Kündigung von Mietwohnungen

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Kündigung von Mietwohnungen
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Die besonderen Verfahren wie Kündigung oder Amtshaftung
sind streitige Verfahren, die insofern Sonderformen des Zivilprozesses sind, als sie sich davon in ihrer Gestaltung und ihrem
Ablauf unterscheiden. Streitige Verfahren sind nicht zu verwechseln mit den Außerstreitverfahren. Beispielsweise sind bestimmte Angelegenheiten des Mietrechts – wie Überprüfung
des Mietzinses oder der Betriebskosten – dem außerstreitigen
Verfahren vorbehalten.
Das Außerstreitverfahren ist für bestimmte Angelegenheiten
vorgesehen, für die das streitige Verfahren nicht geeignet wäre,
da die Interessen schutzbedürftiger Personen (z.B. Obsorgeverfahren bei Kindern geschiedener Eltern) zu beachten sind oder
andere öffentliche Interessen im Vordergrund stehen (z.B.
Grundbuch, Firmenbuch).
Eingeschränkter
Kostenersatz
im Außerstreitverfahren
Das Außerstreitverfahren ist weniger förmlich und flexibler als
ein Zivilprozess gestaltet, vieles wird von Amts wegen ohne Antrag einer Partei erhoben, Beteiligte können miteinbezogen
werden. Die Entscheidungen ergehen in Form von Beschlüssen,
welche mit Rekurs (= Rechtsmittel) anfechtbar sind. Abweichend geregelt ist auch der Kostenersatzanspruch: Grundsätzlich hat hier jeder seine Kosten selbst zu tragen, nur in bestimmten Verfahren gibt es einen eingeschränkten Kostenersatzanspruch gegenüber dem unterlegenen Gegner.
Kündigung
von Mietwohnungen
Befristete Mietverhältnisse enden grundsätzlich durch Zeitablauf
oder werden von Mietern aufgekündigt. Unbefristete Mietverhältnisse enden einvernehmlich oder werden von Vermietern
oder Mietern aufgekündigt. Bei Kündigung durch den Vermieter
greift das Mietrechtsgesetz (MRG) für Mieter schützend ein.
Dieser Kündigungsschutz der Mieter gilt bei sehr vielen Wohnungen und natürlich auch bei Genossenschaftswohnungen.
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Besondere Verfahren
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Kündigung durch den Vermieter
Eines der zentralen Elemente des „Kündigungsschutzes“ ist die
Bestimmung des MRG, derzufolge Mietverträge „nur gerichtlich
gekündigt werden“ können. Dabei hat der Vermieter in der Kündigung die Kündigungsgründe (z.B. Nichtbezahlung des Mietzinses trotz Mahnung, Eigenbedarf, Verweigerung der vereinbarten Dienstleistungen, erheblicher nachteiliger Gebrauch des
Mietgegenstandes, vertragswidrige Untervermietung) anzuführen. Andere Kündigungsgründe kann er in diesem Verfahren
nicht mehr geltend machen. Schriftliche oder gar mündlich
ausgesprochene Kündigungen durch den Vermieter führen
daher nicht zu einer wirksamen Beendigung von Mietverhältnissen.
Gerichtliche
Aufkündigung
durch Vermieter
Verfahren bei der gerichtlichen Kündigung
Einen der angeführten Gründe muss der Vermieter in der Kündigung, die er bei Gericht einbringt, anführen. Die Kündigung
selbst kann entweder schriftlich oder mündlich beim Bezirksgericht eingebracht werden. Das Gericht prüft dann, ob die Formalerfordernisse erfüllt sind (Name und Adresse des Mieters,
Adresse der zu kündigenden Wohnung, Angabe des Kündigungstermins unter Einhaltung der vereinbarten oder sonst ge-
Sonderfall: Nichtzahlung des Mietzinses
Werden Sie wegen Nichtzahlung des Mietzinses gekündigt und trifft Sie am
Zahlungsrückstand kein grobes Verschulden, können Sie durch Zahlung des
geschuldeten Betrages vor Schluss der Verhandlung erster Instanz die Aufhebung der Kündigung erreichen!
Kündigungsgründe
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setzlichen Kündigungsfrist von einem Monat, Bestimmung des
Räumungstermins 14 Tage nach dem Kündigungstermin, Angabe des Kündigungsgrundes). Sind alle Voraussetzungen erfüllt, entscheidet das Gericht mit Beschluss, dass die Kündigung bewilligt ist. Das bedeutet aber nur, dass sie formal in Ordnung ist. Inhaltlich besagt das noch gar nichts.
Die Kündigung wird dem Mieter zugestellt und dieser hat dann
nach der ordnungsgemäßen Zustellung 4 Wochen Zeit, Einwendungen gegen die Kündigung zu erheben, die nicht begründet
werden müssen. Nur dann, wenn Sie als Mieter nichts einwenden, wird die Kündigung ohne weiteres Verfahren rechtsgültig. Machen Sie aber von Ihrem Recht Gebrauch, Einwendung
zu erheben, legt das Gericht einen Verhandlungstermin fest, bei
dem die Berechtigung der Kündigung überprüft wird.
In diesem Verfahren muss der Vermieter seine geltend gemachten Kündigungsgründe beweisen. Ist das Gericht der Meinung, dass die Kündigungsgründe vorliegen, wird es der Kündigung stattgeben und Sie müssen die Wohnung zum Räumungstermin übergeben und die Verfahrenskosten bezahlen.
Wenn aber der Vermieter das Vorliegen des Kündigungsgrundes
nicht nachweisen kann, wird die Kündigung kostenpflichtig abgewiesen.
Kündigung durch den Mieter
Formlose
(schriftliche)
Kündigung
durch Mieter
Denkbar ist auch die vorzeitige Aufkündigung der Mietwohnung durch den Mieter und gegen den Willen des Vermieters;
diese hat grundsätzlich auch über das Bezirksgericht zu erfolgen. Eine eingeschriebene Kündigung oder eine mündliche
Erklärung reicht bei Wohnungen, die dem MRG auch nur teilweise unterliegen, nicht aus, den Mietvertrag vorzeitig aufzulösen.
Das Kündigungsschreiben kann aber als Angebot für eine einvernehmliche Vertragsauflösung verstanden werden, das vom
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Vermieter etwa mündlich oder aber schlüssig (= stillschweigend) durch Vereinbarung eines Übergabetermins, Zurückfordern der Schlüssel, Abrechnung der Kaution und dergleichen
angenommen werden kann. Dadurch kommt es zur einvernehmlichen Vertragsauflösung, die ohne Mithilfe der Gerichte
möglich ist. Wenn es sich der Vermieter aber anders überlegt,
kommt der Mieter mitunter in Bedrängnis.
Klare Verhältnisse sind nur gegeben, wenn der Vermieter dem
Mieter schriftlich bestätigt, mit der Kündigung zum genannten
Termin einverstanden zu sein oder wenn anstatt einer Kündigung eine schriftliche Auflösungsvereinbarung aufgesetzt und
von beiden Seiten unterschrieben wird. Durch die Schriftform
kann dann der vereinbarte Auflösungstermin jederzeit bewiesen werden.
Sträubt sich der Vermieter aber gegen die vorzeitige Vertragsauflösung und gegen die Abgabe einer schriftlichen Bestätigung, oder befinden sich im Mietvertrag Klauseln, wonach Sie
als Mieter trotz vorzeitiger Auflösung für weitere Mietzinsforderungen zu haften haben, so sind Sie als Mieter gezwungen,
gerichtlich aufzukündigen. Beim Bezirksgericht, in dessen
Sprengel die Wohnung gelegen ist, sind Kündigungsformulare
erhältlich, welche korrekt ausgefüllt beim Gericht zur Zustellung an den Vermieter eingereicht werden können.
Streitigkeiten
im Arbeits- und Sozialrecht
Das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz enthält einerseits besondere Verfahrensbestimmungen, die generell anzuwenden sind,
andererseits Sonderbestimmungen nur für das Verfahren in Arbeitsrechtssachen sowie solche nur für Sozialrechtssachen. Zu
den allgemeinen Vorschriften zählen etwa die sehr eingeschränkte Zulässigkeit von Gerichtsstands- und Schiedsvereinbarungen, die Laienbeteiligung in Form von fachkundigen Lai-
Gerichtliche
Aufkündigung
durch Mieter
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enrichtern, eine beschleunigte Verfahrensdurchführung, die erweiterte Anleitungs- und Belehrungspflicht (= Manuduktionspflicht) für das Gericht, Ausnahmen von der Anwaltspflicht und
erweiterte Rechtsmittelmöglichkeiten.
Zu den Abweichungen, die nur in Arbeitsrechtssachen (das sind
vor allem Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern) gelten, zählen z.B. die Möglichkeit besonderer Feststellungsverfahren, der Entfall einer Klagebeantwortung, die Anwendbarkeit des bezirksgerichtlichen Mahnverfahrens, die vorläufige Wirksamkeit erstinstanzlicher Entscheidungen, gegen
die Berufung eingelegt worden ist und die Geltung einer Neuerungserlaubnis für die Berufung, wenn die Partei in der ersten
Instanz nicht qualifiziert vertreten war.
Für die Sozialrechtssachen wird im Gesetz eine besondere Zuständigkeit für Leistungsansprüche angeordnet, auf welche die
Sonderregeln über die Wirkungen einer Klage, die Klagszurücknahme und die Beurteilung von Vorfragen Bedacht nehmen.
Darüber hinaus bestehen u.a. abweichende Vorschriften für die
Rechtsnachfolge, den Klagsinhalt, die Klagsänderung, das Beweisverfahren, die vorläufige Leistungserbringung und das
Rechtsmittelverfahren.
Laiengerichtsbarkeit
Sowohl für Arbeitsrechts- als auch Sozialrechtssachen sind in erster Instanz
die Landesgerichte zuständig. Die Landesgerichte (als Arbeits- und Sozialgerichte) werden in Senaten aus einem Berufsrichter und zwei Laienrichtern
tätig, wovon einer die Arbeitnehmer, der andere die Arbeitsgeberseite repräsentiert.
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Amtshaftung
Von Amtshaftung spricht man, wenn gegen staatliche Behörden
Schadenersatzansprüche aus Verletzungen von Amtspflichten
geltend gemacht werden. Amtshaftung besteht für Verwaltungsbehörden (z.B. Polizei), Gerichte, sonstige Ämter und
Behörden, aber etwa auch für sogenannte beliehene Unternehmer, die als Private hoheitliche Aufgaben erfüllen (z.B.
„Pickerl“-Vergabe durch Kfz-Werkstätte).
Die Anwendung des Amtshaftungsgesetzes setzt voraus, dass
das Organ eines Rechtsträgers „hoheitlich“ (= „in Vollziehung
der Gesetze“) aufgetreten ist und dabei „rechtswidrig“ und
„schuldhaft“ gehandelt hat, wodurch einer (dritten) Person –
die sich z.B. an diese Behörde gewandt hatte, um ihre Angelegenheit bzw. Ansprüche geltend zu machen – Schaden entstanden ist. Kurzum haften Bund, Länder, Gemeinden usw.
nach den Vorschriften des Privatrechts, wenn sie hoheitlich auftreten und dabei jemandem Schaden zufügen.
Im Straßenverkehr kommt es immer wieder vor, dass Verkehrsschilder montiert werden, ohne
dass zuvor die zuständige Behörde eine Verordnung beschlossen hat. Nur wenn eine Behörde
vorher eine solche Verordnung beschließt, darf auch ein Verkehrszeichen im Straßenverkehr angebracht werden. Wenn z.B. ein Kurzparkzonenschild in einer Gemeinde montiert wurde und
vorher kein Beschluss in der Gemeindevertretung gefasst worden ist, ist die Kurzparkzone trotz
des montierten Verkehrsschildes nicht wirksam. Diesbezüglich ergangene Strafbescheide sind
daher rechtswidrig. Sollten Sie als Betroffener einen Rechtsanwalt einschalten, um einen solchen
rechtswidrigen Strafbescheid durch Berufung zu beseitigen, sind auch die Anwaltskosten zu ersetzen. Diese sind von Bund, Land oder Gemeinde zu tragen, wenn das Vorgehen der Behörde
unvertretbar war, somit auf keiner vertretbaren Rechtsauffassung beruhte.
BEISPIEL
Der Ersatzanspruch besteht aber nicht, wenn der Geschädigte
den Schaden durch ein Rechtsmittel (z.B. Berufung) oder durch
eine Beschwerde an den VwGH hätte abwenden können, was
vom Gericht auch ohne Einwendung des Beklagten (also amts-
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wegig) zu prüfen ist. Ein offenkundig aussichtsloses Rechtsmittel muss aber zur Wahrung des Amtshaftungsanspruchs
nicht erhoben werden.
Allerdings haftet das schädigende Organ (z.B. Polizist) dem Geschädigten nicht persönlich. Darin liegt ein wichtiger Schutz
des handelnden Organs, aber auch für Geschädigte bedeutet
dies einen Vorteil. Ein Geschädigter hat sich nämlich an den
Rechtsträger (z.B. Bund) zu halten. Dafür bestimmt das Gesetz
folgendes (sogenanntes) Aufforderungsverfahren: „Der Geschädigte soll den Rechtsträger, gegen den er den Ersatzanspruch
geltend machen will, zunächst schriftlich auffordern [Finanzprokuratur], ihm binnen einer Frist von drei Monaten eine Erklärung zukommen zu lassen, ob er den Ersatzanspruch anerkennt oder den Ersatz ganz oder zum Teil ablehnt.“ Zuständig
für eine allenfalls in der Folge erhobene Klage ist das Landesgericht, in dessen Sprengel der Schaden zugefügt wurde.