STANDARD-Artikel zum österr. Blumenmarkt

Transcription

STANDARD-Artikel zum österr. Blumenmarkt
derStandard.at | Investor | Wirtschaft | Handel
07. März 2008
18:40 MEZ
Bau- und Supermärkte stellen Blumenhandel in den Schatten
Der geplante Verkauf von Holland Blumen Mark an den Sanierer Anton
Stumpf zeigt, dass der Markt an Kraft verloren hat
Die Branche vermutet, dass den Investor nur die Immobilien reizen.
***
Wien - Der Einstieg des Linzer Investors und Sanierers Anton Stumpf in
das Blumengeschäft sorgt in der Branche für Skepsis. Stumpf will die ins
Straucheln geratenen rund 120 Holland Blumen Märkte übernehmen. Ihr
Eigentümer, der Holländer Cornelius van der Velden, zieht sich zurück. Er
hinterlässt ein Unternehmen mit seit Jahren sinkenden Umsätzen und
Verlusten - allerdings mit teils guten Standorten.
Marktkenner vermuten daher, dass Stumpf vor allem die Immobilien
reizen. Es ist nicht das erste Mal in Österreich, dass Investoren ins
Blumengeschäft hineinschnuppern. Bei mindestens zwei Ketten gab es in
den vergangenen Jahren eine Due-Diligence-Prüfung - mit der Folge, dass
sich die Interessenten zurückzogen.
Rückläufiger Markt
"Der Markt für Schnittblumen und Zimmerpflanzen ist alles andere als
rosig. Er ist seit Jahren rückläufig", zieht Andreas Kreutzer von Kreutzer,
Fischer & Partner Bilanz. 330 Mio. Euro sei er schwer. 2007 sank das
Geschäft mit Schnittblumen laut einer Studie des Marktforschers um sieben
Prozent. Bei Zimmerpflanzen gab es ein Minus von zwei bis drei Prozent.
Unter Druck seien vor allem Anbieter von Standardware, sagt Kreutzer.
Denn Baumärkte und Lebensmittelketten schnitten sich große Stücke des
Marktes ab. Und die kleinen innovativen Floristen wiederum holten sich die
exklusiveren Geschäfte zurück.
Holland Blumen Mark war einst der Pionier in Österreich. Der Diskonter
mischte in den 70er-Jahren unter van der Velden den Markt auf, machte
die Blume für jedermann leistbar und grub Floristen den Markt ab. Selbst
aufgelassene Tankstellen wurden gekauft und in Holland-Läden
umgewandelt. Doch mittlerweile decken Supermärkte das Geschäft des
früheren Blumenkönigs ab.
Rund 30 Millionen Umsatz
Die Standorte seien veraltet und für seine Branche keine Konkurrenz mehr,
sagt Rudolf Hajek, Bundesinnungsmeister der Floristen. Auf das "t" bei
Markt muss die Kette seit einer Klage anderer Händler in den 90er-Jahren
verzichten.
Holland Blumen Mark hat 2006 mit 480 Mitarbeitern 29,8 Mio. Euro
umgesetzt. Das Betriebsergebnis war wie auch in den Jahren zuvor
negativ. 16 Standorte wurden zugesperrt und die Restrukturierung im
Vorjahr fortgesetzt. Die Bilanz 2007 ist noch nicht veröffentlicht. Van der
Velden - er betreibt auch einen Blumengroßhandel - ist seit Jahren zu
keiner Stellungnahme bereit.
Gartengeschäft blüht
Zimmerpflanzen fristen ein Schattendasein - das Geschäft mit
Gartengestaltung blüht jedoch auf, sagt Kreutzer. Aber auch hier mischen
Baumärkte kräftig mit. Gartencenter machen oft bis zu 45 Prozent ihrer
gesamten Verkaufsfläche aus, rechnet der Regioplan-Experte Michael
Oberweger vor. Flächen von 2500 Quadratmeter für das Grüne seien
bereits Standard. Auch Möbelkonzerne pflegen ihren grünen Finger: Ikea
etwa hat vor kurzem zwei deutsche Standorte um riesige Glashäuser
erweitert.
Dass Branchenfremde auch Fachketten wie Bellaflora hart zusetzen, das
lässt das Familienunternehmen nicht gelten. Bellaflora habe den Umsatz im
Vorjahr um drei auf 78 Mio. Euro brutto gesteigert, heißt es aus der
Firmenzentrale. Die Kette erzielt laut Bilanz Gewinne und will auch heuer
flächenbereinigt wachsen. Stark gefragt seien Biopflanzen.
Ob das Geschäft floriert, das hängt vom Wetter ab, sagt Anton Starkl von
der gleichnamigen Gärtnerei. Aber in seiner Branche werde ohnehin
langfristig gedacht. "Meine ältesten Pflanzenkulturen sind 20 Jahre alt.
Irgendwann klappt das mit dem Verkauf." Sorge bereite der fehlende
Gärtnernachwuchs. Es sei eine schwere Arbeit, "und unsere Leute müssen
mehr lateinische Namen kennen als ein Arzt." (Verena Kainrath, DER
STANDARD, Print-Ausgabe, 8./9.3.2008)
© 2008 derStandard.at - Alle Rechte vorbehalten.
Nutzung ausschließlich für den privaten Eigenbedarf. Eine Weiterverwendung und Reproduktion über den
persönlichen Gebrauch hinaus ist nicht gestattet.