Die Büste der Nofretete Dokumentation des Fundes und der

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Die Büste der Nofretete Dokumentation des Fundes und der
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Friederike Seyfried
Die Büste der Nofretete
Dokumentation des Fundes und der
Fundteilung 1912/1913
Kaum ein anderes archäologisches Fundobjekt dürfte eine ähnliche Medienpräsenz besitzen, wie dies für die farblich gefasste Büste der Nofretete1 zu konstatieren ist. In einer nicht enden wollenden Flut von Beiträgen, Artikeln und
Dokumentationen wird insbesondere das Kapitel um Fund und Fundteilung
sowie der Verbleib der Büste in Berlin immer wieder diskutiert. Neben wenigen sachlich argumentativ gehaltenen Ausführungen gibt es eine Fülle von wilden Spekulationen, die zum Teil geradezu bizarre Formen angenommen haben
und die dem zu rekonstruierenden Sachverhalt in keiner Weise gerecht werden.
Obwohl sämtliche Artikel und Beiträge zu diesem Thema nur auf eine Handvoll zeitgenössischer Quellen und Dokumente zurückgreifen können, die den
Fund und die Teilung beschreiben, und eben diese Quellen immer wieder in
verschiedenen Ausschnitten und Varianten erneut für diverse Auslegungen der
historischen Fakten bemüht werden, wurden sie bislang nie zusammen und in
voller Länge abgebildet und publiziert.
Der vorliegende Beitrag schließt diese Lücke, indem er die besagten Zeugnisse – soweit sie sich im Besitz der Stiftung Preußischer Kulturbesitz beziehungsweise der Deutschen Orient-Gesellschaft (DOG) befinden – komplett
und in chronologischer Reihenfolge präsentiert. Er ist mit der Absicht verfasst,
die Debatte zu versachlichen und sie auf eine möglichst breite objektive Basis
zu stellen.2 Eine Bereicherung stellt in diesem Zusammenhang die soeben erschienene Arbeit von Bénédicte Savoy zum »Streitfall Nofretete« dar. Sie belegt
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anhand von bislang unbeachtetem, erstmals publiziertem Quellenmaterial aus
dem Nachlass Pierre Lacaus, »dass es sich bei dieser Affäre in erster Linie um
eine Aus­geburt der deutsch-französischen Feindschaft während und nach dem
Ersten Weltkrieg handelt«.3 Weitere dokumentarische Veröffentlichungen aus
den schriftlichen Nachlässen zeitgenössischer Ägyptologen, so zum Beispiel
dem Briefkonvolut Ludwig Borchardts, stehen unmittelbar vor der Drucklegung ­beziehungsweise sind in den nächsten Jahren noch zu erwarten. Die Aufarbeitung der Wissenschaftsgeschichte der Ägyptologie hat sich erst in den
letzten Jahren zu einem mit Nachdruck verfolgten Forschungszweig ent­wickeln
können, nachdem die Nachlässe der Fachkollegen zugänglich wurden.4 Hinzu­
weisen ist auch auf die Sonderausstellung zur Grabung in Amarna, die das
Ägyptische Museum der Staatlichen Museen zu Berlin anlässlich des bevorstehenden 100. Jahrestags der Auffindung der Büste vorbereitet und im Dezember
2012 eröffnen wird.
Hier nun werden folgende Dokumente präsentiert: die Grabungstagebucheinträge vom 6. bis 7. Dezember 1912, S. 37– 60 (Fundbericht)5, sieben Fotos
der Büste, die im Dezember 1912 angefertigt wurden und bei der Fundteilung
vorlagen, das offizielle Fundteilungsprotokoll vom 20. Januar 19136, der Grabungstagebucheintrag vom 20. /21. Januar 1913, eine Karteikarte (Ausstellungsdatum unbekannt; zwischen 1912 /1913 und Eintrag 1920), der so genannte »Güterbock-Brief« vom 12. August 1924 und das Antwortschreiben
von Günther Roeder an Bruno Güterbock vom 20. August 1924.7 Während sich
die Grabungstagebücher, die Inventarkarte und Fotokopie des offiziellen Fundteilungsprotokolls8 im Besitz der Staatlichen Museen zu Berlin – Preußischer
Kulturbesitz befinden, gehören die Fotos der Büste sowie die beiden genannten
Briefe zu den Archivalien der Deutschen Orient-Gesellschaft.9
Grabungstagebuch: Auszug vom 6. bis 7. Dezember 1912
Das Führen eines Grabungstagebuchs gehört zu den Pflichten einer jeden
­archäologischen Unternehmung und wird in knappen, meist recht unpersönlich gehaltenen Stichworten geführt. Wie die unterschiedlichen Handschriften
der Einträge in den Tagebüchern der Amarna-Grabung darlegen, wurden die
Berichte von verschiedenen Mitgliedern der Mission verfasst, was bei der
wechselnden Präsenz der verantwortlichen Personen nicht verwundert. Einem
strikten Aufbau folgend beginnen die Einträge, die – wie allgemein üblich –
meist nach Abschluss der Feldarbeiten mit den ägyptischen Arbeitern beziehungweise in den Abendstunden verfasst wurden, mit den Temperatur- und
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Wetterdaten, dem Arbeitsbeginn und der Anzahl der aufgerufenen Arbeiter.
Nachfolgend wird die Tagesbilanz gezogen, die zuweilen auch Skizzen von
Fundzusammenhängen oder Objekten enthalten kann. Die Erwähnung von
beteiligten Personen erfolgt immer in der 3. Person und ergibt keinen Anhaltspunkt über den Verfasser der Einträge. Dies trifft auch für die Einträge des
6. Dezember 1912 zu, wo ein deutlicher Duktuswechsel nach den grabungstechnischen Präliminarien erfolgt.10 Der Haupttext entstammt der Hand
Borchardts, was nicht nur der graphologische Befund darlegt, sondern auch
durch manch eine der lockereren Formulierungen unterstrichen wird, wenn
der Autor zum Beispiel notiert: »Borchardt tost los« (S. 38) oder »12h 40 zu
Bett nach diesem Duseltage« (S. 45).
Die Beschreibung der Funde erfolgt im Tagebuch mit wenigen Worten und
gibt oft nur einen ersten Eindruck wieder, der nur an wenigen Stellen mit einer
persönlichen Einschätzung kommentiert wird, wie zum Beispiel zum Fund der
Fragmente der kleinen Standfigur der Königin11, wo er auf Seite 42 vermerkt:
»›Sehr erfreulich‹ ist ein schwacher Ausdruck«. Neben den schon vielfach
­zitierten Bemerkungen zur Büste der Königin (S. 43) kommentiert Borchardt
unter anderem auch den Fund eines Modellkopfes eines älteren Mannes am
7. Dezember mit dem Vermerk: »Museumsstück I. Kl.«12
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Umschrift des Grabungstagebuchs vom 6. bis 7. Dezember 1912
(S. 37)
Freitag, den 6. Dez. 12
Max: 23o , Min: 8o.
Aufruf: 6.30 h. Leutezahl 180.
Um ¾ 11 Uhr trifft Professor Borchardt ein; nach kurzem Aufenthalt im
Hause Besichtigung der Grabung. Nach Lage der gefundenen Bruchstücke
von Statuen und halbfertigen Figuren ist anzunehmen, dass
(S. 38)
in der Nähe von P 47.2 + 1 eine Bildhauerwerkstätte gelegen haben muss;
jedoch in den schon ausgegrabenen Zimmern und Räumen keine Werkstätte
gewesen sein kann. (S. Seite 22).
[Handschrift Borchardt?]: Mittagessen etwas später wie sonst, nach 12h, da der
Rundgang länger dauerte. ½ 1h wurden Posten ausgesandt, die uns von der
Ankunft der »Indiana« der Hambg.-Amerikalinie, auf der Prinz Joh.-Georg
von Sachsen mit Frau und Schwägerin sowie Prinzessin Mathilde v. Sachsen
ankommen werden, benachrichtigen sollen. 1h melden sie, daß der Dampfer
bei Et Till, ¾ Stunde von unserem Haus, anlege. Borchardt tost los, ihnen
entgegen. Am Schiff erfährt er, daß die Herrschaften schon land(S. 39)
einwärts gegangen sind. Er tost zurück. Im Wadi erhält er von Ranke einen
Zettel, der ihm anzeigt, »daß etwas gutes herauskommt.« Im selben Moment
kommt auch die prinzliche Gesellschaft. Gang zur Grabung in Haus P 47,2.
In dem Eckraum des Hauses, an der NO-Ecke, wohl dem Zimmer neben der
breiten Halle, vorläufig noch ohne Nummer, liegt
eine in 5 Stücke zerschlagene lebensgroße farbige Königsbüste, nicht ganz
vollständig. Gesicht leider recht ramponiert. Erhalten sind: Brust, Stück des
Armes, Hals, Gesicht
(S. 40)
u. Perücke. Während diese Stücke herausgeholt werden, werden auf der westl.
Seite des Hauses gefunden:
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1) Unterteil einer Büste aus Kalkstein mit Vorzeichnung der Mittellinie auf
der Brust.
2) Halber Kopf des Königs, Nase bestoßen, 15 cm hoch, Gips, in der Mediannaht von der anderen Hälfte abgeplatzt.
NB! Diese andere Hälfte wird später aufgefunden.
3) 2 Hände aus rotem Sandstein, neben einander, eine Faust u. eine offene
Hand mit bestossenen Fingern.
4) ein ebenso kleiner Arm, ohne Hand, mit Ansatzstück oben, roter Sandstein.
Nun weiter zu den Funden
(S. 41)
auf der Ostseite
1. Die oben beschriebene Büste. (S. 39)
2. eine lebensgroße, etwas gebogene offene linke Hand in Lebensgröße, zuerst
wird davon nur der Teil bis zur Daumenwurzel, später auch noch die
Handwurzel mit Armansatz gefunden. Nägel gefärbt. Linien in der Hand
sehr durchgebildet.
3. »Totenmaske« aus Gips, Nase bestoßen. Wie über einem Tuch abgegossen.
Augen vielleicht nachgearbeitet. Keiner aus der kgl. Familie.
(S. 42)
4. kleiner, völlig erhaltener Kopf der Königin, Gesicht 3 cm hoch. Augen m.
schwarzen Konturen, Lippen rot. Übliche Kopfform, Band am Perückenrand gelb. Ohrringe. Später wird der Körper dazu gefunden, bis zu den
Knieen, Fußbrett mit Füßen war schon früh gefunden. »Sehr erfreulich«
ist ein schwacher Ausdruck.
5. Gipskopf der Königin (?), Nase bestoßen, 20 cm hoch.
Augen sollten eingelegt
werden. Schläfenhaar
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6. Gipskopf eines Mannes, vielleicht wieder etwas wie 3. An der Ostwand
liegend.
7. Lebensgroße bemalte Büste der Königin, 47 cm
(S. 43)
7. hoch. Mit der oben gerade abgeschnittenen blauen Perücke, die auf halber
Höhe noch ein umgelegtes Band hat.
Farben wie eben aufgelegt.
Arbeit ganz hervorragend.
Beschreiben nützt nichts,
ansehen. Pendant zu der
Büste des Königs von S. 39.
Nur die Ohren u. etwas von der r. Seite der Perücke bestoßen.
8. Ganz dicht davon ein Gipsabguß eines Königskopfes im gleichen Maßstab.
Die Medianna[h]t überarbeitet, einige schw. Konturen, sonst weiß. Schmiß
über dem r. Auge, sonst vom Haaransatz bis Schlüsselbein intakt. Jedes
weiter[e] Wort ist überflüssig.
(S. 44)
Ein Paar Füße mit Fußbrett, der eine ausgearbeitet, der andre nur halb, – bei
1– 5 gefunden – und ein Königstorso 25 cm hoch von der Westseite des
Hauses sind noch aufzuzählen.
Während dieser Funde herrscht mehr Aufregung unter den Besuchern als
vielleicht wünschenswert. 4h 15 ab zum Haus. Senussi meldet er habe noch
3 Gipsköpfe u. einen Granitfuß gefühlt. 4 Wächter an die Stelle gelegt.
Thee auf der Veranda. Bei Sonnenuntergang gehen die Gäste zum Dampfer,
der mittlerweile in die Nähe von Hagg Qandil gekommen ist, zurück.
7h 30 treten wir alle 6 in Khaki zum Dinner an.
(S. 45)
9h 30 zum Haus zurück.
Tagebuch. 12h 40 zu Bett nach diesem Duseltage.
Sonnabend, den 7. Dez. 12.
[…]
Senussi gräbt an P 47.2, Wohnhaus, weiter. Von dem Fußbecken der tiefen
Halle führt eine Entwässerungsröhre unter dem Fußboden in das anstoßende
Zimmer, wo sie sich verliert, bzw. bis jetzt noch
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(S. 46)
noch nicht festgestellt werden konnte. – Die Schauwand, die in dem Badez.
einen Gang nach dem Schlafz. bildet, hat in einer Höhe von etwa 1,20 m einen
Wulst aus Stuck, darüber Ansatz zu einer Hohlkehle, mithin ist diese Wand
nur etwa 1,35 m hoch gewesen.
Die Räume 18 u. 19 sind die Modellkammer des Bildhauers gewesen, der
hier wohnte. Die Mauer dazwischen ist später u. steht auf einer niedren
Schuttschicht. Die
(S. 47)
Skizze auf S. 39 u. 41 ist so zu korrigieren, daß das südl. von 1– 5 liegende
Mauerstück, das nur von W hereingefallenes Mauerwerk ist, gestrichen
werden muß. S. die Skizze unten.
8h 30 erscheint Prinz Johann Georg wieder mit 2 Herren, zuerst werden die
Loci des Vorjahres besichtigt, auch die Brunnen. 9 h kommen die Prinzessinnen u. nun kann die Vorstellung beginnen. Bis dahin ist in Raum 18/19 nicht
gearbeitet worden. Es ist bei der bis 12 Uhr dauernden Arbeit nicht leicht
Prinzeß. Mathilde von den die Funde noch deckenden Schutt herüber zu
locken. S. unten Nr. 14 u. 20 aus Raum 19. Jedenfalls zeigen die Herrschaften
ein sehr reges Inter(S. 48)
esse. Breith führt in Raum 19, Honroth in Raum 18 Protokoll u. vermessen
die Lagen der Funde. Eine genaue Aufnahme wird danach gezeichnet werden,
hier nur eine Skizze.
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i s. S.
41 ff.
j s. unten
∆ „ „
(S. 49)
  3) Fuß aus bräunlichem Sandstein, am Spann mit glatter Fuge gegen das
Bein, rechter Fuß
  4) ca. 20 cm hohes Gipsgesicht; vielleicht wieder nach d. Natur gegossen.
  5) Wieder lebensgroßer Gipskopf mit Halsansatz, wie vor.
  6) Gipskopf einer Frauenstatue, m. Ohrringen u. modellierten Haaren.
  7) unfertige Hand aus Sandstein.
  8) Gipskopf m. Hals; an der linken Seite oben von dem überquellendem
Gips abgebrochen, aber vorhanden
  9) Nur 7 cm hoher Königskopf a. Gips. Augen sollten eingelegt werden.
10) Fuß, etwa wie 3) linker Fuß
(S. 50)
11) breites Gipsgesicht, stark abgerieben.
12) Teilweise bemalter Kopf d. Königin; Sandstein, m. Zapfen am Hals
u. f. die Perücke
13) unfertiger, rechter Unterarm, Lebensgröße. Sandstein
14) Bruchstücke eines Kopfes.
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15) Gipsgesicht m. Ohrring. rechtes Ohr nicht mit abgegoßen.
16) lebensgroßer Kopf eines alten Mannes. Gips; weggearbeitete Mittelnaht.
Jochbein ganz unegyptisch gearbeitet. Falten auf d. Stirn. Roter Farb­
anstrich auf der Oberlippe; vielleicht Angabe einer vorzunehmenden
Korrektur. Museumsstück I. Kl.
(S. 51)
17) ca. 10 cm hoher Kopf a. braunem Sandstein. Augen verschwommen
gearbeitet.
18) kl. rechteckiges Alabasterplättchen. Materialprobe.
19) Gipsgesicht; Nase abgescheuert.
20) Gipsgesicht; unterer Teil abgebrochen.
21) lebensgroßes Gipsgesicht
22) Fragment
23) gezähnter Feuerstein aus einer Sichel. Kitt daran noch vollständig erhalten
24) Steinprobe
(S. 52)
25) Gipskopf: alter Mann. Nase abgestoßen. Falten am äußeren Augenwinkel
angegeben.
26) Gipskopf: halbe Lebensgröße. Augen sollten eingelegt werden
27) linker Unterarm m. Hand. fast vollständig bearbeitet. Brauner Sandstein.
28) schlecht erhaltenes Gipsgesicht. Unterer Teil gebrochen. s. oben S. 47
29) lebensgroßer Gipskopf eines Königs; nicht Amenophis IV.! Dickes,
jugendliches Gesicht.
Raum 18
1] schwarzer Granit, rechter Lappen eines Königskopftuchs.
(S. 53)
2] lebensgroßer, unfertiger Unterarm, halbe Hand fehlt, brauner Sandstein.
3] unfertiges Mittelstück einer Statuette einer stehenden Frau, brauner
Sandstein; hierzu 9] u. 10]
4] nicht vergeben.
5] Materialprobe.
6] Abguss einer Ohrmuschel, lebensgroß, ob nach Natur oder nach einer
modellierten Studie ? NB! Das Stück ist nicht von einem Kopf oder Maske
abgebrochen! S. u. Q)
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7] Materialprobe
8] „ aus rotem Granit in Form einer vierkantigen Prisma.
9] Brust der Statue von 3]
(S. 54)
10] Stück des Rückenpfeilers von 9]
11] Materialprobe. Alabaster, Plättchenform.
12] Materialprobe; Alabaster
13] Linkes Gegenstück zu 1], etwas weiter bearbeitet
14]
15]
16] Verschiedene Rohmaterialien
17] Kopf einer der Prinzessinnen, Hals abgebrochen, sonst vollständig,
die Lider und Brauen schwarz vorgezeichnet zur Ausarbeitung der
Vertiefungen der Einlagen. Sehr erfreulich ! Länge: etwa 15 cm.
(S. 55)
18] Jüngere Schwester von 17], ganz vollständig, Hals und Zapfen darunter
auch erhalten. Noch erfreulicher ! Nun haben wir Vater, Mutter und drei
Töchter.
19] Bearbeitetes Alabasterbruchstück.
20] Halbbearbeitetes Sandsteinstück mit schwarzen Aufzeichnungen.
21] Prinzessinlocke aus schwarzem Granit, unfertig.
22] Pilzförmiger Knopf aus Knochen, etwas rot gefärbt, etwa 3 cm.
(S. 56)
Soweit wurde am Vorm. gearbeitet; um 12 Uhr Rückweg nach Hause; Besichtigung des Fundbüros und nochmalige Begrüßung der Königin von gestern.
Gegenseitige photographische Aufnahmen der Gäste und der Ausgrabenden.
Die Herrschaften gehen zum Schiff zurück. Nach dem Mittagessen führt
Ranke in Raum 19 weiter Protokoll.
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A) Hölzernes Fragment
B) Rohmaterial, Sandstein.
C) Materialprobe. Alabaster, prismatischer Stab.
D)Die Unterschenkel einer stehenden Statue zu der Königin(S. 57)
statuette 4 (S. 42) gehörig.
E)linkes Fragment einer unfertigen Sandsteinstatuette zu 3] aus Raum 18
gehörig.
F) Sandsteinfragment mit Vorzeichnung
G)Königskopf, Gips, lebensgroß, vollständig erhalten, auf den Backen und
Unterkiefer schwarze Striche, die vielleicht Korrekturen des ein wenig zu
voll geratenen Gesichtes bedeuten sollen.
H)Zwei Bruchstücke eines quadr. Alabasterplättchens.
I)Königskopf, lebensgroß, Gips, Nase bestoßen; könnte G) sein nach
Vornahme der Korrektur.
(S. 58)
K)Rohmaterial, grünlicher Stein.
L)Spann eines Fußmodells aus Gips, etwas unter Lebensgröße.
M)Königskopf aus Gips, mit Hals, vollständig erhalten, 20 cm. Augen +
Brauen sollten eingelegt werden.
N)Cylindrisches Gefäss aus Alabaster, Rohr nachahmend, 17 cm.
O)Rohmaterial, roter Sandstein.
P)Zehen zu dem Fußmodell L) große Zehe bestoßen.
Q)Gipsabguss nach Natur oder Tonmodell. Mund- + Nasenstudie,
(S. 59)
vollständig, s. 6]
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In Raum 14 nahe der Tür zu Raum 18, Gypskopf, lebensgroß, des Königs.
Nase abgestoßen. Unterer Teil des Hinterkopfes u. Hals völlig erhalten. Die
beiden Gussnähte verlaufen von den hinteren Ohrmuscheln bis Schulter­
ansatz. Augenbrauen sollten eingelegt werden (14 a).
Bruchstück eines Gypsgesichtes, linke Augenpartie mit Nasenwurzel. Unteres
Augenlid mit Saufsack und dazu senkrechten Runzeln (14 B)
In Raum 14, breite Halle werden zahlreiche Bruchstücke bemalten Wand­putzes
(S. 60)
Hamdulillah! Die Kisten aus Deutschland sind da! Sie werden bis auf die
Conservenkisten gleich ausgepackt.
Am Schluß der heutigen Grabung hat es den Anschein, als ob aus Raum 14
noch mehr herauskommen könnte; es werden daher 4 Wächter für die Nacht
dort postiert.
Nach dem Abendessen wird die Strecke abgenommen, Tagebuch geschrieben
und um 1130 ein Schlussschnaps genommen.
Sieben Fotos der Büste:
im Dezember 1912 angefertigt und bei der Fundteilung vorliegend
Neben der fotografischen Aufnahme der archäologischen Flächen wurden
auch die Funde im Grabungshaus nach und nach während der laufenden Grabungskampagne fotografisch dokumentiert. Nicht nur die Aufnahmen im Feld,
sondern auch das aufwändige Verfahren der Glasplattenentwicklung forderte
von den Fotografen äußerste Flexibilität, Geschick und Ausdauer und sollte
dem heutigen Betrachter größte Bewunderung abverlangen. Die Objektaufnahmen lagen in 18 mal 24 Zentimetern großen Abzügen13 zur Fundteilung am
20. Januar 1913 vor.14 Die Qualität der Aufnahmen in Abrede zu stellen und die
Unterstellung, Borchardt habe mit Täuschungsabsicht Fotografien schlechterer
Qualität vorgelegt, dürfte sich beim Studium der hier abgebildeten Aufnahmen
erübrigen. Die Aufnahmen entstanden am 23. Dezember 1912 und wurden
wahrscheinlich von Paul Hollander angefertigt, der die akkurat geführte Fotoliste am 15. März 1913, dem Ende der Feldkampagne, gegenzeichnet. Die in der
besagten Liste auf Seite 7 f. verzeichneten Fotonummern 13/67 bis 13/73 entsprechen den Nummern auf den Abzügen und repräsentieren den vollstän­
digen Satz der Aufnahmen der Büste, die bei der Fundteilung vorlagen. Die­
selben Nummern wurden ebenfalls auf der bereits in Ägypten angelegten
Objekt-Karteikarte vermerkt.1 5
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Offizielles Fundteilungsprotokoll vom 20. Januar 1913
Das Schriftstück mit der Bezeichnung »Procès-Verbal du partage« liegt der
Stiftung Preußischer Kulturbesitz kriegsbedingt nur in einer relativ schlechten
Fotokopie vor. Ausgeführt wurde es auf zwei Blättern eines wahrscheinlich
linier­ten Papiers in der Handschrift Gustave Lefebvres und unterzeichnet von
Ludwig Borchardt.16
Die Fundteilung fand gemäß der damals geltenden Regelung zu »gleichen
Teilen« statt und bestand aus »14 Losen«, so dass jeder Seite sieben Fundgruppen zugesprochen wurden. Im Juni 1912, wenige Monate vor der Fundteilung,
war auf Veranlassung des britischen Generalkonsuls, Lord Herbert Kitchener,
eine »Neuerung« eingeführt worden, die letztlich lediglich auf einer strengeren
Ausführung und Kontrolle des schon seit 1891 bestehenden Gesetzes der Teilungsbedingungen beruhte. Sie wurde von Borchardt mehrmals als »Verschärfung« der Prozedur der Fundteilung bezeichnet und sah eine Teilung »à moitié
exacte« vor.17 Das Protokoll ist sehr kurz und knapp gehalten. Die einzelnen
Objekte sind aber zweifelsfrei zu identifizieren.
Auf den folgenden beiden Seiten ist die Fotokopie des originalen, offiziellen
Fundteilungsprotokolls vom 20. Januar 1913 abgedruckt. Daran schließen sich
eine Umschrift in französischer Sprache und eine Übersetzung des gesamten
Protokolls ins Deutsche an.
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Procès-Verbal du partage des objets trouvés dans les fouilles de la D.O.G.,
à Tell el-Amarna, en 1912/1913, entre M. Borchardt représentant la D.O.G.
et M. Lefebvre représentant le Musée du Caire.
Les objets ont été partagés en 14 lots, 7 pour le Musée, et 7 pour la D.O.G.,
ainsi que suit:
Pour le Musée du Caire :
1. Stèle peinte, représentant Aménophis IV
et la Reine, jouant avec les princesses.
Monument intact. Haut.: 0 m 43.
2. Groupe, en calcaire, représentant Amenophis IV, assis, tenant sur les genoux et
tenant embrassée l’une des princesses
royales. Haut. : 0 m 40.
3. Quatre têtes de princesses:
a) Tête, en grès brun, dont le cou, détaché, se rajuste. Haut. 0 m 23
b) Tête, en grès brun, Haut. 0 m 21
c) Tête, en grès rouge, appartenant à une
statue dont il reste, outre la tête, le torse et
une partie des jambes. Tête 0 m 06, torse 0 m 14
d) Tête, en grès rouge, appartenant à une
statue dont il reste, outre la tête, le torse et
une partie des jambes. Tête 0.15; torse 0.22
4. Statuette, en granit moucheté, d’une
princesse. La partie inférieure des jambes
manque. Haut. 0 m 25.
5. Statuette, en calcaire, représentant la
Reine qui porte une table d’offrande.
Haut 0 m 43.
6. Tête de la reine (?), en granit. La coiffure,
qui était rapportée, manque. Travail in-­
achevé. Haut 0 m 34
7. Fragment de linteau, haut. 1 m 05 large. 0 m
70, actuellement conservé à Assiout.
Pour la D.O.G. :
1. Buste en plâtre, peint, d’une
princesse de la famille royale
2. Tête d’une princesse, en grès.
3. Un lot de vingt-trois têtes
ou masques en plâtre
4. Statuette, en calcaire, représentant la Reine. La partie
inférieure des jambes manques.
5. Tête de la reine, en granit.
6. Tête de la reine, en grès.
7. Un lot de menus objets et
poteries.
Fait en double, à Hag-Qandil, le 20. Janvier 1913
Pour le Musée du Caire Pour la D.O.G.
Gustave Lefebvre Ludwig Borchardt
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Protokoll der Fundteilung aus den Grabungen der D.O.G., in Tell el-Amarna,
1912/1913, zwischen Herrn Borchardt, Repräsentant der D.O.G.
und Herrn Lefebvre, Repräsentant des Museums von Kairo.
Die Objekte sind in 14 Lose aufgeteilt worden, 7 für das Museum und 7 für
die D.O.G., so wie folgt:
Für das Museum von Kairo
1. Bemalte Stele, Amenophis IV und die
Königin darstellend, mit den Prinzessinnen
spielend. Intaktes Werk. Höhe.: 0 m43.
2. Gruppe aus Kalkstein, Amenophis IV. darstellend, sitzend, eine der
königlichen Prinzessinnen auf dem Schoß
haltend und umarmend. Höhe.: 0 m 40.
3. Vier Köpfe von Prinzessinnen:
a) Kopf, brauner Sandstein, von dem der
Hals abgebrochen ist, anpassend, Höhe. 0 m 23
b) Kopf, brauner Sandstein, Höhe. 0 m 21
c) Kopf, roter Sandstein, zugehörig zu einer
Statue, von der sich, neben dem Kopf, der
Torso und ein Teil der Beine erhalten haben.
Kopf 0 m 06, Torso 0 m 14
d) Kopf, roter Sandstein, zugehörig zu einer
Statue, von der sich, neben dem Kopf, der
Torso und ein Teil der Beine erhalten haben.
Kopf 0.15; Torso 0.22
4. Statuette aus gesprenkeltem Granit einer
Prinzessin. Unterer Teil der Beine fehlt.
Höhe. 0 m 25
5. Statuette, aus Kalkstein, die Königin
darstellend, die eine Opfertafel trägt.
Höhe. 0 m 43.
6. Kopf der Königin (?), aus Granit. Die
Kopfbedeckung, die sie getragen hat, fehlt.
unvollendete Arbeit. Haut 0 m 34
7. Fragment eines Architravs, Höhe. 1 m 05,
Breite. 0 m 70, momentan aufbewahrt in
Assiut.
Für die D.O.G
1. Büste aus Gips, bemalt, einer
Prinzessin der königlichen
Familie
2. Kopf einer Prinzessin, aus
Sandstein
3. Ein Los von dreiundzwanzig
Köpfen oder Masken aus Gips
4. Statuette aus Kalkstein, die
Königin darstellend. Unterer
Teil der Beine fehlt.
5. Kopf der Königin, aus Granit.
6. Kopf der Königin, aus
Sandstein
7. Ein Los kleinerer Objekte
und Keramik
180 Friederike Seyfried
Doppelt ausgefertigt, in Hag-Qandil, am 20. Januar 1913
Für das Museum von Kairo
Gustave Lefebvre
Für die D.O.G.
Ludwig Borchardt
Grabungstagebuch: Eintrag vom 20. und 21. Januar 1913
Noch am Abend der Fundteilung nimmt Borchardt das Tagebuch zur Hand
und schildert dort den gesamten Tagesablauf: vom morgendlichen Grabungsbeginn über die Ankunft Lefebvres, den Teilungsvorgang bis hin zur Beendigung des Besuchs mit einem Rundgang des Gastes über das Grabungsgebiet
und seine Begleitung und Verabschiedung am Nil. Er vermerkt weiterhin, dass
er von dem Protokoll eine weitere Kopie für den »kommenden Wochenbericht« verfasst habe.
Aus dem Tagebuch geht hervor, dass am Vormittag sowohl die Fotos aller
Funde vorgelegt, als auch eine genaue Inspektion im »Fundbüro« vorgenommen und dann über die Aufteilung beratschlagt wurde, wobei über die Platzierung des »Klappaltars« und der »Büste« an jeweils erster Stelle wohl von vornherein Einigkeit bestand, aber die Verteilung der Gipsmodelle und der Statuen
noch nicht vollkommen klar war. Nach dem Mittagessen wurde dann die endgültige Version festgelegt. Die Aufteilung notierte Borchardt abends im Tagebuch auch mit Fundjournalnummern, Fotonummern und den entsprechenden
Seitenverweisen innerhalb des Grabungstagebuchs.
Die Eintragungen des Folgetages sind erneut in unterschiedlichen Handschriften vorgenommen worden und − zumindest die Einträge auf Seite 232 –
wurden nicht von Borchardt verfasst. Hier wird jedoch erwähnt, dass das Verpacken der »bunten Königin« durch Borchardt und Ranke am Vormittag sehr
viel Zeit in Anspruch nahm.
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Umschrift des Grabungstagebuchs vom 20. Januar 1913
(S. 225)
Montag, den 20. Januar 1913
Min 5o Max 19o
Aufruf 6.45 h, Leutezahl wie vor.
Aufsicht: vorm. Breith, nachm. Hollander, der vormittags Q 46.2 aufnimmt.
Abul Hassan beendet die Freilegung von Q 46,10 (so muß der auf Seite 224
mit Q 47,26 bezeichnete Kom heißen) in nachstehendem Grundriß:
Auffallend ist hier das Fehlen des Zimmers
mit Schlafzimmernische; statt dessen sind
2 quadratische Räume vorhanden.
Nachmittags beginnt A. H. am Kom Q 47.26 zu graben.
(S. 226)
Senussi gräbt an Q 46.9.
Bemerkenswerte Kleinfunde werden heute nicht gemacht.
Mr. Lefebvre kommt gegen 10 h zur Teilung. Er begrüßt uns damit, dass er
von unseren schönen Funden schon durch Herrn v. Bissing wisse, der es ihm
geschrieben habe. Dann holt er ein Telegramm Masperos aus seiner Aktenmappe, das ihm aufträgt, die Teilung »a moitié exacte« durchzuführen. Wir
werden also die ersten Opfer des Erlasses des Finanzministeriums, den M.
Weigall veranlasst hat, sein. Danach sollen die Funde genau geteilt u. für das
Kairener Museum Überflüßiges verkauft werden; wenn dafür doch höhere
Preise erzielt werden, in Paris.
(S. 227)
Nachdem Lefebvre zuerst gestärkt worden ist, werden ihm die Photographien
aller Funde vorgelegt, dann sieht er im Fundbüro, wo ihm auch die Fundjournale zur Verfügung gestellt werden, die Funde an. Besonders genau besichtigt
er die Stücke aus hartem Gestein: Stele (S. 199), die bunte Königin, die
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Prinzessinnen,- Königin u. Königsstatuen u. Köpfe u.s.w. Auch werden
Stichproben von den kleineren Funden angesehen. Die ihm vorgeschriebene
genaue Teilung ist ihm sichtlich peinlich, worüber er sich auch sehr deutlich
auslässt. Er fürchtet aber, wie er ebenso deutlich merken läßt, eine Kontrolle
durch Weigall. Endlich kommen wir zum Aufsetzen einer Liste, bei der
(S. 228)
zuerst eigentlich alles auseinander gerissen ist, die Gipse, die Prinzessinnen
u.s.w. Als Hauptstück stehen obenan: die Stele für Kairo, da »in Berlin eine
Dublette davon vorhanden«. Die bunte Königin für D.O.G. Borchardt schlägt
vor gegen die Hälfte der Gipse zwei Prinzessinnenköpfe bzw. Statuen einzutauschen. Darauf wird folgende Teilung perfekt, die nach dem Mittagessen
unter wiederholtem Vergleichen der Nummern etc. der Stücke zu Papier
gebracht wird:
Kairo
1. bunte Stele
F.J. 1200
Phot aufnhm. …
Tgb. S. 198
(S. 229)
2. Gruppe
F.J. 1
Ph. 11, 75-78
Tgb. S. 12
3.a Prinzessinnenkopf
F.J. 742
Ph 109-11
Tgb. S. 54 / 17
3 b desgl.
F.J. 740
Ph 17, 28, 100-103
Tgb. S. 55 / 18
3 c desgl. dazu der
Unterlaib
F.J. 1095
Ph 120 a b
Tgb. S. 65 u. 78
1. DOG.
1. bunte Königin
Prinzessinnenkopf
F.J. 738
Ph 8
Tgb. S. 23
Alle Gipsköpfe u. Masken einschließl.
korrigiertem Kopf d. Königin.
Die Büste der Nofretete 191
3 d desgl.
FJ 1042 + 1046
Ph 112, 113, 121
Tgb. S. 100
(S. 230)
4 Prinzessinnenstatuette Statuette der Königin
FJ 750
FJ 749
Ph 86
Ph 83-85
Tgb. S. 78
Tgb. S. 42 / 4
5. Statuette der Königin mit Granitkopf der Königin
Opfertafel
FJ. 27
FJ. 745
Ph 79, 80
Ph …
Tgb. S. 13
Tgb. S. 50 / 12
6. Kopf d. Königin (?)
Königinnenkopf
FJ 1043
FJ. 746
Ph 114, 115
Ph 94-96
Tgb. S, 83
Tgb. S. 82
7. Türsturz
F. –
Ph. 1
Tgb. S. 8
Darauf wird ein Gang durch die Grabung unternommen, dann
(S. 231)
Thee getrunken u. Lefebvre von uns an den Fluß gebracht. Rückkehr zum
Hause u. ziemliche Müdigkeit nach diesem schwierigen Verhandlungstag.
Abends Brief an Maspero mit Bitte in diesem Jahre die Kairener Stücke zu
einer Ausstellg. nach Deutschland zu senden, da der Protektor der DOG ein
besonderes Interesse an diesem Funde (v. 6/7.12.12.) nimmt.
Tagebuch, Photos ausgesucht. Protokoll nochmals abgeschrieben als Beilage
zu dem kommenden Wochenbericht.
Dienstag, den 21. Januar 1913.
Min. 50, Max. 220.
Aufruf 645, Leutezahl wir vor.
Aufsicht vorm. Breith, nachm. Ranke.
192 Friederike Seyfried
(S. 232)
Hollander setzt die Aufnahme von Q 46,2 fort, Breith die von Q 46,1.
Borchardt und Ranke verpacken die »bunte Königin«, was ziemlich den
ganzen Vormittag in Anspruch nimmt. In dem Brunnen von P 47,10 wird auf
dem Absatz, wo einst der Schadif stand, ein zerbrochenes Wasserbecken mit
Ausguss gefunden, sowie 2 Bruchstücke eines Türsturzes. Auf dem kleineren
sind fast nur die Zeichen
zu erkennen; das andere enthält
den Kopf und die betend erhobene
Hand des Hausbesitzers, nach links gerichtet
(also von der rechten Ecke des Sturzes) nur Reste
von 5 Inschriftenzeilen:
Die Hieroglyphen waren blau
ausgemalt, die Trennstriche
zwischen ihnen rot.
Der grössere Teil von Senussis Ferge
beendet die Ausgrabungen von T 46,9.
Die Büste der Nofretete 193
Karteikarte zur Dokumentation des Einzelfundes
Die relativ kleinformatigen Karteikarten zur Dokumentation der Einzelfunde
wurden bereits während der Grabungskampagnen angelegt, aber erst nach und
nach mit Informationen aufgefüllt. So konnten zum Beispiel Fotonummern
nachgeliefert werden und auch der Vermerk »Verbleib« wurde erst sehr viel
später nachgetragen. Im vorliegenden Fall stammt der Eintrag mit der Inventarnummer 21300 erst aus dem Jahr 1920 als die Schenkung der Amarna-Funde durch James Simon erfolgt war. Der Zusatz »WB« für »West-Berlin« wurde
relativ spät nach dem Zweiten Weltkrieg eingefügt, da die Büste erst 1956 von
Wiesbaden nach Westberlin gelangte. Genaue Daten der unterschiedlichen
Einträge finden sich auf der Karteikarte nicht.
194 Friederike Seyfried
Der Briefwechsel von Günther Roeder und Bruno Güterbock 1924
Weitere Dokumente von Augenzeugen, die unmittelbar auf den Fund der
­Büste und die Fundteilung Bezug nehmen, sind in den Archivbeständen des
Ägyptischen Museums der Staatlichen Museen zu Berlin nicht vorhanden. Die
beiden letzten Dokumente, die hier vorgestellt werden können, stammen aus
den Archiven der Deutschen Orient-Gesellschaft: der eine – immer wieder
­zitierte – Brief Bruno Güterbocks18 an Günther Roeder19 vom 12. August 1924
sowie dessen Antwort vom 20. August desselben Jahres. Beide Schreiben datieren zeitlich knapp neun Monate vor dem Datum der ersten Akte aus dem
­Konvolut des Lacau-Nachlasses, den Bénédicte Savoy veröffentlichen konnte.
Dieses erste Dokument der Lacau-Akte besteht aus der offiziellen Anfrage
­Borchardts vom 10. April 1925 zur Wiedererlangung einer Grabungslizenz in
Amarna.20
Aus den von Savoy zusammengestellten und geschilderten Abläufen um
die Präsentationsgeschichte und das Bekanntwerden der Büste in Berlin und
der internationalen Presse21 dürften sich einige Gründe für den Briefwechsel
»Güterbock – Roeder« herleiten lassen, die auch in dem Antwortschreiben
­Roeders vom 20. August 1924 anklingen.
Während nahezu alle spektakulären Funde – auch die Objekte, die dem Museum in Kairo zugesprochen worden waren – unmittelbar nach der Grabungskampagne im Neuen Museum in Berlin in einer viel beachteten Sonderschau
vom November 1913 bis ins Frühjahr 1914 gezeigt wurden, beschränkte sich
die Präsentation der bemalten Büste auf ein veröffentlichtes Bild in den »Mitteilungen der Deutschen Orient-Gesellschaft« vom Oktober 1913.22 Im Jahre
1920 schenkte James Simon, der Finanzier der Grabung und Eigentümer der
Objekte, dem Museum sämtliche Amarna-Funde, woraufhin Inventarnummern (vgl. die abgebildete Karteikarte) vergeben und Planungen für den Umbau des «Griechischen Hofes» im Neuen Museum zur Aufstellung dieser
Sammlung vorgenommen wurden. Ab 1922 kamen – wohl auch aufgrund der
Wünsche des Direktors des Ägyptischen Museums Heinrich Schäfer – vermehrt Fotografien des Objekts in Umlauf, wie es der Besitz solcher Bilder etwa
bei Rainer Maria Rilke belegt.23 Spätestens ab 1923 nahm auch die internationale Presse von der Büste der Nofretete Notiz, was mit der Medienpräsenz der
spektakulären Funde des Tut-Anch-Amun-Grabes seit November 1922 einherging.24 Öffentlich präsentiert wurde die Büste dann ab März 1924 in den neu
dazu gewonnenen Ausstellungsräumen im «Griechischen Hof» im Neuen Museum. Der Brief Bruno Güterbocks an Günther Roeder wurde knapp fünf Monate nach Eröffnung der neuen Ausstellung in Berlin verfasst, wobei es sich
Die Büste der Nofretete 195
offensichtlich
.
um eine Beantwortung einer Anfrage an Heinrich Schäfer handelte. Fragen zur Fundteilung scheinen erst zu diesem Zeitpunkt aufzutauchen
und zwar aus Kreisen der nach wie vor unter französischer Leitung stehenden
Antikenbehörde in Kairo, deren Generaldirektor, Pierre Lacau, hier offensichtlich Informationen einforderte und auch Vorwürfe formulierte. Dies geht aus
einer – bei Savoy erwähnten – Gesprächsnotiz Borchardts vom 8. Juni 1924
hervor ebenso wie aus einer ebenfalls bei Savoy abgedruckten Stellungnahme
Lacaus für den Unterstaatssekretär im Ägyptischen Ministerium für öffentliche
Angelegenheiten: Lacau bezeichnete dabei die Fundteilung als einen Irrtum
­Lefebvres, weil dieser die Bedeutung der Büste nicht erkannte habe, rechtlich
sei der Vorgang allerdings einwandfrei gewesen.25
Es mag sein, dass diese 1924/25 kursierenden Spekulationen zeitnah zu Anfragen aus Kairo in Berlin führten. Aus dem Antwortbrief Günther Roeders
geht eindeutig hervor, dass der junge ägyptische Archäologe und Ägyptologe,
Selim Hassan26, der seinerzeit assistant keeper am Museum in Kairo war, sich
für eine objektive Darstellung des Sachverhalts interessierte. Ob diese Anfrage
Selim Hassans – vermittelt über Günther Roeder – bereits mit den sicherlich
schon im Raum stehenden Wünschen Borchardts zur Wiederaufnahme der
Grabungen in Tell el-Amarna in Zusammenhang stand27 oder mit seinen eigenen Aufgaben, Interessen und Pflichten am Ägyptischen Museum in Kairo,
kann aus den hier vorliegenden Dokumenten nicht erschlossen werden.
Bruno Güterbock verfasste seine Ausführungen in Erinnerung an das damalige Geschehen und als anwesender Zeitzeuge nahezu elf Jahre nach der
Fundteilung vom 20. Januar 1913.28
196 Friederike Seyfried
Die Büste der Nofretete 197
198 Friederike Seyfried
Die Büste der Nofretete 199
200 Friederike Seyfried
Abschließend sei nochmals betont, dass die hier publizierten Dokumente die
einzigen sind, die heute dem Ägyptischen Museum der Staatlichen Museen zu
Berlin zum konkreten Fund der Büste der Nofretete und zur Fundteilung beziehungsweise als Schilderung eines erinnerten Ereignisses eines Zeitzeugen
vorliegen.
Die Büste der Nofretete 201
Anmerkungen
1 Die Büste trägt die Inventarnummer ÄM 21.300 des Ägyptischen Museums und Papyrussammlung, Staatliche Museen zu Berlin − Preußischer Kulturbesitz.
2 In diesem Zusammenhang sei auch auf die hervorragende Ausstellung zu diesem Thema mit
dem Titel »Das große Spiel« in Essen 2010 und den umfassenden Begleitband mit dem gleich lautenden Titel verwiesen, die ebenfalls einer Versachlichung der Provenienzdebatte diente, vgl. Charlotte Trümpler (Hg.): Das große Spiel: Archäologie und Politik zur Zeit des Kolonialismus (1860 −
1940), Köln 2008.
3 Bénédicte Savoy (Hg.): Nofretete – eine deutsch-französische Affäre 1912 –1931, Köln u. a.
2011, S. 9; hinzuweisen ist auch auf die umfangreiche Erläuterung des damalig bekannten Sachverhalts durch Krauss in den Jahrbüchern Preußischer Kulturbesitz aus den Jahren 1987 und 1991:
Rolf Krauss: 1913 –1988: 75 Jahre Büste der NofretEte/Nefret-iti in Berlin, 1. Teil, in: Jahrbuch
Preußischer Kulturbesitz, Bd. 24 / 1987, Berlin 1988, S. 87–124; Ders.: 1913 –1988: 75 Jahre Büste
der NofretEte/Nefret-iti in Berlin, 2. Teil, in: Jahrbuch Preußischer Kulturbesitz, Bd. 28 / 1991,
Berlin 1992, S. 123 –157.
4 Wie groß das Desiderat der Reflexion der eigenen Wissenschaftsgeschichte ist, hat die – unter
diesem Motto stehende – Tagung der »Ständigen Ägyptologenkonferenz« (SÄK) im Juli 2011 in
Leipzig gezeigt. Insbesondere die Aufarbeitung der Zeit von der Weimarer Republik über das
»Dritte Reich« bis in die Nachkriegszeit bedarf noch eingehender Studien.
5 Die Umsetzung der Autographie sämtlicher Tagebucheinträge wird Klaus Finneiser verdankt.
6 Die Umsetzung und Übersetzung des Fundteilungsprotokolls geht auf die Verfasserin des Beitrags zurück.
7 Alle hier abgedruckten Dokumente und Fotos wurden am 20. Dezember 2009 in Kairo dem
damaligen Generaldirektor des Supreme Council of Antiquities, Dr. Zahi Hawass, von der Verfasserin dieses Beitrags in Kopie übergeben, unabhängig davon, ob sie der ägyptischen Seite bereits
vorgelegen haben.
8 Sie ist von mäßiger Qualität. Das Original ist kriegsbedingt verschollen.
9 Wir danken der Deutschen Orient-Gesellschaft (DOG), namentlich ihrem Vorsitzenden Professor Dr. Markus Hilgert und Dr. Joachim Marzahn, dem für das Archiv Verantwortlichen, für die
Ermöglichung des Abdrucks der Dokumente.
10 An der Grabungskampagne 1912/1913 nahmen neben Ludwig Borchardt als Grabungsleiter
folgende Personen teil: der Ägyptologe Professor Hermann Ranke, der Regierungsbauführer Karl
Breith, die Architekten Regierungsbaumeister Walter Honroth und Regierungsbaumeister Paul
Hollander sowie für die Geländeaufnahme und Vermessung Major Paul Timme. An den beiden
Tagen der Freilegung der Bildhauerwerkstatt waren als durchreisende Gäste anwesend: Seine Königliche Hoheit Prinz Johann Georg von Sachsen und Ihre Königliche Hoheit, Prinzessin Mathilde
von Sachsen. Am Tage der Fundteilung weilte auch Professor Bruno Güterbock, der damals Schriftführer der DOG war, in Amarna.
11 Die Figur befindet sich heute in Berlin und ist unter ÄM 21.263 inventarisiert.
12 Grabungstagebuch, S. 50. Der Modellkopf, der in der Literatur manchmal dem späteren Pharao Eje zugeschrieben wird, trägt die Inventarnummer ÄM 21.350.
13 Vgl. die Bemerkung von Güterbock im letzten Abschnitt seines Briefes an Roeder. Das Maß
der Aufnahmen ist auch in den Fotolisten festgehalten und entspricht der Größe der noch existierenden Abzüge.
14 In der vor Ort geführten Fotoliste wurden die Aufnahmen mit dem Prädikat »gut« versehen.
15 Die Listen der vollständigen Fotographien werden im Archiv der DOG verwahrt. (Kasten 1
der Dokumente des Archivs der Amarna-Grabung.) Die Glasplatten befinden sich seit Beginn des
Zweiten Weltkrieges in den Archiven des Supreme Council of Antiquities in Kairo. In Berlin befin-
202 Friederike Seyfried
det sich kein vollständiger Satz aller Abzüge der Grabungsfotos mehr, doch sind noch alle Bilder
der Nofretete vorhanden. Es handelt sich um die Aufnahmen mit den Nummern: 13/67, 13/68,
13/69, 13/70, 13/71, 13/72 und 13/73. Die Abbildung der Karteikarte erfolgt hier auf S. 193. Die
Fotonummern befinden sich im Feld »Bemerkungen«.
16 Der Zustand der Kopie lässt die Linierung am Rand erahnen.
17 Sämtliche Hintergrundinformationen zu dieser Gesetzesvorlage und ihrer Veränderung sowie
zur Einschätzung der zeitgenössischen Archäologen finden sich hervorragend aufbereitet im einleitenden Kapitel von Savoy: Nofretete (vgl. Anm. 3), S. 9 – 34.
18 Bruno Güterbock war Schriftführer der Deutschen Orient-Gesellschaft und hielt sich laut den
Tagebucheintragungen Borchardts mit seiner Frau vom 17. bis zum 24. Januar 1913 in Tell elAmarna auf.
19 Im Jahre 1924 war Günther Roeder (1881–1966) Direktor des Pelizaeus Museums in Hildesheim.
20 S. Savoy: Nofretete (vgl. Anm. 3), S. 90.
21 Ebd., S. 54 –72.
22 Vgl. Ludwig Borchardt: Ausgrabungen in Tell el-Amarna 1912/13 – vorläufiger Bericht, in:
Mitteilungen der Deutschen Orient-Gesellschaft zu Berlin, Nr. 52 / 1913, S. 43, Abb. 19. Auf dieses
Bild bezieht sich offenbar auch Güterbock in seinem Brief an Roeder.
23 Vgl. Savoy: Nofretete (vgl. Anm. 3), S. 67 f. sowie die Abb. S. 25 a und 25 b.
24 Ebd., S. 68.
25 Ebd., S. 91 mit Hinweis auf die Akte (PA AA R 64446) und S. 100 −105.
26 Selim Hassan (1886 –1961) war einer der bedeutendsten ägyptischen Archäologen und Ägyptologen. Er studierte unter anderem bei Hermann Junker, promovierte in Wien, wurde später Professor an der Universität Kairo und schließlich Direktor des Antikendienstes. Zur Person Selim
Hassan wie auch anderer hier genannter Ägyptologen, vgl. die entsprechenden Einträge in W. R.
Dawson / E.P. Uphill: »Who Was Who in Egyptology«, 3. Aufl., London 1995.
27 Nach dem Ersten Weltkrieg waren sämtliche Grabungslizenzen für deutsche Missionen ausgesetzt worden. Die Konzession für den Fundplatz Tell el-Amarna wurde 1920 an die englische
Egypt Exploration Society vergeben. Borchardt strebte seit seiner Rückkehr nach Kairo im Jahre
1923 eine Wiederaufnahme seiner Grabungen an und machte sich zu Beginn des Jahres 1925 erneut Hoffnungen, in Amarna graben zu können, da der englische Grabungsleiter im Dezember
1924 plötzlich verstorben war und eine Weiterführung der Arbeiten durch die Engländer in Frage
stand, vgl. hierzu auch Savoy: Nofretete (vgl. Anm. 3), S. 89.
28 Die Schilderungen in diesem Brief geben eine andere Einschätzung wieder als sie im Grabungstagebuchs Borchardts, insbesondere auf S. 227, unmittelbar nach der Fundteilung festgehalten worden waren. An der guten Qualität der zur Teilung vorgelegten Fotos, die hier alle abgebildet
sein, dürfte kein Zweifel bestehen.