Vollständige Studie

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Vollständige Studie
Gesundheitsmonitor 2014
Der Gesundheitsmonitor analysiert und bewertet das gesundheitliche Versorgungssystem und -geschehen aus der Perspektive der Bürgerinnen und Bürger. Er liefert
fundierte Informationen über gesundheitsbezogene Einstellungen und Verhaltensweisen
der Bevölkerung, Versorgungsprobleme und wahrgenommene Fehlentwicklungen sowie
zur Akzeptanz und Zufriedenheit mit dem Gesundheitssystem. Grundlage dafür bilden
repräsentative Bevölkerungsbefragungen sowie Versicherten- und Patientenbefragungen. Die diesjährige Ausgabe setzt einen inhaltlichen Schwerpunkt auf aktuelle
Themen der Krebsfrüherkennung.
Früherkennung – Angebot oder Einberufung? Was hindert und was fördert die Teilnahme
an Krebsfrüherkennungsmaßnahmen? Was sind die Vorteile und was sind die Nachteile? Die Liste der Fragen ist lang, viele Antworten stehen aus. Der Gesundheitsmonitor
informiert, stellt die gegensätzlichen Positionen gegenüber und gibt einen Überblick zum
Wissen und den Einschätzungen der Bevölkerung. Weitere Beiträge beschäftigen sich
unter anderem mit der Qualität der hausärztlichen Versorgung, mit der Einbeziehung
von Patienten in die Entscheidungsfindung, der Information und Ergebnisqualität bei
Gaumenmandelentfernungen sowie mit einer Heilmethode, die seit mehr als 200 Jahren
praktiziert wird: der Homöopathie.
Gesundheitsmonitor 2014
Bürgerorientierung im Gesundheitswesen
Jan Böcken, Bernard Braun, Rüdiger Meierjürgen (Hrsg.)
www.gesundheitsmonitor.de
www.barmer-gek.de
Halsschmerzen und chronische Mandel­
entzündungen bei Kindern und Jugendlichen:
Operation oder konservative Behandlung?
Hans-Dieter Nolting, Julian Rellecke, Guido Schiff horst,
Karsten Zich
Einleitung
Die vollständige Entfernung der Gaumenmandeln (Tonsillektomie
mit den OPS-Ziffern 5-281.* beziehungsweise 5-282.*) ist die häu­
figste im Krankenhaus durchgeführte Operation bei Kindern und
Jugendlichen. Im Jahr 2010 wurden in Deutschland etwa 69.000 Per­
sonen unter 19 Jahren – entsprechend 48 Operationen pro 10.000 Ein­
wohner dieser Altersgruppe – und 58.000 Erwachsenen die Gaumen­
mandeln entfernt. Bei den Jungen ist die Häufigkeit in der
Altersgruppe der 1- bis 4-Jährigen mit 81 Operationen pro 10.000 Ein­
wohner am höchsten, bei den Mädchen in der Altersgruppe der 15bis 19-Jährigen (69/10.000).
Der überwiegende Teil der Eingriffe entfällt dabei auf zwei Indi­
kationen: Bei knapp 57 Prozent der Fälle wurde 2010 eine chronische
Entzündung der Gaumenmandeln als Hauptdiagnose verschlüsselt
(Chronische Tonsillitis, ICD-10-Code J35.0); an zweiter Stelle standen
Vergrößerungen (Hyperplasien) der Gaumen- beziehungsweise Gau­
men- und Rachenmandeln (J35.1, J35.3), auf die ein Anteil von rund
32 Prozent der Eingriffe entfiel.
Der Nutzen der Gaumenmandelentfernung bei der quantitativ
wichtigsten Indikation »chronische beziehungsweise wiederkeh­
rende Tonsillitis« ist nur teilweise beziehungsweise nicht im wün­
schenswerten Maße durch qualitativ hochwertige Studien belegt. Ein
im Jahr 2009 publizierter Cochrane Review konnte akzeptable Stu­
dien nur für Kinder und begrenzt auf den Zeitraum von einem Jahr
nach Operation identifizieren (Burton und Glasziou 2009).
Demnach führt die Tonsillektomie im Folgejahr zu einer modera­
ten Reduktion der Zahl der Episoden beziehungsweise Tage mit
Halsschmerzen (sore throat), wobei initial stärker betroffene Kinder
210
eher profitieren. Einen moderaten Effekt konstatieren auch Blakley
und Magit (2009), die errechnen, dass bei elf Patienten die Mandeln
entfernt werden müssen, um im Jahr nach der Operation eine Hals­
schmerzepisode pro Monat zu vermeiden (NNT, Blakley und Magit
2009).
Eine neuere Studie hat bestätigt, dass Kinder nach einer Tonsil­
lektomie im Vergleich zu konservativ behandelten Vergleichsgrup­
pen weniger Beschwerden und damit verbundene Arztbesuche auf­
weisen, wobei auch hier methodische Mängel der Studie für eine
vorsichtige Interpretation sprechen (Lock et al. 2010). Soweit ein Nut­
zen der Tonsillektomie bei Mandelentzündungen gezeigt werden
konnte, sind die Effekte nicht sehr ausgeprägt, was vor allem daran
liegt, dass bei vielen jungen Patienten die Beschwerden im Zeitver­
lauf auch ohne Intervention nachlassen.
Die Durchführung des Eingriffs ist zwar im Allgemeinen un­
kompliziert, es besteht jedoch das Risiko einer Nachblutung, die stets
einen Notfall darstellt und unter Umständen auch chirurgisch ver­
sorgt werden muss. Diese Komplikation ist zwar selten, aber beson­
ders ernst zu nehmen, da die Blutung auch mit größerem zeitlichem
Abstand auftreten kann, also beispielsweise wenn die Patienten das
Krankenhaus bereits verlassen haben. Die Indikation zur Tonsillekto­
mie sollte daher streng gestellt werden, insbesondere je jünger das
Kind ist, da bei kleinen Kindern eine gefährliche Nachblutung leich­
ter unbemerkt bleibt (ÖGHNO 2007; Stuck et al. 2008).
Die meisten Autoren und vorhandene Leitlinien (DEGAM 2009;
ÖGHNO 2007; SIGN 2010) verweisen zur Indikationsstellung bei
Kindern und Jugendlichen auf die »Paradise-Kriterien«. Diese Auto­
ren konnten einen Nutzen der Tonsillektomie nachweisen bei Kin­
dern (3 bis 15 Jahre), die entweder innerhalb eines Jahres mindestens
sieben Halsinfektionen oder mindestens fünf Infektionen in jedem
von zwei aufeinanderfolgenden Jahren oder mindestens drei Hals­
entzündungen in jedem von drei Jahren aufwiesen (Paradise et al.
1984). Dabei muss es sich um bakterielle Infektionen mit einem be­
stimmten Erreger (Beta-hämolysierende Streptokokken der Gruppe
A, GAS) handeln. Die deutlich häufigeren viral bedingten Halsent­
zündungen sind keine Indikation zur Tonsillektomie (Stuck et al.
2008; ÖGHNO 2007).
Als ein weiteres Kriterium wird häufig eine erhebliche Beein­
trächtigung des Kindes durch die Krankheitsepisoden (z. B. durch
211
Fehlzeiten in der Schule) genannt. Werden diese Kriterien nicht er­
füllt, ist in der Regel eine Behandlung mit Antibiotika angezeigt. Ein
vermeintliches Versagen der medikamentösen Behandlung von Man­
delentzündungen soll vielfach auf einen unsachgemäßen Gebrauch
oder frühzeitigen Abbruch der Antibiotikabehandlung durch die Pa­
tienten beziehungsweise deren Eltern zurückzuführen sein.
Bei der Häufigkeit der Tonsillektomie werden extreme regionale
Unterschiede beobachtet. Die erste Publikation des Faktenchecks Ge­
sundheit der Bertelsmann Stiftung (Nolting et al. 2011) fand für die
Bevölkerung unter 19 Jahren auf der Ebene der Kreise und kreisfreien
Städte eine Variation der über drei Jahre (2007 bis 2009) gemittelten
Tonsillektomiehäufigkeit um den Faktor 8,3. Dies wurde zum Anlass
genommen, die Gaumenmandel-OP zum Thema eines eigenständi­
gen Faktenchecks zu machen, der insbesondere den potenziellen
Hintergründen für die hochgradigen Häufigkeitsunterschiede nach­
geht (Nolting, Zich und Deckenbach 2013).
Die Ursachen der regionalen Variation lassen sich mit den verfüg­
baren Daten jedoch nur zu einem geringen Teil aufklären. So zeigen
sich zwar gewisse Einflüsse der regionalen Angebotsstrukturen,
doch als wichtigster Einflussfaktor sind Unterschiede in Bezug auf
die Indikationsstellung beziehungsweise die Entscheidungsfindung
zu vermuten (ebd.).
Über die Prozesse im Vorfeld der Indikationsstellung beziehungs­
weise Entscheidung für oder gegen eine operative Entfernung der
Gaumenmandeln ist wenig bekannt:
•• Wie ausgeprägt waren die Beschwerden vor der OP beziehungs­
weise entsprach das Beschwerdebild den »Paradise-Kriterien«?
•• Welche Informationen haben die Eltern der Patienten über den zu
erwartenden Nutzen und die Risiken des Eingriffs erhalten?
•• Inwieweit bestehen diesbezüglich Unterschiede zwischen Kin­
dern beziehungsweise Familien mit Tonsillektomie und vergleich­
baren Kindern mit häufigen Mandelentzündungen, die bisher
nicht operiert wurden?
Um diese Fragen näher zu beleuchten, wurde eine Umfrage als Son­
derbefragung im Rahmen des Gesundheitsmonitors konzipiert. Ne­
ben Informationen zur Entscheidungsfindung wurden ferner Daten
zu Verlauf und Ergebnis der Operation beziehungsweise der konser­
vativen Behandlung erhoben.
212
Material und Methode
Die Untersuchung wurde als eine onlinegestützte schriftliche Befra­
gung von Versicherten der BARMER GEK beziehungsweise deren
Eltern durchgeführt. Die ausgewählten Versicherten erhielten ein
Anschreiben der Krankenkasse mit der Bitte um Teilnahme an der
Untersuchung. In dem Schreiben war eine Internetadresse genannt,
auf der man den Fragebogen aufrufen und beantworten konnte.
Befragt wurden als »Interventionsgruppe (IG)« alle Versicherten,
die laut Abrechnungsdaten der BARMER GEK im Zeitraum vom 1.
Januar 2012 bis 30. Juni 2013 eine Krankenhausbehandlung mit der
Hauptdiagnose »Chronische Tonsillitis« (ICD-10-Code J35.0) und ei­
nem der OPS-Codes 5-281.0 bis 5.281.4 (Entfernung der Gaumen­
mandeln, ohne 5-281.5 partielle Entfernung) oder 5-282.* (Entfer­
nung der Gaumen- und Rachenmandeln) hatten sowie zum
Zeitpunkt der Befragung (1. November bis 6. Dezember 2013) zwi­
schen drei und unter 18 Jahre alt waren (Geburtsdatum 1. Januar
1996 bis 31. Oktober 2010).
Ferner wurde eine »Vergleichsgruppe (VG)« von Versicherten
und Eltern befragt, die mit der Methode des Propensity Score Mat­
ching (PSM) (Rosenbaum und Rubin 1983) aus der Gesamtheit der
Versicherten der BARMER GEK des gleichen Altersspektrums, aber
ohne stationäre Behandlung mit Hauptdiagnose J35.0 in dem betref­
fenden Zeitraum gezogen wurde. Die Vergleichsgruppe sollte doppelt
so groß wie die Interventionsgruppe sein, weil in der VG mit einer
geringeren Antwortbereitschaft gerechnet werden musste. Beide Po­
pulationen mussten ab dem 1. Januar 2010 bis zum Zeitpunkt der
Stichprobenziehung durchgängig bei der BARMER GEK versichert
sein.
Das PSM wird eingesetzt, um eine Vergleichsgruppe zu bilden,
die der Interventionsgruppe im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit,
eine Gaumenmandel-OP zu erhalten, möglichst ähnlich ist. Im ers­
ten Schritt wird daher mithilfe eines logistischen Regressionsmo­
dells für die Gesamtgruppe der Versicherten (IG und potenzielle VG)
diese Wahrscheinlichkeit modelliert. Dabei wurden im vorliegenden
Fall eine Vielzahl möglicher Prädiktorvariablen geprüft – beispiels­
weise die Zahl der Behandlungsfälle beim HNO-, Kinder- oder Haus­
arzt mit Diagnosen aus dem Bereich der Atemwegsentzündungen
oder die Zahl von Antibiotikaverordnungen.
213
Für das Matching wurde ein Modell mit 44 Variablen eingesetzt,
die sich als signifikante Prädiktoren für eine Tonsillektomie in den
Jahren 2012 und 2013 erwiesen haben. Im letzten Schritt wurden zu
jedem (tatsächlichen) IG-Versicherten aus der Gruppe der nicht ton­
sillektomierten Versicherten zwei Vergleichspersonen ausgewählt,
die ausweislich der Regressionsgleichung eine vergleichbare bedingte
Wahrscheinlichkeit für eine Tonsillektomie im Jahr 2012 hatten.
Um zu bewerten, ob Kontroll- und Interventionsgruppe nach dem
Matching hinsichtlich der berücksichtigten Variablen hinreichend
balanciert sind, wird üblicherweise der Test von Hansen und Bowers
(2008) verwendet. Er zeigt in diesem Fall eine hervorragende Balan­
cierung von Interventions- und Vergleichsgruppe (d2 = 0,1628, p >
0,999). Trotzdem wiesen die beiden Gruppen bei einigen Variablen
noch geringfügige, aber statistisch signifikante Unterschiede auf.
Insbesondere weist die IG eine etwas höhere Zahl von ambulanten
Behandlungsfällen mit der Diagnose einer akuten (J03) oder chroni­
schen Tonsillitis (J35) und eine größere Zahl von Antibiotikaverord­
nungen auf als die Kontrollgruppe. Im Jahr 2011 hatten beispiels­
weise 28 Prozent der IG einen oder zwei und rund fünf Prozent mehr
als drei ambulante Behandlungsfälle mit der Diagnose J03.9 (akute
Tonsillitis, nicht näher bezeichnet). In der KG sind es 21 Prozent be­
ziehungsweise rund vier Prozent.
Grundsätzlich ist anzumerken, dass auch durch das PSM-Verfah­
ren vielfach keine absolute Vergleichbarkeit hergestellt werden kann
zwischen einer Patientengruppe, die eine bestimmte Behandlung er­
halten hat, und einer Vergleichsgruppe. Das liegt vor allem daran,
dass etwa bei der ärztlichen Entscheidung für oder gegen eine Opera­
tion möglicherweise auch Gesichtspunkte eine Rolle spielen, die sich
in den für ein PSM verfügbaren Daten gar nicht oder unzureichend
abbilden (Freemantle et al. 2013).
In die Fragebögen für IG und VG wurden – soweit sinnvoll mög­
lich – identische oder analog formulierte Items aufgenommen: Beide
Gruppen wurden zu tonsillitisbezogenen Merkmalen in den zwölf
Monaten vor der Mandel-OP (IG) beziehungsweise den zurückliegen­
den zwölf Monaten (VG) und im Jahr 2011 (IG/VG) befragt. Die IG
wurde nach der Relevanz verschiedener möglicher Gründe für die
Entscheidung zur Operation, Aufklärung und Beratung durch den
behandelnden Arzt, zu dem Auftreten von Blutungen nach der Ope­
ration und zu den Ergebnissen des Eingriffs befragt. Die VG wurde
214
nach der bisherigen ärztlichen Beratung und Information über die
Möglichkeit einer Mandeloperation, die eigenen Kenntnisse und Ein­
stellungen zu der Option einer Operation sowie zu den Ergebnissen
der bisherigen (konservativen) Behandlung der Halsschmerzen/-ent­
zündungen befragt. Beide Teilgruppen wurden ferner nach der Fach­
gruppe des Arztes gefragt, der die Halsschmerzproblematik primär
behandelt.
Die entsprechenden Versicherten wurden von der BARMER GEK
angeschrieben und um Mitarbeit an einer wissenschaftlichen Studie
zur medizinischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen gebe­
ten, die gehäuft unter Halsschmerzen und Mandelentzündungen lei­
den oder die eine Mandeloperation hatten. Bei IG-Versicherten wurde
auf die Mandeloperation als Grund für die Kontaktaufnahme verwie­
sen, bei den VG-Versicherten wurde darauf verwiesen, dass das Kind
nach den Unterlagen der Krankenkasse wegen entsprechender Be­
schwerden in ärztlicher Behandlung gewesen ist. Die Teilnahmeauf­
forderung erfolgte nur einmalig, es wurde keine Erinnerung versandt.
In der IG wurden 2.370 Versicherte (54 % weiblich) angeschrie­
ben, in der VG waren es 4.820 Versicherte (51 % weiblich). An der
Umfrage beteiligten sich 433 Versicherte der IG (18 % Response­
quote) und 410 der VG (9 % Responsequote). Die Responsequoten
sind sehr niedrig und liegen deutlich unter den in anderen Umfragen
des Gesundheitsmonitors erzielten Rückläufen. Ursache für die ge­
ringe Beteiligung könnte das gewählte Erhebungsverfahren sein, das
von den Befragten verlangte, eine Website aufzusuchen, um den Fra­
gebogen zu beantworten. Die im Folgenden dargestellten Ergebnisse
der Untersuchung müssen angesichts der niedrigen Rücklaufquote
daher mit der gebotenen Vorsicht interpretiert werden.
In der IG wurden 30 Befragte von der Auswertung ausgeschlos­
sen, weil sie in einer Freitextangabe erklärten, dass sie nicht unter
Mandelentzündungen gelitten haben, sondern die Tonsillektomie
wegen einer Vergrößerung der Gaumenmandeln durchgeführt wor­
den sei. Die VG wurde um 67 Befragte bereinigt, die angaben, dass
bei ihnen in der Zeit vor dem Jahr 2012 eine vollständige Entfernung
der Gaumenmandeln erfolgt ist oder dass eine ambulante Tonsilloto­
mie vorgenommen wurde (beide Sachverhalte konnten durch das
Verfahren der Stichprobenziehung nicht ausgeschlossen werden).
Für die Auswertung stehen somit 403 IG- und 343 VG-Versicherte
zur Verfügung. Diese sind zum Befragungszeitpunkt (Herbst 2013)
215
durchschnittlich 10,0 (Interventionsgruppe: Standardabweichung
4,4) beziehungsweise 10,1 (Vergleichsgruppe: Standardabweichung
4,3; t-Test: nicht signifikant) Jahre alt. Damit unterscheiden sich die
Antwortenden nicht von den angeschriebenen Grundgesamtheiten,
die Ende 2013 ein Durchschnittsalter von 10,2 Jahren (IG) bezie­
hungsweise 10,1 Jahren (VG) aufwiesen.
Bei den Antwortenden der IG bildet sich ferner der für die Tonsil­
lektomie typische geschlechtsspezifische Altersgang ab: Bei den Jun­
gen ist der Häufigkeitsgipfel der Tonsillektomien im Alter zwischen
fünf und sieben Jahren, bei den Mädchen dagegen erst zwischen 15
und 18 Jahren (Nolting, Zich und Deckenbach 2013). Abbildung 1
zeigt die Altersverteilungen von Grundgesamtheit und Antworten­
den aus der Interventions- und Vergleichsgruppe. Insbesondere für
die IG lässt sich bezüglich der Alters- und Geschlechtsverteilung
konstatieren, dass die Antworterstichprobe die Grundgesamtheit gut
repräsentiert; in der Vergleichsgruppe sind die Abweichungen stär­
ker.
Ergebnisse
Die Fragebögen wurden von den Eltern der Patienten beantwortet,
und zwar in beiden Gruppen zu etwa 85 Prozent von den Müttern.
Das Durchschnittsalter des antwortenden Elternteils liegt in der Ver­
gleichsgruppe etwas höher als in der Interventionsgruppe (VG: 42
Jahre; IG: 40 Jahre; p < 0,05). Unter den Antwortenden der Vergleichs­
gruppe sind Personen mit Abitur beziehungsweise Fachoberschulab­
schluss geringfügig stärker vertreten als in der IG (41 % vs. 40 %),
auch der Anteil Berufstätiger in Voll- oder Teilzeit ist etwas höher
(78 % vs. 72 %). Die Familien sind in der VG mit durchschnittlich 4,0
(plus/minus 0,9; IG: 3,7, plus/minus 1,0) im Haushalt lebenden Per­
sonen signifikant größer (p < 0,001). Die IG-Versicherten sollten an­
geben, in welchem Quartal die Mandeloperation durchgeführt
wurde. Bei den meisten (21 %) ist die Operation bereits im ersten
Quartal des Jahres 2012 – dem ersten in die Studie einbezogenen
Quartal – erfolgt. Der geringste Anteil der IG-Befragten (12 %) hatte
die Operation im jüngsten einbezogenen Quartal (3/2013).
216
Abbildung 1: A
ltersverteilung nach Geschlecht in den Grundgesamtheiten und
bei den Antwortenden
Interventionsgruppe
18
16
14
12
10
8
6
4
2
0
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
12
13
14
15
16
17
Vergleichsgruppe
20
18
16
14
12
10
8
6
4
2
0
3
4
5
6
Grundgesamtheit männlich
Antwortende männlich
7
8
9
10
11
Grundgesamtheit weiblich
Antwortende weiblich
Interventionsgruppe: Grundgesamtheit n = 2.370, Antwortende n = 403; Vergleichsgruppe:
Grundgesamtheit n = 4.820, Antwortende n = 343
Angaben in Prozent
217
Häufigkeit und Schweregrad der Krankheitsepisoden
Die Versicherten der IG sollten für den Zeitraum der zwölf Monate
unmittelbar vor der Mandeloperation sechs Fragen zur Gesundheit
des Kindes beziehungsweise zu Folgeerscheinungen (Fehltage in der
Schule bzw. Fehlzeiten der Eltern am Arbeitsplatz) beantworten.
Zum Vergleich wurden die VG-Versicherten um analoge Angaben
mit Bezug auf die zwölf Monate unmittelbar vor dem Befragungs­
zeitpunkt gebeten. Die Ergebnisse in Tabelle 1 zeigen, dass die Ver­
sicherten der Interventionsgruppe vor der Operation erheblich
­häu­­figer und mit deutlich stärker ausgeprägten Konsequenzen (Anti­
biotikaeinnahme, Fehlzeiten) unter Halsschmerzen und Mandelent­
zündungen gelitten haben als die VG zum Zeitpunkt der Erhebung.
Bei allen sechs erfragten Indikatoren sind die Unterschiede signifi­
kant.
Tabelle 1: Häufigkeit und Dauer von Halsschmerzen und Halsentzündungen,
Antibiotikaeinnahmen und Fehlzeiten
Interventionsgruppe
(n = 403)
(in Prozent)
Häufigkeit
Halsschmerzen/
-entzündungen***
Dauer
Halsschmerzen/
-entzündungen***
218
Vergleichsgruppe
(n = 343)
(in Prozent)
keinmal
1,5
12,2
ein- bis zweimal
4,2
46,1
drei- bis viermal
18,6
24,2
fünf- bis sechsmal
28,8
9,3
siebenmal oder öfter
41,4
5,5
weiß nicht
5,5
2,6
an keinem Tag
1,2
9,9
1 bis 5 Tage
5,2
35,9
6 bis 10 Tage
8,7
22,4
11 bis 20 Tage
17,9
16,3
21 bis 50 Tage
35,7
7,6
öfter als 50 Tage
17,9
0,6
weiß nicht
13,4
7,3
Fortsetzung Tabelle 1
Interventionsgruppe
(n = 403)
(in Prozent)
Häufigkeit Antibiotika keine Verordnung
verschrieben***
ein- bis zweimal
Tage Antibiotika
eingenommen***
Fehlen in der Schule
usw.***
7,9
53,6
17,6
30,6
drei- bis viermal
32,8
9,9
fünf- bis sechsmal
21,3
1,5
siebenmal oder öfter
15,9
0,9
weiß nicht
4,5
3,5
an keinem Tag
7,2
53,9
1 bis 5 Tage
10,9
18,7
6 bis 10 Tage
17,4
13,1
11 bis 20 Tage
22,3
7,6
öfter als 20 Tage
31,3
2,9
weiß nicht
10,9
3,8
3,7
38,8
1 bis 5 Tage
13,2
34,7
6 bis 10 Tage
19,9
12,5
11 bis 20 Tage
26,1
8,2
öfter als 20 Tage
32,0
3,8
5,2
2,0
an keinem Tag
42,9
72,0
1 bis 5 Tage
20,3
16,0
6 bis 10 Tage
11,7
4,1
11 bis 20 Tage
9,9
3,5
öfter als 20 Tage
7,7
1,5
weiß nicht
7,4
2,9
an keinem Tag
weiß nicht
Fehlzeiten Eltern***
Vergleichsgruppe
(n = 343)
(in Prozent)
Angaben beziehen sich auf die zwölf Monate vor der Tonsillektomie (Interventionsgruppe)
­beziehungsweise vor dem Befragungszeitpunkt (Vergleichsgruppe); Spaltenprozent; Chi2-Tests;
­Signifikanzniveau: *** p < 0,001.
219
Wie oben dargelegt, wird hinsichtlich der Indikation zur Tonsil­
lektomie vielfach auf die »Paradise-Kriterien« verwiesen. Im Rahmen
einer Umfrage lassen sich diese Kriterien nicht vollständig prüfen,
da nicht ermittelt werden kann, ob es sich bei den Halsentzündun­
gen um den oben genannten bakteriellen Erreger handelt. Als An­
haltspunkt können die Antworten auf die Frage nach der Häufigkeit
von Halsschmerzen/-entzündungen als Indikator im Sinne dieser
Kriterien ausgewertet werden. Demnach erfüllen 41 Prozent der In­
terventionsgruppe das Kriterium »sieben und mehr Episoden von
Halsschmerzen/-entzündungen im Laufe eines Jahres«; in der Ver­
gleichsgruppe trifft dies nur auf rund sechs Prozent zu (Tabelle 1).
Die Fragen aus Tabelle 1 wurden auch in Bezug auf das Jahr 2011
gestellt. Wegen zeitlicher Überschneidungen lassen sich diese Ant­
worten nur für 170 Befragte der Interventionsgruppe auswerten. Be­
schränkt man die Analyse auf diese 170 Befragten der IG, für die sich
die Antworten zum Jahr 2011 als Angaben zu einem zweiten Jahres­
zeitraum interpretieren lassen, ergibt sich folgendes Bild: 82 Befragte
(48 %) geben sieben oder mehr Episoden für den Zwölfmonatszeit­
raum unmittelbar vor der Operation an. Weitere 44 Befragte geben
fünf bis sechs Episoden an, davon 14, die auch für den vorangehen­
den Jahreszeitraum (2011) eine Häufigkeit von mindestens fünf Epi­
soden angeben. Demnach würden 57 Prozent (n = 82 plus 14 = 96) in
Bezug auf die Häufigkeit von Krankheitsepisoden eines der Häufig­
keitskriterien von Paradise et al. (1984) erfüllen, wobei die dritte
Möglichkeit, das Häufigkeitskriterium zu erfüllen (mindestens drei
Episoden in drei Jahren), nicht geprüft wurde.
Ärztliche Behandlung der Halsschmerzen
Die Befragten der Interventionsgruppe geben zu über 80 Prozent an,
dass sie vor der Mandeloperation bei einem Hals-Nasen-Ohren-Arzt
in Behandlung waren. In der VG sind nur etwa 27 Prozent in HNOBehandlung; dagegen ist der Anteil, bei denen die Behandlung der
Halsschmerzen vor allem in den Händen eines Kinderarztes liegt,
mit knapp 68 Prozent (IG: 58 %) etwas höher (Abbildung 2).
Die Mandeloperation wurde bei 36 Prozent der IG (n = 145) von
dem HNO-Arzt durchgeführt, der das Kind auch im Vorfeld bereits
ambulant behandelt hat. Weitere 16 Prozent (n = 64) nannten als Ope­
220
Abbildung 2: F achgruppenzugehörigkeit des Arztes, bei dem der Patient wegen
der Halsschmerzen in Behandlung war (IG) beziehungsweise ist (KG)
57,6
Kinderarzt**
67,6
81,4
HNO-Arzt***
27,1
32
Allgemein-/Hausarzt (n. s.)
33,8
3
anderer Arzt (n. s.)
2,6
0
10
Interventionsgruppe (n = 403)
Chi-2-Tests;
20
30
40
50
60
70
80
90
Kontrollgruppe (n = 343)
Signifikanzniveau: ** p < 0,01; *** p < 0,001; (n. s.) = nicht signifikant
Angaben in Prozent (Mehrfachangaben möglich)
rateur »einen anderen HNO-Arzt, der auch eine ambulante Praxis
hat, aber zusätzlich im Krankenhaus Operationen durchführt (Ope­
ration als Belegarzt)«; bei 47 Prozent war ein Krankenhausarzt zu­
ständig (keine Angabe bei drei Befragten). Demnach wurden mehr
als die Hälfte der IG (etwa 52 %) belegärztlich operiert, was einen
plausiblen Wert darstellt. Nach der Untersuchung von Nolting, Zich
und Deckenbach (2013) wurden im Jahr 2010 etwa 45 Prozent aller
Tonsillektomien von belegärztlichen Abteilungen durchgeführt.
Von den 93 Befragten der Vergleichsgruppe, die bei einem HNOArzt in Behandlung sind, gab etwa die Hälfte an (51 %, n = 47), dass
dieser Arzt selbst auch Mandeloperationen als Belegarzt durchführt.
Entscheidungsfindung, Beratung und Aufklärung zur
Tonsillektomie
Interventionsgruppe
Als wichtigsten Grund für die Entscheidung zur Mandeloperation ge­
ben die Befragten der IG die Erwartung an, dass die Operation das
221
gesundheitliche Problem »ein für alle Mal« löst. Rund 88 Prozent be­
zeichnen diesen Grund als »sehr wichtig« für ihre Entscheidung.
Der Rat des behandelnden Arztes folgt zwar an zweiter Stelle, wird
jedoch nur von etwa zwei Dritteln als »sehr wichtig« eingestuft (Ab­
bildung 4 weiter unten). Sehr bedeutsam sind ferner die Erfahrun­
gen, dass andere Behandlungsoptionen – in der Frage explizit ge­
nannt wurde die Behandlung mit Antibiotika – nicht den erwünschten
Effekt hatten.
Die Entscheidung zur Operation ist in fast allen Fällen im Kon­
sens zwischen Eltern und behandelndem Arzt gefallen: Nur zwölf
Befragte (3 %) antworteten, dass der Arzt des Kindes zur Operation
geraten habe, die Eltern aber »eigentlich lieber noch abgewartet« hät­
ten. 18 Befragte (5 %) geben die umgekehrte Situation an, dass sie
selbst für die Operation waren, aber der Arzt des Kindes »eher noch
abwarten« wollte. 93 Prozent waren sich dagegen »mit dem Arzt ei­
nig, dass die Operation zu diesem Zeitpunkt durchgeführt werden
soll«. Diese Charakteristik der Entscheidungssituation weist keine
nennenswerte Variation nach der Fachgruppe des behandelnden
Arztes auf. Der Anteil mit Entscheidungen im Konsens liegt eher
noch etwas höher, wenn der behandelnde ein HNO-Arzt ist, der die
Operation auch selbst durchgeführt hat (98 %).
Die Aufklärung über die möglichen Risiken und Komplikationen
einer Mandeloperation (etwa das Auftreten von Nachblutungen) be­
zeichnen fast 78 Prozent als »sehr gut« und weitere 20 Prozent als
»gut«. Nur neun Befragte (2 %) beurteilen die Aufklärung als »mit­
telmäßig«, die Bewertungen »schlecht« und »sehr schlecht« wurden
gar nicht gewählt. Der höchste Anteil von »sehr gut«-Antworten fin­
det sich bei Befragten, die mit den Halsschmerzen (auch) in Behand­
lung eines Hausarztes sind (83 % von n = 129), der niedrigste Anteil
in der Gruppe, die (auch) in Behandlung eines HNO-Arztes ist (77 %
von 328); die Unterschiede sind jedoch gering.
Im Hinblick auf die Beratung und Aufklärung der Patienten
wurde konkret zu vier Themen gefragt, ob die Ärzte vor der Opera­
tion mit den Eltern darüber gesprochen haben (Abbildung 3). Dem­
nach wurde vor allem darüber aufgeklärt, dass sehr häufige Halsent­
zündungen eine Indikation darstellen können. 90 Prozent bestätigen
dies, etwa 72 Prozent geben sogar an, dass über die Häufigkeiten der
»Paradise-Kriterien« mit ihnen gesprochen wurde.
222
Weniger als die Hälfte kann sich allerdings daran erinnern, dass
mit ihnen über die Möglichkeit einer Abnahme der Halsentzündun­
gen mit zunehmendem Alter des Kindes gesprochen wurde. Bei die­
sem Thema zeigt sich ein signifikanter Effekt des Alters des Kindes:
Bei Patienten, die Mitte des Jahres 2012 bereits älter als zehn Jahre
waren, bestätigen nur 35 Prozent, dass mit ihnen darüber gespro­
chen wurde; bei den jüngeren Patienten sind es etwa 54 Prozent
(Chi2-Test: p < 0,01).
Abbildung 3: H
aben die Ärzte vor der Operation das Thema mit Ihnen
besprochen? (Interventionsgruppe, Spaltenprozent)
Eine Mandeloperation wird vor allem
empfohlen, wenn Halsentzündungen
sehr häufig auftreten.
90
5
5
Wenn Halsentzündungen
mindestens siebenmal in einem Jahr
oder in zwei Jahren hintereinander
jeweils fünfmal auftreten, dann wird
eine Mandeloperation empfohlen.
71,5
11,4
17,1
Eine Mandeloperation wird vor
allem empfohlen, wenn die Kinder
durch die Halsentzündungen stark
beeinträchtigt sind, zum Beispiel
durch viele Fehltage in der Schule.
59,8
22,3
17,9
Bei vielen Kindern nimmt die Zahl
der Halsentzündungen auch ohne
Operation ab, wenn sie älter werden.
46,9
28
25,1
0
wurde besprochen
10
20
wurde nicht besprochen
30
40
50
60
70
80
90 100
weiß nicht
n = 423
Angaben in Prozent
Vergleichsgruppe
Den Versicherten der Vergleichsgruppe wurden mehrere Fragen im
Hinblick auf die denkbare Option einer Mandeloperation gestellt. Die
Auswertung erfolgt differenziert nach der Häufigkeit des Auftretens
223
von Halsschmerzen beziehungsweise -entzündungen in den zwölf
Monaten vor der Befragung, die dichotomisiert wird in Befragte, die
keinmal oder höchstens ein- bis zweimal (n = 200, 58 %) beziehungs­
weise mindestens dreimal (n = 134, 42 %) Halsschmerzen hatten. Die
neun Befragten, die sich nicht erinnern konnten, wie häufig Hals­
schmerzen aufgetreten sind, sind von dieser Analyse ausgeschlossen.
Von den Befragten mit häufigeren Halsproblemen haben rund
31 Prozent mit dem Arzt schon einmal über die Möglichkeit einer
Mandeloperation gesprochen, in der Gruppe ohne beziehungsweise
mit wenigen Episoden in den vorigen zwölf Monaten sind es nur
rund zwölf Prozent, die das Thema bereits erörtert haben. In der stär­
ker betroffenen Gruppe haben jedoch nur rund acht Prozent von ih­
rem Arzt eine Empfehlung zu einer Mandeloperation erhalten. Noch
geringer (7 %) ist der Anteil von Eltern, die selbst der Auffassung
sind, dass eine Operation erfolgen sollte. Insgesamt entsprechen die
Ergebnisse dem Bild, das bereits die Daten zur Symptombelastung
der Vergleichsgruppe gezeigt haben: Die VG-Befragten sind ganz
überwiegend nur in einem vergleichsweise geringen Maße von Hals­
entzündungen betroffen, sodass die Option einer Mandeloperation in
den meisten Fällen noch nicht einmal mit dem Arzt besprochen
wurde.
Die VG wurde in identischer Weise wie die IG gefragt, ob der
behandelnde Arzt mit ihnen über vier für die Tonsillektomie-Indi­
kation relevante Themen gesprochen hat. Die Auswertung erfolgt
erneut differenziert nach der zuvor angegebenen Häufigkeit von
Halsproblemen in den vorangehenden zwölf Monaten. In der höher
belasteten Gruppe liegt der Anteil zwischen 28 Prozent (Operation
wird empfohlen bei starker Beeinträchtigung, z. B. durch Fehltage
in der Schule) und 46 Prozent (Operation bei sehr häufigen Halsent­
zündungen). Auffällig ist, dass die Anteilswerte in der Teilgruppe
mit sehr geringer Beschwerdebelastung ebenfalls relativ hoch sind
(zwischen 19 % und 35 %). Ferner konzentrieren sich die Gespräche
wie zu erwarten auf die Personen, mit denen der Arzt die Möglich­
keit einer Mandeloperation schon einmal erörtert hat: Von den
64 VG-Befragten, mit denen bereits über eine Mandel-OP gespro­
chen wurde, geben beispielsweise 83 Prozent an, dass ihnen gesagt
wurde, eine Mandel-OP sei nur bei sehr häufigen Entzündungen
sinnvoll, und 54 Prozent bestätigen eine Erörterung der »ParadiseKriterien«.
224
Abbildung 4: W
ichtigkeit unterschiedlicher Gründe für die Entscheidung zur
Mandeloperation (Interventionsgruppe, Spaltenprozent)
Von der Operation erhoffen wir
uns, dass das Problem damit
ein für alle Mal gelöst ist.
1
1
Der Arzt des Kindes hat zur
Mandeloperation geraten.
87,6
10,4
Andere Behandlungsmöglichkeiten – zum Beispiel
Antibiotika – haben wir lange
genug probiert, aber sie haben
nicht geholfen.
6,8
16,6
Wir kennen andere Kinder,
bei denen die Mandeloperation
sehr gut geholfen hat.
53,3
23,3
24,3
20,1
29
26,6
0
sehr wichtig
64,3
24,3
7,4
4
Wir wollen nicht, dass unser
Kind Antibiotika einnehmen
muss.
64,8
18,9
9,7
6,6
Unser Kind war durch die
Halsschmerzen sehr stark
beeinträchtigt, beispielsweise
im Kindergarten, in der Schule,
in der Freizeit, beim Sport.
65,5
28
4
2,5
eher wichtig
10
20
30
40
eher unwichtig
50
60
70
80
90
100
gar nicht wichtig
n = 403
Angaben in Prozent
Die IG-Stichprobe ist nach der Wichtigkeit verschiedener Entschei­
dungsgründe für eine Mandeloperation gefragt worden (Abbil­
dung 4). Die VG wurde in analoger Weise gefragt, welche Ausprä­
gung diese potenziellen Entscheidungsgründe aktuell bei ihrem
Kind haben. Die Auswertung erfolgt wieder differenziert nach der
Häufigkeit von Halsschmerzepisoden (keine/ein- bis zweimal bzw.
225
dreimal und öfter in den letzten zwölf Monaten). Im Vergleich zur IG
zeigt sich, dass die wichtigsten Gründe, sich zu einer Mandelopera­
tion zu entschließen, in der VG nur in der schwerer betroffenen Teil­
gruppe eine gewisse Rolle spielen. Hier geben etwa 16 Prozent
(stimme stark zu, stimme eher zu) an, dass alternative Behandlungs­
möglichkeiten (z. B. Antibiotika) ohne Erfolg ausprobiert wurden,
und knapp 15 Prozent sind der Auffassung, dass eine Mandelopera­
tion das Problem nachhaltig lösen würde. Immerhin fast 30 Prozent
erachten ihr Kind allerdings als stark beeinträchtigt in Kindergarten
oder Schule.
Von 64 VG-Befragten, die mit dem Arzt des Kindes schon einmal
über die Möglichkeit einer Mandeloperation gesprochen haben, ge­
ben rund 51 Prozent an, dass der Arzt sie auch bereits »sehr gut«
über mögliche Risiken und Komplikationen einer solchen Operation
informiert hat; weitere 14 Prozent wurden »aber nicht ausreichend«
informiert und 35 Prozent haben bisher keine Informationen erhal­
ten. Von den 278 VG-Befragten, die mit ihrem Arzt noch nicht über
die Möglichkeit einer Mandeloperation gesprochen haben, haben
14 Prozent grundsätzlich Informationen erhalten, von denen sich
zwölf Prozent »sehr gut informiert« fühlen.
Behandlungsergebnisse
Von den 403 Befragten der Interventionsgruppe gaben 17 Prozent
(n = 69) an, dass es nach der Mandeloperation zu Blutungen gekom­
men sei: 42 Befragte (10 %) antworteten, dass deshalb »nochmals
operiert werden musste«, bei 27 Befragten (7 %) war keine erneute
Operation erforderlich.
Ansonsten zeichnen die IG-Befragten ein sehr positives Bild der
Behandlungsergebnisse: 95 Prozent (n = 384) geben an, dass das
Kind weniger Halsschmerzen hat als vor der Operation; bei 95 Pro­
zent treten weniger Fehltage in Kindergarten, Schule oder am Ausbil­
dungsplatz auf und zum gleichen Anteil werden weniger Medika­
mente genommen.
Die Zufriedenheit mit dem Ergebnis der Mandeloperation ist
dementsprechend sehr hoch – weniger als vier Prozent äußern sich
skeptisch beziehungsweise negativ. Nur zwölf Befragte (3 %) erken­
nen keine Verbesserung der Lebensqualität; die große Mehrheit von
226
Abbildung 5: Z ufriedenheit mit dem Ergebnis der Operation und Einfluss auf die
Lebensqualität des Kindes (Interventionsgruppe)
Alles in allem betrachtet:
Wie zufrieden sind Sie
mit dem Ergebnis der
Operation?
3,5
0,5
0,5
0
sehr zufrieden
eher nicht zufrieden
10
20
30
40
50
60
70
80
90
eher zufrieden
teils, teils
überhaupt nicht zufrieden
Hat das Ergebnis der
Operation die Lebensqualität
Ihres Kindes verbessert oder
verschlechtert?
2,5
0,5
0
stark verbessert
82
13,5
82
15
10
etwas verbessert
20
30
40
50
keine Veränderung
60
70
80
90
etwas verschlechtert
n = 403
Angaben in Prozent
82 Prozent sieht eine starke Verbesserung der Lebensqualität des
Kindes durch die Tonsillektomie.
In der Vergleichsgruppe sind insgesamt 54 Prozent mit der »bis­
herigen Behandlung der Halsschmerzen« des Kindes »sehr zufrie­
den«, weitere 30 Prozent sind »eher zufrieden«. 14 Prozent antworten
»teils, teils« und drei Prozent sind »eher nicht« beziehungsweise
»überhaupt nicht zufrieden«. Auf die Frage, ob die »bisherige Be­
handlung der Halsschmerzen die Lebensqualität Ihres Kindes ver­
bessert oder verschlechtert« hat, antworten die VG-Befragten zu
37 Prozent »stark verbessert«, 19 Prozent »etwas verbessert«, 43 Pro­
zent »keine Veränderung« und ein Prozent stellt eine Verschlechte­
rung fest. Bei beiden Fragen zeigen sich deutliche Unterschiede zwi­
schen den Teilgruppen mit geringer beziehungsweise stärkerer
Ausprägung der Halsschmerzen oder Halsentzündungen. Das be­
deutet, die Befragten mit häufigeren Halsschmerzepisoden sind sig­
nifikant weniger zufrieden.
227
Tabelle 2: Zufriedenheit und Einfluss der bisherigen Behandlung der
Halsschmerzen auf die Lebensqualität des Kindes – Vergleichsgruppe
Alles in allem betrachtet:
Wie zufrieden sind Sie mit
der bisherigen Behandlung
der Halsschmerzen Ihres
­Kindes?***
Hat die bisherige Behandlung der Halsschmerzen
die Lebensqualität Ihres
Kindes verbessert oder
­verschlechtert?***
keine/ein- bis
zweimal
Halsschmerzen
in den letzten
zwölf Monaten
(n = 200)
dreimal und
öfter
Halsschmerzen
in den letzten
zwölf Monaten
(n = 134)
Prozent
Prozent
sehr zufrieden
66,5
35,8
eher zufrieden
26,5
35,8
7,0
22,4
eher nicht zufrieden
0
5,2
überhaupt nicht zufrieden
0
0,7
teils, teils
stark verbessert
48,5
20,9
etwas verbessert
13,0
28,4
keine Veränderung
38,5
49,3
etwas verschlechtert
0
0,7
stark verschlechtert
0
0,7
Chi2-Tests; *** p < 0,001
Diskussion
Primäres Ziel der Untersuchung war es, die Krankheitsvorgeschichte
und den Prozess der Entscheidung zur Tonsillektomie bei Patienten
im Kindes- und Jugendalter zu rekonstruieren und im Vergleich zu
einer Vergleichsgruppe ohne Tonsillektomie, aber mit ähnlicher
Krankheitsvorgeschichte zu analysieren.
Die Interventionsgruppe wurde definiert über einen stationären
Aufenthalt mit einer der entsprechenden Prozedurenziffern für die
Tonsillektomie beziehungsweise Adeno-Tonsillektomie und der
Hauptdiagnose »Chronische Tonsillitis« (J35.0). Bei einigen Befrag­
ten der Interventionsgruppe ergaben sich Hinweise, dass sie nicht
unter Tonsillitiden gelitten hatten, sondern unter einer Tonsillen-Hy­
perplasie. Sofern entsprechend eindeutige Freitextangaben gemacht
wurden, sind diese Befragten von der Analyse ausgeschlossen wor­
den.
228
Die mit dem Propensity Score Matching gebildete Vergleichs­
gruppe unterscheidet sich a priori von der Interventionsgruppe hin­
sichtlich der in den Abrechnungsdaten der Krankenkasse dokumen­
tierten relevanten Diagnosen und Arzneimittelverordnungen nur in
geringem Maße. Allerdings ist der Anteil Befragter mit ambulanten
Behandlungsfällen mit Diagnose einer (akuten oder chronischen)
Tonsillitis etwas niedriger als in der operierten Gruppe und auch hin­
sichtlich der Zahl der Antibiotikaverordnungen konnte keine per­
fekte Balancierung erzielt werden.
Das bedeutet, dass sich unter den nicht tonsillektomierten Versi­
cherten nicht in ausreichender Zahl Personen mit einer vergleich­
baren Häufigkeit von Behandlungsfällen mit diesen Diagnosen
­beziehungsweise Antibiotikaverordnungen finden lassen. Die Häu­
figkeitsverteilungen dieser Variablen in der Interventionsgruppe und
der Restgruppe aller potenziellen Kontrollversicherten überschnei­
den sich nicht in ausreichendem Maße. Die Befragungsergebnisse
bestätigen diesen Befund: In der Vergleichsgruppe finden sich nur
wenige Personen mit einer vergleichbaren Krankheitsausprägung
wie in der Interventionsgruppe.
Die gravierendste Schwäche der Untersuchung ist der sehr ge­
ringe Rücklauf der Befragung von nur 18 Prozent in der Interventi­
onsgruppe und neun Prozent in der Vergleichsgruppe. Die Rückläufe
bei den schriftlich-postalisch durchgeführten Befragungen von BAR­
MER GEK-Versicherten im Rahmen des Gesundheitsmonitors liegen
eher in der Größenordnung von 30 bis 40 Prozent. Möglicherweise
hat sich das Verfahren einer rein onlinegestützten Erhebung negativ
auf die Antwortbereitschaft ausgewirkt. Ferner wurde auf eine Erin­
nerung der Zielgruppe nach dem ersten Anschreiben verzichtet. In­
wieweit die Ergebnisse der Untersuchung durch die geringe Rück­
laufquote verzerrt sind (dies wäre vor allem der Fall, wenn die
Beteiligung an der Umfrage etwa mit der Krankheitsschwere oder
dem Ergebnis der medizinischen Behandlung korreliert wäre), lässt
sich nicht beurteilen. Da sich eine Verfälschung (non-response bias)
jedoch nicht ausschließen lässt, sollten die Ergebnisse grundsätzlich
zurückhaltend interpretiert werden.
Die Ergebnisse zeigen, dass die drei- bis unter 18-jährigen Versi­
cherten der BARMER GEK, bei denen im Jahr 2012 beziehungsweise
im ersten Halbjahr 2013 eine Mandeloperation durchgeführt wurde,
von ihren Eltern (die den Fragebogen bearbeitet haben) überwiegend
229
als zuvor schwer betroffen – gemessen etwa an der Zahl der Episoden
von Halsschmerzen und Halsentzündungen oder der Tage mit Anti­
biotikaeinnahme – und stark beeinträchtigt – gemessen an der Zahl
der Fehltage in der Schule – beschrieben werden.
Die Entscheidung für die Operation ist dabei nach Angaben von
über 90 Prozent der Eltern im Konsens zwischen ihnen und dem be­
handelnden Arzt gefallen. Als wichtigster Entscheidungsgrund
wurde von fast 90 Prozent die Erwartung genannt, dass die Opera­
tion das Problem der Halsentzündungen »ein für alle Mal« löst. Etwa
zwei Drittel nannten als weitere wichtige Gründe den ärztlichen Rat,
die starke Beeinträchtigung des Kindes und die Erfahrung, dass an­
dere Behandlungsmöglichkeiten nicht geholfen haben. Vor der Ope­
ration sind nahezu alle Eltern nach eigenen Angaben »sehr gut« oder
»gut« über mögliche Risiken und Komplikationen aufgeklärt worden.
Auch wichtige Kriterien für die Indikationsstellung zur Tonsillek­
tomie werden nach den Ergebnissen dieser Studie von den behan­
delnden Ärzten vielfach mit den Eltern besprochen. Mit nur 47 Pro­
zent am seltensten wird allerdings erörtert, dass die Zahl der
Halsentzündungen bei vielen Patienten mit zunehmendem Alter
auch ohne Operation abnimmt. Mit dem Ergebnis der Operation sind
die Befragten zu 82 Prozent »sehr« und zu 14 Prozent »eher zufrie­
den«. Dementsprechend urteilen auch 82 Prozent, dass die Operation
die Lebensqualität des Kindes »stark« und weitere 15 Prozent »etwas
verbessert« hat.
Über 17 Prozent der Befragten geben an, dass es nach der Man­
deloperation zu Blutungen gekommen sei, darunter zehn Prozent,
dass deshalb erneut operiert werden musste. Ein Review aus dem
Jahr 2009 fand durch Analyse von 63 Veröffentlichungen eine mitt­
lere Rate von Nachblutungen von rund fünf Prozent. Die Autoren
schlagen vor, zu Qualitätssicherungszwecken ein Intervall von zwei
Standardabweichungen als Obergrenze für die maximal erwartbare
Häufigkeit anzusetzen, was zu einem Wert von rund 14 Prozent füh­
ren würde. Es wird aber auch darauf hingewiesen, dass in drei Veröf­
fentlichungen Raten von 18 bis 20 Prozent berichtet werden (Blakley
2009).
Das Konsensuspapier der österreichischen Gesellschaften für
Hals-Nasen-Ohrenheilkunde und für Kinder- und Jugendheilkunde
gibt an, dass »nach unseren Erfahrungen« bei acht bis 14 Prozent
der tonsillektomierten Patienten »leichte Nachblutungen« auftre­
230
ten; operative Eingriffe in Narkose zur Blutstillung seien bei ein bis
vier Prozent der Patienten erforderlich (ÖGHNO 2007). Möglicher­
weise handelt es sich bei den hier erhobenen Angaben zu Blutungen
mit erforderlicher Operation nicht in allen Fällen um Operationen
unter Narkose. Gleichwohl unterstreichen die Ergebnisse dieser Stu­
die, dass das Risiko von Nachblutungen nicht unterschätzt werden
darf.
Die Befragten der Vergleichsgruppe sind im Vergleich zur Inter­
ventionsgruppe deutlich weniger von Halsschmerzen und Hals­
entzündungen beziehungsweise deren Folgen betroffen. Nur etwa
30 Prozent haben mit dem behandelnden Arzt des Kindes schon ein­
mal über die Möglichkeit einer Mandeloperation gesprochen, eine
Empfehlung des Arztes zur Tonsillektomie haben nur knapp acht
Prozent erhalten. Die Teilgruppe, die mit dem Arzt bereits über eine
Tonsil­lektomie gesprochen hat, gibt auch zu relativ hohen Anteilen
an, dass die wichtigsten Indikationskriterien mit ihnen besprochen
wurden. Gut die Hälfte wurde von ihrem Arzt auch bereits über mög­
liche R
­ isiken und Komplikationen »sehr gut informiert«. Die Ver­
gleichsgruppe ist zu etwa 54 Prozent mit der bisherigen medizini­
schen Behandlung der Halsschmerzproblematik »sehr zufrieden«.
Die Teilgruppe, deren Kinder häufiger unter Halsschmerzen und
Halsentzündungen leiden (dreimal und öfter in den vorangehenden
zwölf Monaten), ist nur zu 36 Prozent »sehr zufrieden«.
Wegen des geringen Rücklaufs der Befragung müssen die Ergeb­
nisse hinsichtlich der Verallgemeinerungsfähigkeit sehr vorsichtig
interpretiert werden. Ansonsten wäre aufgrund der gewonnenen Da­
ten zu konstatieren, dass die Indikation zur Tonsillektomie offenbar
in den meisten Fällen sorgfältig, das bedeutet beschränkt auf Patien­
ten mit stark ausgeprägtem Krankheitsbild und erheblichen Beein­
trächtigungen, gestellt wird. Auch die ärztliche Beratung und Auf­
klärung über Indikationskriterien und Risiken des Eingriffs stellt
sich ganz überwiegend positiv dar. Die hochgradige Zufriedenheit
der Eltern der Patienten mit dem Behandlungsergebnis unterstreicht
diese Befunde.
In der deutlich geringer mit Halsentzündungen belasteten Ver­
gleichsgruppe haben sich keine Hinweise gefunden, dass die Man­
deloperation verfrüht oder unzureichend begründet empfohlen wird.
Obwohl die Frage einer Tonsillektomie nur für eine kleine Zahl von
Versicherten aus dieser Gruppe in Betracht kommen dürfte, be­
231
schreibt sich ein relativ großer Teil der Befragten als durch ihre Ärzte
gut informiert und aufgeklärt.
Die starke Diskrepanz zwischen der oft beobachteten hohen elter­
lichen Zufriedenheit mit der Tonsillektomie und den in wissen­
schaftlichen Studien festgestellten, allenfalls moderaten Effekten des
Eingriffs ist kürzlich im Rahmen eines Reviewartikels explizit the­
matisiert worden (Barraclough und Anari 2014). Die Autoren stellen
fest, dass die große Mehrzahl der wissenschaftlichen Studien die
Zahl der Halsentzündungsepisoden als zentrales Kriterium der Ef­
fektivität heranzieht, und geben zu bedenken, dass die Eltern bei ih­
rer eigenen Bewertung unter Umständen andere beziehungsweise
eine größere Zahl von unterschiedlichen Kriterien zugrunde legen,
die in den wissenschaftlichen Mess- und Evaluationsinstrumenten
unzureichend abgebildet sind. Sie fordern daher für künftige Unter­
suchungen, die Messkonzepte grundlegend zu überarbeiten. Das be­
deutet im ersten Schritt, durch qualitative Forschung mit Kindern
und deren Eltern die tatsächlich für Patienten relevanten Bewer­
tungskriterien zu ermitteln.
Auch die vorliegende Studie liefert Hinweise, die die These von
Barraclough und Anari (2014) stützen. Die folgenden Anmerkungen
mögen dies illustrieren:
•• »Mein Sohn hat seit der Mandeloperation kein Untergewicht
mehr.«
•• »Mein Sohn ist seit der OP sehr gewachsen und macht körperlich
einen sehr gesunden Eindruck. Er isst sehr gut.«
•• »Die OP hat meine Tochter gut überstanden. Heute hat sie leider
immer noch Probleme mit dem Hals. Es betrifft jetzt aber eher die
Stimmbänder. Da die Fehlzeiten in der Schule weniger geworden
sind, würde ich aber immer wieder die OP als richtiges Mittel
wählen.«
•• »Da P. starke Nachblutungen hatte und ich um sein Leben bangte,
hätte ich große Angst, noch mal eine solche OP durchführen zu
lassen. Allerdings geht es ihm sooo viel besser seitdem. Wir sind
froh, dass wir es gemacht haben.«
232
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