Pablo Picasso- Wie Ereignisse seines Lebens seine Kunst

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Pablo Picasso- Wie Ereignisse seines Lebens seine Kunst
Pablo PicassoWie Ereignisse seines Lebens seine Kunst beeinflussten
1. Vorwort
2. Kurzbiographie
3. Was beeinflusste die Werke Picassos?
3.1 La corrida
3.1.1 Der Ablauf eines üblichen Stierkampfes
3.1.2 Wie nahm Picasso den Stierkampf auf uns wie setzte er
ihn um?
3.2 Versionen der Liebe
3.2.1 Fernande Olivier
3.2.2 Olga Koklowa
3.2.3 Marie- Thérèse Walter
3.2.4 Dora Maar
3.2.5 Fancoise Gilot
3.2.6 Jacqueline Roque
3.2.7 weitere Frauen
3.3 Im Angesicht des Todes
3.3.1 Evokation. Das Begräbnis Casagemas
3.3.2 "Nein, Sie waren das"
3.3.2.1 Guernica
3.3.2.2 Krieg und Frieden
3.3.3 Bedenke, dass du sterben musst!
3.4 Was beeinflusste Picasso noch?
3.4.1 Der Weg zum Erfolg
3.4.2 Zeit des Surrealismus
4. Schlusswort
5. Quellen
Vorwort
Warum wählte ich Pablo Picasso?
Zum einen, weil er einer der berühmtesten Maler des 20.Jahrhunderts ist. Mit rund 15000
Gemälden, über 660 Skulpturen, zahlreichen Zeichnungen, Graphiken und Keramikarbeiten
gehört Pablo Picasso zu den produktivsten Künstlern der Kunstgeschichte.
Aber schreibe ich meine Facharbeit über Picasso vor allem aus dem Grund, weil ich sehr
beeindruckt von seinen ausdrucksstarken Bildern und seiner Produktivität bin.
Weil Picasso ein Vorbild für mich ist- ich male selbst- las ich eine Biographie über den
spanischen Künstler. Mir fielen sofort einig Parallelen zu seinen Werken auf.
Mit meiner Arbeit möchte ich beweisen, dass viele Ereignisse im Leben Picassos seine Werke
beeinflussten.
2. Kurzbiographie Pablo Picassos
1881
25. Oktober: Pablo Ruiz Picasso wird in Málaga geboren. Erstes Kind des Malers
Don José Ruiz Blasco(lehrt an der dortigen Kunstschule) und dessen Frau María
Picasso López
1891
Umzug der Familie nach La Coruna in Galizien. Picasso belegt Kurse an der
Kunstschule und es entsehen erste Gemäle unter Anleitung des Vaters.
1895
Übersiedlung der Familie nach Barcelona. Picasso tritt in die Kunstakademie "La
Lonja" ein, an der Vater lehrt. Er wird gleich in die Oberstufe aufgenommen.
1897
Er erhält für sein Gemälde "Wissenschaft und Nächstenliebe" ein Lob bei der
Kunstausstellung in Madrid. Im Oktober Studium an der Academia San Fernando
in Madrid.
1898
Picasso verlässt im Frühjahr Madrid. Er erkrankt an Scharlach und erholt sich in
Horta de Ebro.
1900
Veröffentlichung von Illustrationen durch Zeitungen in Barcelona.
Erste Paris-Reise.
1901
Er beginnt, seine Arbeiten mit "Picasso"(vorher P. Ruiz Picasso und andere Varianten) zu
signieren.
Zusammen mit einem Freund gibt er die Zeitschrift "Arte Joven" heraus.
Ende Mai zweite Reise nach Paris.
1901-1904
In seiner "blauen Periode" entwickelt Picasso seinen ersten eigenen Stil mit schwermütigen
Figurenbildern, die in verschiedenen Blautönen gehalten sind. In dieser Zeit beginnt er auch,
sich der Skulptur zuzuwenden ("Sitzende Frau").
1902 Im Oktober dritte Reise nach Paris
1903 Um Jahreswechsel Rückkehr nach Barcelona
1904
Im April verlässt Picasso endgültig Barcelona und zieht nach Paris
Er lernt Fernande Olivier kennen, die seine Geliebte und sein Modell wird.
1905-1907
In seiner "rosa Periode" bevorzugt Picasso Zirkusmotive in heiteren Farben, so in
dem Gemälde "Die Gaukler". Erste Radierungen und Kupferstiche sowie das
Porträt von Gertrude Stein (1874-1946) entstehen.
1908-1917
Für den erneuten Stilwechsel sind vor allen Dingen afrikanische Masken ausschlaggebend.
Picasso bricht mit der bisher geltenden Ästhetik und wird zusammen mit Georges Braque
(1882-1963) zum Begründer des Kubismus: Er bevorzugt zersplitterte Formen und Farben.
Das Gegenständliche wird in Werken wie "Frau mit Gitarre" oder "Ma Jolie" in geometrische
Formen aufgelöst, wobei sich die Strukturen der Abstraktion nähern. "Desmoiselles
d´Avignon" entsteht.
1909 Erste Ausstellung in Deutschland
1912 Er lernt Marcelle Humbert "Eva" kennen
1913 Sein Vater stirbt in Barcelona
ab 1915
Neben den kubistischen Arbeiten zeichnet Picasso auch wieder realistische Porträts.
1917
Reise nach Rom. Er zeichnet die Dekore und Kostüme des Baletts "Parade" von
Jean Cocteau der Balets Russes von Dighilew. Er trifft Olga Koklowa(Tänzerin
des russischen Baletts).
Besucht Neapel, Florenz, Pompeji.
1918
Heirat mit Olga Koklowa.
1921
Geburt seines Sohnes Paolos.
1925
Picasso beteiligt sich mit dem Werk "Drei Tänzer" an der ersten Ausstellung der Surrealisten
in Paris.
1927
Bekanntschaft mit Marie-Thérèse Walter, die seine Geliebte und sein Modell wird.
1930
Preis der Carnegie- Stiftung (Pittsburgh, USA)
1935
Die Geburt seiner Tochter Maja aus der Beziehung zu Marie-Thérèse führt zur
Trennung von seiner Ehefrau Olga.
1936
Picasso nimmt den Direktorenposten Prado-Museums in Madrid an.
Beziehung mit Dora Maar.
1937
Für den spanischen Pavillon auf der Pariser Weltausstellung schafft Picasso das
großformatige Anti-Kriegs-Bild "Guernica".
1945
Picasso wird Vorsitzender des französisch-spanischen Hilfskomitees für republikanische
Spanier. Eintritt in die Kommunistische Partei Frankreichs.
1946
Beziehung mit Francoise Gilot.
1947
Geburt seines Sohnes Claude.
Picasso beginnt mit seinen Keramikarbeiten.
1948
Verleihung der "Médaille de Reconnaissance Française" durch die französische
Regierung. Eröffnung des Picasso- Museums in Antibes.
1949
Geburt seiner Tochter Paloma
1961
Heirat mit Jacqueline Roque. Er fertigt rund siebzig Portraits von ihr an.
1963
Eröffnung des Museo Picasso in Barcelona.
1973
8. April: Pablo Picasso stirbt in Mougins (bei Cannes). Er wird zwei Tage später
im Park seines Schlosses beigesetzt.
1985
Einweihung des Musée Picasso in Paris.
3. Was beeinflusste die Werke Picassos?
Bei der Geburt am 25. Oktober im Jahre 1881 wurde Pablo Picasso erst für tot gehalten. Er schrie
nicht und zeigte keine Bewegeung. Während alle versuchten die Mutter Maria Picasso Lopez zu
beruhigen, zögerte Doktor Salvador Ruiz Blasco, sein Onkel, nicht, auch schwere Geschütze
aufzufahren und blies dem Säugling den beißenden Qualm einer dicken Zigarre ins Gesicht. Das
Kind fing sofort an zu schreien.
Heute meinen Psychologen und Verfechter der sanften Geburt, dass dieses erste d
draumatische Erlebnis die häufig dramatische Note seiner Malerei erklärt.
Aber nicht nur das, wenn es denn wirklich wahr sein sollte, sondern auch andere Ereignisse
beeinflussten seine Malerei.
3.1 La corrida
"Der Stierkampf ist der Nobelste Sport der Welt. Beim Stierkampf gibt es keinen Kompromiss
zwischen den Kontrahenten. Beim Fussball oder Radsport kann man den anderen für eine
bestimmte Bestechungssumme gewinnen lassen. Aber einen Stier kann man nicht bestechen."
sagte Picasso immer zu seinem Freund Eugenio Arias, mit dem er in seinen späteren Jahren vierbis fünfmal im Jahr zum Stierkamf fuhr.
3.1.1 Der Ablauf eines üblichen Stierkampfes
Meist wurden sie von Picassos Sohn Paolo gefahren. Der damals vierzig Jährige und kein
bisschen Unabhängige träumte immer von einer Rennfahrerkarriere. Dieser Traum wurde aber
von seinem mächtigen Übervater zerstört. Sattdessen wurde er Gelegenheitschauffeur seines
Vaters. Im Grunde aber hasste Picasso die hohe Geschwindigkeit von Autos. Doch um Pünktlich
zur corrida zu gelangen, trieb er seinen Sohn an.
Am Tage eines Stierkampfs traf man sich schon zu Mittagessen im Jules César in Arles oder im
Cheval Blanc in Nîmes. An manchen Tagen saßen dort bis zu zwanzig Menschen und mehr an
einem Tisch beisammen. Intellektuelle, Stierzüchter, Künstler und Handwerker. Schon immer
war es Picassos Bedürfniss gewesen, sich mit einem großen Freundeskreis zu umgeben. Umso
bunter die Mischung aus Menschen unterschiedlicher sozialer Stellungen war, umso mehr gefiehl
es Picasso.
Der Stierkampf begann um vier. Die corrida ist die einzigste Veranstaltung, so heißt es, die
pünklich beginnt. Vorher die Stiere zu begutachten, ein paar Worte mit den Matadoren wechseln
und mit dem Züchter zu fachsimpeln, das gehört zu einem gelungen Stierkampf.
Dann ging es los- es wurde Spanisch gesprochen, Spanisch gelacht, über Franco geflucht, von der
Heimat geschwärmt und über die schwachen, französischen Kampfbullen gelästert. Man sang und
pfiff den Paso doble. Paso doble ist nicht
einfach irgendeine Musik, der Paso double ist eine berauschende Welle, auf der man sich in der
Arena tragen lässt, erst recht als Spanier.
Mit seinem Takt füllten sich die Ränge. Bevor die Toreros einzogen, bezog Picasso einen Platz in
der ersten Reihe. Er hatte sich wie immer schön gemacht- in schrille Papageienfarben gekleidet
oder im schicken Westernstil, oft trug er eine Kopfbedeckung, einmal mit einem andalusischen
Sombreoro, einmal mit einem Cowboyhut oder auch mit einer schlichten Strohvariante.
Die Plätze in der Arena werden in verschiedene Kategorien unterteilt: sombra, im Schatten und
teuer, sol y sombra Plätze, die erst in der Sonne, später aber schattig sind und sol, billige
Sonnenplätze. Am liebsten saß Picasso sol y sombra, weil dort der Einfall des Lichtes am
schönsten war.
Seine Frau Jacqueline und Paolo nahmen links und rechts von ihm Platz und Picassos Freund
Arias saß neben Jacqueline.
Das Trompetensignal, dann der Einzug der Toreros im Takt des Paso doble, davor die Matadore,
dann die Banderilleros und die Picadore auf den Pferden.
Die Matadore grüßen den Präsidenten und legen dann ihre prachtvoll besticken capas ab, aber
manchmal überreichten sie die Umhänge auch einem Zuschauer, als Freundschaftsbeweis.
Auch wurden viele Stierkämpfe dokumentiert, in denen ein Matador seinen Umhang an Picasso
weitergab. Sie wechselten ein paar freundliche Worte, natürlich auf Spanisch. Man kann sagen,
dass Spanisch in der Arena eine Amtsprache ist, auch in Südfrankreich und auch, wenn nur
wenige Spanier anwesend waren.
Tausende Augenpaare starren auf das "Tor der Angst", durch das in jedem Moment der schwarze
Kampfstier kommen wird.
Der Präsident der corrida wirft den Schlüssel für diese Tor aus der Loge in die Arena. Der ArenaDiener schließt das Tor zu dem abgedunkelten Verschlag auf, hinter dem seit Stunden der Stier
wartet. Wird ein wilder, ein mutiger Stier in die Arena stürmen? Oder wird er zögern? Vielleicht
sogar mit den Hufen scharren, was ihn als Feigling entlarven würde?
Die ersten zwanzig Minuten hält er das tanzende, rote Tuch für seinen eigentlich Feind. Doch
dann durchschaut das Tier das Täuschungsmanöver und stürzt sich, bereits geschwächt, aber
äußerst gereizt, auf den Matador. Kann der Matador den Stier rechtzeitig überlisten? Es geht um
sein Leben, bei jedem Kampf aufs Neue...
Nach einer Weile tritt der Matador mit seinem Zweispitz vor die Loge des Präsidenten. So erbittet
er die Erlaubnis, den Stier nun töten zu dürfen.
Nun beginnt das letzte, aber entscheidente Drittel des Kampfs. Bevor sich aber der Matador den
Stier vornimmt, widmet er den toro symbolisch einer schönen Frau, einer anwesenden
Berühmtheit oder einem Freund. Als Zeichen für diese Wittmung wirft er der entsprechenden
Person seinen Hut zu. Der Hut, zusammen mit einem Geschenk geht an den Matador zurück,
wenn der Stier tot aus der Arena gezogen wird.
Oft wurden die Stiere Picasso gewidment. Er zeichnete manchmal etwas auf den Hut, den er dann
nach dem Kampf dem Matador wieder zurück warf.
Die Kommunikation mit den Matadoren war eine wichtige Inspiration für Picasso.
Nach dem Kampf wurden noch ab und zu Feste gefeiert, doch häufiger kam es vor, dass man ein
paar Worte ohne Bedeutung wechselte und dann die Heimreise antrat, die Reise zurück in das
französische Exil.
3.1.2 Wie nahm Picasso den Stierkampf auf und
wie setzte er ihn um?
Während das um Publikum jeden Schritt des Matador gröhlend kommentierte, sagte Picasso in
der Zeit des Kampfes kaum etwas. Von ihm kamen keine olé- Rufe, kein Pfeifen, höchstens ein
paar leise Worte und wohldosierter Beifall.
Er tauchte immer auf eine eigenartige Weise in den Stierkampf ein(siehe Anhang, Abb.
1; 2; 3) Sein Freund Arias sagte einmal, dass man das Gefühl hätte, er würde tief in seiner
Seele sitzen.
Es schien, als würde Picasso das Geschehen in sich aufsaugen, aber er war keines falls regunglos
dabei. Mit dem aufmerksamsten, beweglichsten und zugleich durchdringendsten Blick, der
niemals zur Ruhe zu kommen schien, entging ihm kein Detail. Darüberhinaus hatte Picasso aber
auch ein beeindruckendes Gedächtnis für alles, was er einmal irgendwo gesehen hatte. Noch
Monate und sogar Jahre später konnte er die Geschehnisse eines Stierkampfes oder ein Gesicht
detailiert aus der Erinnerung wiedergeben
Picasso störte trotz seine Konzentration auf den Kampf das Treiben um ihn herum nicht. Er liebte
es sogar! Er liebte es, "das Volk" um sich zu haben. Er meinte, genau wie der Geruch von
Zigarren, das Rascheln von Bonbontüten das Lachen und Weinen der Menschen zum Kino
gehöre, gehöre auch der Jubel, das Pfeifen, das Brüllen der Menschen zum Stierkampf. Was wäre
Stierkampf oder Kino ohne Kulisse?
Picasso erzählte seinem Freund Arias gern die folgende Geschichte.
Ein Spanier trifft einen Freund. "Wohin gehst du?" fragt er ihn. Er ist in bester Laune und
antwortet: "Zum Stierkampf." Am Ende des Tages treffen sich die beiden wieder. Der am Morgen
noch Lachende und gut Gelaunte macht jetzt eine finstere Miene. Der Freund fragt:" Wo kommst
du denn her?" Der antwortet mit Verzweiflung in der Stimme: "Vom Stierkampf."
Diese Geschichte war genau treffend für Picasso. Doch ihm gelang es immer wieder, sich vor
dem Loch, in das er nach einer corrida zu fallen drohte, zu retten. Er stürzte sich in seine Arbeit
und versuchte so seine Gefühle und Eindrücke umzusetzen. Oft zog sich Picasso Stunden oder
sogar Tage zurück und schuf danach zahlreiche Zeichnungen oder Bilder.
Nach einem Stierkampf in Arles im Jahre 1957 zog sich Picasso zwei Tage zurück um am dritten
Tag, völlig ins Geschehen versunken in nur drei Stunden rund dreißig Kupferplatten zu schaffen.
Er hielt den gesamten Ablauf des Kampfes fest.
Man sagt, es sei eines der schönsten Werke der Stierkampf- und Kunstgeschichte.
Doch schon vor einem Stierkampf war Picasso unausgeglichen. Meist bekam er Depressionen. Er
befand sich irgendwo zwischen Vorfreude und Rückzugsstimmung.
Seine einstige Lebensgefährtin Francoise Gilot schrieb in ihrem Buch "Leben mit Picasso", dass
sich der Künstler schon lange vorher auf die corrida freute, bis die Zeit kam, die Eintrittskarten
zu bestellen. Ihn packten plötzliche Zweifel. Oft sagte er. "Ihr wollt mich zum Märtyrer machen.
Ihr wollt, dass ich zum Stierkampf gehe. Nun, ihr werdet mich nicht zum Märtyrer machen. Nicht
mehr. Wir werden nicht gehen!" Schließlich ging man aber doch zu Kämpfen. Doch soll seine
Stimmung schon Tage vorher unerträglich gewesen sein. Er soll in diesen Tagen nicht einmal
arbeitsfähig gewesen sein.
Er rettete sich in die Arbeit, falls er aus guten Gründen doch einmal einen Kampf
auslassen musste.
Erste 1970, im Alter von neunundachtzig Jahren, endete Picassos Besessenheit mit dem späten
Meisterwerk "Schwarzer Torero". Er malte es nach seinem letzten Besuch der Stierkampfarena.
Bilder zum Stierkampf siehe Anhang Abb. 4; 5
3.2 Versionen der Liebe
"Ich liebe oder ich hasse. Wenn ich eine Frau liebe, dann sprengt das alles auseinander, besonders
meine Malerei" sagte Picasso eines Tages zu Francoise Gilot.
Picassos Liebesbeziehungen waren nicht für die Ewigkeit bestimmt. Häufig wechselte er die
Partnerin und mit der Partnerin wechselte sich auch häufig der Ort, sein Freundeskreis, die
Diensboten, der Speiseplan und sogar der Hund. Aber vor allem auch sein künstlerisches
Schaffen.
3.2.1 Fernande Olivier
Als Picasso 1904 endgültig nach Paris zieht, malte er eine ganze Reihe Bilder der sogennanten
Blauen Periode. (Abb. 6; 7)
Die Bilder zeigen die kaum erträgliche Welt abgezehrter Kinder und Müttern, aus Trinkerinnen
und Prostituierten. Er malte Menschen, die vom Leben gezeichnet sind und ums Überleben
kämpfen.
Die Körper wirken versteift. Gesichter und Gliedmaßen strecken sich in einem Licht des
Weltuntergangs. Das Spektralblau der Bilder lassen den Blick des Betrachters erstarren.
Doch was war der Grund für dieses traurige Blau?
Die einfachste Antwort wäre, dass Picasso für einen Spottpreis einen Vorrat an Farbtuben mit
Kobaltblau erstanden hat und dann eben verwendete, was er hatte, weil er kein Geld für andere
Farbe besaß.
Der Psychater Jung sah darin allerdings ein Zeichen für "seelische Zerrissenheit" und sogar
Schizophrenie. Dies schrieb er anlässlich einer Picasso-Retrospektive ins Zürich 1932 in einem
missbilligendem Artikel der "Neuen Zürcher Zeitung".
Im Sommer 1904 begegnet er Fernande Olivier.
Bald kreisen seine Gedanken nur noch um die hübsche, üppige Frau.
Für ihn war sie etwas anderes, als die zweifelhaften Modelle, die die Kunstmaler sich rumreichten
und sie war auch anders, als die Mädchen, auf die sich sein Liebesleben bis zu der Zeit
beschränkte.
Er war stolz darauf mit einer Begleiterin, die alle Blicke auf sich zog, Arm in Arm in die
Stammlokale des Montmatre einzutreten.
Seine Malerei wechselte von tristen Blau in optimistisches Rosa. Das bedeutet allerdings nicht,
dass Picasso jemals ein Maler der Glückes war. Außer vielleicht viele Jahre später, als er eine
Beziehung mit der vierzig Jahre jüngeren Francoise Gilot eingeht.
Er tauschte also die blaue Welt der irdischen Verdammten, gegen die rosa, farbigere Welt der
Artisten.(Abb. 8)
Seine derzeitige Leidenschaft war der Zirkus Médrano, den er fast jeden Abend besuchte.
Die Clowns, die bewundernstwerten Artisten, der Muskelmann, der ein junges
Mädchen herumwirbelt, ein Kind, auf einem Ball balancierend und die Kunstreiterin, die auf dem
Pferderücken ihre Pirouetten dreht sind nur Hauptthemen seiner
Zeichnungen, Aquarelle und Gemälde.
"Die Gauklerfamilie" kennzeichnet das Ende dieser Rosa Periode.
3.2.2 Olga Koklowa
Olga Koklowa war Mitglied des Ensembles der Ballets Russes von Diaghilew.
Picasso begegnete ihr zum ersten Mal im Februar 1917 in Rom. Er entwarf Dekoration und
Kostüme für das Balett "Parade". Es war fast Liebe auf den ersten Blick.
Am 12. Juli 1918 fand in Paris die standesamtliche und kirchliche Trauung statt.
Sie nahmen sich in Paris zwei übereinanderliegende Wohnungen. Die untere Wohnung wurde
nach Olgas Geschmack eingerichtet und die obere Wohnung, wo Picasso die Türen zwischen den
einzelnen Zimmern aushängte, wurde sein Atlier.
In dieser Zeit malt er Bilder und Zeichnungen von Fotographien ab. So zum Beispiel auch seinen
Sohn Paolo(Abb.9) und das "Bildnis von Olga in einem Sessel". Dieses Bild zeigt die russische
Adelige in all ihrer Eleganz, melancholisch und distanziert. Das ovale Gesicht lässt einen
kompromißlosen Geist erkennen. Die schwarzen und hart blickenden Augen, der gerade und feste
Mund sowie ein energisches Kinn betonen, das auch der Anflug eines Lächelns nicht verhehlen
kann. Den scharfen Auge des Malers entgeht kein Charakterzug.(Abb.10)
Nach den Bildern, die er von Fotographien abmalte, folgte eine bekannte Reihe: die
Riesinnen.(Abb. 11 ; 12)
Wahrscheinlich wurde Picasso zu diesen Werken von seiner schwangeren Frau inspiriert. Als
Olga ihren Sohn Paolo erwartete, hatte Picasso Tag für Tag die anschwellenden Brüste und den
runden, gespannten Bauch vor Augen.
Auch wurde Picasso zu zahlreichen Werken inpiriert, die das Thema Mutter - Kind
behandelten.(Abb.13)
Picasso und Olga Koklowa trennten sich, als sie erfuhr, dass er eine junge Geliebte hatte, welche
ein Kind erwartete.
Doch richtig lösen konnte sie sich von ihm nie.
Die Trennung hatte aus ihr eine reiche, wohlhabende Frau gemacht, doch statt ein unbeschwertes,
neues Leben zu beginnen, gab sie sich ihrer Trauer um Picasso hin und schrieb ihm oft wirre
Brief.
3.2.3 Marie-Thérèse Walter
Am 8. August 1927 läuft Picasso einer jungen, blonden, Frau mit blaugrauen Augen und von
überströmender Sinnlichkeit über den Weg. Er folgt ihr und spricht sie an: "Mein Fräulein, Sie
haben ein interessantes Gesicht. Ich möchte sie gern malen. Ich bin Picasso." Doch dieser
bekannte Name ist der jungen Frau kein Begriff. Die junge Marie- Thérèse Walter(sie war noch
keine achtzehn) und der sechsundvierzig jährige Picasso treffen sich wieder.
Die Theaterpremieren mit Olga, die ganzen Feste und Bälle, der gesamte Trott der eleganten
Gesellschaft hatten ihn fast erdrückt und ihm die Luft zum Atmen genommen.
Die nun folgenden Jahre hat er ein heimliches Verhältnis zu dem sinnlich fröhlichen
Mädchen. Er sagte einmal zu einem Freund, sie sei ein unkompliziertes Geschöpf, was vor allem
Lust auf Sex hätte.
Picasso malte seine mädchenhafte Geliebte meist liegend, oft schlafend, prall und
sinnlich.
Das erste Bild in der Marie- Thérèse in ihrer Sinnlichkeit erblüht war "Der Traum".(Abb.13)
sie war eine Frau, die sich gerne in ihrer Weiblichkeit aalte.
Picasso unterstreicht den wolllüstigen Ausdruck des Gesichts durch schreiend bunte
Hintergründe, in Grellgelb, Grün und Violett. Er verzerrt ihren Körper oder zieht ihn zusammen.
Durch ihre Haltung provoziert sie, unbeteiligt, ein intensives Verlangen, welches in Kontrast zu
der Ruhe steht, die durch Liegen oder Schlafen ausgestrahlt wird.
Marie- Thérèse inspirierte Picasso zudem auch zu einigen sinnlichen Skulpturen.
Kurz nachdem Picasso sich von Olga trennte, trennte er sich auch von Marie- Thérèse. Sie sei als
Mätresse ideal und anspruchslos, meinte er zu einem Freund, aber als Ehefrau hätte sie ihn
erdrückt. Sie schien ihm zu anhänglich und zu häuslich.
Er flüchtete sich in die Arme von Dora Maar.
3.2.4 Dora Maar
Im Februar stellte ein enger Freund , Paul Eluard, Picasso eine seiner Freundinnen vor. Sie war
eine junge, schwarzhaarige Frau mit dunklen Augen und hieß Dora Markovitch, wurde aber nur
Dora Maar genannt.
Sie war an Picassos Seite, als am 18. Juli der spanisch Bürgerkrieg ausbrach und Picasso
daraufhin "Guernica" malte.
Die intelligente, schüchterne und hervorragende Fotografin, welche sich selbst von der Malerei
abgewandt hatte, weil sie sich nicht talentiert genug hielt, stand ihm in dieser Zeit hilfreich zu
Seite und fotografierte die verschiedenen Phasen des Bildes.
Im Herbst 1937 malte Picasso ein sehr ergreifendes Portrait von ihr, "Weinende Frau"(Abb.
14), das als Art Widmung an "Guernica" gedacht ist. Allerdings weinte sie nicht wegen der
Greueltat in Spanien, sondern weil ihr Vater unheilbar krank geworden war.
Das Bild zeigt unendliches Leid und verrät einen Charakter voll Sorge und Furcht- ein roter Hut,
ein Mund mit zusammengebissenen Zähnen, die auf ein Taschentuch beißen, Wangen und Nase
grün, gelb und weiß, durchsetzt von spitzen Winkeln.
Dora Maar war eine stolze, unabhängige Frau und auch eine Bereicherung in intellektuellen
Kreisen.
Als Picasso sie verlies, brach sie zusammen. Oft tauchte sie auch nach der Trennung noch bei
Picasso auf und machte ihm eine Szene. Einmal ließ er sogar einen Psychoanalytiker kommen
und Dora in die Klinik einweisen, weil er so verärgert über ihr wirres Verhalten war.
Als Paul Eluard sie später gefragt hatte, ob sie ihn heiraten würde, soll sie gesagt haben: "Nein,
nach Picasso nur noch Gott."
3.2.5 Francoise Gilot
Picasso begegnet ihr im Mai 1943 in einem Restaurant, wo sie mit einer Freundin saß. Sie ist die
Tochter eines Industiellen, frei und unvoreingenommen, malte selbst, nachdem sie ihr
Philosophiestudium abgebrochen hatte. Ihre Schönheit und die Bewunderung, die sie für Picasso
zeigte, erregten Picassos Aufmerksamkeit. Sie ist zwanzig und er bereits sechzig.
Aus der Beziehung gehen die Kinder Claude und Paloma hervor.
In dieser Zeit malt er Bilder aus der Welt der Nymphen, Zentauren, schamlosen Fauen und
musizierenden Tritonen.
Das umfassenste Werk dieser Periode ist "Lebensfreude".
Das erste Ölporträt von Francoise entstand im Mai 1946. Es is das berühmte "Femmefleur"(Abb.15). Einen ganzen Monat brauchte der Künstler um sein Liebe so, wie er sie
wahrnahm, auf die Leinwand zu bringen.
Erst zeichnete er sie sitzend, meinte dann aber "Ich sehe dich nicht sitzend...Du bist ganz und gar
kein passiver Typ.". Dann bat er sie, sich nackt auszuziehen. Mit äußerster Konzentration,
versank er rund eine Stunde in der Betrachtung seiner Geliebten. Dann stellte er fest: "Ich sehe
nun, was ich tun muss. Jetzt kannst du dich wieder anziehen."
Der Anthropologe David Gilmore forumulierte, dass die Augen Picassos wie Finger seien- sie
halten fest, probieren aus, dringen voll Neugier und Neid in ihr Gegenüber ein.
Er begann mit dem Ölportrait, es war anfangs erst sehr realistisch. Plötzlich rief er entsetzt:"
Nein, das ist nicht dein Stil. Ein realistisches Portrait würde dich gar nicht richtig wieder geben".
Dann vereinfachte er ihre Finger symbolisch zu einem Blumenmotiv. Er hatte sie in die Länge
gezogen, malte ihr Haar grün und gab ihm die Form von Blättern. Das Gesicht, obwohl Francoise
eigentlich eine längliche Kopfform hatte, verbreiterte er. " Ich werde die Länge hineinbringen,
indem ich eine kalte Farbe nehme- Blau. Es wird wie ein kleiner blauer Mond aussehen". Er hatte
sich eine Schablone geschnitten, um den richtigen Platz und die richtige Größe des schematischen
Kopfes zu finden.
Anfänglich war er unsicher, wohin die Arme von Francoise sollten. Erst ließ er den Rechten aus
den Haaren herauswachsen und nach unten fallen. Das sei aber niemals schön und würde nicht
mit ihrem Wesen harmonieren. Daraufhin malte er den Arm horizontal.
"Wir sind alle mehr oder weniger Tier und ungefähr drei Viertel der menschlichen Rasse sehen
auch so aus. Aber du nicht. Du bist wie eine Pflanze im Wachstum, und ich habe mich gefragt,
wie ich es ausdrücken könnte, dass du mehr zum Reich der Pflanzen als zu dem der Tier gehörst",
hatte Picasso nach der Vollendung "La Femme-fleur" gesagt. "Ich habe mich noch nie dazu
getrieben gefühlt, jemanden so zu malen. Seltsam, nicht wahr? Ich glaube, es ist trotzdem ganz
richtig so."
3.2.6 Jacqueline Roque
Picasso arbeitet in den Fünfzigern an Keramikarbeiten in der Töpferei der Ehepaares Ramié.
Madame Ramié stellte im Herbst 1952 ihre junge Cousine Jacqueline Roque ein. Sie war frisch
geschieden, hatte eine sechsjährige Tochter und machte sich vor allem im Verkaufsraum der
Töpferei nützlich.
Die Trennung von Francoise zog sich noch bis September 1953 hin, aber bereits in
den Monaten vorher buhlten viele junge Mädchen und Frauen um den weltberühmten Künstler.
Auch die 27-jährige Jacqueline suchte die Nähe Picasso, war aber vorerst wenig erfolgreich.
Picasso war wieder in einer sehr unruhigen Lebensphase. Er zog wie ein Zwanzigjähriger
nächtelang von einem Club zum nächsten, feierte und ließ sich feiern.
Im Juli 1954 kehrte Francoise Giltot mit den beiden Kindern Claude und Paloma zurück. Aber zu
dieser Zeit war Jacqueline Roque bereits eine Art Fixstern im Leben
Picassos- man sah sie fast täglich zusammen. Doch stürzte er sich weiterhin in das nächtliche
Vergnügen und ließ sich am liebsten von beiden Frauen, Francoise und Jacqueline, begleiten.
Bereits Ende Juli hatte Francoise genug und kündigte an, nach Paris zurück zu gehen. Picasso
konnte sie dazu überreden, bis Anfang August zu bleiben, denn am Zweiten des Monats fand ihm
zu Ehren die erste corrida in Vallauris statt. Weil Francoise eine erstklassige Reiterin war, bat er
sie, den Stierkampf zu eröffnen.
Die corrida konnte man dann fast als "Familienfest" bezeichnen: Picasso war der Präsident des
Stierkampfs, seine vier Kinder Paloma, Claude, Paolo und Maja scharrten sich um ihn und
Francoise fühtre in der Arena kunstvolle Tanzschritte zu Pferde vor.
Jacqueline versuchte den Auftritt Francoise zu verhindern und soll angeblich sogar Reitunterricht
genommen haben um die Rivalin auszustechen.
Am Tag des Stierkampfes saß sie dann mit gefasster Miene neben Picasso.
Jacqueline gelang es wie keiner zuvor, sich in das Leben Picassos einzufügen. Sie akzeptierte sein
Chaos und seine wachsende Tiersammlung: von Kanarienvögeln über einen Dackel bis hin zur
Ziege, die sich alle samt frei durchs Haus bewegen durften.
Jaqueline unterwarf sich Picassos künstlerischen Lebensstil und stellte ihre eigene Bedürfnisse
weit hinten an. So gelang es ihr, die Zügel eines zügellosen Lebens in der Hand zu behalten.
Aber Picasso behandelte seine künftige Ehefrau gerade am Anfang der Beziehung wenig
zuvorkommend. Bei einem Besuch bei Freunden ignorierte er sie tagelang völlig, so dass sie
verzweifelt abreiste. Doch bereite kurz nach ihrer Abreise, rief sie im Hause der Freunde an und
drohte, sich selber umzubringen, wenn sie nicht zu Picasso zurückkehren dürfte. Daraufhin
entgegnete ihr Picasso: "Du kannst tun und lassen, wie dir beliebt". Sie fuhr wieder zurück und
unterwarf sich seinem lieblosen Benehmen.
Von da an machte sie es sich zur Lebensaufgabe für sein Wohlbefinden zu sorgen und ließ ihn
gewähren und ertrug die unkomischen Scherze mit Fassung.
Sie kümmerte sich um seine gesunde Ernährung und bestand auf eine regelmäßige ärztliche
Untersuchung- mit Erfolg.
Sie heirateten im März1961.
Sein Freund Arias war davon überzeugt, dass sie die "Richtige" für ihn ist und sagte, dass die
letzten zwanzig Jahre in Picassos Leben, zwanzig Jahre der Glückes waren. er meinte, dass es ihn
nicht wunderte, dass Jacqueline sich nach dem Tod Picassos umbrachte.
Picasso malte rund siebzig Portraits von seiner zweiten Frau, viele sitzenden oder liegende Akte,
Frauen mit Katze.(Abb. 16; 17)
3.2.7 weitere Frauen
Viele Bilder Picassos sind Abbildungen seiner Geliebten. Allerdings malte er auch Bilder, von
Frauen, mit denen er keine Beziehungen hatte, nicht einmal sexuell.
So zum Beispiel auch Sylvette David. Sie war Verlobte eines Engländers. Picasso inspirierte ihr
dichtes blondes Harr, die Ponyfransen, die ihr auf die zarte Stirn fielen und ihr langer
schwanenartiger Hals. Innerhalb eines Monats schuf er rund vierzig Gemälde und Zeichnungen
von ihr(Abb 18).
Auch Gertrude Stein inspirierte ihn. Sie war eine amerikanische Schriftstellerin, welche mit
ihrem Bruder kauften ein Bild nach dem anderen von Picasso.
Ihr Portrait(Abb.19) wird als einer der Vorboten der "Desmoiselles d´Avignon"(Abb. 20)
bezeichnet.
Bei aufmerksamen Bedrachten des Bildes fällt auf, dass das Gesicht ganz anders als die Hände
und die weichen Falten des Kleides, als das weiße, mit einer Brosche zusammengehaltene Tuch
ist. Das Gesicht ist in Flächen aufgebaut. Die aufsteigende Stirn, die wellige Linie der Oberlippe,
die Zeichnung der Augenhöhle und der Rand der Augenlider lassen das Gesicht wie eine Maske
wirken.
3.3 Im Angesicht des Todes
Als ich vor langer Zeit las, dass Picasso Angst vor dem Tod hatte, dachte ich, es sei eine
unbegründete Angst. Ich dachte, er hatte einfach Angst vor dem unwiderruflichen Ende, weil er
nicht wusste, was nach dem Tod passiert. Aber nach weiteren Nachforschungen fand ich zwei
Ereignisse im Leben Picassos, die mich seine Angst etwas mehr verstehen lassen.
Als Picasso dreizehn war, erkrankte seine sechs Jahre jüngere, innig geliebte Schwester an
Diphterie. Er schwor, nie wieder einen Pinsel anzurühren, wenn Conchita wieder gesund wird
und nicht sterben müsse. Picasso malte heimlich- Conchita starb. Picasso plagten lebenslang
Schuldgefühle.
Jeden Abend sagte er im Geiste die Namen von vierzig oder fünfzig Freunden.Als er neunzig
war, war die Liste natürlich geschrumpft, da viel Freunde schon gestorben waren.
Eines Nachts vergaß er den Namen eines noch lebenden Freundes. Am nächsten Morgen traf die
Nachricht von dessen Tod ein. Picasso fühlte sich wieder schuldig.
Picasso war von Jugend an abergläubisch. Vor jeder Reise musste sich die ganze Familie kurz auf
die Stufen des Hauseingangs setzen, sonst würden sie wohlmöglich nicht heil wieder kommen.
Auch entwendete Picasso oft Spielzeug oder Kleidung von seinem Sohn, weil er glaubte, dass die
anhaftende Jungend auf ihn übertragen werden kann.
3.3.1 Evokation. Das Begräbnis Casagemas
1897 lerne Picasso in dem Lokal "Els Quatre Gats" in Barcelona Carlos Casagemas, auch ein
Künstler, kennen. Beide freundeten sich schnell an. 1900 fuhren sie zum zusammen nach Paris
und mieteten gemeinsam ein Atelier, wo sie in Saus und Braus
lebten und oft ins Freudenhaus gingen. Da sie kein Geld für Möbel hatten, bemalten Picasso und
Casagemas einfach die Wände. Er malte einen Tisch, welcher reich gedeckt war und üppige
Dienstmädchen.
Picassos erstes großes Meisterwerk hat er Casagemas tragischer Liebesgeschichte zu verdanken.
Den Winter 1900/1901 verbrachte Picasso in Madrid. Dort bekam er im Februar die Nachricht,
dass sich sein Freund umgebracht hatte. Dieser war in rasender Leidenschaft zu Germaine
Gargallo, welche ihm Modell stand, entbrannt. Aber sie erwiderte seine Liebe nicht.
Am 17. Februar erreichte dann das Drama seine Höhepunkt. Casagemas, der auch seit einiger Zeit
sehr viel Alkohol trank, lud Germaine, ihre Schwester Odette und drei spanische Freunde zu
einem Abendessen in einem Restaurant ein. Dann, gegen Ende des Essens, zog Casagemas einen
Revolver aus der Tasche, richtete ihn erst auf Germaine und dann setzte er ihn sich an die
Schläfe. Germaine wurde wie durch ein Wunder nicht getroffen, Casagemas starb am späten
Abend im Krankenhaus.
Als Picasso diese Nachricht erreichte, war er schockiert. Er konnte nicht nachvollziehen, wie man
aus Liebe zu einer Frau sterben kann.
Im Frühjahr geht er für eine weiteren Aufenthalt nach Paris und zieht dort in das Atelier von
Casagemas. Hier malt er einige Bilder, auf denen der Verschmähte auf seinem Totenbett liegt, mit
schwarzen Haaren, einer zu langen Nase, fliehendem Kinn und durchschossener Schläfe. Dann
schafft er das umfassende Werk "Evokation. Das Begräbnis Casagemas"(Abb.21). Ihm gingen
zahlreiche Zeichnungen vorraus, welche Menschenansammlung aus nachdenklichen Männern,
andächtigen Frauen und ernsten Kindern zeigten.
Picassos endgültige Werk umfasst zwei Welten- die Irdisch und die Himmlische. Zwar ist
Casagemas von schwarzgewändigen Klageweibern umringt, doch das Paradies, welche sich
Picasso für seinen Freund ausmalt, zeigt unbekleidete Schönheiten, von denen eine den
Neuankömmling auf ein Pferd hievt. Zwei von ihnen tragen schwarze, eine rote Strümpfe, was
offensichtlich eine Anspielung auf die Prostituierten von Paris sein soll.
3.3.2 "Nein, Sie waren das"
Als vor und während des Zweiten Weltkriegs Picasso auf der Liste der Künstler entarteter Kunst
stand, kamen oft Nazi-Offiziere um seine Kunst zu begutachten. Als er gefragt wurde, ob er
"Guernica" und ähnliche Bilder gemalt hätte, sagte er "Nein, Sie waren das".
3.3.2.1 Guernica
1937 sollte in Paris die Weltausstellung eröffnet werden.
Da Picasso sich von Anfang an gegen Francos Aufstand gerichtet hatte und die Republikaner sich
weiter an Macht hielten, erteilte die Regierung in Madrid ihm den Auftrag, ein Wandgemälde für
den Spanischen Pavillion zu malen. Das genau Thema wurde nicht vorgegeben, man wünschte
sich aber ein ausdrucksstarkes monumentales Werk.
Eigentlich hätte der Künstler schon lange mit der Arbeit beginnen müssen, da die Ausstellung
schon im Mai eröffnet werden sollte. Doch die richtige Inspiration wollte sich nicht einstellen.
Am 26. April erfuhr die Welt von der Bombardierung durch Luftangriffe der kleinen baskischen
Stadt Guernica. Von Mitte des Nachmittags bis zur Einbruch der Dunkelheit, in nicht weniger als
vier Stunden, wurden fünfzig Tonnen Bomben auf den kleinen Ort abgeworfen.
Da montags Markttag in Guernica war und so auch, neben der Bevölkerung und der Masse der
Flüchtlinge, die Bauern der umliegenden Dörfer um ihre Waren zuverkaufen in der kleinen Stadt
waren.
Die Anzahl der Opfer wurde auf 1664 Tote und 889 Verletzte geschätzt.
Doch nicht nur die Bombardierung schockierte die Menschen.
Da Frankreich Angst vor einem Krieg gegen Hilter hatte, übernahmen die französische Regierung
die verschleierte Wahrheit und die Version der Nazis. Sie sprachen davon, dass sie die Basken
ihre Stadt selber zerstört hätten. Doch Spanier, die die Luftangriffe selber sahen und
amerikanische und englische Journalisten waren Zeugen, dass nicht die Basken selber ihre Stadt
bombardierten.
Der Auslöser der Picasso letztentlich zu "Guernica"(Abb. 22) bewegte, erschien am Ende der
Woche. Am Freitag, dem 30. April, veröffentlichte die Zeitung "Ce soir" Fotos, der in Schutt und
Asche gelegten Stadt.
Am Tag darauf, dem 1. Mai, führte Picasso erste Studie zu seinem Bild aus.
Picasso malte Guernica als Alarmsignal.
Er malte "Guernica" schwarz, weiß und grau, weil die Zeitungen in dieser Zeit ihre Bilder immer
in diesen Farben druckten und so den Bürger von einer schrecklichen Tat wie dieser berichtete.
"Guernica" wurde Anfang Juni, als die Ausstellung bereits für Besucher geöffnet war, in den
Spanischen Pavillion geschafft. Im untern Teil der Bildes stand ein Gedicht von Paul Eluard:
"... Hommes pour qui ce trésor fut chanté,
Hommes pour qui ce trésor fut gâché,
Hommes réels pour qui le désespoir
Alimente le feu de l´espoir,
ouvrons ensemble le dernier bourgeon de l´avenir..."
(etwa: "... Menschen, für die dieser Schatz gepriesen wurde,
Menschen, für die dieser Schatz verdorben wurde,
wirklich Menschen, für die die Verzweiflung
den Funken der Hoffnung nährt,
laßt uns gemeinsam die letzte Knospe der Zukunft öffnen...")
Dieses berühmte Werk vereint Surrealismus und Kubismus.
Das Sonnen-Auge, das die Komposition beherrscht, ist ein Zeichen des Surrealismus, da es
gleichzeitig Pupille und Lampenoberteil mit Glühbirne ist. Dieses zufällige Zusammentreffen ist
ein beliebtes Mittel der Surrealisten.
Das Pferd hingegen hat, mit Ausnahme der Spitzeisenzunge, viel aus dem Kubismus. Der
massive Kiefer, die an den Seiten liegenden Augen erinnerten mich ein wenig an "Desmoiselles
d´Avignon". Das gleichmäßige Fell erinnert an eine bedruckte Zeitung und wirkt, wie es im
synthetischen Kubismus oft gemacht wurde, an eine Collage.
Meine Nachforschungen ergaben, dass die Botschaft trotz der Ergiffenheit mancher und auch den
Scharfsinn anderer, nur schwer verstanden wurde.
Einige verantwortliche Republikaner, die realsozialistische Bilder bevorzugten,
beurteilten "Guernica" als "lächerlich" und gingen sogar so weit, eine Entfernung des Bildes aus
dem Spanischen Pavillion zu verlangen. Das erfolgte aber wegen der Berühmtheit des Künstlers
nicht.
Mich hat das Bild sehr beeindruckt. es spricht von Leid, Revolte und Mord.
Frauenkörper, aus verkohltem Fleisch, ein zerstückelter Soldat, der mit seiner Hand sein
gebrochenes Schwer in der Hand hält und das Pferd im Todeskampf.
Ich bin der Meinung, dass dieses Bild etwas bewegt. Es representiert den Krieg in seiner ganzen
Grausamkeit und zeigt wie sinnlos Krieg ist. "Guernica" stellt das geistige Scheitern unsere
Gesellschaft dar.
3.3.2.2 Krieg und Frieden
"Krieg und Frieden"(Abb. 23; 24) entstand auf dem Höhepunkt von Picassos politschen
Engagements. Seit der Künstler 1944 der französischen KP beigetretten ist, ließ er sich
erstaunlich oft für ihre Anliegen einspannen.
Sie schmückten sich aber vor allem mit seinem weltberühmten Namen. Zusammen mit dem
Dichter Louis Aragon und Frédéric Joliot-Curie, Schwiegersohn von Marie Curie und
Nobelpreisträger für Physik gehörte Picasso nun zu den "drei Musketieren" und wurde zum
Aushängeschild der Friedensbewegung.
Auf dem Bild des Friedens spielt ein junger Mann auf einer Flöte, Frauen tanzen, schreiben,
stillen ihre Kinder und bereiten das Essen. Ein geflügeltes Pferd zieht einen Pflug, Fische
schwimmen in einer Voliere, Vögel fliegen in einem Aquarium. Das ganze Geschehen befindet
sich unter einer diamantförmigen Sonne, die in voller Glut strahlt.
Auf dem Bild des Krieges ziehen drei schwarze Pferde eine Leichenwagen. Auf dem
Leichenwagen steht ein mörderischer Faun mit einer Ansammlung von Totenköpfen auf den
Rücken und einem blutigen Messer in der Hand. Er lässt vergiftete Insekten fliegen. Ein
brennendes Buch liegt auf dem Boden, aus dem zwei Hände ragen, die um Gnade zu bitten
scheinen.
Im Hintergurnd sieht man schwarze Dämonen mit Äxten, Messern und Spießen.
Dem ganzen schwarzen Zug steht ein riesiger Mensch, der sich mit einem Schild schützt, der mit
einer Tauber bemalt ist, und er hält das Schwert der Gerechtigkeit hoch.
3.3.2.3 Massaker in Korea
1951 malte Picasso "Massaker in Korea"(Abb. 25). Er prangerte so die Gewalttaten der
Amerikaner an, die ein Jahr zuvor in den Krieg eingetreten waren, nachdem die Nordkoreaner
Seoul besetzten.
Das Bild zeigt nackte Frauen vor einem Exekutionskommando. Eine von ihnen drückt aus
Entsetzen einen Säugling an ihre Brust, zwei andere sind schwanger und scheinen, also ob sie
nicht begeifen können, was gerade mit ihnen passiert.
Um sie herum sind Kinder. Eins der Kinder pflückt Blumen.
Die Männer die die Maschinenpistolen und Gewehre auf die Frauen richten wirken zeitlos. Durch
ihre Rüstungen wirken sie anonym oder sogar wie Roboter einer Tötungsmaschinerie.
Das Bild besteht aus wenig Farben: Die Figuren sind grau, genau wie der Himmel,
die im Hintergrund bergige Landschaft ist grün, mit gelben bis brauen Flecken durchsetzt.
3.3.3 Bedenke, dass du sterben musst
Bis im November des Jahres 1965 ignorierte Picasso sein tatsächliches Alter. Mit weit über
siebzig kletterte der Künstler immer noch auf Leitern, rauchte eine Gauloise nach der anderen,
genoss sein Liebesleben und ging jeden Tag, bis Ende Oktober, baden.
Doch nach seinem vierundachtzigsten Geburtstag musste sich Picasso einer
Gallenblasen- und Prostataoperation unterziehen. Niemand, ausser seiner Frau Jacqueline durfte
davon wissen und ließ sich deshalb im Krankenhaus als Monsieur Ruiz registrieren.
Der Eingriff hat ihn schrecklich schockiert. In dem Jahr nach der Operation schuf er nur
Zeichnungen und Radierungen, aber keine Ölbilder.
Obwohl die Ärzte von seiner schnellen Erholung erstaunt waren, fühlte sich Picasso schlagartig
gealtert.
Im Sommer 1972 schuf er dann eine Serie von Zeichnungen mit dem Titel "Selbstbildnis"(Abb.
26; 27; 28).
Das Gesicht scheint einem Totenschädel zu gleichen.
Bei einem Blick in den Spiegel sieht Picasso in seinem Inneren einen Leichnahm.
Im Februar 1973 zog sich Picasso eine Grippe zu, von der er sich schlecht erholt hatte.
Er starb am 8. April um 11.45 Uhr. Er war einundneunzig Jahre und sieben Monate alt.
3.4 Was beeinflusste Picasso noch?
Natürlich wurde Picasso noch von anderen Faktoren beeinflusst, die aber nicht so wesentlich sind
und deshalb von mir nur kurz angespochen werden.
3.4.1 Der Weg zum Erfolg
Um Ende des 19. Jahrhunderts Erfolg zuhaben, musste man thematische Bilder malen, zum
Beispiel Bilder mit historischen, mythologischen, sozialen oder religiösen Hintergrund.
Der Maler Enrique Paternina, der damal in der spanischen Malerei großes Ansehen genoß, hatte
in der Madrider Kunstausstellung mit dem "Besuch der Mutter" großen Erfolg gefeiert. Dieses
Bild zeigt ein Krankenhauszimmer, in dessen Vordergrund ein Bett mit einem jungen, blassen,
mageren Mädchen darin zu sehen ist. Am Kopfenden sitzt eine Frau, die Mutter, und hält die
Hand des kranken Mädchens., während am Fußende eine Nonne in Begleitung eines kleinen
Mädchens, der jüngeren Schwester der Kranken, die Szene bedrachtet.
Picasso muss ein Foto dieses Bildes gesehen haben, denn er malt ein sehr ähnliches
Bild- "Wissenschaft und Nächstenliebe"(Abb. 29).
Um einige Varianten einzubringen, spielt die Szene in einem ganz normalen Zimmer, und nicht
in einem Krankenhauszimmer. Die Mutter wurde durch einen Arzt ersetzt, der den Puls der
Kranken fühlt. dien Nonne reicht ihr mit der rechten Hand einen Tee oder Arznei, auf dem linken
Arm hält sie ein kleines Mädchen im Nachgewand.
Dieses Bild wurde nach Modell gemalt. Man erkennt nämlich ganz deutlich die Ähnlichkeit des
Arztes, auf dem Bild, mit Don José, der Vater Picassos.
Bei der Kranken handelt es sich warscheinlich um eine Bettlerin von Barcelona und die Nonne ist
ein Junge dem man ein Nonnengewand und eine Flügelhaube anzog.
3.4.2 Die Zeit des Surrealismus
Picasso ging mit der Generation des Surrealismus auf Distanz. Die Traumkopierer waren in seine
Augen eher geschickte Bildkünstler, als Maler, da sie sich nicht mit malerischen Problemen
befassten.
Den Surrealismus kann man in zwei Phasen teilen. Der erste Surrealismus ist statisch: er
beschreibt die Träume in den Worten, wie sie der Träumende nach dem Aufwachen rekonstruiert.
Der zweite dagegen ist dynamisch, da er direkt das Fieber des Bewussten einfängt; mit seiner
raschen Ausführung können ganze Gruppen von Reflexen, Echos und Bahnen lose an die
Oberfläche gebracht werden; er vollzieht die Vereinigung zwichen Elementarkraft und dem
unerwarteten Bild.
Picasso gehörte der surrealistischen Bewegung eigentlich nie wirklich an und er unterwarf sich
auch nie dessen Diktaten, aber man findet einige Spielarten des Surrealismus doch in seine
Werken.
Daraus ist die Periode der "Metamorphosen" hervorgegangen.
Picasso irrte stundenlang am Strand umher und malte danach noch nie gesehene Strandszenen. Er
reißt quasi die Anatomie auseinander und näht sich auf seine eigene Art wieder zusammen. Er
stellt die Gesichter der Badenden gleichzeitig von vorn und im Profil dar(Abb. 30; 31).
4. Schlusswort
Als Abschluss meiner Arbeit kann ich sicher sagen, dass Picasso beeinflusst wurde. Einmal durch
äussere Faktoren, wie Frauen oder Krieg, aber in jedem Fall beeinflussten auch seine eigenen
Gedanken und Gefühle seine Werke. So kann man sagen, dass man Picasso als Künstler sowohl
auch als Mensch großen Respekt zuweisen sollte.
An dieser Stelle möchte ich noch erwähnen, dass Picasso eine Bereicherung für die moderne
Kunstgeschichte ist. Seine Werke prägten die Kunst des 20 Jahrhunderts.
Ich denke, dass Malerei keineswegs dazu bestimmt ist, Wohnzimmer zu schmücken, sie ist auch
keine simple Frage des Talentes, sondern viel mehr eine Suche nach sich selbst.