Josef M. Neuenhofer
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Josef M. Neuenhofer
Josef M. Neuenhofer Casilla 700 La Paz – Bolivia Tel. + Fax:00591-22711221 Email: [email protected] La Paz, im Mai 2010 Liebe Freunde und Wohltäter! Da bin ich mal wieder nach einem halben Jahr, um Euch Anteil nehmen zu lassen an unseren Freuden und Sorgen hier in Bolivien. Heute möchte ich Euch von fünf Ereignissen berichten. 1) Eine freudige Überraschung war für uns alle im Dezember vergangenen Jahres meine Ernennung zur „Persönlichkeit des Jahres 2009“. Die größte Tageszeitung von Bolivien und das Fernsehen hatten diese Wahl getroffen, und unser Staatspräsident Evo Morales hat dieser Auszeichnung zugestimmt, obwohl ich Ausländer und Priester bin (beide Eigenschaften sind zur Zeit in unserem Land nicht vorteilhaft). Leider war diese Auszeichnung nicht mit einer Scheckübergabe zu Gunsten der „Fundación Arco Iris“ verbunden. Aber die Feierlichkeiten im 5-Sterne-Hotel empfand ich an jenem Gala-Abend als sehr schön. Durch die Publicity in Presse und Fernsehen wurde unsere Arbeit weithin bekannt gemacht. Das hat uns gut getan. 2) Anfang März wurde ich 72 Jahre jung. Mit etwa 1.300 Kindern und Jugendlichen aus den verschiedenen Heimen und Projekten, sowie von der Straße, wurde mein Geburtstag mit einem Mittagessen auf unserem Sportplatz gefeiert – ganz auf südamerikanische Art. Es gab viele Tänze, Sketche und Glückwünsche, und eine große Schar von Gratulanten hat mich umarmt und mit Konfetti „gesegnet“. Ich bekam auch einen „Liebesbrief“ von unserer neunjährigen Florencia, in dem es heißt: „Du bist der beste Vater! Ich habe jeden Tag genug zu essen und kann in die Schule gehen. Herzlichen Dank! Ich habe zu Gott gebetet, dass Du immer am Leben bleibst! Denn wenn Du sterben musst, dann bin ich ein armes Waisenkind“. Dieser besonders für mich schöne Tag hat wieder einmal gezeigt, dass unsere „Fundación Arco Iris“ eine Gemeinschaft und eine große Familie ist. 3) Schmerzlich berührt und in finanzielle Schwierigkeiten gebracht hat uns die Tatsache, dass wir für die Einfuhr eines Computertomographen für unser Hospital beim hiesigen Zoll 98.000 US Dollar (etwa 73.000 Euro) bezahlen mussten. Vorher war uns vom Gesundheitsminister die zollfreie Einfuhr zugesichert worden. Mit dem modernen Siemens-Gerät wollten wir vielen armen Menschen bei der Diagnose ihrer Krankheiten helfen. Jetzt müssen wir erst einmal unsere Schulden bezahlen. Unser „Hospital Arco Iris“ ist wohl das beste und beliebteste Krankenhaus in unserer Millionenstadt La Paz. Im Jahr 2009 hatten wir 182.439 Patienten, wovon 58,2 % Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre waren. 4) Am Nachmittag des Gründonnerstags veranstalteten wir – dieses Jahr zum zehnten Mal – auf dem großen Platz vor der alten San-Francisco-Kirche eine Schuhputzaktion besonderer Art. Hohe Persönlichkeiten aus Kirche, Politik und Gesellschaft waren eingeladen, um armen Kindern die Schuhe zu putzen. Die Großen taten diesen Dienst an den Kleinen. Unser Erzbischof und zwei weitere Bischöfe machten mit, ebenso der Polizeipräsident Boliviens, der deutsche Botschafter und weitere 20 bekannte Stars von Film, Sport und Fernsehen. Dabei erinnerten wir uns an Jesus, der an diesem Tag seinen Jüngern die Füße gewaschen hat. Er zeigte uns, dass jede Autorität zum Dienen bestimmt ist, dass die Großen sich bücken und klein machen sollen vor den Habenichtsen, und dass eine Kirche, die nicht dient, zu nichts taugt und nicht in den Spuren ihres Herrn geht. Die Kirche hat heute vielfach den Kontakt zu den Erfolglosen und Ungeliebten verloren. Wenn dann z. B. ein Bischof einem Straßenkind die Schuhe putzt, dann wird die Sehnsucht nach einer Kirche wach, die an Jesus Christus Maß nimmt und sich besonders in den Dienst der Menschen stellt, die vielleicht „Dreck am Stecken“ (oder an den Schuhen) haben. Zu dieser Kirche möchte ich gern gehören. Für die über 3.000 Kinder und Jugendlichen, die sich in unserer Stadt und der angrenzenden Stadt El Alto als Schuhputzer ihr tägliches Brot verdienen, war diese Aktion ein großes Erlebnis, das ihnen Würde und Anerkennung schenkte. 5) Traurig macht uns eine alarmierende Tatsache. Die extreme Armut vieler Familien und alleinstehender Mütter in Bolivien lässt den „Kinderhandel“ immer krimineller werden. Die Schätzungen der internationalen Organisation für Arbeit (OIT) nennen etwa 40.000 Personen, die in Bolivien in den Kauf und Verkauf von Kindern verwickelt sind. Der Handel mit Kindern (und oft auch mit deren Organen) ist ein lukratives Geschäft und steht in der Welt – nach dem Waffen- und Rauschgifthandel – an dritter Stelle. Die Kinder werden mit dem Versprechen auf ein besseres Leben an die Grenze gelockt und dort wie Sklaven gehandelt und verkauft. Die Jungen landen meistens im Bergbau und die Mädchen in der Prostitution. Allein in La Paz und in El Alto verschwinden jeden Tag drei Kinder und Jugendliche spurlos. Im Herbst dieses Jahres komme ich – wie alle zwei Jahre – wieder zu einem Besuch nach Deutschland. Darauf freue ich mich jetzt schon. Euch allen frohe Grüße aus Bolivien und ein herzliches Dankeschön für all Eure Güte und Hilfe! Euer ______________________________________________________________________ Bankverbindung: Kinder-Direkt-Hilfe Korschenbroich e. V., Sparkasse Neuss, BLZ 305 500 00, Konto-Nr.: 26 151 555