CeBIT`91 - Ein Messerundgang in Sachen Software für

Transcription

CeBIT`91 - Ein Messerundgang in Sachen Software für
CeBIT'91
CeBIT'91 - Ein Messerundgang
in Sachen Software für Juristen
Das Mekka der Computer- und
Softwarehersteller, die CeBIT'91
in Hannover, war - ebenso wie in
den vergangenen Jahren - Magnet für EDV-Interessierte aus
allen Teilen des Landes und aus
aller Welt. Auch viele Juristen
hatten sich auf den Weg dorthin
gemacht in der Hoffnung, elektronische Unterstützung für die
tägliche Arbeit zu fänden.
E B I - Messekatalog online
Die gelb gekennzeichneten und
flächendeckend über das Gelände der Hannovermesse verteilten Stände der EBI - Elektronische Besucherinformation - boten dem Besucher Orientierungshilfe. Bereitwillig befragte
man am Informationsstand die
Datenbank nach den Produktoder Herstellernamen oder den
Stichworten, die den Besucher
interessierten.
Obwohl ein vielfältiges Angebot
für Juristen gezeigt wurde, blieb
eine
EBI-Recherche
nach
„Rechtsanwalt" ergebnislos. Erst
eine Suche nach „Recht" brachte
eine Liste von Herstellern mit
für Juristen relevanten Produkten - ein Problem, welches Datenbank-Anwendern und, seit
der Einführung von juris, auch
vielen Juristen nicht unbekannt
sein dürfte.
Aber wenn die Suche gelungen
ist, erleichtert EBI (Bitte hierzu
auch die Abb. 1 der folgenden
Seite beachten.) die Planung des
Rundgangs und das Auffinden
der Stände, da die Angebote in
räumlicher Sortierung erscheinen.
1. Juristische Programme der
Großanbieter
.Am Partnerstand von Siemens
Nixdorf
Informationssysteme
(SNI) wurde das Programm ReNoFlex von der Firma Dr. Richtmann + Eder aus München gezeigt. ReNoFlex, das schon seit
jur-pc 4/91
geraumer Zeit auf dem Markt ist
und bereits auf der letztjährigen
CeBIT zu sehen war, wird vom
Hersteller als Datenbankapplika-
ReNoFlex
tion für Rechtsanwälte bezeichnet und besteht aus etwa 270
Einzelprogrammen. Entwickelt
wurde das netzwerkfähige Programm unter Einsatz der Datenbank-Programmiersprache Dataplex. Hervorzuheben ist die Verfügbarkeit von ReNoFlex unter
den verschiedensten Betriebssystemen wie MS-, PC-, DR-DOS,
OS/2, SCO UNIX und XENIX,
IBM AIX, Siemens MX 300/500
und anderen. Der Funktionsumfang reicht von Mandats- und
Aktenverwaltung, Mahnwesen
und Zwangsvollstreckung, Finanzbuchhaltung, Kostenrecht
und Fristenverwaltung bis zu Literaturverwaltung und Entscheidungssammlung.
ReNoFlex liegt jetzt in der Version 3.5 vor, die Verbesserungen
im Detail aufweist. Um das f i nanzielle Risiko einer Fehlinvestition zu mindern, wird ReNoFlex in einer Einsteigerversion
angeboten, die bei Bedarf später
aufgerüstet werden kann. Der
modulare Aufbau der Software
ermöglicht es dem Anwender,
nur die Programmteile zu erwerben, die er wirklich benötigt. Eine bereits vorhandene Textverarbeitung kann in ReNoFlex integriert werden. Schnittstellen
sind insbesondere zu Word und
Wordperfect vorgesehen, es sind
prinzipiell aber Kopplungen mit
allen Textprogrammen möglich.
Standardmäßig ist die Textsoft¬
ware PRISMA eingebunden.
Standardschreiben können aus
Textbausteinen
zusammengesetzt werden. Die dazu notwendigen Mandantenangaben werden aus der Akte übernommen.
ReNoFlex bietet eine besondere
J u r P C - A r c h i v : http://www.jurpc.de
Steffen Roller
Unterstützung der Prüfung von
Mandatskollisionen für überregionale Sozietäten. Uber Nacht
werden die neuangelegten Akten in den verschiedenen Büros
per Datenfernübertragung gegeneinander abgeglichen und
Kollisionen festgestellt. Dieser
Vorgang erfolgt programmgesteuert und setzt voraus, daß alle Kanzleien mit der gleichen
Software arbeiten.
Am SNI Hauptstand mußte
man sich durch den ungeheueren Andrang und das dadurch
entstandene Chaos an der Rezeption arbeiten, um sich nach
dem genauen Standort der Präsentation juristischer Software
zu erkundigen, zu dem man
dann von einer freundlichen
Dame geleitet wurde. SNI hatte
ein unter SINIX laufendes Geschäftsstellennetz mit sechs Ter-
SOLUM
minals aufgebaut. Integriert in
dieses Netz war das Programm
SOLUM zur EDV-Unterstützung der Grundbuchämter. Seinerzeit war SOLUM der Einstieg der EDV in der Justiz. Es
ist inzwischen fünf bis sechs
Jahre alt und in Bayern flächendeckend im Einsatz. Auch in
Hessen und Niedersachsen sowie seit kurzem auch in Sachsen, wo die Bayern bekanntlich
„Entwicklungshilfe" leisten, vertraut man auf SOLUM, das für
die verschiedenen Bundesländer
in entsprechenden Versionen
verfügbar ist. SOLUM ist gedacht für Rechtspfleger und
Grundbuchbeamte. Es enthält
die notwendigen Textkonserven
für Grundbucheinträge und daraus folgende Schreiben an Eigentümer, Gläubiger, Notar und
andere. Dabei werden gleichzeitig die sich ergebenden Berechnungen wie z.B. jährliche Bela-
Steffen Roller ist
Mitarbeiter von
Professor Rainer
Koitz, der zusammen mit Professor
Manfred Kemper
das Lehrbuch
„Rechtsinformatik - Informationstechnologien zur Rationalisierung von
Rechtsbildung und
Rechtianwendung"
(Ost-Berlin,
verfaßt hat.
1061
9
CeBIT'91
stung durchgeführt. Der
Ausdruck erfolgt formatgerecht auf das Grundbuchblatt und muß nur
noch unterschrieben werden. (Bitte hierzu auch
die Abb. 2 der folgenden
Seite oben beachten.)
Das Programm führt darüber hinaus ein Verzeichnis der Eigentümer und
Flurgrundstücke, was einen ersten Schritt in
Richtung elektronisches
Grundbuch - mit allen
daraus resultierenden Datenschutzproblemen
darstellt. Auch wenn SOLUM
etwa 25%
des
Hilfspersonals einsparen
soll, fehlt den Ämtern für
eine vollständige Erfassung
aller
früheren
Grundbucheintragungen
die Kapazität.
HANNOVER MESSE C e B I T
Komple.ttlösungen f u r R e c h t s a n w ä l t e
Anwendungssoftware f u r Rechtsanwälte
A n w e n d u n g s s o f t w a r e für G e r i c h t e
K o m p l e t t l ö s u n g e n für N o t a r e
A n w e n d u n g s s o f t w a r e für N o t a r e
Datenbanken fur R e c h t s i n f o r m a t i o n e n
D a t e n b a n k e n für R e c h t s s p r e c h u n g
D a t e n b a n k e n über P a t e n t e u n d L i z e n z e n
D a t e n b a n k e n für V e r s i c h e r u n g s w e s e n
K o m p l e t t l ö s u n g e n für G e r i c h t e
K o m p l e t t l ö s u n g e n für R e c h t s p f l e g e r
K o m p l e t t l ö s u n g e n für P a t e n t a n w ä l t e
K o m p l e t t l ö s u n g e n für R e c h t s w e s e n , s o n s t i g e
A n w e n d u n g s s o f t w a r e für P a t e n t a n w ä l t e
A n w e n d u n g s s o f t w a r e für G e f ä n g n i s v e r w a l t u n g e n
Abb. 1: Ergebnis einer EBI-Recherche
nach „Recht".
1062
Halle
Name
ff]"
Stand
Tel.
4e
2
8950400
4i
2
8951820
5d
2
OEM
Olivetti
(2)
1
1
Siemens Nixdorf
(3) ( 1 0 ) ( 1 3 )
1
5 e _2_
8955736
Commodore
(1) .
1
5g
8
8951345
Siemens Nixdorf
(1) (2) ( 4 ) ( 5 )
1
6a
2 "
895T23S" ~
Deutsche O l i v e t t i
( 1 1 (21 ( 4 ) ( 5 )
1
6c
4
8950897
DATEV
(6)
1
6g
2
8951003
eas
(1)
1
7a
6
8950859
1
7i
2
±
Ix
b
1
8i
4
Systems S Networks
. . . . . .
b e i : 8ULL
( 2 ) (4> ( 5 )
b e i : Hewlett-Packard
aiphatext
(1) (4) b e i : Victor
ITOS
(10)
Technologies
Computer
8954981
ALF
(2)
2
2.0G
810
8952032
P o s t - a u t o m a t i o n GmbH
(2)
4
EG
H57
8953407
S o l d a n , Hans
(1) ( 2 ) (5) ( 6 ) ( 7 )
4
1.06
b e i : Software-Zentrum
A22,(42)
Mittelstand
ECU
(2)
Informationssysteme
(5)
b e i : S o f t w a r e - Z e n t r um
4
1.0Q
Mittelstand
A22,(43)
MCT
(2)
m i c r o computer team
(5)
b e i : S o f t w a r e - Z e n t r um
4
1.0G
Mittelstand
A48.(64)
4
1.0G
Mittelstand
A48.(73)
Jurasoft
(2) (5)
ISY
(1)
Microcomputer Softw.
b e i : S o f t w a r e - Z e n t r um
MSD
(1)
4
1.0G
Mittelstand
b e i : Software-Zentrum
AnNoText '
( 1 ) ( 2 ) ( 4 ) '(5)
8950637
8950861
A48.(42)
4
1.0G
C50,(41)
b e i : S o f t w a re-Zentrum M i t t e l s t a n d
8956550
C50,(72)
8953240
Computer S S o t t w a r e
( 2 ) b e i : S o f t w a r e - Z e n t r um
JURA-PC
(1) (2)
4
1.0G
Mittelstand
4
LOG
D34,
Dr'. S t ü r e n b u r g
( 4 ) (51 b e i : S o f t w a r e - Z e n t r u m M i t t e l s t a n d
ADVDCATUS
( 2 ) ( 5 ) b e i : S o f t w a r e - Z e n t r um
4
LOG
Mittelstand
DRGAJUR
(1) ( 2 ) ( 5 )
4
b e i : Sottware-Zentrum
PICK Systems
(2) (14)
Europe
1.0G
Mitteistand
(51)
D48,(52)
D48,(71)
8955836
8952311
4
1.0G
F53
4
l.Ofi
H33
Makrolog
(2) ( 3 ) (6)
4
1.0G
H57
8952999
GDUPIL D e u t s c h l a n d
(1) ( 6 ) ( 8 )
6
G20
8952228
IBM
(2)
7
A22
7
A22
North American
(2)
0
Standort
1
VMR
(12)
ff]
/
DeTeUe
(1) ( 2 ) ( 4 ) ( 5 )
DILEX
(2) ( 5 )
SALOMON
Auch der in jur-pc (02/91,
S. 978) bereits beschriebene PC-basierte Juristenarbeitsplatz
SALOMON
war zu sehen. Unter der
Oberfläche ComfoDesk,
die auf MS-Windows 3.0
aufsetzt, sind eine Vielzahl von Programmen,
die den Juristen unterstützen sollen, zusammengefaßt. Leider sind dies abgesehen von WinWord
- keine echten WindowsAnwendungen, sondern
lediglich unter Windows
ablaufende
DOS-Programme, die die Windows-spezifischen Funktionen wie dynamischen
Datenaustausch
(DDE)
und grafische Bediensymbole nicht unterstützen.
Eine Integration der verschiedenen
Programme
findet über das Clipboard
von Windows statt. Das
Einbinden eigener Programme - gezeigt wurde
'91
Sottware
Deutschland
(5)
Renodat
(2) (5)
b e i : I8M
Aithott,
(2) ( 5 )
Heinz
b e i : Zenith
Deutschland
/
UZZ
ALTOS
(1)
7
D14
Reno pölkner
(1) ( 4 ) (12)
7
D14
data
systems
8
EG
A04
12
L A N s y s t e m s (UK)
(13)
b e i : USA N e t w o r k i n g P a v i l i o n
EG
A48,(C
TELENURMA
(9)
RECOGNITA
(15)
Deutsches
J u r P C - A r c h i v : http://www.jurpc.de
8950347
b e i : ALTOS
S o f t w a r e b ü r o C h r i s t o p h Monz
(2)
b e i : WYSt I t C H N ü L U Ü Y
SZKI
(11)
*
AG
Patentamt
4)
8954919
iy
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UVblöAZZ
23
801
8959395
23
B30
*
jur-pc 4/91
CeBIT'91
Amtsgericht
r~.~Ak.,A.
Grundbuch von
Hannover
Eingebogen
Band
?
Lfd. Nr. Lfd. Nr. der-Hannover
belasteten
der
Betrag
Grundstücke
Eintraim Bestandsgungen
verzeichnis
1
1
2
1,3
Blatt
45
Hypotheken, Grundschulden, Rentenschulden
4
3
143.567 DM
Dritte A b t e i l u n g
Grundschuld ohne B r i e f zu e i n h u n d e r t d r e i u n d v i e r z i g tausendfünfhundertsiebenundsechzig Deutsche Mark
für KREISSPARKASSE SCHWEINFURT, Schweinfurt; 9 %
Z i n s e n jährlich; v o l l s t r e c k b a r nach § 800 ZPO; gemäß B e w i l l i g u n g vom 12,02,1991 eingetragen am
14.03.1991.
Wacker
'
Baumann
Abb. 2: Ein SOLUM-Grundbuchblatt
dies mit einem Programm zur
Berechnung der Blutalkoholkonzentration - in SALOMON ist
möglich. Gut gelöst wurde die
automatische Erstellung von
Formularen mit WinWord. Am
Stand wurde gezeigt, wie einfach
es ist, z.B. ein niedrigstes Gebot
für eine Zwangsversteigerung
auszudrucken.
Das SALOMON-Konzept sieht
auch eine Verbindung des lokalen PC's mit dem zentralen Geschäftsstellenrechner vor. So
kann sich der Richter von seinem Arbeitsplatz aus in das
Netz der Geschäftsstelle einwählen und die dort angebotenen
Dienste in Anspruch nehmen.
SALOMON kostet in der
Grundversion etwa 3.500,- D M .
DATEV
Am Stand der DATEV war zu
sehen, wie einfach die Oberfläche einer juristische Datenbank
.aussehen kann, ohne daß auf
mächtige Recherchemöglichkeiten verzichtet werden muß. Der
Zugriff auf den Host-Rechner
erfolgt dabei nicht über das DATEX-P-Netz,
sondern
über
jur-pc 4/91
ISDN (Integrierte Dienste/Digitales Netzwerk). Das setzt zwar
die Installation eines entsprechenden Anschlusses voraus, ermöglicht dann aber eine Arbeitsgeschwindigkeit, die der des
lokalen Betriebs vergleichbar ist.
Advodat
Bei Olivetti wurde das Programm Advodat für Rechtsanwälte und Notare gezeigt.
Es bietet Mandatsverwaltung,
Buchhaltung, zentrale Namenskartei,
Unterstützung
von
Mahnverfahren und Zwangsvollstreckung, Termin- und Fristenkalender, integrierte Textverarbeitung sowie Massen- und
Verwahrbuch,
Urkundenrolle
und Gebührenabrechnung.
Die Telekommunikationsfirma
DeTeWe hat ebenfalls das Programm ReNoFlex in ihrem Pro-
DeTeWe
gramm. Als Besonderheit wurde
die Möglichkeit geschaffen, TeleJ u r P C - A r c h i v : http://www.jurpc.de
fonkosten direkt aus dem Gebührenzähler der Hausanlage in
die Buchhaltung und die Kostenaufstellung der Mandatsakte
zu übernehmen. Voraussetzung
dafür ist eine DeTeWe-Telefonanlage in der Kanzlei. Die programmtechnische
Realisierung
ist gegenwärtig noch recht umständlich. Bevor der Anwalt mit
dem Telefonat beginnen kann,
muß er mehrere Masken auf
dem Bildschirm durchgehen
und am Ende die Nummer der
Akte über eine Funktionstaste in
den Telefonapparat eingeben.
Wünschenswert und technisch
machbar wäre die Verbindungsherstellung
auf
Knopf-
DILEX
druck - ohne manuelle An¬
wahl - aus der Akte heraus. Wie
am Stand versichert wurde, ist
das auch das Entwicklungsziel
von DeTeWe. Interessenten sind
also gut beraten, noch einige
Zeit mit dem Installationsauftrag zu warten.
Wie schon im vergangenen Jahr
zeigte die Firma Franz AlthofF
als Partner der Firma BULL das
weiter im Detail verbesserte Sy-
CeBIT'91
stem DILEX, ein Anwendungsprogramm für die Anwalts- und
Notariatskanzlei. Es läuft unter
einem UNIX-Betriebssystem auf
Mehrplatzrechnern. DILEX ist
ein äußerst leistungsfähiges System und bietet für bis zu 32
Arbeitsplätze unter anderem eine mehrplatzfähige Textverarbeitung mit integrierter Rechenfunktion, Formschreiben, Buchhaltung, Mandatsverwaltung, Liquidation, Zwangsvollstreckung
und Mahnverfahren, Monatsabschluß sowie die Verwaltung der
Kanzleibibliothek. Der Nutzer
kann zwischen Mehrplatzbetrieb und Vernetzung wählen.
Der Preis für DILEX - ohne Notariatsmodul - liegt bei etwa
16.000 - D M .
Nicht immer hielten die Aussteller, was sie in der EBI versprachen. Das Gedränge am
Stand von Commodore hätte
man sich ersparen können, von
einer
Komplettlösung
für
Rechtsanwälte - so die EBI-Information - hatte man dort
noch nichts gehört. Bei der Firma Wyse lag die Sache etwas
anders. Dort wurden auf die
Frage nach Software für Rechtsanwälte die Pläne für ein
Rechtsanwaltskanzleiprogramm
erläutert, das alle Bedürfnisse
befriedigen werde. Auch wenn
dieses Programm nicht mehr
rechtzeitig zur Messe fertiggestellt werden konnte, stand der
Preis für die erforderliche Hardware schon fest: 30.000,- D M .
Bleibt die Frage, welche Kanzlei
sich das wohl leisten wird.
2. Mittelständische Firmen
Das große Angebot an Kanzleiprogrammen der mittelständischen Firmen erscheint weitge-
ORGAJUR
hend ähnlich. Trotzdem gibt es
erwähnenswerte
Unterschiede,
die die Programme für den einen oder anderen Zweck geeigneter erscheinen lassen.
Die Firma ORGAJUR aus
Friedberg in Bayern erstellt seit
15 Jahren Software für Anwälte.
Auf der CeBIT zeigte sie eine
integrierte Daten- und Textverarbeitung für die Rechtsanwaltskanzlei. Das modular aufgebaute Programm bietet Unterstützung in den Bereichen Kanzleiverwaltung
(Grundmodul),
Buchhaltung, Textverarbeitung/
Kostenrechnung sowie Mahnund Vollstreckungswesen. Das
Paket kann um ein Modul für
Notariate und durch nach Kundenwunsch erstellte Erweiterungen ergänzt werden. Alle Module sind unter einer einheitlichen
Oberfläche
zusammengefaßt.
Die Bedienung erfolgt menügeführt durch die Eingabe von
zweistelligen Zahlen. Standardmäßig ist die Textverarbeitung
Euroscript eingebunden, doch
kann auch ein bereits vorhandenes anderes Textprogramm integriert werden. Die Arbeit mit
Textbausteinen ist eine besondere Stärke von ORGAJUR. Die
Bausteine können Daten aus anderen Modulen enthalten, z.B.
aus der Mandantendatei, in der
vier Adreßarten - Mandant,
Gegner/Schuldner, Drittbeteiligter
und
zuständiges
Gericht -unterschieden werden. In
die Textbausteine können Zahlen als feste oder variable
Rechengrößen eingegeben werden. So werden beim Schreiben
einer
Gebührenabrechnung
Advocatus Diaboli
und Z I U T E X
nach BRAGO aus dem Streitwert die entsprechenden Gebühren berechnet. In ORGAJUR ist auch die Datenbank
BGH-DAT integrierbar. Der
Preis für das System beträgt etwa 13.500,- D M .
Die Firma Advocatus Software
für Juristen GmbH aus Saarbrücken verfolgt dagegen eine
andere Preispolitik. Ihr Programm Advocatus Diaboli für
J u r P C - A r c h i v : http://www.jurpc.de
die kleine Kanzlei kostet nur
989,- D M und bietet Aktenverwaltung, Buchhaltung, Textverarbeitung, Mahn- und Zwangsvollstreckung,
Honorarabrechnung,
TerminVFristenverwaltung, Unfallschadensregulierung
und
Unterhaltsberechnungen.
Zum Hauptprogramm kann
man bei Bedarf viele kleine Programme zu Preisen zwischen
50,- D M und 200,- D M hinzukaufen. Stellvertretend seien
hier genannt die BGH-Leitsatzdatenbank mit laufendem Update-Service, ein elektronisches
Gerichtsstandverzeichnis,
das
auch schon die Orte in den
neuen Bundesländer enthält, sowie IMM-DAT, eine Datenbank
mit Schmerzensgeldurteilen.
Als Flaggschiff mit über 1000
Installationen bundesweit vertreibt Advocatus auch noch das
Programm ZIUTEX für die große Kanzlei zum Preis von
15.000,- D M . Beide Kanzleiprogramme können auch gemietet werden. Dabei beträgt
die Kündigungsfrist nur einen
Monat.
PRORENO
Ein interessantes Angebot stellte
die Firma MSD aus Bargteheide
bei Hamburg vor. Ihr Anwaltsprogramm PRO-RENO ist mit
der leistungsfähigen Textverarbeitung OMEGA ausgestattet.
Dieses Programm erlaubt den
direkten Zugriff auf dBase-Dateien und die Übernahme von
Daten in Texte und vorgefertigte
Formulare. Im Gegensatz zu
den normalen Serienbrieffünktionen anderer Programme, die
nur ganze Listen von Adressen
verarbeiten, kann man mit
OMEGA gezielt einen bestimmten Datensatz suchen und
seinen Inhalt feldweise in den
Text einfügen. Der Preis für ein
Mini-Netzwerk, bestehend aus
zwei PC's (286, 386SX), Drukker, Netzwerk, Programmen, Liejur-pc 4/91
CeBIT'91
ferung frei Haus und vier Stunden Schulung, betrug als Messeaktion 9.950,- D M . Auch unter Einrechnung des Messerabatts erscheint dies als überlegenswertes Angebot.
Windows 3.0
Das dominierende CeBIT-The¬
ma im Bereich der PC-Software
war sicherlich Windows 3.0 kaum ein Messestand, der
nicht versuchte, die Besucher
mit einem Windows-Programm
anzuziehen. Es bleibt abzuwarten, ob der allgemeine Windows-Boom, der rational schwer
zu begründen ist, über SALOM O N hinaus Einzug in juristische Anwendungen halten wird.
Ein interessantes Werkzeug zur
Programmierung unter Windows ist das Programm ToolBook von ADI. Apple-Fans werden sagen, daß sie seit Jahren
ein Programm namens HyperCard zur Verfügung haben.
Denn eben dieses HyperCard
war Vorbild bei der Konzeption
von ToolBook. Mit ToolBook
kann man sehr leicht - ohne
Kenntnisse von Programmierung im klassischen Sinne - objektorientierte Anwendungen erstellen. Der Vorteil dabei ist,
daß z.B. in einer mit ToolBook
programmierten Datenbank logische Verknüpfungen auf einfache Weise durch sogenannten
HyperText realisiert werden können.
Die auch unter Juristen zahlreichen
Clipper-Programmierer
müssen in Zukunft Valkyrie
fürchten. Dieses von der Firma
BDS-Soft aus Mainz angebotene Programm dient der Dekom¬
pilierung von CLIPPER-EXEDateien. Diese Rückübersetzung
„Entclippern" mit
Valkyrie
führt dazu, daß das Know-How
des Programmierers (Algorithmen, Funktionen usw.) nicht
nur beim Programmablauf zu
bewundern ist, sondern im
Quellcode der auf dBase basierenden
Programmiersprache
Clipper offengelegt wird und so
für die Verwendung in „eigenen"
Anwendungen nutzbar gemacht
werden kann. Im Geschäft mit
der Angst vor dem Gedankenklau könnte das zweite Programm von BDS-Soft, das für
1380,- D M mit Hilfe eines Verschlüsselungsmechanismus das
„Entclippern" unmöglich macht,
gute Verkaufschancen haben.
Abb. 3: Blick über
das Messegelände in
Hannover.
jur-pc 4/91
J u r P C - A r c h i v : http://www.jurpc.de
Von der Hannes Keller Witch
Systems AG aus der Schweiz
kommt das Programm H K
Right. Es wird resident installiert und wacht im Hintergrund
über die Tastatureingaben. Nach
H K Right von Hannes
Keller
Eingabe eines Wortes findet eine Uberprüfung der Orthographie statt. Bei Fehlern versucht
HK Right nach einem speziellen Algorithmus, die richtige
Schreibweise
herauszufinden
und das Wort zu korrigieren.
Das geht so schnell, daß selbst
eine flinke Sekretärin davon
nicht gestört wird. Als Programmergänzung werden „radebrechende" Übersetzungsmodule für deutsch/englisch und
deutsch/französisch angeboten.
Alles in allem war auch die CeBIT 1991 eine beeindruckende
Leistungsschau einer innovativen Branche. Ihr Umfang ist
aber im siebten Jahr so stark angewachsen, daß man nur noch
per Zufall Kontakt und persönliches Gespräch mit den Programmierern oder anderen interessanten Persönlichkeiten finden kann.