3 K 95/15

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3 K 95/15
FINANZGERICHT HAMBURG
Az.: 3 K 95/15
Beschluss des Einzelrichters vom 29.01.2016
Rechtskraft: rechtskräftig
Normen: BewG § 68, BewG § 94
Leitsatz: 1. Erscheinungsbild bzw. bauliche Gestaltung sprechen für ein
zweckbestimmtes ortsfestes und nicht nur provisorisches Gebäude, wenn Container
mit zusätzlichen Bauteilen versehen werden, deren Abriss für eine Ortsveränderung
notwendig wäre; dagegen genügt nicht bereits das Vorhandensein von Strom-,
Wasser-, Siel- oder ähnlichen Versorgungsanschlüssen.
2. Die – entweder provisorische oder bleibende – Zweckbestimmung der
Containerbauten lässt sich prüfen anhand
- baurechtlicher Genehmigungen,
- der Funktion bzw. Art der Nutzung der Containerbauten oder
- des Ausmaßes ihrer Integration in das Unternehmen oder auf dem Gelände.
3. Soweit die Container aufgrund Vermietung bzw. Leasing im Betrieb oder auf dem
Grundstück eines Kunden des Eigentümers aufgestellt werden, kommt es auf die
dortige Prüfung von Erscheinungsbild und Zweckbestimmung an.
Überschrift: Bewertungsgesetz: Containerbauten als Gebäude?
Die Beteiligten erhalten folgende Hinweise zur Rechtslage (einschließlich der
Rechtsauffassung des Senats):
Bewertungsgesetz:
Containerbauten als Gebäude im Sinne von §§ 68, 94 BewG?
1.
Bewertungsrechtlich ist ein Gebäude ein Bauwerk, das durch räumliche
Umschließung Schutz gegen äußere Einflüsse gewährt, den nicht nur
vorübergehenden Aufenthalt von Menschen gestattet, fest mit dem Grund und Boden
verbunden sowie von einiger Beständigkeit und standfest ist (Urteile BFH vom
26.10.2011 II R 27/10, BFHE 235, 192, BStBl II 2012, 274, Rz. 13 m. w. N.,
vorgehend FG Hamburg vom 20.04.2010 3 K 18/10, EFG 2010, 1289, DStRE 2011,
356 m. w. N.).
2.
Die feste Verbindung mit dem Boden ist vor allem dann gegeben, wenn
einzelne oder durchgehende Fundamente vorhanden sind, das Bauwerk auf diese
gegründet und dadurch mit dem Boden verankert ist.
Dementsprechend werden auch Container-, Raumzellen-, Modulbauten, Pavillons,
Baracken oder Buden als Gebäude eingeordnet, soweit sie auf ortsfesten
Fundamenten ruhen (BFH, Beschluss vom 12.03.1997 II B 71/96, BFH/NV 1997,
642; Urteile vom 25.04.1996 III R 47/93, BFHE 180, 506, BStBl II 1996, 613 m. w. N.;
vom 10.06.1988 III R 65/84, BFHE 154, 143, BStBl II 1988, 847).
Befindet sich das Bauwerk auf einem Fundament, so ist unerheblich, ob das
Bauwerk mit dem Fundament fest verbunden ist, wie tief das Fundament ist und ob
es frostsicher ist (BFH-Urteile vom 10.06.1988 III R 65/84, BFHE 154, 143, BStBl II
1988, 847; vom 24.05.1963 III 140/60 U, BFHE 77, 156, BStBl III 1963, 376).
Für die Annahme eines Fundaments genügen ein Streifenfundament, eine
Pfahlgründung, eingegrabene Betonstützen oder eine andere gesonderte (eigene)
Einrichtung, die eine ortsfeste Verbindung des aufstehenden "Bauwerks" mit dem
Grund und Boden bewirkt (Urteile BFH vom 26.10.2011 II R 27/10, BFHE 235, 192,
BStBl II 2012, 274, Rz. 14 m. w. N., vorgehend FG Hamburg vom 20.04.2010 3 K
18/10, EFG 2010, 1289, DStRE 2011, 356 m. w. N.; BFH vom 25.04.1996 III R
47/93, BFHE 180, 506, BStBl II 1996, 613; vom 23.09.1988 III R 67/85, BFHE 155,
228, BStBl II 1989, 113; FG Brandenburg vom 26.01.1994 2 K 33/93 I, Juris).
Als Fundament genügt mit anderen Worten eine Einrichtung, die nicht schon durch
bloßen Abtransport wieder beseitigt werden kann (Urteile BFH vom 23.09.1988 III R
67/85, BFHE 155, 228, BStBl II 1989, 113 m. w. N.; vom 01.12.1970 VI R 380/69,
BFHE 101, 455, BStBl II 1971, 317; Thüringer FG vom 06.12.1995 I 36/95, EFG
1996, 524).
3.
Ausnahmsweise wird eine ortsfeste Verbindung auch bejaht, wenn das
Bauwerk lediglich durch sein Eigengewicht auf dem Grundstück festgehalten wird,
sofern nur dieses Eigengewicht einer Verankerung gleichwertig ist (Urteile BFH vom
26.10.2011 II R 27/10, BFHE 235, 192, BStBl II 2012, 274, Rn. 15 m. w. N.;
vorgehend FG Hamburg vom 20.04.2010 3 K 18/10, EFG 2010, 1289, DStRE 2011,
356 m. w. N.).
Dementsprechend werden ausnahmsweise auch Container-, Raumzellen- oder
Modulbauten, Pavillons, Baracken oder Buden ohne Fundament z. B. auf
Kanthölzern, Schwellen, Betonbalken, einzelnen Steinen, Platten oder dergleichen
bewertungsrechtlich als Gebäude eingeordnet; zumal es häufig nur von der
Bodenbeschaffenheit abhängt, ob ein Fundament erforderlich oder entbehrlich ist
(BFH-Urteil vom 23.09.1988 III R 67/85, BFHE 155, 228, BStBl II 1989, 113).
4.
Bei der in Ermangelung eines Fundaments nötigen Abgrenzung gegenüber
lediglich auf dem Boden abgestellten beweglichen Sachen wird auf Hilfskriterien
abgestellt (Urteile FG Rheinland-Pfalz vom 18.03.2011 4 K 2522/08, EFG 2012,
1118, DStRE 2012, 932; FG Hamburg vom 20.04.2010 3 K 18/10, EFG 2010, 1289,
DStRE 2011, 356 m. w. N.).
5.
Stets ist ein Gebäude anzunehmen bei der Aufstelldauer von sechs Jahren als
Hilfskriterium (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18.03.2011 4 K 2522/08, EFG 2012,
1118, DStRE 2012, 932). Für diese Dauer spricht der ursprünglich in § 21 BewG für
eine neue Hauptfeststellung bzw. Qualifizierung vorgesehen gewesene Zeitraum
(BFH-Urteil vom 23.09.1988 III R 67/85, BFHE 155, 228, BStBl II 1989, 113).
Nach sechs Jahren als Gebäude qualifiziert werden dementsprechend auch
Container; seien es beispielsweise Büro- oder Wohncontainer (vgl. FG Münster,
Urteil vom 13.01.1994 3 K 5924/92 EW, EFG 1994, 555) oder seien es etwa auf
einer solange betriebenen Baustelle oder zur Überbrückung eines solange laufenden
Bauvorhabens aufgestellte Container (vgl. FG Hamburg vom 20.04.2010 3 K 18/10,
EFG 2010, 1289, DStRE 2011, 356, Juris Rz. 114 m. w. N.).
6.
Als Hilfskriterien werden im Übrigen das äußere Erscheinungsbild, soweit
dieses für oder gegen die Ortsfestigkeit spricht, und die individuelle
Zweckbestimmung für oder gegen eine dauernde Nutzung geprüft, und zwar in
verschiedenen Fallgruppen (BFH, Beschluss vom 12.03.1997 II B 71/96, BFH/NV
1997, 642; Urteile vom 25.04.1996 III R 47/93, BFHE 180, 506, BStBl II 1996, 613;
vom 23.09.1988 III R 67/85, BFHE 155, 228, BStBl II 1989, 113).
7.
Zu den Lehrbeispielen für ein Gebäude gehört die Fallgruppe der ohne
besonderes Fundament abgestellten Fertiggaragen aus Beton. Bei ihnen ist das
Eigengewicht einer ortsfesten Verankerung durch Fundament gleichwertig. Sowohl
im äußeren Erscheinungsbild als auch in ihrer Zweckbestimmung erhalten sie in der
Regel durch die bleibende Integration in Wohn- oder Garagenanlagen den Charakter
eines ortsfesten Gebäudes (Urteile BFH vom 26.10.2011 II R 27/10, BFHE 235, 192,
BStBl II 2012, 274, Rz. 15 m. w. N.; i. E. vom 23.09.1988 III R 67/85, BFHE 155, 228,
BStBl II 1989, 113, Juris Rz. 14 m. w. N.).
8.
Umgekehrtes Lehrbeispiel für eine nach äußerem Erscheinungsbild und nach
Zweckbestimmung - bei weniger als sechs Jahren Aufstelldauer (oben 5) - fehlende
Gebäude-Ortsfestigkeit ist die Fallgruppe der zur Verwendung auf wechselnden
Baustellen vorgesehenen Baustellencontainer (Urteile BFH vom 23.09.1988 III R
67/85, BFHE 155, 228, BStBl II 1989, 113, Juris Rz. 16 m. w. N.; vom 18.06.1986 II
R 222/83, BFHE 147, 262, BStBl II 1986, 787; FG Hamburg vom 20.04.2010 3 K
18/10, EFG 2010, 1289, DStRE 2011, 356, Juris Rz. 114 m. w. N.).
9.
Nach Erscheinungsbild und Zweckbestimmung fehlt es vergleichbar an der
Ortsfestigkeit bei saisonal oder veranstaltungsbezogen ohne Fundament
aufgestellten Containern, die nach dem - ggfs. (wie Weihnachtsmarkt) zum Stichtag
1. Januar noch andauernden - Event ohne weiteres wie ein dortiger Kiosk
abtransportiert werden (vgl. insoweit Urteile BFH vom 01.12.1970 VI R 180/69, BFHE
100, 570, BStBl II 1971, 161; FG Rheinland-Pfalz vom 18.03.2011 4 K 2522, EFG
2012, 1118, DStRE 2012, 932).
10.
Nach Erscheinungsbild bzw. baulicher Gestaltung nicht als Gebäude zu
bewerten
sind baurechtlich
nicht
genehmigungsfähige Bauwerke,
die
dementsprechend außerdem zum menschlichen Aufenthalt ungeeignet sind (vgl.
oben 1; BFH-Urteil vom 10.12.1997 II R 10/95, HFR 1998, 543, DStZ 1998, 521).
11.
Erscheinungsbild bzw. bauliche Gestaltung sprechen unter Umständen für ein
zweckbestimmtes ortsfestes und nicht nur provisorisches Gebäude, wenn Container
oder Raumzellen mit zusätzlichen Bauteilen versehen werden, wie zum Beispiel mit
einem durchgehenden einheitlichen Dach auf einem eigens gezimmerten Dachstuhl
(FG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 09.11.1999 I 360/96, EFG 2000, 646, Juris Rz. 22,
rechtskräftig durch BFH-Beschluss vom 07.06.2000 III B 32/00, BFH/NV 2001, 45),
so dass insoweit für eine Ortsveränderung ein Abbruch und ein Wiederaufbau
notwendig wären (vgl. BFH-Urteil vom 18.06.1986 II R 222/83, BFHE 147, 262, BStBl
II 1986, 787, Juris Rz. 8 zu Ausstellungshallen).
Dagegen genügt nicht bereits das Vorhandensein von Strom-, Wasser-, Siel- oder
ähnlichen Versorgungsanschlüssen zur Annahme eines ortsfesten Gebäudes. In
Gebieten mit kommunaler Infrastruktur sind sie auch üblich bei Containern auf
wechselnden Baustellen (oben 8) oder auf Veranstaltungen (oben 9); teilweise auch
in Häfen bzw. an Schiffs- oder Bootsliegeplätzen (vgl. (FG Hamburg vom 20.04.2010
3 K 18/10, EFG 2010, 1289, DStRE 2011, 356, Juris Rz. 127, vgl. nachgehend BFHUrteil vom 26.10.2011 II R 27/10, BFHE 235, 192, BStBl II 2012, 274, Rz. 18). Unter
Umständen erlaubt allerdings die technische Art der Ausführung der
Versorgungsleitungen Rückschlüsse auf die Zweckbestimmung des Bauwerks (BFHUrteil vom 23.09.1988 III R 67/85, BFHE 155, 228, BStBl II 1989, 113).
12.
Die Zweckbestimmung als generell - außer nach sechs Jahren (oben 5) - zu
prüfendes Hilfskriterium muss sich nicht zwingend aus dem äußeren
Erscheinungsbild (oben 7 - 11) ergeben.
Beispielsweise können Containerbauten wie bei Veranstaltungen auch sonst bei
einem Unternehmen oder einer anderen Einrichtung zur Bedienung eines
kurzfristigen Mehrbedarfs aufgestellt werden. Soweit dieser nicht bereits äußerlich in
Erscheinung tritt, ist zu prüfen, wie sich diese Zweckbestimmung anderweitig
manifestiert (z. B. in Dokumenten).
Lehrbeispiel für die Zweckbestimmung sind Containerbauten als provisorische Büros
oder Unterkünfte bis zur Fertigstellung eines massiven Erweiterungsbaus.
Unabhängig davon, ob die Containerbauten neben der Baustelle in Erscheinung
treten, lässt sich dieser finale Zusammenhang anhand diesbezüglicher Unterlagen
prüfen.
Die - entweder provisorische oder bleibende - Zweckbestimmung der
Containerbauten lässt sich im Übrigen jeweils untersuchen anhand
- baurechtlicher Genehmigungen,
- der Funktion bzw. Art der Nutzung der Containerbauten,
- des Ausmaßes ihrer Integration in dem nutzenden Betrieb oder in der
Einrichtung oder auf dem jeweiligen Gelände
(BFH-Urteil vom 23.09.1988 III R 67/85, BFHE 155, 228, BStBl II 1989, 113, Juris Rz.
16 ff.).
13.
Zwar nicht generell, aber unter Umständen in der Gesamtschau mit den
vorbezeichneten Hilfskriterien können vorgesehene Aufstelldauern von drei oder
mehr Jahren für eine dauerhaft ortsfeste Aufstellung als Gebäude sprechen (FG
Sachsen-Anhalt, Urteil vom 09.11.1999 I 360/96, EFG 2000, 646, Juris Rz. 21,
nachgehend BFH-Beschluss vom 07.06.2000 III B 32/00, BFH/NV 2001, 45).
14.
Soweit die Container aufgrund Vermietung bzw. Leasing im Betrieb oder in der
Einrichtung bzw. auf dem Gelände eines Kunden des Eigentümers aufgestellt
werden, kommt es für die Qualifizierung als Gebäude - auf fremdem Grund und
Boden (§ 94 BewG) - auf die Prüfung von Erscheinungsbild und Zweckbestimmung
auf dem dortigen Grundstück und im dortigen Unternehmen gemäß dessen
Unterlagen an; und zwar im Wesentlichen nicht anders als im Vergleichsfall einer
entsprechenden dortigen Nutzung aufgrund Eigentums (BFH-Beschluss vom
07.06.2000 III B 32/00, BFH/NV 2001, 45, Juris Rz. 5 a. E., vorgehend FG SachsenAnhalt, Urteil vom 09.11.1999 I 360/96, EFG 2000, 646) oder wirtschaftlichen
Eigentums (vgl. BFH-Urteile vom 18.09.2003 X R 54/01, HFR 2004, 193, BFH/NV
2004, 474; vom 09.04.1997 II R 95/94, BFHE 182, 373, BStBl II 1997, 452).