3 September 2008 - Deutscher Ärztinnenbund eV

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3 September 2008 - Deutscher Ärztinnenbund eV
55. Jahrgang • ISSN 0341-2458
3
September 2008
Z e i t s c h r i f t
d e s
D e u t s c h e n
Ä r z t i n n e n b u n d e s
e . V .
In halt s verzei chnis
Editorial
• Dr. Astrid Bühren .............................................................................. 3
Exklusiv für ÄRZTIN
• Vier Fragen an... Ärztinnenrepräsentantinnen antworten ...... 4 - 5
Thema
• Ärztinnengesundheit ................................................................. 6 - 7
Aus dem Verband
• Ein G-BA-Beschluss und die Reaktion des DÄB
• Ethikausschuss und Gesundheitskarte ...................................... 8 - 9
Aus den Regionalgruppen
• Gender-Kongress in Heidelberg
• Berlinerinnen in der Obdachlosenpraxis ............................... 10 - 11
Beruf Ärztin
• Medica mondiale und Monika Hauser ...................................12 - 13
Gender
• Schattenbericht für UN-Ausschuss .................................................14
Interview
• Anerkennung von Kindererziehungszeiten ................................. 15
Geschichte
• Louise Otto-Peters in Leipzig ............................ ............................ 16
Wissenschaft & Medizin
• Komplementärmedizin .................................................................. 17
Lesetipps .................................................................................18 - 19
www.aerztinnenbund.de
Aktuell:
3 September 2008:
Ärztinnen und Ärzte für die Zukunft der
Gesundheitsversorgung und des Arztberufes.
Weitere Informationen u. a. S. 4 - 5
3 – September 2008 – 55. Jahrgang
Herzliche Einladung
Beiratssitzung des Deutschen Ärztinnenbundes vom
14. bis 16. November 2008 in Wuppertal
Aus dem Programm
Freitag
Begrüßungsabend und Seminar: Gemeinsam sind wir
stark - Netzwerk und Gremienarbeit als Ärztin in der
Berufspolitik, Referentin: Dr. Susan Trittmacher.
Samstag
9 Uhr Berufspolitische Podiumsdiskussion: Quo vadis
medicina?
Beiratssitzung
Mittags Schwebebahnfahrt mit dem historischen
„Kaiserwagen“, dort auch Imbiß
Abends 20 Uhr Führung, Vortrag und Diskussion im
Völkerkundemuseum der vereinten ev. Mission „Ach,
vergeblich das Fahren. Wenn Ärztin eine Reise tut“
– Diskussion mit der Museumsleiterin, einer ehemaligen Missionskrankenschwester und unserer DÄB Kollegin Dr. Waltraud Diekhaus, Vize-Präsidentin der Region Zentral Europa des Weltärztinnenbundes.
Sonntag
Beiratssitzung
Ort: Theologisches Zentrum Wuppertal
Anmeldung zur Tagung bei: Dr. Marie-Louise Fasshauer, Fax:0202-250 12 96
Wir freuen uns auf alle Kolleginnen, die zu uns kommen, und grüßen aus Wuppertal!
Weitere Informationen auch per Email über
[email protected]
Netzwerk für Ärztinnen:
DEUTSCHER ÄRZTINNENBUND e.V.
Was der Deutsche Ärztinnenbund
für junge Ärztinnen und Zahnärztinnen leistet:
• Erfahrungsaustausch im Jungen Forum (Studentinnen und Ärztinnen
bis 40 Jahre), z. B. in eigenen überregionalen Tagungen
• Mentoring über das DÄB-Mentorinnennetzwerk zu allen Fragen der
beruflichen Entwicklung und der Karriere sowie beim berufspolitischen
Engagement.
• Verleihung des Wissenschaftspreises des Deutschen Ärztinnenbundes
an junge Ärztinnen anlässlich des alle zwei Jahre stattfindenden
Wissenschaftlichen Kongresses des DÄB
• Förderung der Genderspezifik in medizinischer Forschung und Lehre
sowie in der Gesundheitsversorgung
• Aktivitäten in Bezug auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf
in Krankenhäusern und in der Praxis
• Jedes Mitglied im Deutschen Ärztinnenbund ist gleichzeitig Mitglied
in der Medical Women‘s International Association (WWIA), der
Weltärztinnenorganisation, und damit international vernetzt
Wir freuen uns auf den
Kontakt mit Ihnen
und informieren Sie gern umfassend:
Deutscher Ärztinnenbund e. V. ,
Geschäftsstelle
Herbert-Lewin-Platz 1,
10623 Berlin
Tel: 030-4004 56-540
Fax: 030-4004 56-541
Mail:
[email protected]
www.aerztinnenbund.de
Wir machen junge Ärztinnen fit für Beruf und Karriere –
in Klinik, Praxis und Berufspolitik: Deutscher Ärztinnenbund e. V.
Edi t o r ia l
Liebe Kollegin,
„Frau Bühren, Sie wollen ein nettes Bild an die Wand nageln, dabei brennt das Haus lichterloh“,
kanzelte mich ein sonst recht charmanter Kollege ab, als ich 1999 als einzige weibliche Delegierte
im Ausschuss „Niedergelassene Ärzte“ der Bayerischen Landesärztekammer forderte, auch die spezifischen Belange der Ärztinnen zu berücksichtigen.
„Wir brauchen Unterstützung vom Deutschen Ärztinnenbund – was müssen wir in unseren Kliniken
und in der vertragsärztlichen Versorgung verändern und anbieten, damit wir auch den weiblichen
ärztlichen Nachwuchs für die Krankenversorgung und die Übernahme unserer Praxen gewinnen?“
ist die Devise 2008. Inzwischen begreifen immer mehr Verantwortungsträger im Gesundheitswesen, dass die Ärztinnen
keine im Prinzip überflüssige Zierde sind, sondern ein wichtiger Teil der Problemlösung.
Wir berufspolitisch aktiven Ärztinnen im Deutschen Ärztinnenbund – DÄB – werden gebraucht, um die Rahmenbedingungen für den ärztlichen Beruf zeitgemäß zu verändern und damit zukunftssicher zu gestalten: Über eine angemessene
Entlohnung hinaus müssen Familienfreundlichkeit und eine zufrieden stellende und gesund erhaltende Work-Life-Balance für Ärztinnen (s. S. 6/7) und Ärzte gewährleistet werden und endlich gleiche berufliche Chancen auch für die Ärztinnen hergestellt werden, die eine Führungsposition in Klinik und Wissenschaft anstreben bzw. bereits erlangt haben.
Zum Entsetzen vieler DÄB-Mitglieder erleben gerade die jeweils ersten Lehrstuhlinhaberinnen in der Viszeral-, Allgemein- und Transplantationschirurgie und in der Herzchirurgie schwerste Anfeindungen. Prof. Dr. Sabine Däbritz gibt
ihre Stiftungsprofessur für Herzchirurgie in Münster schweren Herzens wieder auf und wird ab Oktober Chefärztin in
Duisburg. Es verwundert, dass es sich Universitäten in Zeiten der angeblichen Mittelknappheit und des vielfach bekundetem Streben nach mehr Attraktivität durch Excellence leisten können, ihre Energien in inneruniversitäre Grabenkämpfen zu stecken statt in eine gemeinsame Leistung für das Schaffen eines kooperativen Lehrkörpers und eine schlagkräftige Gesamtklinik.
Derzeit werden von mir als Präsidentin Interviews mit den 52 chirurgischen Chefärztinnen in Deutschland zur Fragestellung „Aktuelle Situation der Chefärztinnen“ für einen Vortrag beim 22. Chirurgentag am 17. Oktober in Berlin geführt. Anlass für die Wahl dieser Thematik sind neben den genannten Ereignissen weitere eklatante Vorkommnisse, die,
manchmal innerhalb der letzten Stunden vor Fristablauf der Probezeit, auffallend häufig einige der immer noch extrem
selten zu findenden Chefärztinnen ereilten. Die Erfahrungen der oft schon langjährig etablierten Chirurginnen können
ggf. dazu beitragen, dass der Berufsverband BDC und die chirurgischen Fachgesellschaften konkrete und konstruktive
Gegenmaßnahmen ergreifen können.
Welche konkrete Unterstützung bietet der DÄB Ärztinnen für einen erfolgreichen Berufsweg?
• Erfahrungsaustausch und Vernetzung in den Regionalgruppen
• das Junge Forum
• das Mentorinnennetzwerk
• Unterstützung Bedürftiger durch die Edith-Grünheit-Stiftung
• Referentinnen bei Kongressen u. a. von chirurgischen, anästhesiologischen, internistischen
Fachgesellschaften zu ärztinnen- und genderspezifischen Themen
• Artikel z. B. in „Arzt und Krankenhaus“, dem „Deutschen Ärzteblatt“ oder „Der Hausarzt“
• die DÄB-Checkliste „Weiterbildung“
• die DÄB-Checkliste „Das familienfreundliche Krankenhaus“
• die Liste deutscher Kliniken mit betriebseigener Kinderbetreuung auf der Homepage des DÄB
• von DÄB-Mitgliedern verfasste Handbücher.
Die berufs- und frauenpolitischen Aktivitäten des DÄB fokussieren aber auch folgendes:
• Nach vielen Jahren vergeblicher Forderungen vieler Ärztinnen an die Berufsständischen Versorgungswerke, wie alle Mütter und Väter in der gesetzlichen Rentenversicherung Kindererziehungszeiten für die spätere
Rente an gerechnet zu bekommen, hat nun ein Urteil zumindest eine Tür in die richtige Richtung
aufgestoßen. (S. 15)
• legal unkorrekte Formulierungen des Gemeinsamen Bundesausschusses, die Frauen weiterhin verbal „unter
den Tisch fallen lassen“ wollen, haben wir erfolgreich beanstandet. (S. 8)
• Die seit dem 1. Juli 2008 geltende zusätzliche bürokratische Regelung der Kennzeichnungspflicht aller
ärztlichen Leistungen ist z.B. nachteilig für Ehepaare, die Patientenbetreuung und gemeinsame Kindererzie
hung in Absprache und individueller Schwerpunktsetzung gemeinsam bewältigen wollen.
(s.www.aerztinnenbund.de, Themen, Beruf und Familie)
Liebe Kollegin,
es scheint der Politik nicht möglich zu sein, ohne Zeit- und Kraftverschwendung die notwendigen Finanzmittel ins GKVSystem einzustellen, deshalb sind auch wir Ärztinnen aufgefordert, uns wieder an den im September anstehenden Demonstrationen in Berlin zu beteiligen. Bis dahin wünsche ich Ihnen noch viel Lebensfreude im privaten und beruflichen
Alltag und in der Frei-Zeit
Ihre Astrid Bühren
3 – September 2008 – 55. Jahrgang
Exklusiv für „Ärztin“
Vier Fragen an....
• Dr. med. Ursula Stüwe, Präsidentin der Landesärztekammer Hessen, Fachärztin für Chirurgie, Wiesbaden
• Dr. med. Martina Wenker, Präsidentin der Landesärztekammer Niedersachsen, Internistin und Fachärztin für Lungenund Bronchialheilkunde, Umweltmedizin und Allergologie, Oberärztin im Kreiskrankenhaus Diekholzen bei Hildesheim
• Dr. med. Ellen Lundershausen, Vizepräsidentin der Landesärztekammer Thüringen, niedergelassene Fachärztin für HalsNasen-Ohrenkrankheiten in Erfurt
1. Wie ist die Situation von Ärztinnen in Ihrem Bundesland?
2. Was wird im Gesundheitssystem für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Bezug auf die Ärztinnen getan?
3. Haben Sie einen Ausschuss Ärztinnen in Ihrer LÄK – wenn nicht, warum eigentlich nicht (mehr)?
4. Im September gibt es wieder Großdemonstrationen von Ärztinnen und Ärzten. Aus Ihrer Sicht: Welche Forderungen
sollten Ärztinnen erheben und wo sehen Sie für Ihre Tätigkeit in der LÄK diesbezüglich Schwerpunkte?
Dr. med. Ursula Stüwe
Die Situation bezüglich der Arbeitsmöglichkeiten hat sich
aufgrund des zunehmenden Ärztemangels verbessert. Unterstützung in Form von Wiedereingliederungskursen
scheint nicht mehr notwendig zu sein.
Bei den Kammerwahlen
trat eine Ärztinnenliste an,
die jedoch die Präsidentin mit mindestens derselben Qualifikation wie ein
männlicher Bewerber bei
der Wiederwahl nicht unterstützt, da bereits fest
eingebunden in das System
der Hausärzte. Ausschließlich männlich geführt!
Frauensolidarität ist nicht
bemerkbar.
Kliniken interessieren sich
zunehmend für familienfreundliche Arbeitsplätze, da der Ärztemangel sie letzten
Endes dazu zwingt. Das jedoch ist auch für männliche Ärzte interessant.
Ja, wir haben einen Ausschuss Ärztinnen. Notwendigkeit
wird immer wieder hinterfragt, Medizin wird zunehmend
weiblich, darumwerden solche Ausschüsse vermutlich bald
unnötig. Gendergerechtigkeit wäre vermutlich weiter führend!
bequem, zeitfressend und man bekommt wenig Anerkennung. Man muss als Frau schon immer noch „doppelt so
gut“ wie ein Mann sein, um in etwa die gleich Anerkennung zu erleben!
Mein Motto: nicht jammern - die Sachen, die problematisch
sind, selber anpacken!
Das ist dann nämlich gelebte Selbstverwaltung!
Dr. med. Martina Wenker
Nach meinem Kenntnisstand gibt es in Nieder­
sachsen keine gravierenden
Unterschiede im Vergleich
zu den anderen Bundesländern. Insbesondere im
nördlichen und östlichen
Niedersachsen haben wir
zunehmend Probleme, mit
Erreichen der Altersgrenze eine Praxisnachfolge zu
finden. An den beiden Universitäten Göttingen und
Hannover gibt es einen bemerkenswert hohen Anteil
an weiblichen Absolventinnen der Humanmedizin,
wobei sich die Arbeitsmarktsituation für Berufsanfänger zunehmend entspannt (siehe Stellenanzeigen im Deutschen
Ärzteblatt, viele freie Weiterbildungsstellen).
Die mir bekannten Großdemos beschränken sich auf die zur
„Rettung der Krankenhäuser“ – da gilt es für Ärztinnen und
Ärzte gleichermassen, dabei zu sein – denn es geht um die
Zukunft der Versorgung der Bevölkerung in unserem Land –
geschlechtsunabhängig!
Seit vier Jahren existiert auf Antrag der Ärztinnen kein separater Ausschuss mehr, da die große Mehrheit der berufspolitisch aktiven Kolleginnen der Kammerversammlung in
den maßgeblichen Entscheidungsgremien (Vorstand, Ausschüsse für z. B. Weiterbildung, Fortbildung, Qualitätssicherung) tätig sein möchte.
Persönlicher Kommentar:
Ich halte die Fokussierung auf die „Ärztinnen“ inzwischen
für total überholt, es muss darum gehen, daß sich Frauen
wie Männer aktiv beteiligen am berufspolitischen und gesellschaftspolitischen Diskurs – das ist oft unangenehm, un-
Es ergibt sich ein differenziertes Bild, das abhängig ist vom
Tätigkeits-/Beschäftigungsort, wie z. B. eigene Einzelpraxis,
ärztliche Kooperationsgemeinschaft, Medizinisches Versorgungszentrum, öffentlicher Gesundheitsdienst, Kranken3 – September 2008 – 55. Jahrgang
haus in unterschiedlichen Trägerschaften (z. B. privat wie
Rhön oder Asklepios, kommunal, gemeinnützig, kirchlich,
Universität) – generell darauf zu antworten ist nicht möglich!
Unsere Schwerpunkte sind:
– Leistungsgerechte Honorierung/Vergütung ärztlicher
Tätigkeit
– Faire Arbeitsbedingungen
– Familienfreundliche Arbeitsplätze, -zeiten
Dies alles gilt nach meiner persönlichen Überzeugung für
alle ärztlichen Kolleginnen und Kollegen ohne geschlechtsspezifische Differenzierung, hierfür setze ich mich als Standesvertretung aller Ärztinnen und Ärzte gerne ein.
aus steht noch:
Statement Dr. Wahl, Baden-Wü
Statement Dr. Heinemann, SachsenAnhalt
Dr. med. Ellen Lundershausen
Die Situation der Ärztinnen ist besser geworden! Ich sehe
mehr Chancen für die Tätigkeit in den Krankenhäusern,
aber man muss auch ehrlicherweise sagen, dass dies durch
den wachsenden Ärztemangel bedingt ist: Man braucht die
Frauen. So hörte ich vor einiger Zeit von einem leitenden
Chirurgen, wie fingerfertig
doch Chirurginnen seien...
Das sind ganz neue Töne –
und ich denke, Frauen müssen diese Situation für sich
und ihre berufliche Entwicklung ausnutzen. Im
niedergelassenen Bereich
sehe ich noch zu viel Zaghaftigkeit bei jungen Kolleginnen, sie trauen sich
nicht, eine Praxis zu eröffnen. Dabei sollten sie auch
hier die inzwischen vorhandenen Möglichkeiten besser nutzen, Gemeinschaftspraxen gründen.
Fangen wir im niedergelassenen Bereich an: Gerade die Gemeinschaftspraxis erlaubt aus meiner Sicht Familienorientierung, frau kann sich ihre Praxiszeiten so legen und mit
der Kollegin, dem Kollegen so festlegen, dass die Familie
bei keiner/keinem zu kurz kommt. Also möchte ich ermutigen – nutzt die Möglichkeiten!
Fakt ist auch, dass die großen Krankenhäuser unbedingt
Kindereinrichtungen brauchen, die den ärztlichen Dienstzeiten entsprechen. Das macht die Arbeit im OP und auf
den Stationen attraktiver. Ich freue mich, dass z. B. das größte Krankenhaus in Erfurt, das zu einem Klinikkonzern gehört, eine solche Einrichtung anbietet.
Wir haben keinen solchen Ausschuss mehr, und der Grund ist
simpel: Die Kollegin, die ihn lange Zeit aktivierte, ist ausgeschieden. Ob wir einen brauchen oder nicht, ist nicht so einfach mit ja oder nein zu beantworten. In unserer Kammer
sind wir als Frauen gut vertreten – drei im Vorstand, zwei als
Geschäftsführerinnen, da können Frauen betreffende Themen nicht unter den Tisch fallen. Wobei ich schon sehe, dass
dabei unsere regionalen Interessen im Vordergrund stehen.
Wo es um generelle Ärztinnenbelange unter bundesweitem
Aspekt geht, wäre es schon gut, wenn ein solcher Ausschuss
in jeder LÄK existierte. Aber wir haben halt im Moment niemand, der das mit Energie betreibt...
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf scheint mir ein
Dreh- und Angelpunkt zu sein, den es im Gesundheitsbereich durchzusetzen gilt. Aber das trifft Ärztinnen wie Ärzte,
und dafür sollten wir gemeinsam eintreten.
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3 – September 2008 – 55. Jahrgang
Thema
Foto: privat
Ärztinnengesundheit:
Balance zwischen
Beruf und Familie ist entscheidend
Grundsätzlich arbeiten
Ärztinnen und Ärzte in
Deutschland unter den
gleichen
beruflichen
Bedingungen.
Diese unterscheiden sich
von den meisten anderen akademischen Berufen u. a. maßgeblich
dadurch, dass Patientinnen und Patienten in
der stationären und ambulanten Medizin auch
an Wochenenden, Feiertagen und während
der Nachtzeiten der
medizinischen Versorgung bedürfen. Diese
Arbeitszeiten belasten
auch soziale Kontakte
und sind nicht kompatibel mit den üblichen
Öffnungszeiten von Kinderbetreuungseinrichtungen und Schulen,
was die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zusätzlich erschwert.
Ärztinnen orientieren sich häufiger am therapeutischen Ansatz des
„Caring“, Ärzten wird eher die Haltung des „Curing“ zugeordnet (v.
Castelberg 2003). Der Erfolg einer Klinik wird jedoch an kurzen Liegezeiten gemessen, und die Karrierechancen in der Medizin richten sich
maßgeblich nach dem Impact factor.
Gesundheit und Krankheit von Ärztinnen und Ärzte sind sowohl gemeinsam im Zusammenhang mit den speziellen Anforderungen des
ärztlichen Berufes zu betrachten, als auch geschlechterdifferierend
bezüglich der unterschiedlichen biologischen, psychischen und sozialen Dimensionen im Sinne von Gender Mainstreaming..
Unterschiedliche Ausgangssituation?
Nachdem es bereits vom 1. bis 4. Jahrhundert n. Chr. Chirurginnen gab
(Künzl, 2001) ist das Medizinstudium für Frauen erst seit 100 Jahren
in Deutschland erlaubt. Sie sind speziell in den chirurgischen Fachgebieten noch massiv unterrepräsentiert (Bühren, 2001). Die sprechende
Medizin wird überproportional häufig von Ärztinnen aus geübt, was
auch mit den ausgeprägteren kommunikativen Fähigkeiten zusammenhängt (Roter 2002).
In Deutschland verdienen Frauen laut Statistischem Bundesamt auf allen Gehaltsstufen 25% weniger als Männer, entsprechendes gilt auch
für Chefärztinnen und niedergelassene Ärztinnen. Zusammenhänge
ergeben sich mit der Unterrepräsentation von Ärztinnen in Führungs-
positionen in Kliniken, in Gremien von Fachgesellschaften,
Berufsverbänden und Körperschaften des öffentlichen
Rechts wie Kassenärztlichen Vereinigungen, in denen Honorierungskategorien bestimmt werden.
Zusätzlich zu den äußeren Barrieren durch gesellschaftliche Rollenzuschreibungen, „old-boys-networks“ und gesetzliche Rahmenbedingungen wie eine veraltete Mutterschutzrichtlinienverordnungen sind die inneren Barrieren
mit einem geschlechtsrollenbezogenen Selbstkonzept aufgrund traditioneller Sozialisation und fehlender Rollenvorbilder wirksam. (Abele 2006). Mentoring, Netzwerke und
Wiedereinstiegskonzepte entfalten allmählich Wirksamkeit
(Bühren, 2006a).
Spezielle Auswirkungen hat die Gebärfähigkeit von Frauen,
die die nicht biologisch begründbare Konsequenz nach sich
zieht, dass auch sie und extrem selten Vätern die Pflichten
der alltäglichen Kindererziehung und Haushaltsführung zu
erfüllen haben. Im Resultat verlaufen die Berufswege von
Ärztinnen bisher oft diskontinuierlich, einschließlich Elternzeit, Teilzeit, Familienarbeit ohne Berufstätigkeit und Pflege kranker Familienangehöriger.
So stehen in Deutschland nur Frauen vor der Entscheidung:
Karriere oder Kinder? Allmählich steigt die Zahl der arbeitszeitkompatiblen Betreuungsangebote am Arbeitsplatz
(Bühren 2006b).
Ebenso wie die einseitige Festlegung auf Erwerbsarbeit für
Männer negative gesundheitliche Konsequenzen hat (Bründel und Hurrelmann 1999), hat die traditionelle Festlegung
auf Familie und Haushalt bei Frauen negative gesundheitliche Auswirkungen (Möller-Leimkühler 2006). Aus diversen
Untersuchungen könnte geschlossen werden, dass es sowohl
für die Gesundheit der Ärztinnen selbst als auch in Bezug
auf die Rückwirkung auf ihre Kinder vorteilhaft ist, in Teilzeit berufstätig zu sein. Flexible Arbeitszeitmodelle haben
sich zwar auch für den Arbeitgeber als günstig herausgestellt (Kuhnert-Frey 1999), werden aber noch nicht in allen
Kliniken angeboten. Mit dem am 1. 4. 2007 in Kraft getretenen Vertragsarztrechtsänderungsgesetz wurden hier für
die Niederlassung mit der Möglichkeit einer Teilzulassung
zusätzlich zum Job-Sharing Bedingungen geschaffen, die
den Bedürfnissen der jüngeren Ärzte- und Ärztinnengeneration Rechnung tragen.
Die vom Forum 60 plus des DÄB initiierte Studie „Zur Lebenssituation von Ärztinnen und Ärzten im Alter“ gibt Aufschluss über die Bewältigung des Alterns, des Berufsverlusts
sowie über die Gesundheit im Alter.
3 – September 2008 – 55. Jahrgang
Karrierespezifische Daten für Ärztinnen
Inzwischen sind 54% der ärztlichen Berufseinsteiger Ärztinnen
und unterschiedlich je nach Medizinischer Fakultät bis zu 80%
der Erstsemester. In Leitungsfunktionen gelangen Frauen immer noch extrem selten, hier rangiert der Anteil von 24,5% in
der Allgemeinmedizin über 20,1% Dermatologie bis 4,2% in
der Gefäßchirurgie, 2,4% in der Gastroenterologie und 0,7%
in der Unfallchirurgie (Statistisches Bundesamt 2006). Noch nie
gab es eine Präsidentin der Bundesärztekammer oder der meisten medizinischen Fachgesellschaften bzw. Berufsverbände. Ein
Drittel der Niedergelassenen sind Ärztinnen.
Gesundheitliche Risiken bei Ärztinnen
Bisher wurde dem Thema ÄrztInnengesundheit relativ wenig
Bedeutung beigemessen, 2004 thematisierte das British Medical
Journal die „Unhappy Doctors“, und im Oktober 2007 fand erstmals eine internationale Doctors Health Conference statt.
Die meisten der vorhandenen Daten aus gut fundierten Studien
mit größeren Kohorten und Metaanalysen stammen aus Nordamerika und Skandinavien. Sie sollten bezüglich der Übertragbarkeit auf Deutschland überprüft werden.
Geschlechtersensible Medizin – Gender medicine
Die Unterschiede bezüglich Sex und Gender, Biologie und Geschlechtsrollen werden seit knapp zwanzig Jahren systematischer untersucht (DÄB 1999, Fischer 2005, Bühren 2007) und
zunehmend auch gesetzlich berücksichtigt, z.B. in der 12. Arzneimittelgesetz-Novelle 2004.
Seelische Gesundheit – Suizidalität
Speziell die Suizidraten werden sehr widersprüchlich diskutiert.
Frank kommt nach Analyse der vorliegenden Daten 2002 zu
dem Schluss, dass Ärztinnen zwar eine höhere Suizidrate als andere Frauen aufweisen, aber eine gleich hohe wie Ärzte.
Püschel hingegen benennt 2006 ebenfalls das Suizidrisiko in der
Ärzteschaft 40 -130% höher als in der Allgemeinbevölkerung,
unterscheidet aber das Suizidrisiko in der Ärzteschaft bezogen
auf die Allgemeinbevölkerung bei Ärztinnen als 2,5 - 5,6mal höher und bei Ärzten 1,1-3,4mal höher.
Interessanterweise stellt er die häufigsten Zeitpunkte des Suizids in der Allgemeinbevölkerung während des Jugend- und
Rentenalters dem Zeitpunkt des Auftretens in der Ärzteschaft
während des Berufslebens gegenüber. Die häufigste Suizidmethode ist die Medikamentenüberdosierung, die Fachrichtungen
mit höchster Suizidgefährdung sind in absteigender Reihenfolge: PsychiaterInnen > AnästhesistInnen > ChirurgInnen > InternistInnen > NeurologInnen > AllgemeinmedizinerInnen.
Seelische Gesundheit – Depression
Verheiratetsein wirkt bei Männern protektiver gegenüber Depressionen als bei Frauen, während bei diesen qualitative Aspekte der Partnerschaft eine größere Rolle spielen. Berufstätigkeit geht bei Frauen und Männern mit psychischem
Wohlbefinden einher. Dieser Zusammenhang ist jedoch bei verheirateten Frauen und Müttern mit Kindern weniger deutlich,
was Auswirkungen multipler Rollenbelastungen widerspiegelt.
Frauen tragen auch die Hauptlast der Pflege älterer und kranker Angehöriger. Die „Cost of Caring“-Theorie postuliert, dass
3 – September 2008 – 55. Jahrgang
Frauen aufgrund ihrer Geschlechtsrolle häufiger mit kritischen
Lebensereignissen im sozialen Umfeld konfrontiert sind. Das
Ausmaß z.B. politischer Beteiligung, ökonomischer Autonomie,
Berufstätigkeit und Verdienst wirkt sich positiv auf die individuellen Depressionswerte aus (Kühner 2006). Ärztinnen nehmen
jedoch signifikant häufiger als Ärzte Erziehungszeiten wahr,
sind nicht in ihrem Beruf tätig, arbeitslos oder in Teilzeit angestellt mit entsprechenden Einbußen bezüglich Gehalt und Rente (Bühren 2002).
Konsequent werden Ärztinnen zu den High Risk Groups gezählt
wegen der besonderen Herausforderung, die Balance zwischen
den Anforderungen im Beruf und in der Familie zu halten. Ärztinnen in Leitungspositionen seien auch seltener verheiratet und
häufiger kinderlos als ihre entsprechenden männlichen Kollegen. (Royal Australian College of General Practitioners 2005)
Gesundheitsverhalten von Ärztinnen
Das gesundheitsbewusste Verhalten in Bezug auf die eigene
Person ist bei Ärztinnen und bei Ärzten (Frank 2002) signifikant ausgeprägter als bei Frauen und Männern entsprechender
anderer akademischer Berufe und Gehaltsgruppen. Eine Doktorarbeit aus Hessen zeigt, dass Hausärztinnen in Bezug auf eigene
gesunde Ernährung, Teilnahme an Krebsfrüherkennungsuntersuchungen und Häufigkeit von Adipositas deutlich gesundheitsbewusster abschneiden als ihre männlichen hausärztlichen Kollegen (Kaiser 2002). Allerdings äußert ein Drittel der Ärztinnen,
aber nur ein Viertel der Ärzte Überforderungsgefühle, was
auch Ausdruck eines geschlechtstypischen Rollenverhaltens sein
kann..
Dies hat auch Auswirkungen auf ihr ärztliches Verhalten, da Ärztinnen und Ärzte, die für sich selbst gesünder leben, mit größerer Wahrscheinlichkeit ihre Patientinnen und Patienten über
präventive Maßnahmen beraten (Frank 2000)
Gesundheitsförderung im Deutschen Ärztinnenbund
Die allgemeinen gesundheitsfördernden Lebensstile wie gesunde Ernährung, sportliche Betätigung, Anwendung von Stressbewältigungsstrategien, Reduktion von Suchtstoffen, Aufsuchen
von geeigneten ÄrztInnen statt Selbstbehandlung etc. gelten
selbstverständlich auch für Ärztinnen.
Spezifisch im DÄB fördert das Mentorinnennetzwerk das Erreichen von beruflichen Zielen, das Junge Forum und Forum 60 plus
verstehen sich als Plattformen zur Artikulierung spezifischer Interessen und zum Erfahrungsaustausch.
Zudem bietet der Deutsche Ärztinnenbund eine Burnout-Hotline für die Ärztinnen und Zahnärztinnen an, die Mitglied in diesem Berufsverband sind.
Dr. med. Astrid Bühren
Fachärztin für Psychosomatische Medizin
und Psychotherapie
Präsidentin des Deutschen Ärztinnenbundes
[email protected]
Literatur bei der Verfasserin
(Ein weiterer Artikel zur Ärztinnengesundheit von Dr. Astrid
Bühren erschien in "Deutsche Medizinische Wochenschrift 2008;
133: 23 – 24, s. www.thieme.de
1
aus dem verband
„Was heißt hier – mit gemeint?“
Ein Brief des DÄB hat Folgen
Das hatte sich der G-BA, der Gemeinsame Bundesausschuss so einfach gedacht: Im Januar 2008 flatterte ein Beschluss dieses Gremiums ins Haus, in dem es wie folgt hieß:
„Der G-BA strebt eine sprachliche Gleichberechtigung der Geschlechter an. Die Verwendung von geschlechtlichen Paarformen
würde aber Verständlichkeit und Klarheit der Richtlinien erheblich einschränken. Die in diesen Richtlinien verwendeten Personenbezeichnungen gelten deshalb auch jeweils in ihrer weiblichen
Form.“
Zwingender Anlass für den Deutschen Ärztinnenbund, Anfang Juli
einen Brief an Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, Familienministerin Dr. Ursula von der Leyen und G-BA-Vorsitzenden Dr. Rainer
Hess zu schreiben:
„Mit gemeint ist nicht vollwertig gemeint.
Nach der Logik der Mehrheit müsste es heißen ...Männer sind mit
gemeint ...denn unter den Pflegebedürftigen sind Frauen nicht in
der Minderheit.
Ganz richtig ist es, sowohl Männer als auch Frauen zu benennen
– nach Wittgenstein „Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt“.
Lange waren Frauen auch in der somatischen Medizin nur mitgemeint: Z. B. die Pharmaforschung hat fast immer frauenfrei stattgefunden mit dem Resultat, dass Frauen die gleichen Dosierungen
wie Männer bekommen haben, dass ihnen das oft nicht ausreichend nutzte - und schlimmer, ihnen oft tatsächlich schadete.
Und ohne Not wird diese Praxis fortgeführt. Genderdifferente Medizin ist genauso wichtig in der Geriatrie und in der Pflege. Wenn
Ethikausschuss des DÄB:
Elektronische Gesundheitskarte
noch nicht einsetzen!
Der Ethikausschuss des Deutschen Ärztinnenbundes hat sich in einer
„Vorläufigen Stellungnahme zur elektronischen Gesundheitskarte
(eGK) geäußert. Darin wird
u. a. auf die Erfahrungen
in der Testregion BadenWürttemberg
verwiesen.
Kritisiert wird u. a., dass die
Einführung der eGK nicht
wirklich in Frage gestellt,
sondern dass sie auf jeden
Fall eingeführt werden soll,
unabhängig vom Ergebnis
der Testphasen, d.h. vor allem
unabhängig von der Akzeptanz der Beteiligten und unabhängig
von einer Kosten/Nutzen Analyse.
Der Ethikausschuss weist weiter „mit besonderem Nachdruck auf
Probleme im medizinischen Bereich hin .Die Patienten sollen selbst
entscheiden, welche Krankheitsdaten auf ihrer Patientenkarte
vermerkt werden sollen, und wer diese lesen darf. Aber können
sie entscheiden, welche Daten im Notfall relevant sein könnten?
Wenn die Notfallärztin/der Arzt nicht sicher sein kann, daß alle
für die Situation relevanten Daten auf der Karte zu finden sein
aber Frauen nicht einmal in einem Gesetzestext für „wert“
befunden werden, genannt zu werden, dann ist auch zu befürchten, dass auf die geschlechtsdifferenten Aspekte in der
Pflege und entsprechend z.B. auch in der Palliativmedizin
nicht bedarfsgerecht Rücksicht genommen wird.
Der DÄB hat nicht zuletzt seit dem Kongress 1997 „Frauen im Alter: Medizin für eine Mehrheit“ in Wuppertal das
Thema in der Öffentlichkeit angestoßen. Wir bitten Sie, bei
weiteren Überarbeitungen bzw. zukünftigen Beschlüssen
die erforderlichen geschlechtsdifferenten Aspekte zu einer
qualitativ hochwertigen Versorgung von Kranken und Pflegebedürftigen grundsätzlich in jeder Hinsicht zu berücksichtigen.“
Jetzt liegt eine Antwort an die Präsidentin des DÄB, Dr. Astrid Bühren, vor – von Bundesministerin Dr. Ursula von der
Leyen. Sie schreibt u. a.:
„Sie weisen zu Recht auf die problematische Formulierung hin, mit der in dem Beschluss über eine ‚Änderung der
Häuslichen-Krankenpflege-Richtlinien“ eine Generalklausel
zur sprachlichen Gleichbehandlung eingeführt wurde. Ausdrücklich sieht das Bundesgleichstellungsgesetz vor, dass
die Gleichstellung von Frauen und Männern auch sprachlich zum Ausdruck gebracht wird. Ziel der geschlechtergerechten Sprache ist es, das Bewusstsein für die Gleichstellung von Frauen und Männern zu fördern. Werden Frauen
und Männer als Trägerinnen und Träger von Rechten und
Pflichten benannt, müssen sie in den Regelungen auch ausdrücklich angesprochen werden...
Die von Ihnen kritisierte Generalklausel zur Anwendung
des generischen Maskulinums entspricht nicht den Vorgaben in § 1 Abs. 2 des Bundesgleichstellungsgesetzes. Ich
habe daher veranlasst, dass das federführende Bundesministerium für Gesundheit unterrichtet und um Abhilfe gebeten wird.“
werden, wie nützlich ist diese dann im Einzelfall wirklich?
Im Streitfalle könnte der Hinweis auf eine unzureichend
beladene Karte sicher keinen Arzt/Ärztin vor einem Regress
bewahren. Den Zeitaufwand für die Datenpflege und in der
täglichen Anwendung (z.B. das Herunterladen der Daten
im Praxisbetrieb) hält der Ethikausschuss für bedenklich:
Nach seiner Auffassung ist auch der Datenschutz nicht
ausreichend gewährleistet.
Folgende Forderungen hält daher der Ethikausschuss des
DÄB für notwendig:
•Verschiebung des Zeitpunktes der Einführung der
eGK , bis mehr und detaillierte Erfahrungen aus
allen Testregionen vorliegen.
• Die vorläufige Beschränkung der eGK auf
Stammdaten und elektronisches Rezept.
•Alternativlösungen für die intraärztliche
Informationsweitergabe.
• Die Entwicklung eindeutiger Kriterien für
Nichtbewährung, bei deren Erreichen die
Testverfahren bzw. das Projekt abgebrochen
werden sollten.
• Durchführung einer kontrollierten Studie zur
Wirksamkeit des Gesamtprojektes in medizinischer
wie in Kosten sparender Hinsicht.
Erst nach Ergebnisanalyse dieser Daten solle entschieden
werden ob eine bundesweite Einführung der eGK Sinn
macht oder nicht, heißt es abschließend.
3 – September 2008 – 55. Jahrgang
DÄB empfiehlt:
Checklisten für Arbeitgeber
im Gesundheitswesen:
„Es ist höchste Zeit, dass sich die Arbeitgeber im Gesundheitsbereich ernsthaft Gedanken über die Familienfreundlichkeit ihres Unternehmens machen und wirkungsvolle
Maßnahmen entwickeln, um auch Ärztinnen und Ärzte mit
Familie an ihr Krankenhaus zu binden sowie neue ärztliche
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen.“ Das unterstreicht Dr. Astrid Bühren, Präsidentin des Deutschen Ärztinnenbundes e. V., im Vorfeld des Ärzteprotesttages am 19.
September und der Aktion „Rettet die Krankenhäuser“ am
25. September in Berlin, in deren Fokus vor allem die Arbeitsbedingungen der Medizinerinnen und Mediziner stehen werden.
Ärztemangel auf Grund zunehmender Unattraktivität des
Arztberufes und der wachsende Anteil von weiblichen Medizinstudierenden verstärken, so Dr. Bühren, den Druck
auf die Unternehmen im Medizinbetrieb, sich endlich für
die Überlegungen zu öffnen, die andere Wirtschaftszweige längst umgesetzt haben: „Beruflich erfolgreiche Eltern
brauchen Unterstützung beim Familienmanagement, um in
ihrem Beruf Befriedigung zu finden und ihm mit hoher Qualität und Leistungsbereitschaft nachgehen zu können. Was
von Ärztinnen und Ärzten bei zunehmender Arbeitsverdichtung und im Sinne einer guten und umfassenden ärztlichen
Versorgung der Menschen in Deutschland erwartet wird,
können sie nur leisten, wenn die Rahmenbedingungen für
sie und ihre Familien stimmen“, betont die DÄB-Präsidentin. Sie verweist auf die Umfrage des Deutschen Ärztinnenbundes zur Kinderbetreuung in Krankenhäusern, die 2006
eine höchst unbefriedigende Situation konstatieren musste,
und auch in einer aktuellen Nachbefragung z.B. für Bayern
noch keine ausreichenden Verbesserungen konstatiert ,
Es gehe unverändert darum, eine qualitativ hochwertige
Kinderbetreuung, die den Arbeitszeiten der Ärztinnen und
Ärzte entspricht, durchzusetzen.
Unter www.aerztinnnenbund.de sind, als Service für Ärztinnen und Ärzte und für Hochschulabsolventen , die deutschen Kliniken aufgelistet, die Kinderbetreuung anbieten.
Der Deutsche Ärztinnenbund stellt seine Kompetenz in Fragen der Familienfreundlichkeit von Krankenhäusern gern
zur Verfügung, unterstreicht Dr. Bühren.
So liegen drei Checklisten möglicher Maßnahmen vor, die
die Vereinbarkeit von beruflichen und familiären Aufgaben
am Arbeitsplatz strukturell verankern helfen.
* Eine erste betont die Wertschätzung von Familienkompetenz und gesundheitlicher Prävention für ärztliche Managementaufgaben und Persönlichkeitsbildung. In ihr heißt es u.
a. , Eltern- und Schwangerschaft sowie die Pflege von Angehörigen müssten als natürliche Lebensereignisse und nicht
als Störfaktoren für die klinischen Organisationsabläufe bewertet werden.
* Eine weitere Checkliste hilft bei der Etablierung von
gleichberechtigten Karrierechancen für Ärztinnen und unterstützt so die Motivation von Ärztinnen, tatsächlich im
Beruf zu bleiben. Hier wird z. B. gefordert, Doppel-Karriere-Paare nicht abzulehnen, sondern sie als Gewinn für die
Einrichtung wert zu schätzen.
* Mit Hilfe einer dritten Checkliste kann Nachwuchs für die
eigene Abteilung im Krankenhaus gewonnen werden, in
3 – September 2008 – 55. Jahrgang
BusinessNews
Kaiserin-Friedrich-Stiftung:
12. Wiedereinstiegskurs für Ärztinnen
und Ärzte nach berufsfreiem Intervall
Fortbildungsinhalt
Industrie-unabhängige Referate renommierter Berliner Ärzte
aus Klinik und Praxis mit ausgiebigen Diskussionen zur Aktualisierung des medizinischen Wissens auf den wichtigsten Gebieten der ärztlichen Grundversorgung
Fortbildungsangebot
Ca. 70 Stunden ärztliche Fortbildung und ggf. Vermittlung
eines Hospitationsplatzes
Zertifizierung
wird bei der Ärztekammer Berlin mit 88 Punkten beantragt
Zielgruppe
Ärztinnen und Ärzte, die nach berufsfreiem Intervall wieder
in ihrem Beruf tätig werden wollen.
(max. 42 TeilnehmerInnen, min. 25 TeilnehmerInnen)
Tagungsorte
Kaiserin-Friedrich-Haus im Charité-Viertel, Berlin-Mitte
Termin
12. bis 23. Januar 2009
Teilnahmegebühren
900,00 Euro (einschließlich Mittags- und Pausenversorgung).
Anmeldeschluß
15.12.2008
Veranstalter - Information - Anmeldung
Kaiserin-Friedrich-Stiftung für das ärztliche Fortbildungswesen
Robert-Koch-Platz 7, 10115 Berlin
Tel. 030/ 308 889 - 20, Fax - 26,
E-mail: [email protected]
Wissenschaftliche Leitung
Prof. Dr. med. Jürgen Hammerstein
Weitere Informationen: www.kaiserin-friedrich-stiftung.de
dem z. B. den Famulantinnen und PJ-lerinnen gute Arbeitsbedingungen geboten und ihnen eine beispielhafte Familienorientierung der Abteilung vorgelebt wird.
* Eine weitere Checkliste des DÄB zum Thema Weiterbildung
listet Kriterien auf, die junge Ärztinnen dem Weg durch die
fachärztliche Weiterbildung begleiten sollen, wozu u. a. die
umfassende Information über die zukünftigen Arbeitsplatz
und die dort vorhandenen Rahmenbedingungen auch in Hinsicht auf Familienfreundlichkeit gehören
Die Mitarbeit und die Gewinnung junger Ärztinnen sowie die
Familienorientierung eines Gesundheitsunternehmen sind
dessen Stärken, und als solche müssen sie gesehen und genutzt werden, appelliert Dr. Bühren an die Entscheider im Gesundheitsbetrieb.
Die Checklisten finden Sie unter
www.aerztinnenbund.de/Themen
1
Aus den regionalgruppen
DÄB Gruppe Baden-Württemberg
Gender-Kongress in Heidelberg:
Vernetzung und Wissensaustausch
„Frauen müssen lernen, Netzwerke aufzubauen“ empfahlt
Bayerns Frauenministerin Christa Stewens im Heft 3/07 der
„ÄRZTIN“. Der Deutsche Ärztinnenbund ist ein solches.
Seit spätestens 1950 haben Ärztinnen im DÄB eine eigene
Lobby, die sich für geschlechtsdifferente medizinische Forschung und konsequente Umsetzung der Ergebnisse in Diagnostik und Therapie einsetzt. In unserer Selbstdarstellung
heißt es: „Des weiteren erfolgt Lobbyarbeit auch auf politischer und gesellschaftlicher Ebene, um für den GenderAspekt im Gesundheitsbereich zu sensibilisieren und ihn zu
etablieren.“
Organisatorinnen unter sich:
Prof. Nieber (dpv), Dr. Steigerwald (DÄB), Frau Wahl (dpv)
Als Mitglieder einer großen Regionalgruppe (162 Ärztinnen
per 6/08) wollen wir aktiv diese Ziele ansteuern. So begann
es im März 2005 auf örtlicher Ebene: Ärztinnen und Pharmazeutinnen trafen sich zu einer gemeinsamen Veranstaltung zum Thema „Hormontherapien im Leben einer Frau“.
Eingeladen hatten die beiden regionalen Gruppen der Frauenverbände Deutscher Pharmazeutinnenverband (dpv) und
Deutscher Ärztinnenbund in den Saal des Diakonie- Klinikum Stuttgart. Und dieser war dann auch gut gefüllt. Aus
beiden Berufsgruppen war eine so gute und anspornende
Resonanz zu hören, dass kein Zweifel an weiteren gemeinsamen Aktionen aufkam.
Da systematische Untersuchungen von Geschlechterunterschieden in der Medizin in den letzten Jahren enorm an Bedeutung gewonnen haben, verständigten sich Frau Wahl
für die Pharmazeutinnen und Frau Dr. du Bois für die Ärztinnen auf eine große Idee: Einen gemeinsamen Kongress
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zum Thema gendergerechter Medizin. Neu war dabei die
Vernetzung der beiden Berufsgruppen. So kam der Gender
Medicine Congress 2008 zustande.
Die Ärztinnen der Gruppe Baden-Württemberg und die
Pharmazeutinnen, haben im Juni 2008 in Heidelberg eine
Diskussionsplattform geschaffen, um die wissenschaftlichen
Erkenntnisse der gendergerechten Forschung und deren
Umsetzung in der Apotheker- und Ärzteschaft besser bekannt zu machen. Wir haben mit Kollegen und Kolleginnen
aus Wissenschaft und Praxis diskutieren können. Es trafen
sich 88 Ärztinnen und Apothekerinnen aus sechs verschiedenen Ländern, um ihre Forschungen zur Diskussion stellen.
Auf dem Programm standen verschiedene Themen der geschlechterspezifischen Gesundheitsforschung:
Altern & Sexualität (Frau Prof. Nappi, Universität Pavia, Italien), hämatologische Toxizität und Überlebensrate bei Patienten und Patientinnen mit Hodgkin Lymphom (Frau Dr.
Klimm, Köln, letzte Wissenschaftspreisträgerin des DÄB).
Warum bei der Behandlung von Asthma und COPD eine
geschlechtsspezifische Behandlung von Vorteil ist und warum der Aspekt des Rauchens eine genderspezifische Rolle
spielt, belegte der Vortrag von Frau Dr. Cordina aus Malta.
Zunehmend seien geschlechtsspezifische Unterschiede bei
der Manifestation der Herz-Kreislauferkrankungen zu finden. So sollen z. B. Polymorphismen in Östrogenrezeptoren
die myokardiale Hypertrophie bei Frauen und Männern unterschiedlich beeinflussen (Frau Dr. Elke Lehmkuhl, Berliner
Charité).
Prof. Dr. Petra Thürmann (Wuppertal, Witten-Herdecke) berichtete, dass Bedenken bezüglich der Embryotoxizität nicht
die vorherrschende Begründung für die Unterrepräsentation von Frauen in klinischen Studien seien, da eine Mehrzahl der Zielgruppenpatientinnen im postmenopausalen
Stadium wäre. Sie bemängelte auch das häufige Fehlen von
Angaben zum Geschlecht der Studienteilnehmer, wie die
Analyse von 2.581 bei der FDA eingereichten Studien mit
334.551 Patientendaten ergab.
Geschlechtsspezifische Perspektiven bei der Behandlung von
Substanzmissbrauch (Dr. Heading, Newcastle), aber auch
psycho-soziale Themen wie unterschiedliches Führungsverhalten von Frauen und Männern (Prof. Gisela Mohr, Leipzig) in den beiden Heilberufen wurden angesprochen. Auch
Unterschiede im präventiven Gesundheitsverhalten (Prof.
Monika Sieverding, Heidelberg) sorgten für lebhaften Diskussionsaustausch. Selbst in den Pausen wussten die Teilnehmerinnen viele persönliche Erfahrungen auszutauschen,
dazu Fotos unter www.aerztinnen-bw.de.
Zur Freude aller hatten wir mit einem wunderbaren Rahmenprogramm – die Heidelberger feierten an diesem Wochenende ihr Lichterfest – einen im wahrsten Sinne des Wortes erleuchtenden Ausklang einer gelungenen Vernetzung.
Dr. Uta Preissing
für die Gruppe Baden-Württemberg
3 – September 2008 – 55. Jahrgang
DÄB Gruppe Berlin:
MUT zur Hilfe für Obdachlose
Im Frühsommer nahmen einige Kolleginnen der Berliner
Gruppe die Einladung an, sich ein Obdachlosenhilfe-Modell
anzusehen. Die MUT- Gesellschaft für Gesundheit, gegründet 1991, ist ein gemeinnütziges Unternehmen der Ärztekammer Berlin mit dem Ziel der medizinischen und sozialen
Betreuung
Hilfsbedürftiger. Dazu gehören, neben der Betreuung von
Obdachlosen, die Suchtberatung, Lebenshilfe für Alkoholkranke; alles mit dem
Ziel, die Selbsthilfekompetenz zu fördern. Aber auch
Sachleistungen werden angefragt, also Lebensmittel,
Bekleidung oder Decken
(Spenden sind immer willkommen). 1994 wurde eine
medizinische Obdachlosenpraxis aufgebaut, seit 1999
ist auch eine zahnärztliche
Behandlung möglich, für
die das Hilfswerk der Zahnärztekammer Geld gibt.
Wir wurden von sehr engagierten Mitarbeitern der MUT
durch das Haus in Lichtenberg geführt, vom Keller mit kleiner Werkstatt, Waschsalon und Kleiderkammer in die nächste Etage mit Anmeldung, Speiseraum und Küche. Darüber
befinden sich die beiden Artpraxen, dazu Toiletten und Duschen. Anschließend hatten wir Gelegenheit, mit den leitenden Damen und den Ärztinnen Dr. Martini und Dr. Thomae über die Probleme zu diskutieren.
Nach offiziellen Schätzungen leben derzeit ca. 9000 Menschen ohne festen Wohnsitz in Berlin, in der warmen Jahreszeit eher mehr. Mit zunehmender Dauer der Obdachlosigkeit verschlechtert sich der Gesundheitszustand rapide,
aber viele Erkrankte lehnen Hilfe ab, wollen oder können
ihr Leben nicht ändern. Oft wird zwar die warme Küche, die
Kleiderhilfe und die Möglichkeit zur Dusche geschätzt, um
die Ärzte wird aber ein Bogen gemacht, obwohl die sehr
schlichten Praxiseinrichtungen und die erfahrenen, ehren-
3 Ne u e M i t g l i e d e r
Altenhoff, Hannelore, Dr., 40470 Düsseldorf
Bahl, Beate, 22527 Hamburg
Bechtel, Ulrike, Dr. med., 89407 Dillingen
Bernard, Christina J., 6193 Götschetal/Gutenberg
Betz, Regina, Dr., 53113 Bonn
Busch, Henriette, 90765 Fürth
Clever, Birgit, Dr. med. , 79100 Freiburg
Eichelbauer, Gunhild, Dr. med., 82362 Weilheim i. OB
Gut, Susanne, Dr., 77933 Lahr
Hadaschik, Bettina, Dr., 78048 Villingen
Hamelbeck, Sigrun, Dr., 53173 Bonn
Höhn, Karin, 97080 Würzburg
Holst, Ann-Dörthe, Dr., 19288 Glaisin
Kirchner, Friederike, 50678 Köln
Kotterba, Sylvia, Prof. Dr. med., 26655 Westerstede
Kückmann, Marion, Dr. med., 34119 Kassel
Leffmann, Melanie, Dr. med., 22339 Hamburg
Lommel, Ilse, Dr. med., 10627 Berlin
Maeffert, Jana, Dr. med., 10585 Berlin
Maerker-Stroemer, Julia, Dr. med., 22339 Hamburg
Aber es gab auch Grund zur Heiterkeit, wenn die Ärztinnen
von ihrer Arbeit erzählten:
Ein Obdachloser mit chronischen
Halsbeschwerden während der
Winterzeit nahm zwar die Lutschtabletten und das Einreibemittel,
aber in Wirklichkeit wollte er einen dieser heißbegehrten Schlafsäcke der Bundeswehr, die natürlich in der Kleiderkammer streng
gehütet werden. Wann darf ein
Obdachloser die Dusche benutzen? Zuerst wird überprüft, ob
Flöhe, Zecken oder andere Haustiere mitgeschleppt werden.
Dann ist nämlich die Dusche erst
mal tabu! Und es heisst rasieren,
einreiben, etc. Die Zahnärztin
berichtete von Mundbefunden,
die sie in ihrer langen Praxistätigkeit nie gesehen hatte, nur im Chirurgie-Lehrbuch.
Übrigens: Die MUT-Einrichtung bekam in diesem Jahr einen
der 365 Preise „Deutschland, das Land der Ideen“. Und die
Zahnärztin Kirsten Falk bekam für ihr langjähriges Engagement 2002 das Bundesverdienstkreuz.
Kontakt: [email protected]
Dr. Lore Gewehr, Zahnärztin in Berlin
Das Gesundheitszentrum am Lutherhaus ist eine große
ambulante Rehabilitationseinrichtung und gehört zum
Verbund des Alfried Krupp Klinikums Essen.
In unserem modernen und gut ausgestatteten Therapiezentrum werden täglich 80 Patienten mit Erkrankungen
des Stütz- und Bewegungssystems im Rahmen der Rehabilitation und Anschlussheilbehandlung therapiert.
Wir suchen zum nächstmöglichen Termin
in Voll- oder Teilzeit eine/einen:
Mayer, Johanna Laura, 86825 Bad Wörishofen
Mohr, Katharina, 22301 Hamburg
Müller, Beate, cand. med., 60528 Frankfurt a. Main
Oppermann, Ingeborg, Dr., 30625 Hannover
Papantonio, Nicole, Dr., 71634 Ludwigsburg
Queck, Sibylle, 93053 Regensburg
Radtke, Christine, Dr. med., 30163 Hannover
Rambow, Miriam, Dr. med., 12309 Berlin
Richardt, Doreen, Dr. med., 23568 Lübeck
Röckseisen, Marianne, Dr. med., 24326 Stocksee
Schottdorf, Andrea, 53840 Troisdorf
Schulz, Gianna, 10963 Berlin
Schweiger, Petra, 93047 Regensburg
Simon, Juliane, 60325 Frankfurt
Steinert, Maren, 21423 Winsen
Wächter, Christiane, 4838 Eilenburg
Weis, Kathrin, Dr. med., 96120 Bischberg
Wünsche, Susanne, Dipl.-Psych., M. A., 80469 München
3 – September 2008 – 55. Jahrgang
amtlich tätigen Kollegen keine Schwellenangst aufkommen lassen.
In der Diskussion ging es auch um die Finanzierung des Projektes. Sowohl das Bezirksamt Lichtenberg als auch andere
Geldgeber wünschen einen Finanzausgleich durch die übrigen Stadtbezirke, denn gerade in Bahnhofsnähe, in sozial
schwachen Bezirken ist die Obdachlosen- und Drogenszene
besonders ausgeprägt.
Assistenzärztin / Assistenzarzt
in der medizinischen Rehabilitstion
Wir bieten einen interessanten Arbeitsplatz, eine attraktive Vergütung nach TV-Ärzte-KF mit allen Sozialleistungen des öffentlichen Dienstes. Nachtdienste, Wochenenddienste und Überstunden fallen nicht an. Bei der
Vermittlung von Wohnung bzw. Kinderbetreuung sind
wir gerne behilflich. Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung.
Gesundheitszentrum am Lutherhaus gGmbH
Dr. Gernot Sölle
Hellweg 100
45276 Essen
Telefon: 0201 805-1844
1
11
Be r u f Ä r z t i n
15 Jahre medica mondiale –
breit angelegte Unterstützung
für vergewaltigte Frauen
Nach dem Ende des Krieges in Bosnien-Herzegowina gründete medica mondiale Projekte in anderen Konfliktregionen, unter anderem im Kosovo, in Afghanistan und in
Liberia. Dabei verfolgen die dort etablierten Beratungszentren einen eigenen landesspezifischen Ansatz. Seit 2004
fördert die Organisation mit finanziellen Zuschüssen für begrenzte Zeiträume auch einheimische Frauengruppen in ih-
gungsstigmas und gegen die soziale Ausgrenzung von Frauen, die sexualisierte Gewalt überlebt haben.
Psychosoziale Traumaarbeit
Die zerstörerischen sozialen und psychischen Folgen von sexualisierter Kriegsgewalt dauern oft jahrelang an. Manchmal treten Traumasymptome auch in der nächsten Generation auf. Zudem finden viele Frauen erst spät Zugang zu
Hilfsangeboten. Zum Selbstverständnis der Organisation
gehört deshalb auch, die Projektarbeit durch einheimische
Frauen vor Ort langfristig zu sichern. Dabei sind in vielen
Ländern psychosoziale und traumaspezifische Arbeitsansätze weitgehend unbekannt, es gibt dort nur wenige ausgebildete Fachkräfte. Gleichzeitig können Frauen aber auch
meist nicht auf funktionierende traditionelle „Heilungsrituale“ oder andere Hilfen zurückgreifen. Deshalb bietet medica mondiale intensive Fortbildungen für die Mitarbeiterinnen vor Ort an und lädt sie zum Erfahrungsaustausch mit
Zwei Ärztinnen aus dem Trainingsprogramm von medica
mondiale in Kabul im Gespräch mit Patientinnen
rer Arbeit gegen sexualisierte Kriegsgewalt - derzeit in Uganda, Ruanda und der Demokratischen Republik Kongo, in
diesem Land sind es gleich sechs Projekte.
Erfolg durch Doppelstrategie
Von Anfang an beruhte die Arbeite von medica mondiale
auf einer Doppelstrategie. Zum einen leistet die Organisation konkrete individuelle Unterstützung - gynäkologisch,
allgemeinmedizinisch, psychosozial, sozial, ökonomisch und
rechtlich - für Frauen und Mädchen in Kriegs- und Krisengebieten ungeachtet ihrer politischen, ethnischen und religiösen Zugehörigkeit. Die Mitarbeiterinnen helfen und begleiten betroffene Frauen sowohl in den Beratungszentren
vonmedica mondiale als auch direkt in den Gemeinden, z.B.
durch Einsatz einer mobilen gynäkologische Ambulanz oder
den Aufbau von Selbsthilfegruppen.
Dabei ist es ein Grundprinzip, Frauen darin zu bestärken, eigene Wege - individuell und in der Gemeinschaft - zur Bewältigung von traumatischen Gewalterfahrungen und zur
Verhinderung erneuter Gewalt zu finden.
Zum anderen engagiert sich medica mondiale auf politischer
Ebene, setzt sich lokal, national und international für die
Durchsetzung von Frauenrechten als Menschenrechte ein,
entwickelt Kampagnen zur Bekämpfung des Vergewalti-
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Eine junge Mutter nimmt an einem Nähmaschinenkurs in
Goma (Demokratische Republik Kongo) teil
Kolleginnen in andere Projekte von medica mondiale ein.
Gemeinsam mit den einheimischen Mitarbeiterinnen entwickelt die Organisation geeignete Ansätze zur psychosozialen
Begleitung und Traumaarbeit. Dabei haben sich psychosoziale Gruppenangebote sehr bewährt, weil damit die Isolation der Frauen aufgebrochen wird, sie sich austauschen und
gegenseitig stärken können.
Fortbildungsprogramme
Für die Verarbeitung von Gewalterfahrungen ist es existenziell, dass die Betroffenen in der Zeit unmittelbar nach dem
Trauma angemessene Unterstützungsangebote erhalten.
Nicht selten kommt es im Zusammenhang mit medizinischer
3 – September 2008 – 55. Jahrgang
Versorgung oder im Kontakt mit Behörden und Institutionen zu erneuten Traumatisierungen.
Deshalb werden nicht nur die Mitarbeiterinnen der Projekte
von medica mondiale im Umgang mit gewaltbetroffenen
und traumatisierten Frauen geschult, sondern auch andere
Fachkräfte, die mit traumatisierten Frauen und Mädchen zu
tun haben - so Hebammen, ÄrztInnen, AnwältInnen, PolizistInnen. Die Weiterbildung orientiert sich dabei an den von
medica mondiale erarbeiteten Konzepten und Trainingsmodulen wie zum Beispiel dem Handbuch für die Arbeit mit
kriegstraumatisierten Frauen. Ein wichtiges Element für die
betreffenden Berufsgruppen ist dabei die eigene Belastung
und mögliche Traumatisierung zu erkennen, zu verstehen,
und zu lernen damit umzugehen. Denn auch HelferInnen
brauchen Hilfe zur Selbsthilfe. Gleichzeitig geben viele Beteiligte ihr Wissen später selbst als MultiplikatorInnen und
TrainerInnen an andere weiter.
Die Arbeit von medica mondiale will auch dazu beitragen,
dass Frauen, die sexualisierte Gewalt in bewaffneten Auseinandersetzungen überlebt haben, Gerechtigkeit widerfährt. Die Taten müssen gesellschaftlich ohne Wenn und
Aber geächtet und die Täter bestraft werden; die ehemaligen Opfer müssen jede Möglichkeit bekommen, sich für
Genugtuung, Wiedergutmachung und Entschädigung einzusetzen. Die Verfahren in Strafprozessen, Wahrheitskommissionen und anderen Konfliktregelungsmechanismen
müssen geschlechtsspezifisch ausgerichtet sein.
Tausende Frauen konnte medica mondiale seit 1993 unterstützen und auch politisch gelang es, viel zu bewegen - doch
Krieg gegen Frauen ist weiterhin alltäglich.
Karin Griese/medica mondiale
Kampagne „Im Einsatz“
Um mehr Frauen die Chance auf ein Leben ohne Gewalt
zu geben, startet medica mondiale im fünfzehnten Jahr
ihres Bestehens die Kampagne „Im Einsatz“. Die Ziele: die Öffentlichkeit auf das Problem aufmerksam machen und mehr Unterstützerinnen gewinnen, die sich
als „Einsatzkräfte“ für Frauen engagieren, die in Kriegen und Krisen immer wieder zur Beute werden.
Herzstück der Kampagne ist die Installation „Frauen
(auf)Marsch“ Schaufensterfiguren, die T-Shirts mit Zitaten kriegsvergewaltigter Frauen tragen. Zu sehen waren
die Figuren am 20. und 21. August 2008 beim Kampagnenauftakt auf der Kölner Schildergasse, das nächste
Mal am 16. und 17. Oktober auf dem Alexanderplatz in
Berlin. Dort gibt es auch die Möglichkeit, mit einer Postkarte an Bundeskanzlerin Merkel zu appellieren, sich in
Deutschland und international gegen Kriegsgewalt gegenüber Frauen einzusetzen. Die Teilnahme an der Unterschriftenaktion ist auch über die Kampagnenwebsite
www.im-einsatz.org möglich.
3 – September 2008 – 55. Jahrgang
Starke Frau:
Die Ärztin Monika Hauser
enttabuisierte sexualisierte Gewalt
Schockiert von den
Kriegsvergewaltigun­
gen in Bosnien Anfang der 90er Jahre,
entschließt sich die
angehende Gynäkologin Monika Hauser,
den betroffenen Frauen medizinisch zu helfen. Um sich ein Bild
zu machen, reist die
gebürtige Südtirolerin
in die Zagreber Flüchtlingslager. Die Situation der Frauen und
M. Hauser bei afghanischen Frauen
Mädchen macht der jungen Ärztin
schnell klar, dass sie nicht nur medizinische, sondern auch dringend
psychosoziale Hilfe brauchen. Zusammen mit einheimischen Fachfrauen beschließt Monika Hauser,
in Zenica - einer besonders betroffenen Stadt mitten im Kriegsgebiet - ein Frauentherapiezentrum
zu gründen.
Am 4. April 1993 beginnt die Arbeit von Medica Zenica, dem ersErschienen bei
ten
Projekt der später internatioVerlag Rüffer&Rub
nal agierenden Organisation.
In den 15 Jahren ihres Bestehens hat medica mondiale enttabuisiert, was überall auf der Welt als Waffe gegen Frauen eingesetzt wird: „sexualisierte Gewalt“. Das Ziel von sexualisierter
Gewalt ist nicht die sexuelle Befriedigung des Angreifers, sondern die Vernichtung und Erniedrigung des Opfers. Monika Hauser und medica mondiale machen das Leid vieler Frauen immer
wieder öffentlich, brechen Tabus und kämpfen gegen Stigmatisierung - ob auf dem Balkan oder in Zentralafrika. Neben dem
humanitären Engagement und der politischen Arbeit entwickelt
medica mondiale fachliche Standards und schafft damit erstmals
die Grundlage für einen adäquaten Umgang mit kriegstraumatisierten Frauen.
Die Gründerin von medica mondiale wird vielfach geehrt: Die
ARD-Tagesthemen kürt sie 1993 zur „Frau des Jahres“. Sie erhält
zahlreiche Preise, lehnt aber das Bundesverdienstkreuz im Jahr
1996 ab, weil die deutsche Regierung beschlossen hat, die bosnischen Flüchtlinge trotz der katastrophalen Zustände in Ex-Jugoslawien wieder zurückzuschicken.
Ute Fischer /medica mondiale
1
13
Ge n d e r
Gesundheitsversorgung,
die nach Geschlecht differenziert,
ist ein Menschenrecht!
DÄB beteiligt sich an Erstellung eines Schattenberichtes für den UN-Ausschuss
Eines von neun internationalen Menschenrechtsabkommen ist die Konvention
der Vereinten Nationen zur
Beseitigung jeder Form von
Diskriminierung der Frau
(englisch abgekürzt CEDAW
für „Convention on the Elimination of All Forms of
Discrimination against Women“).
Deutschland hat dieses Abkommen 1985 ratifiziert
und sich damit verpflichtet, jede Form von Diskriminierung von Frauen zu
beseitigen bzw. zu verhindern. Die Anforderungen des CEDAW-Abkommens an die
Gleichstellungspolitik erstrecken sich auf alle Lebensbereiche: Gleichstellung vor dem Gesetz, in Ehe und Familie, im
wirtschaftlichen und sozialen Leben, im Berufs- und Arbeitsleben, im politischen und öffentlichen Leben, im Bildungsbereich und - hier von besonderem Interesse - im Gesundheitswesen (Art. 12).
Zur Überprüfung der Fortschritte bei der Durchführung des
Abkommens erstatten die Vertragsstaaten dem entsprechenden Ausschuss für die Beseitigung jeder Diskriminierung von Frauen alle vier Jahre Bericht. Nichtregierungsorganisationen (NGO‘s) können diesem Ausschuss in sog.
Alternativ- oder Schattenberichten weitere Informationen
und Kritikpunkte an den vorgelegten Staatenberichten zukommen lassen. Nachdem der 6. Staatenbericht der Bundesregierung Deutschland im Juni 2007 erschienen ist (BT-DS
16/5807), hat sich eine Allianz von ca. 25 Frauenverbänden
gebildet, um den Schattenbericht zu erarbeiten. Den Deutschen Ärztinnenbund hat Dr. Regine Rapp-Engels vertreten und federführend am Kapitel Gesundheit/Pflege mitgeschrieben:
Wo setzt die Bundesregierung das CEDAW-Abkommen bezüglich der Gesundheitsversorgung ungenügend um?
Eine durchgängig geschlechtssensible Strategie im Sinne des
Gender Mainstreaming hat in der Gesundheits- und Pflegepolitik der Bundesregierung immer noch keinen Eingang
gefunden. Da sie die gleichstellungspolitische Relevanz bei
Gesundheitsreformen ausblendet, unterbleibt auch eine
geschlechtssensible Gesetzesfolgenabschätzung. Analog
dem Passus zu klinischen Studien im 12. Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes von 2004 muss die Bundesregierung mit Nachdruck sicherstellen, dass Forschungsvorhaben zur Entstehungsgeschichte, Diagnostik und Therapie
von Erkrankungen konsequent geschlechtsdifferenziert angelegt sind. Weiter müssen Aspekte des sozialen Geschlech-
14
tes (Gender) erforscht werden, wie z.B. Rollenstereotype in
der Gesundheitsversorgung, die zu unterschiedlicher - häufig weniger adäquater - Behandlung im Vergleich zu den
Männern führen können.
Pflegeleistungen für kranke und alte Familienangehörige
werden ganz überwiegend von Frauen erbracht, die hierfür in vielen Fällen ihre Erwerbstätigkeit einschränken oder
sogar aufgeben. Eine ausreichende soziale Absicherung für
diese Fälle fehlt auch nach dem Pflegeentwicklungsgesetz
2008.
Betroffene von Frauenhandel erhalten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz nur selten adäquate medizinische
Behandlung, weil die strengen gesetzlichen Voraussetzungen zur Gewährung dieser Behandlungskosten meist nicht
erfüllt werden können.
Der barrierefreie Zugang zu medizinischer und therapeutischer Hilfe ist nicht für alle Frauen - insbesondere auch für
Betroffene von Menschenhandel - sichergestellt.
Entscheidungsgremien in allen Bereichen der Gesundheitsversorgung sind nach wie vor überwiegend bis ausschließlich männlich besetzt.
Entsprechende Forderungen wurden u.a. bei der Pre-Session des CEDAW Komitees am 25. Februar 2008 in NewYork
vorgelegt und vorgetragen. Der Schattenbericht selbst wird
Mitte Dezember in Berlin der Öffentlichkeit vorgestellt,
während die eigentliche 43. Sitzung des CEDAW-Ausschusses der Vereinten Nationen im Januar 2009 in Genf stattfinden wird. Hier können bei der Befragung der Bundesregierung Aspekte des Schattenberichtes aufgegriffen werden
und sich möglicherweise in den „Abschließenden Bemerkungen“ als Handlungsempfehlungen (für Bereiche, in denen der Ausschuss besorgniserregende Entwicklungen beobachtet) wieder finden. Somit kann die Arbeit der NGO‘s
auf höchster politischer Ebene gesellschaftliche Veränderungsprozesse anstoßen.
Bei dieser Sitzung wird die Autorin voraussichtlich präsent
sein und den DÄB vor Ort vertreten.
Weitere Informationen:
www.cedaw-alternativbericht.de
Dr. Regine Rapp-Engels, Vizepräsidentin
3 – September 2008 – 55. Jahrgang
thema
Anerkennung von
Kindererziehungszeiten auch für Mitglieder
der berufsständischen Versorgungswerke
Wir sprachen darüber mit Dr. Brigitte Ende, Versorgungswerk der Landesärztekammer Hessen
Im Januar dieses Jahres hat
das Bundessozialgericht entschieden, dass der Ausschluss
der Mitglieder der Berufsständischen Versorgungswerke von
der Anerkennung von Kindererziehungszeiten entsprechend
denen in der gesetzlichen Rentenversicherung verfassungswidrig ist.
Welche Konsequenzen hat das?
Dr. Ende: Damit ist die gesetzliche Rentenversicherung (DRV)
veranlasst, auch für den Personenkreis der Ärztinnen und Ärzte Kindererziehungszeiten anzuerkennen. Die Präsidentin Frau Dr. Bühren und die Mitglieder
des Deutschen Ärztinnenbundes (DÄB) haben jahrelang die Forderung nach Anerkennung von Kindererziehungszeiten für Ärztinnen und Ärzte gestellt, z. B. auch durch Anträge auf den
Deutschen Ärztetagen.
Die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e.V. (ABV) hat seit langem in Gesprächen mit politischen
Entscheidungsträgern aller Parteien das Thema „Kindererziehungszeiten für Mitglieder der berufsständischen Versorgungswerke“ in den Themen- und Forderungskatalog aufgenommen.
Als Mitglied im Vorstand der ABV habe ich unsere Argumente in
die Gremien hineintragen können. Letztlich hat aber die oben
genannte Gerichtsentscheidung den Ausschlag gegeben.
Ziel für uns war: Die aus Steuergeldern finanzierten Bundeszuschüsse für Kindererziehungszeiten müssen auch für Ärztinnen
und Ärzte gewährt werden. Das heißt die Kinder von z. B. Ärztinnen und Ärzten, die in Versorgungswerken pflichtversichert
sind, dürfen nicht schlechter gestellt werden, als Kinder von
Pflichtversicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung. Dafür sind jetzt die rechtlichen Verpflichtungen gegeben.
Was müssen die Ärztinnen tun, um diesen Anspruch durchzusetzen?
Dr. Ende: Alle Mitglieder von berufsständischen Versorgungswerken, die Kinder erziehen oder in der Vergangenheit Kinder
erzogen haben und deshalb nicht oder nur teilweise berufstätig
waren oder sind, sollten jetzt die Vormerkung ihrer Erziehungszeiten bei der Deutschen Rentenversicherung beantragen. (Vorgehen siehe Kasten)
Damit dürfte eine Antragswelle auf die DRV zukommen - was
ist das Ziel?
Dr. Ende: Wir gehen in der Tat davon aus, dass sich die Deutsche
Rentenversicherung einer großen Welle von Anträgen gegenüber sieht.
3 – September 2008 – 55. Jahrgang
Derzeit führt die ABV noch Gespräche mit dem zuständigen
Ministerium welche Lösungen für unsere Mitglieder gelten
werden.
Denkbar sind verschiedene Modelle der Umsetzung des Gerichtsurteils. Zum Beispiel die von den Versorgungswerken
präferierte „Beitragsfinanzierung“, d.h. die Beiträge würden
durch die DRV für die berechtigten Mitglieder an die Versorgungswerke entrichtet und dort wie sonstige Beiträge für das
Mitglied verrentet. Zum anderen ist in der Diskussion eine aufwandsbezogene Finanzierung, d.h. dass die berufsständischen
Versorgungswerke, für Mitglieder, die bereits Rente beziehen,
die Zeiten der Kindererziehungszeiten feststellen, die Rente um einen Betrag von 26,90 Euro pro Jahr Kindererziehung
erhöhen und dieser Beitrag dem Versorgungswerk erstattet
wird.
Eine Reihe von Fragen bestehen noch: z. B. für Mitglieder, die
während der Kindererziehungszeiten Höchstbeiträge entrichtet haben und analog der gesetzlichen Rentenversicherung
keine Kindererziehungszeiten mehr angerechnet erhalten.
Z.B. wie bei einer aufwandsbezogenen Finanzierung das Problem der Wartezeit zu klären ist, wenn diese nicht allein aus
Kindererziehungszeiten erreicht wird.
Denn einschränkend muss man anmerken: Auch nach der neuen Rechtsprechung ist es so, dass diejenigen, die nur ein Kind
erzogen haben und in der gesetzlichen Rentenversicherung
nicht über Vorversicherungszeiten aus einer früheren Beschäftigung verfügen, faktisch keine Leistung erhalten, weil sie die
in der Rentenversicherung geltende Wartezeit von 60 Monaten Versicherungszeit nicht erfüllen können.
Wir sind also zwar einen guten Schritt vorangekommen, aber
noch nicht Ende unserer Bemühungen. Wichtig zum jetzigen
Zeitpunkt für die Mitglieder ist die Antragsstellung bei der
DRV.
So können Sie einen Antrag stellen:
Dazu kann ein Antrag von der Website des Ärztinnenbundes (www.aerztinnenbund.de) herunter geladen werden.
Der Antrag kann bei den örtlichen Auskunfts- und Beratungsstellen der Rentenversicherung oder schriftlich bei
der Rentenversicherung-Bund (Postfach 10704, Berlin) gestellt werden. Dem Antrag auf Vormerkung von Kindererziehungszeiten sollten beglaubigte Kopien der Geburtsurkunde der Kinder beigefügt werden. Die beantragenden
Mitglieder des Deutschen Ärztinnenbundes sollten bei Frage Nr. 3.2. „ja“ ankreuzen, gleichzeitig aber auf die Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 18. Oktober
2005 (Az: B 4 RA 6/05 R) und 31. Januar 2008 (Az: B 13 R
64/06 R) hinweisen.
1
15
geschichte
Vor dem DÄB-Kongress 2009 in Leipzig
Die Kraft des „sächsischen Mädchens“:
Louise Otto- Peters
„Louise Otto- Peters/ Der Führerin auf neuen Bahnen/ In
Dankbarkeit und Verehrung/ Die deutschen Frauen“ – so
steht es auf dem der „geistigen Stamm- Mutter“ (Gertrud
Bäumer) der deutschen Frauenbewegung gewidmeten Gedenkstein im Leipziger Rosenthal.
Das Leben von Louise Otto- Peters ist eng mit der Messestadt verbunden. Leipzig
wurde ihr nach 1860 zur
zweiten Heimatstadt, zum
Ort ihrer politischen und
schriftstellerischen
Aktivitäten, aber auch zum Ort des
regen künstlerischen Austausches. In der Schützenstraße
4, wo Louise mit ihrer unverheirateten Schwester Antonie zusammen lebte, tagte
an Donnerstagabenden der
„Unschuldsbund“. Künstlerinnen des Theaters, Musikerinnen und Schriftstellerinnen gehörten ebenso wie
die Frauenrechtlerin Henriette Goldschmidt – die 1911
eine der ersten Frauenhochschulen Deutschlands gründete - und Auguste Schmidt
zu diesem Kreis der Frauen.
Erste schriftstellerische Versuche unternahm das junge Mädchen, das sehr früh
beide Eltern verloren hatte, seit dem 11. Lebensjahr.
Nach dem Besuch bei ihrer
Schwester im Erzgebirge entstand 1840 das Gedicht „Die
Klöpplerinnen“, dessen Veröffentlichung im „Oederaner Stadtanzeiger“ für einen
handfesten Skandal sorgte.
Wagte es doch hier eine Frau, schonungslos auf die Lage
der Entrechtetsten dieser Zeit aufmerksam zu machen: der
Heimarbeiterinnen. Das Gedicht endet: „Seht ihr sie sitzen
am Klöppelkissen/ Und fühlt kein Erbarmen in solcher Zeit./
Dann werde Euer Sterbekissen/ Der Armut Fluch und all ihr
Leid!“
Zur Luise Ottos engstem Freundeskreis in den vierziger Jahren gehörte Robert Blum. Als im Jahr 1843 in den von ihm
herausgegebenen „Sächsischen Vaterlandsblättern“ die
Frage aufgeworfen wurde, ob das weibliche Geschlecht ein
Recht darauf hätte, an Staatsangelegenheiten teilzunehmen, leistete sie ihren ersten frauenemanzipatorischen Beitrag. Louise Otto entgegnete, dass dieses Engagement für
die Frauen nicht nur ein Recht, sondern eine Pflicht sei. Sie
war voll patriotischer Begeisterung für den wiedererwa-
16
chenden politisch revolutionären Geist der vierziger Jahre.
Gemeinsam mit Männern wie Blum, Herwegh, Freiligrath
und Müller trat sie für die Freiheit und Einigkeit der deutschen Nation ein. Neben die Schriftstellerin trat mehr und
mehr die Publizistin, die am 20.März 1848 in der Leipziger
„Arbeiterzeitung“ unter der Überschrift „Adresse eines
Mädchens“ die unmissverständliche Forderung nach der Organisation der weiblichen Arbeit aufstellte. Diese Überlegungen hat sie in der von ihr
begründeten
„Frauen-Zeitung“ für höhere weibliche
Interessen unter dem Motto
„Dem Reich der Freiheit werb‘
ich Bürgerinnen“ (1849-1852)
weitergeführt.
Louise Ottos Ziel war es, Frauen zu Bürgerinnen zu erziehen
und in das gesellschaftliche
Leben zu integrieren. Dabei
war ihr bewusst, dass dies nur
durch die Frauen selbst geschehen konnte. Nach dem Verbot
der Zeitung folgten Jahre der
Ernüchterung und des Schweigens, aber auch der Hoffnung.
Das Glück der Ehe, auf das sie
vertraute, hat nicht lange gedauert. Fortan galt ihr ganzes
Leben der Frauenbewegung in
Deutschland.
Im Oktober 1865 rief Louise
Otto-Peters zu einer Frauenkonferenz nach Leipzig ein.
Die Gründung des „Allgemeines deutschen Frauenvereins“, dessen vordringlichste
Aufgabe es sein sollte, für die
Verbesserung der weiblichen
Bildungsmöglichkeiten zu sorgen und das Recht der Frau auf Erwerb durchzusetzen, fand
vom 15. bis 18. Oktober 1865 zunächst in Kleinen Saal der
Buchhändlerbörse in der Ritterstraße, dann im Schützenhaus statt. „Leben ist Streben“ war das Leitwort der ersten Versammlung und ihre Forderung lautete: „Wir verlangen nur, dass die Arena der Arbeit auch für uns und unsere
Schwestern geöffnet werde.“
Louise Otto-Peters starb am 13. März 1895 in Leipzig. Im
Rosentaal, einem Park der Messestadt, erinnert ein Denkmal an sie.
Prof. Ilse Nagelschmidt
Direktorin des Zentrums für
Frauen- und Geschlechterforschung
Universität Leipzig
3 – September 2008 – 55. Jahrgang
W i s s e n s c h a f t & Me d i z i n
Die Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft
(DGHW) wurde im Juni in Hannover gegründet. 1. Vorsitzende
ist Prof. Dr. Friederike zu Sayn-Wittgenstein, Fachhochschule
Osnabrück. Die DGHW will Expertisen unterschiedlicher
Professionen vereinen, die Schwangerschaft, Geburt,
Wochenbett und Stillzeit als primär gesunde und vitale
Prozesse verstehen.
Termin
„Gender in Klinik und Arztpraxis“ ist das Thema des 5.
Berliner Symposiums Geschlechterforschung in der Medizin,
das am 11. Oktober 2008 stattfindet. Veranstalter ist das
Berliner Institut für Geschlechterforschung in der Medizi
an der Charité (Direktorin; Prof. Dr. Vera Regitz-Zagrosek),
Veranstaltungsort ist das Deutsche Herzzentrum. Weitere
Informationen: www.charite.de/gender
Personalia
Dr. Katrin Welcker, Leitende Oberärztin der Klinik für
Chirurgie und Thoraxchirurgie des Klinikums Bremen-Ost
und DÄB-Mitglied, ist beim Chirurgenkongress 2008 für eine
Amtszeit von drei Jahren als Vertreterin der Oberärzte der
nichtuniversitären Kliniken in das Präsidium der Deutschen
Gesellschaft für Chirurgie gewählt worden.
Zur Diskussion gestellt
Kirchenvertreterin
gegen Gender Mainstreaming
„Gender Mainstreaming“ steht in der Kritik der Deutschen
Evangelischen Allianz. Bei einer Tagung dieser Organisation wurde postuliet, Vertreter der Gender-Bewegung wollten die soziale Geschlechterrolle von Mann und Frau von allen biologisch-leiblichen Gegebenheiten abkoppeln. Dabei
würden alle wesenhaften Unterschiede zwischen Mann und
Frau geleugnet. Dies widerspreche der Erfahrung und der
wissenschaftlichen Forschung, so die Leiterin des Deutschen
Instituts für Jugend und Gesellschaft, die Ärztin Christl Vonholdt (Reichelsheim/Odenwald). Die Gender-Theorien werden auch von Teilen der evangelischen Kirche vertreten.
Vonholdt zufolge behaupte die Gender-Bewegung, dass die
soziale Geschlechterrolle von Mann und Frau lediglich erlernt und durch Erziehung frei veränderbar sei. Sie propagiere, dass es mehr als zwei Geschlechter gebe, wobei Homosexualität, Bisexualität und Transsexualität meist wie
eigenständige Geschlechter behandelt würden. Das Vordringen der Gender-Bewegung zeigt sich laut Vonholdt etwa im
Vorschlag von Bündnis90/Die Grünen für ein neues Transsexuellengesetz. Eine weitere Forderung der „Gender“-Bewegung sei es, Männer zu verpflichten, dass sie sich zu 50
Prozent an der Erziehung von Kindern beteiligen. Vonholdt
zufolge spricht nichts gegen eine intensivere Beteiligung
von Vätern an der Kindererziehung. Eine „Quotengleichheit“ entspreche jedoch nicht den Begabungen der meisten
Frauen und Männer.
Nach Ansicht Vonholdts findet die Gender-Ideologie Anklang, weil viele Menschen in ihrer Identität verunsichert
seien.
Komplementärmedizin ist
sinnvolles Instrumentarium
für Ärztinnen
Prof. Dr. Claudia Witt von der
Berliner Charité erhielt vor kurzen eine Stiftungsprofessur
Komplementärmedizin.
Wir
sprachen mit ihr.
Herzlichen Glückwunsch zur
Stiftungsprofessur! Welche aktuellen
Aufgabenstellungen
bearbeiten Sie?
Witt: Unsere Forschung widmet sich den häufig angewendeten Verfahren, dazu gehören
die Naturheilverfahren die Homöopathie und die Chinesische
Medizin. Insbesondere interessieren wir uns für Fragen zur
Wirksamkeit, Therapiesicherheit und Kosteneffektivität.
Fotos: Archiv Uni Leipzig
News
Alternative Medizin wird von den Patientinnen und Patienten zunehmend nachgefragt: Wie ist aus Ihrer Sicht der
Stand, ist das ein „Modetrend“ oder wirklich ein Trend zur
Ausgewogenheit in der Wahl der Behandlungsmethoden?
Witt: Die letzten Umfragen ergaben, dass ca. 60% unserer Bevölkerung komplementärmedizinische Verfahren anwenden. Die Erfahrung aus Studien ist, dass es insbesondere
bei der Homöopathie und Akupunktur meist Patienten mit
chronischen Erkrankungen sind, die oft die Komplementärmedizin zusätzlich zur Schulmedizin anwenden. Insgesamt
halte ich es nicht für einen Modetrend, denn dafür besteht
das Interesse schon zu lange. Jedoch gibt es natürlich Verfahren, die zurzeit eher im Trend sind wie die chinesische
Medizin und die Mind Body Medicine.
Es macht den Anschein, als ob es vor allem Ärztinnen seien, die die Zusatzqualifikationen wie . B. Akupunktur, TCM
o. ä. wählen -lässt sich das begründen, und wo sehen Sie
überhaupt den Platz der Komplementärmedizin im Instrumentarium der Medizin generell? Welches sind gute Fortbildungsmöglichkeiten auf diesem Gebiet, was können Sie
Ärztinnen raten?
Witt: Aus meiner Sicht ist eine Entwicklung zu einer Integrativen Medizin sinnvoll. Natürlich können nur die komplementärmedizinischen Verfahren in die normale Patientenversorgung integriert werden, die sich als wirksam und
nebenwirkungsarm erweisen. Es ist auch wichtig, dass bereits die Studierenden einen Einblick in die häufig angewendeten komplementärmedizinischen Verfahren und
dem Stand der Forschung zu diesen Verfahren erhalten, damit sie mit ihren Patienten kompetent darüber diskutieren
können. Für approbierte Ärztinnen wird eine Vielzahl von
Weiterbildungen zur Naturheilkunde, Akupunktur und Homöopathie angeboten, die u. a. auch zusatzbezeichnungsrelevant sind.
Das Gespräch führte
Annegret Hofmann
1
3 – September 2008 – 55. Jahrgang
17
Le s e t i p p s
„Nicht sonderbar,
sondern wunderbar“
Das vorliegende Buch ist als eine natürliche Ergänzung zu dem bereits länger
vorliegenden Buch „Außergewöhnlich“ entstanden. Eine natürliche Ergänzung deshalb, weil in den über 20
Selbstportraits von Vätern die dargestellte mittragende Rolle bei der Bewältigung des anfänglichen Traumas:
Ihr Kind hat ein Chromosom zuviel, hat
eine Trisomie 21, ein Down-Syndrom,
bewiesen wird. Alle betroffenen Kin-
der sind Wunschkinder. Wenn bedacht
wird, dass bei 90% aller Schwangerschaften mit Trisomie 21 eine Schwangerschaftsunterbrechung vorgenommen wird, sind die beschriebenen
Vater (Mutter)-Kind Portraits von besonderer Wichtigkeit.
Eine Reise in sich selbst
Die Ärztin Dr. Gerda Jun stellt ein biopsycho-soziales Konzept vor, das Bekanntes und Bewährtes in neue Zusammenhänge stellt: Jeder Mensch verfügt
über vier Potenziale in einem jeweils
unterschiedlichen Mischungsverhältnis, deren Entwicklung und Ausprägung in der psychischen Grundstruktur
von verschiedenen Umweltbedingungen abhängt. Die Vielfalt der individuellen Mischungen macht deutlich: Der
Einzelne ist einmalig und kann keinem
bestimmten, reinen Persönlichkeitsoder Charaktertyp zugeordnet werden. Das dynamische Strukturmodell
18
Einige Kernsätze der besonderen
schicksalhaften
Vater-Kind
Beziehungen stellen die Besonderheit heraus.
„Jeder sollte für das, was er kann, anerkannt und nicht, was er nicht kann,
beurteilt werden“
„Am Anfang haben wir uns oft gefragt, warum haben ausgerechnet wir
ein behindertes Kind bekommen?
Weil wir die Richtigen dafür sind.
Für uns ist Tina nicht sonderbar, sondern wunderbar.“
Das Vater-Kind Glück wird jeweils ergänzt von einer Serie treffender, vor
Lebenslust sprühender Fotos19.80
Euro. Sie illustrieren die von einem
Vater geforderte „Neudefinition von
Glück“. „Sie hat uns gezeigt was Liebe,
Lebensfreude, Sorge, Tapferkeit und
innigste Verbundenheit bedeutet.“
Als besonders bittere Erfahrung wird
die Vermittlung der Diagnose Trisomie 21 durch die ärztlich Betreuenden
mehrfach beschrieben : Die Aufklärung wird von vielen als traumatisierend erlebt. Ein Appell an alle Ärztinnen und Ärzte sich den Betroffenen
mit Einfühlsamkeit zuzuwenden und
dennoch über alle möglichen schicksalhaft auftretenden komplexen Probleme, die sich beim Down-Syndrom
einstellen können, aufzuklären.
Das vorliegende Buch kann dazu einen
grundlegend wichtigen Beitrag leisten.
Prof. Dr. Marianne Schrader, Lübeck
Conny Wenk Außergewöhnlich:
Vaterglück
2008 Paranus Verlag Neumünster
19,80 Euro
ISBN 978-3-940636-00-3
von Gerda Jun zeigt ein komplementäres System als lebendige Ordnung innerhalb des Psychischen auf. Auf dem
Weg zu mehr Selbstbewusstsein, zur
Ausschöpfung der inneren Ressourcen und zur Annäherung an den »integralen Menschen« macht die Autorin
auch auf die Notwendigkeit der Entwicklung eines Weltbewusstseins aufmerksam.
Gerda Jun: Unsere inneren Ressourcen
Mit eigenen Stärken und Schwächen
richtig umgehen
Vandenhoeck & Ruprecht, 2006
21.90 EUR
ISBN 978-3-525-45373-5
Bestechende saluto­
genetische Grundhaltung
Zwei engagierte Frauenärztinnen aus
zwei verschiedenen Generationen haben ihre Berufserfahrungen aus der
Praxisarbeit genutzt, um häufig gestellte Fragen aus dem gynäkologischen Alltag aufzugreifen und mit
gründlicher, gut verständlicher Hintergrundinformation darzustellen.
Als Erstes fällt auf, dass die Themenschwerpunkte nicht wie meist nach
Krankheitsbildern eingeteilt sind.
Es gibt fünf Kapitel: Das erste „Den eigenen Körper im Blick“ beschreibt gynäkologische Untersuchung, Krebsfrüherkennung und Mammographie
als (fast) allen bekannte Untersuchungen. Kapitel 2 „Die Sprache des
weiblichen Körpers“ berichtet über Geschlechtsorgane, Hormone, Blutungen,
Lust&Liebe. Kapitel 3 beschreibt die
Lebensphasen Pubertät, Schwangerschaft und Wechseljahre, ein eigener Abschnitt widmet sich der künstlichen Befruchtung mit allen Facetten
Plankind-Wunschkind-Traumkind. Im
vierten Kapitel finden sich die gutartigen „Frauenleiden“, z.B. Myome, Endometriose, Beckenbodenschwäche,
chronische Unterleibsschmerzen. Kapitel fünf befasst sich mit gynäkologischen Operationen und ihren Folgen.
Alle Texte werden aufgelockert durch
Beispiele aus der Praxis, Abbildungen
und farblich abgesetzte „Gute Ratschläge“, so dass Informationen und
Ratgeberanteile gut erkennbar getrennt sind.
Fazit: dem Buch geht es nicht um sensationelle Neuigkeiten, es besticht durch
die salutogenetische Grundhaltung der
beiden Autorinnen, die auch sprachlich sehr gut zum Ausdruck kommt. Es
ist ein sehr empfehlenswertes Nachschlagewerk für die Ärztin, die aus Erfahrungen ihrer Kolleginnen lernen
möchte und für die Patientin, die gerne eine informierte Entscheidung treffen möchte.
Dr. Claudia Czerwinski,
Bünde
Dr. Barbara Ehret-Wagener/Dr.Miriam
Roepke-Buncsak:
Frauen-Körper-Gesundheit-Leben,
Diana-Verlag, München 2008,
21,95 Euro
ISBN 978-3-453-28513-2
3 – September 2008 – 55. Jahrgang
Impressum
KALLIOPE auf der Suche nach Ärztinnen-Talenten
Medizin und Kunst in einer neuen Zeitschrift
für Literatur und Kunst
„Die Medizin beschäftigt den ganzen Menschen, weil sie sich mit dem ganzen Menschen beschäftigt.“ (Johann Wolfgang von
Goethe: Dichtung und Wahrheit, II. Teil,
Neuntes Buch)
Seit dem Beginn der Medizin fanden sich unter den Ärzten zahlreiche künstlerische Talente. Schriftsteller und Dichter zählen ebenso dazu wie Musiker oder Philosophen. Für
viele Ärzte ist es eine Leidenschaft, so meint
Tschechow über seine doppelte Berufung:
„die Medizin ist meine Ehefrau, die Literatur meine Geliebte“ (1888); für andere ein
Ausgleich zu der klinisch-praktischen Tätigkeit, die immer alle Seiten des Menschen und
somit, wenn auch mehr oder weniger stark
ausgeprägt, auch sein Kunstbedürfnis einschließt.
Als Mitgründerin und neben A. Milad Karimi, einem Doktoranden der Philosophie in
Freiburg, Mitherausgeberin der neuen Zeitschrift für Literatur und Kunst, die dem Namen der ältesten der als Musen bekannten
Töchter von Mnemosyne und Zeus, KALLIOPE (der Schönstimmigen), folgt, und viermal jährlich im Bonner Bernstein-Verlag erscheint, freut es mich daher vor allem, dass
auch in unserer Zeitschrift unter den Beiträgen junger, noch nicht publizierter und bereits erfahrener, renommierter Künstler und
Autoren einige künstlerisch begabte Medizinstudenten und Ärzte mit unterschiedlichs-
3 – September 2008 – 55. Jahrgang
ten Werken und Stilen vertreten sind.
In der im März dieses Jahres erschienenen
ersten Ausgabe stammen drei Beiträge von
angehenden und tätigen Ärzten. Im Anschluss an die Uraufführung von Wolfgang
Rihms neuem Werk für Chor und Orchester,
der Cantatica hermetica „Quid est Deus?“
nach einem Text aus dem „Liber viginti
quatuor philosophorum“ des Hermes Trismegistos interviewte der auch selbst komponierende Freiburger Student der Humanmedizin Jakob Neubauer den Karlsruher
Komponisten und verfasste ein begleitendes Portrait des Musikers. Unter den lyrischen und prosaischen Texten findet sich
eine Kurzgeschichte des Berliner Schriftstellers und Arztes für Psychiatrie, Dr. Jakob
Hein. Sogar das Titelblatt der ersten Ausgabe stammt von einem Leipziger Arzt, Dr.
Thomas Karlas.
Auch die zweite Ausgabe enthält eine Auswahl an Werken abbildender Kunst eines
Leipziger Malers und Arztes für Pädiatrische
Radiologie, Prof. Dr. Wolfgang Hirsch.
A. Milad Karimi und ich versuchen in unserer jungen Zeitschrift mit Besinnung auf
die Muse Kalliope, ein offenes Forum für
Künste zu schaffen, das die alten und neuen Künste und Kunstformen von der Literatur, einschließlich lyrischer, prosaischer und
dramatischer Texte sowie philosophischer
und kritischer Essayistik, über die Musik bis
hin zur abbildenden Kunst, sei es Graphik,
Kalligraphie, Druck oder Malerei, zusammenzuführen.
Mit der Verbindung eines Medizinstudiums und eines Magisterstudiums für Neuere deutsche Literaturgeschichte und nun
als beginnende Ärztin und Mitherausgeberin der KALLIOPE habe ich versucht und
versuche, Kunst und Medizin in den beschränkten, mir möglichen Maßen zusammenzuführen und möchte insbesondere alle künstlerisch aktiven, schreibenden,
zeichnenden, komponierenden oder anderweitig auf diesem Terrain tätigen Ärztinnen dazu einladen, sich unserem Projekt
mit eigenen Beiträgen anzuschließen. Es
wäre für die KALLIOPE eine schöne Bereicherung, wenn in möglichst vielen Ausgaben, künstlerisch talentierte Ärztinnen und
Ärzte mitwirken würden.
Dr. med. Claudia Weise,
Herausgeberin der KALLIOPE.
Zeitschrift für Literatur und Kunst
Kontakt: [email protected]
www.kalliope.bernstein-verlag.de
ÄRZTIN
Offizielles Organ
des Deutschen Ärztinnenbundes
ISSN 0341-2458
Herausgeber:
Deutscher Ärztinnenbund e. V.
Präsidentin: Dr. Astrid Bühren
Hagener Str. 31, 82418 Murnau,
Tel. 088 41/27 03
e-mail: [email protected]
Redaktion:
Annegret Hofmann (AH, v.i.S.d.P.),
Büro für Gesundheitskommunikation,
Berlin/Gösen
Mobil: 0170 546 19 12
e-mail: [email protected]
Redaktionsausschuss:
Dr. Kirstin Börchers, Dr. Astrid Bühren,
Elke Burghard, Dr. Lore Gewehr,
Dr. Claudia Leißner, Dr. Regine RappEngels, Prof. Dr. Marianne Schrader
Geschäftsstelle des DÄB:
Haus der deutschen Ärzteschaft,
Herbert-Lewin-Platz 1, 10623 Berlin,
Tel.: 030/40 04 56 540,
Fax: 030/40 04 56 541
e-mail: [email protected]
Verlag:
Contentic Media Services GmbH,
Neuenburger Str. 17, D-10969 Berlin,
Tel.: + 49(30)28 38 50 00,
Fax: + 49(30)28 38 50 05
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Anzeigenverwaltung:
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Medien (GbR),
c/o Contentic Media Services GmbH,
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Grafikdesign:
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Druck:
Möller Druck und Verlag GmbH,
Oraniendamm 48, 13469 Berlin
Die Zeitschrift erscheint viermal pro Jahr.
Heftpreis 3,- .
Bestellungen werden von der Geschäftsstelle entgegen genommen.
Für Mitglieder des DÄB ist der Bezugspreis durch den Mitgliedsbeitrag abgegolten.
Redaktionsschluss d. Ausg. 4/08:
01.11. 2008
Titel-Fotos/IV. US:
Contentic-Archiv, privat, Uni Leipzig,
Digene Deutschland GmbH, CTK (2)
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