Ausstellung als PDF-Datei - Käthe-Kollwitz

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Ausstellung als PDF-Datei - Käthe-Kollwitz
Zwangsarbeit und Lagerhaft
nach 1945
Diese Ausstellung erzählt − stellvertretend für das Schicksal Tausender − von
einem Zwickauer Jungen, der seine Kindheit im Dritten Reich verlebte und nach
Kriegsende in der Sowjetischen Besatzungszone Opfer einer neuen Diktatur wurde.
Schüler des Käthe-Kollwitz-Gymnasiums Zwickau erfuhren von der Geschichte Hans
Grünewalds und begannen, sich mit den dunklen Seiten der Nachkriegszeit zu
beschäftigen:
mit
den
Sonderlagern
der
SMAD
in
der
Sowjetischen
Besatzungszone und den sibirischen Arbeitslagern. Die Ausstellung soll den
politischen
Zweck
dieser
Sonderlager
ebenso
dokumentieren
wie
Auswirkungen auf das Leben der verhafteten und verschleppten Personen.
Eine Ausstellung der Projektgruppe „Geschichte“ des
Käthe-Kollwitz-Gymnasiums Zwickau.
Maria-Sophie Geisler, Rachel Klärner, Conny Rubach, Dorit Seichter
Wir danken Hans Grünewald für die Unterstützung bei der Recherche und Realisierung der
Ausstellung, ferner
Ines Firke-Arzt
Jürgen Kränzlein
Dr. Lars Flemming
Wolfgang Metzler
Gabriele Gürtler
Repro Center Zwickau
Jan Hornig
Landgericht Zwickau
deren
1945 wurde Deutschland in Besatzungszonen eingeteilt. Die Sowjetunion, unter
Stalins Führung, besetzte Ost- und Mitteldeutschland. Dadurch erstreckte sich der
sowjetische Einflussbereich über Osteuropa bis in die Mitte Deutschlands. Während
in den westlichen Besatzungszonen die Demokratisierung einsetzte, wurde in der
Sowjetischen Besatzungszone ein kommunistisches System aufgebaut.
Die kommunistische Weltanschauung versteht jede Form des Faschismus als
Endstadium des Kapitalismus. Gemäß des Potsdamer Abkommens leitete die
SMAD1
die
Entnazifizierung
ein.
Alle
führenden
Nationalsozialisten
und
Kriegsverbrecher sollten in Sonderlagern interniert und vor Gericht gestellt werden.
Blick auf das Gefängnis
Bautzen: das „Gelbe Elend“.2
Während der strengen Entnazifizierungsmaßnahmen saßen Tausende, die als NSVerbrecher, nominelle NSDAP-Mitglieder oder auch als vermeintlich politische
Gegner der neuen Machthaber ermittelt wurden, in zehn Sonderlagern des NKWD3.
Im Zusammenhang mit der Zwangsvereinigung der SPD mit der KPD fielen zudem
Oppositionelle den sowjetischen Sicherheitsorganen zum Opfer. Die drakonische
Anwendung der Militärgerichtsbarkeit gehörte zu den wirkungsvollsten Mitteln der
Besatzungsmacht, um die eigenen politischen Ziele durchzusetzen.
1
Abkürzung für Sowjetische Militäradministration
Das Foto stammt aus dem Privatbesitz von Hans Grünewald (1990).
3
Abkürzung für russisch „Narodnyj komissariat wnutrennych del“; 1934 als „Volkskommissariat für innere
Angelegenheiten“ gebildet; zuständig für politische Überwachung, Nachrichtendienst, politische Strafjustiz,
Verwaltung der Straf- und Verbannungslager; Instrument des stalinistischen Terrors
2
Bautzen (1945-1950)
Buchenwald (1945-1950)
Frankfurt/Oder (1945-1947)
Fünfeichen (1945-1948)
Hohenschönhausen (1945-1946)
Jamlitz/Lieberose (1945-1947)
Ketschendorf (1945-1947)
Mühlberg/Elbe (1945-1948)
Sachsenhausen (1945-1950)
Torgau (1946-1948)4
Mit dem „Befehl Nr. 201“ (16. August 1947) übertrug die SMAD die Rechtssprechung
über
Kriegsverbrecher
und
Personen,
die
unter
Verdacht
standen,
dem
Nationalsozialismus gedient zu haben, zum Teil an deutsche Gerichte. „Im
Wesentlichen können die von den SMT (Sowjetischen Militärtribunalen) verhandelten
Delikte in vier Gruppen eingeteilt werden: NS- und Kriegsverbrechen, Verstöße
gegen das Besatzungsregime, kriminelle Vergehen und ‚konterrevolutionäre
Verbrechen‘“.5
Z a h l e n*
bis 1950 in Speziallagern inhaftiert:
darunter
in Haft, vor allem an Mangelerscheinungen, verstorben
157 000 Personen
120 000 Deutsche
42 000 Personen
von sowjetischen Militärgerichten zum Tode verurteilt
aus den Speziallagern entlassen
1950 an DDR-Gerichte übergeben und verurteilt
756 Personen
45 000 Personen
3 432 Personen
*Da viele der in Haft Verstorbenen in anonymen Massengräbern bestattet wurden, kann die Zahl der
Toten weitaus höher liegen als es die sowjetischen Quellen ausweisen.
Erst mit dem „Befehl Nr. 35“ vom 26. Februar 1948 ordnete die SMAD die Einstellung
der Kommissionstätigkeiten zum 10. März 1948 an: Das bedeutete gleichsam eine
Amnestie für NSDAP-Mitglieder. Zwei Jahre später übergaben die Militärtribunale
ihre Gefangenen den DDR-Behörden.6
4
Vgl. Ilko-Sascha Kowalczuk/Stefan Wolle: Roter Stern über Deutschland, Berlin 2001, S. 87.
Ebenda, S. 85.
6
Vgl. ebenda, S. 81-89.
5
Mit den Entnazifizierungsmaßnahmen verloren bis 1947 520 000 Personen ihren
Arbeitsplatz; 16 300 ehemalige Angehörige der SS, der Gestapo und NSDAPFunktionäre wurden angeklagt, davon 12 807 verurteilt – 118 zum Tode. Damit
gelang der SMAD, in den Verwaltungsstellen wie auch in Polizei und Justiz
zuverlässige Kommunisten einzusetzen.7
In improvisierten NKWD-Dienststellen erfolgten die oft russischsprachigen Verhöre,
begleitet von Prügel und Drohungen. Auch ohne formelle Anklage kamen die
Menschen, zu Gruppen zusammengefasst, in eines der Lager. Manche wurden
während des Lageraufenthaltes durch die sowjetischen Militärtribunale verurteilt. Die
Häftlinge, die als arbeitsfähig galten8, gelangten mit einem Häftlingstransport nach
Brest-Litowsk: in Güterwaggons, unter miserablen hygienischen Bedingungen und
mit schlechter Lebensmittelversorgung. In Brest-Litowsk erfolgte eine erneute
Prüfung der Arbeitsfähigkeit. Diejenigen, die hier noch als arbeitsfähig galten, kamen
in sibirische Arbeitslager.9
Wer weder den Haftbedingungen erlag, noch in die Sowjetunion verschleppt wurde,
kam zumeist in den Jahren 1948-1950, als die UdSSR ihre Lager aufgab, wieder frei
− falls er nicht zu jenen gehörte, die 1949/1950 der DDR-Justiz übergeben und
zunächst in das Gefängnis Waldheim verlegt wurden. Den Betroffenen stand eine
Aburteilung in den Waldheimer Kriegsverbrecherprozessen bevor.10
Viele ehemalige Häftlinge hatten nach ihrer Entlassung mit den Folgen der
psychischen und physischen Misshandlung zu kämpfen, und allen war gemein, dass
sie in der DDR über ihre Internierungszeit nicht reden durften.
Das sollten Zehntausende in den nächsten Jahren
am eigenen Leib erfahren.
7
Vgl. Hermann Weber: Die DDR 1945-1990, München 2006, S. 10 f.
Vgl. Werner Teltow (Hrsg.): Initiativengruppe Internierungslager Ketschendorf Speziallager Nr. 5.
„Pelzmützentransport“, Bozen 2002, S. 11.
9
Vgl. Benno Prieß: Unschuldig in den Todeslagern des NKWD 1946-1954, 1995, Eigenverlag Benno Prieß,
Cawl, S. 40-45.
10
Vgl. Jan von Flocken, Michael Klonovsky: Stalins Lager in Deutschland 1945-1950, Berlin/Frankfurt a.M. 1991,
S. 194-198.
8
Johannes, genannt Hans, wird am 10. Oktober 1928 als zweiter Sohn der Eheleute
Martha und Paul Grünewald geboren. Der Vater arbeitet als Lokführer. Die
vierköpfige Familie wohnt in der Zwickauer Bosestraße 53 (damals Bosenstraße), im
Haus des Großvaters, der im Parterre eine Ofensetzerei unterhält.
Sein Schulweg ist kurz, er besucht von 1935-1939 die Bose-Schule am Neumarkt
(heute von dem BSZ für Wirtschaft und Gesundheit genutzt). Im Sommer 1939
wechselt er in die Städtische Oberschule für Jungen (Realgymnasium), damals die
Hermann-Göring-Schule (heute Platz der Deutschen Einheit 2).
Klassenfoto, 6. Schuljahr der Oberschule, 1944, Hans steht in letzter Reihe (2. von links),
sein Freund Karl-Heinz Musset (rechts neben ihm)
11
war fast zehn Jahre in sowjetischer Gefangenschaft
Als die Nationalsozialisten 1933 an die Macht gelangen, ist Hans noch keine fünf
Jahre alt. Er wächst in einem unpolitischen Elternhaus auf, doch dem von der NSIdeologie stark geprägten Schulunterricht kann er sich nicht gänzlich entziehen.
11
Alle Fotos stammen aus dem Privatbesitz von Hans Grünewald.
Dessen ungeachtet ist es eine unbeschwerte
Kindheit, die Hans mit seinen Freunden in der
westsächsischen Industriestadt erlebt. Noch ist von
Krieg keine Rede. Frühzeitig tritt Hans dem
Zwickauer Turnverein bei, in dem er 1934 das
jüngste und sein Großvater das älteste Mitglied ist.
Geburtshaus von Hans Grünewald in Zwickau, Bosestraße 53;
in Parterre: die Werkstatt des Großvaters Richard Schmiedel, Ofensetzermeister
Jüngstes Mitglied im Zwickauer Turnerverein: mit dem Bruder Werner und
dem Großvater Richard Schmiedel (links)
und mit dem Turner-Opa vor der Pestalozzi-Schule (rechts) im April 1934
Mit zehn Jahren gehört auch Hans zum „Jungvolk“, genauer zum „Fähnlein I“, in dem
die Jungen, die im Innenstadtbereich wohnen, organisiert sind. Mittwoch und
Samstag
ist
„Dienst“:
Gelände-
und
Kartenkunde,
Ordnungsübungen,
Heimnachmittage mit Vorträgen über Vorbilder und Kriegshelden, wie den
Kapitänleutnant Günther Prien, Sport, Schießen, Lieder erlernen und marschierend
singen. Für 14 Tage reisen die Jungen des „Fähnlein I“ aus Zwickau ins
Sommerlager nach Eibenstock.
Das ist für die sportbegeisterten Knaben, die den ganzen Tag im Freien verbringen,
abends gemeinsam am Lagerfeuer sitzen und Lieder singen, eine ereignisreiche
Zeit. Über deren Textinhalte und die täglichen paramilitärischen Übungen zerbrechen
sie sich nicht den Kopf. Den aufgeweckten Stadtjungen gefällt der abenteuerliche
Ausflug in die Natur ebenso wie das Gemeinschaftsleben im Zelt 30.
Hans Grünewald im Zeltlager Eibenstock,
Sommer 1942 (hintere Reihe, rechts)
Hans Grünewald im „Fähnlein I“ am Schwanenteich (links: 5. von links) und am Eingang zum
Pulverturm (rechts: 4. von links), der als HJ-Heim für das „Fähnlein I“ eingerichtet war, 1943; auf dem
rechten Foto: Wolfgang Pintzka (zweiter von links), der seine Erinnerungen in dem Buch
„Von Sibirien in die Synagoge“ zusammenfasste
Werner Grünewald, vier Jahre älter als Hans, wird nach dem „Notabitur“ 1942 zur
Wehrmacht eingezogen. Die Ausbildung zum Gebirgsjäger absolviert er in Villach
und Mittenwald. In Finnland und Italien kämpft Werner an der Front, bevor er 1944
nach schwerer Verwundung viele Wochen im Lazarett verbringen muss.
Die Brüder Werner und Hans Grünewald 1942 (links) und 1943 (rechts)
Nach Erhalt dieses Schreibens wird
Hans in das Polizeipräsidium/
Blücherstraße geladen.
Dort erwartet ihn der
„Bannführer“:
Am 6. Februar 1945 solle er sich
zum Dienst in Dresden einfinden.
Nur die Allerbesten kämen hier
zusammen. Eben sei die
„Panzernahkampfbrigade der HJ“
gegründet worden,
und er gehöre dazu.
Hans stellt fest,
er ist der Einzige aus Zwickau und
Umgebung, die anderen kommen
aus Hamburg, Berlin, München –
aus dem gesamten Reich.12
Eine Woche bleiben die Kinder in Dresden, sie werden eingekleidet und müssen
warten, bis in Radebeul, in der Moritzburger Straße 33, genügend Waffen, Munition
und Uniformen für alle eingetroffen sind. Danach findet die Ausbildung in der
Kaserne Wünsdorf/bei Berlin statt. Stationiert werden die „Kindersoldaten“ schließlich
in Wriezen, an den Seelower Höhen, nördlich von Frankfurt/Oder. Die Rote Armee
kommt am 16. April: Feindberührung. Am Abend des ersten Tages sind die meisten
der Jungen tot oder gefangen genommen.
12
Alle Dokumente stammen aus dem Privatbesitz von Hans Grünewald.
Blick von den Seelower Höhen in das Oderbruch Richtung Reitweiner Sporn13
Es überleben ca. 25 – unter ihnen ist Hans, wenn auch verwundet: Schulterschuss.
Rückzug. Er rettet sich aus dem Schützengraben, läuft durch den Wald, die ganze
Nacht, den ganzen nächsten Tag. Nach einer Woche meldet er sich in
Berlin/Charlottenburg von der Kompanie ab und geht ins Lazarett Heerstraße, das
sich in der ehemaligen Westend-Schule in Berlin/Charlottenburg befindet. Es ist
hoffnungslos überfüllt.
Nach 14 Tagen ist die Wunde beinahe verheilt. Um Berlin tobt der Krieg, aus der
Stadt ist kein Entkommen. Er ist der einzige Junge im Lazarett. Mit zwei Soldaten
leistet er Hilfsdienste. Sie entfernen kaputte Dachsteine, beschaffen ein Pferd – es
gibt acht Tage Pferdegulasch −, tauschen bei einem Russen einen Esel gegen eine
Uhr, bringen mit dem Pferdewagen die Toten auf den Friedhof.
Hans will raus aus Berlin, er möchte nach Hause. Jeder will schleunigst seine
Uniform loswerden. Im Olympia-Stadion hat das Militär ein Bekleidungslager
unterhalten, hier findet er Zivilkleidung. Irgendwie schlägt er sich bis nach Sachsen
durch. Am 8. Juli 1945 erreicht Hans Zwickau, er scheitert zunächst an den
sowjetischen Truppen, die ihn nicht über die Mulde lassen, den Fluss zu beiden
Seiten besetzt halten. Dann gelingt es, er passiert die Pölbitzer Brücke, läuft in die
Bosestraße, die Treppen in den zweiten Stock nach oben. Es ist früher Vormittag, als
er an der Wohnungstür klingelt. Die Mutter öffnet; überwältigt fallen sie sich in die
Arme.
13
Joachim Röhl: Seelower Höhen, in: http://www.roland-harder.de (03.05.2008).
Familie Grünewald: Vater Paul; Mutter Martha, geb. Schmiedel;
Werner und Hans (rechts stehend), Ostern 1944
Hans genießt es, wieder daheim zu sein, wenn auch die Sorge um den Bruder
Werner allgegenwärtig ist. Von ihm haben sie nichts mehr gehört. Die Mutter päppelt
ihren Jüngsten auf. Es folgen acht Wochen Familienleben, wenngleich es kein
unbeschwertes Dasein ist: Das Tagesproblem heißt „Lebensmittelbeschaffung“; und
der Vater ist plötzlich arbeitslos. Man hat ihn wegen seiner NSDAP-Mitgliedschaft
aus dem Fahrbetrieb entlassen.
Am 14. Juni waren die Amerikaner abgerückt, und am 1. Juli hatte die Rote Armee
die Stadt vollständig übernommen − sieben Tage vor seiner Ankunft daheim. Der
Heimkehrer trifft Schulkameraden, sie haben viel Zeit, der Unterricht fällt aus. Hans
besucht die „Tanzschule Müller“, stellt sich gemeinsam mit seiner Tanzstundendame
Regina in der „Neuen Welt“ vor. Acht Tage später will er wieder hingehen. Dazu
kommt er nicht mehr.
„Am 4. September haben sie bei uns zu Hause geklingelt. Der Sohn solle doch mal zu
einer kurzen Befragung in die sowjetische Kommandantur kommen, hinterließen sie.
Es dauere sicher nicht lang. Das klang harmlos. Und so ging ich dann, als ich
heimkam, eben mal zu der kurzen Befragung in die Lessingstraße. Die
Einzelvernehmung
gestaltete
sich
ziemlich
kompliziert,
da
es
mit
den
Deutschkenntnissen des „Dolmetschers“ gar nicht gut aussah. Ich konnte nur „Du
Wehrwolf“ verstehen. Es gelang mir nicht, die Herren zu überzeugen, dass ich um die
besagte Zeit überhaupt nicht in Zwickau war.
Zum Nachdenken steckte man mich die erste Nacht in den Waschkeller des
Hauses. Dort traf ich auf einige Leidensgenossen, fast alles Bekannte aus den oberen
Klassen der Zwickauer Oberschulen. Am Tag darauf fanden die nächsten
Vernehmungen statt. Die fielen schon wesentlich unangenehmer aus. Es gab auch
Prügel und immer wieder die Frage nach dem „Wehrwolf“, den es in unserer Gegend
ja nie gegeben hatte. Ein großer Teil des Erzgebirges war ja bis zum Oktober 1945
ohne Besatzer, z.B. Schwarzenberg. Und in Eibenstock wollte die Zwickauer HJ
„Wehrwolf“ spielen?
Dann wurde mir ein Schreiben in russischer Sprache vorgelegt, das ich
unterschreiben sollte, was ich erst einmal ablehnte. Aber wieder und wieder wurde
ich aufgefordert zu unterschreiben, manchmal mit viel Nachdruck und der Drohung,
dass man mich nicht eher nach Hause lassen würde. Ich weiß heute nicht mal mehr,
ob ich das dann noch gemacht habe oder nicht. Langsam wurde mir klar, dass wir
nicht ungeschoren davonkommen würden. Aber immer noch glaubten wir, dass wir
bald wieder nach Hause könnten.
Nach ein paar Tagen setzte man mich in ein Auto, und die Fahrt endete in der
U-Haftanstalt in der Schillerstraße in Zwickau, nahe am Schwanenteich, auf dem wir
im Sommer mit dem Ruderboot herumfuhren, oder auf dem wir im Winter
Schlittschuh liefen. Ich wurde in einer Einzelzelle untergebracht, und es begann eine
für mich ganz schlimme Zeit.“14
14
Hans Grünewald: Persönliche Erinnerungen, Januar 2008.
„Ehe du in diese Zelle kommst, waren viele andere schon drinnen. Aber wie lange denn? Du
siehst es an der Zahl der Tage, die von deinen Vorgängern an der Wand eingeritzt sind - vier
Striche senkrecht, der fünfte schräg durch. Da haben sich aber schon einige verewigt.
Ich fange erst gar nicht damit an. Denn so lang kann das doch nicht dauern, zwanzig Tage
oder so, oder länger? (Es werden 20 Tage, dann kommt er endlich in eine Sammelzelle.)
Morgen oder Übermorgen wirst du bestimmt rausgeholt.
Nichts geschieht.
Du wartest auf etwas, von dem du nicht weißt, was es sein wird.
Es gibt keine Verhöre mehr.
Ist dein Schicksal schon bestimmt?
Es passiert einfach nichts.
Ein wenig Abwechslung ist das Essen, das du dreimal täglich kriegst. Es ist ausreichend,
natürlich nicht üppig. Aber das sind wir seit vielen Jahren gewöhnt.
Keiner spricht mit dir, der Kalfaktor, der vielleicht Deutscher ist, darf nicht. Die Russen
sprechen fast kein Deutsch.
Ein Fenster ist in der Zelle, aber sehr hoch. Wenn das „Bett“ an die Wand geklappt ist − und
das ist tagsüber befohlen, weil du dich doch nicht hinlegen darfst − kannst du dich mal
draufstellen und siehst die Straßen unten. Da ist Betrieb. Ob die gar nicht wissen, dass wir
hier so viele Eingesperrte sind? Kommt denn da nicht mal irgendeiner, den du kennst?
Vielleicht könnte man sich bemerkbar machen, damit die zu Hause erst einmal wissen, wo
du bist. Keiner sieht ’rauf.“15
Unvermittelt taucht ein sowjetischer Posten auf: „Aufschreiben, was du brauchen!
Alle nach Sibirien“. Zwei Tage später verlässt der Bus die Toreinfahrt in der
Humboldtstraße. Der Abtransport muss sich herumgesprochen haben: Die Mütter
stehen auf der Straße und winken ihren Söhnen unter Tränen zu, bis sie ihren
Blicken entschwinden.
Nach einigen Stunden kommen sie in Bautzen an: neben vielen Erwachsenen KarlHeinz,
Dieter,
Wolfgang,
Eberhard,
Ernst
aus
Cainsdorf,
Eberhard
aus
Oberhohndorf; alle Jahrgang 1928/29. Freimut ist mit fünfzehn Jahren der jüngste.
15
Hans Grünewald: Persönliche Erinnerungen, Januar 2008.
Im „Gelben Elend“, dem Speziallager Bautzen, angelangt, müssen die Häftlinge in
langer Reihe Aufstellung nehmen. Ihnen wird alles abgenommen: Geld, Schmuck,
Uhren, Eheringe, Nahrungsmittel und dergleichen.
„Auf zweistöckigen fortlaufenden Bretterborden lagen wir wie die Heringe, fast
vierhundert im Saal. Als Unterlage beim Schlafen diente mir der Mantel, den
ich noch aus Zwickau hatte. Es gab ja nicht einmal Schlafsäcke oder etwas
Ähnliches. Das war natürlich sehr hart, und so bekamen wir an den
Auflagestellen Flecken. Erst waren sie rot, dann − nach Wochen − wechselte die
Farbe bis ins Braune, und es bildete sich eine richtige Hornschicht.“16
Hans erlebt Tage zwischen Ungewissheit und Hoffnung, ihn plagen Hunger und
das allgegenwärtige Ungeziefer. In Zwickau haben ihn „nur“ die Läuse piesackt, nun
kommen Wanzen und Flöhe hinzu. Keine Desinfektionsmaßnahme hilft. Die
hygienischen Bedingungen sind katastrophal: drei Toiletten für den ganzen Saal, ein
Waschraum ohne Wasser. Die chronische Unterernährung − früh gibt es eine hellbis mittelbraune Flüssigkeit, mittags eine Schöpfkelle „Suppe“, nachmittags ein
Brot für drei Mann − führt zu Magen- und Darmerkrankungen. Wer ins Lazarett
kommt,
wird
nie
wieder
gesehen.
Von
den
Zwickauer
Jungen
erkrankt
glücklicherweise keiner ernsthaft. Hans’ Finger schwillt immer dicker und
schmerzhafter an: Nagelbettvereiterung. Gekautes Brot gilt als „Zugsalbe“ und
Allheilmittel. Als das nicht hilft, muss er ins Lazarett.
„Ich zeigte meinen Daumen. ‚Aha. Ham’ wir gleich.’ Er klemmte meinen Arm fest unter
seinen, der Einfachheit halber gleich im Stehen, nahm die gleiche Schere vom
Vordermann − sicher auch der Einfachheit halber −, und rammte sie mir unter den dick
vereiterten Daumennagel. Nach zwei oder drei Schneidversuchen war der Nagel in zwei
Längshälften geteilt. Nun kam er mit einer Zange und riss die eine Hälfte des Nagels
einfach ab. Das war zuviel. Mir wurde sauelend vor Schmerz, und ich durfte mich sogar
setzen, allerdings mit einem Kommentar des ‚Arztes’:
‚Was, so ein junger Kerl und schlappmachen?’“17
16
17
Hans Grünewald: Persönliche Erinnerungen, Januar 2008.
Ebenda.
Ende Januar 1947 werden die Jungen aus Wehrmachtsbeständen eingekleidet: mit Mützen,
Stiefeln, Unterwäsche und leeren Strohsäcken für die letzten Habseligkeiten.
Am 1. Februar ist Hans unter den 700 Häftlingen, die streng bewacht in bereitgestellte
Güterwaggons gebracht werden. Vierzig Mann müssen sich die vier Holzpritschen im
Wagen teilen. Keiner weiß, wohin die Fahrt geht. Es ist bitterkalt. Der Kanonenofen bleibt
nach dem Verbrauch der wenigen Briketts nutzlos. Eine Holzrinne führt den Urin nach
draußen, andere Notdurft muss auf einem Kübel verrichtet werden.
Eine Portion Brot am Tag. Hans hungert und friert, fortwährend. Durst quält ihn. Zwei
winzige Fenster bieten die einzige Verbindung zur Außenwelt. Das Leben spielt sich
ausschließlich im Waggon ab: Essen, Schlafen, Langweilen, Ortschilder lesen. Er entziffert
polnische Städtenamen. Nach acht Tagen liest er: Brest-Litowsk!
Angekommen? Nein, hier die größere Spurbreite der russischen Eisenbahn. Umsteigen.
Nach sechs Tagen ist der neue Transport zusammengestellt. Minsk, Smolensk, bekannt
durch den Krieg, zwischendurch stundenlang, tagelang nichts als Steppe, dünne
Birkenwäldchen. Und dann: Moskau. Danach: keine Stadt, kein Ort, nur Hütten, kaum ein
Haus, dünne Bäumchen. „Wie lang sind sie nun eigentlich unterwegs?“, fragt sich Hans.
Drei Wochen bis zum Ural, bis Swertlowsk. Bei Lehrer „Köhler-Schnurps“ hat er gelernt,
der Ural zeichnet die Grenze zwischen Europa und Asien. Und wieder quält ihn der
Hunger, nach salzigem Brot vor allem der Durst.
Tagelang sieht Hans nur Steppe, oder heißt das Taiga? Dünner Wald, kein Haus, kein
Mensch. Er hat keine Vorstellung mehr, wo sie sich befinden. Kälte, immer weniger Bretter
zum Liegen auf der Pritsche, sie heizen den Kanonenofen damit, − denn sie sind ja auch ein
paar weniger geworden − miserable Verpflegung, Dreck, Urin, Scheiße, darauf warten,
dass einmal wieder die Waggontür aufgeschoben wird…
Omsk, das sind tausend Kilometer hinter dem Ural! Nach fast fünf Wochen im
Viehtransporter hält der Zug wieder: Nowosibirsk. Eisige Kälte empfängt den Jungen; trotz
des klaren sonnigen Wetters. Die Fahrt geht auf dem Lastkraftwagen weiter. Viele Stunden
sind die Gefangenen unterwegs.
Währenddessen
versucht
die
Mutter
verzweifelt herauszufinden, wo sich ihr Sohn
befindet, ob er noch am Leben ist, wann er
zurück kommt, ob sie ihn besuchen kann …
Vergeblich.
Sie kommen in „ihrem“ Lager an: Wieder
wird Hans gefilzt, verliert alle Dinge, bis auf
die Kleidung, die er trägt.
Das
Lager
besteht
vorwiegend
aus
Baracken, in denen Dunkelheit herrscht,
die bis zur Hälfte in die Erde eingelassen sind. Das gewährleistet einigermaßen erträgliche
Temperaturen im Inneren: selbst bei grimmiger Kälte im Winter oder bei Hitze im Sommer.
Die Ausstattung besteht aus Doppelstockbetten, und für jeden gibt es einen Schemel.
Etwa in der Mitte des Raumes steht ein aus Ziegelsteinen gemauerter, herdartiger Ofen, der
selten in Betrieb genommen werden darf.
Der Arbeitseinsatz beginnt mit Erdarbeiten: Gräben und Löcher buddeln; mit Spitzhacke,
Brechstange oder Schaufel im bis zu zwei Meter tief gefrorenen Boden. Eine sehr
schwere, wenig effektive Arbeit, vor allem für die ausgemergelten Jungen.
Die mangelhafte Verpflegung, die schwere körperliche Arbeit, an die er überhaupt nicht
gewöhnt ist, die extremen Klimaverhältnisse, das alles nimmt den Körper, aber auch das
Denken, voll in Anspruch. Und über allem die Frage: „Wie lange noch? Kommen wir
überhaupt noch einmal nach Hause?“
Unter diesen Umständen ist die Arbeitsnorm nicht erfüllbar. Es gibt also nur den
Mindestverpflegungssatz: ein Stück Brot und eine aus Melde, Brennnesseln oder Kraut
gekochte Suppe, dazu einen kleinen Schlag „Kascha“, einen stocksteifen Brei aus Mehl,
Hirse, Reis, Kartoffeln oder Kraut. Dazu kommt fast immer ein Schüsselchen „Quas“ − ein
Gebräu aus Mehl und Wasser, wahrscheinlich mit Hefe oder Sauerteig versetzt.
Zu dieser Zeit wird die Steinkohle im Kusnezk-Becken erschlossen. Obwohl die Arbeit im
Schacht primitiv und schwer ist, beneidet Hans die „Schachter“. Sie erhalten bessere
Verpflegung; mehr Brot, mehr „Kascha“. Hans darf eines Tages einfahren: in den
“Schrägschacht“. Eine Kräfte zehrende Arbeit, bei der auch Hans von niederfallenden
Brocken aus der Lore verletzt wird.
Hans bekommt das Hungergefühl nicht mehr los. Auch er wagt es: Draußen, vor dem
Lager, trifft man auf russische Bewohner, die gegen ein Stück Unterwäsche etwas
Essbares tauschen. Er bindet sich ein Unterhemd unter die Jacke. Die ganze Kolonne
marschiert durch das Tor. Stichproben: Ein russischer Offizier lässt gerade ihn
heraustreten und entdeckt das wertvolle Unterhemd. Es setzt eine Ohrfeige – die Arbeit im
Schacht ist er los. Am nächsten Tag schuftet er mit dem Strafkommando für zwei Wochen
im Steinbruch und zieht sich eine Verletzung am Schienbein zu, die wochenlang offen
bleibt, nicht verheilen will.
Im Juli 1947 muss Hans seinen Freund Karl-Heinz krank zurücklassen und in ein anderes
Lager wechseln: Lager 7525-9. Körperliche Schwäche, quälende Ungewissheit über die
Zukunft, mangelhafte hygienische Verhältnisse, und die erschöpfende Arbeit verlangt ihm
alles ab. Hans schuftet zunächst auf dem Bau, er muss Erdmassen schaufeln, Ziegel und
Mörtel schleppen.
Endlich, im September, darf Hans das
erste Mal nach Hause schreiben: 25
Worte
sind
erlaubt.
Die
wenigen
Karten bieten den lang ersehnten und
zugleich einzigen Kontakt zu den
Lieben. Das zweite Datum (darunter)
trägt die Mutter ein: den Ankunftstag
der Karte aus dem fernen Sibirien.18
18
Die Karten stammen aus dem Privatbesitz von Hans Grünewald.
Im „Ziegeleischacht“ ist die Arbeit besonders schwer. Im Stollen – nur knapp einen Meter
hoch – kommt Hans nur kriechend vorwärts, schiebt die gehauene Kohle rückwärts durch
die Beine, Stück für Stück, bis an den Stollenmund, wo die Kohle in die Lore fällt. Manchmal
dürfen sie zur Feldarbeit ausrücken. Mitleidige Bauern schenken den Hungrigen Kartoffeln.
Und sie verschlingen heimlich Kraut, soviel sie davon essen können.
Mit der ersten Post erfährt Hans, sein
Vater ist bereits 1946 verstorben. Das
trifft ihn hart. Aber der Bruder, Werner,
lebt.
Das Klima macht Hans zu schaffen. Ihm graut vor dem Winter. Bei 20 Grad (manchmal
auch 30 oder 40) unter Null ist jeder Schritt ins Freie, der Gang zur Latrine eine Tortur. Es
wird noch kälter: ca. minus 50 Grad. Der knöcheltiefe Matsch im Frühling dämpft die Freude
auf
den
Sommer,
denn
Hans
hat
immer
nasse
Füße.
Er
erlebt
extreme
Temperaturunterschiede − zwischen dem kältesten und dem heißesten Tag − von über 80
Grad.
Die Geburtstagskarte an die Mutter.
Hans ist nun bereits drei Jahre von
daheim weg. Die Sehnsucht und das
Heimweh schwingen in den Zeilen
deutlich mit.
Im Lager grassiert die Ruhr. Hans
erkrankt schwer, muss ins Lazarett.
Hohes Fieber, schlaflos, röchelnd, immer durstig. Ein brennender Körper, schmerzend,
gurgelnd, kraftlos. Aber es gibt den Sanitätsunteroffizier Franz Eichhorn aus dem
Salzkammergut, der Hans nicht aufgibt, ihm Essen bringt, mit ihm redet, ihn nicht allein
lässt. Hans überlebt, andere schaffen es nicht.
Bis auf die Knochen abgemagert wird Hans nach Wochen – oder sind es Monate
gewesen? – aus dem Lazarett entlassen. Er wiegt 48 Kilogramm.
Die
Adress-Seite
der
Karten
aus
Sibirien.
Zu lesen: Lager 7525-9, das zweite
Lager, in das Hans gebracht wird.
Im Mai steht er wieder einmal vor einer Ärztekommission; nach der langen Krankheit
ausgezehrt, nicht arbeitsfähig. Tage später kursieren Gerüchte: Hans hört von
bevorstehenden Entlassungen. Ob er …? Sein Name wird verlesen. Sie müssen ins Bad,
zur Entlausung, werden neu eingekleidet. Hans trägt eine russische Wattejacke, zu kurze,
ausgewaschene Schlosserhosen, ein paar hohe, wirklich gute braune Lederschuhe und eine
Russenmütze. Zwei eigene Dinge besitzt er noch: seine Brille, sie hat die gesamte
Gefangenschaft überstanden; allerdings geflickt und mit Draht stabilisiert, und die bei einem
Mitgefangenen wieder entdeckte Gebirgsjägermütze. Nach der LKW-Fahrt besteigen sie
einen Güterzug.
„Aber es wurde eine ganz andere Fahrt als der Transport nach Sibirien.
Damals waren die Waggons voll gestopft mit Menschen,
jetzt waren es höchstens halb so viele.
Damals war es bitterkalter Winter, jetzt war Sommer, herrlicher Sonnenschein.
Damals war die Ungewissheit unser Begleiter, jetzt die Hoffnung.
Damals waren die Wagen über 23 Stunden am Tag geschlossen,
jetzt blieben die Türen offen,
und wir konnten die Beine hinausbaumeln lassen.
Damals waren wir fast fünf Wochen unterwegs,
jetzt dauerte die Fahrt nicht einmal halb so lang.“19
19
Hans Grünewald: Persönliche Erinnerungen, Januar 2008.
Am 31. Juli 1948 erreicht Hans mit den anderen
Frankfurt/Oder. Und dann, am 1. August, halten sie
ihren Entlassungsschein in der Hand: entlassen aus
russischer Kriegsgefangenschaft. So steht es jedenfalls
auf dem Zettel.
Sie fahren heimwärts: in einem richtigen Personenzug.
Es verkehren nicht viele Züge. Sie sind gut gefüllt. Die
Menschen schauen die Heimkehrer an, als kämen sie
von
einem
anderen
Stern.
Auf
dem
Leipziger
Hauptbahnhof gibt es in der Bahnhofsmission einen
Schlag Suppe. Dann steigt er in den Zug nach Zwickau.
Was wird ihn wohl erwarten?
„In Zwickau angekommen, marschierte ich vom Bahnhof bis nach Hause. Es war Hochsommer und die
Sonne strahlte vom Himmel, was sie nur konnte. Meine Bekleidung war, wie schon erwähnt, ein Paar
hohe Schuhe, Größe 45, ein ausgewaschener Schlosseranzug mit enger Hochwasserhose, eine graue
russische Wattejacke und meine Gebirgsjägermütze, darunter ein ausgemergelter, kahler Kopf. Da hat
sich nicht nur einer nach mir umgedreht. Soviel Aufsehen hatte ich selten erregt. In der Bosenstraße 53
angekommen, schlich ich die Treppen hoch. Die Vorsaaltür unserer Wohnung war nur angelehnt. Und
ich, in meiner Unüberlegtheit, ging gleich bis in die Küche. Meine Mutter war gerade am Bügeln und
drehte mir den Rücken zu. Beim „Guten Tag, Mutti“ sah sie mich an: überrascht, erschrocken,
fassungslos vor Freude.“20
Hans Grünewald im Februar 1949.
Zum Zeitpunkt seiner Entlassung wiegt er 54, am 11.
November 80 Kilogramm: die Folge von Ödemen, vor
allem in den Beinen und am Bauch, ausgelöst durch
Organschwächen (besonders des Herzens) nach den
extremen Strapazen und der Unterernährung in den
letzten Jahren. Jetzt beginnt sein neues Leben.
20
Hans Grünewald: Persönliche Erinnerungen, Januar 2008.