert“ und 11% „war überrascht über
schnelle Autoroute“.
Die an den Gruppeninterviews Teilnehmenden wurden auch befragt, was ihrer Meinung nach fördernde und hemmende Bedingungen für mögliche Verhaltensänderungen im Sinne des Klimaschutzes und
der Reduktion von Umweltbelastungen seien. Wie Tabelle 3 zeigt, lassen sich die genannten Bedingungen einerseits dem System AnachB.at bzw. der Art, wie und welche Informationen dieses vermittelt, zuordnen, andererseits auch den verkehrspolitischen sowie situativen Rahmenbedingungen.
Es wurden unterschiedliche Einschätzungen darüber geäußert, ob das Aufzeigen von Alternativen und
die multimodale Darstellung verhaltenswirksam seien, oder ob AnachB.at ein reines Serviceinstrument ohne erzieherische Wirkung sei. Auch dass AutofahrerInnen durch den Routenplaner nicht angesprochen werden, steht der Verhaltenswirksamkeit entgegen. Weiterführende Vorschläge beziehen
sich auf Verkehrsmittelkombinationen sowie auf die Anzeige von Kostenvergleichen.
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
39
Tabelle 3:
Fördernde und hemmende Bedingungen zur Verhaltensänderung
Fördernde Bedingungen
−
Zeigt alternative Routen auf
−
Multimodale Darstellung hilft
Verkehrsmittel zu vergleichen
−
AnachB.at
Verkehrspolitische
Rahmenbedingungen
Persönliche und
situative Faktoren
−
AnachB ist Serviceinstrument, hat
keine erzieherische Wirkung, wenn
die Intention zur Verhaltensänderung nicht bereits vorhanden ist
−
Spricht AutofahrerInnen nicht an
und kann somit bei dieser
Zielgruppe nicht wirken
−
Auto ist schneller
Standorte der Citybikes werden
angezeigt
−
PKW ist nicht automatisch aktiviert
−
Kombination von verschiedenen
Verkehrsmitteln bei Routenplanung
ermöglichen (z.B. Rad & Öffis)
−
Kostenvergleich anzeigen
−
Wenn man im Umweltverbund
schneller ist, verzichtet man auf das
Auto
−
Öffis werden billiger
−
Kombinationsmöglichkeit
verschiedener Verkehrsmittel
−
Park & Ride wird gratis
−
Ausbau der Infrastruktur für den
öffentlichen Verkehr
−
Hemmende Bedingungen
Bei ungewohnten Wegen verlässt
man sich eher auf den Routenplaner
−
Auto ist billiger
−
Schlechte Verbindungen im
öffentlichen Verkehrsnetz
−
Ich bin schon ‚Öffifahrer‘
−
Andere Faktoren wirken stärker als
AnachB.at
−
Ich bin auf das Auto angewiesen
Während des Testlabors stieg bei den ProbandInnen die wahrgenommene Kontrolle. Diese wiederum
ging mit der Reduktion des erlebten Stresses (r = -.40*) einher. Körperliche Bewegung reduzierte den
Stress der VersuchsteilnehmerInnen, AnachB.at fördert körperliche Bewegung aber nicht! Auch in der
Nachbefragung konnte die Erhöhung der erlebten Kontrolle und damit im Zusammenhang die Reduktion von Stress durch die Nutzung von AnachB.at evaluiert werden. Der Trend zur Nutzung des Fahrrades bestätigte sich.
6.3.4 Beobachtete Verhaltensänderungen bei den Testpersonen – Ergebnisse der
Wegeerhebung
Die längerfristige verhaltenswirksame Wirkung von AnachB.at wurde durch einen Vergleich der Vorher-Erhebung mit einer Nachher-Untersuchung erfasst. Die Nachher-Untersuchung erfolgte mit Hilfe
von Mobilitätstagebüchern und einer qualitativen Nachbefragung; sie fand ca. sechs Wochen nach der
Testlaborphase statt. Die Mobilitätstagebücher sowohl der Vorher- als auch der Nachher-Erhebung
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
40
umfassten jeweils zwei Wochentage. Von den 38 TeilnehmerInnen am Testlabor nahmen 22 auch an
der Nachher-Untersuchung teil.
Für diese Gruppe von 22 Personen erfolgte eine Auswertung in zwei Stufen:
(1) Darstellung der Pkw-Nutzung Vorher / Nachher
(2) Darstellung der Pkw-Nutzung nur für jene Wege, die Vorher und Nachher ein ähnliches Muster
(gleiche Ziel- und Routenwahl) aufweisen. Dadurch sollten Volatilitäten im Mobilitätsverhalten,
die die Verkehrsmittelwahl beeinflussen könnten, ausgeschaltet werden.
Dabei ergab sich folgendes Bild:
Tabelle 4:
Pkw-Nutzung der TeilnehmerInnen aus dem Testlabor
Vorher und Nachher in Pkw-Wegen (22 Personen)
Vergleichbare /
Ähnliche Wege
Alle Wege
Vorher
Nachher
Vorher
Nachher
Wege insgesamt
129
137
42
43
Pkw-Wege
76
60
24
21
59 %
44 %
57 %
49 %
Anteil Pkw-Wege
Reduktion
der Pkw-Wege
Tabelle 5:
abs
16
3
%
21
4
Pkw-Nutzung der TeilnehmerInnen aus dem Testlabor
Vorher und Nachher in Pkw-km (22 Personen)
Alle Wege
durchschnittliche Pkw-Weglänge
Verkehrsleistung in Pkw-km
Reduktion
der Pkw-km
1)
Vergleichbare /
Ähnliche Wege
Vorher
Nachher
Vorher
Nachher
11,0
10,9
11,5
12,0
834
654
276
252
abs
181
25
%
22
3
1) Die Weglängen wurden mit Hilfe von Google Maps ermittelt.
Bei den vergleichbaren / ähnlichen Wegen kann mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem direkten
Zusammenhang zwischen dem Rückgang von Pkw-Wegen sowie Pkw-Fahrleistung und der Nutzung
von AnachB.at ausgegangen werden. Beim Vergleich aller Wege zeigt sich ein deutlich höherer
Rückgang der Pkw-Wege und der Pkw-Fahrleistung, allerdings kann es, muss es aber nicht einen ursächlichen Zusammenhang mit der Nutzung von AnachB.at geben. Es ist also zu vermuten, dass die
Wirkung von AnachB.at zwischen Minimal- und Maximalwert anzusiedeln ist.
Diese Annahme wird auch durch die qualitative Nachbefragung unterstützt, in der 4 von 22 Personen
(18 %) angegeben haben, dass sie durch die Erfahrungen mit AnachB.at ihr Mobilitätsverhalten nach-
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
41
haltig verändert haben. Bei allen Verkehrszwecken sind sie überwiegend oder zumindest teilweise
vom Auto auf andere Verkehrsmittel umgestiegen.
Es stellt sich natürlich die Frage, ob die in der Nacherhebung ermittelten Wirkungen auch auf jene
TeilnehmerInnen des Testlabors übertragbar sind, die nicht an der Nacherhebung teilgenommen haben. Im Extremfall wäre davon auszugehen, dass ein wichtiges Motiv für ihre Nichtteilnahme darin
bestand, dass sie ihr Mobilitätsverhalten nicht geändert haben. Geht man von dieser Hypothese aus
und bezieht die Wege dieser Personen mit ein (für diese Personen gilt dann: Mobilitätsverhalten Vorher = Nachher), so liegt die Reduktion der Pkw-Wege zwischen 2 % (nur die Reduktion bei ähnlichen
Wegen werden der Wirkung von AnachB.at angerechnet) und 12 % (die gesamte Reduktion der PkwWege wird AnachB.at zugerechnet). Bei der Fahrleistung liegt die Bandbreite der Reduktion bei 1,5 %
und 10 %.
Da diese extreme Annahme nicht plausibel erscheint (einige Personen haben sich sogar wegen Urlaub
oder Krankheit entschuldigt), werden für die Eingrenzung der Bandbreite der Wirkung von AnachB.at
auf die TeilnehmerInnen des Testlabors, die Extremwerte (2 % bzw. 22 % Reduktion der Pkw-Wege)
verworfen und die Untergrenze der Wirkung in der Gruppe der 22 TeilnehmerInnen (4 % Reduktion
der Pkw-Wege) und die Obergrenze der Wirkung bezogen auf alle TeilnehmerInnen (12 % Reduktion
der Pkw-Wege) als plausible Wirkungsbandbreite angesehen.
Die Ergebnisse des Testlabors belegen also, dass bei Kenntnis und Nutzung von AnachB.at eine nachhaltige Änderung des Mobilitätsverhaltens ausgelöst werden kann. Die Wirkungsbandbreite kann mit
4 bis 12 % Reduktion der Pkw-Wege und 3 bis 10 % Reduktion bei der Pkw-Fahrleistung abgeschätzt
werden.
Es ist allerdings möglich, dass die Verhaltenswirkung bei „gewöhnlichen“ AnachB.at-NutzerInnen
weniger stark sein wird als unter den Testlabor-TeilnehmerInnen. Im spezifischen Setting des Testlabors wurde vermutlich eine besondere Motivation dadurch ausgelöst, dass sich die Testpersonen in
einer Gruppe ausdrücklich mit Verkehrsfragen auseinandergesetzt haben.
6.4 Szenarien mit quantitativer Wirkungsabschätzung
6.4.1 Verkehrliche Wirkungen
Wirkungsszenarien für AnachB.at
Die zwei zentralen Einflussfaktoren für die Bildung der Szenarien sind die Verlagerungspotenziale
von Pkw-Wegen und Pkw-Fahrleistung durch die Nutzung von ATIS (im konkreten Falle durch
AnachB.at) und der Durchdringungsgrad (Bekanntheit und Nutzung) bei Pkw-NutzerInnen.
Für die Verlagerungspotenziale durch AnachB.at werden folgende begründete Annahmen getroffen:
•
Die aus dem Testlabor ermittelte Bandbreite liegt bei den Pkw-Wegen zwischen 4 % und
12 %, bei den Pkw-Fahrleistungen zwischen 3 % und 10 % (siehe Kapitel 6.3.5).
•
In der Delphi-Studie wurde von den Experten eine Verlagerung von 15 % der Pkw-Wege auf
andere Verkehrsmittel für möglich erachtet.
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
42
Voraussetzung für das Wirksamwerden dieser Potenziale ist aber die Kenntnis und in weiterer Folge
auch die Verwendung von AnachB.at durch Pkw-NutzerInnen. Für den Durchdringungsgrad wurden
für die Szenariobildung folgende begründete Annahmen getroffen:
•
Die repräsentative Erhebung im Projekt INFO-EFFECT ergab in der Region Wien einen Bekanntheitsgrad von 7 % für ATIS, von 2 % für AnachB.at.
•
Die ExpertInnenen der Delphi-Studie halten einen Durchdringungsgrad bis ca. 40 % für erreichbar.
Aus diesen Annahmen ergeben sich folgende Wirkungsszenarien für die Nutzung von AnachB.at in
der Region Wien:
Tabelle 6:
Wirkungsszenarien von AnachB.at in der Region Wien
Durchdringungsgrad (Bekanntheit und Nutzung)
in % der Pkw-NutzerInnen
Verlagerungspotenzial durch AnachB.at
in % der Wege
(vom Pkw auf andere Verkehrsmittel)
2%
40%
4%
keine relevante
Wirkung (unter 1 %)
ca. 1,5 % bis 2 %
Reduktion der Pkw-Wege
und Pkw-Fahrleistung
15%
keine relevante
Wirkung (unter 1 %)
ca. 6 % Reduktion
der Pkw-Wege und
Pkw-Fahrleistung
Der Durchdringungsgrad mit ATIS ist also ein Schlüsselfaktor bei einem wirkungsvollen Einsatz von
ATIS für ein umweltfreundlicheres Mobilitätsverhalten. Damit AnachB.at spürbare verkehrliche und
umweltentlastende Wirkungen erzeugen kann, sind umfassende Maßnahmen zur Erhöhung des Bekanntheitsgrades und zur Motivation für die Nutzung Voraussetzung (siehe auch Kapitel 7).
Plausibilitäts-Check: Verlagerungspotenziale für PKW-Fahrten in Wien
Die Plausibilität der Szenarien wurde in einem Vergleich mit bestehenden Daten überprüft: Im Zuge
der Erstellung des Masterplans Verkehr Wien 2003 wurden die Verlagerungspotenziale der PkwFahrten im Binnenverkehr mit Hilfe vertiefter Haushaltsbefragungen erhoben (Socialdata 2002).
Im Binnenverkehr in Wien finden jährlich 528 Pkw-Fahrten pro Pkw statt. Davon bestehen bei 290
Fahrten keine objektiven Sachzwänge zur PKW-Nutzung (wie Weg zu lang, Gepäckstransport, Wegeketten, Behinderung, etc.), sie finden also ausschließlich aus subjektiven Präferenzen statt.
Abbildung 12: Potenziale zur Veränderung des Verkehrsverhaltens im Binnenverkehr in Wien
Fahrten pro PKW und Jahr
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
43
Gesamt
528
238
45 %
290
100 %
55 %
Sachzwang zur
PKW-Nutzung und/
oder keine zumutbare
Alternative
Prinzipiell ersetzbar durch
(mehrere Alternativen
möglich)
ÖV
PKW-Nutzung
ausschließlich
aus subjektiven
Gründen
216
Rad
148
41 %
28 %
zu Fuß
64
12 %
Quelle: Socialdata (2003): Ergebnisse einer Mobilitätsstudie im Rahmen der Erstellung des Masterplans Verkehr 2003,
i. A. d. Stadt Wien
Von diesen 290 Fahrten gibt es bei 190 Fahrten ein Veränderungspotenzial, da keine subjektiven Aversionen gegen andere Verkehrsmittel bestehen, die einen Umstieg unwahrscheinlich machen. Diese
190 Fahrten pro Pkw und Jahr (36 % aller Pkw-Fahrten) stellen das realistische Verlagerungspotenzial
vom Pkw auf andere Verkehrsmittel dar. Es wird nun angenommen, dass es gelingt, analog zu den
Einschätzungen der Delphi-ExpertInnen, 40 % dieser Pkw-Fahrten mit AnachB.at zu erreichen (78
Fahrten). Im nächsten Schritt wird angenommen, dass 40 % der mit AnachB.at erreichten grundsätzlich verlagerbaren Pkw-Fahrten auch tatsächlich mit einem anderen Verkehrsmittel durchgeführt werden. Diese Annahme ist realistisch, wie auch der Vergleich mit den Testlaborergebnissen zeigt: nimmt
man an, dass das realistische Verlagerungspotenzial der Pkw-Wege der TeilnehmerInnen am Testlabor
ebenfalls bei 36 % liegt, und bezieht man die tatsächlich verlagerten Pkw-Fahrten auf diese Fahrten,
dann liegt die erzielte Verlagerungswirkung zwischen 36 % und 60 % (je nach Berechnungsvariante,
siehe Kapitel 6.3.5).
Von den 528 Fahrten pro Pkw und Jahr werden gemäß diesen Annahmen 31 Fahrten (6 %) auf andere
Verkehrsmittel verlagert. Eine Verlagerungswirkung in der Größenordnung von 6 % kann daher
durchaus als plausibel angenommen werden – vorausgesetzt, es gelingt, den Durchdringungsgrad von
AnachB.at deutlich zu steigern.
6.4.2 Externe Kosten und Umweltwirkungen
Zur Berechnung der externen Kosten wurde auf die Studie „Externe Kosten des Straßenverkehrs in
Österreich“, die im Auftrag des BMVIT durch HERRY Consult erstellt wurde, zurückgegriffen. Die
dort errechneten Werte für die einzelnen Kostenkategorien beziehen sich auf das Jahr 2006. Die externen Kosten, die dabei berücksichtigt wurden, sowie die entsprechenden Werte pro Fahrzeugkilometer
sind in der folgenden Tabelle ersichtlich:
Tabelle 7:
Externe Kosten / Fahrzeug-km (*)
externe Unfallkosten
0,049
Luftschadstoffkosten
0,014
Klimakosten
0,005
Lärmkosten
0,007
externe Staukosten
0,067
Boden- und Wasserverschmutzung
0,001
Up- und Downstream
0,008
Summe
0,151
(*) für Fz bis 3,5 t hzG
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
44
Quelle: Herry M., Sedlacek N. (2008)
Zusätzlich wurden die Wirkungen auf die CO2-Emissionen gesondert berechnet und dargestellt.
Zur Quantifizierung der möglichen Einsparungen bei den externen Kosten und beim CO2-Ausstoß des
Pkw-Verkehrs wurden folgende verkehrliche Grundlagen für die Ostregion herangezogen:
Tabelle 8:
Basisdaten zur Ermittlung der Reduktion der externen Kosten und der CO2-Emission:
Wien
NÖ
Gesamt
Pkw-Lenker Modal-Split
25%
51%
38%
Durchschnittliche Pkw-Weglänge [km]
11,3
16,3
14,7
3,2
3,2
3,2
0,151
0,151
0,151
Gesamte CO2-Emissionen pro Fahrzeug-km [g]
204
204
204
Anzahl der Werktage
255
255
255
1.580.338
1.511.002
3.091.340
Wege pro Person und Werktag (inkl. nicht mobiler Personen)
Externe Kosten pro Pkw-km [Euro]
Anzahl der Personen ab 6 Jahren
Quellen: Herry M., Tomschy R. (2010), Amt der NÖ Landesregierung (2004), Socialdata (2008)
Da sich die Erhebungen im Testlabor nur auf Werktage bezogen haben, erfolgt die Hochrechnung der
CO2-Einsparung und der Einsparung von externen Kosten ebenfalls nur für Werktage. Damit wird
eher die Untergrenze der Wirkungen dargestellt, da vermutet werden kann, dass AnachB.at auch an
Wochenenden und Feiertagen wirkt.
Wenn die Wirkungspotenziale von AnachB.at optimal ausgeschöpft werden (minus 6% PkwFahrleistung – vgl. Kap. 6.4.1) ergeben sich für das Gebiet von Wien und Niederösterreich folgende
Resultate:
•
CO2-Ersparnis: 170.000 Tonnen pro Jahr
•
Ersparnis bei den externen Kosten: 126 Mio. Euro pro Jahr
Die möglichen Einsparungen bei den externen Kosten des Verkehrs sowie bei den CO2-Emissionen
wurden für die in Kap. 6.4.1 erläuterten Wirkungsszenarien von AnachB.at berechnet. Folgende Wirkungen sind erzielbar:
Tabelle 9: Ersparnispotenzial der externen Kosten von AnachB.at in der Vienna Region (Wien, Niederösterreich)
Ersparnis der externen Kosten pro Jahr (Werktage)
[Mio. Euro]
Verlagerungspotenzial durch AnachB.at
in % der Wege
(vom Pkw auf andere Verkehrsmittel)
Durchdringungsgrad (Bekanntheit und Nutzung)
in % der Pkw-NutzerInnen
2%
40%
4%
1,7
34
15%
6,3
126
Tabelle 10: CO2-ErsparnisPotenzial von AnachB.at in der Vienna Region (Wien, Niederösterreich)
Ersparnis CO2 pro Jahr (Werktage) [Tonnen]
Durchdringungsgrad (Bekanntheit und Nutzung)
in % der Pkw-NutzerInnen
2%
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
40%
45
Verlagerungspotenzial durch AnachB.at
in % der Wege
(vom Pkw auf andere Verkehrsmittel)
4%
2.300
45.350
15%
8.500
170.050
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
46
7
Handlungsempfehlungen und Produktstrategie
7.1 Empfehlungen im Sinne einer hohen Wirksamkeit von AnachB.at
Aus den Wirkungsszenarien (siehe Kap. 6.4) ist zu schließen, dass AnachB.at nur dann eine spürbare
Verkehrs- und Umweltwirkung entfalten wird, wenn es gelingt, die Nutzerfreundlichkeit zu steigern
und den Bekanntheits- und Nutzungsgrad dramatisch zu erhöhen. Dazu sind umfassende, kontinuierliche und aufeinander abgestimmte Marketingmaßnahmen erforderlich, die am besten in einem Verbreitungskonzept geplant werden sollten. Da AnachB.at nach mehreren bekannten Routenplanern als relativ späte Option erscheint, sollte es etwas Spektakuläres bieten, das auch inszeniert und kommuniziert
werden müsste. Interessante Zusatzinformationen wären eine Möglichkeit, sich von anderen abzuheben. Als Alleinstellungsmerkmale (USP) von AnachB.at bieten sich seine Aktualität, die räumliche
Detailgenauigkeit für die ganze Region sowie die umfassenden Radverkehrsinformationen an. Darüber hinaus sollten die Nutzbarkeit und das Design von AnachB.at weiter verbessert werden, damit
neue NutzerInnen, die mit Marketingmaßnahmen gewonnen werden können, auch wirklich bei
AnachB.at bleiben, weil sie sich von seinem Nutzen und seinen Vorteilen überzeugten können. Als
wichtige Grundvoraussetzung dafür wird darauf zu achten sein, dass die übermittelten Informationen
jedenfalls zuverlässig richtig und aktuell sein müssen. Das erfordert von den Trägerorganisationen von
ITS Vienna Region, welches AnachB.at betreibt, beträchtliche Investitionen in das Marketing und in
die Produktentwicklung sowie eine besondere Aufmerksamkeit für die Wartung der Netzgraphen, die
den Routenangaben zu Grunde liegt. Diese Aufwände würden aber, wie die Wirkungsszenarien gezeigt haben, zu beträchtlichen Reduktionen der externen Kosten des Verkehrs führen (siehe Kap.
6.4.3).
Die genannte Verlagerungswirkung von PKW-Fahrten hin zu den Verkehrsarten des Umweltverbundes kann unter den bestehenden verkehrsinfrastrukturellen und verkehrspolitischen Rahmenbedingungen erzielt werden. Veränderungen dieser Rahmenbedingungen wirken sich auf das Verlagerungspotenzial aus. Deshalb ist es zur Erreichung der umweltbezogenen Zielsetzungen notwendig, dass der
verkehrspolitische und infrastrukturelle Rahmen so gestaltet ist, dass die Bedingungen für den Umweltverbund gegenüber dem motorisierten Individualverkehr nicht verschlechtert und nach Möglichkeit sogar verbessert werden. Die gilt insbesondere bezüglich der Wegedauer, die ja eine zentrale
Komponente der Information eines Routenplaners ist.
Als wichtigste Zielgruppe von AnachB.at müssen veränderungsbereite Pkw-NutzerInnen angesprochen und erreicht werden. Dies muss bei der Systemgestaltung sowie bei Marketing- und Verbreitungsstrategien berücksichtigt werden. Insbesondere gilt es zu überlegen, wie andere Zielgruppen als
technikaffine, jüngere Männer angesprochen werden könnten – gerade im Hinblick auf die von den
Delphi-ExpertInnen charakterisierte „umstiegsbereite Persönlichkeit“, die eher als weiblich gesehen
wird (siehe Kap. 6.3.2). Andererseits kann AnachB.at bereits jetzt auf einer hohen Zufriedenheit bei
RadfahrerInnen aufbauen. AnachB.at soll auch der Zielgruppe der Menschen, die bereits jetzt vorwiegend im Umweltverbund unterwegs sind, ein optimales Service bieten (z. B. mit Informationen über
Schnittstellen zwischen dem Radverkehr und dem öffentlichen Verkehr) und sie in ihrem Verkehrsverhalten bestärken.
Die Gruppe jener Menschen, die bereit sind, manchmal auf das Auto zu verzichten und andere Verkehrsmittel zu wählen, sollte bereits außerhalb des Routenplaners mit Überzeugungs-, Motivationsund Legitimierungsstrategien angesprochen werden. Es muss die rationale und emotionale NützlichDie Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
47
keit propagiert werden, die von einer alternativen Verkehrsmittelwahl ausgehen kann. So erscheint es
etwa erfolgversprechend, in Unternehmen im Rahmen von Mobilitätsmanagement-Strategien ein spielerisches Ausprobieren verschiedener Verkehrsmittel – unter Einsatz von AnachB.at – anzuregen und
dabei auch die bestehenden sozialen Netzwerke einzubeziehen.
7.2 Produktstrategie für ATIS
Im Folgenden werden Elemente einer Produktstrategie für zukunftsträchtige Verkehrsinformationssysteme (ATIS) angeführt.
7.2.1 Systemgestaltung, Usability, Informationsvermittlung
•
ATIS sollten multimodal angelegt sein.
•
ATIS-Informationen müssen verlässlich richtig und aktuell sein.
•
ATIS-Informationen sollten auf unterschiedlichen mobilen Endgeräten abrufbar sein, damit
aktuelle Informationen im Bedarfsfall auch unterwegs zugänglich sind (erhöht die erlebte
Kontrolle, vermindert psychischem Stress).
•
ATIS sollten angenehm zu benützen sein; das impliziert eine ästhetisch ansprechende Gestaltung sowie einen leichten Zugang zu den gewünschten Informationen.
•
Empfehlenswert ist eine ausgewogene Kombination zwischen technisch optimaler Qualität
(Ansprechen der rationalen Ebene) und spielerischer / spannender / ästhetischer Konzeption
(Ansprechen der emotionalen Ebene).
•
Die NutzerInnen sollten die Möglichkeit haben, Feedback zu geben und mit ihren Bewertungen und Rückmeldungen das System weiter zu entwickeln.
•
ATIS sollten personalisierte Angaben machen. Wenn ein einfaches Basissystem mit modular
und individuell konfigurierbaren Zusatzfeatures und -funktionen gekoppelt wird, kann einerseits eine hohe Durchdringung in der Gesamtbevölkerung erreicht werden, andererseits wird
der heterogenen Bedürfnislage unterschiedlicher NutzerInnen-Gruppen Rechnung getragen.
•
Durch eine für NutzerInnen transparente Datenschutz-Policy kann das Vertrauen in ATIS gesteigert werden. Der Datenschutz sollte hoch und kostenfrei gewährleistet sein.
•
ATIS sollten Informationen bezüglich Umweltschutz liefern (z.B. über Einsparungspotenziale
bei schädigenden Emissionen); dabei ist aber eine belehrende Haltung zu vermeiden.
•
ATIS sollten den NutzerInnen Feedback über die Gesundheits- und Umweltwirkungen des eigenen Verkehrsverhaltens geben.
•
ATIS sollten zu körperlicher Bewegung anregen – insgesamt und auch zwischen den einzelnen Wegen.
•
Durch die Verbindung von präziser, hochaktueller Information mit Anreizsystemen zur Motivationssteigerung (z.B. Zusatzinformationen) und Innovation (technische Ausgestaltung, Verspieltheit, mobile Nutzbarkeit, Einsatz viraler Marketingformen) können NutzerInnen dazu
motiviert werden, ihr Verkehrsverhalten zu verändern.
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
48
•
Es ist sinnvoll, die Bedürfnisse der End-NutzerInnen als Basis für die (Weiter-)Entwicklung
von ATIS heranzuziehen. Der „Participative Design Method“ (vgl. z.B.: Mumford 1996) folgend, sollten potenzielle NutzerInnen schon in einem sehr frühen Entwicklungsstadien begleitend in die Entwicklung eines ATIS einbezogen werden (Usability-Tests, Fokusgruppen,…).
7.2.2 Bekanntheitsgrad, Verbreitung, Zielgruppen
•
Das Marketing für ATIS hat zum einen die Aufgabe, das Angebot bekannt zu machen, und
muss zum anderen die Besonderheiten des Produkts und die Unterschiede zu anderen Routenplanern herausarbeiten. Die einzelnen Maßnahmen sollten in einem Verbreitungskonzept geplant werden.
•
Virales Marketing, also Marketing, das die Dynamik sozialer Netzwerke nutzt, eignet sich besonders gut dafür, die Bekanntheit von ATIS zu erhöhen und Vertrauen in die Systeme zu
schaffen.
•
Es empfiehlt sich eine präzise Abstimmung der Kommunikationsmaßnahmen auf unterschiedliche Zielgruppen. So müssten für die Ansprache älterer Menschen die ihnen bekannten Medien (TV und Printmedien) genutzt werden.
•
Um auch technologieferne Gruppen, wie z.B. SeniorInnen an ATIS heranzuführen, sollen aktive Kommunikationsmaßnahmen wie Schnuppertage und Events zum Einsatz kommen, bei
denen die Services ausprobiert werden können.
•
Da ATIS derzeit hauptsächlich von technikaffinen, jungen Männern genutzt werden, gilt es
Maßnahmen zu setzen, die den Diffusionsprozess beschleunigen: Dieser kann etwa durch die
Förderung der Kommunikation zwischen Jüngeren und Älteren angeregt werden.
•
MultiplikatorInnen wie LehrerInnen und JournalistInnen sollen angesprochen werden, um
Systeme bekannt zu machen. Die Nutzung von ATIS soll in die schulische Verkehrserziehung
integriert werden.
• ATIS sollten in den Medien der Autofahrer- und Verkehrsclubs sowie in den Verkehrsnachrichten regionaler Radiosender beworben werden.
• ATIS-Informationen sollten gezielt Personen angeboten werden, die lebensverändernde Ereignisse (wie etwa Wohnungswechsel, Arbeitsplatzwechsel, Schulbesuch des Kindes) erfahren,
weil in solchen Situationen des Umbruchs auch das Verkehrsverhalten leichter veränderbar ist.
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
49
8
Ausblick und neue Forschungsfragen
8.1 Die Zukunft von ATIS – die Perspektiven der Delphi-ExpertInnen
Die ExpertInnen der Delphi Studie vermuten, dass sich aufgrund der zukünftig zu erwartenden Personalisierung der ATIS Systeme die Datenschutzproblematik verschärfen wird und zudem private
Betreiber auf den Markt drängen werden. Zur Abschätzung der zukünftigen Entwicklungen und gesellschaftlichen Einbettung dieser Systeme wurden den ExpertInnen vier Zukunftsperspektiven vorgelegt, die sich nach folgenden Kriterien unterscheiden: der Ausrichtung der Organisation, die ATIS
betreibt (öffentlich vs. privat/kommerziell), dem Umgang mit dem Datenschutz (hoch vs. gering),
hinsichtlich der Ausgestaltung des Systems (kollektiv vs. individualisiert) und der Nachhaltigkeit.
Tabelle 11:
Zukunftsperspektive
Zukunftsperspektiven von ATIS
Ausrichtung /
Betreiber
Datenschutz /
Privacy
Ausgestaltung
Nachhaltigkeit
Steuerung
kollektiv / öffentlichrechtlich
hoch
kostenfrei gewährleistet
niederschwellig
Design4all, nutzergruppenspezifisches
Design
hoch
Social Web
kollektiv / kommerziell
kostenfreies
Empfehlungssystem
User-generated Content
niedrig
Community-basierte
und individualisierte
Design-Versionen
moderat
Individuelle
Verführung
segmentierte Zielgruppen / Nutzertypen
teils kostenpflichtig
niedrig
stark individualisierte
Design-Variationen
sehr gering
Elite
individuell
kostenpflichtig
hoch, mit Kosten
verbunden
stark individualisiertes
System
sehr gering
Die ExpertInnen wurden aufgefordert, die Eintrittswahrscheinlichkeit aller vier Zukunftsperspektiven
für die Zeithorizonte 2020 und 2035 (auf einer Skala von 1=sehr wahrscheinlich bis 4=ganz unwahrscheinlich) abzuschätzen.
An erster Stelle rangiert die Steuerungsperspektive, deren Eintritt 18 der 26 ExpertInnen schon bis
zum Jahr 2020 für wahrscheinlich halten, drei davon für sehr wahrscheinlich. Langfristig betrachtet,
erscheint diese Perspektive sogar elf ExpertInnen sehr wahrscheinlich und acht wahrscheinlich. Dieses
am öffentlich-rechtlichen Modell orientierte Modell wird als „demokratiepolitisch wünschenswert“
bezeichnet, wobei es an „der politischen Willensbildung“ bzw. an „der Politik liege, dafür Handlungen zu setzen“.
Die Social Web Perspektive, die knapp mehr als die Hälfte der ExpertInnen (54%) schon 2020 für
(sehr) wahrscheinlich halten, rangiert auf Platz zwei. Dass diese Perspektive bis zum Jahr 2035 eintreten wird, halten 19 ExpertInnen für sehr wahrscheinlich, davon vier sogar für sehr wahrscheinlich. Die
Gruppe der Nicht-VerkehrsexpertInnen ist hinsichtlich beider Zeithorizonte positiver eingestellt als die
der VerkehrsexpertInnen. Hier wird angemerkt, dass das gesamte Verkehrssystem stark von gemein-
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
50
schaftlichen Interessen definiert ist. Dementsprechend würde die öffentliche Hand die Steuerung der
Information kaum an Dritte abgeben wollen.
Die Bewertung der Verführungs Perspektive fällt in der Gesamtbewertung wesentlich schlechter aus.
Allerdings unterscheidet sich die Bewertung der beider ExpertInnen-Gruppen stark: Die NichtVerkehrsexpertInnen halten das Eintreten dieses Szenarios sowohl bis 2020, als auch bis 2035 für viel
wahrscheinlicher (80%), wohingegen nur 25% der VerkehrsexpertInnen diese Perspektive bis 2020 für
wahrscheinlich hält.
Die Eliten Perspektive halten 13 ExpertInnen für relativ wahrscheinlich (Zeithorizont 2020), allerdings nur eine Person für sehr wahrscheinlich. Auch langfristig betrachtet, halten es nur 13 ExpertInnen für wahrscheinlich.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass
•
die ExpertInnen der Steuerungsperspektive die höchste Wahrscheinlichkeit attestieren,
•
die Social Web-Perspektive an zweiter Stelle rangiert, wobei VerkehrsexpertInnen und NichtVerkehrsexpertInnen hier uneins sind: Letztgenannte halten dies für deutlich
wahrscheinlicher,
•
die Eliten-Perspektive eher für unwahrscheinlich befunden wird,
•
und die Perspektive der individuellen Verführung am unwahrscheinlichsten erscheint. Auch
hier unterscheidet sich die Bewertung der beiden ExpertInnen-Gruppen sehr stark, wobei hier
die VerkehrsexpertInnen sehr viel skeptischer sind.
Abbildung 13: Zukunftsperspektiven für ATIS
Wahrscheinlichkeit ihres Eintreffens laut Delphi-ExpertInnen
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
51
8.2 Offene Forschungsfragen
8.2.1 Ausblick der betreibenden Organisation ITS Vienna Region
ITS Vienna Region wird die in ITSworks gewonnen Erkenntnisse bei der weiteren Optimierung von
AnachB.at.at intensiv berücksichtigen und auf den vom Forschungskonsortium destillierten Ergebnissen aufbauen.
Die in ITSworks gewonnen Erkenntnisse erfordern mittelfristig jedenfalls eine völlige Neukonzeption
von Online-Verkehrsservices, die über eine Optimierung der bestehenden Strukturen bzw. betrachteten
Services wesentlich hinausgeht. Insbesondere stellt sich dabei die Frage, wie ein Service die extrem
heterogenen Bedürfnisse, Ansprüche und Rahmenbedingungen der einzelnen NutzerInnen abdecken
und dabei möglichst simpel und verständlich bleiben kann (individuelle Konfiguration, Modularität).
Zudem muss ein am Menschen orientierter Kommunikationsweg (Semantik, Design) gefunden werden, der die aktuell vorherrschende technische Konzeption von Verkehrsservices überwindet.
Noch einen Schritt weiter geht die Forschungsfrage, inwiefern sich Verkehrsservices selbständig aufgrund des individuellen NutzerInnen-Verhaltens an einzelnen Bedürfnisse anpassen können und so
von sich aus die Fülle an möglichen Empfehlungen reduzieren können (intelligente Empfehlungsalgorithmen).
Ergänzend bleibt Frage zu erforschen, welche begleitenden Informationen für Verkehrsservices von
Bedeutung sind (Wetter, subjektive Sicherheit, Gesundheit, Beitrag zum Klimaschutz, etc.…)
8.2.2 Folgeprojekt MyITS
Mit Jahresbeginn 2011 startet MyITS, ein anwendungsorientiertes Folgeprojekt von ITSworks, das
ebenfalls im Rahmen der Programmlinie ways2go gefördert wird, und an dem ITS Vienna Region
wieder beteiligt ist. In diesem Fall besteht das Projektteam überwiegend aus Fachleuten der ITEntwicklung. Im Projekt wird für einen multimodalen Routenplaner ein Prototyp für ein modular personalisierbares Webkonzept entwickelt. MyITS soll eine bedürfnisorientierte Suche erlauben; weiters
soll es einen intelligenten selbstlernenden Empfehlungsalgorithmus enthalten.
8.2.3
Sonstige weiterführende Forschungsfragen
Aus Perspektive der Sozialwissenschaften und der Motivforschung sind bezüglich der Nutzung von
ATIS noch einige Fragen genauer zu beantworten, damit die Systeme zielgruppenorientiert entwickelt
und vermarktet werden können. Im Rahmen von repräsentativen Studien sollten, aufbauend auf den
qualitativen Forschungen in den Fokusgruppen und im Testlabor von ITSworks, NutzerInnengruppen
genauer extrahiert und analysiert werden: Wer nutzt ein System wie AnachB.at, wer braucht den Vergleich zwischen mehreren Verkehrsmitteln bei der Routenplanung, für wen ist das Angebot von
AnachB.at besonders von Vorteil (Stichwort Radfahrer)? Auch aus Sicht der Motivforschung ginge es
darum, zukünftig mehr Verständnis für die zugrundliegenden Prozesse der Annahme solcher Systeme
aufzubringen. Um optimale Modelle des ATIS Systems zu entwerfen und geeignete Zielgruppen auf
Effizienz zu testen, müsste abermals eine qualitativ-quantitative Methodentriangulation vorgenommen
werden.
Insbesondere der mögliche Beitrag von ATIS zum Umwelt- und Klimaschutz und zur Förderung der
individuellen Gesundheit durch Informationsvermittlung, Feedback- und Anreizsysteme ist noch nicht
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
52
ausreichend erforscht. Derzeit sind Aspekte (1) der Stressreduktion durch Erhöhung der individuellen
Kontrolle, (2) der Erhöhung von individueller Bewegung/Fitness/Wohlbefinden und (3) des individuellen Beitrags zum Klimaschutz (Senkung von Emissionen und Einsparung von Klimagasen) noch
nicht in ATIS integriert. Es gilt geeignete Tools zu entwickeln und ihre Akzeptanz und Wirksamkeit
zu untersuchen. Ein künftiges Forschungsprojekt könnte sich etwa mit der Entwicklung und dem Test
von Motivationstools befassen, die Feedback zu individuellen Wegen geben und zu einem umweltverträglichen Verkehrsverhalten motivieren: welche Info soll auf welche Art und Weise vermittelt werden? Welche spielerischen Ansätze sind möglich und erfolgversprechend? Welche Zielgruppen werden wie angesprochen?
Zudem wären generell qualitative Forschungen im Bereich von Interventionsstrategien anzudenken
(auch unabhängig von Verkehrsinformationssystemen). Im Testlabor hat sich gezeigt, dass Menschen
dazu motiviert werden konnten, ein geändertes Verkehrsverhalten auszuprobieren und für sie ungewohnte Verkehrsmittel zu benützen. Im Sinne der Aktionsforschung sollten derartige Interventionen
eingehender erforscht und für die Praxis nutzbar gemacht werden, beispielsweise für Mobilitätsmanagement-Strategien. Dabei könnten etwa Fragen der Zielgruppenorientierung und der Einbindung sozialer Netzwerke beantwortet werden.
Die Wirkungen von multimodalen Verkehrsinformationssystemen
53
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Götzerbrucker, G./ Köhl, M. (2010): Ergebnisse der zweiten Delphi-Befragungswelle zu „Intelligenten Verkehrsinformationssystemen“ im Rahmen des Projekts ITSworks. Bericht zur zweiten Welle der DelphiStudie.
Götzerbrucker, G./ Köhl, M. (2010): Ergebnisse der Delphistudie zu „Intelligenten Verkehrsinformationssystemen“ im Rahmen des Projekts ITSworks. Abschlussbericht zu den Ergebnissen aller drei Befragungswellen.
Stadtpsychologische Praxis Cornelia Ehmayer (2010): ITSworks Testlabor. Ergebnisbericht zu AP3. Powerpoint-Präsentation.
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