Bleibende Werte mit Stil

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Bleibende Werte mit Stil
TITELSTORY
Design-Klassiker
Rechts im Bild: E-1027 Adjustable Table, Sofa: Monte Carlo; Teppich: Bonaparte , Design: Eileen Gray (1926-29), Hersteller: Cassicon, Tisch: 508 Euro exkl. MwSt., Foto: www.classicon.com
Bleibende Werte mit Stil
Design-Klassiker fürs Büro und Zuhause
E
ines morgens machte sich hektisches
Treiben im Treppenhaus eines Duisburger Bürogebäudes breit. Die Mitarbeiter der Manchester GmbH (Name von der
Redaktion geändert) wuselten mit hochroten
Köpfen und schweißgetränkten Hemden
durch die Flure, rollten Perser-Teppiche aus,
schraubten Antiquitäten-Regale an die blanken Wände und wuchteten eine 3er-Couchgarnitur durch die engen Glastüren. Auf Bemerkungen von staunenden Büronachbarn
wie „Ach, neue Möbel? Schick!“ reagierten sie
ziemlich genervt. Zwei Stunden später war
dann auch klar, warum: Die Betriebsprüfer
hatten sich angekündigt und so musste die
halbe Wohnungs-Einrichtung des Chefs kurzerhand in die Büroräume verfrachtet werden.
Die Rechnung eines Antiquitäten-Händlers
über mehrere tausend Euro fällt zwischen Geschäftsbilanzen nun mal auf, und veranlasst
die Prüfer eher, sich ganz genau im Büro umzuschauen. Im Gegensatz zur Rechnung eines
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Büromöbelhändlers… Dies ist selbstverständlich keine Aufforderung,
das Finanzamt zu täuschen, aber
die Wenigsten wissen, dass es
Büromöbel vom Fachhändler
gibt, die man sich auch als
schickes Möbelstück ins
Wohnzimmer stellen kann,
und die zudem noch eine
sinnvolle Wertanlage sein können.
Der Wertzuwachs hochklassiger
Designmöbel liege jährlich
bei drei Prozent – und
damit sogar über
den ak-
Panton Chair Classic, Design: Verner Panton (1959/60)
Hersteller: Vitra, 730 Euro exkl. MwSt.
tuellen Steigerungsraten anderer Anlagen, heißt
es von der creativen inneneinrichter GmbH.
Der Verband, in dem sich über 60 Händler aus
Deutschland und der Schweiz zusammengeschlossen haben, hat einen Klassiker-Index entwickelt und dafür die Verkaufspreise der zehn
wichtigsten Designklassiker von 1998 bis 2005
analysiert. Anders als zum Beispiel bei Unterhaltungselektronik, gebe es bei Designklassikern keine Preiserosion. So war die Lederliege „LC4“
von Le Corbusier 1998 noch für 2.048 Euro
im Laden zu haben. Jetzt zahlen Liebhaber
für das nummerierte Original von Cassina
knapp 3.000 Euro. Diese Originale hätten
außerdem eine extrem lange Lebensdauer, und so ließen sich Designklassiker auch
nach Jahrzehnten noch problemlos verkaufen. Gut erhaltene Originale brächten bei
Auktionen regelmäßig mehr als 50 Prozent des
aktuellen Neupreises ein – und damit, je nach
Datum des Kaufs, bis zu 100 Prozent des früheren
Einstandspreises.
Design-Klassiker
TITELSTORY XXXXX
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Pioniere der Möbelgeschichte
Quelle: Verband der creativen Inneneinrichter GmbH.
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LC 4 Liege (Chaise Longue), Design: Le Corbusier (1929)
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REVIER MANAGER 3/08
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Berufserfahrung zw
J A H R E N
Nr.14, der sogenannte „Wiener CaféhausStuhl“, von Michael Thonet. Die Firma der
Gebrüder Thonet übernimmt bereits 1819
die Vorreiterrolle für diesen neuen Stil. Sie
entwickelt eine Technik, mit der in Leim
gekochtes Holz unter Dampf gebogen wird,
und fertigt daraus Bugholzmöbel. Der legendäre Stuhl Nr.14 besteht aus sechs Holzteilen, zehn Schrauben und zwei Muttern, ist
einfach zu zerlegen und Platz sparend zu
transportieren. Damit gelingt Thonet der
Durchbruch zur industriellen Fertigung, was
sich auch im attraktiven Preis niederschlägt:
Der Nr. 14 wird zum begehrten Massenprodukt und bis heute rund 60 Millionen Mal
verkauft, nicht mitgezählt die unzähligen
• Adjustable Table, DESIGN-KLASSIKER
e 1027, Eileen Gray, 1927, ClassiCon,
520,- Euro
• Alu-Chair, EA 117, Bürodrehsessel
auf Rollenuntergestell, Hopsack Charles + Ray
Earnes, 1958, Vitra,
1.668,- Euro
• Arco Bogenleuchte, Achille, Pier Giacamo
Castiglioni, 1962, Flos,
1.379,- Euro
• Barcelona Chair, Bezug Leder, Ludwig Mies van
der Rohe, 1929, Knoll Int.,
3.921,- Euro
• LC 4, Gestell verchromt, Bezug Kuhfell/ Leder, Le
Corbusier, Pierre Jeanneret, Charlotte Perriand,1928,
Cassina
2.930,- Euro
• Lounge Chair & Ottoman, Gestell poliert,
Schale Kirschbaum lackiert/Leder, Charles+Ray
Eames, 1956, Vitra
3.996,- Euro
• Soft Pad-Chair, EA 219 Bürodrehsessel auf
Rollenuntergestell, Charles+Ray Eames, 1969, Vitra,
3.132,- Euro
• Wagenfeld-Leuchte, WA 24 bzw. WG 24, Wilhelm
Wagenfeld, 1924, Tecnolumen,
369,- Euro
• Wassily Chair B 3, Marcel Breuer, 1925, Knoll Int.,
1.114,- Euro
• WOGG 13, Litfass Säule, farbig, Hans Eichenberger,
1994, WOGG,
1.528,- Euro
2 1
Das erste Möbelstück, das diesen neuen
Typus des „Modernen Klassikers“ widerspiegelt,
ist aber noch aus Holz: Der berühmte Stuhl
Klassiker-Index
Aktueller Wert der Design-Büromöbel
S E I T
Die schwarzen Chrom-Leder-Sitzgarnituren von Le Corbusier, zum Beispiel,
machen sich im Wohnbereich ebenso gut,
wie der berühmte runde Eileen-Gray-Glastisch. Klassische Linien, hochwertige Materialien und schlichte Farben zeichnen diese
(Büro)Möbel aus und ihr Aussehen erscheint
sehr modern. Viele Modelle wurden aber
bereits Anfang des 20. Jahrhunderts entworfen. Die Form, das Material und die Wirkung
dieser Möbel sei so zeitlos, dass sie seit Jahrzehnten als „moderne Klassiker“ bezeichnet
werden, sagt Daniela Sommer von der Otto
Blesel GmbH in Hagen. „Die Möbel waren
damals eine Revolution. Sie bestanden aus
bis dahin nicht verwendeten Materialien wie
zum Beispiel Stahlrohr, und das hat sie einzigartig gemacht.“
TITELSTORY
Design-Klassiker
37.500 Euro
für das teuerste Chefbüro
STATUSSYMBOLE
Laut einer Studie des
CI-Verbandes geben deutsche Vorstände und
Geschäftsführer für die Einrichtung ihres Büros
bis zu 37.500 Euro aus. Im Schnitt investieren
deutsche Unternehmen 15.330 Euro in das Büro
ihrer Führungskräfte. Markenmöbel werden als
wichtige Statussymbole angesehen. Manager,
die es sich leisten können, umgeben sich mit
repräsentativen Designmöbeln. Auch in den Fluren und dem Weg vom Eingang bis zum Managerschreibtisch wird durch Design-Möbel gerne
Macht symbolisiert. Je größer das Unternehmen,
desto größer das Budget für den Chef: Bei Unternehmen ab 250 Mitarbeitern verfügen Vorstand
und Geschäftsführer für ihre Büromöbel über ein
Budget von 19.700 Euro. Das durchschnittliche
Vorstandsbüro in Deutschland misst 33 Quadratmeter – und ist damit knapp zweieinhalb mal so
groß wie das eines normalen Angestellten.
schlichte Form war Ausdruck einer neuen
Haltung in Alltagskultur und Architektur,
die unter dem Stichwort „Neue Sachlichkeit“
bekannt wurde. Der Cesca Stuhl von Marcel Breuer und der „Stahl-Stuhl“ von René
Herbst sind typische Produkte dieser Periode. „Diese Möbel können noch heute mit
all den neuen Stücken konkurrieren, und
was das Entscheidende ist, sie werden immer noch gekauft. Nicht zuletzt das macht
sie zu Klassikern.“, sagt Daniela Sommer. Die
bedeutendste Erfindung der Zeit war aber
wohl die des Freischwingers, des hinterbeinlosen federnden Kragstuhls, der heute als
eine der wichtigsten Design-Innovationen
des 20. Jahrhunderts eingeordnet wird. Dem
holländischen Architekten Mart Stam wurde
1932 dafür das künstlerische Urheberrecht
zugesprochen.
Stahl wurde als Material entdeckt, da es
die Massenproduktion von billigen Möbeln ermöglichte. Das Bauhaus und die „Neue Geist
Foto: Oliviero Venturi
LC 2 (Einsitzer) Sofa, Design: Le Corbusier (1928)
Hersteller: Cassina, 3.550 Euro exkl. MwSt.
Doch die breite Masse konnten die
Stahlmöbel nie richtig begeistern. Selbst
wenn sie preiswerter hätten hergestellt werBewegung“ in Frankreich sahen das Potential den können, der moderne Stil war eben nicht
von Stahl als Rohstoff zur Möbelfertigung und „Jedermanns“ Sache. Die sozial schwächeren
Schichten haben imbedienten sich dieses
„Diese Möbel können noch heute
Quelle: CI-Verband: Studie „Büroinvestitionen
mer noch als WunschMaterials häufig. Doch
mit
all
den
neuen
Stücken
konkurrieren,
2006“ (Befragt wurden 60 Firmen und Instituvorstellung einen bürdann stellte sich die
tionen, die zusammen über 43.000 Mitarbeiter
gerlichen Wohnstil, der
Stahlmassenprodukund was das Entscheidende ist,
beschäftigen)
sich in dem schlichten
tion als zu teuer hersie werden immer noch gekauft.
aus, sodass die Möbel
Nicht zuletzt das macht sie zu Klassikern.“ und deshalb wohl „billig“ wirkenden Ausseschließlich in aufwenPlagiate. Die zweite Konstante im Thonet- diger Handarbeit hergestellt werden mussten. hen dieser Metallmöbel nicht wiederfindet.
Programm bilden Stahlrohrmöbel. In den Während beispielsweise Mies van der Rohe Deshalb verunglimpfte die breite Masse
1930er Jahren war das Unternehmen der als Direktor des Bauhauses ein jährliches Ein- auch die Möbel von Le Corbusier als Kranweltweit größte Produzent dieser neuartigen kommen von 5.000 Reichsmark hatte, kostete kenhaus-Möbel, als sie in den 1930ern der
Möbel, die von berühmten Architekten wie sein Barcelona-Stuhl 520 Reichsmark. Seit da- Öffentlichkeit gezeigt wurden. Erst Ende
Mart Stam, Mies van der Rohe, Marcel Breu- mals sind die Kosten für Stahlmöbel auf einen der 60er Jahre begann eine kleine Avantgarer, Le Corbusier, Charlotte Pérriand oder Bruchteil gesunken; indem man statt Pferde- de diese Möbelstücke zu schätzen. In den
Guyot entworfen wurden. Heute gelten die haar Kunststoff verwendet und Leder durch 80er Jahren, in einer Zeit des „sophisticated
frühen Stahlrohrmöbel als Meilensteile in den gestiegenen Fleischkonsum erschwingli- understatement“, wurden die Designer-Stücke zum Ausdruck eines neuen gehobenen
der Designgeschichte. Ihre klare, offene und cher geworden ist.
Lebensstils. „Wer so ein Stück kauft, hat
Sinn für Kunst, ist designorientiert, schätzt
Langlebigkeit, Qualität und Perfektionismus. Und häufig identifiziert der Käufer
sich selbst mit diesen Eigenschaften“, berichtet Sommer.
Thonet Möbel sind heute in den
wichtigsten Sammlungen weltweit vertreten, darunter im Museum of Modern Art
(MoMA) in New York und im Vitra Design
Museum in Weil am Rhein. Auf Auktionen
erzielen historische Thonet-Möbel Höchstpreise. Unter anderem sind der Deutsche
Bundestag in Berlin und das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig mit Thonet Möbeln
S 285, Design: Marcel Breuer (1935)
Hersteller: Thonet, 2.523 Euro exkl. MwSt.
ausgestattet.
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Design-Klassiker
Sitzen
wie im Baseballhandschuh
Der Lounge Chair von Charles und Ray Eames – eigentlich
als Geburtstagsgeschenk für ihren
Freund Billy Wilder, dem Hollywood
Regisseur, gedacht – entwickelte sich
der Lounge Chair zum Kult-Möbel.
Wilder war bekennender Fan eines
kurzen Mittagsschlafs, des sogenannten „loungen“ (elegantes Abhängen).
Der Sessel besteht aus drei Schichtholzschalen, die über Hartgummischeiben
mit Metallelementen verbunden sind.
Diese sorgen für eine elastische Verbindung und vermitteln den Eindruck
eines weichen, gebrauchten Baseballhandschuhs. Der Ottoman ist als passender Hocker dem Lounge
Chair im Design nachempfunden.
Weitere Ikonen der Designgeschichte sind auch der
Schaukelstuhl Nr.1 aus dem
Jahr 1860, im späteren 19.
Jahrhundert die Erfolgsmodelle Nr.18 und Nr.56, und
der elegante 209 (um 1900)
mit seinen geschwungenen
Armlehnen, der Le Corbusier zum Schwärmen brachte. Auch der Jugendstilsessel 247
von Otto Wagner (1904), der als sogenannter
„Postsparkassen-Stuhl“ in die Designgeschichte
Arco, Design: A. Castiglioni (1962),
Hersteller: Flos, 1307,56 Euro,
exkl. MwSt.
TITELSTORY XXXXX
13x in Ihrer Nähe!
eingegangen
ist, wurde in der
Thonet-Manufaktur hergestellt.
Kampf
den Plagiaten
Auch im Designmöbelbereich gibt es Kopien und Plagiate. Die
Händlergruppe, die sich im Verband der creativen inneneinrichter zusammengeschlossen hat, stattet seit einiger Zeit Originale
aller wichtigen Möbelhersteller mit Echtheitssiegel und -zertifikat aus.
Das Siegel kann ähnlich einer TÜVPlakette nicht übertragen werden, denn es
zerstört sich beim Abnehmen von selbst.
Wichtig für Kunden: CI-Echtheitszertifikat
und Echtheitssiegel sind auch Gutscheine für eine stabile Wertentwicklung. Dazu
kommen Garantie und Gewährleistung von
Hersteller und Händler: „Bei einem OriginalDesignsessel von Vitra oder Cassina kann
ein Käufer auch nach zehn Jahren jederzeit
eine neue Lehne einbauen lassen“, versichert
Daniela Sommer. Eine Kopie ist zu diesem
Zeitpunkt wahrscheinlich schon nicht mehr
zu gebrauchen, denn sie wird meist aus billigerem oder dünnerem Stahl gefertigt. Doch
einige Modelle hätten unverkennbare Echtheits-Zeichen, meint die Möbel-Expertin:
„Eileen Gray hat zum Beispiel einen speziellen Stempel im Stahlrohr, der nicht nach-
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Lounge Chair & Ottoman, Design: Charles & Ray Eames (1956)
Hersteller: Vitra, Stuhl: 3.348,- Euro, Ottoman: 1.177 Euro, exkl. MwSt.
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TITELSTORY
Design-Klassiker
Foto: www.classicon.com
zumachen ist, ein
Vitra Alu Chair hat
einen Einnäher als
Erkennungszeichen,
und Cassina stellt
Echtheits-Zertifikate aus. Bei den USM-Klassikern sind die
Verbinder zwischen dem Blech und dem
Stahlrohr rund. Möbel, die keine USM-Originale sind, haben eckige Verbinder.“ Und
den Panteon Chair zu kopieren, wäre so
aufwendig, dass es sich gar nicht erst lohne,
ergänzt Sommer.
Auch in diesem Bereich gilt das Wettbewerbs- und Urheberrecht: „Möbelklassiker
wie der Lounge Chair von Vitra, die Le-Corbusier-Sessel, das USM-Haller-Programm
und natürlich der Freischwinger von Thonet
gelten als geschützte Werke der angewandten
Kunst“, erklärt Rechtsanwalt Markus Deck.
„Solche Werke dürfen nur von den Rechteinhabern produziert werden.“ Das Nachahmen
geschützter Produkte ist nicht nur für Plagiatoren und Händler, sondern auch für den
Käufer ein rechtliches und finanzielles Risiko:
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REVIER MANAGER 3/08
„Eine Firma, die Plagiate in öffentlich zugänglichen Bereichen aufstellt, muss diese Kopien
vernichten und dem Hersteller des OriginalMöbels Schadenersatz zahlen“, so Deck. Ein
Fall, der im Berliner Hotel Esplanade vorgekommen ist. Auch Möbelriese Ikea musste
seinen Tischbock „Sture“ aus dem Programm
nehmen – es war eine unlautere Nachahmung
des Designstücks „Taurus“ der Nils Holger
Moormann GmbH. Zweieinhalb Jahre stritt
der Mittelständler vom Chiemsee vor Gericht
gegen Ikea. Dabei standen sich zwei ungleiche
Kontrahenten gegenüber: Der Umsatz von
lkea übersteigt den der Firma Moormann um
das über 100fache. Die juristische Auseinandersetzung hätte Moormann fast die Existenz
gekostet. Schließlich wurde durch Nichtannahme der Revision vom Bundesgerichtshof
im April 2001 endgültig zu seinen Gunsten
entschieden.
Nur ganz wenige Möbelkäufer wählen bewusst eine Kopie, denn viele wissen gar nicht,
dass es auch bei Möbeln Plagiate gibt. Da auch
Freischwingstuhl S 34 N, Design: Marcel Brauer (1929/30)
Hersteller: Thonet, 538 Euro exkl. MwSt.
der bloße Erwerb eines Plagiats zu privaten Zwecken strafbar sein kann, können
sich private Käufer können davor schützen,
indem sie sich vorab über die EchtheitsKennzeichen informieren.
Design-Legenden
TITELSTORY XXXXX
Design-Legenden
Die Köpfe hinter den Möbel-Klassikern
Ludwig Mies van der Rohe
Ludwig Mies van der Rohe mit seinem Klassiker, dem
Barcelona Chair - Eleganz für etwa 4500 Euro.
Ludwig Mies van der Rohe wurde 1886 als
Sohn eines Bauunternehmers in Aachen geboren. Sein Ziel ist es stets Zweckmäßigkeit mit
dem Mehrwert Ästhetik zu verbinden. 1921
baut er das Glashochhaus am Bahnhof Friedrichsstraße in Berlin und weitere Häuserblocks
nach dem Internationalen Stil, der von rationalen Elementen geprägt ist. Diese sogenannte
Haut-und-Knochen-Architektur war revolutionär und gab der zeitgenössischen und späteren
Baukunst neue Impulse. In den Jahren 1925/26
gestaltete Mies van der Rohe im Auftrag der
Kommunistischen Partei Deutschlands (DKP)
die Grabsteine von Karl Liebknecht und Rosa
Luxemburg. Im Jahr 1927 fand die Ausstellung
„Die Wohnung“ statt. Dafür entwarf Mies van
der Rohe ein Haus der Weißenhofsiedlung in
Stuttgart. Hier war er auch für die Realisierung
verantwortlich. Die Weißenhofsiedlung wurde
ein Signal für das „Neue Bauen“ im Internationalen Stil. In den Jahren 1928/29 entstand unter
der Leitung Mies van der Rohes der Deutsche
Pavillon für die Weltausstellung in Barcelona. Er
ist ein klares Zeichen für sein architektonisches
Streben nach Perfektion und Qualität. Dazu
verwendete der Architekt edle Baustoffe wie
Marmor, Onyx, verchromten Stahl und grünes
Glas. Adolf Hitler lehnte zwei Jahre später seinen
Entwurf zum Bau des Pavillons auf der Weltausstellung in Brüssel ab. Im Jahr 1938 siedelte Mies
van der Rohe in die USA über, wo er zahlreiche
Appartement-Türme, Verwaltungsgebäude und
Parkanlagen entwarf. Ludwig Mies van der Rohe
starb 1969 in Chicago. Der mittlerweile geflügelte Ausspruch „Weniger ist mehr“ stammt von
Mies van der Rohe.
Der Klassiker „Flachstuhl“ wurde für das Schlafzimmer des Tugendhat
Hauses in Brno entworfen. Im Brno Stuhl hat Ludwig Mies van der Rohe
seinen luxuriösesten Stuhl kreiert, der in seiner aufwendigen Konstruktion
an den Barcelona Sessel erinnert.
ton widmete sich den Entwürfen von Möbeln,
Lampen, Teppichen, Wanddekorationen, Uhren, Kleidern, Accessoires und anderen Dingen.
Zu Pantons herausragenden Leistung auf dem
Gebiet des Design zählt, unter anderem, die
„Drahttüte“ aus Eisengitter, ein 1959 für Fritz
Hansen entworfener Stuhl sowie der weltweit
erste freischwingende Kunststoff-Stuhl, der
Panton-Chair, den der Däne zusammen mit
Vitra realisierte. Diese beiden Objekte waren
wegweisend für das Schaffen zahlreicher Designer nach Panton. Besonders in den 1960er
und 1970er Jahren wagte sich Panton mit neuen Formen, Farben und Materialien an die Öffentlichkeit, wie kein anderer vor ihm. Panton,
der als „Enfant terrible“ des dänischen Designs
der Nachkriegszeit galt, war häufig umstritten
und rief kontroverse Meinungen hervor. Panton widmete sich auch der Innenausstattung
von Gebäuden, so auch im Astoria Hotel im
niederländischen Trondheim (1960), im Spiegel Publishing Haus (1971) und im Gruner +
Jahr Publishing Haus in Hamburg (1974). Panton starb 1998 in Kopenhagen.
Eileen Gray
Eileen Gray Adjustable Table steht noch heute in unzähligen
Büros und Wohnungen
Verner Panton
„…es ist leichter, etwas zu machen, was die anderen haben
wollen. Man macht sich nicht beliebt, wenn man andere
Ideen hat.“ Verner Panton.
Verner Panton wurde 1926 im dänischen
Gamtofte geboren. Der Architekt und Designer führte als einer der ersten die Pop-Art in
die Welt der Möbel ein.
Im Jahr 1957 gründete Panton ein Designer-Atelier in einem umgebauten VW-Bus. Pan-
Eileen Gray war ihrer Zeit immer weit voraus. Sie gilt selbst 30 Jahre nach ihrem Tod
als Inbegriff der Moderne. Aus einer irischschottischen Adelsfamilie stammend, geboren
1878, geht sie zuerst zum Studium nach London und dann nach Paris. Hier führt sie seit
1902 das freie und wilde Leben einer Frau, die
in jeder Hinsicht Unabhängigkeit bewies. Sie
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TITELSTORY
Design-Legenden
liebt Männer und Frauen, Autos, Flugzeuge,
Schiffe und das Reisen – und sie revolutioniert
die Vorstellung vom Wohnen. Jeder kennt ihre
Möbel, den berühmten Beistelltisch Adjustable Table, das Lota Sofa und die stehende
Neonlampe. Als Architektin schuf sie eines
der berühmtesten Privathäuser des 20. Jahrhunderts: E.1027. Der große Architekt Le Corbusier war davon so fasziniert, dass es ihn bis
zu seinem Lebensende nicht mehr losließ. Er
entwickelte eine Obsession, die letztlich seine
Freundschaft mit Eileen Gray zerstörte. Eileen
Gray starb 1976 einsam und fast vergessen in
Paris. Heute erzielen ihre Originalmöbel auf
Auktionen Millionenbeträge und berühmte
Persönlichkeiten, wie Yves St. Laurent zählen
zu den Sammlern. Die Nachbauten ihrer Möbel gelten achtzig Jahre später noch immer als
avantgardistisch. Eileen Gray ist eine Ikone der
Moderne und eine der faszinierendsten Frauen des 20. Jahrhunderts.
satz zu Panton und manch anderen waren
Eames niemals erst Mode und dann Retro,
sondern stets aktuell. Auch die Filme der beiden widmen sich vielen verschiedene Themen,
unter anderem der Wissenschaft, Dingen wie
dem Kreisel, der Industrie und Werbung, aber
auch der Unterhaltung. Ihre Sitzmöbel wie der
Wire Chair oder der Bürostuhl EA105 sind
absolute Klassiker, die seit ihrer Entstehung
nichts von ihrer Attraktivität verloren haben.
Und wer träumt nicht davon, einmal einen
Lounge-Chair zu besitzen, den Rolls-Royce
unter allen Sitzmöbeln und vielleicht sogar das
berühmteste Möbelstück der Welt?
viele Möbelstücke in handwerklicher Arbeit
hergestellt. In ihrer Schlichtheit drücken sie
eine distanzierte Eleganz und Sachlichkeit aus,
die der Bauhausidee entspricht. Marcel Breuer
starb 1981 in New York.
Le Corbusier
„Architektur ist die gekonnte Vollendung eines korrekten und
wunderbareren Zusammenspiels von Masse unter Lichteinfluss“, Le Corbusier.
Marcel Breuer
Marcel Breuer propagierte die „Machbarkeit für alle“. Sein
Freischwinger Stuhl sollte für alle erschwinglich sein, heute
kostet er über 500,-Euro.
Charles & Ray Eames:
Designer, Filmemacher, Maler, Architekten. Ihre Kreativität
kannte keine Grenzen: Charles und Ray Eames.
Als Charles und Ray Eames sich begegneten, soll es einen Urknall gegeben haben, aus
dem ein Universum voller Meisterwerke entstand, so beschreiben Freunde den Beginn der
Liebesgeschichte des berühmten DesignerPaares. Der 1907 in St. Louis geborene Eames,
brach sein Architekturstudium ab, eröffnete
1930 ein eigenes Büro und entwarf zehn Jahre
später im Rahmen eines Stipendiums gemeinsam mit Eero Saarinen eine bedeutende Serie
von Sitzen aus gebogenem Schichtholz. Charles Eames wäre 2007 100. Jahre alt geworden.
Seine Möbel sind aber noch immer modern
und aktuell. Die Eames waren die ersten großen Designer der Nachkriegszeit. Im Gegen-
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REVIER MANAGER 3/08
Marcel Lajos Breuer wurde 1902 im ungarischen Pécs geboren. Der Architekt und Möbeldesigner war einer der prominentesten Vertreter des „Bauhauses“. Er entwickelte ab Mitte
der 1920er Jahre insbesondere Stahlrohrmöbel
sowie andere Inneneinrichtungsgegenstände,
die zu einem neuen Wohnstil führten. In den
Vereinigten Staaten entwarf Breuer zahlreiche
Einfamilienhäuser, Schul-, Verwaltungs- und
Industriebauten im Bauhausstil und gestaltete
unter anderen das Unesco-Gebäude in Paris.
Zusammen mit Walter Gropius machte er
den Bauhausstil in Frankreich bekannt. Breuer
entwickelte seine Möbel von der Einzelanfertigung bis zum standardisierten Typenmöbel,
die sich durch eine auffallende Schlichtheit
auszeichneten. Sie waren entworfen für Kleinwohnungen im rationellen Wohnungsbau des
„Neuen Wohnens“. Das Mobiliar beantwortete die soziale Frage, die in den Entwürfen des
Bauhausstils gestellt wurde. Außerdem eigneten sich später einige Entwürfe zur wirtschaftlichen Serienanfertigung. Dennoch wurden
Le Corbusier (eigentlich Charles Edouard Jeanneret-Gris) wurde 1887 als Sohn eines Designers und einer Musiklehrerin im
Schweizerischen La Chaux-de Fonds geboren.
Im Jahr 1900 ließ sich Le Corbusier an der Kunsthochschule École d`Art in seinem Geburtsort
zum Maler, Graveur und Goldschmied ausbilden. Im Jahr 1914 gelang ihm die Entwicklung
eines Skelettsystems aus Eisenbeton mit Namen
„Domino“, das für den Einsatz von Mehrgeschossbauten gedacht war. Le Corbusiers „Strahlende Stadt“, ein städtebauliches Konzept einer
Stadt mit drei Millionen Einwohnern, erschien
1922. Herausragendes und wegweisendes Merkmal dabei waren die getrennten Verkehrswege
für Autos und Fußgänger sowie große Wohneinheiten in Kombination mit Handel und Gewerbebetrieben. Auch diese architektonischen
Konzepte entwarf er in geometrischen Grundformen. Le Corbusier verstand Architektur als
„kluges, korrektes und herrliches Spiel vereinter
Körper im Licht“. In seiner Baukunst verwendete
er sowohl funktionalistische als auch künstlerische Elemente. Die Reaktionen in der Fachwelt
über Le Corbusiers Entwürfe waren geteilt. Von
1936 bis 1945 lieferte er den Entwurf zum Bildungsministerium in Rio de Janeiro. Das provozierend Neue daran war der Einsatz von Sonnenschutzelementen als Fassadengestaltung. Damit
setzte Le Corbusier wegweisende Akzente in der
Formgestaltung nach funktionalen Vorgaben. Le
Corbusier starb 1965 in Frankreich.