Die Zukunft des Fernsehens. Internet-TV
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Die Zukunft des Fernsehens. Internet-TV
Die Zukunft des Fernsehens Internet-TV – neue Chancen für neue Akteure Inhalt 0 Vorwort 3 1 Grundlagen 1.1 Begriffsbestimmung und Begriffsabgrenzung 1.2 Historische Entwicklung 1.3 Arten der Interaktion 1.4 Technologieentwicklung in anderen Ländern 1.5 Technische und realisierte Reichweite der TV-Empfangsarten 1.6 Pay-TV 1.7 Wertschöpfung und Erlösmodell des TV-Marktes 1.8 Bisherige Standardisierungsbemühungen 1.9 Ist-Analyse Internet-Channels 1.10 Ableitungen und Thesen 4 4 5 6 7 7 8 9 11 11 11 2 Mediennutzungsverhalten 2.1 Verändertes Mediennutzungsverhalten 2.2 Besonderheiten der Mediennutzung in Europa 2.3 Nutzerpartizipation innerhalb neuer Medien 2.4 Funktionen der Medien und demografische Unterschiede 2.5 Ableitungen und Thesen 12 12 13 13 3 Trends 3.1 Auflösung Wertschöpfungskette 3.2 Mobile Mediennutzung 3.3 Interaktives TV 3.4 Infrastruktur, MashUps, P2P 3.5 Personalisierte Kanäle und Live-Events 3.6 EPG-Marketing 3.7 Internet der Dinge 3.8 Übergreifende Medienformate 3.9 Wandel im Bereich Content 3.10 Arten der Visualisierung 3.11 Arten zur Ansprache der Sinne 3.12 Bedeutung des Long Tail 3.13 Ableitungen und Thesen 16 16 16 16 18 18 18 19 19 20 20 20 21 21 14 14 4 Akteure 4.1 Medienunternehmen 4.2 Technikhersteller und -dienstleister 4.3 Produzenten 4.4 Nutzer 4.5 Politik 4.6 Ableitungen und Thesen 22 22 22 23 23 24 24 5 Medium TV 5.1 Produktion von Inhalten 5.2 Formate 5.3 Sender 5.4 Möglichkeiten der Kommunikation und Feedback 5.5 Rechtliche Aspekte 5.6 Werbemöglichkeiten und -formen 5.7 Ableitungen und Thesen 25 25 26 27 27 28 29 29 6 Szenarien und Ausblick 6.1 Mediennutzung 6.2 Akteure 6.3 Medium TV 30 30 30 30 7 Anhang 7.1 Glossar 7.2 Autorenverzeichnis 7.3 Quellenverzeichnis 31 31 33 34 0 Vorwort Unternehmen, die erfolgreich im Markt agieren wollen, müssen frühzeitig Trends und technologische Entwicklungen identifizieren und auf geänderte Anforderungen dynamisch reagieren. Der deutsche Fernsehmarkt steht laut der Strategie- und Technologieberatung Booz Allen Hamilton vor dem „technologisch und strukturell größten Veränderungsprozess seit Einführung des Farbfernsehens“1. Marc Schwarze, Gesamtprojektleiter IPTV bei der Deutschen Telekom, ist der Meinung, dass „in 20 Jahren sich niemand mehr erinnern wird, wie wir heute fernsehen!“2. Vor diesem Hintergrund werden in dem vorliegenden Whitepaper der Status Quo der aktuellen Entwicklungen im Bereich Internet-TV ebenso betrachtet, wie die zukünftigen Trends, welche durch die technologische und inhaltliche Medienkonvergenz ausgelöst werden. Den Ausgangspunkt für nachfolgende Betrachtungen bildet Deutschland, ergänzt durch europa- und weltweite Vergleiche innerhalb relevanter Themenbereiche. Aufbauend auf der traditionellen Wertschöpfungskette des Fernsehens werden Potenzialabschätzungen sowie Chancen-Risiko-Analysen für heutige und zukünftige Akteure abgeleitet. Die T-Systems Multimedia Solutions GmbH hat den Trend Internet-TV identifiziert und steht als Wegbereiter für diese neue Entwicklung. Innerhalb neuer Kundenprojekte wird zudem Know-how generiert und aktiv für neue Entwicklungen eingesetzt. Das traditionelle Fernsehen stellt sich auch langfristig als reichweitenstarkes Medium dar und wird seine wirtschaftliche Bedeutung behalten. Der Bereich des Internet-TV birgt durch den angestoßenen Veränderungsprozess sowohl ein technisches als auch wirtschaftliches Potenzial. Die nachfolgenden Kernthesen geben den Aufbau der einzelnen Themenbereiche wieder. Kapitel 1: Grundlagen Akteure im Bereich Internet-TV stehen vor der Herausforderung, ihre Geschäftsfelder hin zu Formen der medialen Interaktion und Transaktion umzuwandeln. Voraussetzung für diesen Umwandlungsprozess sind erfolgreiche Nutzen-Szenarien sowohl bei den Dienstanbietern selbst als auch bei den Anwendern. Kapitel 2: Mediennutzungsverhalten Die Existenz der „Verlorenen Generation“3 wird zunehmend präsent, d. h. ein traditionelles Medium allein kann die Erwartungshaltung des Konsumenten nicht mehr erfüllen. Das Informationsbedürfnis der Konsumenten kann nicht mehr allein nur durch ein Medium befriedigt werden. Es muss vielmehr der Zugang zu weiterführenden Informationen ermöglicht werden. Kapitel 3: Trends Durch die Entwicklung des Internet-TV entsteht ein neuer Markt für Con- tent- Produzenten und Spartenkanäle. Das aktive und implizite Feedback der Nutzer nimmt Einfluss auf den Content. Die Qualität der Kontakte und eine adäquate Zielgruppenerreichung werden wichtiger als die Reichweite des Mediums. Kapitel 4: Akteure Die lokalisierten und globalisierten Inhalte bestimmen die Struktur eines Senders. Alle Akteure werden vor die Herausforderung gestellt, ihre Geschäftsstrategien flexibel an die Veränderungen im Hinblick auf Internet-TV anzupassen. Zukünftig wird es nur noch eine kleine Anzahl profitabler Hauptakteure geben und das Angebot dieser wird durch eine große Anzahl gewinnbringender Nischenanbieter ergänzt werden. Künftige Geschäftsmodelle werden zeitlich nicht fixiert, sondern werden dynamisch von dem zielgruppenspezifischen Content abhängig sein. Neue, nicht TV-affine, Akteure können Wettbewerber im Rahmen einer lateralen Integration sein. Dabei wird es keine technologischen Markteintrittsbarrieren geben. Kapitel 5: Medium TV Die Bewertungsmöglichkeiten des Nutzers werden bei der Entwicklung neuer Formate verstärkt berücksichtigt. Spartenformate steigern ihre Bekanntheit und erlangen schrittweise mehr Sichtbarkeit gegenüber Mainstreamformaten. Die Variabilität der Inhalte wird steigen. Nutzer haben zukünftig u. a. die Wahlfreiheit bezüglich der Länge des Formates und können somit abhängig von den derzeit aktuellen Bedürfnissen entscheiden (z. B. Kurzformate längerer Sendungen). Schnelligkeit und Dynamik bei Weiterentwicklung des Internet-TV bergen Risiken und auch Chancen für traditionelle TV-Medien. Dieses Whitepaper ist urheberrechtlich geschützt. Eine Weitergabe ist erwünscht und darf bei eindeutiger Nennung der Quelle und Autoren ohne Genehmigung erfolgen. Breunig, C. (2007): IPTV und Web-TV im digitalen Fernsehmarkt. In: Media Perspektiven. Nr. 10, S. 1. VDI Nachrichten (2008): IPTV-Angebote noch nicht überzeugend. URL: http://www.vdi-nachrichten.de/vdinachrichten/ aktuelle_ausgabe/akt_ausg_detail.asp?cat=1&id=38882&source=paging&cp=1. 3 Damit ist die Gruppe der Jugendlichen gemeint, die nicht mehr oder nur noch partiell über klassische Medien erreicht werden 1 2 3 Von Media zu Media2 Media Media2 Quelle: Eigene Darstellung. 1 Grundlagen 1.1 Begriffsbestimmung und Begriffsabgrenzung Heute ist die inhaltliche Medienkonvergenz fester Bestandteil unserer Medienwelt. Crossmediale Konzepte, d. h. die Vermarktung eines Inhalts über mehrere Kanäle bzw. Medien, gehören heute zum Standardrepertoire jedes Unternehmens (siehe Abb.). Die technische Konvergenz bestimmt gegenwärtig den Wandel der Medienmärkte mit. Aufgrund der Verfügbarkeit von Breitbanhanschlüssen können nun gemeinsame Übertragungswege für Schrift, Bild und Ton genutzt werden. Die Medien Internet, Fernsehen und Telephonie wachsen als sogenanntes „Triple Play“ und zukünftig durch den Mobilfunk in Richtung „Quadruple Play“ zusammen. Durch die Veränderung der Medienwelt nimmt die Bedeutung von Internet-TV bzw. IPTV oder WebTV zu. Vielfältige Auffassungen, Definitionen und Abgrenzungen bestimmen die Medienberichte. Vom theoretischen Standpunkt betrachtet, stellt sich IPTV vereinfacht als „Fernsehen über das Internet-Protokoll“4 dar. Bei genauerer Untersuchung der nachfolgenden Standpunkte wird ersichtlich, dass vor allem die Übertragungsqualität ein wesentliches Kriterium darstellt: “IPTV was defined as a solution targeted at the TV set. The set-top box which is either a separate device or integrated into a TV set was described as an integral part of an IPTV offer. An IPTV solution usually operates in a closed network controlled by an IPTV service provider with a guaranteed quality of service (QoS).” 5 “IPTV is defined as multimedia services such as television/video/audio/text/graphics/data delivered over IP based networks managed to provide the required level of QoS/QoE, security, interactivity and reliability.” 6 Andere Definitionen sind weder im Hinblick auf Endgeräte noch auf Zugangsnetze beschränkt: „Der Verband versteht IPTV als die Übertragung von Bewegtbildern über das Internet-Protokoll und schließt alle Endgeräte (stationär, mobil etc.) und alle Formen der IP-fähigen Netze (Internet, Intranet, Hochverfügbarkeitsnetze etc.) ein.“ 7 „IPTV ist definiert als die Übertragung von (interaktiven) Bewegtbildern über das Internetprotokoll. Diese können als Live-Stream oder On-Demand über geschlossene oder offene Plattformen gesendet werden.“ 9 Im Gegensatz zu vorab aufgeführten Definitionen bezeichnet Web-TV Download und Streaming-Angebote von Fernsehsendungen, Videos oder Serien im Internet. Über die Verschmelzung von IPTV und Web-TV variieren die Standpunkte und Ansichten der verschiedenen Medienakteure. Einige treffende Gründe sprechen gegen die Abgrenzung der beiden Formen des Internetfernsehens. Aufgrund der steigenden Bandbreite werden die Qualitätsnachteile der Web-TV-Angebote weitestgehend verschwinden und die höhere Angebotsvielfalt in echter Konkurrenz zu IPTV treten.10 Somit wird es für die IPTVAnbieter zunehmend schwieriger ihre Abgrenzungsstrategie, die zum Beispiel durch digitales Rechtemanagement oder erzwungenes Produktbundling deutlich wird, gegenüber den Nutzern zu rechtfertigen. Für IP-TV spricht jedoch im Gegensatz zur PC-Nutzung eine entspannte, zurückgelehnte Körperhaltung (Lean Back) und die gleichzeitige Option der Eingriffsmöglichkeit durch ein Lean Forward.11 Kernaussagen zur Beschreibung von Internet-TV: Definitionen beschreiben einen permanenten Konvergenzprozess Heutiges Begriffsverständnis bezieht unzureichend die erhöhte Mobilität und Interaktivität ein Notwendige Erweiterung: Skalierbarkeit auf andere Kanäle, wobei die Interaktivität ein erforderliches Kriterium ist Die Mobile Verfügbarkeit bzw. das gesamte Spektrum einer Ubiquität ist kurz- und mittelfristig keine notwendige Eigenschaft Es ergibt sich daraus eine neue Definition für Internet-TV. Die ‚Interaktivität‘ wird dabei als zwingendes Merkmal berücksichtigt und der technische Aspekt tritt in den Hintergrund. Aus Sicht der Autoren wird folgende Definition den vorherigen Betrachtungen gerecht: „IPTV bezeichnet die digitale Übertragung breitbandiger Multimediadienste wie Fernsehen (einschließlich Video, Audio, Texte, Bilder oder weitere Daten) über Internet-Protocol-basierte Netze.“ 8 Dieter, S. / Schrameyer, D. (2008): IPTV – Über Internet anders Fernsehen?!. S. 10. URL: http://www. lfm-nrw.de/downloads/iptv.pdf. 5 Schindel, M. / Keil, K. / Peiffer, H. (2008): The new tv world – barriers and boosters. S. 8. URL: http:// www.ericsson.com/de/cebit/tv_studie/. 6 ITU-T (2006): Proposed Definition and Description of IPTV services for IPTV service scenario. S. 1. URL: http://www.itu.int/md/dologin_md.asp?lang=en&id=T05-FG.IPTV-C-0132!!MSW-E. 7 Deutscher IPTV Verband e. V. (2008): Deutscher IPTV Verband gegründet. S. 1. URL: http://www. diptv.org/DIPTV-PM-2008-01-22.pdf. 8 Deloitte (2007): Next Generation TV – Wie verändert IPTV die Fernsehwelt?. S. 7. URL: http://deloitte. net/dtt/cda/doc/content/de_TMT_R_NextGenTV_231007.pdf. 4 4 Goetzpartners (2007): IPTV – Fernsehen der Zukunft. S. 6. URL: http://pic.tv1.de/media/tv1/ easyonair/files/IPTV-Fernsehen%20der%20Zukunft.pdf. 10 Vgl. PricewaterhouseCoopers (2008): IPTV – Das neue Fernsehen?. S. 40. URL: http://www.pwc.de/ fileserver/EmbeddedItem/IPTV-DasneueFernsehen. pdf?docId=e50de300387d77b&componentNam e=pubDownload_hd. 11 Vgl. Mogg A. / Iblher, F. / Wiese, H. (2008): WebTV insights and perspectives - A web 2.0 phenomenon is coining new TV usage patterns. S. 11. URL: http://www.rolandberger.com/pdf/rb_press/public/ Roland_Berger_WebTV_insights_20080818.pdf. 9 Marktanteil der TV-Sender Angaben in % 35 30 25 20 15 10 5 1990 ARD 1991 1992 1993 ZDF 1994 1995 RTL 1996 1997 1998 1999 SAT.1 2000 2001 2002 ARD (Dritte) 2003 2004 2005 ProSieben 2006 2007 2008 VOX Quelle: KEK, S. 1.; KEK (2008), S. 1. 1.2 Historische Entwicklung „Internet-TV versteht sich als die Übertragung von audiovisuellen Inhalten mittels Internet Protokoll zur Befriedigung der Bedürfnisarten Information, Unterhaltung, Kommunikation sowie Transaktion und ist geprägt von der Unabhängigkeit zum Zielmedium. Als erforderliches Merkmal von Internet-TV stellt sich die Möglichkeit der Interaktion dar, aufbauend auf der Rückkanalfähigkeit des Mediums.“ Als Resultat der Verschmelzung zwischen IPTV und Web-TV wird fortan in diesem Whitepaper der Begriff Internet-TV angewendet. Der deutsche Fernsehmarkt wurde wesentlich durch die folgenden historischen Ereignisse geprägt: Ausstrahlung des ersten Fernsehsenders 1935 Einführung des Farbfernsehens 1967 Sendestart des ersten deutschen privaten Fernsehsenders 1984 (heute Sat.1) Übergang in den Videotext-Regelbetrieb 199012 Angebot des ersten Abonnentenfernsehens 1991 (Premiere)13 Charakteristisch für den deutschen TV-Markt ist die Existenz von öffentlichrechtlichen und privaten Fernsehsendern. Mit Beginn der 90er Jahre und dem zunehmenden Markteintritt privater Sender wurde die Dominanz der öffentlich-rechtlichen Anbieter beendet (siehe Abb.). Ungeachtet der Zunahme der Senderanzahl bewegen sich die Marktanteile der größten Anbieter seit Mitte der 90er Jahre in einer konzentrierten Größenordnung. Seit dieser Zeit konnten die drei Sender ARD, ZDF und RTL einen Marktanteil von 59,8 Prozent verbuchen. Im Jahre 2008 sind es immerhin noch 38,7 Prozent. Durch die zunehmende Anzahl von Nischen- und Spartensendern reduziert sich nach und nach der Marktanteil der großen sieben Kanäle. Nur VOX konnte 2007 seinen Anteil erhöhen. Vor allem die Sender NICK, DMAX, Das Vierte oder Tele 5 konnten sich 2007 um 0,1 bis 0,2 Prozentpunkte verbessern.14 Aufgrund der erhöten technischen Reichweite über unterschiedliche neue Kanäle sind die etablierten Fernsehsender gefordert, inhaltliche Neuerungen zu generieren, um den Marktanteil langfristig zu festigen. Die Interaktion der Nutzer mit dem Fernsehgerät trat schon frühzeitig in den Fokus der Medienakteure. Als erste interaktive Sendung gilt das Format „Der goldene Schuss“, welches 1964 durch das ZDF ausgestrahlt wurde. Aufbauend auf der Apfelschuss-Szene aus „Wilhelm Tell“, schossen Saalkandidaten und Fernsehzuschauer mittels einer Tele-Armbrust auf einen Apfel.15 Vgl. Broszeit, J. (2006): Nutzerakzeptanz von interaktivem Fernsehen am Beispiel IPTV. S. 8 ff. URL: http://opus.bsz-bw.de/hdms/volltexte/2008/607/pdf/masterarbeit_broszeit_iptv.pdf. 13 Vgl. Wikipedia: Geschichte der Premiere AG. URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_Premiere_AG. 14 Vgl. Zubayr, C. / Gerhard, H. (2008): Tendenzen im Zuschauerverhalten. In: Media Perspektiven. Nr. 3, S. 4. URL: http://www.media-perspektiven.de/uploads/tx_mppublications/03- 2008_Zubayr_KORR pdf. 15 Vgl. Wikipedia: Der goldene Schuß. URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Der_goldene_Schu%C3%9F. 12 5 Orientierungsmodell Interaktivitätslevel – Personalisierungsgrad – Kommunikationsbeziehung 5 Many-to-One 4 3 2 One-to-Many A 1 0 C D B Many-to-Many One-to-One niedrig hoch Personalisierungsgrad Interaktivitätslevel 0 1 2 3 4 5 Fernsehbeiträge zu festen Sendezeiten (bspw. Konventionelles Fernsehen) Mehrmalige Ausstrahlung von Beiträgen zu unterschiedlichen Sendezeiten (bspw. Near-Video-on-Demand) Parallel zum Fernsehprogramm ausgestrahlte Informationen Videotext, EPG Nutzerspezifischer Abruf von Inhalten mit Individualisierungsmöglichkeit (bspw. Video-on-Demand) Keine feste Programmstruktur (bspw. „Mediathek-Konzept“) Konsum und Bewertung nutzergenerierter Inhalte (bspw. UGC-Portal) Quelle: Eigene Darstellung. 1.3 Arten der Interaktion Als neue Form des Fernsehens wurde die Einführung von Betty TV Anfang 2007 bezeichnet. Nutzer erhielten die Möglichkeit mittels einer Fernbedienung beispielsweise Zusatzinformationen zum jeweiligen Programm abzurufen oder an Gewinnspielen, Votings und Meinungsumfragen teilzunehmen. Ende 2007 wurde die Geschäftstätigkeit von Betty TV eingestellt. Ein Grund dafür war vor allem die ablehnende Haltung der Nutzer gegenüber dem Speichern von personenbezogenen Daten. Die gesammelten Daten wurden dabei zur Erstellung von nutzerspezifischen Profilen für Werbetreibende genutzt. Zudem war Betty TV vielmehr auf die Reaktion der Nutzer fokussiert, wobei der Interaktivitätsaspekt, laut des Marketingchefs des Senders Christian Morawietz, in den Hintergrund trat: In der Literatur existieren unterschiedliche Klassifikationsmöglichkeiten zur Beschreibung von Interaktion in der Medienrezeption. Eine Konsolidierung unterschiedlicher Modelle von Interaktivitätslevels führen die Autoren zu einer zusammenfassenden Darstellung (siehe Abb.). Die zunehmende Interaktivität geht einher mit der verstärkten Personalisierungsmöglichkeit von Inhalten. Die größte Ausprägung der Personalisierung ist in einem individuellen TV-Kanal zu finden. Die zwei Dimensionen „Interaktivität“ und „Personalisierung“ werden durch die Dimension „Anzahl der Kommunikationsbeziehungen“ erweitert. Resultat ist ein Modell, welches Orientierung im Umfeld Interaktion – Personalisierung – Kommunikationsbeziehung gibt. Folgende Szenarien können dabei aufgestellt werden: “Wir setzten nicht auf Interaktion, sondern auf Reaktion per Fernbedienung. Der Kunde solle aufgrund von Assoziationen vor dem Bildschirm zu impulsiver Kauflust angeregt werden.“ 16 One-to-Many Dieses Szenario entspricht dem traditionellen Fernsehen. Beispielhaft zu nennen ist das erste interaktive Format „Der Goldene Schuss“ (s. o.) oder aktuell Thomas Gottschalks „Wetten, dass…?“ sowie „Deutschland sucht den Superstar“. Allen Beispielen ist gemeinsam, dass der Beitrag eines einzelnen Fernsehzuschauers Einfluss auf den Programminhalt nimmt. Als Vorzeigemodell für wirtschaftlich erfolgreiches Mitmachfernsehen gilt der Quizsender 9Live. Dieser Sender wurde vorerst unter dem Namen TM3 gegründet. Erst ein Jahr nach der Umbenennung wurde der Break-EvenPoint durch 17,2 Mio. Anrufe im Mai 2002 erreicht.17 One-to-One Mit der Möglichkeit der Zusammenstellung eines individuellen Programms durch den Nutzer, existiert ein Informationsfluss ausschließlich zwischen Sender und Nutzer (z. B. Video-on-Demand). Many-to-One Bei diesem Szenario findet ein Informationsaustausch zwischen vielen Zuschauern und einem Fernsehsender statt. Vor allem Call-in-Sender, wie 9Live, basieren auf diesem Prinzip. Many-to-Many Im Gegensatz zum Szenario Many-to-One basiert dieses Angebot auf einem Informationsfluss zwischen vielen Sendern und Nutzern. Des Weiteren ist die Möglichkeit der C2C-Kommunikation gegeben. Das Portal „Current TV“18 ermöglicht seinen Nutzern eigene Fernsehbeiträge zu erstellen, welche von anderen bewertet und ggf. ausgestrahlt werden. Beispiele hierfür sind YouTube, MyVideo und Clipfish. Vgl. Medientage München (2006): Homeshopping: „Nach oben keine Grenzen“. S. 1. URL: http:// www.medientage.de/download/presse/11_3.pdf. 17 Vgl. 9Live: Die 9Live-Erfolgsgeschichte. URL: http://www.9live.de/9liveunternehmen/presse/ geschichte/. Die Autoren verstehen unter dem Erfolg eines Fernsehsenders nicht nur den wirtschaftlichen Erfolg, sondern auch den Beitrag zu publizistischen Qualität. 16 6 18 www.current.tv Reichweite TV-Empfangsebenen Reichweite TV-Empfangsebenen Deutschland 2007, Angaben in % 60 50 42,7 45,1 53,3 43,2 Europa 2007, 239,30 Mio. TV-Haushalte, SES Astra 48,3 51,7 Satellit 28,7% (68,60 Mio.) 40 30 20 10 4,0 Satellit AGF Kabel 6,2 Kabel 29,9% (71,56 Mio.) 11,0 0,0 Terrestrik SES Astra 0,1 0,3 Terrestrik 39,8% (95,34 Mio.) IPTV IPTV 1,6% (3,8 Mio.) ALM Quelle: Eigene Darstellung. Quelle: SES Astra (2007). 1.4 Technologieentwicklung in anderen Ländern 1.5 Technische und realisierte Reichweite der TV-Empfangsarten Frankreich gilt mit 8,5 Millionen Kunden19 als weltweit größter Markt für Internet-TV. Mit Blick auf die alternativen TV-Empfangsarten wird ersichtlich, welche Gegebenheiten die zukünftige Entwicklung von Internet-TV vorantreiben. Die Terrestrik bietet nur sechs freie Kanäle, Satellit ist kostenintensiver und Kabel übt nur eine geringe Bedeutung aus. Etwa 70 Prozent der Bevölkerung kann DVB-T-Angebote empfangen, welche im Vergleich zum Internet-TV nur über eine geringe Programmvielfalt verfügen. In Abhängigkeit von den Studien der verschiedenen Institute AGF, SES ASTRA und ALM ergeben sich unterschiedliche Reichweiten der TV-Distributionsplattformen (siehe Abb. 1+2). Mehr als die Hälfte der deutschen TVHaushalte empfängt das Fernsehsignal via Kabel, gefolgt von Satellit und Terrestrik. Internet-TV spielt bislang nur eine untergeordnete Rolle22. Im Vergleich zum Europadurchschnitt sind Kabel und Satellit, durch die eingeschränkte Nutzung der Terrestrik, überproportional präsent. Auch in Hongkong hat Internet-TV das Kabel als dominante TV-Distributionsplattform überholt. Diese Entwicklung ist vor allem auf die hohe Verbreitungsrate des Glasfasernetzes (66 Prozent) sowie den fortschreitenden Ausbau des kosteneffizienten, digitalen Breitbandnetzes mit Qualitätsgarantien zurückzuführen.20 Mit Blick auf die historische Entwicklung der Empfangsebenen (Terrestrik, Kabel, Satellit) zeigt sich, dass die Reichweite der Terrestrik kontinuierlich ab- und die des Satelliten zunahm. Kabel konnte ein konstantes Niveau halten. Mit der Abschaltung der analogen Terrestrik und dem Wechsel auf digitale Übertragung (DVB-T) wird sich im Gesamtmarkt Terrestrik wieder eine leichte Steigerung einstellen. Einen weiteren Treiber für die zunehmende Verbreitung von Internet-TV stellt der sogenannte „Digital Switch“ dar. Die Umstellung aller TV- und Radionetze auf digitalen Empfang soll nach Planung der Bundesregierung bis zum Jahr 2010 abgeschlossen sein.23 Etwa 46 Prozent der deutschen TV-Haushalte24 sind in der Lage digitales Fernsehen zu empfangen. Die Terrestrik verfügt aufgrund der Verbreitung von DVB-T (Nutzung durch 11,5 Prozent der deutschen TV-Haushalte) über die höchste Digitalisierungsrate. Der TV-Empfang über Satellit ist zu über 50 Prozent digitalisiert. Die Umstellung von analogen auf digitalen Kabelempfang ist derzeit nur begrenzt fortgeschritten.25 Die Beseitigung der analogen Frequenzknappheit bietet den Marktakteuren die Chance, Spartenkanäle bzw. Programme für spezielle Zielgruppen, unter Einbindung vielfältiger interaktiver Elemente, auf den Markt zu bringen. Im Vergleich dazu nutzen in Deutschland derzeit 240.000 Anschlüsse21 die offerierten Internet-TV-Angebote. Ausgehend von einem weiteren Ausbau der Netzinfrastruktur sowie einer differenzierten, inhaltlichen Strategie, ist, im Vergleich zum linearen Fernsehen, eine deutliche Steigerung möglich. Die AGF analysiert Empfangswege erst ab einer Reichweite von fünf Prozent. Vgl. Sjurts, I. (2005): Strategien in der Medienbranche - Grundlagen und Fallbeispiele. 3. überarb. und erw. Aufl., Wiesbaden, S. 311. 24 Vgl. ALM (2008): Digitalisierungsbericht 2008, S. 6. URL: http://www.alm.de/fileadmin/forschungsprojekte/GSDZ/Digibericht2008_Daten-Fakten.pdf. 25 Vgl. ALM (2007a): ALM Jahrbuch 2007, S. 30 ff. URL: http://www.alm.de/fileadmin/Download/ ALM_Jahrbuch_2007_Druckversion.pdf. 22 Vgl. Frankreich (2008): IPTV überholt Kabel beim Pay-TV. URL : http://www.digitalfernsehen.de/ news/news_362874.html. 20 Vgl. Deloitte (2008): Next Generation TV – Der Kunde im Zentrum der IPTV-Welt. S. 11. URL: http:// deloitte.net/dtt/cda/doc/content/de_TMT_R_NextGenTV_300408.pdf. 21 Vgl. Bitkom (2008): Internet-Fernsehen kommt in Schwung. URL: http://www.bitkom.org/de/ presse/8477_52774.aspx. 19 23 7 Privatfernseh- und Teleshoppingprogramme Bundesweite Anzahl Pay-TV-Abonnenten in Deutschland 3566 +9,8% 3800 3600 160 3400 149 3651 +7,1% 3410 -4,4% 3247 3200 140 3000 2800 118 120 2600 72 100 2200 2000 58 80 60 40 20 74 1800 51 10 12 in Tsd. 2003 Vollprogramme 5 17 1400 10 39 5 13 1600 21 56 26 23 1200 1000 33 37 13 16 17 2004 2005 2006 Spartensender 400 +154,8% 120 +126,4% 600 400 Teleshopping 19 2007 157 200 Pay-TV Premiere Im Hinblick auf die Vielzahl der Free-TV-Sender sowie die Verpflichtung zur Zahlung der Rundfunkgebühren, haben es Pay-TV- sowie gebührenpflichtige Internet-TV-Angebote schwerer erfolgreich in Deutschland auf den Markt zu treten. Derzeit können 130 bundesweit private Fernseh- und Teleshoppingprogramme sowie 23 öffentlich-rechtliche Sender empfangen werden (siehe Abb. 1).26 Vor diesem Hintergrund nutzten Anfang 2007 nur 5,2 Millionen Bundesbürger kostenpflichtige Fernsehpakete (siehe Abb. 2). 27 Premiere, als Vorreiter in Sachen Pay-TV, musste im Oktober 2008, nach Einführung einer neuen Abonnentenklassifizierung, seine Kundenzahl auf 2,4 Millionen nach unten korrigieren. Steigende Abonnentenzahlen können dagegen die Kabelbetreiber verbuchen. Nach Meinung der Autoren wird vor allem der weitere Ausbau der Rückkanalfähigkeit und somit die Möglichkeit der Etablierung von Triple-Play-Angeboten zu einem verstärkten Wettbewerb im Bereich Pay-TV sorgen. Vgl. ALM (2008b): Katalog TV-Senderdatenbank. URL: http://www.alm.de/programmveranstalter/ listview.php?iSystem=1&iBroadcastArea=1&sSearch= 27 Vgl. ALM (2007b): Digitalisierungsbericht 2007. S. 59. URL: http://www.alm.de/fileadmin/forschungsprojekte/GSDZ/Digitalisierungsbericht_2007.pdf. 385 +220,8% 323 763 +15,6% 456 +18,4% 334 +3,4% 819 516 324 53 in Tsd. 1.6 Pay-TV 8 660 +65,0% 800 Quelle: ALM (2007a), S. 59. 26 2376 2400 100 2004 2005 Kabel Deutschland 2006 2007 Unitymedia 2. Quartal 2008 arenaSAT Quelle: ALM (2007a), S. 101; Premiere (2008), S. 1.; Kabel Deutschland (2008); Unitymedia (2008). Erlösmodell des TV-Marktes Beschaffung der Inputfaktoren Programmproduktion Programmhandel Programmgestaltung/ Packaging Technische Produktion und Programmdistribution Zuschauer Kernaufgaben Beschaffung von Drehbüchern, Moderatoren, Schauspielern, Redakteuren, Technik, Beiträgen, Spielfilmen, etc. und von Werberaumleistungen Planung, Steuerung und Ausführung der Produktion Handel mit Film und Sportrechten Planung und Zusammenstellung des Sendeablaufs Sendetechnik Plazierung von Werbespots Nutzung der Telekommunikationsinfrastruktur Anbieter Nachrichtenagenturen Redaktionen Rechtehandel Programmdirektor Kabelnetzbetreiber Drehbuchautoren Produktionsfirmen Programmhandel Programmredaktion Satellitenbetreiber Spiegel TV Tagesschau-Redaktion ISPR Brainpool BBDO Bavaria Filmgesellschaft Tele München Gruppe (TMG) ARD-, ZDF- oder RTL-Programmdirektor Deutsche Telekom DCTP Schauspielagenturen Werbeagenturen Beispiele Astra, Eutelsat Programmredakteur Schwartzkopff-TV Quelle: Wirtz, B. W. (2005), S. 355. 1.7 Wertschöpfung und Erlösmodell des TV-Marktes Die Wertschöpfungskette von TV-Unternehmen (siehe Abb.) untergliedert sich in fünf Stufen. Die Basis (1. Stufe) ist die Bereitstellung von Ressourcen wie Inhalten, Technik oder Personal. Darauf erfolgen die Produktion von Inhalten (2. Stufe) sowie die Verwertung (3. Stufe) von Format-, Film- oder Sportrechten. Hauptaufgabenbereich der TV-Unternehmen liegt in der Zusammenstellung von Sendungen und Werbeblöcken (4. Stufe). Vor allem diese Aufgabe generiert die wesentliche Charakteristik eines Fernsehsenders und stellt die Abgrenzung zu Wettbewerbern dar. Abschließend erfolgt die Distribution (5. Stufe) der Inhalte über die unterschiedlichen TV-Verbreitungskanäle. In Deutschland existieren, aubauend auf der Existenz eines dualen Rundfunksystems,zwei unterschiedliche Geschäftsmodelle (siehe Abb. S. 10). Beruhend auf dem Grundversorgungsauftrag ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk explizit für die Sicherstellung der Themen- und Meinungsvielfalt verantwortlich.28 Die Finanzierung dieses Geschäftsmodells basiert auf den Rundfunkgebühren. Zudem ergänzen T-Commerce-Aktivitäten (z. B. Teleshopping, Merchandising, Pay-TV, Payperview), Lizenz- und Rechtehandel, Sponsoring sowie Werbeerlöse die zur Verfügung stehenden Erlösquellen. Im Vergleich zu privaten Fernsehsendern generierte die ARD 2007 über vier und das ZDF über drei Prozent der Erlöse des TV-Werbemarktes. 29 Zurückzuführen ist dies auf die Werbebeschränkung im Jahresdurchschnitt von höchstens 20 Minuten täglich (RVSt § 16 Abs. 1). Private werbefinanzierte Fernsehsender bilden den Mittelpunkt zwischen Rezipienten- und Werbemarkt. Qualitativ hochwertige Inhalte für eine klar definierte Zielgruppe steigern die Attraktivität für Werbetreibende. Diese Werbeerlöse bilden den Schwerpunkt des Finanzierungsmodells. Aufgrund des zunehmenden Zweifels an der Wirksamkeit von TV-Spots, beispielsweise seitens Procter & Gamble 30, treten vor allem kostenpflichtige Mehrwertdienste sowie T-Commerce-Angebote zunehmend in den Fokus der Fernsehsender. Vgl. Wirtz (2005), S. 335. Vgl. Kurp, M. (2008): Werbefreiheit als Qualitätsmerkmal? - Magazin 2/2008. URL: http://www. medienforum.nrw.de/medientrends/fernsehen/finanzierung-von-ard-zdf.html. 30 Vgl. Boeld Communication: Procter & Gamble schichtet um. URL: http://www.bbmc.de/ gebloggt/?p=48. 28 29 9 1ȱ Abbildungȱ3Ȭ5:ȱ GeschäftsmodellȱeinesȱwerbefinanziertenȱprivatenȱFernsehsenders Geschäftsmodell einer privaten Sendeanstalt RTL Kosten- und Beschaffungsmodell Informationen •Agenturen •Unternehmen •Produzenten •Händler •Sender Beitrag Produktion eigener Inhalte Selektion fremderstellter Inhalte Content Content Packaging • • • • Informationen Filme / Shows Live-Events etc. Gagen Verwertung von Fremdproduktionen Rechte + Inhalte Rechte an Eigenproduktionen Management von Rechten und Lizenzen Kaufpreis Werbeinhalte •Werbekunden •Vermittler Leistungsspektrum Produktions- und Leistungserstellungsprozess Provision Management von Werbekooperationen Plazierung/ Einbindung Werberaum Rechte + Lizenzen • Filme • Sport + Kulturereignisse • etc. Werberaum • TV-Spots • Sponsorships • etc. Integriertes Produkt-/Dienstleistungsangebot •Moderatoren •Schauspieler •andere Akteure Vergütung Erlös- und Distributionsmodell Private Sendeanstalt ContentDistribution •Rezipienten Kaufpreis Übertragung Werbeerlöse •Händler •Sender •Werbekunden Werberaumleistung Leistungssystem •Lieferanten •Produzenten •ContentProvider Waren Kaufpreis Produktion eigener Angebote Selektion fremderstellter Angebote T-Commerce Plazierung/ Einbindung • Teleshopping • Merchandising • Mitmachshows und Telefonmehrwertdienste • Online-Dienste Transaktionserlöse •Rezipienten Infrastruktur sorgungȱderȱBevölkerungȱmitȱInhaltenȱinformierender,ȱbildenderȱundȱunterhaltenderȱ •Telekommunikations1ȱDieserȱsoȱgenannteȱProgrammauftragȱistȱnachȱMöglichkeitȱwirtȬ Naturȱsicherstellen. Vergütung anbieter ȱ schaftlichȱauszuführen.2ȱȱ Waren/ Dienstleistungen Quelle: Wirtz, B. W. (2005), S. 363 DieȱEinnahmenȱausȱderȱWerbungȱwerdenȱzunehmendȱdurchȱErlöseȱausȱkostenpflichȬ Abbildungȱ3Ȭ4:ȱ GeschäftsmodellȱeinerȱöffentlichȬrechtlichenȱSendeanstalt3ȱ Geschäftsmodell einer öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt tigenȱ Mehrwertdienstenȱ undȱ Transaktionserlöseȱ ergänzt.ȱ Durchȱ dieseȱ zusätzlichenȱ ErlösformenȱkönnenȱdieȱTVȬSenderȱihreȱAbhängigkeitȱvonȱdenȱstarkȱkonjunkturanfälȬ Kosten- und Erlös- und ZDF BeschaffungsDistributionsligenȱWerberlösenȱverringern.ȱSoȱerzielteȱRTLȱimȱJahrȱ2004ȱbereitsȱca.ȱ15ȱ%ȱseinesȱUmȬ Öffentlich-rechtliche Sendeanstalt modell modell satzesȱ durchȱ u.ȱa.ȱ TeleshoppingȬAngebote,ȱ OnlineȬContent,ȱ Telefonmehrwertdiensteȱ Leistungsspektrum Produktions- und Leistungserstellungsprozess ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ Informationen 1ȱȱ AufȱderȱBasisȱeigenerȱAnalysenȱundȱAbschätzungenȱdesȱGeschäftsmodells.ȱ Rundfunk•Agenturen •Moderatoren •Schauspieler •sonstige Akteure •Produzenten •Händler •Sender Vergütung gebühren Content Content Packaging Beitrag Gagen Selektion fremderstellter Inhalte Rechte + Inhalte Verwertung von Fremdproduktionen Kaufpreis Rechte an Eigenproduktionen Werbeinhalte •Werbekunden •Vermittler Produktion eigener Inhalte Provision Werberaum Management von Werbekooperationen Management von Rechten und Lizenzen Plazierung/ Einbindung • • • • Informationen Filme / Shows Live-Events etc. Rechte + Lizenzen • Filme • Sport + Kulturereignisse • etc. Werberaum • TV-Spots • Sponsorships • etc. Integriertes Produkt-/Dienstleistungsangebot •Unternehmen •Staat/GEZ 363ȱ T-Commerce T-CommerceErlöse •Rezipienten ContentDistribution Kaufpreis Übertragung Werbeerlöse Werberaumleistung •Händler •Sender •Werbekunden ȱ Quelle: Wirtz, B. W. (2005), S. 361 10 DieȱöffentlichȬrechtlichenȱAnbieterȱfinanzierenȱihreȱAusgabenȱzuȱeinemȱGroßteilȱüberȱ Ist-Analyse Internet-Channels recorded live mobile desktop Quelle: Angermeier, M. (2008). 1.8 Bisherige Standardisierungsbemühungen 1.10 Ableitungen und Thesen Die zukünftige Herausforderung für alle Akteure stellt die noch nicht vorhandene standardisierte Technologie für Internet-TV dar. Aus diesem Grund wurde im Jahr 2007 das „Open IPTV Forum“ gegründet, welches die Etablierung eines einheitlichen Standards vorantreiben will.31 Zukünftige Erweiterungen von TV-Programmformaten, insofern sie sich nicht auf Interaktionsmodelle beziehen, sind nur von marginaler Bedeutung. Durch erste Piloten im Markt wurde die Basis für eine Abkehr von der Programmuhr gelegt. Die Gründe für das Scheitern bisheriger interaktiver Versuche, wie u. a. Betty TV, sind heute weniger offenkundig. Akteure des Internet-TV stehen vor der Herausforderung, ihre klassischen Geschäftsmodelle in solche zu überführen, die der Zielgruppe Interaktion mit Medium und Inhalten ermöglichen. Personalisierte Werbung gilt als treibende Kraft bei der Umsetzung des Erlösmodells der Werbeeinnahmen. Innerhalb der bestehenden Medienkanäle setzt ein Sättigungsprozess im Hinblick auf Inhalte und Formate ein. Internet-TV birgt aufgrund des Interaktivitätsaspektes Veränderungspotenzial. Entstehung neuer Rollen und Aufgaben (z. B. EPG-Marketing) für alle Akteure durch Vielfalt der Medien. Die Analyse zeigt, dass in den Bereichen Inhalt, Technik, Zielgruppe sowie Organisation (Wertschöpfung) Änderungen vorgenommen werden müssen. Der Mangel an neuen Formaten begünstigt die Förderung neuer Technologien, die von vorneherein auf Interaktion ausgelegt sind. Die Analyse des Mediennutzungsverhaltens wird Ansatzpunkte für den Erfolg des heutigen, klassischen Fernsehens ebenso erkennen lassen, wie für neue, interaktive Formate und Technologien. 1.9 Ist-Analyse Internet-Channels Hauptaugenmerk der Vermarktungsplattformbetreiber (siehe Abb.), wie Joost oder Zattoo, liegt auf der Bündelung und dem Vertrieb von Inhalten. Somit bietet sich für Produzenten und Aggregatoren die Chance, die Reichweite ihrer Kanäle zu erhöhen und die Vermarktungskompetenz der Betreiber zu nutzen. Für die Endkunden liegt der Vorteil in der meist kostenlosen Bereitstellung der Inhalte und der Bündelung zu einer umfassenden Senderübersicht. Hierbei liefern Joost oder Babelgum vorwiegend Inhalte, welche nicht im normalen TV zu sehen sind. Zattoo bietet durch Livestreams verschiedener Sender eine Alternative zum konventionellen TV.32 Zu den bekanntesten VoD-Anbietern zählen Maxdome und Videoload. Diese Anbieter stellen Fernsehinhalte zeitlich flexibel und auf Abruf bereit. Mögliche Bezahlformen sind hierbei Abonnement, Pay-per-View oder Kauf. Derzeit ist der deutsche Markt mit ca. zehn Anbietern33 gut besetzt. Vgl. TVB EUROPE (2008): Need to build IPTV standard. Nr. July 2008, S. 34. Vgl. Netzwelt (2007): IPTV-Zukunft: Joost, Zattoo und Babelgum im Vergleich. URL: http://www. netzwelt.de/news/75968_8-iptv-zukunft-joost-zattoo-und-babelgum.html. 33 Vgl. Video-on-Demand.info (2008): Video-on-Demand-Anbieter. URL: http://www.video-on-demand. info/anbieter.php. 31 32 11 Mediennutzungsverhalten Deutschland, 1980-2008, Angaben in Min. 240 225 210 195 180 165 150 135 120 105 90 75 60 45 30 15 1980 Fernsehen 1985 Hörfunk 1990 Tageszeitung 1995 2000 2005 Zeitschrift Video/DVD Internet 1. HJ 2008 Quelle: ARD-ZDF Langzeitstudie Massenkommunikation (2008); MA Radio I (2008); ARD-ZDF-Onlinestudie.de (2008). 2 Mediennutzungsverhalten 2.1 Verändertes Mediennutzungsverhalten Die Mediennutzung der Deutschen hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Dies ist zurückzuführen auf den jederzeit zur Verfügung stehenden Breitband-Internetzugang sowie die zunehmende Nutzung von portablen Geräten. Dabei wird der Fernsehkonsum gegenüber der Internetnutzungsdauer geringer. Diese Entwicklung lässt sich besonders bei den 16- bis 29jährigen Nutzern verzeichnen.34 Statistisch verringert sich der tägliche Fernsehkonsum auf etwa 208 Minuten pro Tag35 und parallel dazu steigt die durchschnittliche Online- Nutzungsdauer auf 58 Minuten pro Tag36 an. Auch im Vergleich zu den Medien Hörfunk, Zeitung und Zeitschrift zeichnet sich eine Entwicklung hin zur vermehrten Nutzung von bewegten Bildmedien ab (siehe Abb.). Nutzer haben heute die Wahl zwischen rund zwölf Millionen deutschsprachigen Internetseiten und ca. 800 verschiedenen Fernsehprogrammen. In Anbetracht des Informationsüberangebots sind pro Rezipient durchschnittlich nur acht regelmäßig besuchte Webseiten37 und circa zehn verschiedene Fernsehsender pro Woche38 mental konsumier- und verarbeitbar (Relevant Set) (siehe Abb. S. 13, 1+2). Vermarkter für Internet-TV-Angebote stehen deshalb vor der Herausforderung, Abweichungen zu den derzeit vorherrschenden Inhalten etablierter TV-Sender zu entwickeln und somit in den Wahrnehmungsbereich der Nutzer zu gelangen. Gegenüber dem Vorjahr werden in den USA Videos über den PC um 66 Prozent häufiger aufgerufen. Im Januar 2008 wurden laut comScore im Internet rund 10 Milliarden Videos abgerufen, in Deutschland allein waren es im gleichen Monat 2,5 Milliarden.39 Die Studie „3 Screens“ von Microsoft 40 kontrolliert die zentralen Anforderungen an Internet-TV-Angebote, aufbauend auf der Analyse des Videokonsums an unterschiedlichen Bildschirmen (PC, Laptop oder Mobilgerät). Die Einführung von Aktions- und intelligenten Suchmechanismen spielen hierbei eine zentrale Rolle. Nutzer möchten die konsumierten Inhalte an ihre persönlichen Präferenzen anpassen und möglichst wenig Zeit in die Suche von diesen investieren. Inhalte müssen zukünftig zu jeder Zeit, an jedem Ort, in den unterschiedlichsten Formaten und auf den unterschiedlichsten Geräten nutzbar gemacht werden. Es erfolgt ein fließender Übergang vom Push- zum Pull-Medienkonsum. Ein Beispiel für die medienübergreifende Nutzung ist die mobile Software „Livecast“41. Diese ermöglicht das sofortige Live-Streaming der aktuellen Handy-Videos in das Internet. Durch diese Neuentwicklung können Nutzer ihren eigenen (Live-)TV-Kanal erstellen. Allen neuen Medienformaten und -techniken ist gemeinsam, dass sie dieselben Übertragungswege für Schrift, Bild und Ton benutzen. Bewegte Bildinhalte werden online und mobil verfügbar. Vgl. EIAA (2007): EIAA Mediascope Europe 2007 – Executive Summary. S. 2. URL: http://www.eiaa. net/Ftp/casestudiesppt/EIAA%5FMediascope%5FEurope%5F2007%5FPan%5FEuropean%5FExec utive%5FSummary%2Epdf. 35 Vgl. AGF – Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung (2007): Sehdauer. URL: http://agf.de/daten/ zuschauermarkt/sehdauer/. 36 Vgl. ARD-ZDF-Onlinestudie.de (2008): Mediennutzung allgemein. URL: http://www.ard-zdfonlinestudie.de/index.php?id=117. 37 Vgl. SevenOne Interactive. 38 Vgl. IP Deutschland (2007): Ein Viertel der deutschen TV-Haushalte digital. URL: http://www. ipdeutschland.de/ipdeutschland/Unternehmen/Presse/Archiv/index_8287.jsp. 34 12 Vgl. comScore (2008a): U.S. Internet Users Viewed 10 Billion Videos Online in Record-Breaking Month of December, According to comScore Video Metrix. URL: http://www.comscore.com/press/ release.asp?press=2051.; comScore Video Metrix Launched in U.K., France, Germany and Canada. 2008. URL: http://www.comscore.com/press/release.asp?press=2166 40 Microsoft Advertising (2008): Videokonsum mit unterschiedlichen Geräten. URL: http://advertising. microsoft.com/deutschland/ResearchLibrary/default.aspx?pageid=1688. 41 www.livecast.com. 39 Relevant Set eines Nutzers Relevant Set eines Nutzers TV, 2007 Internet, 2008 800 verschiedene Fernsehsender ca. 12 Mio. deutschsprachige Webseiten 10 Sender des Relevant Set 8 regelmäßig besuchte Webseiten Quelle: Eigene Darstellung. Quelle: Eigene Darstellung. 2.2 Besonderheiten der Mediennutzung in Europa 2.3 Nutzerpartizipation innerhalb neuer Medien Europäische Nutzer schauen durchschnittlich 225 Minuten pro Tag Fernsehen. Als Spitzenreiter stellen sich die Griechen mit 259 Minuten dar. Im extremen Gegensatz dazu stehen die Isländer mit einer durchschnittlich Nutzungsdauer von 126 Minuten. In der Studie „Television International Key Facts“ wurde ersichtlich, dass tendenziell die Bewohner südlicher Länder einen höheren Fernsehkonsum haben als die nördlich gelegener Länder.42 Diese Unterschiede lassen sich durch kulturelle Rezeptionsroutinen, das Programmangebot, Tagesabläufe oder politische sowie sportliche Events begründen. Für die Entwicklung und die Vermarktung von Internet-TV ist die Veränderung des Mediennutzungsverhaltens ein essentieller Faktor. Der Schritt vom passiven Konsum (Lean Back) hin zur aktiven und interaktiven (Move Forward) Medienrezeption wird zunehmend Realität (siehe Abb. S. 14). Consumer wandeln sich zu Prosumern. Das Mitteilungs- und Geltungsbedürfnis der Nutzer zeigt sich in Weblogs, Podcasts oder Social Networks. Plattformen wie Current.tv stellen die Integration von Nutzermeinungen im Medienprozess dar. Diese Entwicklung ist nicht der Endzustand veränderter Nutzerpartizipation, sondern vielmehr der Ausgangspunkt eines fortschreitenden Evolutionsprozesses. Unter dem Stichwort „Media 3.0“ werden die „erlernten“ Fähigkeiten in Kombination mit technischen Entwicklungen zusammengefasst. Es findet eine zeitweise Verschmelzung von realer und virtueller Welt statt. Der nachfolgende Schritt stellt die permanente Immersion angesichts leistungsstarker, mobiler Endgeräte dar. Durch Implantate und die allumfassende Vernetzung von Inhalten und Geräten, erfolgt die weitere „Aufrüstung“ des menschlichen Körpers.45 Amerikanische Wissenschaftler arbeiten z. B. an einer bionischen Kontaktlinse, welche mit elektronischen Schaltkreisen und LEDs ausgestattet ist. Auf der Basis dieses virtuellen Displays können zukünftig Zusatzinformationen, Videos oder Internetapplikationen abgerufen werden. Eine weitere Anwendungsmöglichkeit stellt die Generierung einer virtuellen Umgebung innerhalb eines Videospieles dar.46 In Europa ist die Anzahl der Internetnutzer auf rund 384 Mio. gestiegen. Die höchsten Internetpenetrationsraten werden von den Niederlanden (90 Prozent), Norwegen (87 Prozent) und Island (85 Prozent) verzeichnet.43 Aufbauend auf der Studie „Mediascope Europe“ zeigt sich, dass der Internetgebrauch verstärkt am Wochenende stattfindet, womit ein Übergang vom Informations- zum Entertainment- Medium ersichtlich wird. Besonders im Bereich Online-Shopping und der Nutzung des Internets als Kaufentscheidungsinstrument sind die Deutschen über dem europäischen Durchschnitt aktiv. Zudem löst das Internet das Fernsehen nicht nur bei Jugendlichen sondern zunehmend auch bei den 25- bis 34jährigen als Leitmedium ab.44 Vor dem Hintergrund der veränderten Nutzerpartizipation wird auch die Zunahme von Internet-TV-Angeboten verständlich. Jüngster massenwirksamer Akteur im Bereich Internetfernsehen ist der Softwarehersteller Microsoft. Durch die Einführung eines kostenfreien, werbefinanzierten VoD-Portals, reagiert Microsoft auf die Ankündigung von YouTube, künftig Filme des Hollywood-Studios MGM anzubieten.47 Vgl. Horizont (2008): Television International Key Facts: Finnland erzielt höchsten Digitalisierungsgrad. http://www.horizont.net/aktuell/medien/pages/protected/showRSS.php?id=80420&utm_ source=RSS&utm_medium=RSS-Feed. 43 Vgl. Internet World Stats (2008): Internet Usage in Europe. http://www.internetworldstats.com/stats4. htm#europe. 44 Vgl. EIAA (2008): Mediascope Europe 2003 – 2008. S. 7 ff. URL: http://www.eiaa.net/Ftp/casestudiesppt/EIAA_Mediascope_deutsch_final.pdf 42 Vgl. Hillinger, N. (2008): TrendOne – Media Evolution. URL: http://www.film30.de/tag/media-40/. Vgl. Hickey, H. (2008): Contact lenses with circuits, lights a possible platform for superhuman vision. URL: http://uwnews.org/article.asp?articleID=39094. 47 Vgl. Hein, D. (2008): Microsoft startet IPTV-Angebot in Deutschland. URL: http://www.horizont.net/ aktuell/marketing/pages/protected/Microsoft-startet-IPTV-Angebot-in- Deutschland_80359.html. 45 46 13 Quelle: Hillinger, N. (2008). 2.4 Funktionen der Medien und demografische Unterschiede Das Internet hat sich als drittes, tagesaktuelles Medium fest etabliert und die Nutzungsgewohnheiten aller anderen grundlegend beeinflusst.48 Der leicht rückläufige Marktanteil von Nachrichtensendungen erklärt sich beispielsweise durch die Möglichkeit, Nachrichten ad hoc über das Internet abzurufen.49 Im Vergleich zum Jahr 2003 steht im Bereich Fernsehen stärker die Entspannung im Vordergrund, womit die grundlegende „Lean Back“-Nutzung begründet wird. Das Fernsehen bleibt im Bereich der Unterhaltung das Leitmedium, wenngleich Einbußen zugunsten des Internets zu verzeichnen sind. Neben der Funktion als Informationsmedium fungiert das Internet nun zunehmend für Unterhaltungszwecke (siehe Abb. S. 15, 1+2). Menschen der Generation 50+ neigen nach wie vor dazu, ihren Tagesablauf dem Programmschema klassischer Medien anzupassen. Diese gewohnten Abläufe sind eingeprägt und über die Jahrzehnte der Fernsehentwicklung nicht nur individuell, sondern sind auch in den kulturellen Alltag integriert. Diese Ablaufe bieten Verlässlichkeit, tradieren soziale Entwicklungen sowie besondere Ereignisse und besitzen daher längerfristige soziale Bindungskraft. In jüngerer Zeit rückt die Selbstbestimmung im Medienzugang und -konsum fortschreitend in den Vordergrund. Nachwachsende Generationen und die Gruppe der trendsensiblen, beruflich motivierten Nutzer (Early Adopters) erwarten flexible und individualisierte Zugriffsmöglichkeiten.50 Trotz der unüberschaubaren Menge an verfügbaren Informationen sowie die fehlende Möglichkeit diese auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen, muss die Relevanz eines Inhaltes schnell eingeschätzt werden können. Nach einer Studie des Instituts Pew Research Center for the People & the Press ist für Amerikaner das Internet erstmals die zweitwichtigste Informationsquelle für nationale und internationale Nachrichten nach dem Fernsehen geworden. Aufbauend auf der Flexibilität des Internets bevorzugen ca. 40 Prozent der US-Bürger das Lesen von Nachrichten im Web. Etwa 35 Prozent informieren sich durch eine Tageszeitung.51 Vgl. ARD-ZDF-Onlinestudie.de (2008): Mediennutzung allgemein.URL: http://www.ard-zdfonlinestudie.de/index.php?id=117. 49 Vgl. Eimeren, B. van / Frees, B. (2008): Bewegtbildnutzung im Internet. S. 5. URL: http://www. ardzdf-onlinestudie.de/fileadmin/Online08/Eimeren_II.pdf. 50 Vgl. Oehmichen, E. / Schröter, C. (2008): Medienübergreifende Nutzungsmuster: Struktur- und Funktionsverschiebungen. In: Media Perspektiven. Nr. 8 , S. 394-409, S. 394. URL: http://www. ard-zdf-onlinestudie.de/fileadmin/Online08/Schroeter_Oehmichen.pdf 51 Vgl. Pew Research Center for the People & the Press (2008): Internet Overtakes Newspapers As News Outlet. URL: http://people-press.org/report/479/internet-overtakes-newspapers-as-news-source. 48 14 Die ständige Suche nach dem interessantesten Inhalt mittels Zapping, AdSkipping oder Googlen bestimmt den Tagesablauf. Multitasking ist die Basis dieser neuen Informationssuche, d.h. mehrere Medien werden gleichzeitig oder additiv in den Rechercheprozess einbezogen. Nutzungsgründe und Funktionen von Medien 2003 Angaben der Gesamtbevölkerung, trifft am ehesten auf das jeweilige Medium zu, in % Nutzungsgründe und Funktionen von Medien 2008 Angaben der Gesamtbevölkerung, trifft am ehesten auf das jeweilige Medium zu, in % mitreden können sich nicht allein fühlen mitreden können sich nicht allein fühlen Denkanstöße Gewohnheit Denkanstöße Gewohnheit Information Information 10 10 20 20 30 Alltag vergessen/ Eskapismus Orientierung (im Alltag zurecht finden) 40 30 Alltag vergessen/ Eskapismus 50 Fernsehen 50 60 Entspannung Spaß Radio Orientierung (im Alltag zurecht finden) 40 Tageszeitung 60 Entspannung Spaß Internet Quelle: Oehmichen, E.; Schröter, C. (2003). Fernsehen Radio Tageszeitung Internet Quelle: Oehmichen, E.; Schröter, C. (2008). 2.5 Ableitungen und Thesen Das Mediennutzungsverhalten unterliegt individuellen und kulturellen Präferenzen. Ein traditionelles Medium allein kann die Erwartungshaltung der Konsumenten nicht mehr erfüllen. Das Nutzungsverhalten der Konsumenten ist nach wie vor von den entstehenden Transaktionskosten abhängig, jedoch erhöht sich die Varianz der Anwendung und Kostenbewertung. Die Orientierung durch ein festes Fernsehprogrammschema bleibt bestehen. Dieses wird jedoch um die Möglichkeit ergänzt, jederzeit aus diesem auszubrechen, um individuelle Inhalte (Pull) zu konsumieren. Web 3.0 verändert sowohl das Angebot als auch das Mediennutzungsverhalten und wirkt so Rahmensetzend für zahlreiche Prozesse. Heute befriedigt ein einzelnes Medium den individuellen Informationsbedarf nicht mehr. Vielmehr wird der Zugang zu weiterführenden Informationen erfragt und angebotsseitig ermöglicht. Zukünftig wird sich die Aufmerksamkeit des Konsumenten auf mehrere gewählte Medien richten. 15 Entwicklung breitbandfähiger mobiler Endgeräte Deutschland, Angaben in Millionen 22,5 30 +84,4% 25 12,2 20 +87,7% 15 10 6,5 5 2006 2010 2015 Quelle: Wirtz, B. W. (2007), S. 51. 3 Trends 3.1 Auflösung Wertschöpfungskette 3.2 Mobile Mediennutzung Die traditionelle Wertschöpfungskette des Fernsehens wird von zahlreichen technologischen Entwicklungen beeinflusst. Akteure entwickeln sich zu spezialisierten Intermediären, erweitern ihre Kompetenzen horizontal oder streben einen Anschluss an andere Akteure an. Zudem treten Nutzer vermehrt als Hersteller von Inhalten auf. Solche Konvergenzentwicklungen erfordern die Anpassung der Inhalte an unterschiedliche Medienkanäle. Über 10 Mio. Menschen in Deutschland nutzen mittlerweile die Möglichkeiten des mobilen Internets. Zurückzuführen ist dies einerseits auf die über 80prozentige UMTS-Netzabdeckung und andererseits auf die attraktiveren Tarifmodelle im Bereich der sporadischen UMTS-Nutzung seitens der Mobilfunkanbieter.52 Bereits 2015 sollen sich etwa 22,5 Mio. breitbandfähige mobile Endgeräte in Nutzung befinden (siehe Abb.).53 Somit wird die mobile Kommunikation sich zu einer mobilen Mediennutzung wandeln (SMS: Twitter; Wallpapers und Hintergrundbilder: Bewegtbildanwendungen, siehe YouTube oder Videochats). Neue Akteure stehen sich innerhalb einer Wertschöpfungskette gegenüber und sehen sich einem erhöhten Wettbewerbsdruck ausgesetzt. Dieser ergibt sich einerseits aus dem Eintritt in ein unbekanntes Geschäftsfeld und andererseits aus dem Ausschalten von Intermediären. Telekommunikationsunternehmen streben durch die Aufnahme von TV-Paketen in ihr Portfolio nach einer Ausdehnung auf andere Zielgruppen. Produzenten von Inhalten vermarkten ihre Produkte über unternehmenseigene TV-Plattformen und ermöglichen somit die Disintermediation, beispielsweise der Fernsehsender. Das Ergebnis der aktuellen Veränderungen stellt sich in einem modifizierten Modell dar. Die Erneuerungen innerhalb einer Wertschöpfungsstufe werden ebenso ersichtlich wie das geschätzte Veränderungspotenzial (siehe Abb. S. 17). Die Wahrung der Flexibilität in der Entwicklung von neuen Strategien stellt im Hinblick auf das veränderte Mediennutzungsverhalten die größte Herausforderung für sämtliche Akteure dar. Für alle Handelnde gilt es, das Feedback der Nutzer aktiv in diese neuen Prozesse zu integrieren. Zudem muss die kontinuierliche Besinnung auf die Kernaktivitäten im Fokus der Marktbetrachtung bleiben. Das Ziel besteht darin, als erfolgreicher Erster (First-Mover) den Weg für neue Technologien und Strategien im Bereich Internet-TV zu ebnen. Für werbetreibende Unternehmen können infolge von regionalen oder standortbezogenen Applikationen (Location Based Services) neue Reklamepotenziale erschlossen werden. Werbung mit Bewegtbildern spielt momentan noch im Bereich des mobilen Internets, aufgrund der geringen Bandbreiten und der hohen Übertragungskosten, eine eingeschränkte Rolle. 3.3 Interaktives TV Interaktive Applikationen finden im Bereich des Internet-TV de facto noch keine Anwendung. Bis auf Teleshopping und Televoting gibt es in diesem noch keine anderen intereaktiven Anwendungen.54 Großbritannien gilt als der Vorreiter im Bereich des interaktiven Fernsehens. Auf der Pay-TV-Plattform Sky werden von etwa 49 Prozent der Nutzer Spiele, Bestellungen, Gewinnspielteilnahmen oder Produktprobenanforderungen getätigt.55 Auch der größte IPTV-Anbieter in Hongkong PCCW bietet für seine Nutzer interaktive Shoppingkanäle. Besonders beliebt ist der Kauf von Merchandisingartikeln, Videospielen, Kinokarten oder Essensgutscheinen. In Deutschland belegte die Studie Interaktive Werbeformen „auf n-tv plus“, dass diese Anwendungen genutzt werden, wenn interessante Inhalte, wie das Entstehen eines Werbespots, angeboten werden.56 n-tv plus ist das erste interaktive Fernsehprogramm, welches Zusatzinformationen zum laufenden Programm, eine personalisierbare Oberfläche oder den nachträglichen Abruf von verpassten Nachrichtensendungen anbietet. Vgl. Deloitte (2008b): Web-to-go: Wachstumsmarkt Mobile Internet – auch für Deutschland?. S. 5. URL: http://www.deloitte.com/dtt/cda/doc/content/de_TMT_R_Mobile_Internet_071008.pdf. 53 Vgl. Wirtz, B. W. (2007): Deutschland Online – im Jahr 2007. S. 51. URL: http://www.studiedeutschland-online.de/do5/sdo_2007_de.pdf. 54 Vgl. Adam, M. A. (2008): Internet-TV – das Fernsehen der Zukunft. In: Kaumanns, R. / Siegenheim, V. / Sjurts, S.: Auslaufmodell Fernsehen?. Wiesbaden, S. 69. 55 Vgl. PricewaterhouseCoopers (2008), S. 29. 56 Vgl. Zukunft Digital (2008): User-Experience-Test: Interaktive Werbeformen auf n-tv plus. S. 31 ff. URL: http://www.zukunft-digital.de/dl/Studie_fd_ntvplus_uxtest.pdf. 52 16 Wertschöpfungsstufen des TV Aggregation Produktion Inputfaktoren & Programmproduktion Programmhandel Gestaltung & Packaging Customer Management Vermarktung Vermarktung B2B/B2C Customer Management Technische Plattform Sendeplattform Technische Bearbeitung Distribution Datenanlieferung Endgeräte Datenübertragung Set-Top-Box/ Fernseher Durchleiter (Kabel- und Satellitenunternehmen) Endgerätehersteller Beispiele TV-Studio Rechtehändler TV-Anbieter Call-Center Playout-Center Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Goetzpartners (2007), S. 12. Rekonfiguration Medien- und Telekommunikationsindustrie Inhalte erstellen Medien und Telekommunikation traditionell Produzenten Medien und Telekommunikation zukünftig Produzenten Inhalte bündeln Inhalte distributieren Inhalte konsumieren Vertikale Mediensegmente Vertikale Mediensegmente Spezialisierte Intermediäre Horizontale Kompetenzerweiterung Nutzergenerierte Inhalte (UGC) Neue Distributionswege Zunehmende digitale Durchdringung Disintermediation Quelle: Picot, A. (2006), S. 24. Wertschöpfungskette Internet-TV Inhalte Produktion Aggregation Vermarktung Technik Customer Management Plattform Distribution Endgeräte Produzenten Aggregatoren Reseller Vermarktungsplattformbetreiber Vermarkter und Portalbetreiber PPC- oder VoD-Anbieter Downstream-Infrastrukturanbieter IPTV-Commerce-Anbieter Technikdienstleister Durchleiter Endgerätehersteller Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Goetzpartners (2007), S.56. 17 Quelle: Axel Springer Digital TV Guide. Quelle: Freeview. 3.4 Infrastruktur, MashUps, P2P 3.5 Personalisierte Kanäle und Live-Events Die Grenzen zwischen Desktop-und Web-Anwendungen verschwimmen zu! 2007 Axel Springer Digital TV Guide GmbH nehmend. Ein Resultat aus dieser Entwicklung heißt MashUp. Auf der Basis von Schnittstellen zur Anwendungsprogrammierung (API) können neue Web-Applikationen durch die Nutzung bereits bestehender erstellt werden. Das prominenteste Beispiel stellt die Integration des Google-Dienstes „Maps“ in eigene Plattformen dar.57 Dieser Bestandteil der Web 2.0-Entwicklung ermöglicht, dass Neuentwicklungen bereits vorhandene Applikationen nutzen und diese durch Hinzufügen eigener Ideen weiterentwickeln. Die eindeutige Zuordnung von Inhalten und Applikationen zu einem Urheber wird immer schwieriger. Das Szenario „Many-to-Many“ wird zunehmend in allen Medien etabliert. Aufbauend auf einer Kooperationsvereinbarung zwischen dem Verlag Axel Springer und dem Technikanbieter Philips steht Nutzern seit November 2008 der neue Dienst „TV Digital Personal“ (siehe Abb. 1) zur Verfügung. Dieser erstellt eigenständig personalisierte TVKanäle anhand der Beobachtung des persönlichen Nutzerverhaltens sowie der eigenen Vorlieben im Hinblick auf TV- und Webinhalte und bietet somit einen Ansatzpunkt für zielgruppenspezifische Werbekonzepte.63 Angetrieben vom zügigen Ausbau des Breitbandinternets und dem verstärkten Konsum von HD-Videos, wird der Datenverkehr im Internet 2012 etwa sechsmal höher sein als im Jahr 2007. Schon heute trägt die Nutzung von Internetvideos zu einem Viertel des derzeitigen Internetdatenverkehrs bei. Im Jahr 2012 soll der Videoanteil die 50-Prozent-Marke überschreiten.58 Getrieben von der zunehmenden Nutzung von Online-Anwendungen könnte bereits 2012 die Bandbreitennachfrage der Nutzer nicht mehr befriedigt werden. Somit dürften breitbandintensive Applikationen wie HD-Videostreams nur noch eingeschränkt nutzbar sein.59 Der steigende Datenverkehr ist auch auf die Nutzung von Peer-to-Peer-Aktivitäten zurückzuführen. Laut „MultiMedia Intelligence“ wird der P2P-Datenverkehr in den nächsten fünf Jahren um das Vierfache, auf acht Petabytes60 bis 2012, steigen. 61 Neben Musikportalen setzen nun auch vermehrt Videoportale, wie Zattoo, auf diese Technik. Durch P2P-Technologien können, aufgrund der Gleichberechtigung aller Nutzer und der gleichzeitigen Funktion als Sender und Empfänger, Netzüberlastungen vorgebeugt werden. Die Vorteile der Dezentralität und Selbstorganisation wirken sich im Hinblick auf die Verlässlichkeit positiv aus.62 In der Primetime am Abend beansprucht der Konsum von Videostreams bereits über 60 Prozent der gesamten Internet-Bandbreite. Vgl. Alby, T. (2007): Web 2.0. 2. aktual. Aufl. München, S. 136 ff. Vgl. Cisco (2008): Cisco Visual Networking Index - Forecast and Methodology, 2007-2012. URL: http://www.cisco.com/en/US/solutions/collateral/ns341/ns525/ns537/ns705/ns827/white_paper_c11- 481360_ns827_Networking_Solutions_White_Paper.html. 59 Vgl. Hill, J. (2008): 2012 werden Bandbreite und IP-Adressen knapp. URL: http://www.computerwoche.de/knowledge_center/voip_tk/1879787/. 60 1 Petabyte = 1.000 Terrabyte; im Vergleich dazu betrug das Datenaufkommen im Jahr 2007 1,6 Petabytes 61 Vgl. MultiMedia Intelligence (2008): P2P Traffic to Grow Almost 400% over the Next 5 Years, as Legitimate P2P Applications Become a Meaningful Segment. URL: http://multimediaintelligence.com/ index.php?option=com_content&view=article&id=133:p2p-traffic-togrow- almost-400-over-the-next-5years-as-legitimate-p2p-applications-become-a-meaningfulsegment&catid=36:frontage&Itemid=215. 62 Vgl. Reif. C. (2008): Vorteile von legalem P2P erkannt. URL: http://www.visavis.de/netzwelt/modules. php?name=News&file=article&sid=14438&mode=&order=0&thold=0. “ The explosion in content over the last few years means that audiences are crying out for an increasingly personal touch when it comes to TV, with consumers wanting content that matches their interests and tastes at the touch of a button. ” [Jeroen Cappendijk, Co-Founder and General Manager of APRICO] 64 Für das Weiterbestehen linearen Fernsehkonsums spricht, dass dieses Massenmedium die Austauschmöglichkeit der Konsumenten über gemeinsame Themen stärkt.65 3.6 EPG-Marketing Durch der stetig zunehmende Anzahl empfangbarer Programme nehmen elektronische Programmführer, EPGs, mit intelligentem Such- und Navigationsmechanismen zukünftig eine bedeutende Rolle ein. Diese elektronischen Programmführer werden die Sendersuche, beispielsweise durch strukturierte Kategorien, vereinfachen. Zukünftig wird für die Programmanbieter neben dem Suchmaschinen-Marketing auch das EPG-Marketing bedeutend. Fernsehprogramme, die im Ranking auf den oberen Plätzen stehen bzw. als „Tipp des Tages“ Erwähnung finden, haben eine höhere Chance konsumiert zu werden. Auch unter der Beachtung des Empfehlungsmarketings oder der Mund-zu-Mund-Propaganda, kann die Aufmerksamkeit auf einzelne Sendungen erhöht werden. Beispielsweise durch die Darstellung der aktuell konsumierten Sendungen von Freunden oder die Weiterempfehlungsmöglichkeit interessanter Beiträge. EPG’s entwickeln sich so zu persönlichen, intelligenten Agenten. 57 58 18 Vgl. Pimpl, R. (2008): Springer und Philips greifen nach Free-TV-Werbegeldern. URL: http://www. horizont.net/aktuell/medien/pages/protected/Springer-und-Philips-greifen-nach-FreeTVWerbegeldern_79241.html. 64 Axel Springer Digital TV Guide (2008): APRICO launches first solution to provide truly personalised TV channels. URL: http://www.as-guides.com/content/pdf/PM_ASDTVG_Aprico_IBC_2008.pdf. 65 Vgl. Thielen, G.: Interview mit Gunter Thielen. In: Scholz, C. (Hrsg.): Handbuch Medienmanagement. Berlin/Heidelberg 2006, S. 6. 63 3.7 Internet der Dinge 3.8 Übergreifende Medienformate Die Mediennutzung innerhalb des Internet-TV ist eng verknüpft mit den Entwicklungen auf dem Gebiet ‚Internet der Dinge‘. Der „forward2businessThinkTank“ hat verschiedene Visionen der zukünftigen Medienwelt entwickelt. Hauptaugenmerk dieser zukünftigen Eindrücke liegt auf einer ‚halbintelligenten‘ Software, welche die Nutzer den ganzen Tag über begleiten kann. Diese persönliche Software beobachtet das Mediennutzungsverhalten und identifiziert die individuellen Wünsche und Bedürfnisse. Aus der Vielfalt der Informationen können dann nutzerspezifische Fernsehprogramme, Webseiten oder Werbeangebote gezielt konsumiert werden. Via IP-Protokoll werden Monitore in Möbeln, Badspiegeln oder Sonnenbrillen angesteuert.66 Auch die Darstellung von Bewegtbildern auf Tapeten oder Vorhängen kann mit Hilfe der OLED-Technik in einigen Jahren Realität werden.67 Siemens präsentierte auf der IFA 2008 einen Kühlschrank mit integriertem LCD-Fernseher.68 Aufbauend auf der technologischen Konvergenz der Medien Print, TV, Hörfunk, Internet und Mobilfunk ist die scharfe Trennung dieser Mediengattungen nur noch eingeschränkt möglich. Klassische Medien bieten den Einstieg in ein Thema und verweisen auf weiterführende Kanäle. Speziell zugeschnitten auf die jeweilige Zielgruppe bieten diese Zusatzkanäle interaktive weiterführende Informationen. Die Entwicklung übergreifender Medienformate trägt somit der veränderten Nutzung und der simultanen Anwendung unterschiedlichster Medien Rechnung. Diese Entwicklungstendenz stellt ebenfalls die Basis für das Geschäftsmodells von Lingua-TV dar. Der Gewinner des Deutschen IPTV-Awards 2008 kombiniert Web-TV mit den sozialen Möglichkeiten des Web 2.0. Neben dem Lernen von Sprachen durch passiven Konsum von Übungen, basiert die Idee auf der Nutzung des Rückkanals. Durch das Training innerhalb einer Community werden der Lerneffekt und die soziale Bindung gefördert.70 Erste Produktentwicklungen von führenden Unterhaltungselektronikherstellern ebnen den Weg zu einer Konvergenz zwischen TV und Internet. Intel entwickelt zurzeit einen speziellen Prozessor für das TV-Gerät, welcher interaktive Funktionen und die Verbindung zum Internet ermöglichen soll.69 Der Fernseher entwickelt sich durch Peripheriegeräte, wie DVD-Recorder, Spielkonsolen oder Set-Top-Boxen, zu einem multifunktionalen Gerät. Durch internetbasierte Applikationen wird den Herstellern Zugang zum Internet und somit zu einer neuen Gerätekategorie geebnet. Diese Zukunftsvisionen, die meist auf technologischen Entwicklungen beruhen, werden die Medienwelt tiefgreifenden Veränderungen aussetzen. Der Medienkonsum wird voraussichtlich immer Orts- und Geräteunabhängiger sein und ebnet somit den Weg für neue innovative Konzepte. Vgl.Jánszky, S. G. (2008): Trendanalyse: 62,7% aller Deutschen online! Wie funktioniert Ihre Branche in 10 Jahren nach Internetlogik?. S. 2 ff. URL: http://www.forward2business.com/fileadmin/dokumente/forward2business.Trendanalyse_Ihre_Branche_in_Internetlogik.pdf. 67 Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung: Organische Leuchtdioden - die Tapete als Lichtquelle?. URL: http://www.bmbf.de/de/3604.php. 68 Vgl. IFA (2008): IFA Neuheiten. URL: http://www1.messe-berlin.de/vip8_1/website/MesseBerlin/ htdocs/www.ifaberlin/de/Presse/IFA_Neuheiten/index.jsp?project=IFA_08&sprache=D. 69 Vgl. PCWelt (2008): Intel stellt neuen Chip für Unterhaltungsindustrie vor. URL: http://www.pcwelt. de/start/computer/prozessor/news/142218/intel_stellt_neuen_chip_fuer_unterhaltungsindustrie_ vor/. 66 Vgl. Lingua-TV (2008): Deutscher IPTV-Award 2008 geht an Lingua-TV. URL: http://www.openpr.de/ news/258641/Deutscher-IPTV-Award-2008-geht-an-Lingua-TV.html. 70 19 Marke und Multisensualität Erlebnisqualität, Ansprache verschiedener Sinne Sehen Hören Sehen Fühlen Hören Sehen Riechen Fühlen Hören Sehen Schmecken Riechen Fühlen Hören Sehen Quelle: MetaDesign (2006), S. 40. 3.9 Wandel im Bereich Content 3.10 Arten der Visualisierung Ein Medienprodukt besteht aus zwei Elementen: einerseits aus dem immateriellen Inhalt und andererseits aus dem materiellen Träger, welcher den Inhalt transportiert.71 Durch die Digitalisierung von Inhalten wurde das Trennen dieser beiden Elemente möglich. Der Abruf skalierbarer Inhalte über unterschiedliche Medienkanäle wird somit Realität. Content kann wie folgt klassifiziert werden: Allgemein lassen sich statische (Bilder) und dynamische Visualisierungsformen unterscheiden. Vor allem Bewegungs- und zeitliche Abläufe sowie dreidimensionale Verhältnisse lassen sich durch dynamische Animationen oder Simulationen darstellen.72 Zielgruppe Individualisierung/Modularisierung Die Fragestellung, ob der Inhalt an die situativen Bedürfnisse eines Nutzers angepasst werden kann, ist hierbei von Bedeutung. Kurze Ausschnitte, einzelne Szenen oder Zusammenfassungen sind ebenso zu konsumieren wie der komplette Inhalt. Semantik Die Kennzeichnung der Bedeutung des Inhalts stellt die Basis für neue Anwendungen des Web 3.0 dar. Zugänglichkeit Unterschieden werden kann zwischen „Open Content“ und „Paid Content“, welcher nur nach Zahlung eines Entgeltes nutzbar ist. Verfasser Der Verfasser eines Inhaltes kann als Einzelperson oder im Kollektiv auftreten. Zudem kann eine Unterscheidung in „freiwillig“ und „im Auftrag erstellt“ Content erfolgen. Kontext Inhalte werden an lokale Gegebenheiten angepasst. Kombinierbarkeit von Inhalt Innerhalb des Konsums von Inhalten bilden logisch-systematische Verlinkungen den Zugang zu weiterführendem Informationen. Übertragungsweg und Ausgabemedium Inhalte können zu jeder Zeit und an jedem Ort, von Kanal und Gerät unabhängig, konsumiert werden. Im Rahmen der Studie „Bewegtbild@Work“ wird ersichtlich, dass Bewegtbild- Werbung die Werbeerinnerung um 17 Prozent erhöht. Die Akzeptanz der Nutzer ist besonders im Bereich von Videoplattformen ausgeprägt.73 Nicht zu vernachlässigen ist der Aspekt, dass Videos im Internet erst durch die Auslösung eines aktiven Prozesses durch den Nutzer konsumiert werden, im Gegensatz zum TV-Bereich. 3.11 Arten zur Ansprache der Sinne Massenmedien können die Zuschauer nur auf der Basis der beiden Sinne ‚Sehen‘ und ‚Hören‘ ansprechen. Die Ambition ist, die Ansprache auf mehreren Sinnesebenen in den Mittelpunkt der Kommunikationsmaßnahmen zu stellen. Dies kann nach der Studie „5-Sense-Branding“ zu einer höheren Erlebnisqualität und Wahrnehmungsintensität führen (siehe Abb.).74 Das Einbeziehen des dritten Sinnes ‚Riechen‘ war der Ausgangspunkt des 2004 gestarteten französischen Projektes „Exhalia“. In Abhängigkeit des Konsums eines multimedialen Inhaltes wird der passende Duft versprüht. Benötigt werden die Installation einer entsprechenden Software sowie die Nutzung eines speziellen DVD-Players, USB-Sticks oder eines anderen externen Gerätes. Das Integrieren von Düften in das Marketing eignet sich vor allem am PoS (Point of Sale) und bei Verkaufsmessen. Trotz der Besonderheit dieser Dienstleistung ist die großflächige Nutzung von „Exhalia“ ausgeblieben.75 Vgl. Formen der Visualisierung. 2004. URL: http://www.e-teaching.org/didaktik/gestaltung/visualisierung/formen/ 73 Vgl. IP Deutschland (2008): Bewegtbild@Work. S. 6. URL: http://www.ip-deutschland.de/ipdeutschland/download-data/IP_Metaanalyse_final_klein.pdf. 74 Vgl. MetaDesign; diffferent (2007): Grundlagenstudie zeigt Relevanz der Sinne für die Markenführung. URL http://www.metadesign.ch/html/de/2005.html. 75 www.exhalia.com/index_en.php. 72 Vgl. Picot, A. (2006): Konvergenz und Restrukturierung der Telekommunikations- und Medienindustrie: Neue Geschäftsmodelle, neue Akteure?. In: Hess, T. / Doeblin, S.: Turbulenzen in der Telekommunikations- und Medienindustrie. Berlin, S. 24. 71 20 Long Tail der TV-Formate Zuschauerreichweite Tagesschau regionalisierte/spezifische Formate Stadtteil-TV Vielfalt Quelle: Eigene Darstellung 3.12 Bedeutung des Long Tail 3.13 Ableitungen und Thesen Vor allem für Marktakteure bietet sich durch Internet-TV die Chance, zielgruppenspezifische und regionalisierte Werbung ohne hohe Streuverluste zu schalten. Die großen TV-Sender sprechen dagegen eine breite Masse an und können bezüglich Treffsicherheit und Effizienz mit interaktiver Werbung auf Spartensendern oder in Nischenbereichen nicht konkurrieren.76 Die zunehmende Profitabilität von Nischensendern kann durch die Theorie des „Long Tail“ begründet werden (siehe Abb.). Für die Nutzer existiert zukünftig die Möglichkeit der eigenen Programmgestaltung. Durch die Entwicklung des Internet-TV entsteht ein neuer Markt für Content- Produzenten und Spartenkanäle. Das ‚Internet der Dinge‘ beeinflusst das Programm und damit die personalisierte Werbung. Aktives und implizites Feedback der Nutzer hat direkten Einfluss auf den Inhalt der Sender (passives Profiling). Der Fernsehkonsum bleibt mit seinem Zeitbedarf zwar konstant, die aktivische Komponente wächst jedoch innerhalb des Konsums an und löst das passive Konsumieren ab. In Bezug auf den Fernsehmarkt kann durch den kostengünstigen Vertrieb der kleinen Sender mit einer bestimmten Zielgruppe dieselbe Profitabilität erreicht werden, wie durch die Vermarktungsaktivitäten der großen Sender in den Massenmärkten. Spezialisierte Anbieter können den Fokus auf Marketing setzen und somit den Markterfolg sichern.77 Ansätze für die Nutzung des „Long Tail“ im Bereich des Fernsehens sind bereits ersichtlich. Projekte wie Center.TV zeigen das. Diese Formate nutzen entweder den Regionalitätsbezug oder setzen gezielt auf spezielle Themen. Wie lang der „Long Tail“ auf Content-Ebene sein wird, kann derzeit nur vermutet werden. Fest steht, dass ein aktiver Entwicklungsprozess stattfindet und sich bestenfalls in Richtung des 1:1-Fernsehens entfaltet. 76 77 Vgl. Karstens, E. (2006): Fernsehen digital - Eine Einführung. Wiesbaden, S. 167. Vgl. Fischer, J. K. (2008): Medienrecht und Medienmärkte. Berlin/Heidelberg, S. 214 f. 21 Wertkette in Medienunternehmen Beschaffung von Informationen und Inhalten Produktion und Aggregation von Content Akquisition von Werbung Kauf von Textbeiträgen Kauf von Filmbeiträgen Beschaffung von Werbebeiträgen Platzierung von Werbung Packaging der Produkte Produktion von Textbeiträgen Auswahl der Produktbestandtteile Produktion von Filmbeiträgen Redaktionelle Bearbeitung Technische Produktion Distribution Druck Verkauf Bereitstellung von Infrastrukur und Übertragungskapazitäten Übertragung Rezipient Portale Bereitstellung von Endgeräten Quelle: Wirtz, B. W. (2005), S. 22 f. 4 Akteure 4.1 Medienunternehmen Im Bereich der Medienunternehmen kann eine Unterscheidung in Print(Zeitung, Zeitschriften, Bücher) und elektronische Medien (Film, TV, Radio, Musik, Video- u. Computerspiele, Internet) getätigt werden. Charakteristisch für diese Akteure ist die Tatsache, dass diese auf zwei unterschiedlichen Absatzmärkten, dem Werbe- und dem Rezipientenmarkt, präsent sind.78 Für alle Akteure stellt das Internet einen wichtigen Distributionskanal für digitale Güter dar. Unter Beachtung dieses Aspektes werden Geschäftsaktivitäten mit Fokus auf den Online-Bereich ausgerichtet. Beispielsweise hat die Produktionsfirma Grundy Light Entertainment angekündigt, zukünftig auch Bewegtbildformate für das Internet zu entwickeln und zu produzieren.79 Integrationsstrategien, sowohl auf der Ebene der Wertschöpfungskette als auch des Geschäftsmodells, zeigen das Resultat der Neuorientierung von Medienunternehmen (siehe Abb.). Die Ausrichtung der Geschäftsaktivitäten auf vor- oder nachgelagerte Wertschöpfungsstufen und der multimedialen Geschäftsfelder ist auf das Ziel ausgelegt, Markteintrittsbarrieren für Konkurrenten aufzubauen. Im Bereich der Basis-Geschäftsmodelle Content, Commerce, Context und Connection treten zunehmend Hybridmodelle in den Vordergrund.80 Durch den Yahoo „Marketplace“ konnte beispielsweise die Context-Ausrichtung durch die Integration von Commerce- Applikationen erweitert werden. 4.2 Technikhersteller und -dienstleister Im Bereich der Plattformtechnik dominieren DRM- und Verschlüsselungsanbieter (System Videoguard von dem Unternehmen NDS), Middlewarehersteller (Alcatel- Lucent) sowie Sendeplattform-Betreiber (Grid TV und Nexx. tv). Middlewarehersteller sind auf die Entwicklung der Software für Set-TopBoxen spezialisiert. Das Hauptgeschäftsfeld der Plattform-Betreiber besteht aus der Entwicklung, Herstellung, Vermietung und Vermarktung von Fernsehsendern.81 Streaming- und DRM-Anbieter stehen vor der Herausforderung, sich durch technische Dienstleistungen von der Konkurrenz abzugrenzen und im Gedächtnis des Kunden zu verankern. Zunehmend wird es für diese Akteure wichtig, sich durch entsprechende Kooperationen den Zugang zu Inhalten zu sichern (Diversifikation). Mittels dieser Maßnahme kann dem Kunden ein deutlicher Mehrwert geboten werden. Beispielsweise kann der Kundenwunsch nach einem eigenen InternetTV-Kanal durch zusätzliche Vorschläge zur Vermarktung, zu Inhalten oder zur Integration in den Marketing-Mix ergänzt und befriedigt werden. Im Bereich der Distribution sind Unternehmen der Telekommunikations-, Kabelnetz- und Satellitenbranche angesiedelt. Das Erlösmodell dieser Akteure setzt sich aus den Gebühren der Sender, aufgrund der Durchleitung, und seit einigen Jahren auch aus den Abonnementgebühren der Endkunden zusammen.82 Die Abkehr von reinen Distributoren wird zunehmend ersichtlich. Unternehmen wie Kabel Deutschland und SES ASTRA bieten eigene Internet-TV-Angebote und werden somit selbst zu Aggregatoren. Das rückkanalfähige Angebot „Astra2connect“ wird allerdings nicht eigenständig vermarktet, sondern nur über Partnerunternehmen.83 Als Herausforderung für die Kabelnetzbetreiber gilt die Sicherstellung der Rückkanalfähigkeit des Netzes, welche in Deutschland gegenwärtig nicht vollständig umgesetzt ist.84 Zudem können Kabelnetzbetreiber höhere Übertragungsraten als DSL-Anbieter ermöglichen. In Tests erreichte Kabel Deutschland Übertragungsraten von bis zu 200 MBit/s.85 Telekommunikationsunternehmen sehen sich aufgrund der Konvergenz der Netze einer erhöhten Wettbewerbsdynamik gegenüber gestellt. Technologische Entwicklungen führen zu einer Loslösung vom originären Verwendungszweck, d.h. beispielsweise ist das Telefonnetz nicht mehr nur für die Übermittlung von Sprache geeignet. Mobilfunk-, Kabel-TV-, Telefon- oder andere TV-Übertragungsnetze können auf Basis des Internetprotokolls vielfältige Dienste übersenden.86 Ausgehend von vorab aufgeführten Herausforderungen verlassen Telekommunikationsunternehmen ihre ursprüngliche Funktion innerhalb der Wertschöpfungskette und werden zu Anbietern von Inhalten. Der Endkundenzugang wird durch Initiierung eigener IPTV-Angebote oder durch die Beteiligung an Video- oder VoD-Plattformen ermöglicht. Es ist davon auszugehen, dass die Wettbewerbsintensität zwischen Telekommunikationsunternehmen und Kabelbetreibern kontinuierlich ansteigen wird. Nach Abschluss der Modernisierung der Kabelnetze sind die Betreiber in der Lage, ihre „Triple Play“-Pakete kostengünstiger anzubieten. Dies ist möglich, da diese ihre eigene Infrastruktur besitzen und keine Miete für die Nutzung der Telefonnetze zahlen müssen.87 Somit werden in einigen Jahren auf beiden Seiten homogene Angebote existieren. Endgerätehersteller sind unter anderem auf die Produktion und Entwicklung von Fernsehern, Set-Top-Boxen etc. spezialisiert. Durch diese Geräte können die Endkunden die Signale der Technikdienstleister und Durchleiter empfangen, entschlüsseln und darstellen. Vgl. Karstens (2006), S. 184. Vgl. SES ASTRA (2008): Anbieter. http://www.ses-astra.com/consumer/de/Angebot/ASTRA2Connect/index.php. 84 Vgl. Picot, A. / Bereczky, A. / Freyberg, A. (2007): Triple Play - Fernsehen, Telefonie und Internet wachsen zusammen. Berlin/Heidelberg S. 91. 85 Vgl. Mansmann, U. (2008): Kabel Deutschland knackt 200-MBit/s-Marke. URL: http://www.heise.de/ newsticker/Kabel-Deutschland-knackt-200-MBit-s-Marke--/meldung/113632. 86 Vgl. Welfens, P. J. J. (u. a.) (2005): Internetwirtschaft 2010 - Perspektiven und Auswirkungen. Heidelberg, S. 91 f. 87 Vgl. Geiger, P. (2005): War of Platforms. S. 2. URL: http://www.solon.de/download_secure/Solon_ War_of_Platforms.pdf. 82 83 Vgl. Wirtz (2005), S. 22 f. Vgl. Neises, B. (2008): Grundy Light Entertainment produziert sein erstes Online-Format. URL: http:// www.horizont.net/aktuell/digital/pages/protected/Grundy-Light-Entertainment-produziert-seinerstesOnline-Format_79190.html. Quelle: ?? 80 Vgl. Wirtz (2005), S. 683 ff. 81 Vgl. Grid TV: Profil – Konzept. URL: http://www.grid-tv.com/index.asp?topic=2&nav_ id=7&o=7&u=94&p=&lid=de. 78 79 22 Klassisches Diffusionsmodell nach ROGERS Zahl der Erstkäufer ˉx: durchschnittliche Adoptionszeit; s: Standardabweichung der Adoptionszeit frühe Mehrheit 34% Innovatoren 2,5% ˉx - 2·s späte Mehrheit 34% frühe Adopter 13,5% Nachzügler 16% ˉx - s ˉx ˉx + s Zeit Quelle: Rogers, E. M. (2003). Als Herausforderung gelten die Benutzerfreundlichkeit der Geräte, die Wettbewerbsfähigkeit, aufgrund der Vielzahl der Anbieter, sowie die Anpassung an die rasante Marktentwicklung. Im Bereich der Set-Top-Boxen sind einige Internet-TV-Anbieter, wie T-Home, dazu übergangen, ihre Kunden mit proprietären Boxen auszustatten. Wechselt der Verbraucher zu einem anderen Anbieter, muss er automatisch einen neuen Receiver erwerben.88 Diese Strategie eröffnet Endgeräteherstellern neuer Umsatzquellen. Endgerätehersteller werden durch die Problematik der Anpassung von Inhalten an verschiedene Nutzungssituationen gefordert. Vielfältige Funktionen, auch im Hinblick auf die Nutzung interaktiver Dienste, müssen in einem Endgerät integriert sein. Eine Berücksichtigung der Interaktivität kann nur durch eine Zusammenarbeit mit Fernsehsendern oder Telekommunikationsunternehmen den größtmöglichen Mehrwert erzeugen.89 4.3 Produzenten Kern dieses Geschäftsmodells ist die Produktion von attraktiven Bewegtbildern, entweder im Auftrag eines Aggregators oder auf eigenes Risiko. Unternehmen wie Warner Brothers Entertainment, Universal Studios oder die RTL eigene Fernsehproduktionsgesellschaft FremantleMedia erwirtschaften ihre Gewinne durch den Verkauf der Lizenzen. Dieses Erlösmodell wird zum Beispiel durch das Aufkommen von ‚User Generated Content‘ (UGC), steigenden Produktionskosten, aufgrund von höheren Gagen und Spezialeffekten, sowie digitalen Raubkopien beeinflusst. Um diesen Herausforderungen entgegenzuwirken, steht die Disintermediation90 der Aggregatoren und Vermarkter im Vordergrund. Zur direkten Ansprache der Endkunden bündeln die Produzenten ihre Inhalte, erstellen eigene TV-Kanäle oder VoDPlattformen und vermarkten diese eigenständig. Beispielhaft zu nennen sind der Disney Channel sowie die Plattform Hulu der US-Produzenten NBC Universal und News Corporation. Die Konzentrationsstrategie stellt die Produktion von Inhalten in den Mittelpunkt. Ein ähnliches Vorgehen kündigte Time Warner durch den Verkauf der eigenen Sparte für Telekommunikationsdienste an.91 Vgl. Karstens (2006), S. 99. 89 Vgl. Welfens (2005), S. 93. 90 Unter Disintermediation wird die Ausschaltung von Mediären bzw. Zwischenhändlern verstanden. Vgl. Wirtz, B. W. (2001): Electronic Business. 2. vollst. überarb. und erw. Auflage. Wiesbaden, S. 161 91 Vgl. Li, K. (2008): Time Warner focuses on core strengths. URL: http://www.ft.com/ cms/s/0/743cf174-827d-11dd-a019-000077b07658.html. 88 Zudem wäre die Fokussierung auf Nischeninhalte, wie Kinderfilme oder regionale Inhalte, denkbar. Auch die Zusammenarbeit mit professionellen UGC-Produzenten, die Nutzung deren Expertenwissens und die Anpassung dieser Inhalte an das Fernsehformat eröffnen vielfältige Chancen. Die Nutzung interaktiver Möglichkeiten, wie die individuelle Bestimmung der Filmenden oder der Abruf von Hintergrundinformationen, unter anderem über Making-of, Schauspieler oder Premierenfeiern, blieb bislang ungenutzt. Der Wandel im Bereich des Inhalts sowie die veränderten Klassifikationsmöglichkeiten werden kontinuierlich Beachtung finden (Kapitel 4.8). 4.4 Nutzer Das Grundmodell für die Verbreitung von Innovationen zeigt sich im Diffusionsmodell nach Rogers (siehe Abb.). Innovatoren und Frühadopter zeichnen sich durch ihr hohes Produktinteresse und signifikantes Informationsverhalten aus, wodurch sie als Experten und Meinungsführer eine wichtige Rolle im Diffusionsprozess eines Produktes einnehmen.92 Vor allem für zukünftige Entwicklungstendenzen, wie unter anderem das Internet-TV, ist es wichtig, Meinungsführer durch gezielte Mund-zu- Mund-Propaganda anzusprechen. Aufbauend auf dem (N)ONLINER Atlas 2008 waren 2008 etwa 65 Prozent der Deutschen online.93 Neben der Nutzung als Informationsmedium tritt zunehmend auch der Unterhaltungsaspekt in den Vordergrund (Kapitel 3.4). Vorwiegend durch das Mitteilungs- und Geltungsbedürfnis der Nutzer sind Entwicklungen wie ‚User Generated Content‘ (UGC) präsent geworden. Die Vermarktung dieser Videoplattformen gestaltet sich aufgrund einer minimalen Anzahl qualitativ hochwertigen Videos zunehmend schwierig. Projekte wie Current.tv spiegeln dabei die zukünftige Relevanz professioneller Inhalte wider. 94 Vgl. Bruhn, M. (2002): Marketing. Grundlagen für Studium und Praxis. 6. überarb. Auflage. Wiesbaden, S. 146 f. 93 Vgl. (N)Onliner Atlas (2008): Die zentralen Ergebnisse des (N)ONLINER Atlas 2008. URL: http:// www.initiatived21.de/nonliner-atlas/zentrale-ergebnisse-2008/die-zentralen-ergebnisse-desnonlineratlas-2008. 94 Vgl. Rechlitz, J. M. (2008): Führt der Trend zu professionellen Web-TV-Angeboten zum Ende des User-Generated Video?. URL: http://www.streetlightstv.de/blog/fuehrt-der-trend-zu-professionellenweb- tv-angeboten-zum-ende-des-user-generated-content/. 92 23 4.5 Politik 4.6 Ableitungen und Thesen Im Rahmen der 2006 verabschiedeten Hightech-Strategie für Deutschland wurden auch die Informations- und Kommunikationstechnologien als eines der 17 Zukunftsfelder deklariert. Zum Beispiel werden im Rahmen des Aktionsprogramms „iD2010“ der Breitbandausbau sowie die Optimierung der Telekommunikations- und Medienpolitik vorangetrieben.95 Besonderer Forschungsbedarf besteht zudem im Bereich ‚Internet der Dinge‘, welcher sich zum Ziel gesetzt hat, zukunftsweisende Technologien und Standards der internetbasierten Vernetzung von Lebens- und Arbeitswelt zu entwickeln.96 Insgesamt werden 15 Milliarden Euro seitens der Bundesregierung bereitgestellt.97 Globale Möglichkeiten dominieren das lokale Recht. Lokalisierter und globalisierter Content bestimmt die inhaltliche Struktur des Senders. Das Bedürfnis von Medienunternehmen nach Diversifikationsstrategien ist befriedigt. Für Internet-TV-Angebote wird der Qualitätsaspekt von Inhalten unabdingbar. Alle Akteure werden vor die Herausforderung gestellt, ihre Geschäftsstrategien flexibel an die Veränderungen im Hinblick auf Internet-TV anzupassen. Tendenziell entwickeln sich einige wenige Hauptakteure und viele profitable Nischenanbieter. Zudem hat das Bundesministerium bereits seit Anfang 2007 die Entwicklung von Internet-TV durch zahlreiche Fachveranstaltungen im Rahmen des Innovationsforums „Internet-basiertes Fernsehen“ sowie durch die Verleihung des 1. Deutschen IPTV-Awards maßgeblich vorangetrieben.98 Eine ausführliche Analyse der relevanten Gesetze für Internet-TV findet im Kapitel 6.6 statt. Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (2006): iD2010 – Informationsgesellschaft Deutschland 2010. S. 9 ff. URL: http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/Publikationen/id2010_E 2_80_93informationsgesellschaftdeutschland2010, property=pdf,bereich=bmwi,sprache=de,rwb=tru e.pdf. 96 Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie: Next Generation Media - Vernetzte intelligente Systeme. URL: http://www.bmwi.de/BMWi/Navigation/Technologie-und- Innovation/Informationsgesellschaft/multimedia,did=137382.html. 97 Vgl. Die Bundesregierung: Ideen zünden! Die Hightech-Strategie für Deutschland. URL: http://www. hightech-strategie.de/de/350.php. 98 Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung (2008): Unternehmen Region. Ausgabe 1/2008, S. 3. URL: http://www.unternehmen-region.de/_media/Mag_web(2).pdf. 95 24 Veränderungen im Windowing Angaben in Monaten 48 42 36 30 24 18 12 6 Kino DVD/ VHS Pay-perView/VoD traditionelle Verwertungsfenster Pay-TV Free-TV Nachverwertung neu entstehende Verwertungsfenster Quelle: Accenture, in: Popp, W.; Parke, L.; Kaumanns, R. (2008), S. 7. 5 Medium TV Das Fernsehen ist das primäre Informations- und Unterhaltungsmedium. Die Inhalte sowie die Werbung stellen den Content für das Fernsehen dar. 5.1 Produktion von Inhalten Für die Produktion von Inhalten können drei Märkte angegeben werden: Professioneller Produktionsmarkt Filme mit Laufzeiten bis 3 Std., Serien, etc. Hollywood, europ., dt. Film, Nachrichtenagenturen, ausgegliederte Produktionsfirmen der großen Medienkonzerne und -anstalten (z. B. FremantleMedia) Semiprofessioneller Produktionsmarkt Laufzeiten bis 15 Minuten Filmemacher, Kurzfilme, Videoproduzenten, Werbeagenturen für Videoproduktion, lokale Kinowerbung, B-Movie Die traditionellen Verwertungsfenster wurden ab Januar 2009 auf Basis des novellierten Filmförderungsgesetzes gelockert. Die Sperrfrist zwischen Kinostart und Pay-TV wurde von 18 auf 12 Monate, von VoD-Angeboten von 12 auf sechs Monate und der Free-TV-Nutzung von 24 auf 18 Monate verkürzt.99 Ähnliche Entwicklungen bezüglich der Reduzierung der Verwertungsfenster zeichnen sich auch im Bereich der Hollywoodfilme ab. Die Kinoverwertung des Films „Spiderman 3“ betrug nur 3,5 Monate.100 Das Filmstudio Warner Brothers hatte im April 2008 angekündigt, die Filme des Studios gleichzeitig auf DVD und in VoD-Angeboten zu veröffentlichen.101 Universal hat die Rechte an einem unveröffentlichten Computerspiel gekauft und bringt das Spiel zeitgleich mit dem Kinostart des entsprechenden Films auf dem Markt.102 Die digitalen Inhalte ermöglichen eine zielgruppenspezifische Mehrfachverwertung, z. B. Standard-DVDs und Premium-DVDs mit Bonusmaterial.103 Die Digitalisierung führt auch zu dem Effekt, dass die Nutzer die Inhalte neben den Aspekten Qualität und Aktualität auch nach den Kriterien Interaktivität sowie Personalisierungs- und Kommunikationsmöglichkeit beurteilen. Markt für Micro-Content Laufzeiten bis 5 Min. Situative Formate von Nutzern (z. B. Handyfilmer, Bürgerjournalisten) Für Micro-Content-Produzenten steht die Gewinnerzielung im Hintergrund. Vielmehr wird durch die Produktion des ‚User Generated Content‘ (UGC) dem eigenen Darstellungs- und Mitteilungsbedürfnis Rechnung getragen. Für die professionellen und semiprofessionellen Produzenten erweitern sich die Möglichkeiten der Mehrfachverwertung mit der Digitalisierung. Diese werden auch durch die neu zu erwartenden Verwertungsfenster deutlich. Das „Windowing“ bezeichnet die Verlängerung der originären Verwertungskette für Medieninhalte und berücksichtigt die Präsenz unterschiedlicher Zahlungsbereitschaften und Kaufpräferenzen der Konsumenten (siehe Abb.). Vgl. Lamprecht-Weißenborn, N. (2008): Novelle des Filmförderungsgesetzes. URL: http://merlin.obs. coe.int/iris/2008/5/article8.de.html. 100 Vgl. Popp, W. / Parke, L. / Kaumanns, R. (2008): Rechtemanagement in der digitalen Medienwelt. In: Media Perspektiven. Nr. 9 , S. 453-466, S. 459. 101 Vgl. Zota, V. (2008): Warner-Filme künftig zeitgleich auf DVD und als Video on Demand. URL: http:// www.heise.de/newsticker/Warner-Filme-kuenftig-zeitgleich-auf-DVD-und-als-Video-on-Demand-/meldung/106492. 102 Vgl. Muessig, F. (2008): Film zum Spiel statt Spiel zum Film. URL: http://www.heise.de/newsticker/ Film-zum-Spiel-statt-Spiel-zum-Film--/meldung/118606. 103 Vgl. Wirtz (2005), S. 674 ff. 99 25 Tägliche Spartennutzung 2001, 2006 und 2007 Mo-So, 3.00-3.00 Uhr, Angaben in Min. 70 63 60 62 59 59 64 50 50 27 40 27 25 30 20 11 16 Information 2007 Sport 2006 14 12 10 Unterhaltung Fiction 15 Werbung 15 6 6 5 Anderes 2001 Quelle: Gerhards, M.; Klingler, W. (2008), S. 3. 5.2 Formate Der Konsum der Nutzer von TV-Sendungen hat sich innerhalb der letzten Jahre leicht verändert. Die Nutzungsdauer von Sendungen, die der Sparte Information/Infotainment zugeordnet werden, wuchs u. a. durch neue naturwissenschaftliche und gesellschaftliche Programme (z. B. „ZDF Expedition“ oder „Rach - Der Restauranttester“) an. Dieser Zuwachs ging zu Lasten des Konsums der Sendungen im Bereich Fiction. Ab Mitte 2009 wird die Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung AGF auch die Nutzung von DVD-Playern und Festplattenrekordern messen. Damit ist zu erwarten, dass der gemessene Konsum im Bereich Fiction zunehmen dürfte, da die meisten Inhalte bei DVDs aus diesem Genre stammen (siehe Abb.). Die Nutzung der unterschiedlichen Sparten ist innerhalb der Zielgruppen bzw. Altersklassen unterschiedlich. Die Forderung nach mehr Interaktivität und Kommunikation innerhalb des Mediums TV resultiert in neuen Formaten wie „Youth Only Zone“ (YOZ) auf Eurosport für jüngere Zielgruppen. Interaktive Formate werden derzeit nur begrenzt eingesetzt. Zukünftig wird es möglich sein, den Kandidaten bei „Wer wird Millionär?“ durch das Voting der Zuschauer zu unterstützen oder während des Anschauens eines Musikvideos die Bekleidung des Sängers zu bestellen.104 Nutzer können zukünftig live und interaktiv ein TV-Format kommentieren und sich dabei dezentral und synchron austauschen. Die Tagesthemen testen ebenfalls neue interaktive Formate. Hierbei können Zuschauer individuell Beiträge konsumieren und vertiefende Hintergrundinformationen abrufen. Dieses Format bietet die Möglichkeit, sich gezielt nur mit einzelnen Themenbereichen zu beschäftigen und die entsprechenden Beiträge abzurufen.105 Durch eine Kooperation von TiVo und Amazon in den USA können interaktiv CDs, DVDs oder Bücher eingekauft werden, welche im Fernsehen vorgestellt werden.106 Diese Interaktivität bietet einen sichtbaren Mehrwert für den Nutzer. Diese Form der Interaktionsbereitschaft des Nutzers wiederum ist die Basis für neue profitable Geschäftsmodelle. Somit bietet das Internet-TV für sämtliche Akteure die Chance, in Nischen mit interaktiven Inhalten monetäre Gegenwerte zu erzeugen. www.getinteractive.tv Vgl. Gniffke, K. (2008): Ihre Meinung bitte: Tagesthemen interaktiv. URL: http://blog.tagesschau. de/?p=1464. 106 Vgl. Stone, B. (2008): TiVo and Amazon Team Up. URL: http://www.nytimes.com/2008/07/22/ technology/22tivo.html. 104 105 26 Long Tail des Fernsehmarktes – Ranking TV-Sender nach Einschaltquoten Zuschauerreichweite Angaben in % 15 10 5 1 [...] Top 10 Top 30 Top 1.000 Quelle: Bitkom; Goldmedia (2007), S. 8 5.3 Sender 5.4 Möglichkeiten der Kommunikation und Feedback Nach der Theorie des „Long Tail“ zeigen sich Tendenzen zu immer zielgruppenspezifischeren Sendern (siehe Abb.). Sender wie Bahn TV generieren nur eine minimale Reichweite, sprechen jedoch genau die avisierte Zielgruppe an. Die Umsetzung des „Long Tail“ scheint ein Ansatz in dem klassischen Zielkonflikt einer unqualifizierten Reichweite des Medium TV und einer Zielgruppenaffinität des Internet-TV zu sein. Die Kommunikations- und Feedbackmöglichkeiten seitens des Nutzers beschränken sich derzeit im Fernsehen auf Kanäle wie Telefon oder Internet. Ein Informationsfluss findet nur zwischen Sender und Nutzer statt. Eine Dialog- bzw. Rückkanalmöglichkeit ohne Medienbruch existiert nicht. Nutzer erwarten von zukünftigen interaktiven Applikationen vor allem Zusatzinformationen, Teilnahmeangebote wie z. B. Gewinnspiele und Bewertungsoptionen.108 Einen Ausblick auf die Nutzung interaktiver Funktionen innerhalb eines Fernsehformates zeigt das Projekt „Floaded“109. In Kurzfilmen konnte der Nutzer Zusatzinformationen zu integrierten Produkten abrufen, wenn dieser selbst den entsprechenden Button drückte (vergleichbar mit einem Product Placement). Dieses zeigt die Möglichkeiten der Verknüpfung zwischen Content und Werbung. Bisher wurde nur ein Projekt umgesetzt. „Das Quoten-Thema interessiert mich überhaupt nicht, da können auch zwölf Millionen zusehen. Wenn ich meine Zielgruppe nicht erreiche und keine Reaktion kommt, bringt mir das gar nichts.“ [Berg, A., Microsoft] 107 Im Internet-TV entscheidet der Nutzer selbst durch den Start eines aktiven Prozesses über die Nutzung des Inhalts, z. B. eines VoD-Angebotes inklusive Preroll-Werbung. Vor diesem Hintergrund ist es nachvollziehbar, warum eine neue Mediaplanungswährung gefordert wird. Derzeit erfolgt die Mediaplanung abhängig vom jeweiligen Kanal anhand der Kriterien Reichweite, Kontakte und damit Gross Rating Points. Zukünftig sollte das Kriterium Interaktivität und damit Kontaktqualität in die Kennzahl zur Mediaplanung mitberücksichtigt werden. Die Kontaktqualität ist zunehmend ein wichtiger Einflussfaktor und muss entsprechend in die Berechnung von Gross Rating Points oder einer anderen Mediaplanungswährung einfließen. Im Bereich des E-Commerce, gerade auch im Zusammenhang mit Web 2.0, spielen Empfehlungs- und Bewertungsmöglichkeiten seitens des Nutzers eine wichtige Rolle. Das Projekt „Telewebber“110 zeigt exemplarisch erste Möglichkeiten. Auf der Basis virtueller Chaträume können sich Nutzer über laufende TV-Sendungen austauschen. Für werbetreibende Unternehmen werden durch das Internet-TV interaktive CRM-Maßnahmen, Feedbackfunktionen sowie die Auswertung der Nutzerdaten ermöglicht. Bei einer integrierten C2C-Kommunikation innerhalb des EPG-Marketings können z. B. interessante Filme von Freunden weiterempfohlen werden oder der Nutzer kann sehen, welches Programm gerade sein soziales Netz anschaut. In diesem Zusammenhang sind auch serienspezifische Communityseiten zu sehen. Die Möglichkeiten des T-Commerce, d. h. die Nutzung des TV als Distributions- und Vermarktungsmedium, wird durch die Entwicklung des InternetTV weiter vorangetrieben. Vgl. Medientage München (2008b): Zwischen Monetarisierungsdruck und Innovationswillen. S. 1. URL: http://www.medientage.de/mediathek/textservice/files/pdf/text_1307.pdf. 109 www.floaded.com. 110 www.telewebber.de. 108 Vgl. Medientage München (2008a): Direkte Endkundenbeziehung als Erfolgsfaktor für die TVBranche?. 2008, S. 1. URL: http://www.medientage.de/mediathek/textservice/files/pdf/text_501.pdf. 107 27 5.5 Rechtliche Aspekte Das Rundfunk-, Telemedien-, Telekommunikations- und UWG-Recht sind als Rechtsnormen für das Internet-TV von Bedeutung. Das Telemediengesetz, welches am 01.03.2007 in Kraft trat, definiert die Telemedien wie folgt: Der Rundfunkstaatsvertrag (RStV) regelt die Veranstaltung und Verbreitung des Rundfunks in den Bundesländern. Aufgrund der Existenz eines dualen Rundfunksystems in Deutschland ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk explizit für die Sicherstellung der Themen- und Meinungsvielfalt zuständig.111 „… alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste, soweit sie nicht Telekommunikationsdienste … , telekommunikationsgestützte Dienste … oder Rundfunk … sind.“ 115 Das Regelwerk des RStV erstreckt sich auf die Dienste herkömmlicher Rundfunk, Live-Streaming und Web-Casting bzw. Web-Radios.112 Die genannten Dienste werden in Abhängigkeit der Meinungsbildungsrelevanz als Rundfunk oder Telemedium deklariert. Diese Relevanz wird durch die Aktualität und die Breitenwirkung des audiovisuellen Dienstes bestimmt. Die Breitenwirkung wird nach Auffassung der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) durch die Möglichkeit eines gleichzeitigen Zugreifens von 500 Nutzern auf das gleiche Angebot erzielt.113 Am 23.10.2008 einigten sich die Ministerpräsidenten der Bundesländer auf den 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag (RÄStV). Dieser wird ab Mitte 2009 den Auftrag und Umfang des öffentlich-rechtlichen Rundfunks konkreter festlegen, diese Konkretisierung wurde seitens der EU gefordert.114 Demnach wird die Darstellungsdauer für öffentlich-rechtliche Angebote im Internet auf sieben Tage beschränkt, für Sportereignisse auf 24 Stunden. Neue Angebote wie die Mediatheken werden auf der Basis eines 3-StufenTests auf die Zulässigkeit hinsichtlich des Grundversorgungsauftrags, dem publizistischen Wettbewerbs sowie der Finanzierung überprüft. Neben diesen Einschränkungen für die öffentlich-rechtlichen Sender sind diese Vorgaben auch als Chancen zu verstehen. Außerhalb eines publizistischen Wettbewerbs wird die Forderung nach mehr zielgruppenspezifischen Angeboten seitens der öffentlich-rechtlichen Sender mehr Bedeutung erlangen. Auch die Betrachtung der kontextlastigen Veränderungen wie parallele Mediennutzung, Involvement in das TV-Format oder Kollektivnutzung werden somit zukünftig vermehrt in den Vordergrund treten. Dazu zählen Waren- und Dienstleistungsangebote, welche im Internet abgerufen werden können, sowie meinungsrelevante Abrufdienste.116 In diese Kategorie fallen somit auch Webshops und Suchmaschinen sowie VoD-Angebote, Teleshoppingkanäle und Fernseh- und Radiotexte.117 Das deutsche Telekommunikationsgesetz (TKG) zielt auf eine Überwachung des Wettbewerbes im Bereich der Telekommunikation. Der Bundesnetzagentur, als zuständige Behörde, obliegt die Regelung der Transportleistung und nicht des übermittelten Inhalts.118 Internet-TV-Plattformbetreiber müssen nach § 3 Nr. 24 TKG die Vorschriften dieses Gesetzes beachten: „Im Sinne dieses Gesetzes ist oder sind ’Telekommunikationsdienste’ in der Regel gegen Entgelt erbrachte Dienste, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen, einschließlich Übertragungsdienste in Rundfunknetzen.“ 119 Das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) schützt Mitbewerber, Konsumenten und sonstige Marktteilnehmer vor unlauteren Geschäftspraktiken von Unternehmen. Geregelt sind Unterlassungs-, Schadenersatz-, Beseitigungs-, Gewinnabschöpfungs- und Auskunftsansprüche. Durch die Neufassung des UWG (am 30.12.2008 in Kraft getreten) wird die EU-Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken umgesetzt. Diese Neuregelung sieht die Unzulässigkeit als redaktionell getarnter Werbung für Printund elektronische Medien sowie redaktionelle Beiträge im Internet vor. Weiterführend wird Product Placement, wenn es durch die Zahlung eines Entgeltes in einem redaktionellen Beitrag aufgenommen wird, ebenfalls von dieser Regelung erfasst.120 Bundesministerium der Justiz (2007a): Telemediengesetz (TMG). S. 1. http://www.gesetze-iminternet.de/bundesrecht/tmg/gesamt.pdf. 116 Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (2007): Pressemitteilung: Das Telemediengesetz und der Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien. URL: http://www.bmwi.de/BMWi/ Navigation/Presse/pressemitteilungen,did=189062.html. 117 Vgl. ALM (2007c): Überarbeitung des dritten Strukturpapiers /Internet-Radio und IP-TV. URL: http:// www.alm.de/fileadmin/forschungsprojekte/GSPWM/Beschluss__IP-TV.pdf. 118 Vgl. Dieter / Schrameyer (2008), S. 30. 119 Bundesministerium der Justiz (2007b): Telekommunikationsgesetz (TKG). S. 7 f. URL: http://www. gesetze-im-internet.de/bundesrecht/tkg_2004/gesamt.pdf. 120 Vgl. Bundesministerium der Justiz (2008): Gesetzentwurf der Bundesregierung – Erstes Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb. S. 65. URL: http://www.bmj.bund.de/ files/-/3158/RegE%20Erstes%20Gesetz%20zur%20%C3%84nderung%20des%20Gesetzes%20 gegen%20den%20unlauteren%20Wettbewerb.pdf. 115 Vgl. Wirtz (2005), S. 335. Vgl. Deutscher Bundestag: Gesetzentwurf der Bundesregierung (2006): Entwurf eines Gesetzes zur Vereinheitlichung von Vorschriften über bestimmte elektronische Informations- und Kommunikationsdienste. S. 13. URL: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/030/1603078.pdf. 113 Vgl. KEK (2007): KEK-Mitteilung 4/07: Mitteilung der KEK zum Regulierungsbedarf von internetbasierten Rundfunkangeboten. S. 1. URL: http://www.kek-online.de/kek/information/publikation/kek_ mitteilung_4.pdf. 114 Vgl. Rathaus Bremen (2008): Aktuelles: Was dürfen ARD und ZDF zukünftig im Internet (12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag)?. URL: http://www.rathaus-bremen.de/detail. php?gsid=bremen02.c.1353.de. 111 112 28 Komplexität der Implementierung von Werbung hoch niedrig Klassische Fernsehwerbung Product Placement Pre-roll/Mid-roll/ Post-roll-Werbeclips regionalisierte/ individualisierte Werbeclips interaktive Videospots zeitintensive individualisierte Werbeclips Quelle: PricewaterhouseCoopers (2008), S. 33. Im Hinblick auf Internet-TV werden Applikationen im Bereich des EPG-Marketings ebenfalls von dem neuen UWG berührt. Bei Online-Videos prognostiziert Forrester Research bis zum Jahr 2012 Werbeumsätze von mehr als sieben Milliarden Dollar.127 Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Konvergenz der Medien bereits zu regulatorischen Gesetzesänderungen geführt hat, diese allerdings noch nicht ausreichend im Sinne einer gesamtheitlichen Regelung sind. Zum einen unterliegen Infrastrukturanbieter, wenn diese auch Programmanbieter sind, der Kontrolle der Bundesnetzagentur und der jeweiligen Landesmedienanstalt. Dies kann im Zweifelsfall zu Investitions- und Planungsunsicherheit führen.121 Zum anderen wird eine genaue Abgrenzung zwischen Rundfunk, Telemedien- und Telekommunikationsdiensten immer schwieriger. Grenzen verwischen und machen die medienspezifische Zuordnung problematisch.122 Auch im Bereich der Überwachung der Meinungsvielfalt sind unterschiedliche Regulierungsbehörden zuständig, z. B. für den Rundfunk ist die KEK und für die Print- und elektronischen Medien das Bundeskartellamt zuständig.123 Die Kombination der Werbemöglichkeiten der beiden Medienkanäle TV und Internet wird sich zukünftig in Form der Anreicherung um interaktive Applikationen der audiovisuellen Inhalte bzw. werblichen Instrumente darstellen. Dabei werden diese Werbemittel individuell und personalisiert sein (siehe Abb.). 5.6 Werbemöglichkeiten und -formen Die Nettowerbeumsätze im Bereich des Fernsehens bleiben auf konstantem Niveau, wogegen Online-Medien kontinuierliche Steigerungen verzeichnen können. Fernsehsender sind dazu übergegangen, neue Werbeformen zu kreieren und zu vermarkten. Durch die Kombination von Programm und Werbung wird die Werbewirksamkeit erhöht. Neue Formen wie Splitscreen, Crawl (am Rand des Bildschirms werden Werbebotschaften eingeblendet) sowie Branded Entertainment (Werbung im Vorspann der Sendung eingebunden) sind ein Ergebnis dieser Entwicklung.124 Im Bereich der Online-Medien werden zukünftig personalisierte Werbeformen auf der Basis von Behavioral Targeting geschaltet. Bereits im Jahr 2001 hat der amerikanische Kabelanbieter AT&T in einer Kleinstadt personalisierte Werbung anhand der Auswertung soziodemografischer Daten getestet.125 Auch der seit November 2008 zur Verfügung stehende Dienst „TV Digital Personal“ von Axel Springer und Philips ermöglicht für Werbetreibende zielgruppenspezifische Werbung auf Basis von Nutzerprofilen zu schalten.126 Vgl. Bitkom (2007): Zukunft digitale Wirtschaft. S. 115. URL: http://bitkom.org/files/documents Zukunft_digitale_Wirtschaft_BITKOM-Roland_Berger_Studie.pdf. 122 Vgl. Kurp (2008), S. 1. 123 Vgl. Paperlein, J. (2008): Thaenert fordert Reform der Konzentrationskontrolle. http://www.horizont. net/aktuell/medien/pages/protected/Thaenert-fordert-Reform-der Konzentrationskontrolle_79866. html. 124 Vgl. Walter, N. / Heng, S. (2008): Medienbranche im fundamentalen Umbruch. In: Kaumanns, R. / Siegenheim, V. / Sjurts, S.: Auslaufmodell Fernsehen?. Wiesbaden, S. 41. 125 Vgl. Tittel, S. (2001): Jeder Spot ein Treffer. URL: http://www.zeit.de/2001/29/Jeder_Spot_ein_Treffer. 126 Vgl. Philips (2008): APRICO stellt erste Lösung für personalisierte TV-Kanäle vor. URL: http:// medienservice.philips.de/apps/n_dir/e1231501.nsf/alle/EAEE576722225B02C12574C2002F3FCE? opendocument. 5.7 Ableitungen und Thesen Die Situation und Entwicklung im Medium TV lässt sich mit folgenden Thesen zusammenfassen: Einflussmöglichkeiten seitens des Nutzers stellen bei der Entwicklung neuer Formate die zukünftige Basis dar. Spartenformate nehmen neben den traditionellen Mainstreamformaten an Bedeutung und Wahrnehmung zu. Hohe Produktionskosten sind keine Garantie für den Erfolg eines Formates. Im Bereich der jüngeren Zielgruppe werden Übergangsentwicklungen von der klassischen, linearen TV-Nutzung zu Onlinemedien sichtbar. Eine Tendenz vom starren Broadcasting nach festen Vorgaben zu einemKonsum nach eigener Zeitsouveränität zeichnet sich ab. Die Variabilität der Inhalte wird steigen. Der Nutzer hat zukünftig die Wahlfreiheit bezüglich der Länge des Inhalts und kann somit abhängig von den derzeitigen aktuellen Bedürfnissen entscheiden (z. B. Kurzformate längerer Sendungen). Klassisches Broadcasting wird um variable On-Demand-Strukturen ergänzt. 121 Vgl. Kleinz, T. (2008): Internet-TV - Revolution in der Betaphase. URL: http://www.focus.de/digital/ multimedia/dld-2008/internet-tv_aid_233978.html. 127 29 Hybridmodell von TV und PC TV TV mit einfacher Funktionalität TV mit Video- und Bildschirmtext TV mit muldimedialen Internetapplikationen in geschlossenen Systemen TV mit vollwertigem Internetanschluss Internet-TV/ PC-Fernsehen Konvergenzprozess PC Stand-alone PC mit textbasierten Funktionalitäten wie MS-DOS, MS Word, Multiplan Stand-alone PC mit grafikbasierten Funktionalitäten, z.B. Windows, Mac Stand-alone PC mit Multimediafähigkeit wie Sound, Grafik in Fotoqualität, Video PC mit Internetanschluss und Multimediafähigkeit, Internet- und TV-Inhalte Quelle: Wirtz, B. W. (2005), S. 345. 6 Szenarien und Ausblick Abschließend wird ein Ausblick auf die Mediennutzung und die Chancen für existierende und zukünftige Akteure gegeben. Die Internet-TV-Wertschöpfungskette ist sowohl inhaltlichen als auch technischen Veränderungen unterworfen und somit werden die Wertschöpfungsrollen neu bestimmt. 6.1 Mediennutzung Der Medienkonsum ist in den letzten Jahren auf rund zehn Stunden pro Tag gestiegen.128 Veränderungen im Hinblick auf den Einsatz freiverfügbarer Medienzeit werden im Bereich des Hörfunks, Fernsehens und Prints zugunsten des Internets ersichtlich.129 Ein zu beobachtender Erfolgsfaktor im Hinblick auf einen variablen Medienkonsum wird der Wandel der Mediennutzung hin zu einer sehr individuellen Programmgestaltung sein. Die Tagesschau um 20:00 Uhr bestimmt den Beginn des Unterhaltungsprogramms im Fernsehen am Abend. Eine Mischung des Medienkonsums aus individuell zusammengestelltem Programm und fest vorgegebenen Sendungsschema wäre ebenso denkbar.130 Eine Entscheidung des Konsumenten wäre somit abhängig von den jeweiligen situativen Bedürfnissen. Sämtliche Akteure stehen neuen Herausforderungen gegenüber, welche durch entsprechende Strategieoptionen überwunden werden können. Wichtig hierbei ist, dass den Akteuren bewusst ist, welche Dynamik in den Wertschöpfungsketten liegt und dass dynamische Strategiemodelle Anwendung finden müssen, um die Chancen als Akteur umsetzen zu können. Die strategische und organisatorische Flexibilität der Akteure wird ein kritischer Erfolgsfaktor in der Zukunft sein. 6.3 Medium TV Im Hinblick auf die Veränderungen der Medienlandschaft stellte Wolfgang Riepl bereits 1913 die folgende These auf: „Die einfachsten Mittel, Formen und Methoden, wenn sie nur einmal eingebürgert und für brauchbar befunden worden sind, werden auch von den vollkommensten und höchst entwickelten niemals wieder gänzlich und dauerhaft verdrängt und außer Gebrauch gesetzt, sondern sich neben diesen erhalten, nur dass sie genötigt werden, andere Aufgaben und Verwertungsgebiete aufzusuchen.“132 6.2 Akteure Vor dem Hintergrund der aktuellen Veränderungen des Mediennutzungsverhaltens als auch der konvergierenden Branchen stellen sich für die einzelnen Akteure unterschiedliche Herausforderungen dar. Die Akteure sollten adäquat ihre Situation analysieren und nachfolgend die Strategieoptionen entwickeln. Für alle Akteure stellen sich zwei mögliche Ausrichtungen dar: Diversifikations- oder Konzentrationsstrategie.131 Zum einen wird der Fokus auf die Erschließung angrenzender Märkte und zum anderen auf die Orientierung auf einen Kernmarkt gelegt. Zusätzlich wird die zukünftige Geschäftsausrichtung von den Entwicklungsszenarien für Internet-TV auf Basis des Medienkonsums beeinflusst. Einerseits kann das Szenario des klassischen Fernsehkonsums ergänzt um die individuelle Abrufmöglichkeit von Inhalt (On-Demand) zukünftig Anwendung finden. Andererseits ist eine reine On-Demand-Anwendung, zeitweise erweitert durch einzelne Liveangebote, ebenso denkbar. Ausgerichtet am Interaktivitätsstufenkonzept (siehe Kapitel 1.3), welches in der Kommunikationswissenschaft der Klassifizierung von interaktiven TV-Angeboten dient, entsprechen diese Szenarien den Interaktivitätslevels drei und vier. Vgl. Eimeren / Frees (2008), S. 1. Vgl. Wirtz (2005), S. 38. Vgl. Focus (2008): Der Markt der Medien – Daten, Fakten, Trends. S. 59. http://www.medialine.de/ media/uploads/projekt/medialine/docs/service/bestellung_download/deutsch/marktinformationen/ marktanalysen/2008/foc_ma_medien_200808.pdf. 131 Vgl. Wirtz (2005), S. 646. Dementsprechend erfolgt durch die Entstehung eines neuen Mediums keine Verdrängung der existierenden Medien, sondern eine Modifikation bzw. eine Migration dieser.133 Das traditionelle Fernsehen wird folglich durch das Internet verändert. Es entsteht ein Hybridmodell aus beiden Medien, welches sich durch Interaktivität auszeichnet (siehe Abb.). Das Endgerät ist dabei nicht von Bedeutung, da die Anwendungen bzw. der Content die Nutzungsart bzw. den -ort bestimmt. Beispielsweise sind Hersteller von Unterhaltungselektronik bestrebt, browserbasierte Applikationen in TV-Geräte zu integrieren (Samsung präsentierte auf der IFA 2008 Flachbildfernseher, die Nachrichten und tagesaktuelle Informationen über einen Internetzugang abrufen und darstellen.134). 128 Riepl, W. (1972): Das Nachrichtenwesen des Altertums. Hildesheim, S. 5. Vgl. Walter / Heng (2008), S. 51. Vgl. Samsung (2008): TV 2.0: SAMSUNG präsentiert Design-TVs mit Internet-Zugang. URL: http:// www.samsung.com/at/news/newsRead.do?news_seq=9802&page=1&news_group=productnews&rd oPeriod=ALL&from_dt=&to_dt=&news_type=&news_ctgry=&search_keyword=. 129 132 130 133 30 134 7 Anhang 7.1 Glossar Andererseits integrieren Computerhersteller multimediale Komponenten und Services in entsprechende Hardware.135 Der Wandel dem Internet-TV wird evolutionär verlaufen. Nächste Ergebnisse dieses evolutionären Prozesses werden personalisierte TV-Kanäle sein, die durch Community-Funktionen ergänzt werden. Internet-TV beschreibt dabei neue Dimensionen hinsichtlich der Variabilität des Mediums, des Contents und der Akteure im Medium Fernsehen. Aggregator Unternehmen, dessen Leistung in der Bündelung und Bereitstellung von eigenen und fremden Inhalten auf neuartigen technologischen Plattformen besteht.136 Best Effort-Prinzip Wörtlich übersetzt: Auslieferung nach bestem Bemühen.137 Diversifikation Begriff aus der betriebswirtschaftlichen Strategielehre, der das Tätigwerden eines Unternehmens in einem für das Unternehmen neuen Markt mit einem für das Unternehmen neuen Produkt bezeichnet. Unterscheidung nach drei Typen:138 (1) Intramediäre Diversifikation (Fokus auf vor oder nachgelagerte Stufe der eigenen Wertschöpfungskette) (2) Intermediäre Diversifikation (Fokus auf andere Medienteilbranche) (3) Extramediäre Diversifikation (Fokus auf Märkte außerhalb der klassischen und der neuen Medienteilmärkte) DRM Sammelbegriff für alle technischen Maßnahmen zur digitalen Kontrolle von Urheber- bzw. Verwertungsrechten an Content aller Art.139 HDTV Weltweiter Standard für hoch auflösendes, digitales Fernsehen.140 Medienkonvergenz Der Prozess oder Zustand, der die Verschmelzung verschiedener Medien bzw. Kommunikationskanäle auf der technischen, der inhaltlichen Ebene und der Nutzungsebene beschreibt.141 Vgl. Sjurts, I. (2004): Handbuch Medienmanagement. Wiesbaden, S. 6. Vgl. ITWissen: Das große Online-Lexikon für Informationstechnologie. Best-Effort-Prinzip. URL: http://www.itwissen.info/definition/lexikon/Best-Effort-Prinzip-best-effort-delivery.html. 138 Vgl. Sjurts (2004), S. 121 f. 139 Ebd. S. 114. 140 Beisecker, M.-A. (2004): Das Lexikon der PC-Fachbegriffe. Bonn, S. 178. 141 Koschnik, W. J. (1994): Encyclopedic dictionary marketing, Volume 1 / Part 2 L – Z, English – German, München 1994. 136 137 135 Vgl. Wirtz (2005), S. 345. 31 „Next-Generation- Network“-Ansatz „A packet-based network able to provide telecommunication services and able to make 65 use of multiple broadband, QoS-enabled transport technlogies and in which servicerelated functions are independent from underlying transport-related technologies. It enables unfettered access for users to networks and to competing service providers and/or services of their choice. It supports generalized mobility which will allow consistent and ubiquitous provision of services to users.”142 Relevant Set (Markenrahmen) Der Markenrahmen aller Artikel, die ein Käufer kennt, als kaufbar ansieht und daher grundsätzlich in seine Erwägungen miteinbezieht, wenn er ein Produkt dieser Produktgruppe kauft. Es handelt sich um den gegenüber dem Wahrnehmungsfeld kleineren und gegenüber dem Auswahlfeld umfassenderen Bereich derjenigen Waren und Marken auf einem spezifischen Markt, die ein Konsument vor der Kaufentscheidung ernsthaft in Betracht zieht.147 P2P Der Begriff Peer-to-Peer (P2P) bezeichnet Verbünde Gleichberechtigter (Peers), die sich gegenseitig Ressourcen wie Informationen, CPU Laufzeiten, Speicher und Bandbreite zugänglich machen und kollaborative Prozesse unter Verzicht auf zentrale Koordinationsinstanzen durchführen. P2P-Technologien versprechen neue Dimensionen des Informationsmanagements, z.B. die Beschleunigung von (Kommunikations-) Prozessen, Kostensenkung etwa durch bessere Auslastung „brachliegender“ Ressourcen sowie eine hohe Austauschfähigkeit auch aktueller, dezentral generierter Informationen und damit die Unterstützung von ad hoc-Arbeitsgruppen.143 SDTV Norm für das digitale Standardfernsehen148 Personal Video Recorder (PVR) Festplattenbasierter Videorecorder mit sehr großer Speicherkapazität, grafischer Benutzeroberfläche und zusätzlichen Serviceund KomfortFunktionen wie EPG, zeitversetztes Fernsehen, Lernfähigkeit, schnelles Überspringen von Werbeinseln usw.144 Plug-and-Play Technologie, bei der nach dem Einstecken oder Anschließen einer Komponente die weitere Installation und Konfiguration weitestgehend selbständig erfolgen kann.145 Quality of Service (QoS) Bezeichnet alle Faktoren, welche im weitesten Sinne die Güte eines Dienstes oder einer Dienstleistung beeinflussen, daher auch Dienstgüte oder Dienstqualität genannt.146 ITU-T (2004): Recommendation Y.2001 - General overview of NGN. 12/2004. URL: http://www.itu. int/ITU-T/ngn/definition.html. 143 Sjurts (2004), S. 450 f. 144 Karstens (2006), S. 221. 145 Beisecker (2004), S. 275. 146 Klußmann, N. (2001): Lexikon der Kommunikations- und Informationstechnik. Hüthig, S. 621. Set-Top-Box Bezeichnung für ein Gerät, das an den Fernseher angeschlossen wird und die Dekodierung von DVB-Signalen, die Entschlüsselung von Pay-TV oder den Zugriff auf interaktive TV-Dienste ermöglicht.149 Spartenprogramm Im Sinne des Staatsvertrages ist Spartenprogramm ein Rundfunkprogramm mit im Wesentlichen gleichartigen Inhalten. (RVSt §2 Abs. 2 S. 2 Nr. 2) Streaming-Media Unter Streaming-Media versteht man die Quasi- Echtzeitübertragung komprimierter Video- und Audiodateien über das Internet.150 Teleshopping … die Sendung direkter Angebote an die Öffentlichkeit für den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen, gegen Entgelt. (RVSt §2 Abs. 2 S. 2 Nr. 8) Vollprogramm Im Sinne des Staatsvertrages ist Vollprogramm ein Rundfunkprogramm mit vielfältigen Inhalten, in welchem Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung einen wesentlichen Teil des Gesamtprogramms bilden. (RVSt §2 Abs. 2 S. 2 Nr. 1) 142 32 KVoschnik (1994), S. 1381. Beisecker (2004), S. 311. Sjurts (2004), S. 543. 150 ITWissen: Streaming-Media. URL: http://www.itwissen.info/definition/lexikon/Streaming-Mediaztreaming- media.html. 147 148 149 7.2 Autorenverzeichnis Mandy Gretzschel Thomas Richter Mandy Gretzschel (Jahrgang 1985) hat 2008 erfolgreich ihr Betriebswirtschaftsstudium an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Dresden abgeschlossen. Durch ihre Diplomarbeit, welche sich mit betriebswirtschaftlichen Implikationen für die zukünftige Nutzung von Internet-TV beschäftigte, legte sie den Grundstein für die Fokussierung des Bereiches OnlineMarketing. Derzeit ist sie bei einem Unternehmen der Internetbranche als Managerin für Suchmaschinenoptimierung tätig. Thomas Richter (Jahrgang 1967) übernahm die Leitung des Dresdner Agenturbereichs der T-Systems Multimedia Solutions GmbH im Jahr 2005. Zuvor war er wissenschaftlicher Referent und danach Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Abteilung Forschungsmanagement des TÜV Rheinlands. Nach dem Studium der Soziologie und Psychologie an der Universität Bonn, arbeitete Thomas Richter in mehreren Forschungsprojekten zu unterschiedlichen Fragestellungen der Mobilität für die Bundesanstalt für Straßenwesen und die Universität Bonn. Zunehmend rückten Fragen der internetbasierten Kommunikation und des Onlinemarketings in den Blickpunkt seiner Arbeiten. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen in gesellschaftlichen Veränderungsprozessen durch das Internet, in den Themenfeldern Web 2.0, eCommerce, Kollaboration, Intranet, Online-Marketing sowie Online-Markenführung. Michael Kahr Michael Kahr (Jahrgang 1967) studierte Informatik an der Fachhochschule Regensburg mit der Vertiefungsrichtung Wirtschaft und schloss 1991 als DiplomInformatiker (FH) ab. Danach war er freiberuflich als Dozent und EDV-Berater beim Institut für Erwachsenenbildung (IfE) München GmbH tätig später selbstständig als Softwareentwickler in Chemnitz. Ab 1995 war Herr Kahr bei der T-Systems Multimedia Solutions GmbH als Softwareentwickler, Projektleiter und Projektmanager. Es folgte der Einsatz im Kundenmanagement, später leitete er die Business Unit Multimedia Agentur Services. Seit 2003 ist er Prokurist und Mitglied der Geschäftsleitung in der T-Systems Multimedia Solutions GmbH. Peter Otto Peter Otto (Jahrgang 1969) übernahm 2008 die Leitung der neu gegründeten Business Unit „Media & E-Entertainment“ mit dem Kerngeschäft Audio- und Videoübertragungen ins Internet zu entwickeln und anzubieten. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Anreicherung und Verteilung der Streaming-Inhalte über Web TV Portale und Mediatheken. Als Business Unit Director leitete Herr Otto seit 2006 den Agenturbereich für „Online Marketing & Communication“. Mit dem Start seiner Laufbahn in der IT-Branche als Projektmanager und Konzeptionist für E-Commerce im Jahr 2002 übernahm Herr Otto kurz darauf die Leitung des Geschäftsfeldes „E-Commerce Process Management“. Nach dem Studium der Betriebswirtschaftlehre an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden (FH) arbeitete Herr Otto in verschiedenen Full-Service Werbeagenturen (Serviceplan, Scroch Communications, Oberüber & Karger) als Etat-Director, Berater und Texter. Zu seinen Aufgabenschwerpunkten gehörten die Kundenberatung, Strategie- und Kampagnenentwicklung, Projektleitung, Eventproduktion und Textkreation für Brands, Dienstleister, öffentliche Anbieter und Healthcare. Ralph Sonntag Ralph Sonntag (Jahrgang 1968) nahm 2004 die Professur für Marketing, insbesondere Multimedia-Marketing, an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (FH) Dresden an. Zuvor war Herr Sonntag Professor an der Fachhochschule Ansbach. Nach seinem Studium der Betriebswirtschaftslehre in Würzburg war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Projektleiter des Steinbeis-Transferzentrums in Dresden tätig. Daran anschließend folgten Stationen bei der Unternehmensberatung Diebold (jetzt Detecon) sowie Kommunikations- und Werbeagenturen. Seine Arbeits- und Forschungsschwerpunkte liegen in der Untersuchung von Social Media, der Konvergenz zwischen klassischen und neuen Medien, Direktmarketing, Methoden des User Profilings, Methoden der Mediaplanung und die Werbeerfolgsforschung. 33 7.3 Quellenverzeichnis 9Live: Die 9Live-Erfolgsgeschichte. URL: http://www.9live.de/9liveunternehmen/ presse/geschichte/ (Zugriff am: 12.05.2009). Adam, M. A. 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