BT Villa Planta 26.09.2015
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BT Villa Planta 26.09.2015
Jetzt mit eigenem BT-App Samstag, 26. September 2015 CHF 3.30 163. Jahrgang, Nr. 262 www.buendnertagblatt.ch 60039 AZ 7000 CHUR | REDAKTION 7007 Chur, Telefon 081 255 50 50 | KUNDENSERVICE/ABO Telefon 0844 226 226, [email protected] | INSERATE Somedia Promotion, Telefon 081 255 58 58 9 771424 754008 L E I T A R T I K E L Claudio Willi zu den Wahlen INSERAT Proporz – Chancen und Fallstricke Südostschweizimmo.ch Powered by: Tapetenwechsel fällig? G EXKLUSIV IM BT Ein grosses Haus voller Kantonsschüler Das graue Gebäude oberhalb der Bündner Kantonsschule in Chur dürfte den meisten Stadtbewohnern ein Begriff sein. Wie aber sieht es hinter den schweren Mauern des Konvikts aus, und wie lebt es sich fernab der eigenen Familie? Für das «Bündner Tagblatt» öffnete das Wohnheim seine Eingangstüren, je eine Bewohnerin und ein Bewohner gar ihre Zimmertüren. Ein exklusiver Blick hinter die Kulissen also, bei dem schnell klar wird, dass es sich hierbei nicht einfach um ein Zusammenleben von Schülerinnen und Schülern aus verschiedenen Bündner Talschaften handelt, sondern vielmehr um eine grosse Familie. MICHELLE RUSSI C H U R .................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 12 Das denken wir Zur Flüchtlingskrise in Europa werden in den Medien täglich Politiker und Experten zu Rate gezogen. Eine dauerhafte Lösung der Krise ist nicht in Sicht. Eines ist indes sicher: Die in Gang gekommene «Völkerwanderung» bewegt die Menschen – auch in Graubünden. Für das «Bündner Tagblatt» haben Bündner Persönlichkeiten aus der Wirtschaft, der Kultur, der Kirche und dem Sport eigene Kurzbeiträge zum Thema verfasst. Für einmal war nicht des Politikers Meinung gefragt. So unterschiedlich die Beiträge sind, in ihrer Summe sind sie Ausdruck der gemeinsamen Sorge um ein friedliches Europa und ein Zusammenleben über die Grenzen hinweg. LUZI BÜRKLI Die neue alte Villa Planta Die Villa Planta gehört zu den bedeutendsten Bauten Graubündens des 19. Jahrhunderts – und wird derzeit komplettsaniert. Auf der Baustelle mit Kantonsbaumeister Markus Dünner (links) und Architekt Joos Gredig. K U LT U R ............... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 14 Die Linkeste und die Rechteste Die beiden Jungpolitikerinnen Hanna Bay (SP) und Daniela Bärtsch (JSVP) kandidieren für den Nationalrat. Sie vertreten die linkesten beziehungsweise die rechtesten Ansichten aller Bündner Kandidatinnen. Wer sind die beiden? G R AU B Ü N D E N ...... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 3 Erfolgreiche Siloballen-Aktion Die seit dem Frühjahr immer öfter zu sehenden Siloballen in Pink haben den Betrag von 5730 Franken für die Organisation Pink Ribbon eingebracht. Mit den Farbtupfern verbunden ist eine Brustkrebs-Präventionskampagne. G R AU B Ü N D E N ..... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 11 G R A U B Ü N D E N ................................................................ Seiten 8+9 Die GKB muss den Amerikanern 3,6 Millionen Dollar bezahlen CHUR Die Graubündner Kantonalbank (GKB) hat den Steuerstreit mit der amerikanischen Justizbehörde beigelegt. Damit verbunden ist eine Busse in Höhe von rund 3,62 Millionen Dollar. Diese werde keinen Einfluss auf das Ergebnis des laufenden Jahres haben, teilt die GKB in einer Medienmitteilung von gestern Abend mit. Die Bank habe bereits 2013 entsprechende Rückstellungen vorgenommen. Das Geschäft mit Kunden aus den USA sei für die GKB stets marginal gewesen. Die Graubündner Kantonalbank verwaltete ab 2008 insgesamt 364 Konten mit US-Bezug mit einem GRAUBÜNDEN Seite 3 Höchstwert von rund 105,5 Millionen Dollar, wie das US-Justizministerium seinerseits in einer Medienmitteilung schreibt. Die Kantonalbank hätte ihre Strafe vermindern können, indem sie US-Bürger dazu ermutigt hätte, ihre Steuersituation in den USA zu bereinigen, heisst es weiter. Die Vereinbarung der GKB mit den Amerikanern zur Bereinigung der Steuerangelegenheiten ihrer Kunden erfolgt auf Grund einer Einigung zwischen dem eidgenössischen Finanzdepartement und dem US-Justizdepartement vom August 2013. (SDA/BT) CHUR Seite 12 KULTUR Seite 14 Graubünden kann sieben Vertreter ins Bundesparlament entsenden, zwei Ständerate und fünf Nationalräte. Während je zwei Kantonsvertreter den föderalistischen Ausgleich mit den bevölkerungsstarken Kantonen garantieren, hat Graubünden als grösster Flächenkanton in der Volkskammer unter 200 Nationalräten nur einen kleinen Platz. Umso mehr kommt es auf die Persönlichkeiten an – und im Blick auf den mehrheitlich bürgerlichen Kanton Graubünden, dass sie die Interessen der Berggebiete wahrnehmen. Die städtischen Gebiete sind dank ihrer hohen Einwohnerzahlen und entsprechend vielen Sitzen ohnehin dominierend und beurteilen viele Anliegen der Berggebiete aus städtischer Optik, Beispiel Wasserkraft, und spielen sie leicht an die Wand. Die beiden Parlamentskammern werden nun auch in Graubünden am gleichen Tag, wenn auch nicht mit dem gleichen Wahlsystem, gewählt. Für den Ständerat, der nach dem Mehrheitsprinzip bestimmt wird, können zwei Namen aufgeschrieben werden, und damit hat es sich. Komplizierter und oft gar abschreckend scheint dagegen die Wahl des Nationalrates nach dem Proporzsystem. Dieses stellt die Parteien in den Mittelpunkt. Die Einführung des Proporzes auf nationaler Ebene war ein Politikum, und es waren dazu verschiedene Anläufe notwendig. Dies gelang erst nach jahrelangen Kämpfen als Folge des Landesstreiks am Ende des Ersten Weltkrieges. Der Landesstreik war wohl weniger ein bolschewistischer Revolutionsversuch als eine soziale Bewegung, ein Höhepunkt des Klassenkampfes, der politische Veränderungen brachte. Zu den Forderungen gehörten die Wahlen nach Proporz, die Einführung der 48-Stunden-Woche oder die Einführung des Frauenstimmrechts – dies erst 1971 realisiert. Arbeiterschaft, Sozialdemokraten und Konservative spannten zusammen, um die Vormacht des Frei- TV/RADIO Seite 16 SPORT Seite 19 SCHWEIZ Seite 29 sinns zu brechen, der seit dem Sieg im Sonderbundkrieg und seit 1848 in Bun-desbern die politische Bühne beherrschte. So wurde das «gerechtere» Wahlverfahren, das auch den Minderheiten eine verhältnismässige Vertretung im Parlament zubilligt, im Jahr 1919 angenommen. Die ersten Parlamentswahlen im Proporzverfahren schlugen eine Bresche in die Front des Freisinns und veränderten die bisherige Kräfteverteilung massiv. Die vier grössten Parteien, FDP, SP, CVP und SVP, blieben dann bis 1991 ungefähr gleich gross, bis ab 1995 die SVP zur wählerstärksten Partei wurde. Bemerkenswert ist bei den Regelungen zum Proporz die Möglichkeit, Namen zu streichen, doppelt aufzuschreiben oder von anderen Parteilisten zu übernehmen. Mit Panaschieren, der Auslese von Köpfen aus allen Listen, kann der Wähler den eigentlichen Parteienproporz etwas relativieren, wenn auch zuerst die Stärke der Liste zählt. Proporz wirkt intransparent, da nicht immer die Personen mit den höchsten Stimmenzahlen das Rennen machen, wie immer wieder Beispiele zeigen. Dazu kennzeichnen die Unwägbarkeiten mit Listenverbindungen, wo «mathematisch» Reststimmen gesammelt werden und wie beim Lotto das «Proporzglück» über Wahlen entscheiden kann, die Schwächen dieses Wahlsystems. Dennoch gilt nun einmal dieser Wahlmodus, der auch seine Vorteile hat, und das «Eine Errungenschaft des Landesstreiks von 1918» ganze Wahlprozedere ist mit gutem Willen zu bewältigen. Es gilt, die Parteienliste, die einem am besten passt, auszuwählen, allenfalls Namen zu streichen und ergänzen oder aber eine eigene Liste mit bis zu fünf Namen zu erstellen. Angesichts des Engagements aller Beteiligten und der politischen Herausforderungen ist es, wenn nicht gerade vaterländische Pflicht, doch sinnvoll, diese Bemühung auf sich zu nehmen. Denn: Wer nicht politisiert, mit dem wird politisiert. Claudio Willi, Journalist und Historiker, [email protected] WELT Seite 33 WETTER Seite 36 INSERAT «Lokal verankert – weltweit erfolgreich.» Remo Böni, Leiter Kreditorenbuchhaltung Auflösung am 28. September 2015... National- und Ständeratswahlen vom 18.10.2015 www.cvp-gr.ch 14 KULTUR B ü n d n e r Ta g b l a tt Samstag, 26.09.2015 Fack ju Göhte 2 – Anti-Lehrer Zeki Müller (Elyas M’Barek) geht mit den anstrengenden Monsterschülern auf Klassenfahrt nach Thailand. 14.30, 17.00, 19.30, 22.00 Deutsch ab 12 J. Maze Runner: Die Auserwählten in der Brandwüste – Im nächsten Kapitel der Maze Runner Saga müssen Thomas und seine Mitstreiter versuchen herauszufinden, wer hinter der geheimnisvollen Organisation ANGST steckt. 14.30, 19.45 3D (erhöhte Eintrittspreise) Deutsch 22.15 2D (normale Eintrittspreise) ab 12 empf 14 J. The Intern – Man lernt nie aus Jules findet in Ben, dem 70-jährigen Witwer, einen Freund. Mit Robert De Niro und Anne Hathaway. 14.45, 19.45 Deutsch 22.00 E/d/f ab 12 J. Minions – Drei der Minions machen sich auf in die Welt, um einen neuen Anführer zu suchen. Der erste eigene Film für die Kultwichte aus ’Ich einfach unverbesserlich’. 2D (normale Eintrittspreise) 15.00 Deutsch ab 6 J. Ich & Kaminski – Ein ironischer Abgesang auf das Kunstgewerbe, gespickt mit bissigem Wortwitz. Mit dem Schweizer Filmschauspieler Bruno Cathomas. 17.00 Nur bis Mittwoch Deutsch ab 12 J. Youth – Ein pensionierter Komponist sucht in den Schweizer Bergen den Sinn des Lebens.Von Oscar-Preisträger Paolo Sorrentino, mit Michael Caine. 17.15 E/d/f ab 12 empf 14 J. Everest – 8848 Meter über Meer: der höchste Punkt auf der Erde - und gleichzeitig der gefährlichste! 17.15, 22.30 3D (erhöhte Eintrittspreise) Deutsch 19.30 2D (normale Eintrittspreise) ab 12 J. Sonntag, 27.09.2015 Everest – 8848 Meter über Meer: der höchste Punkt auf der Erde - und gleichzeitig der gefährlichste! 3D (erhöhte Eintrittspreise) 11.00 Deutsch ab 12 J. Fack ju Göhte 2 – Anti-Lehrer Zeki Müller (Elyas M’Barek) geht mit den anstrengenden Monsterschülern auf Klassenfahrt nach Thailand. 13.30, 16.00, 18.30, 21.00 Deutsch ab 12 J. Everest – 8848 Meter über Meer: der höchste Punkt auf der Erde - und gleichzeitig der gefährlichste! 3D (erhöhte Eintrittspreise) 10.45, 18.30 Deutsch ab 12 J. Giovanni Segantini - Magie des Lichts Der Schweizer Regisseur Christian Labhart würdigt den Künstler in einem Kinofilm. 11.00 Deutsch ab 8 J. Ooops! Die Arche ist weg – Arche weg - Eltern weg - Sintflut da! Familienfilm um Finny und Leah, die der verpassten Arche hinterherjagen. 11.00 Deutsch ab 6 J. Maze Runner: Die Auserwählten in der Brandwüste – Im nächsten Kapitel der Maze Runner Saga müssen Thomas und seine Mitstreiter versuchen herauszufinden, wer hinter der geheimnisvollen Organisation ANGST steckt. 13.00, 18.15 2D (normale Eintrittspreise) ab 12 / 14 J. 15.45, 21.00 3D (erhöhte Eintrittspreise) Deutsch The Intern – Man lernt nie aus Jules findet in Ben, dem 70-jährigen Witwer, einen Freund. Mit Robert De Niro und Anne Hathaway. 13.00, 15.45, 21.00 Deutsch ab 12 J. Alles steht Kopf – Was geht im Kopf der elfjährigen Riley vor, die in die Stadt zieht. Animationsfilm von Pixar. 3D (erhöhte Eintrittspreise) 13.30 Vorpremiere Deutsch ab 6 empf 8 J. Youth – Ein pensionierter Komponist sucht in den Schweizer Bergen den Sinn des Lebens.Von Oscar-Preisträger Paolo Sorrentino, mit Michael Caine. 15.30, 20.30 E/d/f ab 12 empf 14 J. Ich & Kaminski – Ein ironischer Abgesang auf das Kunstgewerbe, gespickt mit bissigem Wortwitz. Mit dem Schweizer Filmschauspieler Bruno Cathomas. 18.00 Nur bis Mittwoch Deutsch ab 12 J. Jugendschutz: Unbegleitet dürfen Jugendliche unter 16 Jahren und Kinder im Rahmen des festgelegten Zutrittsalters Filmvorführungen besuchen, die bis spätestens 21.00 Uhr beendet sind. In Begleitung Erwachsener dürfen sie alle Filmvorführungen besuchen, falls sie das festgelegte Zutrittsalter nicht um mehr als 2 Jahre unterschreiten. Die Verantwortung für die Einhaltung der Altersbestimmungen liegt bei der Begleitperson. Haarsträubende Rechtsfälle SACHBUCH Die Frage, ob wir uns in der Rechtsfindung auf glattem Eis, auf einer Achterbahn oder gar einem Schleudersitz befinden, wirft der aus Graubünden stammende Autor Johann Ulrich Schlegel in seinem neuen Buch auf. «Achterbahn des Rechts» lautet der Titel – der Schulthess-Verlag hat das Buch soeben in einem weiteren Nachdruck herausgebracht. Auf rund 100 Seiten findet der Leser haarsträubende Ereignisse anschaulich beschrieben. Das Buch sei umso interessanter, als manche juristischen Fälle nicht nur höchst brisant, sondern zugleich von weltweiter Bedeutung und Berühmtheit sind, wie es in einer Mitteilung heisst. Johann Ulrich Schlegel Junior wurde in Jenins 1948 geboren. Er war unter anderem im Generalsekretariat der Bildungsdirektion des Kantons Zürich tätig. Ab 1989 ist er Rechtsberater einer schweizerischen Grossbank und schliesslich Direktor einer US-amerikanischen Bank. (BT) J.U. Schlegel: «Achterbahn des Rechts», Schulthess Verlag, Zürich, 2014, 102 Seiten. S a m s t a g , 2 6. S e p te m b e r 2 0 1 5 Die sanierte Villa Planta als Kontrapunkt zum Museumsneubau Parallel zum Neubau des Bündner Kunstmuseums wird das ehemalige Haupthaus, die Villa Planta, saniert. Ein Besuch auf der Baustelle zeigt, mit welchen Herausforderungen die Architekten konfrontiert sind. ▸ VO N J U L I A N R E I C H ( T E X T ), MARCO HARTMANN (FOTOS) S Seit Januar 2014 wird in Chur am Neubau des Bündner Kunstmuseums gearbeitet. Der Baufortschritt ist augenscheinlich und Markus Dünner, als Kantonsbaumeister so etwas wie der Bauherr des Gebäudes, ist zuversichtlich, dass der Zeitplan eingehalten wird und die Eröffnung im Juni 2016 vonstatten geht. Der Neubau bildet eine Erweiterung zum bestehenden Kunsthaus. Er kommt an der Stelle zu stehen, an der früher der sogenannte Sulser-Bau zusätzlichen Ausstellungsraum bot. Nur, anders als der Vorgänger, der sich in schlichter Zurückhaltung hinter die Villa Planta duckte, ist der vom Büro Barozzi/Veiga entworfene Kubus das Zeugnis einer neuen Art von Selbstbewusstsein. Und ähnelt darin ein wenig dem Impetus, mit dem vor 140 Jahren die Villa Planta erbaut wurde (siehe Kasten). Die neue Konstellation hat auch Auswirkungen auf die Villa: Vormals Haupthaus des Bündner Kunstmuseums und Eingangstor in die Welt der Bündner Kunst, wird sie künftig über den Zugang durch den Neubau zu erreichen sein. Wie verhindert man da, dass sie allzusehr in den Schatten des Neubaus gerät? Das ist eine Aufgabe, für die unter anderem das Architekturbüro Gredig Walser aus Chur zuständig ist. Offensichtlicher Sanierungsbedarf Joos Gredig ist Teilhaber von Gredig Walser Architekten, die bereits das Churer Rathaus umgebaut hat, um nur ein Referenzobjekt zu nennen. Das aktuelle Sanierungsprojekt in der Villa Planta bildet eine besondere Herausforderung, gehört diese doch zu den wichtigsten Gebäuden des 19. Jahrhunderts in Graubünden. Das reich ausgestattete Haus wurde zuletzt in den späten 80er-Jahren umgebaut, damals von der Architektengemeinschaft Peter Calonder, Hansjürg Ruch & Urs Hüsler und Peter Zumthor. 30 Jahre später war der Sanierungsbedarf offensichtlich: Im Untergeschoss musste jeweils eine Vorwand angebracht werden, weil das Mauerwerk derart feucht war, dass sich Wellen auf den papiernen Werken bildeten. Neben der Entfeuchtung wurde die Haustechnik und das gesamte Beleuchtungs- und Sicherheitssystem erneuert. Gerade die Haustechnik stellte die Architekten vor grosse Herausforderungen, musste diese doch so verlegt werden, dass die historische Bausubstanz erhalten bleibt, die Rohre und Leitungen aber zugleich unsichtbar bleiben, wie Gredig bei einem Rundgang durch die Baustelle erklärt. Unterirdische Verbindungstreppe Den optisch sichtbarsten Eingriff nahmen die Architekten Gredig Walser im Untergeschoss vor: Der Kernraum in der Mitte des Gebäudes wird in eine Halle aufgelöst. Hier wird der Besucher in der Villa empfangen, nachdem er aus dem Untergeschoss des Neubaus über eine grosszügige, von Tageslicht beschienene Treppe in die Villa gelangt ist. Vier Pfeiler tragen das Gewicht des darüber liegenden Atriums, von dem durch ein Bodenglas Licht herunterdringt. Über die bestehende Treppenanlage wird der Museumsbesucher weiter in die oberen Geschosse der Villa geführt. Modernes Untergeschoss, historische Kuppel: Während der Kern des Kellergeschosses der Villa fast völlig umgestaltet wird, arbeiten die Restauratoren derzeit an der Erhaltung der historischen Ausschmückungen im Obergeschoss. Hier, in der ehemaligen Wohnetage der Familie von Planta, wird dereinst ein Teil der Sammlung und das Museums-Café untergebracht. Das zentrale Atrium, von dem man hoch zur Kuppel blicken kann, ist derzeit von einem mehrstöckigen Gerüst verstellt. Aktuell werden die Parkettböden instand gestellt und neu eingesetzt, aber auch die Stuckaturen und Marmorimitate aufgefrischt und – wo nötig – ergänzt. Im früheren Billard-Saal, der zuletzt als blosser Durchgangsraum zum Sulser-Bau diente, stiessen die Restauratoren auf eine Überraschung: Unter der Tapete fand man eine aufwendig gestaltete Primavera-Freskenmalerei. Doch eine vollständige Freilegung des Werkes, das sich über mehrere Wände des Raumes zieht, ist momentan aus Kostengründen nicht vorgesehen, wie Kantonsbaumeister Markus Dünner erklärt. Ohnehin: «Man könnte wie bei jedem älteren Gebäude auch hier noch viel mehr Geld investieren.» Aktuell rechnet man mit Umbaukosten von rund 5,8 Millionen Franken. Farbige Wände Im Obergeschoss werden derzeit die Wände gestrichen. «Die ausgesprochene Farbigkeit gehört zu den Charakteristika der Villa Planta», sagt Architekt Gredig. Mal pompejanisch rot, mal perlweiss oder pastellblau werden sie künftig wieder in alter Frische erstrahlen. In einigen der Räume ist bereits das neue Beleuchtungssystem installiert. Entlang der Deckenseiten umläuft ein Band den Raum, von dem ein gleichmässiges Licht an die Decke geworfen wird. Deutlich massiver ist ein Eingriff, der eine feuerpolizeiliche Vorgabe erfüllt: In der Nordseite wurde ein Treppenturm über drei Geschosse in das bestehende Gebäude eingefügt, der als Not- und Personaltreppe dient. Die stählerne Treppenbox wurde an der Stelle ins Gebäude eingesetzt, wo bei den Umbauarbeiten von 1989 ein Feuer ausgebrochen war und deshalb kaum mehr historische Bausubstanz vorhanden ist. Im Dachgeschoss sind die Büroräume der Museumsangestellten untergebracht. Im Zuge der Sanierung wurde das Dach vollständig abgedeckt, neu isoliert und mit äusseren Beschattungselementen versehen – litten die Mitarbeiter doch in den Sommermonaten unter der hier brütenden Hitze. Das wird anders sein, wenn das Museum im Frühjahr 2016 wieder bezogen wird. Spätestens dann wird sich auch zeigen, ob es gelungen ist, den Charakter der Villa zu erhalten und sie zugleich für ihre Nutzung als modernes Ausstellungshaus zurecht zu machen. Ägyptischer Reichtum Die Villa Planta wurde zwischen 1874 und 1876 vom Architekten Johannes Ludwig erbaut. Neben der Villa Planta stammen von ihm das ehemalige Zeughaus (heute Stadttheater und Grossratsgebäude), die ehemalige Reithalle (Postremise) und das Staatsgebäude (kantonales Tiefbauamt). Bauherr der Villa Planta war Jacques Ambrosius von Planta, der als Teilhaber des Handelshauses J. & P. Planta zu Reichtum kam. Mit seinem Vetter Peter Conradin von Planta (Fürstenau) gründete er 1853 das erste Schweizerische Baumwollhaus in Alexandria (Ägypten). An seine Lebensjahre am Nil erinnern die beiden Sphingen, die den bisherigen Museumseingang flankieren und der Halbmond, der das Kuppeldach krönt. J. A. von Planta verkaufte die Villa bereits 1898 an die Rhätische Bahn. Diese stellte das herrschaftliche Gebäude später dem Kanton für dessen Kunstsammlung zur Verfügung. Seit 1957 ist der Kanton Eigentümer des Gebäudes. Den einträglichen Geschäften der von Plantas in Ägypten verdanken Stadt und Kanton mehrere wohltätige Schenkungen, darunter das FontanaSpital und die Mumie der Ta-da-Isis, die die beiden von Plantas dem Rätischen Museum im Jahr 1877 aus Ägypten übersandten. (JUL)