1 1. Das Vorwerk Köllmen, hat eine recht lange Geschichte 1.01

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1 1. Das Vorwerk Köllmen, hat eine recht lange Geschichte 1.01
1.
Das Vorwerk Köllmen, hat eine recht lange Geschichte
1.01
Alles geht auf die Zeit vom 22. Dezember 1254 zurück
Im Jahr 2014 werden es 760 Jahre oder 9.120 Monate der Namensgebung Kielmy ,Köllmen.
Wir befinden uns im ehemaligen Ostpreußen, im Christburger Land, dem Oberland (südlich
von Elbing, genauer der Stadt Christburg), unmittelbar neben der ehemaligen Provinz
Westpreußen, alles hat sich von der Beschaffenheit der Landschaft kaum verändert, noch
heute – wie in anderen Ländern ebenso - sind Straßen, Bäche-, Flussläufe stets eine wertvolle
Orientierungshilfe. Im Nahbereich unseres Elternhauses fanden wir zwei Flussläufe:
a) Die Alte Sorge
b) Die Köllmer Sorge (Krebisbach, Krebsbach) und
In der Ordenszeit hieß unser Fluss Sirgune, Sirgun, Serige, Sirge, Sorge. Der Name ist
prußisch. „Sirgis“ heißt auf prußisch Hengst und die Silbe „un“ ist eine Nachsilbe, sog.
Suffix, „Fluss der Hengste“.
Die nächste Stadt von unserem Elternhaus war Christburg, ca. 6,5 Straßenkilometer von
Köllmen entfernt und gehörte zur Provinz Westpreußen, wir dagegen wohnten in Ostpreußen.
Durch die Bodenbeschaffenheit bedingt, lag der Bahnhof –ab 1893- von Christburg ca. 2 km
südlich von der Stadt in Richtung Altstadt gesehen. Die erst erwähnte „Christburg“, Burg Christi,1 war eine Burganlage (auf der Höhe von 119,9
m) aus dem Jahr 1234, Luftlinie ca. 2,5 km südlich von Köllmen, an der Sakrinter Sorge. Um
sie wurde stets von Heiden und Christen heiß gerungen.
„Von dieser Burg ist das ganze pomsanische und das Land Resin zur Taufbereitschaft und
zum katholischen Glauben geführt worden.“
Im gleichen Jahrhundert wurde sie zerstört. Erst im Jahr 1935 wurde sie entdeckt und
freigelegt. Eine „Nebenburg“ ca. 1230 erbaut, liegt ostwärts von Altstadt, sie trug bis 1945
den Namen „Schwedenschanze“, noch in den Karten von 1938 gut vorzufinden.
Die zweite erwähnte „Christburg“, die spätere Stadt Christburg, wurde 1248 von Landmeister
Heinrich von Weida auf steiler Berghöhe noch als Holzburg, ab 1260 als Steinburg, an der
Sorge erbaut. Am 22. Dezember 1254 wird erstmals in einer Ermländischen Urkunde
Christburg als Stadt erwähnt. Unendlich vieles wurde über die Jahrhunderte erforscht und
natürlich festgehalten, ein Nachlesen ist zu empfehlen.
1816 wurde Christburg nach langen Verhandlungen Kreisstadt. Da jedoch die Räumlichkeiten
fehlten, wurde das Landratsamt nach Stuhm verlegt und ab 01. April 1818 hieß der
Christburger Landkreis, Kreis Stuhm, auch in Westpreußen.2
1958 erhielt die Stadt die polnische Bezeichnung Dzierzgon, „Sirgunestadt“.
1
2
Piepkorn, Otto, S. 70
Piepkorn, Otto, S. 162
1
Das Dorf Altstadt
Bevor ich auf das Vorwerk Köllmen eingehe, soll zunächst das Dorf „Altstadt“ erwähnt
werden.
Wir gehörten zum Kreis Mohrungen und wohnten im westlichen Teil des Kreises, der zu
Ostpreußen gehörte.
Das kleine Straßendorf zwischen der Stadt Christburg und Alt-Christburg gelegen. Am 3. Mai
1312 wurde das bereits kleine, bestehende Dorf, damals noch „Aldinstat“ genannt, mit einer
Handfeste ausgestattet. Die Handfeste besagte: „Och lege wir da selbes eynen krezem (Krug)
uf eynen garten, den Tycze (der Krüger) und syne erbin erbelich und ewiclich sullen
besiczen!“ 3
Es gehörte zu den ältesten Dörfern des Kreises, denn es lag an einer sehr alten Handelsstraße,
die von Nord nach Süd führte. Auf dem Kirchberg stand einst eine kleine Burg, die ein
Wächterhaus an der Furt gewesen sein soll. Die Ländereien um Altstadt gehörten dem
Geschlecht von Wallenrodt, das auch den Hochmeister gestellt hat. Bis zum Jahr 1732 waren
die Bauern in Altstadt den Wallenrodts erdgebunden und gehörten von diesem Jahr ab
Alexander Aemilius Burggraf Graf zu Dohna-Schlobitten. Am 1. Februar 1818 erfolgte im
Kreis Mohrungen eine Neueinteilung, somit wurde Altstadt in den neuen Kreis einbezogen.
Ab 1827 erhielten die Bauern das Land zur Hälfte als Eigentum.
Schon zu Beginn der Bebauung war es so, dass die Höfe in quadratischer Form im Dorf nach
einem regelrechten Plan zu beiden Seiten der Dorfstraße angelegt wurden. 1845 wurde die
Chaussee von Christburg nach Riesenburg ausgebaut, die Sorge bekam eine Holzbrücke, nach
dem 1. Weltkrieg wurde sie durch eine Betonbrücke ersetzt.
1907 wurde der Gesangverein, zugleich Gesang-, Musik-, und Spielverein gegründet. Es
bestanden auch Sport-, Schützen-, Frauen-, Kriegervereine und eine Freiwillige Feuerwehr.
Nur einige Familien, mit denen auch unsere Eltern Kontakt hatten, möchte ich erwähnen, da
sie Altstadt „auch belebten“.4
1. Forstamt Brettmann, Hans-Georg. Das Forstamt (1929-1945), lag unmittelbar hinter
dem Kriegerdenkmal und befand sich im Besitz Alexander Fürst zu DohnaSchlobitten. Forstmeister Brettmann war Hegeringleiter und Kreisjägermeister. Ihm
waren die Prökelwitzer Forste, Königsseer Heide 461,56 ha und Sakrinten Forst
654,48 ha unterstellt. Holzboden 1048,36 ha und Nichtholz 67,67 ha.
Herrn B. waren unterstellt: Revierförster Becker für Königssee, Haumeister Lupowski
für Wachberg, der Nachfolger war Haumeister Krause, Wachberg. Brettmanns
Vorgänger, Wildmeister Schmidt, war bis 1929 hier verantwortlich.
Außerdem hatte der Fürst auch noch eine Fasanerie in seinem Revier, sowie
Karpfenteiche, einen Birken-, und Bahndammteich, die er ebenfalls betreuen musste.
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Piepkorn, Otto, S. 87
Aussage Ilse Schütt, geb. Brettmann vom 19.11 2003 und 04.12. 2003.
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Herr Brettmann wurde in der Preußischen Forstakademie in Eberswalde, Mark
Brandenburg ausgebildet.5 Am 18./19. Januar 1945 – Die Rote Armee rückte immer näher, große Unruhe
bedrückte die Menschen in Altstadt – und dort war Herr Brettmann, Oberstleutnant
einer Flakabteilung der Luftwaffe, gerade auf Genesungsurlaub. In Uniform hielt er
jedes Wehrmachtsfahrzeug (ohne jegliche militärische, politische Genehmigung) an
und verfrachtete vor allem Mütter mit ihren Kindern, die gen Westen gelangen sollten.
Ab dem 22. Januar 1945 organisierte er für die Restbewohner noch die Flucht und
rettete somit vielen Menschen das Leben. Auch diese Maßnahme erfolgte ohne
Genehmigung von Behörden o. ä., die Folge wäre eine standrechtliche Erschießung
für ihn gewesen. Seine Hilfen dürfen nicht vergessen werden!
Im Frühjahr 2006 befanden wir uns während eines Besuches der Heimat, natürlich
auch in Köllmen. Im Dorf Altstadt noch am alten Standort der Försterei Brettmann,
fanden wir nur zwei Treppenstufen, das Haus steht schon lange nicht mehr!
2. Lehrer Schröder, mit der Dorfschule.
Diese Schule stand seit der Reformationszeit stets neben der Kirche und trug den
Namen „Kirchschule“. Der Lehrer war gleichzeitig Organist, ab 1937 wurden diese
beiden Stellen getrennt. Folgende Lehrer sind zu benennen: Herr Ruh, Müller, Wichmann, Fräulein Arendt, Standge, Fräulein Ewert, Herr Neubert, Sobenland, Pokrandt,
Richter, Bader und Palenszat. Hier wären meine Schwester Rosmarie und ich
eingeschult worden, es kam jedoch alles anders.
3. Gasthaus Muscheites. Vor vielen Jahrhunderten überquerten Kaufleute, Händler mit
ihren Waren (insbesondere dem begehrten Bernstein) fast genau an diesem Ort den
Fluss die Sorge. Hier konnte man Lebensmittel und Kohle einkaufen. Weiterhin
betrieb M. eine Imkerei und vor allen Dingen einen Schießstand für den ortansässigen
Schützenverein. Nach dem Wettschießen marschierte der Schützenverein (wie in
vielen anderen Dörfern, Städten der Heimat) durch den Wohnbereich, die Kapelle
vorweg und spielte oft den Schützenmarsch: „Ich schieß den Hirsch im wilden Forst,
im tiefen Tal dasReh! Den Adler auf der Klippe Horst, die Enten auf dem See!“6Vor
dem Hause des Königs entstand gewöhnlich ein Auflauf, nach kurzem Verweilen
erfolgte der Rückmarsch zum Schützenhaus. Ein gutes Essen und Trinken folgte
diesem Umzug, der herrliche Sommertag schloß mit dem späteren Tanzabend.
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Bürgermeister Sefzig, leider nichts bekannt.
Amtsvorsteher Mallek war auch Standesbeamter von Altstadt.
Schmiedemeister Müller, das Vorwerk Köllmen hatte einen eigenen Schmied.
Wildmeister Gustav Schmidt (1847–1926) wohl einer der bekanntesten Forstmeister
in Ostpreußen. Schmidt leistete seinen Militärdienst im Ostpreußischen Jägerbataillon
Nr. 1, Garnison Ortelsburg ab. Er nahm an den Feldzügen 1870/71 (August 1870
schwer verwundet) und 1914/18 mit hohen Auszeichnungen teil. 1871 war er zunächst
als Revierjäger in Köllmen Burggraf und Graf zu Dohna Schlobitten nicht vergessen
und ab 1873 zog er in ein Haus nahe der Mühle, Neumühl (sie wird erstmals 1387
Gründung durch Friedrich den Großen
Piepkorn, Otto, S. 135
3
erwähnt) südlich von Köllmen, um. Im Jahr 1874 wurde Schmidt mit Ernestine,
Mathilde geb. Freitag in der St. Peter und Paul Kirche zu Altstadt getraut.
Durch seine Fachkenntnisse im Forst und Wild wurde er von Richard Graf zu DohnaSchlobitten (später von Kaiser Wilhelm II. in den Fürstenstand, Fürst zu DohnaSchlobitten, erhoben) gefördert. Schmidt begleitete Fürst Dohna auf europäischen
Reisen und Jagden und sah somit „Die Welt“. Die großen Wälder von Prökelwitz
wurden die Jagdgebiete des deutschen Kaisers. Schmidt war für die Vorbereitung und
Ausführung hauptverantwortlich. (Wo stehen die besten und größten Rehböcke, wo ist
die beste Pirsch). Er wurde zum Wildmeister ernannt, damals wirklich eine Seltenheit.
SKH war nach glücklicher Jagd besonders dankbar und schenkte dem Wildmeister
eine goldene Taschenuhr mit Widmung und schwerer Goldkette. – Aus der Ehe gingen
16 Kinder (alle in Neumühl geboren) hervor, 8 starben nach der Geburt, 8 weitere
erlebten einige schöne Jahre. Von diesen Kindern waren 5 Söhne zu verzeichnen, 3
davon fielen im I. Weltkrieg.
Das 7. Kind, Elise (Lieschen) Schmidt wird noch erwähnt, da sie Vaters
Taschenmesser mit der Inschrift „Fritz Brandes 1939“ gravierte. 1912 zog Schmidt
mit seiner Familie nach Altstadt um. Nach seinem Tod sandte Seine Kaiserliche
Hoheit, Kaiser Wilhelm II. aus seinem Exil, Haus Doorn in Holland, folgendes
Telegramm an Alexander Fürst zu Dohna-Schlobitten:
„Haus Doorn, den 3. Dezember 1926. Seiner Durchlaucht dem Fürsten zu DohnaSchlobitten, Schlobitten. Seine Majestät der Kaiser und König lassen Eure
Durchlaucht für die telegraphische Meldung vom Ableben des alten braven
Wildmeisters Gustav Schmidt zu Altstadt sehr danken und Euer Durchlaucht bitten,
den Hinterbliebenen Allerhöchst sein herzliches Beileid auszusprechen. Seine
Majestät denken dabei gern an die schönen Jagdtage in den Fürstlichen Revieren und
der treuen Dienste des Verstorbenen. – Mit dem Ausdruck der vorzüglichsten
Hochachtung habe ich die Ehre zu sein Euer Durchlaucht sehr ergebener gez. v.
Kleist“ 7
8. Unsere schöne Dorfkirche, St. Peter und Paul wurde erstmals 1250 gebaut. Altstadt
war auch ein Kirchdorf, später ein Kirchspiel, zu dem auch das Gut Prökelwitz
gehörte. Die Kirche war ein altehrwürdiger Bau, sie wurde im 1. Schwedischpolnischen Krieg –1605-1635- zerstört. Der Patron Wallenrodt hat sie wieder so
herrichten lassen, wie sie früher war. Altar und Kanzel waren mit Holzschnitzerei
reich verziert. Ein Deckengemälde zeigt die Auferstehung von Jesu. An der
Orgelempore sah man in verschiedenen Feldern den Leidensweg Jesu. – Kaiser
Wilhelm II. besuchte häufig den Gottesdienst, wenn er in Prökelwitz auf der Jagd war.
Im 1. Weltkrieg musste eine Glocke abgeliefert werden und lange Zeit hatte die Kirche
nur eine Glocke. Mehrere Jahrzehnte bis kurz vor dem 1. Weltkrieg wirkte Pastor
Heinrich Severin Holland (1889 bis 1926) Vater und Sohn in der Kirche. Später war
bis 1930 Pastor Müller dann eingesetzt. Es folgte Pastor Needra als Geistlicher und
blieb bis zum Jahr 1937 – ein ungewöhnlich kluger Mann.8
Nun ist aus dem Jahr 2009 gerade über diese alte Dorfkirche äußerst viel zu berichten.
Ein kleines Wunder –Deutschland – Amerika – Polen, geschah!
7
8
Geschichte Kreis Pr. Holland, S. 103 und Ergänzung zum Buch III (H. Sch) III/42
Aussage Alexander Fürst zu Dohna-Schlobitten, 1967
4
Andreas Needra, Andrievs Niedra(* 8. Februar 1871 in der Gemeinde Tirza bei
Gulbene (deutsch: Schwanenburg), Livland (lettisch: Vidzeme), † 25. September 1942
in Riga), war ein lettischer Schriftsteller, ein lutherischer Pastor und Ministerpräsident
einer zwischen April und Juni 1919 während des lettischen Befreiungskrieges von den
Deutschen in Lettland eingesetzten Marionettenregierung. Zwischen 1890 und 1899
studierte er an der Universität zu Dorpat Theologie. In seinen Geschichten, Schriften
und Theaterstücken verband er auf ansprechende Weise realistische Fiktion mit
idealistischen Vorstellungen, sein Thema war vielfach die Herausbildung der
Lettischen Intelligentsia und die Situation des Landvolkes in Bezug auf die
vorherrschenden Deutschbalten. Niedra glaubte daran, dass sich die Gesellschaft nur
durch Evolution, nicht durch Revolution entwickeln könne. Er war ein erbitterter
Gegner des Sozialismus und wurde in einer zunehmend revolutionären Gesellschaft
als Reaktionär gesehen.
Nachdem er mit den deutschen Militärbehörden zusammengearbeitet hatte und nach
deren Niederlage floh Andrievs Niedra aus Lettland. 1924 kehrte er zurück, kam
wegen Landesverrats vor Gericht und wurde des Landes verwiesen. Im Exil nahm er
die deutsche Staatsbürgerschaft an, wurde zum Pastor einer Glaubensgemeinde in
Ostpreußen –Altstadt- und schrieb ein längeres Werk mit dem Titel Tautas nodevēja
atmiņas (Memoiren eines Volksverräters) nieder. Die erste Auflage des ersten Teils
wurde unter Kārlis Ulmanis nach dem Staatsstreich vom 15. Mai 1934 vernichtet,
seine Werke verboten. Niedra kehrte während der deutschen Besetzung Lettlands in
seine Heimat zurück und starb in Rīga.9 Anmerkung des Autors: Er soll 1942 ermordet
worden sein. Von 1937 bis 1942 war die Pfarrstelle unbesetzt. Von 1942 bis 1945 war Pastor Heinz
Wagenknecht in Altstadt tätig. Unsere Eltern waren oft zu den Gottesdiensten in dieser
schönen Dorfkirche. - Heute wird sie als katholisches Gotteshaus aus dem ehemaligen
Saalfeld betreut.
Die historische Orgel in der Kirche zu Altstadt
Professor Christian Holland war in Vertretung seines Vetters, Peter Adrian –in New
York lebend, er war der Enkel von Pastor Heinrich Severin Holland und ist in Altstadt
geboren-. Als die Eltern von Peter Adrian fortzogen, besuchte er seinen Großvater
häufig und spielte so oft er konnte und voller Leidenschaft die schöne Barockorgel in
der Kirche. Die Orgel wurde 1797 von Friederich Wilhelm Fischer aus Guttstadt,
installiert, 1863 umgebaut und hatte einen besonders schönen Klang, sie verfügt über
I/P Manuale, 12 Register. Als Adrian 2008 die alte Stätte besuchte, fand er voller
Wehmut eine fast vollständig zerstörte Orgel vor. Nach Treffen mit dem heute
zuständigen Pastor Czajkowski aus Christburg und dem Elbinger Bischof beschloss er
kurzerhand, die Orgel wieder restaurieren zu lassen und beauftragte die Orgelbau- und
Restaurierungswerkstatt Rainer Wolter10 aus Zörbig, südöstlich von Köthen, SachsenAnhalt. Die Finanzierung hat Herr Adrian persönlich übernommen, aber es können
sich noch ehemalige Altstädter mit einer Spende beteiligen. Es ist geplant, die Orgel in
9
Auszug aus dem Internet, Andrievs Niedra, Ministerpräsident Lettlands
Siehe Anlage 1
10
5
einer besonderen Feierstunde der polnischen Gemeinde am ersten oder zweiten
Wochenende im Oktober 2009 zu übergeben.11
Während der Orgelkontrolle (Klangstimme) 2008 wurde im Inneren ein aufgeklebter
Zettel mit folgender Aufschrift gefunden:
„Diese Orgel hat der Orgelbauer F. W. Fischer im Jahre 1797 erbaut und den 20ten
November desselben Jahres aufgestellt. Sie hatte in ihrer ursprünglichen Form kein
Pedal und einige kreischende Stimmen. Im Jahr 1863 wurde sie durch den Orgelbauer
J. Jenzen (?) aus Danzig völlig umgebaut und in der jetzigen Form am 31ten October
desselben Jahres vollständig fertig übergeben. Die Kosten für den Umbau hat der
Herr Kirchenpatron Graf Richard Dohna Schlobitten allein getragen. Diese Notizen
werden hiermit zum Gedächtnis künftiger Zeiten niedergelegt.
Kirche Altstadt den 31ten October 1863
G. M. Schumann zeitiger Pfarrer.“
---------------------------Ansprache von Friedrich Burggraf und Graf zu Dohna-Schlobitten zur Einweihung der neuen
Orgel in Stare Miasto (Altstadt) am 11. Oktober 2009
Wasza Ekselencjo! Euer Excellenz!
Szanowni państwo! Sehr geehrte Damen und Herren!
Erlauben Sie mir bitte zunächst ein Wort zu meiner Person:
Ich bin ein deutscher Bürger, der in der Nähe von Königsberg geboren wurde, in Schlobitten
und Prökelwitz, dem heutigen Prakwice, aufgewachsen ist und der jetzt in der Nähe von
Hamburg lebt. Dieser Ortswechsel ist ein kleiner Teil der großen deutsch-polnischen
Geschichte, die ebenso wie die Geschichte meiner Familie mich mein ganzes Leben begleitet.
Prakwice gehörte schon lange zum Kirchspiel von Stare Miasto. Daher war ich schon als
Kind in dieser Kirche. Ich kann mich aber nicht daran erinnern. Mein Freund, Jochen Prinz,
etwas älter als ich, hat mir erzählt, dass er zusammen mit seinem und meinem Vater dort auf
dem Patronatsstuhl gesessen hat – wie gesagt Geschichte.
Vorgestern hatten wir ein historisches Datum, den Tag der Helden von Dresden. 70.000
waren vor 20 Jahren durch die Stadt gezogen und hatten für Menschenrechte und Freiheit
demonstriert. Ihr Ruf: „Wir sind das Volk“ gellt mir heute noch in den Ohren. Die
vorbereitete, blutige Niederschlagung unterblieb und die friedliche Revolution breitete sich
über das ganze Land aus. Der Untergang der DDR und die Öffnung der Mauer waren
unausweichlich. All das war nur möglich, weil der Aufstand in Polen und die SolidarnośćBewegung in Gdingen und Gdansk 1970 das Gomulka-Regime weggefegt hatten. Damit
begann die Auflösung des Ostblocks.
11
Siehe Anlage 1, Schütt, Ilse
6
Geschichtsträchtig ist auch die heutige Feier und ich freue mich sehr, an dieser Stunde der
deutsch-polnischen Völkerverständigung teilnehmen zu können, die Herrn Adrian und Herrn
Professor Holland sowie den beteiligten polnischen Herren zu verdanken ist. Ich bringe die
Glückwünsche und Grüße meiner Geschwister – ganz im Sinne unseres Vaters, der schon vor
dreißig Jahren Brücken über das Vergangene geschlagen hat und sich immer wieder für diese
Kirche einsetzte.
Zum Schluß noch ein Wort zur Orgel, der „Königin der Instrumente“ wie sie jüngst auch von
Papst Benedikt genannt wurde. Möge sie allzeit Gott loben, danken und „Soli deo gloria“
singen!
Dziękuję bardzo, Fritz zu Dohna12
Meine Frau und ich konnten erstmals im September 2012 diese Kirche betreten und waren
über die herrlichen, noch gut erhaltenen, alten Deckenmalereien aus dem 17. Jahrhundert
überrascht. Es war eine lang ersehnte und besinnliche Stunde!
Auch an die älteren Menschen wurde gedacht, Witwen der Wald-, Landarbeiter bewohnten
saubere Stuben in einem „Spital“, hier hatten sie ihren Ruhesitz. Sie konnten sich „selbst
bekochen“. Es wurde auch Holz, Strauch, Kartoffeln, Mehl und Nahrung sowie ein kleines
Taschengeld von der Fürstlichen Verwaltung gegeben. Ja, so dachte die Fürstenfamilie an ihre
alten Mitarbeiter, gerade heute wird diese Passage oft falsch dargestellt, denn einige
Historiker berichten ungenau. –
Das Dorf Altstadt erhielt im Jahr 1928 elektrischen Strom, ob das Vorwerk Köllmen
einbezogen wurde, ist nicht bekannt.13 Altstadt konnte im Jahr 1933, 409 und im Jahr 1939,
366 Einwohner nachweisen. In diese Summen waren auch Köllmen und Glanden
einbezogen14
Im Januar 1945 wurden von sowjetischen Verbänden alle großen Gebäude des Dorfes, wie
das Gasthaus, die neue Schule und das Forstamt in Brand gesteckt und total niedergebrannt.
1958 erhielt Altstadt den polnischen Namen Stare Miasto.
Ab 1945 wurden polnische Bürger aus Litauen, Weißrussland und der Ukraine auch in diese
Region zwangsumgesiedelt, nun bestimmen sie die Geschicke unserer Kreisstadt Mohrungen,
45 km von Köllmen entfernt. Diese Stadt trägt heute den Namen Morag. Durch die Bildung
der Kreisgemeinschaften im Westen Deutschlands und die Übernahme der Patenschaft 1954
durch Gießen blieben die Mohrunger mit dem Roten Faden ihre Heimat verbunden.
Im September 2001 wurde der Patenschaftvertrag zwischen der Kreisgemeinschaft Mohrungen und der polnischen, politischen Stadt Morag abgeschlossen. Zur großen Freude vieler
Heimatvertriebener eine wertvolle Verbindung nach Ost und West und umgekehrt, es ist der
einzige und richtige Weg für unsere Zukunft! Heimattreffen werden im heutigen Morag von
uns Deutschen und den Polen organisiert, welch eine Freude. –
12
Freundliche Übersetzung + Zusendung, Oktober 2009, von Lech Slodownik, Elblag, Polen
Internet, Daten zu Stadt und Kreis Mohrungen, von Dr. Ernst Vogelsang
14
Internet, Auszug Deutsche Verwaltungsgeschichte Preußen und Ostpreußen
13
7
Leben und Wirken unserer Eltern, Fritz und Irmtraut Brandes auf Vorwerk Köllmen.
Das Vorwerk war Eigentum Seiner Durchlaucht Alexander Fürst zu Dohna-Schlobitten. Sein
Großvater, Richard Wilhelm Fürst zu Dohna-Schlobitten (1843–1916) Schon 1820 wurde das
Herrenhaus Cöllmen gebaut. Burggraf und Graf Richard pflanzte im Jahr 1871 auch die noch
heute vorhandene Eiche, die Friedenseiche. Das einstöckige Herrenhaus wurde gelb-weiße
gestrichen. Wohl zur gleichen Zeit entstand der kleine Park, links neben dem Haus, aus
Richtung Westen gesehen. Als Richard Fürst zu Dohna-Schlobitten (1837-1916) zu Lebzeiten
seines Vaters Richard Friedrich, 1867/68 hier seinen Hausstand gründete, war diese
vermutlich der Anlass das Gebäude um drei Achsen zu verlängern, wobei ein zweiter
gleichartiger klassizistischer Giebel hinzugefügt wurde. Im Jahr 2001 – als es schon nicht
mehr vorhanden war - wurde es erneut beurteilt15: Es handelt sich um ein spätbarockes
Gebäude mit klassizistischen Elementen ersetzt. Elf Achsen mit zwei Rislitten/Giebeln mit
Giebelkrönung und klassizistischem Abschluss. Die Vierte und achte Achse ist eingeschossig,
das lange Dach ist ein Ziegelsatteldach.“
Am 01. Januar 1900 wurde Richard Wilhelm Burggraf und Graf zu Dohna von Seiner
Kaiserlichen Hoheit Wilhelm II. in den erblichen Fürstenstand erhoben. - Auch unsere alte
Heimat, in der Rosmarie und ich die ersten Jahre verleben durften hat eine bewegte,
historische Vergangenheit, die etwas vorgestellt werden muss.
Die ehemalige Gebäudeaufteilung der Hofanlage:
1. Gutshaus, davor ein Teich
2. Südlich vom Gutshaus die Stellmacherei vorne, die Schmiede dahinter
3. Molkerei, Waschküche, davor Holz und Kohleschuppen
4. Schafstall
5. Kuhstall
6. Schweinestall
7. Feldscheune, Dreschhaus
8. Stall
9. Schweinestall hinten, großer Pferdestall vorne
10. Oberschweitzer, Melkermeister
11. Hausteil 1. Gespannführer, rechts daneben Gemüsegarten
12. Insthäuser.
In Köllmen ist mit dem Stand von 2012 fast kein Gebäude mehr vorhanden. Geographisch
war Köllmen mit Höhen von 70,1 m bis 75,9 m festgehalten.16
Das Vorwerk Köllmen, auch in der schreibweise Cöllmen, sogar als Rittergut Cöllmen
vorzufinden, hier ein kleiner geschichtlicher Abriss.
Die vergangene Ordenszeit greift erneut in das Umfeld der Eltern. Köllmen ist eine
Verschreibung des Hochmeisters Winrich von Kniprode aus dem Jahr 1353 eine
Eintragung im Grundbuch des Amtes Preußisch Mark unter Nr. 22 bestätigt es.
15
16
Messerschmidt, Thomas, Kunsthistoriker, Flensburg, März 2001
Messtischblatt Nr. 2182, Alt Christburg, 1938
8
Folgendes wurde überliefert: „Donnerstag in der Pfingstwoche, 16. Mai 1353, Marienburg;
Der Hochmeister Winrich von Kniprode verleiht dem getreuen Peter und seinem Erben
dreizehn Hufeen binnen den Dörfern Konigisse, Poburse, Garbeniken, Aldineristburg und
Aldinstadt zu kulmischen Rechte. Unter Kelmen werden folgende Besitzer genannt Tunge
1395-1399 und Jacob Tungen Sohn 1396, Namyr 1395, Thomas Glande 1399-1409 und
Thomas Glandin Sohn 1398, Nicze Klemen, Nitcze von Kelmen 1399-1411.“ Von diesen
Erstbesitzern stammt der spätere Namen Köllmen ab.17
Thomas Glande gab vermutlich dem späteren Glanden den Namen.18 Wie später über
Schlobitten und Prökelwitz berichtet wird, befand sich das spätere Vorwerk Cöllmen auch im
Besitz Fürst zu Dohna-Schlobitten.
Nach dem 1. Weltkrieg wurden sämtliche verpachteten Güter nach und nach in eigene Bewirtschaftung übernommen und die Landwirtschaft vollständig umgestaltet. Notwendig für eine
neuzeitliche Ackerwirtschaft mit entsprechenden Fruchtfolgen war die Durchführung
umfangreicher Dränagen und Entwässerung der Wiesen. Es wurde sehr viel Geld investiert,
wo auch die Arbeiterwohnungen nicht vergessen werden dürfen. Hier wurde neu gebaut oder
renoviert. - Die Pächter zuvor sind nicht zu ermitteln, nur bis 1937 war Herr Schumann
benannt. Dann trat unser Vater, Fritz Brandes als Oberinspektor seinen Dienst an. Im Jahr
1938 heiraten unsere Eltern in der Kirche zu Locken im Kreis Osterode.
Fürst zu Dohna-Schlobitten hielt 1967 über Köllmen folgendes fest: „Als Muster moderner
Wirtschaft wurden die Güter Köllmen und Glanden bei der Pachtübernahme mit neuem
Inventar versehen. Dazu gehörten in erster Linie Ackerwagen auf Gummirädern die nur noch
zwei und dreispännig vom Bock aus gefahren oder von Traktoren gezogen werden konnten.
Das Getreide mähte man mit Zapfwellenbindern. Es wurde dann in einer Stahl-Lanz
Dreschmaschine unmittelbar vom Feld gedroschen, das Stroh in Ballen gepresst und auf
große Haufen geschoben. Das meiste anfallende Getreide verkaufte man sofort vom Felde, bis
auf das Saatgut, das in einer eigenen Reinigungsanlage für diesen Zweck hergerichtet wurde.
Die frei gewordene große Scheune diente nach Umbau als moderner Schweinestall, der über
1000 Schweine fassen konnte. Eine Siloanlage sorgte für das erforderliche Futter. Das Heu
wurde über Pic-Up-Maschinen oder über Reuter geerntet. Die in Köllmen gemachten guten
Erfolge führten dazu, dass auch die anderen Prökelwitzer Güter nach und nach auf ähnliche
Weise modernisiert wurden! Der wertvolle Forst wurde neu vermessen und eingerichtet. Es
wurde viel Wertholz, wie Lärchen, Fichten, Eichen, Buchen und Eschen, sogar Douglastannen gepflanzt. Heute stehen in dem alten Forst viele große und wertvolle Bäume. Der
Kiefernbestand wurde reduziert.
Das war der große, einmalige Einstieg unsere Eltern, als sie Vorwerk Köllmen gemeinsam im
Jahr 1938 übernahmen. Die Sympathie bestand sicherlich auf Gegenseitigkeit – Besitzer und
Verwalter. - Vater war schon bereits 1937 als Verwalter eingesetzt. Mit der Arbeit des
Pächters zuvor war Fürst zu Dohna-Schlobitten nicht zufrieden, daher die Neubesetzung.
Auszug aus dem Grundbuchamt, 193219
17
18
Handfestenbücher Christburg 10 und 11., S. 54 Schuldbuch S. 54, Schatullgüter 12 844
Dito
9
Ein Nachweis zur Zeit unserer Eltern kann nicht vorgelegt werden, da z. Zt. die Quellen
fehlen. Der ganze Bestand stieg durch Bewirtschaftung (auf Anordnung des Fürsten, totaler
Neubeginn der Bewirtschaftung) unseres Vaters, der nach 1934 die Maßnahmen Seiner
Durchlaucht Fürst Dohna-Schlobitten in ganz neue Wirtschaftspläne umsetzte.
Für Köllmen und Glanden waren eingetragen:
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Fläche, ges.
Ackerland
Wiesen
Weiden
Hofwege
Pferdebestand
Vieh
Milchkühe
Merinoschafe
Schweine
396
262
52
70
12
63
190
70
25
120
ha
ha
ha
ha
ha
Stück
Stück
Stück
Stück
Stück
Ein Bestandsnachweis von 1938 bis 1944 kann z. Zt. nicht vorgelegt werden. Nach vielen
Erzählungen müßte der Bestand höher gelegen haben, denn u. a. wurde für 25 Schafe kein
Schäfer eingestellt.
Erläuterung zum Gutshaus:
Alle Fenster waren mit Doppelfenstern versehen, das Innenfenster wurde im Sommer – sie
waren alle nummeriert - vom Stellmacher zur Kontrolle, ggf. vom Gutsmaler neu gestrichen,
herausgenommen. Anfang Herbst jeden Jahres baute der Stellmacher alle Doppelfenster
wieder ein. Alle Öfen, vielfach Kachelöfen konnten nur vom Flur beheizt werden, der damit
auch noch eine gewisse Wärme, gerade im kalten Winter, erhielt.
Erläuterung zu den Parterrezimmern20:
1. Überdachte Terrasse mit Haupteingang
2. Kleiner Flur
3. Kleines Zimmer, von dem es in das Eßzimmer ging, Flügeltüren öffneten die
Bereiche. Von hier gelang man durch eine Flügeltür in das Fürstenzimmer
4. Herrenzimmer
5. Fürstenzimmer, wenn Seine Durchlaucht zu Besuch kam
6. Langer Flur mit Ausgang zum Hof
7. Elternschlafzimmer
8. Badezimmer, es lag neben dem Elternschlafzimmer
9. Flurnische mit Blumenbänken
10. Wohnzimmer
11. Büro von Vater
12. Esszimmer für großen Besuch, eine Tür ließ den Zutritt zum Garten zu
13. Speisekammer
19
Wehner Hans, S. 377
Aussage Mutti, April 2002 & Rosmarie vom 15.07. 2003, 2012 ein nachweisbarer Grundriss wird noch
gesucht
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14. Große Bauernküche mit Flügeltür zum Garten und Park.
Im Obergeschoss befanden sich:
1. Gen Osten gesehen, ein großes Zimmer, das Rollzimmer, hier wurde die Wäsche
gemangelt, gerollt, wie man früher sagte.
2. Zur Hofseite befand sich ein Gäste- und Mädchenzimmer, hier wohnten nach 1943
„Ausgebomte“ aus Berlin.
In der Küche war fließend Wasser, im Bad und WC ebenso. Die Eltern waren unter der
Fernsprechnummer, Christburg Nr. 115 zu erreichen (das Telefon stand im Flur), damals
schon eine wertvolle Hilfe.
Zum Einzug, 1938, erhielt Mutti von Ihrer Durchlaucht der Fürstin einen blaugrauen
Perserkater, mit Namen MAUTZI geschenkt, die sehr gerne auf der Abwäsche in der Küche
„ihr Geschäft“ verrichtete, sie saß auch gerne im Wohnzimmer auf dem Gardinenbrett.21 Ob
sich Mutti darüber als Hausfrau ärgerte, wird sicherlich zutreffen, denn der Kater kletterte
dazu die Gardinen empor. Zu dem Kater wurde von Onkel Horst und Tante Irene Bieber –Gut
Duhnau- ein Dackel mit dem Namen SEPPEL geschenkt. Beide Tiere schliefen gemeinsam
im Körbchen! –
Meine Schwester Rosmarie wurde 1940 und ich im Jahr 1942 geboren.
Bis zum 21. Januar 1945 wohnten auf Köllmen, teilweise in Glanden folgende Familien:22
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Brandes, Fritz, Oberinspektor, 2. Sohn von Max und Hulda Brandes, Gut Koppeln,
Kreis Preußisch Holland
Brandes, Irmtraut, einzige Tochter von Bruno und Lina Grommelt, Gasthof- und
Hotelbesitzer, Standesbeamter in Brückendorf bei Locken, Kreis Osterode
Koslowski, Otto, Treckerführer, Ehefrau war die Schwester von Frau Meiritz
Koslowski Gustav, Rentner
Krupp, Richard, Schäfermeister
Krupp, Gerda, verh. Junker, in Hoya an der Weser lebend, das Kindermädchen23 von
Winfried
Meiritz, Heinrich, Instfamilie, auch mit deren Tochter Lina (26.09.1926 05.02.1992), auf dem Granseer-Stadtfriedhof beigesetzt), unser Kindermädchen in
Köllmen) ist nicht mit dem Prökelwitzter-Treck, am 20. Januar 1945 gen Westen
geflüchtet. Durch nicht mehr zu ermittelnde Umstände bedingt, den Geschützdonner
der Roten Armee immer im Ohr trecken Familie Meiritz selbständig in Richtung
Prökelwitz dann über Christburg weiter nach Westen. Nach langer, nicht zu
beschreibender Zeit und Qual „landeten“ sie in Gransee/Mark Brandenburg, nördlich
von Oranienburg. In der Gärtnerei bei Familie Metzentin konnten sie aufgenommen
werden. Dort fand Familie Meisitz Arbeit und Brot, Lina heiratete 1953 einen
Bahnarbeiter. 1954 wurde der Sohn Jürgen geboren, Lina und ihr Sohn zogen nach
Holturp, nordwestlich von Schweringen in die Grafschaft Hoya an der Weser, zu
21
Aussage Tante Steffi Lingk, Dezember 2003
Aussage Mutti, Herbst 2002 + Herr Joachim Prinz, Juli 2003
23
Freundlicher Hinweis von Arnold Korth, Bücken, somit die Vermittlung zu Frau Junker, heute 86 Jahre in
Hoya, a. d. Weser lebend
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Familie Koslowski über. Schon 1956 zog Lina wieder nach Gransee24 zu Familie
Metzentin zurück. - Jürgen erlitt 1964 einen schweren Unfall, darauf wurden ihm
beide Beine bis zum Oberschenkel (nur Stümpfe) amputiert. Er kann sich nur noch im
Rollstuhl bewegen, widmet sich aber dem Weidwerk und gibt seine Erfahrungen als
Behinderter anderen Menschen weiter. 25
Familie Neubert, er der Hofmann –äußerst gewissenhaft und sehr zuverlässigverantwortlich für das Geschehen auf dem Vorwerk Auf der Flucht mit dem Treck
wurde er noch am 23. Februar 1945 in Schlawe in Mecklenburg zum Volkssturm
eingezogen, sein Schicksal ist unbekannt.
Scheppan, Hermann, Vater von Friedrich, eine Instfamilie
Scheppan, Friedrich, Instfamilie, F. im Krieg Soldat, nach der Kriegsgefangenschaft
in Kaiserslautern, Umzug nach Gransee, Mark Brandenburg, ca. 36 km nördlich von
Oranienburg. Sohn Oskar erzählte: „1936 wurde ich in Glanden geboren, lebte aber
bis zur Flucht 1945 in Köllmen. Unser Treck zog gen Westen und hielt in Zerniko
nördlich von Gransee an. Seit 1938 wohnte eine Cousine meiner Mutter auf
Katharienenhof bei Gransee. Wir wohnten dort bis ich 1955 –Ende der Jugend-,
Schul-, und Lehrzeit als Zimmermann- beendete. Der Rest des Trecks zog weiter nach
Niedersachsen, Eystrup und Gandesbergen und ließ sich dort nieder.“ 26
Scheppan, Oskar, Sohn von Scheppan Friedrich, in Gransee, Brandenburg wohnend
Scheppan, Rudolf, Instfamilie, im Krieg als Soldat gefallen
Scheppan, Paul, nach dem Krieg in Halberstadt gewohnt, verstorben
Scheppan, Ernst, nach dem Krieg in Buchholz gewohnt, verstorben
Scheppan, Minna, wohnt in Gandesbergen bei Eystrup, Niedersachsen
Scheppan, Martha, wohnt in Hamburg-Harburg
Scheppan, Karl, Instfamilie27
Schimmelpfennig Gustav, Vater von Friedrich
Schimmelpfennig, Friedrich, 1. Gespannführer, nach dem Krieg in Gandesbergen bei
Eystrup gewohnt, verstorben
Schmid, Oberschweitzer, (seine Berufsbezeichnung „Melkermeister“ in Ostpreußen)
heute lebt die Familie in der Schweiz. Er war damals für den steten Gesundheitszustand und das Melken der Milchkühe verantwortlich.
Ziems, Wilhelm, Schmied, Altgeselle, wurde 1938 vom Gut Prökelwitz nach
Köllmen versetzt.
Gottschalk, Stellmacher auf Vorwerk Glanden
Außerdem lebten noch folgende Familien auf Köllmen und Glanden; Kanikowski,
Rominski, Klein, Täschner, Arquardt und Stattler.28
Der Betriebsablauf nur für dieses Vorwerk musste nicht nur fachmännisch durchdacht,
geprüft, sondern auch mit den verantwortlichen Mitarbeitern besprochen werden. In der
Gesamtverwaltung unterstanden den Eltern auch noch die Vorwerke Glanden und Neumühl,
für die Vater im Rahmen der Bewirtschaftung auch voll verantwortlich war. Wie stets in der
Landwirtschaft –gerade hier in modernster Art- war der Gewinn an erster Stelle zu sehen.
24
Mutti unterstützte mit vielen Paketen Lina sowie ihre Familie in der DDR
Besuch und Gespräche am 19./20.09. 2004 bei Jürgen Meiritz und Familie Oskar Scheppan in Gransee
26
Besuch und Gespräch am 19.09. 2004 bei Familie Scheppan in Gransee, zuvor Brief vom 09.08. 2004
27
Es waren Landarbeiterfamilien, in Ostpreußen trugen sie diese Bezeichnung
28
Brief vom Oskar Scheppan, 09.08. 2004
25
12
Fürst zu Dohna-Schlobitten erwähnte es auf meine Nachfragen auch, er hatte eine gewisse
Freude an den Erfolgen auch auf Köllmen.29
Weiterhin war es eine damalige landwirtschaftliche Werbung über den „neuesten
Maschinenpark“ der durch Fürst zu Dohna-Schlobitten vorgenommen wurde, gezeigt und
vorgeführt. „Wissbegierigen Gästen“, wie andere Gutsbesitzer, Landwirtschaftskammern
kamen, wollten und sollten nun überall die Erfolge sehen, vor allen Dingen während der
Erntezeit. Die Erfolge sind dank der Menschen und der Technik nachweisbar eingetreten!
Der erforderliche Treckereinsatz wurde am Tag und bei Nacht von den Treckerführern
abverlangt. Während der Zuckerrübenernte wurden ebenfalls die neusten Maschinen
eingesetzt. Ich kann behaupten – Mutti sprach auch häufig darüber - diese Anforderung war
eine große Verpflichtung.
Die Eltern erhielten von der fürstlichen Verwaltung aus Prökelwitz: Freies Wohnen, frei für
Holz, Kohle, Strom und Kartoffeln. 2 Morgen Gartenland, jährlich 36 Ztr. Roggen, 24 Ztr.
Weizen, 12 Ztr. Schweinefleisch, 3 Ztr. Hammelfleisch und Milch.30
In Muttis Haushalt arbeiteten zwei Kinder-, und ein Hausmädchen, sie wurden vom Rentamt
Prökelwitz bezahlt. Soweit erforderlich (denn der von Fürst Dohna angemeldete Besuch sollte
auch beköstigt werden) wurden Frauen von den Instleuten auch zur Hausarbeit bestellt.
Als junge Hausfrau musste Mutti viel Erlerntes aus der Lehrzeit umgehend umsetzen, es ist
ihr zu Beginn sicherlich nicht leicht gefallen, zumal alle Frauen aus Köllmen davon
ausgingen, die „Gutsfrau“ kann das schon. Mutti musste sich klarmachen, dass die Tätigkeit
einer Hausfrau ein Beruf ist, den man erlernen muss, ja dass ihre Arbeit eigentlich zwei
Berufe ausfüllt: Da ist Erstens all das, was speziell mit den Kindern zu tun war – wir waren ja
noch nicht anwesend - von der Säuglingspflege bis zur Erziehung, und Zweitens die
Verwaltung des Haushaltsgeldes und die Versorgung der Hauswirtschaft, was Grundkenntnisse in Buchhaltung, Vorratswirtschaft – unverhofft kamen auch Gäste, sogar der Fürst-,
Ernährungskunde, Textilpflege, häusliche Hygiene, Beschaffung und Pflege des Haushaltsinventars wie auch Fertigkeiten im Kochen, Backen, Nähen, Waschen, Bügeln usw. erfordert!
Die unterstellten Kindermädchen, Haushaltsgehilfen und zusätzlich hinzugezogene Frauen
vom Vorwerk und aus Altstadt sollten sinnvoll eingesetzt werden.
Auch die Hausfrau, also Mutti, verdiente sich etwas Geld nebenbei. Sie züchtete Tauben,
Geflügel, sowie deren Eier und verkaufte diese an den Hausfrauenbund nach Christburg. Im
Sommer wurde aus dem großangelegten Garten Rhabarber -alles mit dem ersten Milchwagenan Geschäfte nach Christburg ebenfalls verkauft.
Der Tagesablauf auf Vorwerk Köllmen: (Vater war nach Arbeitsbeginn nicht immer
anwesend, da er weitere Vorwerke überwachen mußte)31
•
Im Sommer war um 05.30 Uhr Arbeitsbeginn, im Winter um 06.30 Uhr. Der Beginn
wurde durch die Hofglocke angekündigt. Im Jahr 1991 befand sich diese Hofglocke an
29
Meine persönliche Gespräche mit Fürst Dohna-Schlobitten im Jahr 1996 in Bücken
Aussage von Mutti April 1999
31
Aussagen von Fürst Dohna-Schlobitten und Mutti aus dem Jahr 1996
30
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der alten Stelle, ob sie aus vergangener Zeit war, ist nicht mehr zu ermitteln,
angekündigt. Gearbeitet wurde von Montag bis Sonnabend.
Die Arbeiter, Instleute aus Altstadt und Köllmen mußten zu dieser Zeit anwesend sein
Der Hofmann, Herr Neubert, war stets früher anwesend, da er für die Arbeitseinteilung
auf dem Hof verantwortlich war, seine Arbeit wurde am Tage zuvor mit Vater
besprochen.
Soweit erforderlich, kam täglich der Stellmacher aus Glanden, denn er hatte eine recht
große Stellmacherei, im gleichen Gebäude befand sich die Schmiede. Auf dem Boden
hatte Mutti einen großen Taubenschlag einbauen lassen, aus dieser Zucht konnte sie
durch den Taubenverkauf in Christburg Geld dazu verdienen.
Sicherlich führte Vater auch die Kontrolle nach Arbeitsbeginn auf Köllmen aus, sein
gesatteltes Pferd stand bereit und somit ritt er auf die anderen Vorwerke um seine
Anordnungen zu überwachen. Sie zielten nicht nur auf die Menschen, Tiere, Gebäude
sondern vor allen Dingen auf die bestellten Felder, der Stand der Saat, der
Pflanzungen. Besonders in der Erntezeit wurde das Tageslicht ausgenutzt, es waren
lange Tage, die erst bei Dunkelheit endeten.
Mutti erwähnte mehrfach, dass Vater täglich zwei Pferde für die Kontrollen benötigte,
da sie sonst zu überfordert waren.
Da alle Menschen auf Vorwerk Köllmen wertvoll waren, können sie nicht komplett
beschrieben werden. Aber eine Familie soll vorgestellt werden, Familie Schmidt. Herr
Sch. war der „Schweitzer“ –sie stammten aus der Schweiz und sie hatten auch den
schweizerischen Pass-. Herr Schmidt war nur für die Milchkühe, also nur für die
Milchwirtschaft verantwortlich, gemolken hat er nach Aussage von Mutti fast nie,
denn es waren ausgebildete Melker eingesetzt! Seine Arbeit wurde von der fürstlichen
Verwaltung besonders gut bezahlt, seine große Verantwortung darf nicht unterschätzt
werden.32
Alle landwirtschaftlichen Wagen vom Vorwerk Köllmen wurden ab 1938 mit Gummireifen
ausgestattet.
Grundsätzlich ging Vater nach dem Tagesablauf noch einmal über das Vorwerkgelände,
durch die Ställe und sah nach „dem Rechten“. Die schweren Sommergewitter bereiteten ihm
oft schlaflose Nächte, da der Blitzeinschlag die Gebäude gefährdete, Kontrollgänge auch mit
anderen Menschen waren selbstverständlich.
Nach Aussage von Mutti, hatten sie mit Vater immer ein gutes Verhältnis zu den
Mitbewohnern von Köllmen und Glanden. Diese Aussage wurde später während der
Heimattreffen in Bücken bei Hoya, a. d. Weser und erneut im Mai 2012 von Frau Junker,
Hoya, bestätigt!
Wie schon immer konnten sich die Landwirte fast keinen Urlaub leisten, bzw. nicht
vornehmen, da wie auch hier aufgezeigt, die Anwesenheit stetes erforderlich war. Unsere
Eltern hatten in der Zeit von 1938 bis 1944 keinen Urlaub. Sicherlich waren sie zu
Familienfeiern, bei Freunden, Bekannten zu Veranstaltungen um auch einmal ausspannen zu
können. In der Erntezeit war es jedoch undenkbar. -
14
Alexander Fürst zu Dohna-Schlobitten kam auch unregelmäßig zu Besuchen nach Köllmen,
es war sicherlich mehr eine Überprüfung, Sach-, Tierbestands-, Milch-, Saat- und Pflanzkontrolle. Seine Besuche stützen sich in der gestaffelten Reihenfolge ab:
1. Begutachten der Arbeits- und Reitpferde33
2. Begutachten der Milchkühe, Milchleistung, hier mußte auch der Schweitzer genaueste
Auskünfte geben
3. Begutachten des Rinderbestandes, auch die weitere Nachzucht
4. Schweinebestand, Zucht- und Ferkelbestand
5. Dann wurden Felder und andere Bestände aufgesucht, ggf. noch der Maschinenpark
6. Soweit notwendig, wollte er auch die Nachweise, also die Buchführung einsehen.
Wie bekannt, war auch dieses Vorwerk sein Eigentum, das hier bewirtschaftet wurde. Der
wirtschaftliche positive Durchbruch begann ab 1939. Ich habe im vorigen Kapitel gerade über
seine Familie berichtet. Der Fürst war ein sparsamer, erzogener Mensch, so verhielt er sich
auch.
Während eines Besuches hatte der Fürst im Badezimmer der Eltern einen wertvollen
Brillantring vergessen und war sehr froh, als bei seiner Rückkehr auf Schloss Schlobitten
schon die Fundnachricht – per Telefon - von Mutti vorlag.
Auf den Gütern den Vorwerken des Fürsten war die Arbeitsbekleidung der Beamten und
Verwalter; Hemd, Krawatte oder Fliege, Jackett und Reithose, schwarze Reitstiefel. Bei extra
angemeldeten Besuchen trug Vater ein weißes Hemd, Fliege oder Krawatte, schwarze Jacke,
braune/graue Reithose, schwarze Reitstiefel und eine Kopfbedeckung. Zur Klärung für die
Nachwelt ist festzuhalten: Das war die erwünschte Berufskleidung, es handelte sich nicht um
eine Angabe dieser Menschen, wie heute so gerne nachgesagt wird.
Bei schlechtem Wetter wurde ein Reitregenmantel getragen, im Winter dementsprechende
warme Bekleidung. Heute habe ich immer noch die Winterreithandschuhe von Vater – was
Mutti alles so retten konnte, ist mir immer noch schleierhaft. - Lange Jahre hatte sie die
Reitledertasche (zum Transport von Dokumenten oder Schriftstücken) von Vater, sie konnte
über die Schulter oder Hals gehängt werden – beim Militär trug sie die Bezeichnung,
Kartenmeldetasche. In ihr bewahrte Mutti während der Flucht und Folgezeit die Urkunden
und Nachweise auf, in der Zeit von 1944 bis 1955 waren sie äußerst wertvoll.
Mutti trug standesgemäß ein Kleid, passend zur Jahreszeit. Alle im Haus angestellten
Mädchen trugen während der Besuche weiße Schürzen, im Alltag dagegen eine graue.
Die Eltern konnten in der damaligen Zeit tatsächlich sagen:
33
Über ausgezeichneten Warmblutzuchten verfügte das Fürstliche Gut Prökelwitz unter dem Administrator
Herrmann Prinz. Eine sehr bekannte Remontezucht gedieh genau wie in Prökelwitz auch in Finkenstein, dort
wurden sogar Remontemärkte abgehalten. Quelle: Piepkorn, Otto, S. 188. Der größte Pferdemarkt in Ostpreußen
wurde häufig in Wehlau abgehalten. Quelle: Piepkorn, Otto, S. 188.
15
„Und wir wollten eine Ewigkeit mitten im Paradies …!“ Im Jahr 1939 befand sich ein junger Mann aus Köln durch den Reichsarbeitsdienst (RAD)
befohlen, auf Köllmen, er sollte nach den damaligen Anordnungen in der Landwirtschaft
arbeiten. Diese Arbeit war er nun gar nicht gewohnt, Vater soll gesagt haben: „Mit den
„Bürohänden“ und seiner Antipartie zur Landwirtschaft, der körperlichen Arbeit, kann es mit
ihm so nicht weitergehen!“ Vater hat ihm dann „Büroarbeiten“ und „Kontrollaufgaben“
übertragen –auch eine gewisse Entlastung-. Nach dem Pflichtjahr auf Vorwerk Köllmen
erhielten unsere Eltern als Dank für das Entgegenkommen von dem jungen Mann aus Köln
wertvolles Porzellan –Firma Rosenthal, Blumenmuster mit Paradiesvogel, Goldrand -sechs
Beistellteller und einen passenden großen Kuchenteller. Hier wieder die Frage, wie konnte
das Porzellan gerettet werden? Mehr darüber im 12. Kapitel.
Bei weiterem positivem Landwirtschaftsverlauf –1943 / 1944- hatte Fürst zu DohnaSchlobitten die Verpachtung von Köllmen an unsere Eltern angedacht und auch schon
mehrfach erwähnt.34
Der Pferdebestand ab 1932 war35:
• 68 Arbeitspferde, Kaltblüter und Trakehner (Zuchtstuten einbezogen)
• 4 Kutschpferde, Trakehner
• 2 Reitpferde, Trakehner für Vater, der sie halbtags austauschen mußte.
In den Kriegsjahren 1940/44 waren auch französische und italienische Kriegsgefangene als
Arbeiter auf Köllmen, sie mußten in den unterschiedlichen Ställen „wohnen“. Ein bewaffneter
Wachmann –er übernachtete immer im Eßzimmer des Herrenhauses- bewachte sie, was aus
Sicht von Mutti nicht nötig war, denn es waren alles nette Menschen, sie arbeiteten gut und
gewissenhaft – vielleicht hat auch die Behandlung unserer Eltern dazu beigetragen. In den Jahren 1938 und 1939 musste Vater als Reservist Wehrübungen (auch im Sudetenland
und Polenfeldzug) ableisten, an die Front wurde er 1944 als Unteroffizier der Reserve in das
Grenadier Regiment 913 einberufen. Zuvor trat jedoch der ostpreußische Truppenübungsplatz
Stablack in den Vordergrund, denn hier wurde die 349. Volksgrenadierdivision (Zusammengewürfelte Verbände, jungen, alte Männer erhielten hier eine kurze Ausbildung) aufgestellt,
dann erfolgte erst der Fronteinsatz mit sehr hohen Verlusten, im genannten Grenadierregiment.
Die Zeit zuvor wurde er schon häufig „schief“ angesehen, denn fast alle Männer waren an der
Front, nur „ …der Brandes ist ja immer noch anwesend!“ In den Tagen, beginnend im
Oktober 1944, Kämpfe um den Kreis Schloßberg wurde Vater ab dem 23. Oktober 1944 als
vermißt gemeldet, so blieb es auch bis heute. – Eine große militärhistorische Forschungsreise
führte mich 2008 in das heutige Gebiet, Oblast Kaliningrad, Dobrowolsk/Schloßberg. Große,
umfangreiche Nachforschungen stellte ich bisher an und werde sie für die Familienchronik,
34
35
Aussage von Fürst zu Dohna-Schlobitten gegenüber meiner Person und Mutti aus den Jahren 1996, 1998
Arnold Korth, Bücken, Juni 2012
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ggf. auch für Nachfolgefamilien von Angehörigen des Grenadier-Regiments 913,
dokumentieren. –
„ VAE VICTIS – Wehe den Besiegten „
Das Ende der vielen Jahrhunderte gerade von Köllmen, Altstadt und Christburg
Das große, unvergessene Schicksal aller Ostpreußen lag in den Händen des Gauleiters Erich
Koch, ein Verbrecher 1. Grades! Auf seinem Befehl wurde jegliche Vorbereitung zur Flucht,
Flüchtlingsbewegung, verboten. Erst als die Rote Armee mit den starken, tief gestaffelten
Fronten in der Heimat stand, genehmigte Koch schrittwiese die Flucht, den Treck gen
Westen. Er dagegen konnte nach großer Fluchtvorbereitung aus dem Raum Pillau fliehen,
tauchte in Schleswig-Holstein, westlich von Bad Segeberg unter, wurde jedoch entdeckt und
der britischen Armee übergeben. Diese wiederum lieferte Koch an die polnische Regierung
aus, lebenslang war er inhaftiert und starb in Haft. Eine sehr gerechte Strafe für diesen Mann
der nicht aus Ostpreußen stammte!
Die Kriegslawine rollte ohne große Gegenwehr (sie war kaum noch vorhanden) gen Westen
und Norden. Die Provinz Ostpreußen wurde vom damaligen Reich abgeschnitten, mehr
darüber hat der Autor in der Geschichte des Grenadier-Regiments 913 festgehalten, denn es
wurden alle sowjetischen und deutschen Armeen erforscht und auf Lagekarten verfolgt.
Zu dieser Jahreszeit herrschte fast 25 Grad minus, teilweise starkes Schneetreiben mit der
Folge von starken Schneeverwehungen. Vom 20. bis 25. Januar 1945 begann das große
Sterben in dieser Region. Starke sowjetische Schützeneinheiten unterstützt von Panzer- und
Artillerieverbänden drangen von Preußisch Mark – Alt-Christburg - Altstadt nach Christburg
mit brachialer Gewalt vor. Zusätzlich drangen Feindverbände aus Preußisch Holland gen
Elbing vor. Unsere Landsleute die noch per Treck oder Eisenbahn vor (so auch unsere Mutter
mit uns) dem 20. Januar fliehen konnten, gerieten teilweise in die ersehnte Freiheit. Nach dem
genannten Tag waren alle Straßen, Wege, Eisenbahnstrecken mit Wagen, Menschen total
vollgestopft, nun half auch kein Beten und Hoffen!
Unsere Mutti hielt für uns folgendes fest: “Am 20. Januar 1945 –es war Frost ca. 20 Grad
minus, sternklare Nacht- bat ich unseren Kutscher Schimmelpfennig, dieser treue Mensch half
uns in größter Not, in der er aber auch persönlich stand. Mit Pferd und Schlitten wollte er uns
nach Christburg fahren, wir kamen jedoch aufgrund einer Zeitverzögerung nicht durch, wir
mussten umkehren und stiegen in eine Kutsche um. In Christburg übernachteten wir bei der
Frau des Apothekers Epp, am Markt, 20. In den frühen Morgenstunden konnte Mutti mit uns
in einem der letzten Züge gen Westen fliehen. Der Zug fuhr Richtung Süden, in Gransee,
Mark Brandenburg, mußten wir aussteigen. Hier überrollte uns noch die Rote Armee, denn es
herrschte ja noch Krieg. In Gransee, genauer gesagt im Katharienhof, eine Obstplantage /
Gärtnerei, einquartiert uns der Ortsgruppenführer ein.
Auf unvorstellbaren Wegen gelang es uns im Jahr 1946 mittels eines Telegramms vom
„Flüchtlingsbeauftragten Dohna“ aufgegeben (es war Alexander Fürst zu DohnaSchlobitten, aus Sicherheitsgründen mußte der Fürst seinen Namen etwas verändern) nach
Schweringen, südlich von Hoya an der Weser zu gelangen.“
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